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Jeder Mensch lebt sein Leben. Jedes Leben erzählt eine Geschichte. Jede Geschichte endet irgendwann. Was würde der Tod sagen wenn er sprechen könnte? Wie weit würde ein Mann gehen, um bei der Frau zu sein die er liebt? Welche Konsequenzen hat unsere Handeln für andere? Was ist die wahre Menschlichkeit? Unser eigenes Leben scheint die geschlossene Geschichte unserer Person zu sein, dabei ist es lediglich ein Kapitel. "Das Rosen-Paradoxon" entführt Sie in verschiedene Welten und lässt Sie Geschichten unterschiedlicher Personen miterleben, die sich sowohl tragischen, als auch mörderischen und gefährlichen Situationen ausgesetzt sehen. Während die meisten von ihnen keinen direkten Bezug zueinander zu haben scheinen, lächelt der Tod verheißungsvoll auf sie herab - ohne dabei zu erahnen, dass selbst er, nur ein Teil des Buches des Lebens ist.
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Seitenzahl: 125
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Vorwort
Widmung
Über den Autor
Wenn der Tod sprechen könnte... (1)
Wenn sie mit mir sprechen könnten... (2)
Stille
Das Licht des Lebens
Das Flüstern der Schatten – (1) Vergessen
Das Flüstern der Schatten – (2) Wahrheit
Ein Blick zurück
Die Zeichen des Krieges
Das Leben als Gemälde – (1) Wroter
Das Leben als Gemälde (2) – Ansteckend
Empor, hinauf zum Himmelstor
Zwei Seiten der Medaille
Das Märchen von Fidelius
Paradoxon
Officer Addams
David Addams
James R. Jacobs
Enzion
Vorwort
Der Umgang mit Leben und Tod, den einige der beschriebenen Figuren in den Geschichten pflegen, ist reine Fiktion, jedoch zum Teil mit ausführlich beschriebenen Gefühlen, Metaphern und falschen Moralen gespickt.
Alle im Verlaufe der folgenden Geschichten auftretenden Figuren sind frei erfunden und erleben Situationen, die der Fiktion angehören.
Im Gedenken an M.S † 2014
Die Frage nach einem Leben nach dem Tod existiert seit Menschengedenken. Doch es gibt keine Antwort und es soll auch keine geben.
Was würde passieren, wenn der Mensch aufhören würde das Ableben zu fürchten?
Lediglich Vermutungen lassen auf so etwas wie ein Jenseits schließen.
Ich persönlich bin mir sicher, dass das Ende des Lebens nicht das stupide Verschwinden eines Daseins ist.
Die meisten Gläubigen halten fest an dem Gedanken, dass Gott (in welcher Art auch immer) für alles einen Plan habe, ebenso für den Tod und dessen zeitlichem Eintreten. Eben dieser wird in den meisten Religionen, Geschichten und Sagen als dunkles, schlechtes Wesen dargestellt. Seine einzige Aufgabe sei es, das Leben zu nehmen und es aus dem Diesseits ins Jenseits zu bringen – oftmals entscheidet er selbst, ob die Seele in den Himmel oder in die Hölle wandert.
All diese Vorurteile haben ihre Wurzeln in Geschichten, die vor mehreren tausend Jahren geschrieben wurden. Selbst heute noch finden sie Anklang bei den Menschen.
Die folgende Geschichte mit dem Titel "Wenn der Tod sprechen könnte" entstand im Sommer 2014 – Anfang Juni.
Kurz nachdem eine mir wichtige Person von uns gegangen war, schrieb ich diese Zeilen. Es war, als hätte uns das Leben mit einem Schlag zu Boden geschmettert und als wäre es der Tod selbst gewesen, der uns die Hand gereicht hatte, um uns wieder auf die Beine zu helfen.
Im ersten Moment ist es paradox, dass jenes Wesen, welches Leben nimmt, den Lebenden wieder Hoffnung schenkt. Aber denkt man genau darüber nach, ergibt es sogar einen Sinn.
Zu jener Zeit fragte ich mich oft, wie es sicherlich viele in solch schweren Zeiten täten: “Was wäre, wenn?”
Die Frage nach einem möglicherweise übersehenen Ausweg. Der Gedanke an ein alternatives Geschehen, das mit dem Leben und nicht mit dem Ableben hätte enden können.
