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Examensarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Latinistik - Literatur, Note: 1,5, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Sprache: Deutsch, Abstract: Das Philosophem der Freundschaft war fester Bestandteil der Diskussionsfragen in der Ethik der Antike. Doch erst mit Erscheinen der Ethica Nicomachea von Aristoteles liegt uns in der Form des achten und neunten Buches die zu diesem Zeitpunkt einzigartige und erste wissenschaftlich-systematische Auseinandersetzung mit der Freundschaftsthematik vor. Die von Aristoteles entworfene Freundschaftstheorie, deren Basis die Empirie von Freundschaft bildet, zeigt nicht nur Grundlagen und Gründe einer an humanen Maßstäben orientierten Freundschaft auf, sondern hat eine bis dato nicht vorhandene umfassende und detaillierte Klassifikation der Freundschaft zum Inhalt. Des Weiteren widmet sich Aristoteles schließlich der ganz spezifisch verstandenen Freundschaft unter den philosophischen Weisen und der damit verbundenen Frage nach der Vereinbarkeit von der Autarkie des Weisen und der Notwendigkeit, Freundschaften einzugehen. Dieser Topos wird Grundlage für viele nachfolgende Autoren sein, die sich mit dem Entwurf einer Freundschaftstheorie befassen oder das Thema Freundschaft zum Inhalt ihrer Schriften machen. Im Rahmen der hier vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit im Fach Latein wurden nun die beiden römischen Autoren Cicero und Seneca ausgesucht, um das Philosophem der Freundschaft in ausgewählten Werken einer genauen Untersuchung zu unterziehen. Als Textgrundlage für die Herausarbeitung des ciceronischen Freundschaftsbegriffes wird das dritte Buch von De finibus bonorum et malorum herangezogen, in dem Cato in fin. III, 62-76 an prägnanter Stelle die stoische Gesellschafts- und Sozialtheorie vorstellt und in diesem Zuge den stoischen Freundschaftsbegriff einführt. Von einer Auseinandersetzung mit der Freundschaftsthematik in Ciceros Laelius de amicitia, der in diesem Kontext nicht unerwähnt bleiben darf, wurde im Rahmen dieser Arbeit absichtlich verzichtet, um der systematischeren Vorgehensweise bei der Beschäftigung mit der Freundschaft in fin. III, 62-76 den Vorzug zu geben.
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Veröffentlichungsjahr: 2008
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Abkürzungsverzeichnis iv
Abkürzungsverzeichnis1
amic.Seneca,Quomodo amicitia continenda sit, frg.I-IIIdial. 9Seneca,De tranquillitate animi Epict.Arrian,Epicteti Dissertationes ENAristoteles,/EthicaNicomachea epist.Seneca,Epistulae morales fin.Cicero,De finibus bonorum et malorum sent. Vat.Epikur, /GnomologiumVaticanum Epicureum Lael.Cicero,Laelius de amicitia leg.Cicero,De legibus nat. deor.Cicero,De natura deorum carm.Horaz,Carmina off.Cicero,De officiis sent.Epikur,/Rataesententiae rep.Cicero,De re publica
1Die lateinischen Abkürzungen wurden entnommen aus:Thesaurus linguae Latinae,Index librorum
scriptorum inscriptionum ex quibus exempla afferuntur (Leipzig 1990). Die griechischen Abkürzungen
91958). wurden entnommen aus: Liddell - Scott,Greek - English Lexicon(Oxford
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1 Einleitung 1
Das Philosophem der Freundschaft war fester Bestandteil der Diskussionsfragen in der Ethik der Antike. Doch erst mit Erscheinen derEthica Nicomacheavon Aristoteles liegt uns in der Form des achten und neunten Buches die zu diesem Zeitpunkt einzigartige und erste wissenschaftlich-systematische Auseinandersetzung mit der Freundschaftsthematik vor. Die von Aristoteles entworfene Freundschaftstheorie, deren Basis die Empirie von Freundschaft bildet, zeigt nicht nur Grundlagen und Gründe einer an humanen Maßstäben orientierten Freundschaft auf, sondern hat eine bis dato nicht vor-handene umfassende und detaillierte Klassifikation der Freundschaft zum Inhalt. Des Weiteren widmet sich Aristoteles schließlich der ganz spezifisch verstandenen Freundschaft unter den philosophischen Weisen und der damit verbundenen Frage nach der Vereinbarkeit von der Autarkie des Weisen und der Notwendigkeit, Freundschaften einzugehen. Dieser Topos wird Grundlage für viele nachfolgende Autoren sein, die sich mit dem Entwurf einer Freundschaftstheorie befassen oder das Thema Freundschaft zum Inhalt ihrer Schriften machen.
