Das verlorene Paradies - John Milton - E-Book

Das verlorene Paradies E-Book

John Milton

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Beschreibung

Der englische Dichter John Milton schuf Mitte des 17. Jahrhunderts mit seinem Versepos »Das verlorene Paradies« eines der bedeutendsten Werke der europäischen Literatur. In für die damalige Zeit untypischen Blankversen erzählt es von den wiederholten Versuchen Satans, Gott seine Macht zu entreißen. Als Satan in Schlangengestalt ins Paradies eindringt und den Sündenfall Adams und Evas provoziert, ist der Garten Eden schließlich verloren. Miltons kunstvolle Komposition von »Paradise Lost« blieb lange Zeit Wegweiser für die englische Literatur.

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Seitenzahl: 371

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John Milton

Das verlorene Paradies

Anaconda

Titel der englischen Originalausgabe: Paradise Lost (London 1674).Die Übersetzung von Karl Eitner folgt der Ausgabe Miltons Das verlorene Paradies. Episches Gedicht. Leipzig: Bibliographisches Institut o. J. [um 1870]. Orthografie und Interpunktion wurden unter Wahrung von Lautstand und grammatischen Eigenheiten auf neue Rechtschreibung umgestellt.

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2021 by Anaconda Verlag, einem Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlagmotiv: Tizian (1488–1576), »Der Erzengel Gabriel und Tobias«, Galleria dell‹ Accademia, Venedig / Cameraphoto Arte Venezia / Bridgeman Images

Umschlaggestaltung: www.katjaholst.de

Satz und Layout: www.paque.de

ISBN 978-3-641-28391-9V002

www.anacondaverlag.de

Erster Gesang

Des Menschen erste Schuld, die Frucht des Baumes,Des untersagten, deren gift’ge KostTod in die Welt gebracht, all unser WeheUnd Edens Einbuß, bis ein Mächt’gererUns sühnt’ und neu errang den Sitz des Heiles:Sing, Himmelsmuse, die auf ödem GipfelDes Horeb oder Sinai den HirtenEntflammt, der das erkorne Volk zuerstGelehrt, wie anfangs Himmel sich und ErdeEntrang dem Chaos. Doch wenn Zions HügelDir lieber und Siloas Bach, der naheDes Herren Tempel floss: fleh ich von dortherUm Hilfe dich für meinen kühnen Sang,Der nicht bloß mittlern Flugs den Berg ÄoniensZu überschweben sucht; denn er erstrebtIn Pros’ und Vers noch ungewagte Dinge.

Vornehmlich du, o Geist, der allen TempelnDu vorziehst das aufricht’ge, reine Herz:Belehre mich! Du kennst es; gegenwärtigWarst du von Anfang; mächt’ge Schwingen breitend,Brütetest überm Abgrund taubengleich du.Ihn fruchtbar machend. Das, was in mir dunkel,Erleuchte! Was zu niedrig, heb und stütze!Dass ich, entsprechend dem gewalt’gen Stoffe,Die ew’ge Vorsicht preisen und den MenschenRechtfertigen die Wege Gottes mag. –

Sag – nichts ja birgt der Himmel deinem Blicke,Nichts auch der Hölle Schlund – sag, was bewogDenn dies Urelternpaar, im Glückesstande,Vom Himmel so begünstigt, abzufallenVon ihrem Schöpfer und um ein VerbotSein Wort zu übertreten, Herrn der Welt sonst?Wer hat sie zu der schnöden Tat verleitet?

Der Höllendrach’; er war es, dessen Tücke,Von Neid und Nachsucht aufgereizt, die MutterDer Menschen hinterging, da ihn sein HochmutStürzt’ aus dem Himmel samt dem ganzen HeereRebellischer Engel, unter deren Beistand,Sich über seinesgleichen stolz erhebend.Er sich dem Höchsten gleichzustellen hoffte,Wenn er ihm trotzt’; und mit ehrsücht’ger AbsichtBegann er gegen Gottes Thron und ObmachtIn stolzer Schlacht ruchlosen Kampf im Himmel.Fruchtlos jedoch. Es stürzt ihn der Allmächt’geBlitzschleudernd häuptlings vom ätherischen SitzeMit schreckenvollem Fall und Brand zum AbgrundIn bodenlos Verderben, dass dort weileIn Demantfesseln und in Flammenpein,Er, der gewagt, der Allmacht Schwert zu trotzen.

Neunfach die Zeit, die Tag und Nacht abmisstDen Sterblichen, lag mit der GräuelrotteBesiegt er, sich im Feuerschlunde krümmend,Betäubt und doch unsterblich; denn sein BannspruchBewahrt ihn größerm Zorn. Von nun an quältIhn der Gedank’ an das verlorne GlückUnd stete Pein. Rings wirft er düstre Blicke;Von tiefem Grame zeugten sie und Schrecken,Gemischt mit hartem Stolz und starrem Hass.Mit eins, so weit als Engel schaun, durchblickt erDie schreckenvolle Gegend, wüst und wildNach jeder Seit’, ein furchtbares Gefängnis,Durchflammt von Ofenglut; jedoch kein LichtStrahlt von der Glut; vielmehr sichtbares FinsterDient nur, des Wehs Graunszenen zu enthüllen!Der Qual Gefilde! Jammervolle Schatten!Wo Fried’ und Ruh nicht weilt, nicht Hoffnung naht,Die allen naht, nur endelose PeinStets drängt und eine Feuerflut, genährtVon immer glühndem, unverzehrtem Schwefel!Den Ort schuf ew’ges Recht für die Empörer.Zum Kerker ihnen hatte sie bestimmtUnd zuerteilt urtiefe Finsternis,So weit von Gott und Himmelslicht entlegenAls zu dem fernsten Pol dreimal vom Zentrum.O wie ungleich dem Ort, von wo sie fielen! –Dort schaut sogleich er seines Falls Genossen,Von Feuerflut und Wirbelsturm bedeckt,Auch einen, ihm an Macht und Schuld der nächste,Noch lang nachher bekannt in Palästina,Genannt Beelzebub, der sich zur Seit’ ihmHinwälzte. Drauf zu ihm mit wilden WortenDer Erzfeind, drum Satan genannt im Himmel,Sein furchtbar Schweigen brach und so begann:»Bist du’s? – O wie gefallen, wie verwandeltVon dem, der in dem sel’gen LichtgebietIm Strahlenglanz Myriaden, noch so leuchtend,Weit übertraf! – Bist du’s, den Wechselbündnis,Gleichart’ger Sinn und Rat, wie gleiches HoffenUnd Wagnis im ruhmvollen UnternehmenMir einst gesellt und Elend jetzt verbundenIn gleichem Sturz? – In welchen Abgrund, siehst du,Von welcher Höh’ gestürzt! Um so viel mächt’gerBewies sein Donner sich; und wer erkannteBis da der Schreckenswaffen Kraft? Doch nicht sieNoch was in seinem Zorn der mächt’ge SiegerSonst antun kann, lässt mich bereun, noch ändert’s,Obwohl an Ruhm verkürzt, den festen Sinn,Den hohen Stolz gekränkten Selbstgefühls,Der mit dem Mächtigsten zum Kampf mich antrieb.Und mit mir bracht’ ich zu dem wilden StreiteZahllose Scharen wohl bewehrter Geister,Die seiner Herrschaft trotzten und, mir folgend,Der höchsten Macht sich feindlich widersetztenIn zweifelhafter Schlacht am Himmelsplan;Sein Thron erbebt’. Ist auch die Schlacht verloren,Doch alles nicht: der ungebeugte Wille,Der Rache Streben, Hass, der nimmer stirbt,Mut, der sich niemals unterwirft noch weicht,Und was sonst nicht zu überwält’gen ist –Nie soll den Ruhm sein Grimm noch seine Macht mirEntringen! Beugen mich und Gnad’ erflehen,Demüt’gen Knies, sein Ansehn zu vergöttern,Ihn, der vom Schrecken dieses Arms noch neulichSein Reich bedroht sah – traun, dies wäre niedrig!Dies wäre Schand’ und Schmach, bei Weitem ärgerAls dieser Sturz! Das Schicksal lässt es nichtAn Götterkraft und Himmelsstoff uns fehlen;Der große Unfall hat uns klug gemacht –In Waffen schlechter nicht, an Vorsicht reicher:Mit größrer Hoffnung können wir beschließen,Durch List und durch Gewalt und unversöhnlichAllew’gen Krieg dem großen Feind zu bieten,Der jetzt siegprangt und in der Freude JubelAllein nun als Tyrann des Himmels herrscht.«So sprach in Qual der abgefallne Engel,Laut prahlend, ob Verzweiflung gleich ihn foltert;Sogleich versetzte kühnlich sein Genoss:

»O Fürst! O Haupt so vieler Herrschermächte,Der du der Seraphim Schlachtreihn zum KampfeHast angeführt und, schreckensvoll in Taten,Furchtlos angriffst des Himmels ew’gen König,Des Oberhoheit auf die Probe stellend.Ob Kraft, ob Zufall, ob Geschick sie stütze –Den Schreckensfall zu wohl seh und beklag ich,Da traur’ger Sturz und schlimme NiederlageUns nahm den Himmel und dies mächt’ge HeerIn fürchterliche Trümmer schlug, so sehrAls Himmlische und Götter nur zugrundeGehn können; denn es bleibt ja unbesieglichSo Sinn als Geist, und Kraft bleibt unbesiegt,Ist aller Ruhm auch hin und unser Glücksstand,Den endeloses Elend hier verschlungen.Doch wie, wenn unser Sieger (den ich jetztAllmächtig glauben muss, da kein GeringrerEin Heer wie unseres besiegen konnte)Uns Geist und Stärk’ in voller Kraft gelassen,Um ungeschwächt zu dulden unsre Qual,Damit sein Rachegrimm befriedigt würde;Wenn wir ihm größern Dienst als seine SklavenNach Kriegsrecht leisten müssten – die GeschäfteHier in der Hölle Feu’r ihm zu besorgen,Botschaft zu tragen in der finstern Tiefe?Was kann es nützen, fühlen wir die KraftUnd unser ew’ges Wesen unverringert,Sich solchem ew’gen Bann zu unterziehn?« –Worauf mit raschem Wort der Erzfeind sprach:

»Gefallner Cherub! Jämmerlich ist Schwäche,Im Tun, im Leiden sei’s; doch des sei sicher,Dass unser Werk nie sein wird: Gutes tun;Nein, Übles stets, als einziges Ergötzen,Weil’s seinem hohen Willen widerstrebt,Dem feind wir sind. Wenn seine Vorsicht dannZu Gutem sucht zu wenden unser Böses:Sei’n wir bestrebt, den Zweck zu hintertreibenUnd Übelskeim aus Gutem aufzufinden,Was uns wohl häufig glückt und Kränkung ihmVielleicht gewährt und, irr ich nicht, ihn ablenktVom sichern Ziel in seinen tiefsten Plänen.Doch sieh! Der zorn’ge Sieger rief zurückDie Diener seiner Rach’ und der VerfolgungZum Himmelstor; der Schwefelhagel, den erUns nachgesandt im Sturm, hat übertobtDie feur’ge Flut, die uns im NiedersturzeVom Himmel aufgenommen, und der Donner,Beschwingt mit rotem Blitz und Sturmeswut,Hat wohl verbraucht die Speer’ und hört nun auf,Zu heulen durch die grenzenlose Tiefe.Lass es uns nutzen, mag Verachtung nun,Mag Wutersättigung den Feind nun hemmen.Siehst du die traur’ge Wüste, einsam wild,Sitz der Verzweiflung, alles Lichtes bar,Bis auf den Schimmer dieser blauen FlammenBleich und erschreckend? Dorthin lass uns gehen,Von dem Gewoge dieser FeuersglutenDort auszuruhn, wenn Ruh dort wohnen kann,Und, die verstörten Scharen wieder sammelnd,Beraten, wie wir unsern Feind am bestenVerletzen können, den Verlust herstellen,Wie überwinden diesen grausen Unfall,Wie wir durch Hoffnung uns erholen können;Wenn nicht – was für Entschluss das Elend endet.«

So sprach Satan zum nächsten Schuldgenossen,Mit aus der Wog’ erhobnem Haupt und Augen,Die funkelnd brannten; seine andern GliederBedeckten schwimmend, lang und breit gestreckt,Der Flut gar manche Hufe, ungeheuer,Wie, die die Sag’ erwähnt von Riesengröße,Titanen, Erdgeborne, Jovis Feinde,Briareus oder Typhon, den die HölleBeim alten Tarsus barg, wie auch das Seetier,Leviathan, welches Gott als größtes schufDer Tiere, die im Ozean sich regen,Das, wenn’s gestreckt auf Norwegs Schaume schlummert,Der Schiffer in dem nachtverirrten KahnOft für ein Eiland hält – wie sie erzählen –Und in die schupp’ge Haut den Anker heftetAn der windsichern Seit’, indes die NachtDas Meer deckt und, ersehnt, der Morgen zögert:So lag der Erzfeind riesig hingestreckt,Gefesselt an den Glutsee; niemals hätt’ erAuch nur sein Haupt erhoben, hätte nichtDes höchsten Herrschers Will’ und ZugeständnisIhm seine dunklen Pläne freigelassen,Damit durch neue Frevel er auf sichVerdammung häufen möcht’, indes er andernUnheil ersann, und dann mit Ingrimm sähe,Wie all sein Böses nur unendlich GutesUnd Gnad’ und Gunstbeweis dem Menschen brächte,Den er verführte; doch ihm selber nurDreifache Schmach und Zorn und Rach’ erwirkte.Sofort erhebt er aufrecht aus dem PfuhlDen mächt’gen Leib; die Flammen, weggedrängtZu beiden Seiten, senken ihre SpitzenUnd bilden, wogenhaft, ein grausig Tal.Dann mit gespanntem Flug erhebt er sich.Die düstre Luft, der Last ganz ungewohnt,Zur Stütze nehmend, bis auf trocknes Land erSich niederlässt – war Land das, was stets flammteVon festem wie der See von flüss’gem Feuer –Und so von Ansehn schien, als wenn der StoßVon unterird’schen Winden vom PelorusEin Stück reißt, oder auch der morsche RandVom donnergrollenden Ätna, dessen brennbarEntzündlich Eingeweide, Feuer fangend,Mit Wut des Steins ausbricht, den Wind verstärkt,Und brand’gen Boden rücklässt, ganz bedecktMit Rauch und Stank: den Ruhplatz fand die SohleVom Fuß des Bösen. Sein Genoss folgt ihm.Sie rühmen sich der Flucht aus styg’scher FlutAls Götter und durch eigne neue Kraft,Nicht durch die Zulassung der höchsten Macht.

