Das Ravioli-Chaos oder Wie ich plötzlich Held wurde - Katja Reider - E-Book

Das Ravioli-Chaos oder Wie ich plötzlich Held wurde E-Book

Katja Reider

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Beschreibung

Ein Mal berühmt sein ... wenigstens für 15 Minuten ... das ist Lennis großer Traum! Und dann wird Lenni zufällig Zeuge eines Überfalls und plötzlich zum gefeierten Helden – dabei war es doch gar nicht er, sondern ein umstürzender Turm von Ravioli-Dosen, der den Räuber in die Flucht geschlagen hat! Das Leben als Held gefällt Lenni aber so gut, dass es ihm überhaupt nicht passt, als der Räuber auf einmal auftaucht und sich der Polizei stellen will. Kommt jetzt etwa die ganze Wahrheit ans Licht ...? Mit zahlreichen s/w-Illustrationen von Dominik Rupp

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Seitenzahl: 102

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Katja Reider

Das Ravioli-Chaos oder Wie ich plötzlich Held wurde

Mit Bildern von Dominik Rupp

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

Einmal berühmt sein ... wenigstens für 15 Minuten ... das ist Lennis großer Traum!

 

Und dann wird Lenni zufällig Zeuge eines Überfalls und plötzlich zum gefeierten Helden – dabei war es doch gar nicht er, sondern ein umstürzender Turm von Ravioli-Dosen, der den Räuber in die Flucht geschlagen hat! Das Leben als Held gefällt Lenni aber so gut, dass es ihm überhaupt nicht passt, als der Räuber auf einmal auftaucht und sich der Polizei stellen will. Kommt jetzt etwa die ganze Wahrheit ans Licht ...?

Über Katja Reider

Katja Reider arbeitete als Pressesprecherin, bevor sie das Schreiben für sich entdeckte. Inzwischen hat sie über 150 Bücher veröffentlicht und lebt mit Mann, Kindern und einem kleinen Hund in Hamburg. Neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit engagiert sich Katja Reider auch für die Leseförderung. So hat sie 2015 mit anderen Autoren das Kinder-Lesefestival «Hamburger VorleseVergnügen» ins Leben gerufen.

Wenn ich ehrlich bin, fing alles damit an, dass Walze und ich ein Mal fünfzehn Minuten lang berühmt sein wollten. Nur eine Viertelstunde lang sollte die Welt bewundernd auf uns zwei blicken. Es musste nicht mal die ganze Welt sein. Ein paar hundert Leute hätten völlig ausgereicht. Also, solange es die richtigen hundert Leute gewesen wären. Man ist ja nicht unbescheiden.

Aber natürlich ging die Sache gründlich schief.

Ein paar Tage bevor das Ravioli-Chaos über mich hereinbrach, hatte mir Walze von einem Typen in Amerika erzählt, der behauptet hat, dass irgendwann jeder Mensch auf diesem Planeten für fünfzehn Minuten berühmt sein würde.[*] Ich weiß zwar nicht, wie das gehen soll. Ich meine, auf der Erde leben fast acht Milliarden Leute, oder? Aber Walze meinte, dass es doch nicht schaden könnte, wenn wir beide uns unsere fünfzehn Minuten jetzt schon mal sichern würden. Dann wären wir mit dem Thema durch. Walze denkt nämlich immer sehr praktisch.

Dass Walze und ich so viel auf dem Thema herumkauen, kommt nicht von ungefähr. Meine große Schwester Nela IST nämlich berühmt! Mit allem drum und dran: Presse-Fotos, Interviews, Fan-Postkarten und so weiter. Nela bekommt sogar Liebesbriefe! Das verstehe ich allerdings wirklich überhaupt nicht – wie bitte schön kann man sich in Nela verlieben?!! Meine nervige Schwester, die sich Masken aus Eidotter in die Haare schmiert, am Abendbrottisch ihre Fußnägel schneidet und mit ihren sechzehn Jahren unterm Bett einbeinige Barbies sammelt! Sie wollte sogar mal einen DJ-Bobo-Fanclub gründen!

