Das Magnoliencottage am Meer - Jennifer Wellen - E-Book
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Das Magnoliencottage am Meer E-Book

Jennifer Wellen

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Beschreibung

Ein Neuanfang mit Hindernissen … Der zauberhafte Roman »Das Magnoliencottage am Meer« von Bestseller-Autorin Jennifer Wellen als eBook bei dotbooks. Andere Frauen greifen bei Liebeskummer zu Wein und Schokolade – Deirdre kauft sich ein Cottage! Und warum auch nicht? Für den ersehnten Neuanfang ist dieses bezaubernde kleine Häuschen an der Ostküste Schottlands einfach perfekt. Und dass im Garten unter den Magnolienbäumen zwei niedliche Shetlandponys weiden, für die Deirdre nun verantwortlich ist, stört sie zunächst auch nicht – bis die beiden Racker ihr Leben in das reinste Chaos verwandeln. Umso mehr, als jemand Bonnie und Clyde plötzlich nach dem Leben zu trachten scheint! Kann Bradley, der ebenso gutaussehende wie etwas wortkarge Biologe von nebenan, Deidre weiterhelfen? Aber der scheint nicht nur auf Shetlandponys allergisch zu sein, sondern möglicherweise auch auf seine Nachbarin … Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der Wohlfühlroman »Das Veilchencottage am Meer« von Jennifer Wellen entführt als dritter Band ihrer »Schottische Herzen«-Reihe an die traumhafte Küste Schottlands und kann unabhängig von den anderen Romanen gelesen werden. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 425

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Über dieses Buch:

Andere Frauen greifen bei Liebeskummer zu Wein und Schokolade – Deirdre kauft sich ein Cottage! Und warum auch nicht? Für den ersehnten Neuanfang ist dieses bezaubernde kleine Häuschen an der Ostküste Schottlands einfach perfekt. Und dass im Garten unter den Magnolienbäumen zwei niedliche Shetlandponys weiden, für die Deirdre nun verantwortlich ist, stört sie zunächst auch nicht – bis die beiden Racker ihr Leben in das reinste Chaos verwandeln. Umso mehr, als jemand Bonnie und Clyde plötzlich nach dem Leben zu trachten scheint! Kann Bradley, der ebenso gutaussehende wie etwas wortkarge Biologe von nebenan, Deidre weiterhelfen? Aber der scheint nicht nur auf Shetlandponys allergisch zu sein, sondern möglicherweise auch auf seine Nachbarin …

Über die Autorin:

Die deutsche Autorin Jennifer Wellen lebt derzeit mit Kind und tierischem Anhängsel im Ruhrgebiet. Seit 2010 schreibt sie neben ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Dozentin bevorzugt Liebesromane über starke, selbstbewusste Frauen, die mit beiden Beinen im Leben stehen und nicht unbedingt die reiche Millionärsnadel im Heuhaufen suchen. Unter dem Pseudonym Jen Curly veröffentlicht sie ebenfalls Romane.

Die Website der Autorin: www.jenniferwellen.com

Bei dotbooks veröffentlichte Jennifer Wellen in ihrer »Schottische Herzen«-Trilogie auch die Romane:

»Das Rosencottage am Meer«

»Das Veilchencottage am Meer«

Außerdem erscheinen bei dotbooks ihre Romane:

»Drei Küsse für ein Cottage«

»Honigkuchentage«

»Sternschnuppenwünsche«

»Traumtänzerküsse«

***

Originalausgabe Juni 2022

Copyright © der Originalausgabe 2022 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Redaktion: Alfons Winkelmann

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von Shutterstock/LeDo, David Hughes, NORTH DEVON PHOTOGRAPHY, Daisy Shakespeare und AdobeStock/Mubus

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)

ISBN 978-3-98690-010-6

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

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Jennifer Wellen

Das Magnoliencottage am Meer

Roman

dotbooks.

Widmung

Normalerweise habe ich es nicht so mit den Widmungen. Doch nicht nur aufgrund von Corona war 2021 ein schlimmes Jahr; ich musste mich auch von zwei ganz lieben Seelen trennen. Zuerst im August nach zwölf Jahren von unserer geliebten Samtpfote Leeloo. Und dann auf den letzten Metern im Dezember noch von meiner Autorenfreundin Sabine Giesen. Sie beide waren am Ende ihrer Krebserkrankung erlegen. Deshalb möchte ich ihnen dieses Buch von ganzem Herzen widmen.

Liebe Leeloo,möge es da, wo du jetzt bist, ganz viel Katzenfutter und Streicheleinheiten geben. Zum Glück bist du nicht allein. Duke wird dich sicher freundlich empfangen, und du wirst ihn gleich verdroschen haben. Du fehlst uns in jeder Minute.

Liebe Sabine,grüß Jojo von mir. Und richte ihm von Leeroy aus, dass es schön wäre, wenn er ein paar Bratwürstchen vom Himmel regnen lassen würde. So wie damals, als wir alle zusammen bei euch im Garten gesessen und gegrillt haben. Wir vermissen euch.

Liebe Leeloo, liebe Sabine, lieber Jojo, zum Glück gibt es dort, wo ihr seid, keinen Krebs. Denn Krebs ist ein Arschloch und hat keinen Zugang zum Himmel.

PrologDas Magnoliencottage am Meer

Die Aussicht in den Garten war phantastisch. Durch die zahlreichen Bäume, die das riesige Grundstück umsäumten, konnte ich hin und wieder das Meer blau durch die Lücken blitzen sehen. Mein Herz schlug einen kleinen Salto vor Freude. Ich versuchte, mir jedoch nichts anmerken zu lassen, immerhin wollte ich den Preis nicht unbedingt in die Höhe treiben.

»Was für Bäume sind das genau?«, fragte ich und wandte ich mich wieder Mr. Andrews zu, der an der Terrassentür direkt neben mir stand. »Obstbäume?« Er war der Besitzer des Häuschens hier in der Nähe von Boarhills.

»Nein, Magnolienbäume.« Mit wehmütigem Blick sah er hinaus in den Garten. Ließ seinen Blick von Stamm zu Stamm und von Krone zu Krone hüpfen. »Meine Frau hat sie geliebt. Zu ihrem 65. Geburtstag habe ich ihr die seltene rote Sternmagnolie da hinten geschenkt.« Er holte tief Luft. »Leider ist meine Frau Anfang des Jahres gestorben und konnte den Baum nicht einmal mehr blühen sehen.« Er warf mir einen flüchtigen Seitenblick zu. Schmerz und Tränen waren darin zu erkennen, weswegen sich mein Herz plötzlich schmerzhaft zusammenkrampfte. Der Verlust eines geliebten Menschen, egal ob tot oder lebendig, war immer hart. Ich kannte dieses unangenehme Gefühl vom Verlust meiner Großeltern sehr gut. »Deswegen möchte ich das Cottage auch verkaufen und zu meiner Tochter nach Edinburgh ziehen. Sie hat sich zudem gerade von ihrem Mann getrennt und braucht dringend Hilfe mit den Kindern.« Er schloss seufzend die Terrassentür und wandte sich vom Anblick des Gartens ab, um zurück Richtung Diele zu laufen, wo er auf einen weiteren Raum hinwies. »Und hier das Beste zum Schluss – die Küche. Sie ist im Landhausstil und mit Blick auf den Paddock. Übrigens, die große Weide auf der anderen Seite der Straße gehört mit zum Grundstück. Insgesamt sind es dann knapp 7.000 Quadratmeter.«

Ich stutzte. »Paddock und Weide? Wofür das denn?«

Er lächelte. »Na, für die kleinen Racker. Deswegen ist die Küche in meinen Augen auch das Beste am Haus. Sie können die beiden von hier aus gut beobachten.«

Ich war verwirrt. Wovon sprach er bitte? Welche Racker meinte er denn?

Mr. Andrews lief wortlos zum Küchenfenster, schob die Bistrogardine ein Stück beiseite und deutete mir mit einem Kopfnicken an, selbst nachzusehen.