»Ist dies die Gegend, dies der Grund, das Klima«,Sprach der verlorne Engel, »dies der Sitz,Der uns statt Himmels dient, dies traur’ge DüsterStatt himmlisch heitren Lichts? Sei’s so, da er,Jetzt Oberherr, kann ordnen und gebieten,Was Recht sei. Wohl, am fernsten ihm – am besten,Den, an Vernunft uns gleich, Gewalt erhobenZum Herrn ob uns! Fahrt wohl, ihr Glücksgefilde,Wo ewig Freude wohnt. Gegrüßt, ihr Schrecken,Du Unterwelt, du, abgrundtiefe Hölle,Empfang den neuen Eigner, welcher mitbringtDen Sinn, den weder Ort noch Zeit verändert.Der Geist ist selbst sich Ort, und in sich selbstSchafft er aus Himmel Höll’, aus Hölle Himmel.Was tut das Wo, bin ich nur stets derselbeUnd was ich sein soll; dem nur untertan,Den Donner größer machte. Hier zum MindstenSind wir doch frei; hier schuf nicht der Allmächt’ge,Dass er uns neid’; er treibt uns nicht von hinnen;Hier herrschen sicher wir, und Herrschen ist mirSelbst in der Höll’ Ehrgeizes wert; ja besserIst’s, Herr der Hölle sein, als Sklav’ im Himmel.Doch warum lassen wir die treuen Freunde,Genossen und Teilhaber unsres Falles,Betäubt auf dem verwirrnden Pfuhle liegen,Und rufen sie zu ihrem Anteil nichtIn diesem Qualort oder dass noch einmalVereint im Kampf sie sehn, was man im HimmelGewinnen mag, verlieren in der Hölle?«

So sprach Satan, und ihm antworteteBeelzebub: »Fürst der glanzvollen Scharen,Die der Allmächtige nur schlagen konnte,Tönt’ erst die Stimm’, ihr stärkstes Hoffnungspfand,In Furcht und in Gefahr so oft gehört.In ärgster Not, nah der bedrohnden SchneideDer Schlachtenwut, ihr sicherstes SignalBei jedem Angriff: sind gewiss sie baldErmutigt und belebt, sie, die noch liegenGestreckt und kriechend auf dem FeuerseeWie wir zuvor, betäubt und stumpf; kein Wunder,Da wir aus solch furchtbarer Höhe fielen.«

Kaum schwieg er, als sich auch das Haupt der FeindeSchon nach dem Ufer schwang; der schwere SchildÄther’schen Stoffes, massig, groß und rund,Bedeckt die Schultern ihm; sein breiter UmfangHing auf dem Rücken, gleich des Mondes Scheibe,Wenn ihn durchs Fernglas schaut Toskaniens KünstlerAm Abend von der Höh’ FiesolesUnd in Valdarno, Neues zu entdecken,Ström’ oder Berg’ auf der gefleckten Kugel.Sein Speer, der höchsten Tanne gleich, gefälltAuf Norwegs Bergen, um als Mast zu dienenDes größten Admiralschiffs, schien ein Stab nur,Womit er seine schwanken Tritte stützteAuf brand’gem Mergel, nicht den Tritten gleichAuf himmlischem Azur; der glühnde Luftkreis,Von Feuer überwölbt, bedrängt’ ihn schrecklich.Doch er ertrug es, bis er an dem UferDes Flammensees stand und seinen Scharen,Engelgestalten, rief, die dicht wie BlätterDes Herbstes lagen, so die Bäche deckenIn Valombrosa, wo Hetruriens SchattenSie hoch umwölben; oder losem SchilfeGleich, als Orion mit gewalt’gen WindenDas rote Meer gepeitscht, des WogenschwallBusiris und sein memphisch Heer ertränkte,Da er mit tück’schem Hasse die BewohnerGosens verfolgte, die vom sichern StrandeDie Leichname wie von zerbrochnen WagenDie Räder schwimmen sahn: So dicht gestreut,Gehäuft nun lagen sie, die Flut bedeckend,Betäubt noch von der schrecklichen Verwandlung.Er rief so laut, dass ganz die hohle Tief’ esDer Höll’ erfüllte: »Fürsten, Herrscher, Krieger,Des Himmels Blut, der eu’r einst, nun verloren:Kann solcherlei Bestürzung euch ergreifen,Ihr ew’gen Geister; oder habt den Ort ihrErwählt, des Kampfes müd, um auszuruhnVom Schlachtenwerk, weil Rast ihr glaubt zu finden,Zum Schlummer hier, wie in des Himmels Talen?Habt ihr gelobt, in dieser KnechtsgebärdeDen Sieger anzubeten, der nun sieht,Wie Cherub sich und Seraph in der Flut,Verstreut so Wehr als Fahnen, wälzen, bisVom Himmelstor sein schnelles Heer den VorteilErspäht, herniederfliegt und, die hier liegen,In Grund tritt oder mit KettendonnerkeilenUns an den Boden dieses Abgrunds heftet.Erwacht, ersteht, für ewig sonst Gefallne!«Beschämt vernahmen sie’s und huben sichZum Flug empor, wie die, gemahnt zu wachen,Im Schlaf ertappt von einem, den sie fürchten,Auffahren und, schlaftrunken noch, sich regen.Auch merkten sie den schlimmen Zustand wohl,Worin sie waren, fühlten wohl die Pein;Doch flugs gehorchten sie des Führers Stimme,Sie all, zahllos. Wie, da den ZauberstabDer Sohn Amrams, zur bösen Zeit Ägyptens,Schwang ob der Küst’ und eine schwarze WolkeHeuschrecken rief, vom Ostwind hergeweht,Die überm Reich des frevlen Pharao schwebteWie Nacht, und alles Nilland finster machte:So zahllos sah man jene bösen EngelUnterm Gewölb der Höll’ im Flug sich regen,Von Gluten oben, unten, rings umschlossen.Bis, als ein Zeichen, den erhobnen SpeerIhr großer Sultan schwingt, um anzudeutenDie Richtung, sie zum festen Schwefel senkrechtSich niederlassen und die Ebne füllen:Ein Schwarm, wie nie der völkerreiche NordenAus seiner Lend’ entließ, Rhein oder DonauZu überschreiten, als die rohen SöhneDen Süden einer Sündflut gleich bedeckten,Bis hin zu Libyens Sand, jenseits Gibraltar.Sofort von allen Rotten und GeschwadernEilt jeder Führer, jeder Hauptmann hin,Wo ihr Gebieter stand; gottgleiche Wesen,Nicht menschlichen, vielmehr fürstlichen Ansehns,Und Mächte, die auf Himmelsthronen saßen,Obgleich ihr Name jetzt im Buch des HimmelsNicht mehr vorhanden, weil ihn ihr EmpörenGelöscht, getilgt hat aus dem Buch des Lebens.Auch hatten bei den Kindern Evens sieNoch Namen nicht, bis, irrend auf der Erde,Weil’s Gott zuließ, die Menschen sie versuchten,Durch Lug und Trug den größten Teil der MenschenVerderbten, dass Gott, ihren Schöpfer, sieVerließen und den unsichtbaren RuhmDes, der sie schuf, oftmals verwandeltenIn eines Tieres Bildnis, das sie schmückten,Leichtfert’gen Andachtsinns, mit goldnem Prunk,Um Teufel als Gottheiten anzubeten:Dann kannten Menschen sie bei vielen Namen,Und nannte Götzen sie die Heidenwelt.Die Namen, Muse, sag, wer erst, wer letztVom Schlaf erwacht’ auf jenem glühnden LagerBeim Ruf des Herrschers, die als nächst’ im RangeIhm einzeln nahten, wo am Strand er stand,Indes die große Menge fern sich hielt.Die Ersten waren, die vom HöllenabgrundNach Raub auf Erden schweifend, später wagtenDie Sitze neben Gottes Sitz zu stellen,Altäre neben seinen, von den VölkernGeehrt als Götter, selbst Jehova trotzten,Der, zwischen Cherubim auf Zion thronend,Von dorther donnerte, ja oft aufstelltenIn seinem Tempel ihre Götzenbilder,Als wahren Gräul, und mit verruchtem TunDie heil’gen Bräuch’ und hohen Fest’ entweihtenUnd durch Verfinstrung trübten oft sein Licht.