Das ist natürlich alles topsecret. Nela hat mir klargemacht, dass ich die Radieschen von unten betrachten kann, sollte ich jemals auf den Gedanken kommen, derartige Insider-Infos an die Presse zu geben oder – noch schlimmer – meinen Freunden zu erzählen.

Hatte ich schon erwähnt, wie es dazu kam, dass Nela berühmt geworden ist?

Also, es gibt eine offizielle und eine inoffizielle Version. Die offizielle geht so: «Rein zufällig» hat Nela irgendwann eine Freundin zu einem Casting für eine Daily Soap begleitet, weil die sich angeblich alleine nicht traute. Aus purer Nächstenliebe hat mein Schwesterherz dem Flehen der Freundin nachgegeben. Und es kam, wie es kommen musste: Kaum hatte der Regisseur Nela in der vierzehnten Reihe hinten links inmitten einer Riesenschar von Mädchen entdeckt, stürmte er begeistert auf sie zu und zerrte sie ins Scheinwerferlicht, um ihr aus dem Stand eine Rolle in seiner Endlos-Serie anzubieten. Nela, so die offizielle Version, wusste kaum, wie ihr geschah. Hatte sie doch nie auch nur im Traum daran gedacht, Schauspielerin zu werden. Und die Soap kannte sie natürlich nur vom Hörensagen, weil sie eigentlich immer nur Tier-Dokus guckt, mit süßen Delfinen und so. Erst nachdem Regisseur, Beleuchter, sämtliche Darsteller und die oben erwähnte Freundin Nela auf Knien gebeten hatten, die angebotene Rolle zu übernehmen, erklärte sie sich schließlich gnädig dazu bereit.

Die Wahrheit und damit inoffizielle Version sah natürlich ganz anders aus: Monatelang hatte Nela meine Eltern angefleht, sich zumindest als Komparsin für ihre Lieblingsserie bewerben zu dürfen. Nachdem sie Mama und Papa endlich breitgeschlagen hatte, hat Nela die Firma, die die Serie produziert, quasi ununterbrochen mit Bewerbungen bombardiert. Mehr als einmal habe ich meine Schwester dabei überrascht, wie sie mit ihren Freundinnen alberne Fotos dafür knipste. Woraufhin ich sofort als Beleuchter, Foto-Bearbeiter und «Mädchen für alles» eingesetzt und mein diskretes Schweigen mit diversen Tüten Marshmallows bezahlt wurde. Und ich gebe zu, ich hätte NIE damit gerechnet, dass Nela auch nur den Hauch einer Chance hat, überhaupt mal zu einem Casting eingeladen zu werden, geschweige denn, eine Rolle zu ergattern. Tja, das war ein Irrtum. Sie haben Nela genommen. Und nicht nur als Komparsin. Innerhalb kürzester Zeit wurde sie als «Bini» zum Liebling der ganzen Serie!

Ich habe bis heute nicht kapiert, was eigentlich so peinlich oder falsch daran ist, einen Traum zu haben und dafür zu kämpfen. Es ist doch total nachvollziehbar, dass Nela sich für die Rolle der Bini unglaublich ins Zeug gelegt hat. Stattdessen liest man immer nur, wie Sänger, Fotomodelle und Schauspieler «rein zufällig» entdeckt werden: bei einem Konzertbesuch, beim Shoppen in Gelsenkirchen oder beim spontanen Geburtstagsständchen für eine entfernte Tante. Das ist doch albern und glaubt sowieso keiner!

Seit Nela also «Bini» ist, trudelt bei uns zu Hause bergeweise Fanpost ein, die Zahl ihrer Follower im Netz steigt ständig, und kichernde Teenies klingeln bei uns, um einen Blick auf ihr Idol (meine Schwester!! Ein Idol!!) werfen zu können. Tja, und seitdem denken auch Walze (mein bester Freund) und ich hin und wieder darüber nach, wie wir ebenfalls berühmt werden könnten. Okay, eigentlich denken wir sogar ziemlich oft darüber nach.

Und heute ist mal wieder so weit: Walze hängt auf meiner Couch, wirft sich Marshmallows in den Mund und spinnt verrückte Zukunftspläne.