Deshalb gesellte ich mich zu ihm und sah neugierig an der Gardine vorbei nach draußen. Direkt neben dem Cottage gab es tatsächlich einen umzäunten Sandplatz mit einer etwas windschiefen Holzhütte. Ein paar von den ausgeblichenen braunen Holzschindeln der Hütte saßen nicht mehr richtig, und es gab nicht mal eine Tür. In meinen Augen nützte die Baracke maximal noch als Feuerholz und nicht als Unterstand. Aber was hielt er jetzt darin? Hühner? Schafe? Hunde?

»Ehrlich gesagt, sehe ich nichts«, scherzte ich kurz darauf verlegen. Mr. Andrews öffnete daraufhin das Fenster und pfiff einmal laut durch die Zähne, so dass ich erschrocken zusammenzuckte. In meinen Ohren begann es fürchterlich zu fiepen, und ich fürchtete schon einen zukünftigen Tinnitus durch Beschädigung meines Hörnervs. Zudem zweifelte ich an Mr. Andrews Verstand, weil sich absolut nichts tat. Existierten die Racker womöglich nur in seiner Einbildung?

Doch dann hörte ich dumpfes Getrappel, und aus dem abrissreifen Bretterverschlag kamen plötzlich zwei Shetlandponys herausgestürmt. Ein schwarzes und ein braun-weiß geflecktes. Wiehernd näherten sie sich dem Küchenfenster. Es sah irgendwie lustig aus, da die beiden nur ungefähr Schäferhundgröße hatten und sich mit kleinen Tippelschritten in nahezu Nähmaschinengeschwindigkeit näherten. Ich musste unweigerlich schmunzeln. Das waren also die zwei Racker. Niedlich!

Ehe ich mich versah, hatte Mr. Andrews irgendwo aus der Küche zwei Mohrrüben hervorgezaubert, die er nun aus dem offenen Fenster hielt. Zwischen dem umzäunten Paddock und dem Haus gab es einen schmalen Durchgang von gut einem halben Meter, den er anscheinend überbrücken wollte. Die beiden Ponys machten bereits lange Hälse und rissen ihre Mäuler auf. Anscheinend kannten sie das Prozedere. Ich dagegen verzog konsterniert das Gesicht, weil ich zum ersten Mal in meinem Leben in den Genuss kam, so weit in den schlundigen Abgrund eines Pferdes gucken zu können.

Das kleine schwarze Pony mit dem weißen Punkt mitten auf der Stirn legte unvermittelt die Ohren an und zwickte quietschend seinen Kumpel, der sich wiederum mit dem braunen Heckteil dem anderen zuwandte, bockte, und es mit den Hinterhufen vor die Brust trat.

»O wow, sind die immer so freundlich zueinander?«

Mr. Andrews lachte auf. »Ach was, das sieht schlimmer aus, als es ist. Bonnie ist gegenüber Clyde etwas futterneidisch. Aber wirklich verletzt haben die sich noch nie. Dafür lieben beide sich zu sehr.« Er hängte sich noch etwas weiter aus dem Fenster, um an die Pferde zu kommen. »Leider …«, ächzte er laut dabei, »… bin ich nicht mehr der Geschmeidigste und komme kaum noch an die beiden ran. Früher war das alles viel einfacher. Deswegen zickt Bonnie dann auch herum. Es geht ihr alles nicht schnell genug.« Von Wort zu Wort wurde seine Stimme schwächer. Wie er sich so reckte und streckte und auch die Ponys noch gefühlt die Entfernung Erde–Mond überbrücken mussten, um annähernd an das orangefarbene Gemüse zu kommen, bot ich mich an.

»Soll ich vielleicht mal?« Gleichzeitig schalt ich mich insgeheim eine dumme Nuss. Tiere und ich waren nämlich absolut nicht kompatibel, und Angst um meine Finger hatte ich gelinde gesagt auch.

Er erhob sich und gab mir die Möhren. »Das wäre sehr lieb von Ihnen. Danke.«

Ich nahm jeweils eine in jede Hand und beugte mich durch das Fenster zu den Ponys hinüber. Der Rahmen presste sich schmerzhaft gegen meinen Bauch. Kein Wunder, dass Mr. Andrews es kaum schaffte. Auch ich fühlte mich gerade wie bei einer Yogastunde und gab der Übung hier heimlich den Namen herabreichende Ponymöhrenfolter.

Bonnie kam meiner Hand nun bedenklich nahe und riss mich am Ende fast mitsamt Möhre aus dem Fenster. Dann verschwand sie, um in einiger Entfernung in Ruhe zu kauen. Clyde war hingegen sanfter. Als er mir vorsichtig die Möhre aus der Hand zog, sah er mir in die Augen. Mir fiel auf, dass die Iris seines linken Auges zu einem Viertel blau war. Der Rest dunkelbraun. Und ganz plötzlich war da so ein seltsames Gefühl in meiner Magengrube. Wie ein Ziehen. Ich schob es auf den Fensterrahmen, der sich immer noch in meinen Bauch bohrte.

Deshalb erhob ich mich stöhnend und atmete einmal tief durch. »Füttern Sie die Ponys immer so?«

Erneut lachte Mr. Andrews belustigt auf. »Eigentlich gehe ich sonst immer durch das Gatter da vorne.« Mit dem Finger zeigte er auf ein metallenes breites Tor, das mit einer Metallkette zugehalten wurde. Dann schloss er das Fenster, und ich sah, wie die Pferde noch schnüffelnd die Reststücke vom Boden auflasen.

»Nehmen Sie die beiden dann mit nach Edinburgh?« Dies war für mich die logischste Erklärung.

Mr. Andrews lief kopfschüttelnd zum Küchentisch und ließ sich seufzend auf einen der vier Stühle nieder. »Pferde in der Großstadt? Nicht wirklich. Aber ich versuche gerade, ein schönes neues Zuhause zu finden.« Er seufzte auf. »Leider ist das nicht so leicht, denn zum Reiten sind sie zu klein, kosten Geld und machen meist genauso viel Arbeit wie ein großes Pferd.«

Ich nickte. »Verstehe. Na, dann drücke ich Ihnen die Daumen für die Suche.« Immerhin waren die Ponys nicht mein Problem.

Beiläufig sah ich noch mal aus dem Fenster. Bonnie stand nun neben Clyde, und es sah so aus, als würde sie ihn in die Mähne beißen wollen. Ich zuckte zusammen und wollte Mr. Andrews bereits darauf hinweisen, doch dann erinnerte ich mich an seine Worte, die beiden würden sich lieben. Vielleicht war das so was wie eine Liebesbekundung?

Nachdenklich wandte ich mich wieder Mr. Andrews zu und ließ die letzte halbe Stunde kurz Revue passieren. Bis auf Streichen und Einrichten musste ich hier nicht mehr viel machen, da das Häuschen erst vor zwei Jahren kernsaniert und altersgerecht umgebaut worden war. Auch die Größe war mit 110 Quadratmeter bei fünf Räumen für ein Cottage völlig in Ordnung. Zudem war das Grundstück riesig, lag ruhig außerhalb des Ortes und direkt am Meer. In meinen Augen war es perfekt. Eigentlich zu perfekt, um überhaupt wahr zu sein. Also wo war der Haken?

»Mr. Andrews, ich muss sagen, das Cottage gefällt mir wirklich sehr gut. Es ist schöner, als ich gedacht habe.« Hoffnungsvoll ließ ich mich schließlich neben ihn auf einen Stuhl sinken.

Er lächelte. »Gut. Soll ich Sie dann mit auf die Interessentenliste setzen?«

Skeptisch hob ich bei seinen Worten eine Augenbraue. »Interessentenliste?«

Er nickte. »Neben Ihnen haben sich noch sieben Pärchen und drei Familien auf meine Anzeige hin gemeldet. Allerdings kann ich erst verkaufen, wenn ich Bonnie und Clyde untergebracht habe. Deshalb die Liste. Aber dann wird es sicher auf eine Versteigerung an den Meistbietenden hinauslaufen.«

Meistbietend? Mist!

