Deine selbstbestimmte Geburt im Krankenhaus - Silvia Dürnberger - E-Book

Deine selbstbestimmte Geburt im Krankenhaus E-Book

Silvia Dürnberger

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Beschreibung

Natürlich und angstfrei in der Klinik

Schwangere Frauen wünschen sich eine sichere und möglichst selbstbestimmte Geburt und viele entscheiden sich für das Krankenhaus als Geburtsort. Meist wissen werdende Mütter jedoch nichts über die Abläufe in Geburtskliniken, wo eine Vielzahl an alltäglichen medizinischen Eingriffen an der Tagesordnung ist.

Dieses einzigartige Buch informiert werdende Eltern, ganz ohne Angst zu schüren: Welche Routinen und Interventionen sind in der Geburtsklinik zu erwarten und welche Wahlmöglichkeiten sind damit verbunden? Sobald Eltern wissen, was ihnen wichtig ist und was sie sicher nicht wollen, wird eine selbstbestimmte und natürliche Geburt in der Sicherheit der Klinik möglich.

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Sicherheit und Selbstbestimmung lassen sich vereinen

Frauen möchten ihr Baby an einem sicheren Geburtsort zur Welt bringen – meist im Krankenhaus. Zugleich ist die Geburt des eigenen Kindes ein einzigartiges und prägendes Ereignis, das Frauen selbstbestimmt gestalten wollen. Häufig wissen werdende Mütter jedoch nichts über die Abläufe und alltäglichen medizinischen Eingriffe an Geburtskliniken. Auch ihre Wahlmöglichkeiten während der Geburt kennen sie kaum.

Geht es dir genauso? Dann ist dieses Buch dein idealer Begleiter: Nur wenn du gut informiert bist, kannst du vor und während der Geburt gute Entscheidungen für dich und dein Baby treffen. Mit Mut, Freude und Zuversicht hilft dir dieser Ratgeber, deine Wunschgeburt in der Sicherheit des Krankenhauses zu planen.

die wichtigsten Informationen und Fragen vor und während der GeburtChecklisten zur Vorbereitung auf die Geburt deiner Wünschealle Infos zu Klinikroutinen, Geburtseinleitung, PDA & Co.viele ermutigende Erfahrungsberichte

Silvia Dürnberger ist Familien- und Paarberaterin in eigener Praxis. Nach der Geburt ihrer ersten Tochter spezialisierte sie sich auf das Thema Geburtsvorbereitung und gründete 2012 das EigenSinn-Institut für Geburt und Familie. Dort begleitet sie Frauen mit einem interdisziplinären Team aus Hebammen, Physiotherapeuten und Stillberaterinnen. Die vierfache Mutter lebt mit ihrer Familie bei Salzburg.

»Die Erfahrung, die wir Frauen machen, wenn wir auf selbstbestimmte Weise ein Kind gebären, durchdringt uns mit einer Fülle aus Zuversicht, Stärke und Selbstbewusstsein, die uns durch unser ganzes Leben als Mutter trägt und das Selbstverständnis unserer Weiblichkeit zutiefst prägt.«

Dieses einzigartige Buch gibt Antworten auf Fragen wie: Welche Abläufe und Interventionen sind in der Geburtsklinik zu erwarten und welche Wahlmöglichkeiten sind damit verbunden? Dabei informiert Silvia Dürnberger einfühlsam, sachlich und ohne Angst zu schüren.

Sobald Eltern wissen, was ihnen wichtig ist und was sie definitiv nicht wollen, wird eine selbstbestimmte und natürliche Geburt in der Sicherheit der Klinik möglich. Ein stärkender und unverzichtbarer Ratgeber für alle, die eine individuelle Begleitung der klinischen Routine vorziehen und ihr Geburtserlebnis aktiv gestalten wollen!

Silvia Dürnberger

Deine selbstbestimmte

Geburt

im Krankenhaus

Wie du für ein gutes Geburtserlebnis sorgen kannst

Kösel

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Copyright © 2019 Kösel-Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlag: Weiss Werkstatt, München

Umschlagmotiv: shutterstock/Natalia Deriabina

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

Redaktion: Imke Oldenburg

ISBN 978-3-641-23959-6V001

www.koesel.de

Jeder Geburt wohnt ein Zauber inne,

den wir beschützen müssen,

denn er hat Bedeutung für all unser Leben.

(frei nach Hermann Hesse)

Inhalt

Vorwort von Prof. Dr. Sven Hildebrandt

Vorwort der Autorin

1 Was dich in der Geburtsklinik erwartet

1. Wie du dich gut auf eine selbstbestimmte Geburt in der Klinik vorbereitest

Wie häufig wird an Kliniken in die Geburt eingegriffen?

Warum es eine spezielle Vorbereitung auf die Geburt in der Klinik braucht

Zuversichtliche Begleiter ebnen den Weg

Geburtsvorbereitung mit Sinn

Wie dich dieses Buch begleitet

Was ist eine natürliche und selbstbestimmte Geburt?

Wie Kliniken ticken

Wie wir Frauen Geburtskliniken zu unseren Gunsten verändern können

Verwechsle Schmerz nicht mit Schmerz

Gedanken zur Umsetzung deiner Wunschgeburt in der Klinik

2. Was du wissen musst, um das medizinische Angebot sinnvoll nutzen zu können

Sinn und Unsinn von Eingriffen in den Geburtsverlauf

Die häufigsten Eingriffe

Schmerzmittel und PDA

Künstliche Einleitung der Geburt

Wehen künstlich verstärken oder hemmen

Der Dammschnitt

Der Kristeller-Handgriff

Die Saugglocke

Die Kaiserschnittgeburt

Welche Gründe haben Interventionen?

Dein selbstbestimmter Umgang mit Routine-Eingriffen

Gedanken zu Eingriffen in den Geburtsverlauf

3. Was du über die Fachpersonen, die dich bei der Geburt begleiten, wissen solltest

Die Rolle der Hebamme

Die Rolle des Arztes

Gespräche führen während der Geburt

Mütterfreundliche Kliniken

Wie hochwertige Hebammenarbeit zu guten Geburtserfahrungen beiträgt

Deine Begleiter bei der Geburt

Geburt mit deiner persönlichen Beleghebamme

Geburtsbegleitung durch eine Doula

4. Finde heraus, welche Geburtsklinik am besten zu dir passt

Perinatalzentrum Level 1 und Level 2

Kliniken mit perinatalem Schwerpunkt (Level 3)

Normale Geburtskliniken (Level 4)

Die Organisation von Kliniken

Dein Fragenkatalog für die Klinik

5. Was für deine individuelle Geburtsvorbereitung wichtig ist

Fragebogen zur Einschätzung deiner persönlichen Situation

Die Umsetzung deiner persönlichen Wünsche innerhalb der Klinikrichtlinien

Selbstbestimmung in besonderen Situationen

Nach einer schweren Geburt oder in schwierigen Situationen

2 Deine persönliche Vorbereitung auf die Geburt deines Babys

1. Wie du dem Wehen- und Geburtsschmerz gut begegnen kannst

Die Wehen und das Wehengefühl

Die wunderbare Arbeit deiner Gebärmutter

Wie du den Wehen gut begegnen kannst

Wann ist es sinnvoll, sich für ein Schmerzmittel zu entscheiden?