Erst Moloch, Schreckensfürst, beschmiert mit BlutVon Menschenopfern und mit Elterntränen,Ward auch durch Trommel- und durch PaukenlärmDer Kinder Schrei’n gedämpft, die Feu’r verzehrteDes grimmen Götzenbilds. Der AmmoniterVerehrt ihn in den Wasserau’n von Rabba,In Argob und in Basan, bis zum StromDes fernen Arnon. Doch genügt ihm nichtSo kühne Nachbarschaft. Durch Trug verführt erSalomons weises Herz, ihm einen TempelZu baun, dem Tempel Gottes gegenüber,Auf jenem Berg der Schmach, und nennt das schöneTal Hinnom seinen Hain, das Tophet dannUnd schwarz Gehenna hieß, das Bild der Hölle. –Dann Chemos, Moabs schmutz’ges Schreckbild, herrschendVon Aroar bis Nebo und der WüsteSüdlich bis Abarim; in HesebonUnd Horonaim, Sihons Reich, und jenseitsDes blühnden Tals von Sibma, voller Weines,Und Eleale bis zum Asphalt-See.Auch Peor war sein Nam’, als er verlockteIsrael in Sittim, auf dem Zug vom Nil,Zu üpp’gem Dienste, der ihm Weh gebracht.Dann dehnt er seine wüsten Orgien ausSelbst bis zum Berg des Ärgernisses, naheDem Hain des Mörders Moloch, Lust zum Hass,Bis sie Josias fort zur Hölle jagte. –Mit diesen kamen welche von der GrenzflutDes alten Euphrats bis zum Bach, der trennetVon Syrien Ägypten, gleich benannt,Die Astaroth und Baalim; die männlichUnd jene weiblich. Denn beliebig könnenAnnehmen Geister jed’ Geschlecht, auch beide:So sanft und einfach ist ihr reines Wesen,Nicht durch Gelenk und Glieder je verbundenNoch durch gebrechliches Gebein gestütztWie lästig Fleisch; nein, was für Form sie wählen,Verdichtet, ausgedehnt, licht oder dunkel,Drin können sie die luft’gen Zweck’ erfüllen,Der Liebe wie der Feindschaft Werk’ ausführen.Für sie gab oft das Volk von IsraelHin seine Lebenskraft, und unbesuchtLieß es den rechten Altar, tief sich beugendVor Tiergottheiten, drob es auch so tiefDas Haupt in Schlachten beugt’ und von dem SpeerElender Feinde sank. – Mit diesen kam herbeiAuch Astoreth, Astarte der Phönizier,Des Himmels Königin, mit Halbmondhörnern;Ihr glänzend Bild erhielt bei MondenscheinSidonischer Jungfraun Lieder und Gelübde,Nicht unbekannt in Zion, wo ihr TempelVom Berg des Ärgernisses schaut’, erhobenVom buhlerischen König, der, großherzig,Jedoch beglückt von schönen Heidinnen,Dem Götzendienst verfiel. – Nun kam Thammuz,Des Wund’ alljährlich zog zum LibanonDie syrischen Jungfraun, um in LiebesklagenSein Schicksal einen Sommertag zu feiern,Weil der Adonis sanft vom felsigen UrsprungJährlich zum Meere floss, so hieß es, purpurnVon Thammuz’ Blut. Das Liebesmärchen fachteDie Töchter Zions an zu gleicher Glut.Ezechiel sah in dem geweihten VorhofDie üpp’gen Bräuch’, als, durch Vision geleitet,Sein Aug den schnöden Götzendienst erblickteDes abgefallnen Juda. – Dann kam einer,Der ernstlich klagt’, als die gefangne LadeSein Tierbild stümmelte, ihm Haupt und Händ’Am Schwellenrand abschlug im eignen Tempel,Wo er hinfiel zu der Verehrer Schmach:Dagon war dies, Meerungetüm, Mensch oben,Nach unten Fisch; doch hob sein Tempel hochSich in Azotus, Schrecken für die KüsteVon Palästin’, in Gad und AscalonUnd Accason und Gazas Grenzgebieten.Ihm folgte Rhimmon, dessen prächt’ger SitzDamaskus war, das schön’, an fruchtbarn UfernDer hellen Ströme Abbana und Parphar.Auch er erhub sich wider Gottes Tempel:Ein Aussätz’ger entging, ein König ward ihm,Ahas, sein tör’ger Sieger, den er zwang,Zu schmähn Jehovas Altar und zu tauschenFür einen syrischen, drauf darzubringenSchmachopfer und die Götter anzubeten,Die er besiegt. – Nach diesen nun erschienenViele, die unter Namen alten Ruhmes,Osiris, Isis, Horus und ihr Zug,Mit Schreckgestalt und Zauberkünsten täuschtenÄgyptens Priester und fanatisch Volk,Zu sehn vielmehr in Tiergestalt die GötterAls Menschenform. Auch Israel entging nichtDer Ansteckung, als schuf geborgtes GoldDas Kalb am Horeb, und der widerspenst’geFürst mehrt die Sünd’ in Bethel und in Dan,Den Schöpfer gleichend dem Gras mäh’nden Stier,Jehova, der, beim Auszug aus Ägypten,In einer Nacht gleich traf mit einem StreicheSo Erstgeburt wie all die Göttertiere.Zuletzt kam Belial. Unsaubrer fielKein Geist vom Himmel, welcher mehr das LasterLiebt’ an sich selbst: Kein Tempel stand ihm wo,Noch raucht’ ein Altar; doch wer mehr erfüllte –In Tempeln, an Altären, wenn der PriesterVon Gott abfiel, wie Elis Söhne taten –Mit Wollust und Gewalt den Tempel Gottes?An Höfen, in Palästen herrscht’ er auch,In schwelgerischen Städten, wo der LärmDer Völlerei die höchsten Türm’ erreicht,Und Frevel und Gewalttat; und wenn NachtDie Straßen dunkelt, schweifen um die KinderDes Belial, voll Übermuts und Weins.Des zeugen Sodoms Gassen und die NachtIn Gibeah, als eines Gastfreunds TürAusschloss ein Weib, um Ärgres zu verhüten. –

Die Ersten waren dies an Rang und Macht;Der andern, wenn auch weit berühmter, schweigt man.Ioniens Götter, so man Javans SprossenGewähnt, doch jünger noch als Erd’ und Himmel,Die edlen Zeuger: Titan, Himmels Erstling,Mit seiner Riesenbrut und dem vom jüngernSaturn entrissnen Vorrecht; der von Zeus,Sein und der Rhea Sohn, Vergeltung fand.Durch Eigenmacht herrscht der. Sie nun in KretaUnd Ida erst bekannt, beherrschten dannAuf schneeigem Olymp die Mittelluft,Den höchsten Himmel, oder Delphis FelsenUnd in Dodona und durch alle GrenzenDes dorischen Landes; andre, mit Saturn,Flohn über Adria zu Hesperiens Au’nUnd schweiften zu der Kelten letzten Inseln.