Bei der Bank of Scotland verdiente ich als Junior Consultant im Bereich IT zwar ganz gut, aber als frischgebackener Single bekäme ich sicher nicht so einen großartigen Kredit wie ein Ehepaar mit Kindern.

»Oh … okay«, stammelte ich enttäuscht. Mein Herz, das vorhin noch aufgeregt Saltos geschlagen hatte, ließ nun genau wie ich den Kopf hängen. Was hatte ich gerade noch gedacht? Zu perfekt, um wahr zu sein? Als hätte ich es bereits geahnt – ein Haken. Und zwar ein dicker!

»Wissen Sie denn, wann die Versteigerung ungefähr sein wird?« Bei mir drängte zudem leider die Zeit. Paul und ich hatten uns erst vor kurzem getrennt, und wir zickten uns seitdem ständig an, weshalb ich endlich aus der gemeinsamen Wohnung raus wollte, bevor es zum endgültigen Nachtrennungsbeziehungsmassaker kam.

Mr. Andrews zuckte mit den Schultern. »Kann ich wirklich nicht sagen. Je nachdem, wie schnell die beiden Ponys vermittelt sind. Bislang gibt es da leider noch keine Interessenten.«

Seufzend stand ich auf und lief zum Küchenfenster. Mitten auf dem Paddock wälzte sich Clyde gerade im Sand. Alle vier Minibeinchen ragten nach oben, und ich konnte eindeutig sein männliches Geschlecht bestätigen. Der Anblick ließ mich schmunzeln. Bonnie dagegen schnupperte den Boden vermutlich nach Essbarem ab. Dass es für die Ponys keine Interessenten gab, konnte ich mir gar nicht vorstellen. Die beiden waren doch zu putzig und sicher der Traum eines jeden Ponymädchens, oder nicht? Selbst wenn sie nicht geritten werden konnten. Und genau in diesem Moment schoss ein Geistesblitz durch meinen Kopf. Wo er genau herkam, konnte ich nicht einmal sagen.

»Mr. Andrews, wie alt sind Bonnie und Clyde?«

»Bonnie ist zwölf und Clyde elf. Wieso?«

Ich dachte nach. Schäferhunde werden meist so um die 13, 14 Jahre alt. Pferde in derselben Größenordnung vermutlich ähnlich. Wäre es dann so schlimm, den beiden hier ein Wohnrecht auf Lebenszeit einzuräumen? Und was konnten zwei so kleine Ponys schon für Arbeit machen außer Füttern und ein bisschen die Hütte misten? Vielleicht ab und an mal den Paddock harken. Okay. Aber hatte ich mir nicht gewünscht, der Großstadt endlich den Rücken zuzuwenden und wieder zum Landleben mit allen Raffinessen zurückzukehren? Warum dann nicht auch zwei Tiere dazu nehmen?

Mein Gehirn arbeitete plötzlich auf Hochtouren wie ein Rechner mit 100 Prozent CPU-Auslastung. Und am Ende verschwand die Sanduhr und ein graues Fenster ploppte vor meinem inneren Auge auf. Darauf stand: Willst du das Cottage haben? Direkt darunter zwei Buttons mit Ja und Nein. Mein Mauszeiger fuhr gedanklich auf Ja.

»Was wäre denn, wenn ich sie nehme?«, hörte ich mich wie aus weiter Ferne sagen. Clyde stand auf und schüttelte sich. Der Sand flog herum. Er schnaufte laut. Wieder verspürte ich dieses Ziehen in meinem Bauch.

Mr. Andrews räusperte sich. »Was nehmen? Die Ponys?«

Ich drehte mich zu ihm um und lächelte. »Genau. Die Ponys. Sie verkaufen mir einfach das Cottage mitsamt Ihren Ponys. So brauchen Sie gar nicht erst weiterzusuchen. Die beiden bleiben dazu in ihrem gewohnten Umfeld, und ich freue mich darüber, hier nicht allein zu wohnen und mich ins Landleben zu stürzen. Also, was sagen Sie?« In meinen Augen war die Idee genial. Um nicht zu sagen brillant. Quasi die Win-win-Situation schlechthin. Natürlich hatte ich nie Haustiere haben wollen, aber leider kommt es meist ganz anders, als wir denken, und wenn ich dazu noch mein Traumhaus bekäme …

Für einen Moment hielt Mr. Andrews inne. So, als wolle er noch etwas sagen. Doch dann erschien ein breites Lächeln auf seinem Gesicht. »Was ich dazu sage, Miss Jones?« Er stand auf und hielt mir die Hand hin. »Ich sage dazu nur, das erleichtert mir die Sache ungemein, und wir haben einen Deal.« Ich jauchzte leise auf und schüttelte mit aufgeregt klopfendem Herzen seine Hand. »Herzlichen Glückwunsch, Miss Jones, damit sind Sie nun offiziell die neue Besitzerin meines Magnoliencottages mit Ponyanhang.«

Kapitel 1Das Gras beim Ökofreak ist aber viel saftiger

Schon von weitem sah ich durch die Windschutzscheibe das braun-rot gefleckte Dach des Cottages, dessen Anblick mein Herz stolz höher hüpfen ließ. Nachdem der Preis ausgehandelt, vertraglich alles unter Dach und Fach war und das Haus sowie die zwei Racker offiziell mir gehörten, hatte Mr. Andrews mir den Schlüssel und das tierische Zepter übergeben. Somit war ich in den Tagen darauf ein paar Mal hier in Boarhills gewesen, um sauberzumachen oder Farbe an die Wände zu bringen. Auch wenn ich nichts mehr groß renovieren musste, so wollte ich dennoch den Räumen vor dem Umzug meine persönliche Note verpassen. Hellbeige für die weiße Küche im Landhausstil, Erdtöne im Wohnzimmer mit dem Holzfußboden und in der Diele ein einladendes Lavendel, das gut zu den hellgrauen Bodenfliesen passte. Wenn ich dann eingezogen war, wollte ich mich um die Renovierung der oberen Etage kümmern. Von Raum zu Raum freute ich mich deshalb mehr auf mein eigenes Zuhause an der schönen schottischen Küste, das immer näher rückte.

Ans Meer zu ziehen, war schon immer ein Vorhaben gewesen, das in meinem Kopf wie ein ruheloser Geist herumgeirrt war und auf Umsetzung gedrängt hatte. Vor allem, weil ich ursprünglich hier in Kingsbarns auf der Halbinsel geboren worden und aufgewachsen war. In meinem zarten Alter von zwölf Jahren hatte mein Vater sich aber dazu entschlossen, eine eigene Anwaltskanzlei in Edinburgh zu eröffnen, womit wir in die Großstadt gezogen waren. Dadurch hatte ich mich bis zu meinem Uni-Abschluss in Informatik mit Edinburgh arrangieren müssen. Doch schon vor der Trennung von Paul war dieser Wunsch, zu meinen Wurzeln zurückzukehren, irgendwann wieder hochgekommen. Nach der Trennung sogar um einiges stärker, weil ich das Gefühl hatte, nach all den Jahren dringend einen Tapetenwechsel zu brauchen.

Das hügelige Edinburgh war toll, keine Frage. Die zweitgrößte Stadt in Schottland am River Forth in den Lowlands gelegen – sie war für mich nicht nur eine der schönsten Städte, sondern versprühte durch die altehrwürdigen Kirchen und die mächtigen Bauten wie das Edinburgh Castle den typischen Mittelaltercharme. Ihre historische Bedeutung war ihr durchaus anzusehen. Wer also würde dort nicht gerne leben wollen? Aber mir hatte immer schon der Strand gefehlt. Vor allem die Ruhe, der Weitblick und das Rauschen des Meeres im Hintergrund, das in Edinburgh aufgrund des herrschenden Trubels ständig verschluckt wird. Deswegen wollte ich von dort weg und zurück nach Hause.