Geburtsrhythmus

Der Geburtsschmerz in der Geburtsphase

Wie deine Erwartungshaltung die Geburt beeinflusst

2. Welche Geburtsphasen dich erwarten und wie du sie positiv beeinflussen kannst

Phase 1: Vorbereitung auf die Geburt

Phase 2: Beginnende Geburt

Phase 3: Eröffnung

Phase 4: Übergan

Phase 5: Geburt

Phase 6: Plazentageburt

3. Die gesunde Geburt: Warum du deinem Körper vertrauen kannst

Wie ein gesunder Geburtsverlauf unterstützt wird

Mentale Vorbereitung auf die Geburt

Du und dein Baby – das perfekte Team

Entspannung

Vorbereitung auf die Ungewissheit der Geburt

4. Wie dein Partner die Geburt von Beginn an positiv beeinflussen kann

Vertraue deiner Frau und ihren Kräften

Informiere dich

Unterstütze deine Frau durch deine Überzeugungskraft

Unterstütze die Körperarbeit deiner Frau

Unterstütze die Ausschüttung hilfreicher Hormone

Unterstütze deine Frau mental

Übernimm die Gespräche mit Fachpersonen

Unterstütze die Vorbereitung auf die Geburt

Unterstütze deine Frau in der Nachgeburtsphase

Unterstütze deine Frau im Falle eines Kaiserschnitts

Nimm dir Zeit in den ersten Wochen

Lass dich selbst unterstützen

3 Geburtsberichte von selbstbestimmten Klinikgeburten

Wunderbare Hebamme im Perinatalzentrum

Gute, aber lange Geburt

Selbstbestimmt gebären trotz Einleitung

Geburt im Teamwork mit meinem Mann

Ein schwieriger Geburtsbeginn mit gutem Ende

Geburt in der Klinik mit Doula

4 Was die erste Zeit mit deinem Baby für dich bereithält

Gleich nach der Geburt: Was nun?

Wie lange bleiben wir in der Klinik?

Deine Nachsorgehebamme

Stillen

Das Wochenbett in aller Kürze

Besonderheiten nach einer Kaiserschnittgeburt

Trotz allem ein negatives Geburtserlebnis. Was nun?

Lass dich begleiten

Vorbereitung auf die Babyzeit

Schlusswort

Danksagung

Register

Vorwort von Prof. Dr. Sven Hildebrandt

Das vorliegende Buch hat einen hohen Anspruch: Es soll schwangere Frauen wachrütteln. Es soll sie motivieren zu einem bewussten und umsichtigen Umgang mit einem ganz entscheidenden Lebensmoment – der Geburt des Kindes. Und es soll Frauen helfen, selbstbestimmt und frei dieses Ereignis mitzugestalten.

Aber ist dieses Wachrütteln überhaupt nötig, wo es sich bei der Geburt doch um einen Naturvorgang handelt, der auf Erfolg ausgerichtet ist? Tatsächlich hat die Natur Mutter und Kind mit einer erstaunlichen Kompensationsbreite selbst auf widrigste Bedingungen eingerichtet, auf die wir mit Vertrauen und Zuversicht bauen dürfen.

Und brauchen wir die »selbstbestimmte Gebärende« überhaupt, wo sich schwangere Frauen doch in die Hände gut ausgebildeter, in aller Regel motivierter und erfahrener Fachpersonen begeben, die eine Geburtsmedizin auf hohem wissenschaftlichem Niveau betreiben? Auch hier wäre doch Vertrauen und Zuversicht möglich und sinnvoll, zumal die Gebärende ja kaum auch nur annähernd die Kompetenz und Erfahrung aufbringen kann wie ihre professionellen Betreuerinnen.

Die Antwort auf beide Fragen lautet eindeutig: JA! Wir brauchen dieses Buch dringend, wir brauchen ein Wachrütteln der Frauen in der Beziehung zu ihrem Körper und zu ihrer Geburt – und wir brauchen die selbstbestimmte Gebärende, die ihre Geburt zu gestalten vermag. Denn wir leben in einer Zeit, in der sich unsere Geburtshilfe in einem kritischen Zustand befindet. Das liegt einerseits an den immer knapper werdenden Ressourcen der Geburtseinrichtungen, was zu einem dramatischen Konzentrationsprozess auf wenige große Kliniken mit dafür unzureichender personeller Ausstattung führt. Und es liegt zum anderen an einem weitverbreiteten unkritischen Umgang mit geburtshilflichen Routinen, an einer oft angstbesetzten, restriktiven Geburtshilfe, an unzureichenden Vorgaben wissenschaftlicher Leitlinien – und leider oft auch an Oberflächlichkeit und Gedankenlosigkeit.

Freilich gab es in den letzten Jahren auch positive Entwicklungen in der Geburtshilfe. So ist es heute selbstverständlich, dass das Neugeborene bei seiner Mutter bleiben kann und dass der Partner bei der Geburt seines Kindes dabei sein darf. Aber jede dieser Veränderungen ging von den Frauen und Familien aus und wurde oft nur zögerlich von den geburtshilflichen Einrichtungen unterstützt.

Im gleichen Sinne wird es nur gelingen, unsere Geburtskultur zu verändern, wenn die Frauen und Familien sich aus der Passivität befreien und eine klare Position gegenüber den Rahmenbedingungen ihrer Geburt beziehen. Denn eine Geburt ist keineswegs nur ein individuelles Ereignis dieses einen Paares. Nein! Die Geburt jedes einzelnen Menschen ist ein Geschenk für unsere ganze Gesellschaft – und deshalb muss die Gesellschaft auch jede einzelne Geburt schützen.

Der erste Schritt zu diesem neuen Verständnis von Geburtshilfe ist die Förderung von Kompetenz und Engagement der Frauen – nicht nur der schwangeren! So kann sich die Gebärende aus ihrer hilflosen, passiven Rolle im Geburtsprozess befreien und diesen aktiv mitgestalten.

Das vorliegende Buch leistet für diesen Prozess einen wertvollen Beitrag. Ich wünsche allen Leserinnen eine Lektüre voller nützlicher Erkenntnisse und eine Stärkung ihrer Gebärkompetenz. Diese wird sich auf das Erleben und die Sicherheit der Geburt positiv auswirken – davon bin ich zutiefst überzeugt.

Prof. Dr. med. Sven Hildebrandt

Professor für Frauenheilkunde und Geburtshilfe (Hochschule Fulda) und Gründer der Hebammenpraxis Bühlau in Dresden

Vorwort der Autorin

Dieses Buch ist für dich. Ich habe es geschrieben, weil ich davon träume, dass du – ebenso wie jede andere Frau – an der Klinik deiner Wahl die achtsamste und persönlichste Begleitung zur Verwirklichung deiner Wünsche während der Geburt deines Kindes erhältst. Die Erfahrung, die wir Frauen machen, wenn wir auf selbstbestimmte Weise ein Kind gebären, durchdringt uns mit einer Fülle aus Zuversicht, Stärke und Selbstbewusstsein, die uns durch unser ganzes Leben als Mutter trägt und das Selbstverständnis unserer Weiblichkeit zutiefst prägt.

Durch die medizinischen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte sind wir in der glücklichen Situation, dass selbst im Falle von schweren Komplikationen bei der Geburt Mutter und Kind so gut wie immer gerettet werden können. Zugleich stellen uns diese vielfältigen, perfektionierten Möglichkeiten der Medizin vor neue Fragen: Wann ist ein medizinischer Eingriff in eine Geburt für dich persönlich sinnvoll? Wie wirkt sich die Entscheidung für oder gegen eine Intervention auf dich, den Geburtsverlauf und dein Baby aus, in körperlicher sowie in psychischer Hinsicht? Wie kannst du selbst gute Entscheidungen für dich und dein Baby treffen, sodass ihr beide nicht nur körperlich gesund, sondern auch unversehrt, wohlbehalten und innerlich gestärkt das Leben als Mutter und Kind beginnen könnt?

Dein Baby berührt dich vom Beginn seines winzigen Lebens an in deinem Innersten und lässt starke Gefühle in dir entstehen. Liebe und Angst, Freude und Zweifel, Glück und Sorge wechseln sich unberechenbar ab – im Laufe der Schwangerschaft und später beim Gedanken an die Geburt. Wenn du über gute Informationen verfügst und von ermutigenden Begleitern umgeben bist, die sich auch durch ihren tiefen Respekt vor deiner Kompetenz als werdende Mutter auszeichnen, tritt dieses Wechselbad der Gefühle im Laufe der Zeit langsam in den Hintergrund und macht Ruhe und Vorfreude Platz. Dieses Buch soll dir auf deinem Weg einer von hoffentlich vielen zuversichtlichen Begleitern sein.