Im Rahmen der hier vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit im Fach Latein wurden nun die beiden römischen Autoren Cicero und Seneca ausgesucht, um das Philosophem der Freundschaft in ausgewählten Werken einer genauen Untersuchung zu unterziehen. Als Textgrundlage für die Herausarbeitung des ciceronischen Freundschaftsbegriffes wird das dritte Buch vonDe finibus bonorum et malorumherangezogen, in dem Cato infin.III, 62-76 an prägnanter Stelle die stoische Gesellschafts- und Sozialtheorie vorstellt und in diesem Zuge den stoischen Freundschaftsbegriff einführt. Von einer Auseinandersetzung mit der Freundschaftsthematik in CicerosLaelius de amicitia,der in diesem Kontext nicht unerwähnt bleiben darf, wurde im Rahmen dieser Arbeit absichtlich verzichtet, um der systematischeren Vorgehensweise bei der Beschäftigung mit der Freundschaft infin.III, 62-76 den Vorzug zu geben. Für das Verständnis von Senecas Freundschaftsauffassung wurde innerhalb des 124 Briefe umfassenden Epistelcorpus neben einigen Briefen, welche die Freundschaftsthematik nur nebensächlich behandeln, besonderes Gewicht auf die Interpretation des dritten, sechsten und neunten Briefes innerhalb des ersten Briefkreises gelegt. Dieepist.3 - 6 - 9 bieten sich als Textstellen zur Deutung der senecanischen Freundschaft an, da in ihnen jeweils die Freundschaft ein vorherrschendes Thema ist, und sie außerdem chronologisch aufeinander aufbauend konzipiert sind und somit innerhalb des ersten Briefkreises eine Einheit bilden.
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In dieser Arbeit wird es Aufgabe sein, die jeweils distinktiven Auffassungen des Freundschaftsbegriffes bei Cicero und Seneca durch eine intensive Beschäftigung mit den ausgewählten Textstellen herauszuarbeiten, und das Philosophem der Freundschaft in seinem jeweiligen Kontext und thematischen Umfeld einer philologischen Untersuchung zu unterziehen. Im Folgenden werden also mit dem ciceronischen DialogDe finibus bonorum et malorumund den philosophisch-pädagogischen Briefen, denEpistulae morales,von Seneca zwei gattungsverschiedene Textstellen einander gegenüber gestellt, um des Weiteren der Frage nachzugehen, ob und in welcher Form die Wahl der Gattung zu einer unterschiedlichen Annäherung an die Freundschaftsthematik durch Cicero und Seneca beiträgt.
In diesem Zusammenhang wird von Interesse sein, welche Möglichkeiten und Spiel-formen die unterschiedlichen Gattungen den Autoren bieten, um den Freundschaftsbegriff einzuführen, vorzubereiten, argumentativ zu entwickeln und durch Beispiele zu unterstreichen. Des Weiteren wird zu untersuchen sein, in welches thematische Umfeld, in welches Milieu die Darlegung der Freundschaftsthematik gerückt wird und welche Aussagen daraufhin für die charakteristischen Eigenschaften der Freundschaft gemacht werden können. Außerdem wird ein weiterer Aspekt bei der Beschäftigung mit dem Philosophem der Freundschaft bei Cicero und Seneca sein, auf welche Vorbilder bezüglich des Toposdie beiden Autoren jeweils zurückgreifen konnten. Schließlich wird in dieser Arbeit der Frage Beachtung geschenkt, welche Terminologie und welche stilistischen und narratologischen Mittel zum Einen Cicero in seinem philosophischen Dialog, zum Anderen Seneca in der Briefform verwenden, wenn sie sich in ihren Werken mit dem Freundschaftsbegriff auseinandersetzen.