Und da es mit meiner Stelle bei der Bank of Scotland jobtechnisch und auch finanziell durchaus machbar war, hatte ich mich nach der Trennung endgültig für einen Umzug entschieden. Die Anzeige zu Mr. Andrews’ Cottage bei Scotland_Immo war mir in diesem Moment wie ein Zeichen des Schicksals vorgekommen. Und nun gehörte es mir, und ich freute mich auf ein neues Leben am Meer. Freute mich darauf, wieder bei meiner alten Schulfreundin Violet zu sein, die ich damals leider zurücklassen musste, aber zu der der Kontakt nie ganz abgebrochen war. Freute mich auf schöne Stunden in meinem eigenen Garten unter blühenden Magnolienbäumen. Freute mich auf viele gemütliche Stunden in meinem eigenen Heim. Wer also brauchte da schon einen Mann? Dazu noch einen, der einem die ganze Zeit die Ohren volljammerte, wie schlecht es ihm ging?

Genau das war am Ende nämlich der Trennungsgrund gewesen. Paul hatte ständig in aller Bandbreite seine vorherrschenden Symptome geschildert und ausgelebt, inklusive Beschreibungen seiner Ausscheidungen, wodurch ein normales Leben mit ihm gar nicht wirklich möglich gewesen war. Natürlich war es furchtbar, dass er aufgrund einer Infektion beide Nieren verloren hatte und nun ständig zur Dialyse musste. Und sicher – ich wusste auch, wie viele Einschränkungen er deshalb akzeptieren musste. Er durfte nicht alles essen und trinken, war beruflich stark eingeschränkt. Dennoch hatte ich immer gehofft, dass es möglich sein würde, zwischen den Dialysesitzungen ins Kino zu gehen, Freunde zu treffen oder irgendwo hinzufahren, die schönen Momente im Leben umso mehr zu genießen. Aber jedes Mal, wenn ich etwas in der Richtung vorgeschlagen hatte, war ihm wieder nicht wohl bei der Sache, oder aber er hatte bei einem der seltenen geselligen Abende in aller Ausführlichkeit seine Krankheit ausgewalzt, so dass auch mein Freundeskreis mit den Jahren zunehmend kleiner geworden war.

Eskaliert war es nun nach vielen Jahren, als ich extra ein Wellness-Hotel gebucht hatte, weil ich beruflich nach Dundee zu einer Fortbildung musste. Sogar eine Dialyseklinik in der Nähe hatte ich organisiert und Pauls Arzt gebeten, für ein verlängertes Wochenende medizinisch alles vorzubereiten. Ich hatte mit Paul einfach nur eine schöne Zeit verbringen wollen, fernab vom Alltag und seiner Krankheit. Am Ende hatte Paul sich trotzdem geweigert mitzufahren, weswegen ich allein im Jacuzzi der Honeymoon Suite gesessen und über meine Zukunft sinniert hatte. Und dann war alles ganz schnell gegangen. Der Trennung von Paul nach meiner Rückkehr folgte der Antrag auf berufliche Versetzung, der Genehmigung der Versetzung wiederum die Anzeige für das Cottage, der Anzeige daraufhin der Kauf desselbigen und dem Kauf der Beginn des hoffentlich schönen Landlebens in Boarhills. Doch wie so oft wichen Vorstellung und Realität voneinander ab. Bereits die ersten Tage hier hatten mich ganz schön auf die Probe gestellt, denn immerhin gehörten dummerweise zwei Ponys zum Cottage, die mitversorgt werden wollten. Und daran hatte ich in meiner Umzugsplanung leider nicht gedacht. Typisch ich eben!

Ich parkte das Auto direkt vor dem Haus, stieg aus und schnappte mir den ersten Umzugskarton. Kurz darauf konnte ich Clyde wiehern hören. Oder war es Bonnie? Egal! Eines der Ponys schien sich immens über meine Anwesenheit zu freuen, was mich schmunzeln ließ. Mr. Andrews hatte mir bezüglich der Ponys alles erklärt und mir seine Nummer für Notfälle hinterlassen. Zudem kam ein paar Mal die Woche ein junges Mädchen aus dem Ort, das sich als Pflegebeteiligung mit um die zwei Shettys kümmerte. Gwen Thomson war mir wirklich eine große Hilfe. Sie war nicht nur meine wandelnde Racker-Datenbank und wusste auf jede meiner Fragen eine passende Antwort, sondern ich wäre ohne sie auch echt aufgeschmissen gewesen, da ich ja noch nicht ganz mit dem Umzug fertig war. Gwen kümmerte sich um Bonnie und Clyde, wenn ich zwischen den Renovierungswochenenden in Edinburgh war und meine Sachen zusammenpackte. So langsam näherte sich der Umzug auf Raten allerdings dem Ende. Noch ein- oder zweimal fahren, und dann wäre endgültig alles hier. Die meisten Möbel behielt zum Glück Paul, während ich Mr. Andrews einige schöne Stücke abgekauft hatte, die er aus Platzgründen nicht zu seiner Tochter ins Haus mitnehmen konnte. Den Rest würde ich mir einfach selbst wieder zulegen, weshalb ich mich schon darauf freute, den einen oder anderen Trödelmarkt hier in der Umgebung zu besuchen.

An der Tür angekommen, setzte ich den Umzugskarton seitlich auf meiner Hüfte ab, angelte den Schlüssel aus meiner Westentasche hervor und schloss auf. Bevor ich jedoch das Cottage betrat, verharrte ich einen Augenblick und genoss das warme Gefühl in meinem Bauch. Obwohl ich noch nicht vollständig hier wohnte, fühlte es sich dennoch jedes Mal so an, als würde ich nach Hause kommen. Und genau dieses Gefühl bestätigte mich darin, mit dem Umzug die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

Entschlossen stellte ich die erste Kiste in die Diele und zog die Tür wieder zu, um kurz nach den Ponys zu sehen. Gwen hatte mir per SMS geschrieben, dass sie heute Morgen um acht zum Füttern da gewesen wäre. Vielleicht hatte das Pony auch deswegen so freudig gewiehert. Immerhin war es schon ein Uhr durch. Bestimmt hatten die beiden ordentlich Hunger und warteten nun auf ihren Möhrchengeber.

Lächelnd lief ich ums Haus herum zum Gatter. Das Erste jedoch, was mir beim Näherkommen ins Auge fiel, war das herunterhängende Brett am Holzzaun. Mist! Wie war das denn passiert? Und warum hatte Gwen nichts gesagt? Oder war es erst nach ihrem Besuch herabgefallen?

Als nächstes suchten meine Augen nach den Ponys. Aber auf dem Paddock stand nur eines – Bonnie. Als sie mich näherkommen sah, wieherte sie los. Es klang beinahe etwas vorwurfsvoll. Gut, sie war ziemlich verfressen und verstand beim Füttern keinen Spaß. Aber wo war Clyde? Etwa im Verschlag?

»Clyde? Lecker, lecker.« Bei den beiden Zauberworten kamen die Ponys, egal von wo, angerannt. Und wehe, man nutzte die Worte nur aus, um sie anzulocken! Dann legte Bonnie gerne die Ohren an und konnte einen auch schon mal verärgert in die Hand zwicken. Deswegen holte ich vorsichtshalber zwei Leckerlis aus der Tasche. Seit ich die Ponys hatte, fand ich sowieso in jeder Jacke, Weste oder hinteren Jeanstasche etwas, das mich als Ponybesitzerin auswies. Neben Leckerchen waren das vor allem Heu und Stroh.

»Lecker, lecker.« Bonnie kam zum Zaun. Und wenn Clyde im Unterstand war, würde er für das Leckerchen ganz sicher auch gleich an den Zaun kommen. Ich gab Bonnie schon mal ihres und wartete – doch Clyde kam nicht.

Mein Herz schlug unvermittelt etwas schneller. Ich betrat den Paddock durch das Gatter, um zum Holzverschlag hinüberzulaufen und nachzusehen. Nicht, dass das Pony womöglich krank oder gar tot in der Ecke lag. Doch die windschiefe Holzbude war leer. Es durchzuckte mich, und mir wurde schlecht. Wenn er nicht auf dem Paddock, nicht im Stall und auch nicht auf der Weide gegenüber war, bedeutete das … Verdammt!