Eine Frau bei der Vorbereitung auf die Geburt zu begleiten und zu unterstützen ist etwas sehr Persönliches. Ich möchte mich dir daher gerne kurz vorstellen, damit du weißt, wer hinter dieser Vorbereitung in Buchform steckt.

Mein Name ist Silvia Dürnberger, ich bin Pädagogin, Familien- und Paarberaterin sowie Familienbegleiterin. Nach der Geburt meiner ersten Tochter im Jahr 2009 habe ich begonnen, mich auf die Bereiche Schwangerschaft, Geburt und Familienzeit zu spezialisieren. Im Jahr 2013 gründete ich das EigenSinn-Institut für Geburt und Familie, um Frauen, Paaren und Familien in dieser besonderen Zeit ein hochwertiges und vielfältiges Angebot zur Verfügung stellen zu können. Das EigenSinn-Institut ist ein Ort, an dem ich mich (meist in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit meinen Kolleginnen) mit jeder einzelnen Frau und ihrer individuellen Vergangenheit, ihren tiefsten Gefühlen und ihren ganz persönlichen Wünschen auf die Suche nach ihrem eigenen, einzigartigen Sinnin Bezug auf die Geburt und das Familienleben mache. Die Geburtsvorbereitung liegt mir dabei besonders am Herzen, weil ich im Laufe der Jahre – bei den Geburten meiner eigenen vier Kinder und in der Begleitung vieler Frauen während und nach ihrer Schwangerschaft – die Erfahrung machte, wie unglaublich wichtig ein positives Geburtserlebnis für uns Frauen ist und wie wir durch eine ermutigende Begleitung stark, sicher, freudig und ruhig werden. Wenn du noch mehr über mich und meine Arbeit erfahren möchtest, würde ich mich sehr freuen, dich auf meiner Homepage www.eigensinn-institut.at begrüßen zu dürfen.

1

Was dich in der Geburtsklinik erwartet

1. Wie du dich gut auf eine selbstbestimmte Geburt in der Klinik vorbereitest

Jede Frau sollte frei wählen können, an welchem Ort sie ihr Kind zur Welt bringen möchte, und zugleich die Gewissheit haben, dass ihre Wünsche bezüglich der Geburt bestmöglich respektiert und unterstützt werden.

Wenn du dich dazu entschieden hast, für die Geburt deines Babys in eine Klinik zu gehen, bist du in guter Gesellschaft: Etwa 98 Prozent der Frauen im deutschsprachigen Raum bringen ihr Kind im Krankenhaus zur Welt. Einer der wichtigsten Gründe für diese Entscheidung ist die Sicherheit. Frauen wollen an einem Ort gebären, an dem sie und ihr Baby die beste medizinische Versorgung erhalten, falls es zu einem Notfall kommen sollte. Der Notfallplan an Kliniken funktioniert tatsächlich wunderbar. Häufig vergehen gerade einmal sieben Minuten von der Entscheidung, dass ein Kaiserschnitt durchgeführt werden muss, bis zu dem Augenblick, an dem das Kind dann das Licht der Welt erblickt; hochwertig ausgestattete Neonatologie-Stationen gewährleisten die perfekte Versorgung deines Babys und Fachärzte der Gynäkologie kümmern sich um medizinische Probleme, die eventuell bei dir während oder nach der Geburt auftreten könnten.

Auch mit dem Wunsch nach einer natürlichen und selbstbestimmten Geburt bist du nicht alleine. Untersuchungen zeigen, dass sich die große Mehrheit der Frauen eine Geburt ohne medizinische Eingriffe wünscht, da sie davon überzeugt sind, dass eine solche Geburt der beste Start ins Leben für ihr Baby und für sie selbst als Mutter ist.1

Die Umsetzung einer natürlichen und selbstbestimmten Geburt in einer Klinik ist jedoch nicht selbstverständlich. Hohe Kaiserschnitt- und Interventionsraten stehen der gewünschten Geburtserfahrung oft im Wege. An außerklinischen Geburtsorten (Arztpraxen, Geburtshäuser, im eigenen Heim) hingegen gebären über 60 Prozent der Frauen ohne jegliche medizinische Eingriffe, was deutlich macht, dass der Wunsch nach einer natürlichen und selbstbestimmten Geburtserfahrung durchaus realistisch und auch umsetzbar ist.2 Müssen sich Frauen also entscheiden? Können sie nur entweder in der gewünschten Sicherheit oder natürlich gebären?

Ich bin vom Gegenteil überzeugt. Eine natürliche und selbstbestimmte Geburt kann durchaus in der Sicherheit einer Klinik umgesetzt werden – Voraussetzung dafür ist einfach nur eine Vorbereitung, die dir die richtigen Informationen zur Verfügung stellt, sodass du Entscheidungen treffen kannst, die für dich persönlich gut sind.

Manche der Informationen, die du auf den folgenden Seiten findest, werden dich im ersten Moment vielleicht verunsichern, weshalb du wissen sollst, dass ich dir in diesem Buch zu jeder Information auch Handlungsmöglichkeiten aufzeige. Angstschürende Details, die du nicht beeinflussen kannst, lasse ich beiseite und zeige dir stattdessen einen allgemeinen Umgang mit derartigen Situationen.

Wie häufig wird an Kliniken in die Geburt eingegriffen?

Die aktuellen Zahlen des Bundesamtes für Statistik zeigen, dass deutschlandweit in jede klinische Geburt durchschnittlich nahezu zweimal medizinisch eingegriffen wird.3 Sei es, um den Geburtsbeginn künstlich herbeizuführen, die Wehentätigkeit zu steigern, Schmerzen zu betäuben oder die Geburt operativ mithilfe eines Dammschnittes, der Saugglocke oder eines Kaiserschnitts zu beenden. Die Interventionsrate lag bereits im Jahr 1999 bei 94 Prozent und klettert seither weiter in die Höhe. Vergleicht man diesen Jahrgang mit den aktuellen Zahlen, dann stieg die Anzahl der eingeleiteten Geburten um 18,8 Prozent, die PDA-Rate um 20,8 Prozent und die Kaiserschnittrate um 55,4 Prozent.4, 5Bei einem Anstieg der Interventionen – und insbesondere der Kaiserschnitte – in dieser Größenordnung würde man erwarten, dass diese Eingriffe vielen Babys das Leben retten. Tatsächlich stieg die Säuglingssterblichkeit in den ersten 24 Stunden nach der Geburt jedoch – vergleicht man das Jahr 1999 mit den aktuellen Zahlen – um 8,33 Prozent.6

Diese Vielzahl an Interventionen erschwert außerdem die Umsetzung einer natürlichen und selbstbestimmten Geburt. Lediglich jede 20. Frau erlebt in der Klinik eine natürliche Geburt ohne Eingriffe.7 Welche Möglichkeiten hast du also, um eine Geburt nach deinen Wünschen in der Klinik deiner Wahl erleben zu können?

Meine Antwort darauf lautet: Du musst dich vorbereiten. Und zwar nicht nur auf die Geburt, sondern insbesondere auf die Klinikgeburt. Damit meine ich, dass eine Klinik ein sehr guter Geburtsort für eine sichere und für eine natürliche und selbstbestimmte Geburt sein kann – vorausgesetzt, du erhältst die richtigen Informationen. In gängigen Vorbereitungskursen, aber auch in alternativen Seminaren und aktuellen Büchern zur Vorbereitung auf die Geburt wird bislang der Geburtsort kaum oder nur oberflächlich berücksichtigt. Obwohl viele Frauen und Paare bereit sind, die Verantwortung für den Geburtsverlauf zu übernehmen, und sich mittels eines Kurses auf die Geburt vorbereiten, erhalten sie meist keine relevanten Informationen zur Klinik als Geburtsort. Diese benötigen sie jedoch, denn nur auf Basis guter Informationen lassen sich persönliche und sinnvolle Entscheidungen treffen.