Zur Beantwortung dieser Fragen bietet sich folgende Gliederung der Arbeit an. Ziel des ersten, hinführenden Teils ist es, nach einer lexikalischen Begriffsanalyse der Begriffe undamicitiaeinen historisch-philosophischen Überblick über den Begriff der Freundschaft in der Ethik der Antike zu geben. Der chronologisch gestaltete Überblick beginnt beim Freundschaftsbegriff in den SchriftenLysis, PoliteiaundNomoivon Platon und führt dann zurEthica Nicomacheavon Aristoteles. Es folgt die Auseinandersetzung mit dem epikureischen Freundschaftsbegriff, der anhand der unddesGnomologium Vaticanum Epicureumerarbeitet wird, während er mit Epikurs eudämonistischer Individualethik verknüpft wird. Den Abschluss des ersten Abschnitts bildet die Darstellung der Freundschaftsthematik in der Stoa. Hierzu werden zunächst für die Einordnung der Freundschaft in den stoischen Lehrkomplex wesentliche Inhalte der stoischen Ethik präsentiert, welche die Rolle der Vernunft, die Güterlehre sowie die
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- Lehre umfassen, bevor das Kapitel durch einen Exkurs zu Epiktet abgeschlossen wird.
Der zweite Abschnitt bildet zugleich den ersten Teil des Hauptteils, in dem explizit das Philosophem der Freundschaft bei Cicero untersucht wird. Nach einem Exkurs zum Dialog bei Cicero findet CicerosLaelius de amicitiaErwähnung, bevor dann der ausgewählte Textabschnittfin.III, 62-76, der im Zentrum dieses Kapitels steht, zunächst in das Gesamtwerk und anschließend innerhalb des dritten Buches vonDe finibus bonorum et malorumeingeordnet wird. Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf der sodann folgenden sprachlichen Analyse und Interpretation der betreffenden Textstelle. Zum Abschluss des Kapitels wird der Versuch unternommen, das hinsichtlich der ciceronischen Freundschaftsauffassung im Text Erarbeitete in einer schematischen Darstellung festzuhalten.
Der dritte Abschnitt und zugleich zweite Teil des Hauptteils hat explizit das Philosophem der Freundschaft bei Seneca zum Inhalt. Er ist analog zum Cicero-Teil konzipiert und beginnt daher mit einem Exkurs zum Brief bei Seneca. Anschließend wird das Thema Freundschaft bei Seneca angesprochen, das natürlich nicht nur in den hier analysiertenEpistulae moraleseine Rolle spielt. Da im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht all diese Schriften untersucht werden können, wurden beispielhaft zwei andere Werken ausgewählt: die drei Fragmente mit dem TitelQuomodo amicitia continenda situndDe tranquillitate animiVII, 1-6. Es folgt anschließend die bereits angedeutete eingehende Auseinandersetzung mit denEpistulae morales,um den senecanischen Freundschaftsbegriff herauszuarbeiten. Nachdem zunächst ausgewählten Briefen, in welchen die Freundschaft als Nebenthema präsent ist, vor allem inhaltlich Beachtung geschenkt wird, steht die genaue Textanalyse und Interpretation des dritten, sechsten und neunten Briefes im Mittelpunkt dieses dritten Teils. Abschließend wird die Bemühung angestellt, die im Zusammenhang mit dem senecanischen Freundschaftsbegriff untersuchten Briefe graphisch in einem Schaubild darzustellen.