Es bedeutete, das Pony hatte sich an dem Teil des Zauns mit dem herabhängenden Brett durchgemogelt. Mist!

Bonnie kam mir in den Verschlag nachgelaufen. Sie stupste mich an und schnaubte. Einen Augenblick lang schien mein Gehirn außer Kontrolle zu geraten, doch dann griff ich entschlossen zu dem Haken direkt neben dem Eingang, wo die Halfter und Führstricke hingen. Ich eilte an Bonnie vorbei, die mir verwirrt hinterherlief. »Bin gleich wieder da, Süße, ich geh nur schnell deinen Freund zurückholen«, rief ich ihr zu und machte mich auf den Weg Richtung Boarhills. An die Möglichkeit, dass Clyde womöglich in die andere Richtung nach Kingsbarns gelaufen war, mochte ich gar nicht erst denken.

***

Ich war bereits gut 500 Meter weit die Straße entlanggelaufen, als mir ein schwarzer Jeep entgegengerast kam. Dem jaulenden Motor nach zu urteilen, hatte derjenige es verdammt eilig. Somit hielt ich mich weit links, um Platz zu machen und nicht überfahren zu werden.

Kurz vor mir bremste der Jeep jedoch abrupt ab. Reifen quietschten, und die Handbremse knatschte. Heraus sprang ein junger Mann. Ich drängte mich erschrocken etwas weiter an den Rand und wollte an dem Jeep vorbeilaufen, aber der Kerl schnitt mir unvermittelt den Weg ab. Mein Herzschlag beschleunigte sich.

»Sie«, rief er und kam zügig näher. »Ist das etwa Ihr Pony, das gerade in meinem Garten den Rasenmäher arbeitslos macht?« Seine Miene war alles andere als freundlich. Trotzdem kam ich nicht umhin zu bemerken, wie attraktiv der Kerl eigentlich war. Sein dunkelblondes Haar trug er kurz geschnitten, die hellbraunen Augen funkelten böse, während die markanten Gesichtszüge, die von einem leichten Bartschatten noch betont wurden, genervt verzogen waren. In diesem Moment erkannte ich ihn wieder. Natürlich. Das war der Ökofreak. Zumindest wurde er von allen hier so genannt, weil er Biologe war und angeblich sogar sein eigenes Gemüse im Garten anbaute.

»Ähm … also … wenn es braun-weiß gefleckt ist und so groß wie ein Schäferhund, dann ja, dann ist das vermutlich mein Clyde«, gab ich verlegen zurück. Meine Wangen wurden etwas warm. Ich hatte den Kerl schon einmal in Kingsbarns beim Bäcker getroffen, aber da war er recht wortkarg gewesen. Im Gegensatz zu Mrs. Henrickson, der Inhaberin des Ladens, die mir zugeflüstert hatte, dass er wohl erst seit zwei Jahren hier wohnte und immer Unmengen von Pflanzenschutzmittel sowie Blumenerde kaufte, so dass sie dachte, er würde womöglich Haschisch anbauen.

Der Ökofreak verdrehte die Augen und seufzte auf. »Dann holen Sie es bitte raus. Bevor Ihr Vieh noch meinen ganzen Garten umgegraben hat.« Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, drehte er sich um und lief zurück zu seinem Auto. Unschlüssig blieb ich stehen.

Kurz bevor er einstieg, hielt er konsterniert inne. »Was ist? Brauchen Sie etwa eine Extraeinladung?«

Daraufhin eilte ich mit weichen Knien zu seinem Auto und kletterte in den Jeep auf den Beifahrersitz. Das Erste, was mir auffiel, war, wie hoch man in dem Auto saß. Zudem roch es würzig und nach Leder, sprich ziemlich männlich. In meinem Bauch kribbelte es sachte.

Der Ökofreak startete den Wagen und wendete ihn mit zwei kraftvollen Zügen. Ich wurde auf meinem Sitz ganz schön durchgerüttelt. Als der Wagen sich schließlich auf der Spur befand, gab er Gas. Komfortabel war das Auto im Gegensatz zu meinem Kombi aber nicht. Jede Bodenwelle drückte sich schmerzhaft in meinen verlängerten Rücken. Als er von der A917 auf einen Feldweg abbog, wurde es noch schlimmer. Ich kam mir vor wie ein Würfel in einem Würfelbecher. Krampfhaft hielt ich mich am Griff der Tür fest, um nicht ständig gegen den Kerl geschleudert zu werden.

Am Ende des Feldweges trat er auf die Bremse, hielt vor einem kleinen Häuschen an und sprang aus dem Auto. Da ich vermutete, dass wir hier bei ihm zu Hause waren, stieg ich ebenfalls aus und sah mich kurz um. Mir fiel auf, dass sein Haus direkt das nächste neben meinem Grundstück war. Dazwischen erstreckten sich noch weite Wiesen, aber mein Cottage konnte ich von weitem sehen. Der Ökofreak war also tatsächlich mein direkter Nachbar. Wer hätte es gedacht?

Wieder warf er mir einen ungehaltenen Blick zu, so dass ich ihm mit einem Knoten im Bauch ums Haus herum folgte. Und siehe da – einige Meter weiter stand tatsächlich Clyde auf dem Rasen und zupfte mit Wonne die Grashalme ab. Na toll!

»Beeilen Sie sich, ich will nicht, dass es meine Pflanzen niedertrampelt«, ereiferte sich der Kerl. Er deutete mit der Hand auf mehrere Bohnenranken, die sich an in Reih und Glied aufgestellten Holzstangen hochhangelten.

Ich verkniff mir eine spitzfindige Antwort und lief auf Clyde zu, um ihn zu halftern. Je eher ich dem Drama hier ein Ende setzte, desto eher wäre ich auch den unfreundlichen Kerl wieder los.

Sobald Clyde mich jedoch näherkommen sah, hob er den Kopf und lief ein paar Schritte weiter. Mit dem Halfter in der Hand verfolgte ich ihn eine Zeit lang. Aber jedes Mal, wenn ich mich näherte, ging er weg und fraß woanders weiter. Mistvieh!

»Bleib doch mal stehen, verdammt«, rief ich ihm irgendwann zu. Doch es nützte nichts. Clyde veräppelte mich. Das konnte ich am frechen Blick in seinen Augen sehen.

»Vielleicht versuchen Sie es mal mit einem Leckerchen? Denn das scheint ja das Einzige zu sein, was das Pony hier interessiert – fressen.«

Ich stöhnte genervt auf und griff in meine Westentasche, um nach einem Leckerchen zu tasten. Allerdings hatte ich nur noch die Rote-Bete-Chips, die er nicht so mochte. Trotzdem rief ich leise: »Lecker, lecker«, so dass Clyde den Kopf hob und sogar einige Schritte auf mich zukam. Ich atmete erleichtert auf und streckte bereits die Hand durch die untere Schlinge, damit ich ihm, wenn er das Leckerchen von meiner Hand nahm, direkt das Halfter über den Kopf stülpen konnte. Clyde kam tatsächlich näher, schnaubte und beschnupperte das Leckerli. Langsam zog ich das Halfter über das erste Ohr, doch unvermittelt zog er den Kopf wieder weg und jagte prompt aus dem Garten in Richtung gegenüberliegendes Feld davon.

»Na, das hat ja toll geklappt«, gab der Ökofreak dazu noch ironisch von sich, was mich in diesem Moment unheimlich wütend machte.

»Vielleicht stehen Sie nicht nur blöde herum und lassen unqualifizierte Kommentare vom Stapel, sondern helfen mir?«, schoss ich zurück. Dabei warf ich ihm einen bitterbösen Blick zu.

Anscheinend hatte er mich verstanden, vielleicht war er auch nur beleidigt, egal, jedenfalls drehte er sich auf dem Absatz um und haute ab Richtung Haus. Gut so. Jemanden, der mir auf die unerfahrenen Finger sah, konnte ich ohnehin nicht wirklich gebrauchen.