Erst kürzlich erschien eine Studie, welche den Einfluss der Geburtsvorbereitung auf den Geburtsverlauf untersuchte.8 Die Ergebnisse zeigten, dass sich der Besuch eines Geburtsvorbereitungskurses (inklusive alternativer Vorbereitungsmethoden mit Hypnose und Co.) nicht auf den Geburtsverlauf auswirkt. Bei Frauen, die sich intensiv auf die Geburt vorbereiteten, wurde genauso häufig in die Geburt eingegriffen wie bei unvorbereiteten Frauen. Auch bezüglich der Kaiserschnittrate konnte kein Unterschied festgestellt werden. Woran liegt das?

Warum es eine spezielle Vorbereitung auf die Geburt in der Klinik braucht

Die Inhalte der meisten Geburtsvorbereitungskurse bereiten Frauen bestenfalls allgemein auf eine natürliche Geburt vor, und nicht – wie es notwendig wäre – auf eine natürliche und selbstbestimmte Geburt in der Klinik. Da die Gegebenheiten in der Klinik den Verlauf der Geburt maßgeblich beeinflussen, bleibt jede Geburtsvorbereitung, die den Geburtsort nicht oder nur nebenbei berücksichtigt, an der Oberfläche. Denn es genügt nicht, über die Anzahl und Ausstattung der Geburtsräume, die Anzahl der Fachpersonen vor Ort oder die Größe der Wochenbettzimmer Bescheid zu wissen – vielmehr musst du wissen, welche Routinen und Vorgehensweisen dich während der Geburt erwarten und wie du diese nach deinen Wünschen gestalten und beeinflussen kannst.

Da es außerdem keine inhaltlichen Richtlinien in der Geburtsvorbereitung gibt, kann jede Hebamme, jede Physiotherapeutin, jede Familienbegleiterin, jede Schwangerschafts- und Geburtsberaterin und jede Doula9 erzählen, was sie will. Somit ist es schon ein Glücksfall, wenn du eine hochwertige allgemeine Vorbereitung auf eine natürliche und selbstbestimmte Geburt findest.

Außerhalb eines Kurses beeinflussen die Fachpersonen, die dich während der Schwangerschaft begleiten, deine Haltung zur Geburt und tragen somit unbemerkt zur Vorbereitung auf die Geburt bei. Meiner Erfahrung nach werden viele schwangere Frauen hauptsächlich von Fachpersonen begleitet, die einen sehr technisch-medizinischen Zugang zu Schwangerschaft und Geburt haben. Ausgleichend dazu bräuchte es Fachpersonen, die einen zuversichtlichen und persönlichen Blick auf die Vielfalt gesunder Schwangerschafts- und Geburtsverläufe haben. Ist eine solche Begleitung nicht vorhanden, führt das häufig zu Unsicherheit, Angst und übertriebener Sorge. Je besorgter und ängstlicher eine Frau in die Geburt geht, umso weniger ist sie in der Lage, ihre Selbstbestimmtheit bei der Geburt zu wahren.

Zuversichtliche Begleiter ebnen den Weg

Solche zuversichtlichen Fachpersonen können beispielsweise Hebammen, Gynäkologen oder Allgemeinmediziner sein; sie zeichnen sich durch folgende Dinge aus:

Sie interessieren sich für dich als Person und fragen nach deinem emotionalen Befinden.Die Daten der zu Hilfe genommenen Geräte werden als eine Ergänzung zur Erfassung einer ganzheitlichen Situation gesehen; der Fokus liegt stets bei dir und deinem Baby.Sie betrachten Schwangerschaft und Geburt aus einer ganzheitlichen Perspektive und nehmen sich Zeit, um sich deine Sorgen in Ruhe anzuhören und alle Fragen ausführlich zu beantworten.Sie sind der Überzeugung, dass gesunde Frauen aus eigener Kraft und ohne medizinische Hilfe gebären können und respektieren deine Kompetenz als werdende Mutter.Sie erzählen dir von der wunderbaren Arbeit deines Körpers und von der selbstverständlichen Entwicklung deines Babys.

Eine Fachperson mit technischem Zugang weiß sofort, wenn etwas nicht stimmt. Eine zuversichtliche Fachperson weiß das auch – sie spricht mit dir aber auch über all die Dinge, die schon stimmen.

Wenn du keine Möglichkeit hast, eine zuversichtliche Fachperson zu finden, dann kannst du ergänzend zur medizinischen Schwangerschaftsbetreuung die Begleitung einer Doula, einer Familienberaterin und einer logotherapeutischen Beratung in Anspruch nehmen. Diese Personen können zwar keine medizinischen Aussagen treffen, dich aber emotional stärken und dir Zuversicht geben.

Geburtsvorbereitung mit Sinn

Zur Umsetzung einer natürlichen und selbstbestimmten Geburt in der Klinik braucht es eine für diese Situationsinnvolle Vorbereitung hoher Qualität. Das bedeutet, dass du in der Geburtsvorbereitung alles erfahren musst, was für dich vor und während der Geburt sinnvoll ist.

Dafür brauchst du:

all jene Informationen, die dir helfen zu verstehen, was bei dir persönlich während der Geburt vorgehen kann,eine klare Auseinandersetzung mit dem gewählten Geburtsort und insbesondere mit Klinikroutinen, dem Klinikpersonal und klassischen Situationen, die sich aufgrund der klinischen Richtlinien ergeben,Wissen zu den häufigsten Interventionen und den Gründen, die dazu führen,Wissen über Alternativen zu klassischen Interventionen,Informationen zu jenen Problemen, schwierigen Situationen und Komplikationen, die du selbst beeinflussen kannst,einen selbstbestimmten Umgang mit Situationen, die du nicht beeinflussen kannst. Einzelheiten zu möglichen Komplikationen und angstschürende Details hingegen werden hier außer Acht gelassen, da dieses Wissen lediglich Besorgnis erzeugt,konkrete körperliche und mentale Vorbereitungsmöglichkeiten auf die Geburt inklusive Positionen, Atem- und Entspannungstechniken, Massagen und Bewegungen,Vertrauen in den eigenen Körper, die eigenen Ressourcen sowie in die Zusammenarbeit mit deinem Baby,Möglichkeiten, die vorgeburtliche Bindung zu stärken,eine Vorbereitung auf die Ungewissheit des Geburtsverlaufes sowieeine persönliche Geburtsvorbereitung, die die Einzigartigkeit jeder Frau und jedes Geburtsverlaufs berücksichtigt.

Das alles bedeutet, dass du persönlich, mit deinen ganz individuellen Wünschen, Fragen und Bedürfnissen im Mittelpunkt dieses Ratgebers stehst. Hier geht es um die Vorbereitung auf die Geburt deines Kindes, untergliedert in vier Teile:

Was dich in der Geburtsklinik erwartetDeine persönliche Vorbereitung auf die Geburt deines BabysGeburtsberichte von selbstbestimmten KlinikgeburtenWas die erste Zeit mit deinem Baby für dich bereithält

Wie dich dieses Buch begleitet

Zuerst rücke ich den Geburtsort in den Mittelpunkt,

damit du erfährst, was dich erwartet

und wer dich erwartet;

welche Routinen du kennen musst,

um zu wissen, wann sie für dich gut und anzunehmen

und wann sie vielleicht zu durchbrechen sind,

wie du mit Interventionen umgehen kannst,

welche Alternativen du hast

und wie all das für dich und dein Baby gut und sinnvoll wird.

Dann werde ich dir zur Seite stehen,

mit Wissen, Zuversicht und Ehrlichkeit,

während du dich darauf vorbereitest, dein Kind zu gebären –

aus deiner kraftvollen Anmut,

mit deinem wundervollen Körper,

in hingebungsvoller Arbeit,

um in Liebe zu empfangen, was du aus Liebe schufst.

Schlussendlich werde ich dein Spiegel sein, in den du blicken kannst, um zu erkennen,

dass du selbstbestimmt und sicher,

mit Mühsal und Freude,

in stimmungsvoller Geborgenheit

in der Klinik deiner Wahl gebären kannst.

Du bestimmst die Geburt deines Babys.

Denn seine Geburt ist ein Fest.

Was ist eine natürliche und selbstbestimmte Geburt?