«Ich hab’s, Lenni! Wir werden Superkicker! Mensch, das wär’s doch …» Walze schließt die Augen und reckt die Arme gen Himmel. «Stell dir vor, wie wir beide ins Stadion einmarschieren, du und ich, Seite an Seite, der Jubel aus der Fanmeile in unseren Ohren, die Leute rufen unsere Namen, Fotografen betteln um unsere Aufmerksamkeit, aber unsere Augen sind fest aufs Spielfeld gerichtet, wir haben nur eins im Sinn …»

«Das Problem ist, dass wir beide nicht gerade begnadete Kicker sind», unterbreche ich Walzes Ausführungen unbarmherzig.

Walze lässt die Arme sinken. «Stimmt! Das ist ungünstig, oder?»

Er zieht nachdenklich die Stirn in Falten. «Wir könnten vielleicht in einen Fußballverein eintreten.» Er nimmt sich noch ein Marshmallow und fügt seufzend hinzu: «Aber so ’n Training ist bestimmt höllisch anstrengend …»

«Wir versuchen doch schon, uns vor dem Sportunterricht in der Schule zu drücken!», erinnere ich ihn.

«Ja, aber das liegt nur am Biber», verteidigt Walze unseren geringen sportlichen Ehrgeiz. «Wer einen Sportlehrer wie den hat, der braucht keine Feinde mehr!»

Damit hat Walze recht. Eigentlich heißt der Biber «Bieber» und ist echt eine Voll-Katastrophe. Das einzig Lustige an ihm ist sein Name. Herr Bieber hat nämlich tatsächlich zwei riesengroße vordere Schneidezähne, wie ein waschechter Biber eben. Man möchte ihm immer sofort ein Stück Holz zum Knabbern geben und ihn in einen Fluss werfen. Vor allem Letzteres.

«Wie er uns gestern wieder um den Platz gehetzt hat mit seiner behämmerten Trillerpfeife, und danach das Konditionstraining», stöhnt Walze. «Boah, ich war so was von platt!»

«Und du meinst, das wäre beim Fußball-Training in irgendeinem Verein anders?», frage ich.

«Wahrscheinlich nicht», gibt Walze zu. Er blickt verwundert in die Tüte. «Oh, Mist, schon leer! Wolltest du auch noch welche?»

Ich schüttele den Kopf. Hab mich an dem Zeug längst überfressen. «Fußball ist sowieso der falsche Sport», sage ich. «Weißt du, wie viele Jungs Woche für Woche trainieren, um irgendwann der nächste Ronaldo zu werden? Die Konkurrenz ist doch viel zu groß! Nein, man müsste sich irgendeine abgefahrene, total seltene Sportart suchen. Eine, die nur ganz wenig Leute beherrschen …»

«Und was soll das sein?» Walze hat die leere Marshmallow-Tüte zu einem Ball geformt und kickt sie in die Luft.

Ich zucke die Achseln. «Keine Ahnung. Darts vielleicht.»

«Darts??!!» Walze hat sich aufgesetzt und guckt mich an, als hätte ich nicht mehr alle Latten am Zaun. «Darts ist doch kein Sport! Da werfen Leute mit Pfeilen auf eine Korkscheibe! Das interessiert NIEMAND!»

«Falsch», verteidige ich meine Idee. «Ich habe letztens mit Papa irgendeinen Sportsender gesehen. Da haben zigtausend Leute in einer Riesenhalle zwei Typen zugejubelt, die Darts gespielt haben. Und die waren nicht mal trainiert. Ich meine, keine Muckis und so. Der eine Typ hatte sogar eine … äh … ziemliche Wampe.»

Ich werfe Walze einen unsicheren Blick zu. Mist, das hätte ich nicht sagen sollen. Walzes Gewicht ist sein wunder Punkt. Also, Walze ist nicht direkt dick, aber er hat ein paar Kilo zu viel drauf. Und eigentlich vermeide ich Themen, die irgendwie damit zu tun haben. Schließlich will ich ihn nicht verletzen. Walze ist ein super Kumpel und mein bester Freund. Seit unserer Einschulung, wo wir zufällig nebeneinandersaßen, als die Schulleiterin die Lehrer der beiden ersten Klassen vorstellte: Herrn Bieber und Frau Rehlein. Herr Bieber hatte nicht mal für die Feierstunde seine Trillerpfeife abgelegt, was Böses ahnen ließ. Und so drückte ich mir fest die Daumen bittebittebitte in die Klasse von Frau Rehlein zu kommen. Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, dass Walze neben mir genau das Gleiche tat. Wir grinsten uns zu, nur einen Wimpernschlag lang. Aber als Frau Rehlein dann erst meinen und anschließend Walzes Namen aufrief, sprangen wir gleichzeitig auf, klatschten uns wortlos ab und trabten Seite an Seite nach vorn.