Einem Impuls folgend, griff ich zu meinem Handy in der anderen Tasche und wählte Violets Nummer. Wenn mir jemand helfen konnte, dann sicher sie. Sie arbeitete als tiergestützte Therapeutin mit Hunden, und da Clyde nicht viel größer als ein Hund war, wusste sie bestimmt, wie ich das Hufgetier erfolgreich wieder eingefangen bekam.

Zwei Tatscher auf dem Display, und es ertönte das Freizeichen.

»Hilfe«, rief ich direkt verzweifelt in den Hörer, als sie abnahm. Es war das, was mir im ersten Moment zu dem ganzen Schlamassel hier einfiel.

»Was ist los?«

Seufzend näherte ich mich Clyde. Nur nicht so nahe, dass er gleich wieder flitzen ging. »Wie bekomme ich ein Pferd wieder eingefangen? Der blöde Gaul hat sich losgerissen und steht jetzt bei meinem Nachbarn auf der Wiese.«

»Welcher Gaul denn?« Okay, Violet wusste noch nichts von dem Cottage und den Ponys. Ich hatte das alles noch geheim halten wollen, damit mir niemand reinredete.

In diesem Moment setzte Clyde sich wieder galoppierend in Bewegung und jagte zurück in den Garten, wo er sich dem heiligen Bohnenanbau näherte. Mist!

Ich rannte Clyde mit dem Handy am Ohr umgehend hinterher. Dabei fielen mir die ganzen Hufabdrücke auf dem Rasen auf. Mich durchzuckte es heiß und kalt. O mein Gott. Das sah ja schlimm aus. Wie lange war Clyde denn schon hier?

»Sag schon, wie kriege ich das Vieh zurück auf seinen eigenen Paddock?« Clyde blieb abrupt stehen. Ich auch. Er hob den Kopf und sah sich um. So als wüsste er nicht, wohin er als nächstes gehen sollte. Mein Herz schlug schneller. Bitte nicht zum Gemüse! Bitte nicht zum Gemüse!

»Schnapp ihn dir doch einfach am Halfter und führe ihn zurück.« Clevere Idee. Wenn es denn mit dem Halftern auch klappen würde.

»Geht nicht. Jedes Mal, wenn ich ihn mir schnappen will, haut er gleich wieder ab. Die ganze Wiese hier sieht schon aus, als wäre ein Panzer eine Eiskunstlaufkür abgefahren.«

»Hast du vielleicht eine Möhre oder einen Apfel zur Hand? Zum Anlocken, meine ich.«

»Ne, nur so gekaufte Pferdeleckerlis Marke Rote Bete, aber die mag Clyde nicht.« Verzweifelt sah ich mich um. Gab es hier nicht irgendwo einen Obstbaum? Würde ein Ökofreak nicht auch seine Äpfel selbst anbauen?

Am anderen Ende lachte Violet leise auf. »Der Gaul heißt nicht tatsächlich Clyde, oder?«

Ich schnaubte in den Hörer. »Doch, und der andere Bonnie. Bonnie und Clyde. Bekloppte Namen für zwei bekloppte Ponys. Passt doch«, echauffierte ich mich. Clyde begann unterdessen wieder zu grasen.

»O mein Gott, es sind zwei? Wie bist du denn zu denen gekommen, und was sind das überhaupt für Ponys?«

Ich schlich mich nun von hinten an Clyde an. Quasi aus dem Windschatten. Vielleicht schaffte ich es ja, den Führstrick um seinen Hals zu wickeln.

»Laut Abstammungsurkunde sind es Shetlandponys, aber für mich sehen die eher nach großen Hunden aus«, flüsterte ich.

»Warum hast du dir bitte zwei Shettys gekauft? Du weißt ja nicht einmal, wie du das Wort ›Pferd‹ buchstabieren musst, geschweige denn, dass du etwas über artgerechte Haltung dieser Unpaarhufer weißt.«

Für einen Moment schwieg ich. Sollte ich ihr tatsächlich von dem Cottageplus-Deal erzählen? Na, eigentlich war es ja jetzt egal, da vertraglich alles unter Dach und Fach war und meine Eltern nebst Lovelyn, meiner besten Freundin aus Edinburgh, auch schon Bescheid wussten. Ein Zurück gab es also ohnehin nicht mehr.

»Ehrlich gesagt«, begann ich, »… habe ich sie gar nicht gekauft … oder … na ja … wie man es nimmt. Vielleicht doch irgendwie«, stammelte ich unverständlich daher, während ich mich anpirschte.

»Irgendwie? Wie kann man ein Pferd irgendwie kaufen?«

Clyde sah über die Schulter zu mir und schnaubte, als er mich bemerkte. Dann rannte er wieder ein paar Meter weiter. Das Vieh war verdammt clever. Mist!

Ich seufzte auf und blieb einfach mal stehen, um in Ruhe zu telefonieren. »Also, ich habe da ein süßes Cottage zwischen Kingsbarns und Boarhills in der Nähe des Red Beach gefunden«, setzte ich an und erzählte ihr schließlich kurz, was es mit dem Cottage auf sich hatte. Dabei beobachtete ich Clyde, der vom heiligen Gemüse zum Glück weit genug weg war. Am anderen Ende keuchte Violet plötzlich auf. Damit war die Umzugs-Bombe also auch bei ihr geplatzt.

»Willst du etwa das Cottage kaufen? Hier in der Nähe? Was sagt denn Paul dazu? Ich wusste ja gar nicht, dass ihr Edinburgh den Rücken kehren wollt.« Violet klang freudig aufgeregt. Kein Wunder. Ich würde endlich wieder in ihrer Nähe wohnen, womit wir uns wieder öfter als nur ein paar Mal im Jahr sehen würden.

Ich räusperte mich. Es gab nämlich da ja noch eine andere Bombe. »Paul und ich …«, ich zögerte kurz, »… ich habe Schluss gemacht. Und nun will ich aus Edinburgh raus. Ehrlich gesagt, habe ich die Großstadt schon lange satt.«

Für einen Moment herrschte Schweigen. Sicher musste Violet das erst mal verdauen. »Aber was ist mit deinem Job? Willst du dann jeden Tag zum Arbeiten nach Edinburgh fahren?«

Ich lachte trocken auf. »Quatsch, wir haben auch in St Andrews eine Filiale. Ich habe mich einfach versetzen lassen, und mal abgesehen davon kann ich die IT auch von hier aus machen.« Vermutlich hätte ich auch auf die Bahamas ziehen können. Dank des Internets hatte ich von überall Zugriff auf unsere Server. Und wenn es wirklich mal was gab, was ich persönlich erledigen musste, würde mich eine Stunde Zugfahrt nach Edinburgh sicher nicht umbringen.

»Ich fass dann mal zusammen. Du hast mit Paul Schluss gemacht, lässt dich nach St Andrews versetzen und willst wieder hierherziehen. Okay. Was das Cottage bei Boarhills jetzt jedoch mit Bonnie und Clyde zu tun hat, habe ich immer noch nicht ganz verstanden.«

Wie auch? Ich verstand mich ja selbst nicht mal für meine blöde Idee. Bis heute machte ich den starken Wunsch nach einem neuen Zuhause und einer Veränderung im Leben für meinen überstürzten Vorschlag verantwortlich. »Also, der Besitzer Mr. Andrews hatte zig Anfragen für das Cottage. Kein Wunder. Meerblick, Strandlage, saniert, dann noch die Magnolienbäume, die das knapp 5.000 Quadratmeter große Grundstück umsäumen. Das war eben heiß begehrt.« Clyde graste sich nun langsam wieder in Richtung Gemüsebeet vor. Verdammt. Irgendwas musste ich doch machen können. Und wo war überhaupt der Ökofreak hin?