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2 Der Begriff der Freundschaft:φιλία- amicitia 5
Das Verb istim Wörterbuch mit folgender Bedeutung versehen: 1. lieben, Liebe und Wohlwollen erweisen, 2. im bes. a) jmdn. liebreich behandeln, Liebesdienste erweisen; liebevoll, gastlich aufnehmen b) liebkosen, küssen c) sinnlich, buhlerisch lieben, 3. von Dingen: gern tun, pflegen. Daraus wird ersichtlich, dassnicht nur auf Personen, sondern auch auf Dinge und Aktivitäten bezogen werden kann. Zum Verständnis der Bedeutung von Freundschaft in der Antike ist es nun wichtig, dassals ursprüngliche Gegebenheit menschlicher Lebenspraxis verstanden werden muss, welche im Deutschen gemeinhin mit „Freundschaft“ wiedergegeben wird. Die deutsche Übersetzung „Freundschaft“ evoziert dabei jedoch die irreführende Assoziation einer besonders intimen zwischenmenschlichen Beziehung. Dochbezieht sich auf intersubjektive Beziehungen aller Art.5
Im folgenden Abschnitt sollen der Begriff deramicitiaund die der Wortfamilie angehörigen Begriffeamicusundamarehinsichtlich ihrer Bedeutung diskutiert werden. Der lateinische Begriff deramicitiakann im Deutschen grundsätzlich mit „Freundschaft“ wiedergegeben werden, wobei dieser zwei Aspekte aufweist. Man muss die Freundschaft in gesellschaftlichen Verhältnissen und die Freundschaft in politischen Verhältnissen, das Freundschaftsbündnis, voneinander unterscheiden.6In der römischen Republik kann Freundschaft vorwiegend als politische Freundschaft verstanden werden.Amicitiabeinhaltet in Rom sowohl die Beziehung zwischen gleichrangigen hochstehenden Personen als auch zwischen diesen und abhängigen Personen.7Dies wird besonders in dem gegenseitigen Verhältnis despatronusgegenüber seinenclientesdeutlich. Wie die abhängigenclientesihrenpatronus amicusnannten, so bezeichnete derpatronusseineclientesalsamici.Der römische Aristokrat war auf die Hilfe von Freunden angewiesen, um politisch erfolgreich zu sein. Denn Freunde waren neben Geld ein probates Mittel zur Beeinflussung im Wahlkampf. Im Gegenzug war derpatronusdarauf bedacht, seineclienteswohl zu stimmen, indem er sie durch Hilfeleistung und Gefälligkeiten (officia) unterstützte.8Des Weiteren waren ranghohe, angesehene Freunde eine hilfreiche Unterstützung in Prozessen und in der Amtsführung. ImOxford Classical Dictionaryfindet man unteramicitiafolgenden Eintrag:Amicitia,friendship in Roman political terminology. The relationship might be between Rome and either another state or an individual, or be-
5Vgl. Schulz 2000, 11.
681913, 378ff. Für eine genauere Übersicht zu den Erscheinungsformen sei verwiesen auf Vgl. Georges
Klein 1957, 73-99.
7Vgl. E. Badian, Art.Amicitia,in: H. Cancik und H. Schneider (Hrsg.), CD-ROM-Ausgabe,DNP1 (Stutt-
gart 2001) 590.
8Vgl. K. Treu, Art. Freundschaft, in: T. Klauser (Hrsg.),RAC8 (Stuttgart 1972) 422.
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2 Der Begriff der Freundschaft:φιλία- amicitia 6
tween individuals. Amici populi Romani were recorded on a tabula amicorum. Although amicitia involved no treaty or formal legal obligations, the term was often associated with alliance (societas) and might describe
strong ties and indeed dependency.9