All dies’ und andre scharten sich, mit Blicken,Gesenkt und düster, doch worin ein FunkeVon Freud erschien, dass in Verzweiflung nichtIhr Führer war, dass im Verlust sie nichtSich selbst verloren; drob in seinem AntlitzSich Zweifel malt; doch, den gewohnten StolzZusammenraffend, lobt mit prächt’gen Worten,Die nur der Hoheit Schein, nicht Wesen trugen,Lobt er den schwachen Mut und dämpft die Furcht.Denn stracks befiehlt er, dass sein mächtig BannerMit Kriegesschall von Zinken und TrompetenErhoben werde, was ein schlanker Cherub,Azazel, sich zu stolzer Ehre heischt.Sogleich entrollt vom Schaft, dem glänzenden,Die Herrscherfahn’ er, die, hoch aufgerichtet,Gleich einem Meteor im Winde wallte,Mit Gold und Edelsteinen reich verziert,Mit Seraphwappen und Trophä’n, indesKriegskläng’ aus tönendem Metall erschollenUnd einen Schrei ausstieß das ganze Heer,Der fast der Hölle Wölbung sprengt’ und jenseitsChaos und alte Nacht in Schrecken setzte.In einem Augenblick sieht man durchs DunkelZehntausend Banner in die Luft sich heben,In Ostens Farben wogend; auch erhebt sichEin Wald von Speeren, ein Gedräng von Helmen,Geschlossnen Schilden, dicht zur Schlacht gereihtIn unmessbarer Tief’, und sie bewegenSich in vollkommner Phalanx zu dem SpielDorischer Pfeif’ und Flöte, die einst hobenZum Gipfel edlen Muts der Vorzeit Helden,Zur Schlacht sie kräft’gend, und anstatt mit WutMit ruh’ger Kraft sie stählten, unbewegtRückzug und Flucht mehr als den Tod zu scheun.Auch fehlt dem Klang die Macht nicht, zu besänft’genMit Feierton bedrängende Gedanken,Angst, Zweifel, Furcht und Sorg’ und Pein zu scheuchenVon Sterblichen und von Unsterblichen.So, festen Sinns, vereinte Kraft nur atmend,Ziehn schweigend sie bei Flötenton, der lindertPeinvolle Schritt’ auf glühndem Weg; und jetztStehn sie, zur Schau gelangt, als RiesenfronteVon ungeheurer Läng’ im Glanz der Waffen,Nach alter Krieger Art, bereit mit SpeerUnd Schild, erwartend, was ihr mächt’ger FürstBefehlen würde. – Durch die WaffenreihenSchießt sein erfahrner Blick, der schnell durchfliegtDie Massen alle, wie die nöt’ge Ordnung,Ihr Ansehn, ihre Haltung, Göttern gleich,Und überzählt sie. Und nun schwillt von StolzSein Herz und härtet sich in seiner StärkeFür Ruhm; denn nie kam, seit der Mensch erschaffen,Solch Heer zusammen, das, erwähnt bei diesem,Dagegen mehr galt als das kleine Fußvolk,Bekriegt durch Kraniche, möcht’ auch sich sammelnDie Riesenbrut von Phlegra mit den HeldenVon Ilium und Theben, nebst den Göttern,Wie beiden halfen und was sonst verlautetIn Sag’ und in Roman von Uthers SohnMit Brit’schen und Armorican’schen Rittern,Und allen, die, getauft und ungetauft,Gekämpft in Aspramont und Montalban,Damask, Marokko oder Trapezunt,Auch was Biserta sandt’ aus Afrika,Als Karl der Große fiel, mit allen PairsBei Fontarabia. – Kann mit jenen auchNicht Menschenmacht sich gleichen, doch gehorchtenSie ihrem furchtbarn Führer; über alleRagt stolz empor an Bildung er, an Haltung,Gleich einem Turm. Noch hatt’ er allen GlanzDes Ursprungs nicht verloren; schien nichts MindresAls ein gefallner Engel, bloß verdunkeltDes Ruhmes Größ’, als wenn die junge SonneSchaut durch des Horizontes Nebelluft,Beraubt der Strahlen, oder hinterm MondSich bei Verfinstrung bleich Zwielicht ergießtAuf halber Welt und dies mit Furcht vor WechselKön’ge bestürzt. Verdunkelt, glänzte dochVor allen der Erzengel; war sein AntlitzVon tiefen Blitzesnarben auch zerfurchtUnd saß auch Sorg’ auf der gesunknen Wange,Doch unter Brau’n voll Muts und sichern Stolzes,Der Rach’ erhofft; sein Blick, zwar wild, gab dochVon Reu und Mitleid Zeichen, die GenossenDes Fehls zu schaun, vielmehr die ihm gefolgt,Die er weit anders sah im Glück, für immerVerdammt nunmehr zum Jammerlos, MillionenVon Geistern wegen seines Fehls vom HimmelVerbannt und aus dem ew’gen Glanz vertriebenOb seines Abfalls, treu, wie sie ihm waren;Ihr Ruhm verwelkt, wie wenn des Himmels GlutWaldeichen hat zerschellt und BergestannenUnd stattlich sie, doch nackt, versengten Gipfels,Auf schwarzer Heide stehn. Er schickt sich anZu reden; drauf von Flügel sie zu FlügelKrümmen die Doppelreihn, ihn halb einschließendMit seinen Pairs; sie stehn aufmerksam stumm.Dreimal beginnt er; dreimal, trotz des Hochmuts,Vergießt er Tränen, wie sie Engel weinen;Dann tönt, vermischt mit Seufzern, diese Rede:

»O Myriaden ew’ger Geister, Mächte,Vergleichbar dem Allmächt’gen nur: Der KampfWar nicht unrühmlich, trotz des schlimmen Ausgangs,Wie dieser Ort bezeugt und schnöde Wechsel,Erwähnt mit Groll. Doch welche Geisteskraft,Voraussicht oder Weissagung, VergangnesWie Jetziges durchschauend, konnte fürchten,Wie dies vereinte Götterheer, wie dieses,Das so sich hielt, je Widerstand erführe?Denn wer kann’s glauben, selbst nach dem Verlust,Dass all die mächt’gen Scharen, deren BannungVerwaist den Himmel, durch sich selbst sich nimmerZurück zum Heimatsitz erheben sollten?Das ganze Heer des Himmels sei mir Zeuge,Ob ich durch falschen Rat, Scheu vor GefahrVerscherzt, was wir gehofft? Nein, er, der herrscht,Der als des Himmels Fürst bis jetzt so sicherSaß auf dem Thron, auf alten Ruhm sich stützend,Auf Beifall und Gewohnheit HerrscherpompVoll übte, doch stets seine Stärke barg,Was zum Versuch uns lockt’ und so uns stürzte.Wir kennen seine Macht nun und die eigne,Um weder ihn zu reizen, noch, gereizt,Den Kampf zu scheun; wohl tun wir besser,Geheim zu wirken durch Betrug und List,Was durch Gewalt nicht geht: Dann mag zuletzt erVon uns erfahren, dass, wer durch GewaltAllein siegt, auch nur halb den Feind besiegt.Der Raum zeugt neue Welten, davon oftmalsDie Sag’ im Himmel ging, die er aufs NeuZu schaffen dächt’ und ein Geschlecht auf sieZu setzen, das er mit besondrer LiebeBegünst’gen würde wie des Himmels Söhne.Dorthin – sei’s nur zu spähn – lasst uns vielleichtDen ersten Ausfall tun, auch anderwärts hin.Denn dieser Höllenpfuhl soll HimmelsgeisterNie mehr in Fesseln halten noch der AbgrundIm Dunkel lang verbergen. Doch durch VorsichtReif’ erst der Plan, und Friede sei verpönt;Wer wollt’ auch Unterwerfung? Krieg denn, Krieg,Versteckter oder offner sei beschlossen.«