Den Biber sind wir trotzdem nicht ganz losgeworden. Er gibt in unserer Klasse Sport. Aber damit kann man leben.

Auf jeden Fall war vom ersten Tag an alles klar zwischen Walze und mir. Wir waren Freunde, beste Freunde. Und daran hat sich bis heute nichts geändert.

Übrigens heißt Walze natürlich nicht wirklich Walze. Ich meine, so heißt ja keiner. Walzes richtiger Name ist William Walz. William, ja wirklich, wie der englische Thronfolger. Deswegen wird der Name auch englisch ausgesprochen: Willjemm. Walzes Mama ist nämlich eine glühende Verehrerin des englischen Königshauses. Sie liest die «Gala» nicht nur beim Friseur, sondern jede Woche im Abo. Deswegen kennt sie sich richtig gut aus mit all diesen gekrönten Häuptern. Walze sagt, er ist heilfroh, dass seine kleine Schwester ein Mädchen geworden ist. Einen Jungen wollten seine Eltern Harry nennen! So heißt der Bruder von dem englischen Prinzen William. Und das wäre wirklich MEGA-PEINLICH gewesen! So wurde Walzes Schwester einfach Harriet getauft. Glück gehabt, sag ich nur.

Kaum hat sich Walze nach Hause getrollt, platzt Nela in mein Zimmer, natürlich ohne vorher anzuklopfen. Das sollte ich mir mal bei ihr erlauben. Sie würde mich killen!

«Hey Lenni, hast du Lust mit mir shoppen zu gehen?», fragt sie zuckersüß.

Bei derartigen Angeboten von Nela muss man vorsichtig sein. Das habe ich inzwischen kapiert. Nela beim Shoppen zu begleiten, bedeutet nämlich nicht etwa, mit ihr durch die Fußgängerzone zu schlendern, dabei ein cooles Shirt spendiert zu bekommen und hinterher zum Eis eingeladen zu werden. (Nela kriegt einen Teil ihrer Gage als Taschengeld ausgezahlt. Der Rest wandert auf ein Sparkonto. Trotzdem hat sie immer genug Kohle in der Tasche für ein Eis.)

Oh nein, richtiges Shoppen macht Nela natürlich nur mit ihren Freundinnen! Wenn Nela mit mir «shoppen» geht, wandern wir in den nächsten Supermarkt und laden Toilettenpapier, Nudeln und Gemüsezwiebeln in unseren Einkaufswagen. Anschließend darf ich die schweren Tüten dann nach Hause tragen! Möglichst in gebührendem Abstand versteht sich, damit bloß kein zufällig vorbeikommender Fan sieht, dass sich Nela Superstar mit so peinlichen Dingen wie Klopapier abgibt.

Als es letztes Jahr darum ging, ob Nela die Rolle in der Soap annehmen darf, haben meine Eltern ein paar Bedingungen gestellt. Eine davon war, dass sie sich weiterhin an unseren «Familien-Pflichten» beteiligt – und dazu zählt eben auch, hin und wieder einkaufen zu gehen.

Nela klimpert mit ihren Augendeckeln (als ob das bei mir irgendeine Wirkung hätte, aber wahrscheinlich muss sie in Übung bleiben). «Komm schon, Lenni, ich spendier dir auch eine Packung von deinen Lieblingskaugummis, ja?»

«Zwei», sage ich.

Wenn ich schon mal in der besseren Verhandlungsposition bin, muss ich das auch ausnutzen. Für Hulky’s GigaGum würde ich fast alles tun …!

«Blutsauger!» Nela seufzt. «Okay, aber jetzt beeil dich! Ich hab nachher noch was vor.»