Ich möchte zum besseren Verständnis zwei Begriffe mit dir klären. Bislang habe ich die Ausdrücke »natürlich« und »selbstbestimmt« in einem Atemzug genannt, nun aber möchte ich sie gründlicher beleuchten und hinterfragen, was genau in diesem Buch damit gemeint ist. Eine Geburt kann natürlich und selbstbestimmt sein, sie kann aber auch nur natürlich oder nur selbstbestimmt sein:

Die natürliche Geburt: Unter natürlicher Geburt versteht man eine physiologische, vaginale Geburt ohne Interventionen oder Eingriffe.Die selbstbestimmte Geburt: Inwiefern eine Geburt als selbstbestimmt empfunden wird, muss jede Frau für sich beurteilen. Meiner Meinung nach geht es darum, respektvoll behandelt zu werden, umfassend und neutral informiert und beteiligt zu werden und das letzte Wort über Entscheidungen zu haben.10

Vielleicht denkst du, dass du deine Wünsche bezüglich der Geburt bereits kennst, vielleicht hast du dir noch nicht so viele Gedanken darüber gemacht, vielleicht kannst du dir eine Geburt ohne Schmerzmittel noch gar nicht vorstellen oder du bist dir ganz sicher, dass du so wenige Interventionen möchtest wie irgend möglich. All diese Dinge sind in Ordnung, doch es kann auch sein, dass sich das eine oder andere im Laufe der Zeit, im Laufe der Vorbereitung oder im Laufe der Geburt noch verändert.

Mir geht es vor allem darum, dich auf eine selbstbestimmte Geburt vorzubereiten. Ich denke, dass es leichter ist, eine selbstbestimmte Geburt zu erleben, wenn möglichst wenig interveniert wird, weil jede Intervention die Wahrscheinlichkeit auf eine weitere Intervention erhöht und dann irgendwann die Gefahr besteht, dass du keine Wahlmöglichkeiten mehr hast. Es ist also einfacher, eine natürliche Geburt selbstbestimmt zu erleben, aber das Ziel ist, dass du selbst dann eine selbstbestimmte Geburt erleben kannst, wenn sie in einem Kaiserschnitt endet.

Was sind Interventionen?

Interventionen sind Eingriffe, die eine starke Auswirkung auf dich und den Geburtsverlauf haben. Wenn ich im Laufe des Buches von Interventionen spreche, dann beziehe ich mich auf folgende Eingriffe:

GeburtseinleitungWehenmittel und WehenhemmerPDA und andere AnästhesienAnalgetika (Schmerzmittel)DammschnittKaiserschnittKristeller-Handgriffvaginal-operative Geburt durch Zange oder Saugglocke

Es gibt auch weniger invasive Interventionen, die bei Geburten zum Einsatz kommen. Sie beeinflussen den Verlauf der Geburt jedoch meist weniger und werden daher im Buch nicht als Interventionen betitelt:

CTGWehenschreiberVenenkathetervaginale Untersuchungen

Ebenso werden positive Interventionen, die beinahe jede Hebamme bei der Geburtsbegleitung anwendet, in diesem Buch nicht als Interventionen betitelt. Damit meine ich zum Beispiel:

die Entspannung der gebärenden Frau vertiefen,bestärkende Worte, Gesten und Berührungen,Unterstützung beim Positionswechsel,Hilfestellung beim Atmen,alternative Methoden zur Schmerzlinderung,Akupunktur.

Wie du zu einer selbstbestimmten Geburt beitragen kannst

Du hast bessere Chancen, eine selbstbestimmte Geburt zu erleben, wenn du

dich speziell auf eine Geburt in der Klinik vorbereitest,Respekt, aber keine große Angst vor der Geburt hast,deinem Körper vertraust,eine gute Bindung zu deinem Baby hast,über Wissen zu deinem Körper während der Geburt und zum Geburtsverlauf verfügst,die Geburt als eine Herausforderung siehst, die du bewältigen kannst,dir Geburtsbegleiter suchst, die eine natürliche Geburt befürworten und dich aktiv unterstützen,bereit bist, der Geburt mit Geduld zu begegnen.

Keine Sorge, das alles sind Ziele für die Zukunft. Wenn manches davon schon jetzt auf dich zutrifft, ist das wunderbar, ansonsten erarbeiten wir uns Schritt für Schritt eines nach dem anderen.

Wie Kliniken ticken

Damit wir verstehen, woher die hohe Interventionsrate während der Geburt kommt, sehen wir uns das System einer Klinik nun genauer an.

Um die Vielzahl an Patienten effektiv versorgen zu können, brauchen Kliniken klare Strukturen, Richtlinien und routinierte Handlungsschritte. Alle Abläufe verlaufen nach dem immer gleichen Regelwerk: Wenn A, dann B; wenn C, dann D, und wenn D nicht funktioniert, erfolgt E und im Notfall F. Die Visiten und eine detaillierte elektronische Dokumentation sorgen dafür, dass eine Behandlung kontinuierlich verläuft, auch wenn die Ärzte täglich wechseln.

Als Patient in dieses Regelwerk eingeordnet zu werden, bedeutet immer auch, ein Stück weit auf individuelle Bedürfnisse und Wünsche verzichten zu müssen. Kein Patient passt perfekt in die vorgefertigte Schublade der Klinik, aber er passt gut genug hinein, um das wichtigste Ziel der Klinik (meist) zu erreichen: rasch wieder so gesund zu werden, dass der nächste nicht ganz passende Patient in der Schublade Platz findet.

Darüber hinaus wird an Kliniken davon ausgegangen, dass bei einem Patienten Handlungsbedarf besteht. Es passiert kaum, dass ein Patient die Klinik ohne ein Medikament, einen Eingriff oder einen Verband wieder verlässt. Kliniken sind per se darauf ausgelegt, zu intervenieren, und meistens ist das ja auch gut so. Als normaler Patient in einer Klinik nehmen wir diese Gegebenheiten in Kauf, da auch wir nur ein Ziel haben: so schnell wie möglich gesund genug zu werden, um die unbequeme Klinikschublade wieder verlassen zu können. Das Ziel der Klinik und das Ziel des durchschnittlichen Patienten sind also ein und dasselbe.

In dieses System der perfekt geordneten Schubladen kommen nun Frauen mit ihren »unordentlichen« Geburtsverläufen. Es ist völlig unmöglich vorauszusagen, wie lange eine Geburt dauern wird, wie viel Zeit diese oder jene Phase der Geburt braucht, wie schnell oder langsam sich der Muttermund öffnet, und vom Geburtsbeginn bis hin zur allerletzten Wehe bleibt eine Geburt immer unvorhersehbar, kann sich alles immer wieder verändern. Da platzen also eine ganze Menge Fragezeichen in ein System der Ausrufezeichen. Hinzu kommt, dass eine gebärende Frau nun einmal keine normale Patientin ist. Sie ist gesund und kommt mit der Kraft und Energie einer Spitzensportlerin in die Klinik, um hier einige der prägendsten Momente ihres Lebens zu verbringen. Um diese für jede Frau individuell erlebbar zu machen, bräuchte es eine zutiefst persönliche Geburtshilfe, die über »Hauptsache gesund!« weit hinausgeht.

Leider sind jedoch jene Ressourcen, die eine natürliche Geburt unterstützen würden, an jeder Klinik knapp. Es bräuchte Hebammen, die genug Zeit haben, um sich auf eine einzige Frau konzentrieren zu können, und die diese eine Frau die ganze Geburt über kontinuierlich begleiten. Es bräuchte Ärzte, die genug Zeit haben, um einen Geburtsverlauf so lange zu beobachten, bis sie ihn tatsächlich in allen Facetten beurteilen können. Es bräuchte Ärzte und Hebammen, die darin geübt sind, natürliche Geburten zu begleiten. Da diese an Kliniken kaum noch vorkommen, gibt es immer weniger Fachpersonal, das geübt darin ist, normale Geburtsverläufe ohne Beschleunigung und Eingriffe zu betreuen.