Er sprach’s, und zur Bestät’gung dessen flogenMillionen Flammenschwerter von den HüftenGewalt’ger Cherubim; der jähe GlanzDurchblitzt’ weitum die Hölle: Heftig tobtenSie wider Gott und schlugen mit den WaffenAn ihren Schilden wild den Kriegeslärm,Trotz brüllend gegen das Gewölb des Himmels.Ein Hügel stand nicht fern, des grauser GipfelRauchwolken spie und Feu’r, das ÜbrigeZeigt eine blanke Krust’, ein sichres Zeichen,Dass ein metallisch Erz, das Werk des Schwefels,Sein Innres birgt. Dahin schwang eine ScharIn Eile sich, wie wenn mit Hack’ und SpatenSchanzgräber einem Königsheer vorausSich eilig machen, Gräben auszustechenUnd Schanzen aufzuwerfen. Mammon führt sie,Er, der gefallnen Geister unterster;Denn selbst im Himmel waren seine SinneStets nur abwärtsgerichtet, mehr bewundernd,Worauf man trat, des Himmels goldner Estrich,Als etwas Göttliches und Heil’ges sonst,Das sel’ge Schau gewährt. Durch sein EinflüsternZuerst bewogen, plünderte der MenschDer Erden Innres, und mit frechen HändenWühlt’ er in seiner Mutter EingeweidenNach besser unerforschten Schätzen. BaldMacht’ in den Berg er eine große WundeUnd grub Goldrippen aus. Es staune keiner,Dass Reichtum in der Höll’ am besten ziemtDem Ort, kostbares Gift. Und hier lasst jene,Die Irdisches preisen und mit Staunen redenVon Babels und von Memphis’ Königsbauten,Erfahren, wie verworfne Geister leichtDie größten Ruhmdenkmal’ und Kraft und Kunst,Und zwar in einer Stunde übertreffen,Was jen’ in langer Zeit mit schwerer MüheUnd mit unzähl’gen Händen kaum vollbrachten.

Der Ebne nah, da viele Zellen standen,Worunter Adern flüss’gen Feuers sichVom See ergossen, schmilzt ein zweiter HaufeMit wunderbarer Kunst das dichte Erz,Und schäumt, das Ganze sondernd, ab die Schlacken.Ein dritter hat im Boden schnell gebildetDer Formen viel’, und aus den glühnden ZellenFüllt er durch Abzug allen hohlen Raum,Wie bei der Orgel auch der StimmendeckelMit einem Hauch durch alle Pfeifen bläst.Alsbald stieg aus der Erd’ ein groß Gebäu,Gleich einem Dunstgebilde, mit dem TonVon sanften Symphonien und süßen Stimmen,Nach Tempelart, allwo Pilaster ringsMit dorischen Säulen standen, überdecktMit goldnem Architrav; auch fehlten nichtKarnies und Fries, verziert mit Bildnerwerk,Das glänzend Gold doch war. Nicht Babylon,Noch Groß-Kairo zeigten solche PrachtIn ihrer Ruhmeszeit für ihre Götter,Serapis oder Belus; noch als SitzDer Kön’ge, da Ägypten und AssyrienAn Pracht und Reichtum stritten. Fest nun stehtDer hohe Bau in stolzer Höh; es öffnenSich stracks die ehrnen Tor’ und überm glattenUnd ebnen Estrich lassen sie tief innenDie weiten Räume sehn. Durch ZauberkunstHängt von der Decke Wölbung manche ReiheSternheller Lampen und entflammter Fackeln,Genährt von Naphta und Asphalt, die leuchtenWie Himmelslicht. Bewundernd tritt hineinDie hast’ge Menge, die, den Meister lobend,Und die, das Werk. Man kannte jenen wohlIm Himmel durch manch aufgetürmten Bau,Worin bezepterte Lichtgeister wohnten,Als Fürsten thronend, die der höchste HerrscherZu solcher Macht hob und sie leiten ließIn seiner Hierarchie die lichten Scharen.Bekannt auch war sein Nam’ und hochverehrtIm alten Griechenland, und in AusonienHieß man ihn Mulciber; und wie vom HimmelEr stürzt’, erzählte man, vom zorn’gen ZeusGeworfen von der Himmelsburg; vom MorgenFiel er bis Mittag, bis zum tau’gen AbendDes Sommertags, und mit der Sonne NeigenSank er, gleich einem Sternfall, vom ZenithAuf Lemnos, dies ägäische Eiland. AlsoDie irr’ge Sage; denn er fiel weit früherMit den Empörern. Und jetzt frommt ihm nichtDer Bau der Himmelstürm’; ihn rettet nichtAll seine Kunst: Köpflings ward er gefördertZum Höllenbau mit seiner ems’gen Schar.

Indes tun auf Befehl der höchsten MachtBeschwingte Herolde, mit würd’gem AufzugUnd bei Trompetenschall, dem Heere kund,Dass einen feierlichen Rat man halteIm Pandämonium, dem hohen SitzeSatans und seiner Pairs. Und sie beriefenVon jeder Schar und jeglichem GeschwaderNach Rang und Wahl die Würdigsten. Sie kamenVon Hunderten und Tausenden begleitet.Umdrängt war jeder Zugang; Tor’ und weiteVorhöf’, in Sonderheit die große Halle(Gleich dem bedeckten Feld, wo kühne StreiterIn Waffen ritten und vorm Thron des SultansAusforderten der Heiden beste RitterZum Kampf aufs Leben und zum Lanzenrennen)Ganz dicht umschwärmt, und Erd’ und Luft gefegtVom Sausen wehnder Flügel. Wie die BienenIm Lenze, wenn die Sonn’ im Stiere weilt,Ihr junges Volk in Trauben um die StöckeHerdrängen; sie durchfliegen frischen TauUnd Blumen oder ruhn auf plattem BrettDer Vorstadt ihrer stroherbauten Burg,Frisch übertüncht mit Balsam, und beratenDes Staates Wohl: So dicht schwärmt auch und drängt sichDie luft’ge Schar, bis auf ein tönend Zeichen,O Wunder, schau! Sie, die noch eben größerErschienen als der Erde Riesensöhne,Sich drängen zahllos, kleinsten Zwergen gleich,In engem Raum, wie das Pygmä’ngeschlechtJenseits von Indiens Bergen oder Elfen,Die in der Nacht ein Mann, der sich verspätet,Am Waldsaum und der Quelle schwärmen sieht,Wohl auch es träumt, weil über ihm der MondAls Zeug’ ihm dient und seinen bleichen LaufDer Erde nähert. Sie, auf Lust und TanzBedacht, erfreun sein Ohr durch süße Töne:Es klopft sein Herz von Freud’ und Furcht zugleich.So schwand zu kleinstem Maß die RiesenbildungUnkörperlicher Geister, und sie hatten,Obgleich zahllos gedrängt, Raum in der HalleDes Höllenhofes. Aber tiefer drinnen,In eigner, angestammter Größe, saßenDie Großen, Seraphim und Cherubim,Entfernt und in gesondertem Konklave,Tausend Halbgötter, dicht geschart auf goldnenThronsesseln. Dann, nach kurzem Schweigen, las manDas Aufgebot und hielt den großen Rat.