Schließlich, als alles vorbei war, sah ich den Tod nicht länger als herzlose und kalte Kreatur. Selbstverständlich fluchte ich über ihn, verabscheute ihn länger, als ich es wahrnahm – aber im Inneren musste ich mir eingestehen, dass er der Grund war, weshalb die seelische Heilung aller Angehörigen beginnen konnte. Die geliebte Person war von ihrem Leid erlöst und wir bekamen die Chance weiter zu machen. Die quälenden Fragen verblassten allmählich und mit der Zeit konnten wir unser normales Leben weiterführen. Obwohl man einen geliebten Menschen nie vergisst und nie wirklich aufhört um ihn zu trauern, lernt man damit umzugehen.
Letztendlich war er, den so viele fürchten und hassen, eine Art Erlöser.
Letztendlich … war ich ihm dankbar.
Die Geschichten "Wenn der Tod sprechen könnte" und "Ein Blick zurück" widme ich dir!
Im Gedenken an M.S † 2014
"Dunkelheit und Licht wirken durch das bloße Betrachten von außen klar definiert. In Wahrheit kann das Dunkel vor den brennenden Flammen des Lichtes schützen. Oft ist die Wahrheit komplexer als wir es erahnen und die Rollen von Gut und Böse sind spiegelverkehrt."
- T.A.Black -
…was würde er sagen? Würde er sagen, es täte ihm leid? Würde er sagen: „Verzeih mir meine Taten – verzeih mir all die Geliebten, die ich dir nehmen musste“?
Würde er Reue und Mitleid zeigen, weil er die einen zu früh aus dem Leben reist, während er andere leiden lässt oder Verbrechen gar mit dem Leben belohnt?
Die einen lässt er sterbend zurück, unbeachtet, an schweren Erkrankungen leidend, um den Tod bettelnd, bevor er sie letztendlich erlöst. Die anderen lässt er leben – lässt er noch immer – obwohl sie morden und stehlen. Wo steckt hier der Plan dahinter von dem so viele sprechen? Der Plan Gottes, an dem sich doch auch der Tod selbst wie an einem Leitfaden, für sein Handeln, orientieren müsste? Wo ist da der Sinn, von dem man immer wieder hört? Wo die Gerechtigkeit? Der Tod gilt als Diener Gottes, jenes Gottes, der kein Geschehen auf Erden dem Zufall überlässt...
Ich denke, jeder von uns hat sein eigenes Bild im Kopf, ein Bild, wie der Tod wohl aussehen möge.
Ein Mann mit Kapuzenmantel, in Schwarz gehüllt, kein Gesicht, nur ein Totenkopf, der aus dem Schatten hervorblickt. Seine Augenhöhlen sind kalt und leer. Eine Sense sollte er haben – sie gehört wohl dazu, wie der Geschenksack zum Weihnachtsmann – eine Sense, mit der er seine Opfer holt.
Der Tod muss kalt und emotionslos sein, würden die meisten behaupten. In Geschichten und Filmen hat er selten eine heldenhafte Rolle. Er ist arrogant und eine bloße Berührung seiner knochigen Glieder sorgt für einen schnellen Tod.
Die Luft wird eisig, wenn er den Raum betritt und jedes Glücksgefühl verblasst binnen Sekunden. Reue wäre für ihn ein Fremdwort, denn er habe weder Seele noch Herz. Gnade würde man vergeblich suchen. Egal ob Frau, ob Kind, ob alt, ob schwach.
„Wenn du jemandem die Schuld geben willst, dann gib sie Gott. Ich mache nur meinen Job.“
Wäre es vielleicht bloß das, was er uns sagen würde, wenn er sprechen könnte?
Als ich ihn das erste Mal sah, war es in der Tat ein unbehagliches Gefühl. Ich hatte tatsächlich einen Augenblick lang einen kalten Schauer vernommen, als er den Raum betreten hatte und sich über das Krankenbett meiner Mutter lehnte.
Ich wusste nicht wieso er auch mir erschienen war, denn es heißt, bloß jene die er mit sich nimmt hätten die Gabe ihn zu sehen. Alles um uns herum war wie erstarrt als er kam, so, als hätte er die Zeit einen Moment lang angehalten. Nur wir drei bewegten uns. Meine Mutter sah ihn mit glasigen Augen an, und er – er lächelte.
Es war kein süffisantes, hämisches oder gar böses Lächeln, keine Freude darüber, eine weitere Seele in seine Sammlung aufnehmen zu können. Es war erlösend, beruhigend und vertraulich. Im gleichen Moment fiel ein großer Teil der herzzerreißenden Trauer von mir ab, die in den letzten Monaten wie ein Ballast auf meiner Seele gelegen hatte. Einfach so fiel sie von mir, ohne dass ich es mir erklären konnte.