Aus Sicht der Klinik scheint es daher naheliegend, ein Regelwerk zu erstellen, das Ordnung und Takt in die Geburtsverläufe bringt, weshalb so gut wie alle Kliniken eine aktive Geburtshilfe pflegen. Diese Geburtsmedizin – denn darum handelt es sich eher als um eine Geburtshilfe – sieht dann oft so aus:

Wenn eine Geburt nicht nach Plan der Klinik verläuft, wird rasch interveniert: Geburtseinleitung, Wehenförderer, Wehenhemmer, Schmerzmittel, PDA, Saugglocke, Dammschnitt, Kaiserschnitt. Die Möglichkeiten sind vielfältig und die negativen Auswirkungen auf die Klinik gering, da all diese Eingriffe mittlerweile Routine sind, kaum ein (die Klinik betreffendes) Risiko bergen und zusätzlich auch noch rechtliche Sicherheit schaffen: Denn wer viel tut, wird seltener verklagt. Daher halten sich die meisten Kliniken exakt an die AWMF- Leitlinien11, die Ärzte bei einer medizinischen Entscheidungsfindung unterstützen sollen. Im Falle einer Klage stellt eine Abweichung von den Leitlinien für die Klinik ein großes Problem dar.

Demgegenüber würde eine abwartende Geburtshilfe ganz anders aussehen: Eine Geburt wird hier nicht in starre Richtlinien eingeordnet, stattdessen wird die Vielfalt gesunder Geburtsverläufe respektiert. Es wird davon ausgegangen, dass sich eine Geburt am besten entwickelt, wenn die Frau während der Geburt ihren Bedürfnissen entsprechend begleitet wird. Der Geburt wird so viel Zeit gegeben, wie sie braucht – solange es Mutter und Kind gut geht, besteht die Hilfestellung darin, sich gut um die gebärende Frau zu kümmern und abzuwarten.

Das bedeutet nun nicht, dass die Klinikleitung, die Hebammen oder die Ärzte in irgendeiner Weise gegen dich arbeiten würden. Die große Mehrheit von ihnen leistet sehr gute Arbeit, aber viele der starren Klinikrichtlinien erschweren es auch Hebammen und Ärzten, eine Geburt zu begleiten, ohne einzugreifen.

Einen weiteren Fehlanreiz in Richtung Interventionen stellt das Abrechnungssystem mit der DRG12 dar. Dabei handelt es sich um ein komplexes System, das der Klinik nicht die tatsächlichen Ausgaben einer Geburt erstattet, sondern stattdessen eine Pauschale pro Geburt vergütet:

Kaiserschnitte werden höher vergütet als vaginale Geburten; die Klinik verdient durchschnittlich acht Mal so viel an einem Kaiserschnitt wie an einer vaginalen Geburt.13Die Pauschale erhöht sich nicht bei langer Geburtsdauer, intensiver Betreuung durch die Hebamme oder dem Einsatz von natürlichen schmerzlindernden Mitteln, wodurch bei längeren Geburten mit Unterstützung natürlicher Mittel die Pauschale rasch ausgeschöpft oder gar überschritten wird. So wird jede Handlung, die nicht zu einer höheren Vergütung führt, schnell zum wirtschaftlichen Problem.Je komplizierter die Diagnosen und je invasiver die Eingriffe sind, umso höher wird der Erstattungsbetrag.Ob eine Hebamme die Geburt lediglich durch CTG, Wehenschreiber und Vaginaluntersuchungen oder aber durch großen persönlichen Einsatz mit intensiver Fürsorge, achtsamer Begleitung und sorgfältiger Beobachtung und Beurteilung jeder einzelnen Geburt in ihren unendlich vielen Facetten begleitet, macht finanziell nicht den geringsten Unterschied aus.

Die Hebamme, die dich persönlich bei der Geburt begleitet, denkt natürlich nicht an derartige Zahlen. In der Führungsebene jedoch spielt die Wirtschaftlichkeit einer Klinik selbstverständlich eine große Rolle. Sie wirkt sich auf Richtlinien, Anordnungen und allgemeine Vorgehensweisen aus und beeinflusst somit auch die Arbeit der Hebammen, da diese dadurch nur in einem sehr eingeschränkten Rahmen Entscheidungen treffen können. Durch die Einführung dieses Abrechnungssystems mussten in den letzten Jahren viele kleine Geburtsstationen schließen.14 An großen Kliniken hingegen funktioniert dieses System – und funktionierende Systeme ändern sich nur, wenn sie irritiert werden.

Wie wir Frauen Geburtskliniken zu unseren Gunsten verändern können

Im Laufe der Geschichte waren es häufig die Forderungen der Bürgerinnen und Bürger, die dazu führten, dass sich in Gesellschaften Dinge wandelten, die lange Zeit unveränderbar schienen: Neue Fragen wurden ausgesprochen, kritische Stimmen wurden laut, Forderungen wurden gestellt und Gemeinschaften bildeten sich, um für das gemeinsame Ziel einzustehen. Man denke an politische Frauenrechte, Umweltschutz oder auch Tierschutz. In ähnlicher Weise müssen wir neu darüber nachdenken, wie Geburt eigentlich »stattfindet« – und ob dies nicht auch völlig anders, und zwar besser, möglich ist.

Wenn wir Frauen daran arbeiten, neues Leben zur Welt zu bringen, durchdringt uns ein Gefühl intensivster Weiblichkeit. Durch die behütetste Atmosphäre, die liebevollste Begleitung und die respektvollste Unterstützung verwandelt sich dieses Gefühl nach der Geburt ganz selbstverständlich in ein selbstbewusstes und freudiges Bild von uns selbst als Frau und Mutter, das wir uns – wenn wir bei der Geburt nicht respektvoll begleitet werden – oft erst hart erarbeiten müssen. Darüber hinaus beeinträchtigt ein negatives Geburtserlebnis über viele Monate hinweg sowohl die subjektive Gesundheit als auch die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Frauen.15 Eine selbstbestimmte Geburt zu erleben ist also keineswegs nur ein romantischer Wunsch, vielmehr geht es darum, ein gutes Gesundheitsempfinden zu erhalten, das empirisch messbar ist und das sich durch eine negative Geburtserfahrung signifikant verschlechtert.

Vor diesem Hintergrund wird es Zeit, dass wir Frauen mit neuem Selbstbewusstsein an das Thema »Geburt« herangehen: Jede Frau sollte das Recht auf eine selbstbestimmte Geburt zu jeder Zeit, am gewählten Ort, mit der kontinuierlichen Begleitung durch eine selbstgewählte Hebamme haben. Jede Frage, die du aussprichst, jede Forderung, die du stellst, und jedes kritische Nachhaken am Geburtsort deiner Wahl und im zuständigen Gesundheitsministerium bringt dich, deine Töchter, Schwiegertöchter und deine Enkeltöchter diesem Ziel näher.16

Das Bundesministerium für Gesundheit formulierte erst kürzlich im Bereich der Frauengesundheit das Ziel, eine physiologische Geburt zu ermöglichen und zu fördern.17 Die bislang gesetzten Maßnahmen konnten jedoch noch keine Verbesserung an den Kliniken herbeiführen; wahrscheinlich braucht es noch mehr Frauen, die ihre Stimme erheben. Du findest keine Beleghebamme? Du wünschst dir eine Eins-zu-eins-Betreuung durch eine Hebamme während der Geburt? Du möchtest lieber in einem Hebammenkreißsaal gebären, kannst aber in deiner Nähe keinen finden? Du bevorzugst eine Geburt in einer familiären Klinik, findest jedoch nur noch Perinatalzentren mit Geburtsstationen? Du erhältst keine relevanten Informationen zu Routinen und Interventionsraten auf der Homepage deiner gewählten Geburtsklinik? Du findest keine Nachsorgehebamme? Wende dich mit deinen Wünschen persönlich in Form einer E-Mail, eines Briefes oder per Telefon sowohl an das Gesundheitsministerium als auch an die Geburtsklinik deiner Wahl. Im deutschsprachigen Raum bekommen jährlich beinahe eine Million Frauen ein Baby. Nutze deine Stimme, denn sie hat – im Chor mit den Stimmen anderer Schwangerer – die Macht, die Geburtshilfe in eine mütterfreundliche Richtung zu lenken!