In dieser Definition wird deutlich, dassamicitianicht auf die Innenpolitik beschränkt werden darf, sondern darüber hinaus in einem außenpolitischen Sinne gedacht werden muss. Außerdem wird betont, dass dem Freundschaftsbündnis eine quasivertragsähnliche Bedeutung zukommt, das trotz jeder fehlender rechtlicher Verpflichtungen einen hohen Grad an gegenseitiger Verbindlichkeit und Abhängigkeit aufweist. Das Adjektivamicus,das ähnlich wie im Griechischen substantiviert alsamicusexistiert, trägt die Bedeutung: befreundet, freundlich gesinnt, wohlwollend, gewogen, geneigt, günstig. Als Substantiv unterscheidet man zwei Bedeutungen vonamicus:1. der Freund, mit dem man die heiligen Gefühle der Liebe und Achtung teilt, sowie überhaupt der gute Freund. 2. in politischen Verhältnissen: a) der politische Freund, Anhänger b) der auswärtige Staatsfreund. Wennamicusim persönlichen Kontext gebraucht wird, gesellen sich Adjektive wiebonus, intimus, magnus, fidus, firmus ac fidelis, verus, summus, carushinzu. Im politischen Sinne wirdamicusoft synonym mitsociusverwendet, worin die bereits erwähnte Verbindlichkeit und Abhängigkeit anklingt. Das äquivalente lateinische Verb zu lautetamare,das zwei Bedeutungsstränge aufweist. Die erste Bedeutung „lieben aus Neigung, liebhaben“ kann noch unterschieden werden in „nur sich lieben, in sich verliebt sein, sich verpflichtet fühlen, verbunden sein, etw. lieben, gern haben, etw. gern tun, zu tun gewohnt sein, pflegen“. Interessant ist, dass sowohl der Aspekt der Selbstliebe in der Verbindungamare se od ipsum,als auch der Aspekt der Verbindlichkeit und Verpflichtung sowie der Bezug auf Dinge und Tätigkeiten in dieser Bedeutung Platz finden. Im Gegensatz dazu bezieht sich die zweite Bedeutung „jmd. lieben aus Leidenschaft, sinnlich lieben, in jmd. verliebt sein“ einzig auf zwischenmenschliche Beziehungen.
9H.H. Scullard and A.W. Lintott, Art.amicitia,in: S. Hornblower and A. Spawforth (edd.),OCD(Ox-
ford/New York ³1996) 72.
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3 Der Begriff der Freundschaft in der Ethik der Antike - ein Überblick 7
Noch bei den Vorsokratikern wurde Freundschaft als kosmologisches Prinzip gedeutet, wobei der Freundschaft als Ursache des Guten der Streit als Ursache des Schlechten gegenübergestellt wurde.10Doch erst bei Platon, dem Gründer der Akademie 385 v. Chr., findet man in seinem DialogLysisdie erste systematische Diskussion der Freundschaft. Thema desLysisist die Frage nach dem Wesen der Tugend der,wie man einen Freund gewinne und wie man zum Freund des anderen werde. Obwohl Platon, geboren 427 v. Chr., seinenLysisaporetisch enden lässt, indem Sokrates‘ Frage, wie man jemandes Freund werde und was ein Freund sei, unbeantwortet bleibt, kann man doch einige Beobachtungen zu Platons Auffassung von Freundschaft machen.
Anhand der in derLysisbeteiligten Personen präsentiert uns Platon zwei Formen von Freundschaft. Zum Einen begegnet uns bzw.inHippothales als egoistische Verliebtheit, zum Anderen als naturhafte Freundschaft in den beiden Jungen Lysis und Menexenos.11Grundvoraussetzung dafür, dass man einem anderen Menschen Freund ist, besteht laut Platon darin, sich selbst Freund zu sein. Sich selbst Freund zu sein, verlangt wiederum die richtige Ordnung der eigenen Seele und die angemessene Ausrichtung auf das Gute. Für diesen ewigen Prozess sind uns nun Freunde notwendig, in denen wir eine Ähnlichkeit der Ausrichtung auf das, das ursprünglich Liebe bzw. Befreundete und Gute zu finden hoffen.12Somit kann Freund-
10DieFreundschaft übernahm in diesem Kontext eine ordnende, harmonisierende Rolle: „In der Phase
des Streites sind die Elemente (Feuer, Wasser, Luft, Erde) für sich gesondert, während die Phase der
Freundschaft wiederum diese Trennung aufhebt und die Elemente in die Ordnung des umgreifenden
Einen zurückführt.“ A. Müller, Art. Freundschaft, in: J. Ritter (Hrsg.),HWPh,Bd. 2 (Basel 1972) 1105.
Vgl. hierzu auch R. Elm, Art. philia, in: Ch. Horn / Ch. Rapp (Hrsg.), Wörterbuch der antiken Philoso-
phie (München 2002) 337.
11Vgl. Schulz 2000, 25.
12Vgl. B. Reibnitz, Art. Freundschaft, in: H. Cancik und H. Schneider (Hrsg.), CD-ROM-Ausgabe,DNP4
(Stuttgart 2001) 672.