»Noch mal, Dede, das verstehe ich, aber was hat das mit den Shettys zu tun?«

Ich schlich mich wieder an Clyde heran. Dieses Mal blieb er sogar stehen, und in mir keimte leise Hoffnung auf. Ich müsste doch nur das doofe Halfter übergezogen bekommen. »Die Ponys wohnen direkt gegenüber vom Cottage. Sie gehörten Mr. Andrews, und er wollte sie eigentlich verkaufen. Weil aber niemand die beiden haben wollte, habe ich mich spontan angeboten, sie zusammen mit dem Cottage zu kaufen.«

Ich zog Clyde, während er weitergraste, das Halfter über. Als ich den Karabiner festgeklickt hatte, jubelte ich stumm auf. Nun befestigte ich noch den Führstrick an einer der Ösen.

Für einen Moment sagte Violet gar nichts und dann: »Und was machst du jetzt mit den Shettys? Können sie was, oder sind zu etwas nutze?«

In diesem Moment fragte ich mich selbst, was die beiden eigentlich konnten außer fressen, kacken und Unsinn machen. »Keine Ahnung, ich glaube, er hat sie nur zum Rasenmähen auf seinem Gartengrundstück genutzt.« Stimmt. Warum hatte Mr. Andrews sich die Zwerge überhaupt angeschafft? Wenn ich das nächste Mal mit ihm telefonierte, würde ich ihn danach fragen.

»Vielleicht verkaufst du sie besser«, sagte Violet plötzlich.

»Geht nicht.«

»Warum nicht?«

»Weil ich mich dummerweise darauf eingelassen habe, sie auf Lebenszeit hier wohnen zu lassen.«

Ein fassungsloses »Bitte was?« ertönte. So hatten allerdings auch meine Eltern reagiert. Und gleich danach mit dem gut gemeinten Scherz meines Vaters: »Du und Tiere? Du weißt aber schon, dass du die nicht mit Bitcoins füttern kannst, oder?«

Ich seufzte auf. Genau deswegen hatte ich diese Cottage-Sache so lange geheim halten wollen. Weil ich bereits geahnt hatte, dass sich alle über mich und die Ponys lustig machen würden. Selbst Lovelyn hatte bei meiner Offenbarung ein geprustetes »Ponys lädt man für gewöhnlich mit Heu und Wasser wieder auf« rausgehauen.

»Mr. Andrews hat den Vertrag mit mir für das Cottage nur unter der Prämisse geschlossen, einen Passus einzufügen, der den Ponys Wohnrecht auf Lebenszeit zusichert.«

Ein Keuchen ertönte. »O mein Gott, du hast doch nicht ernsthaft diesen Vertrag unterschrieben, oder?«

»Doch«, gab ich kleinlaut zurück. »Ich wollte das Cottage nämlich unbedingt haben. Wenn du es siehst, wirst du mich verstehen.« Ich lachte verlegen auf. »So nach und nach werde ich dann jetzt meine Wohnung in Edinburgh leer räumen. Wenn du magst – ich bin noch bis Montag hier. Komm mich doch mal besuchen, dann zeige ich dir mein neues Heim und die beiden Racker. Ich schick dir gleich die Adresse im Chat.« Dann könnte Violet mir vielleicht auch noch einige Tipps bezüglich der Ponys geben. Sie kannte sich mit Tieren wesentlich besser aus als ich Computerqueen.

Ich zog feste am Strick, und Clyde hob tatsächlich den Kopf. Kauend trottete er mir schließlich hinterher.

»Du weißt aber schon, wie alt so kleine Ponys werden können, oder?«

Ich stutzte.

»Ähm … nein? Ich denke, 15 Jahre vielleicht? So wie Hunde, oder? Mr. Andrews sagte, die beiden seien so um die zehn oder zwölf.« Mit Clyde am Strick lief ich durch den Garten in Richtung Straße. Wo der Ökofreak hin war, wusste ich immer noch nicht. War mir aber auch egal!

»Leg noch mal 20 Jahre obendrauf, dann liegst du richtig. Im günstigsten Fall, wohl gemerkt. Ansonsten kann so ein Shetty bei guter Pflege sogar 40 bis 50 Jahre alt werden.«

Abrupt hielt ich inne. Clyde ebenfalls. Er sah mich an und schnaubte. Was hatte sie da gerade gesagt? 50?

50 minus 10 waren 40. 40 Jahre. Mein Herz schien vor Schock stehen bleiben zu wollen. Und dann rutschte mir etwas heraus, das ich bislang nur einmal in meinem Leben gesagt hatte. Als der Server der Hauptzentrale gecrasht war. »Fuck!«

***

Mit Clyde am Strick würgte ich Violet schlussendlich ab und lief Richtung Straße. Ich wollte endlich nach Hause und die Kartons auspacken. Kurz vorher riss sich dieses blöde Pony jedoch wieder los und rannte zurück. Nur nahm es dieses Mal tatsächlich die Bohnenranken ins Visier. Mist!

Wie aus dem Nichts stand plötzlich der Ökofreak wieder neben mir. Er hielt einen Apfel und eine Möhre in der Hand.

»Wenn Sie das Pony jetzt nicht langsam in den Griff bekommen, rufe ich die Polizei und erstatte Anzeige wegen Sachbeschädigung«, fluchte er und marschierte mir zu Clyde hinterher, der sich gerade munter an den Blättern der Ranken zu schaffen machte.

»Herrgott, ja, es ist nicht so, dass ich mir das hier gewünscht hätte«, fauchte ich ihn an.

»Hier, vielleicht lässt es sich damit ablenken.« Der Kerl hielt mir Möhre und Apfel hin, die ich ihm beide aus der Hand nahm. Dabei berührten sich kurz unsere Finger, und ich bekam leicht einen gewischt. Erschrocken zuckte ich zurück. Der Apfel fiel plumpsend zu Boden.

Mein Nachbar stöhnte dabei theatralisch auf. »Ich glaube, ich mache das besser selbst. Sonst steht das Pony vermutlich Weihnachten noch hier.« Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um.

Ich keuchte empört auf. Was für ein … Herrgott! Ich versuchte, meine aufkeimende Wut zähneknirschend zu unterdrücken, und ballte die Fäuste. Immerhin war er ja irgendwie im Recht. Sein heiliger Garten, mein ungezogenes Pony, das ich nicht in den Griff bekam.

Mit dem Apfel in der Hand ging der Kerl nun langsam auf Clyde zu. »Guck mal hier, Dicker, magst du vielleicht den? Der schmeckt doch viel besser als die Blätter meiner Bohnenranken.«

Nun hielt er Clyde den Apfel unter die Nase. Das Pony nahm kurz Witterung auf, deutlich zu sehen an den flatternden Nüstern. Dann drehte es den Kopf in seine Richtung. Der Ökofreak zog die Hand mit dem Apfel jedoch ein Stück zurück, so dass Clyde etwas näherkommen musste. Dann noch einen Schritt und noch einen. Nun griff der Kerl nach dem Führstrick und drehte sich in meine Richtung. Den Apfel immer schön vor Clydes Nase haltend. Das Pony schob bereits den Kopf nach vorne, hob die Oberlippe an und zeigte seine Zähne, doch wie mit dem Esel und der Möhre lockte mein Nachbar Clyde mit dem Apfel in der Hand erst aus dem Beet und dann an mir vorbei aus dem Garten Richtung Straße.

Im Vorbeilaufen sagte er zu mir: »Erinnern Sie mich bitte daran, dass ich einen ponysicheren Zaun setze.« Ich folgte ihm nur kopfschüttelnd.

Auf der Straße übergab er mir schließlich den Apfel. Ich brach schnell ein Stück von der Möhre ab und gab es Clyde, um ihn bei Futterlaune zu halten. Kauend fixierte er dennoch weiterhin den Apfel wie ein hypnotisiertes Kaninchen. Ich unterdrückte einen Lacher.

»Ich hoffe für Sie, dass dies nicht noch mal vorkommt.« Dann drehte der Ökofreak sich wieder um und ließ mich einfach stehen. Ich sah ihm dagegen angefressen nach.