Wie sich Geburtskliniken bereits verändert haben

Das System in Geburtskliniken wurde in den letzten Jahren bereits ordentlich irritiert: Aus Entbindungssälen wurden Geburtszimmer, aus grellen Glühbirnen und Kacheln gedämpftes Licht und Wände in Rottönen, statt des gynäkologischen Stuhls stehen in den Geburtszimmern heute Gymnastikbälle, Sofas und Geburtswannen bereit. Auf den ersten Blick sieht in Geburtskliniken alles nach Natürlichkeit und Selbstbestimmtheit aus. Wer genauer hinsieht, merkt allerdings rasch, dass die Irritation noch nicht weit genug geht, um bei der einzelnen, gebärenden Frau als Verbesserung anzukommen.

Die Klinik der natürlichen Geburt: Was alles möglich ist

Das Ziel, beinahe jeder Frau eine natürliche und selbstbestimmte Geburt zu ermöglichen, wurde an einer Klinik in Wien bereits über lange Zeit erreicht: Zwischen 1965 und 1985 leitete Prof. Dr. Alfred Rockenschaub die Wiener Semmelweisklinik und hielt über 20 Jahre lang eine Kaiserschnittrate von einem Prozent und eine Interventionsrate von unter drei Prozent aufrecht – und das bei gleichzeitig signifikant geringerer Säuglingssterblichkeit als in den umliegenden Kliniken.18 Er erreichte dies, indem er mit seinem Team das tat, was Hebammen in der außerklinischen Geburtshilfe schon lange tun: Er kümmerte sich gemeinsam mit den Hebammen fürsorglich um jede einzelne gebärende Frau und nahm dabei ihre persönlichen Bedürfnisse und Wünsche ernst. Er informierte die Frauen, er ermutigte sie und er arbeitete in der tiefen Überzeugung, dass eine abwartende Geburtshilfe Komplikationen erst gar nicht entstehen lässt beziehungsweise solche häufig durch Geduld und Ermutigung lösbar sind.

Wie sehr schwangeren Frauen eine solche Vorgehensweise gefällt, sieht man auch heute an Kliniken mit besonders niedrigen Kaiserschnittraten: Sie werden von Anmeldungen zur Geburt geradezu überhäuft. Es besteht also durchaus die Hoffnung, dass sich der Fokus in der Geburtshilfe wieder verschiebt und eine selbstbestimmte und natürliche Geburt überall so selbstverständlich wird, wie sie es damals an der Wiener Semmelweisklinik war.

Es ist gut, hohe Erwartungen zu haben!

Du wünschst dir eine natürliche und selbstbestimmte Geburt in der Sicherheit einer Klinik? Das ist eine absolut gerechtfertigte Erwartung, die du ruhig laut aussprechen kannst. Wir Frauen müssen damit aufhören, alles zu akzeptieren, weil wir ja ein gesundes Kind wollen. Dass wir voller Dankbarkeit sind, wenn wir ein gesundes Kind gebären, ist selbstverständlich, und ebenso selbstverständlich ist es, dass wir darüber hinaus noch andere Anliegen, Bedürfnisse und Ziele haben. Ansonsten könnte ja im täglichen Leben die Antwort auf ein Problem, eine Sorge oder einen Wunsch immer sein: »Warum denkst du darüber nach? Du bist gesund (oder: Deine Kinder sind gesund.) – sei dankbar und ertrage alles andere!« Wäre das nicht absurd?

Geburtsbericht: Schein und Sein

Silvia, erste Geburt

Mein Mann und ich wählten für die Geburt unserer ersten Tochter eine kleine Klinik mit niedriger Kaiserschnittrate, da wir uns eine sichere, aber zugleich möglichst natürliche Geburt wünschten. Selbstverständlich besuchten wir auch den Informationsabend der Klinik. Bei dieser »Storchenparty« trafen mein Mann und ich gemeinsam mit etwa 30 anderen Paaren auf einen freundlichen Arzt und eine nette Hebamme, die uns vorschwärmten, wie sicher und bedürfnisorientiert eine Geburt in ihrem Haus sei. Es gab gutes Essen und die Geburtszimmer waren wirklich schön. Tatsächlich hilfreiche Informationen, die mir persönlich bezüglich der Geburt weiterhelfen hätten können, bekam ich nicht. Ich wusste allerdings auch nicht, wie solche Informationen hätten aussehen können, und stellte keine Fragen – die Ärzte und Hebammen schienen schließlich genau zu wissen, was sie taten.

Ich hatte bei der Geburt meines ersten Kindes das Glück eines raschen Geburtsverlaufes, mit dem ich gut umgehen konnte. Ich fühlte mich in der Klinik während der gesamten Geburt gut, konnte klar sagen, was ich brauchte, konnte die Wehen gut verarbeiten – alles wunderbar. Als schließlich nach einigen Stunden durchaus anstrengender Wehenarbeit mein Muttermund vollständig eröffnet war, kam die Hebamme und teilte mir mit, dass ihre Schicht jetzt zu Ende sei und nun eine Kollegin zu mir komme. (Beim Infoabend wurde uns noch versprochen, dass die Schichten flexibel seien, und wenn eine Geburt dem Ende zugehe, bleibe die Hebamme selbstverständlich noch.)

Auf eine solche Situation waren weder mein Mann noch ich vorbereitet, mein Mann wusste nicht, wie lange die Geburt noch dauern würde, und ich war völlig eingenommen von der Arbeit mit den intensiven Geburtswehen, also nickten wir beide brav. Die neue Hebamme kam, ich hatte bereits rasch aufeinanderfolgende Wehen und wir dachten nicht daran, all die Dinge, die uns wichtig waren (kein Dammschnitt, Nabelschnur auspulsieren lassen und so weiter) noch einmal zu besprechen. Unsere erste Hebamme hatte uns außerdem versichert, dass all dies sowieso schon selbstverständlich sei. Ich arbeitete weiter, spürte, dass ich gut vorankam, spürte mein Baby tiefer treten. Es war sehr anstrengend, aber ich fühlte mich gut und hatte keinerlei Probleme mit dem Geburtsverlauf. Plötzlich kam eine Ärztin ins Zimmer, die Hebamme und die Ärztin besprachen sich leise, und als die nächste Wehe kam, beugte sich die Ärztin zwischen meine Beine und machte einen Dammschnitt. Ich wurde nicht darüber informiert, ich wurde nicht gefragt und mir wurde auch nichts erklärt; es wurde einfach geschnitten. Völlig überrumpelt hatte ich plötzlich schon meine kleine Tochter im Arm und konnte gar nicht fassen, dass die Geburt auf einmal vorüber war.

Obwohl mir nach einigen Gesprächen mit anderen jungen Müttern klar wurde, wie gut die Geburt meines Kindes im Vergleich zu vielen anderen gelaufen war, ließen mich die Gedanken an dieses plötzliche Ende der Geburt nicht los. Ich hatte das Gefühl, etwas verpasst zu haben, denn an den tatsächlichen Moment der Geburt und den ersten Augenblick mit meiner Tochter hatte ich keine Erinnerung. Ich war schließlich noch mitten in der Geburtsarbeit und völlig unvorbereitet, als mir die Hebamme plötzlich meine Tochter in die Arme legte. Erst bei der Geburt meines zweiten Kindes erfuhr ich, wie viel ich tatsächlich verpasst hatte. Wenn damals jemand zu mir sagte: »Ach, das ist ja gar nichts, da hattest du noch Glück!«, stimmte ich zögernd zu. Heute aber sage ich: »Nein. Das war nicht in Ordnung. Gegen meinen Wunsch und ohne mein Einverständnis in einen harmonischen Geburtsverlauf einzugreifen, ist nicht nur nicht in Ordnung, es ist übergriffig.«

Bei dieser Geburt wurde einmal in den Geburtsverlauf eingegriffen, und objektiv betrachtet, muss man den Frauen aus dem Bericht, die sagen: »Da hattest du noch Glück«, leider zustimmen, denn durchschnittlich verteilen sich in Deutschland auf eine Geburt beinahe zwei Interventionen. Das muss nicht so sein, denn mit den richtigen Informationen ist eine natürliche Geburt in der Klinik problemlos umsetzbar. Außerdem werden sich Interventionen für dich nicht übergriffig anfühlen, wenn du über sie bestimmen kannst. Auch dafür brauchst du die richtigen Informationen.