Zweiter Gesang

Hoch auf dem Thron, im vollen Königsprunk,Der Ormus’ Schätz’ und Indiens überstrahlte,Und wo des prächt’gen Ostens reichste HandAuf Kön’ge Gold und Perlen niederschauert,Saß Satan stolz, zu diesem schlimmen RangeDurch sein Verdienst erhöht, der von VerzweiflungSo hoch zu Hoffnung sich erhob und höher,Noch ungesättigt, strebt, Krieg mit dem HimmelFruchtlos zu führen, und, noch nicht belehrt,Also die stolzen Plän’ entfaltete:

»Ihr Mächt’ und Herrscher, Himmelsgötter ihr!Da keine Tief’ im Abgrund ew’ge KraftKann hemmen, wenn besiegt auch und gefallen:So geb ich nicht den Himmel auf. Es werden,Von diesem Fall erstanden, ew’ge KräfteSich herrlicher als ohne Sturz erweisenUnd dürfen keinen zweiten mehr befürchten.Mich machte Recht zwar und des Himmels festesGesetz, nächst freier Wahl, zu eurem Führer,Nebst dem, was ich im Rate wie im KampfVerdienstliches getan; doch der Verlust,So weit verbessert, hat noch mehr den neidlosDurch vollen Beifall zuerkannten ThronMir zugesichert. Denn das höh’re GlückDer größern Würd’ im Himmel konnte NiedreZum Neid bewegen; doch wer möchte hierDen neiden, den der höchste Platz verpflichtet,Voran zum Ziel des Donn’rers sich, als BollwerkFür euch, zu stellen, und verdammt zur größtenEndlosen Pein? Nun, wo’s kein Gutes gibt.Wofür zu streiten, schafft auch keinen StreitParteisucht; denn gewiss sucht in der HölleDen Vorrang niemand, dessen Anteil klein istAn jetz’ger Qual, dass mit ehrsücht’gem SinnEr größern wollt’. Also mit solchem VorteilFür Einigung, für Treu und feste Eintracht,Mehr als im Himmel sein kann, gehn zurück wir,Gerechtes altes Erb’ uns einzufordern,Gewisser Glück, als Glücksstand hoffen ließ,Uns zu erringen; und ob dies am bestenDurch offnen Krieg gescheh’, durch Hinterlist,Erwäge man: Wer raten kann, der spreche!«

Er schwieg; und Moloch, Königszepterführer,Stand auf, der stärkst’ und wildeste der GeisterBeim Kampf im Himmel; wilder durch Verzweiflung,Wollt’ er durchaus dem Ew’gen gleich an StärkeGehalten sein, und lieber ganz und garNicht sein als weniger. Bei solchem TrotzeSchwand alle Scheu. Nach Gott und Höll’ und SchlimmremNicht fragend, sprach hierauf er diese Worte:

»Mein Ausspruch lautet: offner Krieg! Mit ListPrahl ich, ein Unerfahrner, nicht; es sinneDrauf, wem sie not, und wenn dies, jetzt doch nicht.Denn sollen, weil man sinnt, die Übrigen,Millionen, voll gewaffnet, des SignalsZum Aufbruch harren und hier zaudernd sitzen,Des Himmels Flüchtlinge; statt in der HeimatIn diesem grausen Loch der Schmach hier hausen,Dem Kerker seiner Tyrannei, der herrschtDurch unser Zaudern? Nein, lasst lieber uns,Mit Wut bewehrt und Höllenfeuer, plötzlichAll’ ob des Himmels Türme Bahn uns brechen,In Schreckenswaffen unsre Qual verwandelndGegen den Quäler, dass dem Donner seinerAllmächt’gen Blitzgeschoss’ er trotzen höreDer Hölle Donner, und statt Blitzen seheGeschleudert Feu’r und Wut mit gleichem GrimmeAuf seine Engel, und den Thron ergriffenVon Höllenschwefel und ganz neuem Brande,Den selbst erfundnen Qualen. Doch vielleichtScheint, gegen einen mächt’gern Feind, zu steilUnd schwer der Pfad aufrechten Flugs zu wagen.Bedenke jeder, den noch nicht der SchlaftrunkDes Sees der Vergessenheit betäubt,Dass wir durch eignen Trieb empor uns hebenZum Heimatsitz, dass unserm Wesen fremd istAbsturz und Fall. Wer fühlt’ es kürzlich nicht,Als den geschlagnen Nachtrab wild der FeindVerfolgt’ und durch die Tief’ uns schmählich trieb,Mit welchem Zwang, mit wie mühsamem FlugHerab wir sanken? Leicht ist Aufstieg also.Man schaut den Ausgang: Reizten wir den StärkernNochmals, so könnte schlimmern Weg sein ZornZum Sturze finden! Gibt es in der HölleFurcht größeren Verderbens: Was gibt’s Schlimmres,Als hier verdammt, des Glückes bar, zu weilenIn diesem Schreckensabgrund, voll von Weh!Wo eine Pein von unlöschbarem FeuerUns, Sklaven seines Grimmes, ohne HoffnungDes Endes quälen muss, wenn unerbittlichDie Geißel und die Folterstund’ uns ruftZum Büßen? Mehr als so gepeinigt, würdenWir ganz vernichtet, aufgerieben werden.Was scheun wir also, zögern wir, zu reizenDen höchsten Grimm, der, bis zur Wut entflammt,Uns ganz vertilgen und in Nichts dies WesenVerwandeln wird, was doch viel besser ist,Als dieses Dasein elend zu verbringen;Ist aber unser Wesen wahrhaft göttlichUnd unzerstörbar, dann befinden wirUns in der schlimmsten Lag’, und fühlen dennochUns Kraft genug, den Himmel zu bestürmen,Und mit beständ’gem Angriff den unnahbarn,Vom Schicksal ihm verliehnen Thron zu schrecken,Was, wenn nicht Sieg, uns Rache doch gewährt.«

Stirnrunzelnd schloss er und sein Blick verrietVerzweiflungsrach’ und Kampf, gefährlich solchen,Die minder sind als Götter. Ihm genüberStand Belial auf, mehr menschlich, mildrer Haltung;Kein Schönrer ging dem Himmel je verloren.Für Würd’ und hohe Tat schien er gebildet;Doch alles hohl und falsch. Es troff von MannaDie Zung’ ihm; konnt’ er schon den schlimmsten GrundZum besten drehn, verwirrt’ er und zerstört’ erDen reifsten Rat auch, denn sein Sinn war niedrig,Bereit zu Lastern, doch zu edlern TatenScheu und verdrossen. Drum dem Ohr vergnüglich,Begann er mit beredten Worten so:

»Ich wäre sehr für offnen Krieg, ihr Fürsten,Nicht minder hassend, wenn der Hauptgrund nicht,Der zu sofort’gem Krieg uns raten will,Zum Gegenrat uns stimmt’ und den ErfolgDes Ganzen schien in üblem Licht zu zeigen,Wenn er, der so im Kriegswerk ausgezeichnet,Dem eignen Rat und Vorzuge misstrauend,All seinen Mut nur auf Verzweiflung gründetUnd äußerste Vernichtung, als das ZielAll seines Strebens nach furchtbarer Rache.Doch welche dann? Des Himmels Zinnen sindVoll von Bewaffneten, die jeden ZugangUnmöglich machen; oft am Rand des AbgrundsLagern die Scharen, oft, auf dunklen Schwingen,Durchspähn sie fern und weit das Reich der Nacht,Des Überfalles spottend; und erzwängenWir auch den Weg, die ganze Höll’ als NachtrabIn schrecklichster Empörung, zu verfinsternDes Himmels reinstes Licht: Doch unser Feind,Ganz unzerstörbar säß er auf dem ThronUnd unverletzt, und dies äther’sche WesenWürd’, unbefleckbar, bald den Schmutz abwerfenUnd siegreich sich von gröberm Feuer klären.So abgewiesen, ist der Hoffnung EndeVerzweiflung. Den allmächt’gen Sieger würdenAufstacheln wir zur allerhöchsten Wut,Die uns vertilgt’, und Nichtsein wäre dannDie Rettung – traur’ge Rettung; denn wer möchte,Wie auch voll Schmerz, dies geist’ge Wesen missen,Das Denken, das durch Ewigkeiten schweift,Und lieber sterben, eingeschluckt, verlorenIm weiten Schoß der unerschaffnen Nacht,Bar alles Sinns und Regens? Und wer weiß –Wär’s auch ein Gut: Ob unser grimmer FeindEs geben kann und will? Wie er es kann,Ist zweifelhaft; dass nie er’s will, ist sicher.Wird er, so klug, auf einmal seinem Zorn,Vielleicht aus Ohnmacht oder Unbedacht,Nachgebend, seiner Feinde Wunsch erfüllenUnd sie vernichten, die sein Zorn bewahrtZu ew’ger Pein? ›Weshalb nun zögern wir,(So sprechen jene, die zum Kriege raten),Wir, aufbewahrt, bestimmt zu ew’gem Weh?Was wir auch tun, was können wir noch mehr,Was Schlimmres leiden?‹ – Ist es denn das Schlimmste,So sitzen, so beraten, so in Waffen?War, als wir eiligst flohn, verfolgt, getroffenVom grausen Himmelsdonner, und die TiefeUm Schutz anflehten, Schirm die Hölle schienVor diesen Wunden, oder als gefesseltWir auf dem Glutpfuhl lagen, dies nicht schlimmer?Wie, wenn der Hauch, der diese Feu’r entfacht,Gereizt zur Wut sie siebenfach verstärkteUnd in die Glut uns senkte? Wenn von drobenDie eingehaltne Rach’ aufs Neu erhöbeDer Zücht’gung heiße Rechte? Wie, wenn sieAuftät’ ihr Rüsthaus und dies FirmamentDer Höll’ ergösse Feuerkatarakten,Die furchtbar uns bedrohn ob unsern HäupternMit Schreckenssturze, während wir vielleichtRuhmreichen Krieg beratend und erstrebend,Vom Flammensturm erfasst, geschleudert werden,Gespießt an Felsen all’, ein Raub und SpielZerschellnder Wirbel, oder auch gefesseltVersenkt für immer unter Feuerwogen,Mit ewigem Geseufz dort zu verweilen,Ohn’ Aufschub, ohne Mitleid, unbegnadigt,Endlose Zeit hindurch? Dies wär’ wohl schlimmer.Drum widerrät mein Wort den offnen KriegWie den geheimen; denn was gegen ihnVermag Gewalt und List? Wer täuscht wohl den,Des Augen alles sehn mit einem Blicke?Von Himmels Höh’n sieht er dies eitle StrebenUnd spottet sein; zum Widerstand so mächtigAls klug, all unsre Listen zu vereiteln.So schmachvoll Leben wird uns Himmelssöhnen,Getreten so, verstoßen so, hier KettenUnd Qual zu dulden? Besser dies als Schlimmres,So deucht mir’s, da ein unvermeidlich SchicksalUns bändigt, ein allmächtiger Beschluss,Des Siegers Wille. Gleiche Kraft ward unsZum Leiden wie zum Tun; dies ordnet’ alsoGerecht Gesetz. Das war wohl zu bedenken,Wenn klug wir waren, als wir solchen FeindBekämpften in so zweifelhaftem Falle.Ich lach’ ob denen, die so kühn und dreistSind mit dem Speer und, fehlt er ihnen, scheuenDie Folgen, so bekannt doch: zu ertragenBann oder Schmach, Gefängnis oder Qual –Den Spruch des Siegers. Dies ist unser LosFür jetzo; und wenn wir’s ertragen können,So mildert sich dereinst wohl sehr der ZornDes großen Feinds; vielleicht auch denkt er unser,Der weit Entfernten, nicht, die nicht ihn kränken,Befriedigt durch die Straf’ und diese Gluten:Sie legen sich, da sie sein Hauch nicht schürt.Den bösen Dunst wird unser reines WesenDann überwinden oder nicht mehr fühlen;Auch, durch den Ort wohl endlich umgewandeltIn Mischung und Natur, der grimmen HitzeGewohnter werden und befreit von Pein.Mild wird dies Grausen, diese Nacht wird licht.Und was die Hoffnung sonst der steten FluchtZukünft’ger Tage bringt, was Zufall, Wechsel,Des Harrens wert, da unser jetzig LosStatt glücklich schlimm zwar, doch das schlimmste nicht,Wenn wir es uns nicht selbst verschlimmern wollen.«So riet, mit Worten im Vernunftgewand,Belial unedle Ruh, friedliche Trägheit,Nicht Frieden; und nach ihm sprach Mammon also:

»Nutzt Krieg, so kriegen wir, um zu entthronenDes Himmels König oder rückzufordernVerlornes Recht. Ihn zu entthronen, könnenWir hoffen, wenn das ew’ge Schicksal weichtDem laun’schen Zufall und das Chaos richtet.Das Erstre wie das Letztere zu hoffen,Ist nutzlos. Welchen Platz im HimmelsraumGibt’s denn für uns, bezwingen wir den HerrscherDes Himmels nicht? Gesetzt, sein Zorn ließ’ nach,Und er begnadigt’ all’ auf das VersprechenNochmal’ger Unterwerfung: Wie wohl könntenWir vor ihm stehn in Demut, hart GesetzHinnehmend, mit Gesang von HymnenZu feiern seinen Thron, und seiner GottheitErzwungne Hallelujas singen? Während erBeneidet herrisch dasitzt und sein AltarAmbrosische Gerüch’ und Blumen duftet.Dies Sklavenopfer ist nun unsre ArbeitIm Himmel, unsre Lust. Wie lästig ist dochDie Ewigkeit voll Ehrfurcht gegen den,Dem Hass wir tragen! Darum nicht erstreben,Wozu Gewalt versagt, was unannehmbar,Wenn selbst im Himmel Gnad’ es bietet, ist –Glanz der Vasallenschaft; viel lieber suchenIn uns das Heil und von dem UnsrigenUns selber leben, selbst in diesem Abgrund,Doch frei, niemand verantwortlich, und Freiheit,Wie hart auch, doch vorziehend leichtem JochDes Sklavenpomps. Dann wird sich unsre GrößeRecht klar erweisen, wenn aus Kleinem Großes,