Ich weiß noch, dass er ihre Hand genommen und ihr dann etwas ins Ohr geflüstert hatte. Ich war starr auf meinen Stuhl in der Ecke gebannt. Natürlich hatte ich Angst, auch wenn seine Gestalt in keinster Weise der von mir erwarteten entsprach. Keinen Totenschädel, keine Kapuze, keine Sense. Tausend Dinge schossen mir durch den Kopf. Was sollte ich sagen? Sollte ich überhaupt etwas sagen? Wenn ja – wäre die naheliegendste Frage nicht die nach dem Leben nach dem Tod? Dem Paradies? Der Hölle? Doch es war, als würde sich mein Kopf mit Worten füllen, wie Wasser eine Flasche – und der Deckel war offen.
Reflexartig sprudelte es aus mir heraus und zitternd sprach ich zu ihm, wieso er das Verbrechen wohl und gesund durch die Welt wandern lässt und Menschen wie meine Mutter mit sich nimmt. Es kam so ruckartig und unerwartet aus mir herausgeschossen, dass ich selbst einen Moment zurückschrak. Er hatte bloß zu mir rüber gelächelt.
"Tief im Inneren weiß jeder Mensch, dass die Reise des Lebens ein Ende findet, die Reise des Daseins jedoch nicht. Ein beunruhigender Gedanke oder? Akzeptieren zu müssen, dass es ewig weiter geht."
Er sprach diese Worte langsam und deutlich aus. Ein Mann, der mir erklärte, dass eine Existenz für immer sei und mir diese Art von Unsterblichkeit als angsteinflößend präsentierte – ich lauschte seinen Worten, hielt beinahe den Atem an.
Er wandte seinen Blick wieder von mir ab und strich meiner Mutter durchs Haar. Auch sie konnte die Augen keine Sekunde von ihm lassen während er sprach.
„Stell dir vor, du würdest wissen, dass eine Person, die mordet, eines Tages ein Kind zur Welt bringen würde, dessen Kindeskinder einen mörderischen Konflikt lösen würden, von denen eure Welt so viele beherbergt. Stell dir vor, du würdest wissen, dass die Trauer über das Leid eines Menschen einem bevorstehenden Mörder seinen Weg überdenken lassen würde. Stell dir vor, welche positiven Auswirkungen jegliche Art von Tod auf diese Welt haben kann.“
So in etwa stellte ich mir seine Antwort vor, doch das war reines Wunschdenken. Eine Antwort dieser Art war teils akzeptabel und nachvollziehbar. Ich wünschte mir, dass es etwas Derartiges sein würde, was er mir antwortete – doch das war nicht der Fall.
"Ich lebe nicht, ich existiere", sagte er. "Jeder Moment, gleich wie lange er sein mag, ist in meiner Realität nur ein Augenblick. Auch dieser. Dieser Moment ist, während ich zu dir spreche, schon seit einer Ewigkeit vorbei. Ich lasse kein Leid zu, ebenso wenig wie ich Leben zulasse. Es obliegt mir nicht, den Menschen nach seinen Taten zu bewerten, auch wenn es in eurer Wahrnehmung oft den Anschein hat."
Eine kurze Pause trat ein. Er sah zur Decke und bewegte die Lippen bei dem Versuch, mir einen von möglich er weise hundert e n Grün de n oder Rechtfertigungen für seine Taten zu liefen, einen einzigen Grund, den ich nachvollziehen könnte.
"Warum versucht ihr stets euch selbst zu übertreffen? Warum seid ihr was ihr seid? Weil das Ziel von eurer Geburt an in euch liegt. Das Ziel der Erlösung von dieser Welt. Aber das ist nicht alles. Ein Mensch muss das Leben achtsam nutzen um zu lernen, um zu lernen was er liebt, was er hasst, was Schmerz ist, was Freude bedeutet. Verlasst ihr schließlich eure Körper als Seelen, so fällt all das Schlechte von euch ab. Zuerst müsst ihr jedoch erst einmal verstehen, welche Art von Gefühlen und Gedanken ihr hier zurücklassen wollt. Es gibt Gefühle, die sich schmerzend anfühlen, weil ihr sie nicht versteht, Gefühle, die wahrhaftig sind und somit nicht abfallen dürfen."
Seine Worte waren klar gewesen und dennoch wollte mein Verstand sie nicht akzeptieren und sortierte sie in die Schublade der Grausamkeiten ein. Das war nicht das, was ich hören wollte – dass es einen genauen Plan gäbe nachdem er vorzugehen hat, das wäre akzeptabel! Komisch, ein einfacher, freundlicher Blick dieser Gestalt verriet mir, dass es zwecklos war, einen für einen Menschen erfassbaren Sinn hinter all dem zu sehen. Als wäre unser Horizont auf das beschränkt, was wir brauchen um zu existieren, und kein Fünkchen mehr.