Verwechsle Schmerz nicht mit Schmerz

In meinen Vorbereitungsseminaren treffe ich überwiegend auf Frauen, die davon überzeugt sind, dass eine Geburt schlimmste Schmerzen verursacht.

Es werden dabei leider zwei Arten von Schmerz vermischt – mit der Folge, dass Frauen wie selbstverständlich davon ausgehen, aufgrund der zu erwartenden schrecklichen Schmerzen ohne Schmerzmittel oder PDA gar nicht gebären zu können. Viele Frauen kommen also bereits mit der Erwartung in die Klinik, eine Intervention zu benötigen. Sehen wir uns das mit den Schmerzen daher einmal an!

Der Wehen- und Geburtsschmerz

Ein Teil der Schmerzen ist zunächst einmal der Wehen- und Geburtsschmerz. Wie dieser Schmerz entsteht, werde ich dir später genau erklären – und auch, wie du damit umgehen kannst. Hier nur so viel in aller Kürze: Dieser Schmerz tritt in einer ganz speziellen Situation unter ganz speziellen Hormonzuständen auf, und du hast viele Möglichkeiten, ihn zu beeinflussen und mit ihm zu arbeiten. Wie immer sich dein ganz persönlicher Wehen- und Geburtsschmerz anfühlen wird: Es ist dein Körper, der dieses natürliche Gefühl entstehen lässt, um einen gesunden und normalen Vorgang durchzuführen. Es existiert also absolut kein Grund für deinen Körper, einen unerträglichen Schmerz entstehen zu lassen, weshalb er das im Normalfall auch nicht tut.

Der Interventionsschmerz

Wenn voreilig in einen Geburtsverlauf eingegriffen wird, hat das nichts mit einer natürlichen Schmerzentstehung zu tun. Denn dann wird das perfekte Hormonsystem gestört, dann wird die harmonische Arbeit deiner Gebärmutter in ein Ungleichgewicht gebracht, dann musst du mit Wehen umgehen, die künstlich erzeugt wurden, dann wirst du in Positionen gezwungen, die deine Beweglichkeit einschränken, dann nehmen Stress und Angst überhand, dann wird dein Baby in einem Tempo mit der Saugglocke herausgezogen, für das dein Gewebe nicht bereit ist, dann wird dein Bauch gedrückt oder dein Muttermund manipuliert, ohne dafür gemacht zu sein. In solchen Fällen entstehen große Schmerzen, die in keinerlei Zusammenhang mit einem natürlichen Wehenschmerz stehen.

Aber weil Frauen leider genau solche Dinge bei Geburten tagtäglich erleben, berichten sie von den Interventionsschmerzen, nennen sie jedoch Geburtsschmerzen. Und so erzählen Frauen weiter und immer weiter, wie schmerzhaft eine Geburt ist, während sie in Wahrheit von Schmerzen erzählen, die mit einem natürlich entstandenen Wehen- und Geburtsschmerz rein gar nichts zu tun haben.

Gedanken zur Umsetzung deiner Wunschgeburt in der Klinik

Vielleicht hat dich die Schilderung des Interventionsschmerzes verunsichert. Daher möchte ich noch einmal betonen, dass es für einen selbstbestimmten Umgang mit der Geburt notwendig ist, Informationen zu erhalten – auch wenn sie unbequem sind. Zugleich wirst du aber – wie ich dir bereits zu Beginn versichert habe – zu jeder Information, die dich verunsichern könnte, im Laufe des Buches Möglichkeiten aufgezeigt bekommen, um damit umzugehen.

Am Ende wirst du alles wissen, was du wissen musst, um den größtmöglichen Einfluss und die besten Voraussetzungen zur Umsetzung deiner gewünschten Geburt in der Klinik deiner Wahl zu haben. Dennoch empfehle ich dir, auch ein Seminar zur Vorbereitung auf Geburt und Elternschaft zu besuchen. Insbesondere die Übungen, Atemtechniken, Positionen und Unterstützungsmöglichkeiten für den Geburtsbegleiter können im direkten Kontakt einfach besser gezeigt, ausprobiert und für euch persönlich angepasst werden (mit Geburtsbegleiter meine ich in diesem Buch deinen Partner oder die vertraute Person, die du wählst, um bei der Geburt an deiner Seite zu sein). Idealerweise findest du in deiner Nähe einEigenSinn-Vorbereitungsseminar auf Geburt und Elternschaft.19 Ansonsten empfehle ich dir, einen Geburtsvorbereitungskurs bei einer Hebamme zu besuchen, die auch Hausgeburten anbietet oder im Geburtshaus arbeitet, denn diese Hebammen sind Expertinnen für natürliche und selbstbestimmte Geburten. Darüber hinaus rate ich dir zu einem Stillvorbereitungskurs bei einer IBCLC-Stillberaterin. Was ich dir zurzeit nicht empfehlen kann, ist der Besuch eines Geburtsvorbereitungskurses in deiner Geburtsklinik. Diese Kurse bereiten Frauen meist vor allem darauf vor, brave Patientinnen zu sein, was nicht sehr hilfreich auf deinem Weg zur selbstbestimmten Geburt ist.

Wenn du dich auf die oben beschriebene Weise vorbereitest, hast du die bestmöglichen Chancen auf eine selbstbestimmte Geburt in der Klinik, denn du bist auf das Schlimmste vorbereitet, während du das Beste erwartest. Wenn du also manche Dinge doch nicht brauchst – wunderbar! Vergiss nicht: Wenn es 20 Jahre lang möglich war, in einer Klinik eine Interventionsrate von unter drei Prozent aufrechtzuerhalten, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Geburt deines Kindes ganz normal, harmonisch und ohne Komplikationen verläuft, prinzipiell sehr groß. Alles, was du dafür wissen musst, erfährst du in diesem Buch. Darüber hinaus erarbeiten wir Möglichkeiten, wie du dieses Wissen und deine Einstellungen und Wünsche in das Setting »Klinik« einbetten kannst, sodass du beides haben kannst: eine sichere und eine selbstbestimmte Geburt.

»Die Geburt ist eine mühevolle Arbeit, die aber durchwegs gut vonstattengeht, wenn es gelingt, der Gebärenden den Vorgang der Geburt, vor allem wie einfach alles von der Natur konzipiert ist, klarzumachen. Mit anderen Worten, Geburtshilfe ist ein Lehrproblem, ein Problem der Didaktik. Es geht vor allem darum, der Schwangeren und Gebärenden alles, was ihr und nur ihr jetzt widerfährt und widerfahren kann und was sie und nur sie dazu tun soll und kann, so einfach zu erklären, dass es ihr selbstverständlich wird. Wenn dies gelingt, ist auch das Schmerzproblem gelöst.«20

Prof. Dr. Alfred Rockenschaub

2. Was du wissen musst, um das medizinische Angebot sinnvoll nutzen zu können

Um mit Eingriffen in den Geburtsverlauf selbstbestimmt umgehen zu können, musst du wissen, welche Interventionen an Kliniken besonders häufig durchgeführt werden und welche Gründe dahinterstecken. Ein Vorteil der Klinikgeburt besteht darin, dass du – wenn es für dich wichtig wird – jederzeit Zugriff auf eine breite Palette an Hilfsmitteln hast, die den Geburtsverlauf unterstützen können. Gleichzeitig besteht aber genau darin auch die Gefahr: Wenn diese Mittel voreilig, unbedacht und im Übermaß eingesetzt werden, können sie viel Schaden anrichten. Eine unumstößliche Regel der Geburtshilfe sollte daher lauten: Störe niemals einen Geburtsverlauf, mit dem Mutter und Kind gut zurechtkommen!