Nun gut. Er war zu Recht sauer, und seine abweisende Reaktion konnte ich sogar durchaus nachvollziehen. Clyde hatte in seinem Garten ordentlich gewütet, und so, wie der Rasen aussah, würde es einige Zeit dauern, bis er wieder annähernd hübsch erschien. Trotzdem – es war ja nicht absichtlich passiert. Und für alles weitere war ich doch haftpflichtversichert. Oder nicht?

»Komm, Clyde, ab nach Hause. Und wenn du brav bist, darfst du den Apfel auch haben.« Ich marschierte los. Clyde lief erfreut am Strick neben mir her, ohne auch nur für den Bruchteil einer Sekunde den Blick vom Apfel zu nehmen.

***

Am Paddock angekommen, erwartete uns bereits eine ungeduldige Bonnie. Als sie ihren Kumpel sah, wieherte sie ein paar Mal hintereinander und stieg mit den Vorderbeinen in die Luft. Es klang seltsamerweise ein wenig wütend. So als wollte sie sagen: Verdammt, Clyde, wo warst du denn so lange?

Ich führte Clyde auf den Paddock und machte sein Halfter ab. Er bekam seinen Apfel, Bonnie den Rest von der Möhre. Beide Pferdchen schienen wieder glücklich vereint. Ich dagegen war immens erleichtert.

Während die beiden kauten, besah ich mir kurz den kaputten Holzzaun. Besser war es, die Latte gleich wieder zu befestigen, bevor Clyde einen erneuten Ausbruchsversuch wagte und ich eine Schadenersatzklage am Hintern hatte.

Gesagt, getan. Mit einem Hammer und ein paar Nägeln, die ich schnell aus meiner Werkzeugkiste besorgte, fixierte ich schließlich die Latte in ihrer ursprünglichen Position. Im Anschluss überprüfte ich noch den Rest des Zauns. Hier und da waren tatsächlich noch andere Latten lose, die ich mit Nägeln wieder provisorisch befestigte. Aber eines wurde mir bei der Reparatur sofort klar – der Zaun hatte seine besten Zeiten hinter sich, und ich musste wirklich über eine Alternative nachdenken, wenn ich nicht ständig Stress mit den Leuten aus der Umgebung hier bekommen wollte. Allerdings musste ich dazu erst mal endgültig einziehen. Und genau deswegen ging ich sofort dazu über, meine anderen Umzugskartons aus dem Auto zu holen und auszupacken.

***

Rund eine Stunde später waren bis auf zwei Kartons so weit alle ausgepackt. Weil mein Magen aber mittlerweile ordentlich knurrte, ich hatte ja den ganzen Morgen über noch nichts gegessen, fuhr ich mit dem Auto schnell nach St Andrews rein, um dort bei Morrisons ein paar Lebensmittel für das Wochenende einzukaufen. Sonntag würde ich wieder nach Edinburgh zurückfahren, da ich am Montag arbeiten und noch ein paar Sachen einpacken musste.

Als ich vom Einkaufen zurückkam, sah ich, dass das Gatter offen stand. Anscheinend hatte ich es vorhin nicht so wie sonst mit der Kette gesichert. Ein Blick genügte, und es durchzuckte mich ein weiteres Mal an diesem Tag wie beim Ergreifen einer Hochspannungsleitung – nun war Bonnie weg.

Kapitel 2Das Ende einer langen Ära

Kurz vor zehn am Sonntagmorgen schellte es an meiner Tür. Ich saß noch im Pyjama auf der Couch und versuchte, irgendwie wach zu werden, da ich bis spät in die Nacht die Gästetoilette neben der Eingangstür gestrichen und geputzt hatte. Es war der letzte Raum auf der unteren Etage. Nun war zumindest hier alles fertig, und ich brauchte mich nur noch endgültig wohnlich einzurichten.

Gähnend ging ich zur Tür, um nachzusehen, wer mich zu dieser frühen Morgenstunde störte.

»Violet.« Ich riss überrascht die Augen auf. Sie hatte ich nun nicht erwartet. Zumindest nicht so früh. »Was machst du denn hier?«

Meine Freundin hielt traurig dreinguckend zwei Kaffeebecher und eine Tüte vom Bäcker in die Höhe. Rowdy und Hope, ihre zwei Hunde, saßen brav neben ihr. »Das war das schlimmste Wochenende meines Lebens. Ich habe versucht, eine Familie zusammenzuführen, und dabei zwei Männer vergrault.«

Ich verzog das Gesicht, weil ich nicht ganz mitkam. Ging es um Will, mit dem sie einige Dates gehabt hatte? Oder doch eher um diesen unnahbaren Bauunternehmer Evan, der in den letzten Wochen immer wieder ihren Weg gekreuzt hatte?

»Wirklich gleich zwei Männer?«

Sie nickte nur und ließ die Schultern hängen.

Seltsamerweise musste ich an mein Wochenende denken, das ja auch nicht viel besser gewesen war. »Okay. Ich glaube, ich kann das noch toppen. Nachdem ich Clyde am Freitag endlich eingefangen und zurück zum Paddock gebracht habe, ist Bonnie ausgebüxt und die Straße runter in den Garten von diesem Ökofreak gerannt, wo sie die Gemüsebeete umgegraben hat. Der Kerl war logischerweise nicht begeistert, und nun habe ich tatsächlich eine Anzeige wegen Sachbeschädigung am Hals.« Worüber ich nicht so richtig begeistert war, weil sich mein schönes Landleben eher zum Krieg am Nachbarzaun entwickelte.

Ich trat beiseite und ließ meine Freundin hinein. Die Hunde liefen voran.

Violet sah sich unterdessen neugierig um. Sie war ja zum ersten Mal in meinem Magnoliencottage. »Wieso Ökofreak? Wegen der Gemüsebeete?«

Ich schloss die Tür und lief den dreien hinterher. »Keine Ahnung, einige im Dorf sagen, der Kerl sei Biologe und würde sich für Landschaftsschutz einsetzen und so. Und da er noch sein eigenes Gemüse anbaut, bezeichnen ihn alle hier im Dorf eben als Öko.«

»Trägt er auch Brille, Birkenstocksandalen und einen Strickpulli?« Sie zwinkerte mir zu.

Bei der Vorstellung des Ökofreaks in Birkenstock musste ich laut auflachen. »Nein, Jeans und Sneakers. Und eigentlich sieht er auch ganz gut aus, ist aber megaunhöflich und recht wortkarg.« Ich lief voran zum Wohnzimmer und schob einen leeren Umzugskarton beiseite, der im Weg stand.

Megaunhöflich war schlichtweg untertrieben. Aber ich sollte wohl Verständnis dafür haben. Bonnie hatte am Ende alles platt getrampelt, auch noch das letzte bisschen Rasen und Gemüse, was Clyde über gelassen hatte. Zudem hatte sie den Bohnenranken fresstechnisch so richtig schlimm zugesetzt. Mein Nachbar hatte, verständlicherweise, seiner Gesichtsfarbe nach zu urteilen kurz vor dem Herzinfarkt gestanden und daraufhin die Polizei gerufen, um Anzeige zu erstatten. Aber vielleicht würde ich mal mit ihm reden, wenn die Gemüter wieder abgekühlt waren. Diese Angelegenheit könnten wir doch auch friedlich regeln. Und genau deshalb sollte ich dringend meine Haftpflichtversicherung anrufen. Eine finanzielle Wiedergutmachung würde ihn vielleicht zu einer Rücknahme der Anzeige bewegen.

»So, jetzt erzähl aber mal, was war bei dir da los? Familienzusammenführung und Männer vergraulen klingt spannender als niedergetrampelte Radieschen und Anzeigen wegen Sachbeschädigung.« An meinen vermaledeiten Freitagabend und den Ökofreak wollte ich nämlich wirklich nicht mehr erinnert werden.

Ich öffnete einen Karton und wühlte darin herum. Aber alles, was ich für das Gebäck fand, waren Suppenteller. »Sorry, ich finde die Frühstücksteller gerade nicht.«