Die Form in der er erschienen war entfachte in mir ein starkes Déjà-vu, so, als würde ich dieses Gesicht nicht zum ersten Mal sehen. War es vielleicht das, wovon viele sprachen, die aus dem Tod zurück ins Leben geholt wurden?
Man sagt, dass man das Gesicht eines Vertrauten Menschen sieht. Vielleicht sieht man jedoch lediglich den Tod selbst, der eine andere Gestalt angenommen hat. War es nun die Gestalt einer ihr vertrauten Person? Mutters Blick wandte sich keinen Moment von ihm ab. Ich jedoch konnte sein Gesicht nicht zuordnen. Möglicherweise war es jemand, der früh von uns gegangen war, als ich noch zu klein war, um mich heute an ihn zu erinnern. Sie hatte mir oft von meinem Vater erzählt, doch ein Bild hatte ich nie zu Gesicht bekommen. Nur ein oder zwei, auf denen er nicht einmal dreißig gewesen ist. Vielleicht verglich ich auch nur jegliche Details von ihm, die sie mir erzählt hatte, mit dem Tod, der vor mir stand und blendete alle anderen die meinem Bild wiedersprachen einfach aus. Doch jeder Zug seines Gesichtes weckte verzerrte Erinnerungen. Wie dem auch sei...
Der Tod hatte sich auf einem Stuhl niedergelassen, während er weiter ihre Hand hielt. Es war, als wolle er deutliche machen, dass wir uns alle Zeit dieser Welt nehmen können, um uns zu verabschieden.
Meine Mutter hatte mich daraufhin angesehen und mich herbeigewunken. Ihre Hand war schwach, so wie der Rest ihres Körpers. Der Schmerz aber, den der Krebs so lange verursacht hatte, schien verschwunden zu sein.
Sie hatte Tränen in den Augen, dennoch lächelte sie. Ich verstand, wieso sie das tat. Mein Vater hatte immer gesagt: „Wenn man gestorben ist, ist es für einen selbst nicht schlimm. Aber jene die zurückgelassen werden haben damit zu kämpfen, den Verlust zu verarbeiten. Es ist wichtig stark zu bleiben und den Menschen nicht zu vergessen. Erinnerungen erhalten uns am Leben.“ Das hatte sie mir bei jeder Beerdigung erzählt, die wir miterlebt haben.
Genau diesen Gesichtsausdruck hatte sie aufgesetzt. Sie bemitleidete mich. Sie selbst schien froh darüber zu sein, gehen zu können und gleichzeitig unfassbar traurig, uns zurück zu lassen, wissend, dass wir diese Trauer ohne sie verarbeiten mussten, wissend, dass sie es war, die uns diese schweren Tage bescheren würde.
Obwohl der Tod uns die Zeit gab Abschied voneinander zu nehmen sprachen wir kein Wort. Wir sahen uns nur an – und das genügte.
Er, wie er da saß, blickte mich fragend an, so, als würde er auf mein Zeichen warten. Ich strich meiner Mutter noch einmal durchs Haar und nickte ihm dann zu. Er erhob sich ganz langsam und ruhig. Sein Auftreten war autoritär und stramm, dennoch gütig und sanft. Eine ungewöhnliche Kombination. Ich trat zurück. Dann fragte ich mich, was er nun sagen würde, ob er überhaupt noch etwas sagen würde.
Ich dachte an etwas wie „Es ist nicht schlimm“ oder „Sie kommt nun an einen besseren Ort.“
Vielleicht auch „In euren Herzen wird sie weiterleben.“
Irgend so etwas, das eine tröstende Person nun einmal sagt, wenn ihr nichts anderes einfällt.
Doch nichts dergleichen.
Was er sagte werde ich nie vergessen. Er nahm mir damit zugleich einen großen Teil der Angst vor dem bevorstehenden Verlust und ließ mich ganz neue Züge an seiner Art und seinem Handeln erkennen.
Er sah mich zuerst nur an, mit einem Blick, bepackt mit Reue und Schuld. Doch er entschuldigte sich nicht dafür, dass er mir meine Mutter nahm.
Er entschuldigte sich dafür, dass er nicht auch mich mitnehmen konnte.
Der Blick, der mich um Verzeihung bat war eine Entschuldigung dafür, dass ich weiter hierbleiben musste. „Weißt du“, hatten seine letzten Worte begonnen, „das Leben ist etwas Wunderbares. Dennoch ist es der Tod ebenso. Es liegt außerhalb des menschlichen Verstandes das zu akzeptieren und das verlange ich auch nicht. Aber