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Manual zur stationären und ambulanten Gruppentherapie von Jugendlichen mit einer Substanzkonsumstörung Für Jugendliche mit Substanzkonsumstörungen gibt es wenige standardisierte Behandlungsansätze. Hier greift das Manual für die DrEsdner MuLtimodale TherApie für Jugendliche mit chronischem Suchtmittelkonsum (DELTA) ein und bietet einen altersangemessenen, verhaltenstherapeutischen und systemischen Behandlungsrahmen. DELTA unterstützt die Jugendlichen auf ihrem Weg in die Abstinenz und beim Leben in Abstinenz, unabhängig davon, welche Substanz das Hauptproblem darstellt. Der therapeutische Prozess beinhaltet – je nach Setting (ambulant oder stationär) - auch Zwischenziele zur Konsumreduktion und Punktabstinenz, um schließlich vollständige Abstinenz zu erreichen und aufrechtzuerhalten. DELTA besteht aus strukturierten Einheiten für Betroffene und Angehörige. Jugendliche mit Substanzkonsumstörung durchlaufen 16 wöchentliche Gruppensitzungen und 8 einzeltherapeutische Sitzungen in zweiwöchigen Abständen. Eltern werden begleitend im Rahmen von 8 wöchentlichen Eltern-Gruppensitzungen entlastet. Das Manual beinhaltet praxisorientierte Handouts, um sowohl die Jugend- als auch die Elternsitzungen effizient und strukturiert durchführen zu können. Zusätzlich liegen zu jeder Sitzung Arbeitsblätter vor, die die Jugendlichen in ihrer Abstinenzmotivation stärken, bei der Erarbeitung der neuen Fertigkeiten unterstützen und den Umgang mit belastenden und rückfallauslösenden Situationen erleichtern sollen. Für die Elterngruppe stehen außerdem vorgefertigte Präsentationen über suchtspezifische Lernprozesse, psychoaktive Substanzen und familienspezifische Themen zur Verfügung.
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Seitenzahl: 67
Veröffentlichungsjahr: 2021
Yulia Golub
Lukas A. Basedow
Johannes Meiron Zwipp
Sören Kuitunen-Paul
Veit Roessner
DELTA – Dresdner Multimodale Therapie für Jugendliche mit chronischem Suchtmittelkonsum
Die Erstellung und Evaluierung dieses Manuals wurde großzügigerweise von der Sächsischen Aufbaubank-Förderbank im Rahmen eine Förderung für Frau PD Dr. Dr. Golub (Projektnummer 100362999) finanziell unterstützt.
DELTA – Dresdner Multimodale Therapie für Jugendliche mit chronischem Suchtmittelkonsum
Yulia Golub, Lukas A. Basedow, Johannes Meiron Zwipp, Sören Kuitunen-Paul, Veit Roessner
PD Dr. med. Dr. rer. nat. Yulia Golub
Lukas A. Basedow, M.Sc.
Dr. rer. medic. Dipl.-Psych. Johannes Meiron Zwipp
Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. Sören Kuitunen-Paul
Prof. Dr. med. Veit Roessner
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www.hogrefe.ch
Lektorat: Dr. Susanne Lauri
Bearbeitung: Angelika Pfaller, Bad Reichenhall
Herstellung: Daniel Berger
Umschlagabbildung: PPAMPicture, gettyimages.com
Umschlaggestaltung: Claude Borer, Riehen
Satz: Claudia Wild, Konstanz
Format: EPUB
1. Auflage 2021
© 2021 Hogrefe Verlag, Bern
(E-Book-ISBN_PDF 978-3-456-96129-3)
(E-Book-ISBN_EPUB 978-3-456-76129-9)
ISBN 978-3-456-86129-6
http://doi.org/10.1024/86129-000
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1 Einleitung
1.1 Konsum und Abhängigkeit in der Adoleszenz
1.2 Ambulante Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen
1.3 Digitale Inhalte zum Download
2 Durchführung
2.1 Kurzzusammenfassung des Programms
2.2 Jugendgruppe
2.3 Einzeltherapeutische Sitzungen
2.4 Angehörigengruppe
3 Themen – Jugendgruppe
4 Themen – Gruppe für Angehörige
5 Manual – Jugendgruppe
6 Manual – Angehörigengruppe
7 Zusatzmaterial/Vorlagen
7.1 Urkunde
7.2 Therapievertrag
7.3 Gruppenregeln
7.4 Wochenrückblick
7.5 Achtsamkeitsübungen zum Ende der Stunde
Referenzen
Die Autor*innen
Die Adoleszenz ist ein Entwicklungsabschnitt, in dem junge Menschen eine emotionale und soziale Reifung durchlaufen. Sie vollziehen den Übergang von der Kindheit ins Erwachsenenalter. In dieser Reifezeit entwickeln Jugendliche Möglichkeiten, um mit komplexen emotionalen Reizen und sozialen Anforderungen umzugehen. Viele Jugendliche machen in dieser Zeit die ersten Erfahrungen mit dem Konsum psychoaktiver Substanzen – sowohl unter dem Einfluss der Peer-Group als auch zur Regulation von intensiven Emotionen. Andere Motive sind Abgrenzungsversuche gegenüber den Eltern, Neugier oder der Wunsch nach Zugehörigkeit. In einer BZgA-Befragung von 12–17-Jährigen (Orth, 2016) gaben beispielsweise 37,4 % der befragten Jugendlichen aus Deutschland Alkoholkonsum in den letzten 30 Tagen an. Der Konsum psychoaktiver Substanzen war mit 7,3 % Lebenszeitprävalenz für Cannabis und 1,2 % für sonstige illegale Drogen (Orth, 2016) ebenso bemerkenswert.
„Also Alkohol war für mich nicht in dem Sinne ’ne Droge. Ich empfand das als normal, eben auch meinen Vati, dass der abends seinen halben Kasten Bier getrunken hat oder so, das war einfach üblich. Und bei uns in der Clique […] war’n alle ein Alter und jeder hat mal bisschen Bier mitgebracht und das wurde dann ganz schnell Schnaps.“ (Genesene im Rückblick)
Bei den meisten Jugendlichen sinkt die Frequenz des Substanzkonsums nach der Adoleszenz wieder ab. Gleichzeitig entwickelt ein Teil (bis zu 36 %) bis zu dieser Entwicklungsphase eine Substanzabhängigkeit (Behrendt, Wittchen, Höfler, Lieb & Beesdo, 2009; Kipping, Campbell, MacArthur, Gunnell & Hickman, 2012; Perkonigg et al., 2006; Plummer et al., 2017; Waltereit, Uhlmann & Roessner, 2018). In einer Stichprobe von Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 14 bis 24 Jahren wurde bei ca. 2–10 % eine Alkoholabhängigkeit festgestellt, bei 1–2 % eine Cannabisabhängigkeit, bei ca. 1,2 % eine MDMA-Abhängigkeit („Ecstasy“) und bei <1,0 % eine Abhängigkeit von weiteren illegalen Substanzen (Beesdo-Baum et al., 2015). Dies deckt sich mit einer früheren Untersuchung an 12 bis 17-Jährigen, die bei 9,3 % eine Alkoholabhängigkeit, bei 6,4 % eine Cannabisabhängigkeit sowie bei ebenfalls <1,0 % eine Abhängigkeit von weiteren illegalen Substanzen (Essau, Baschata, Koglin, Meyer & Petermann, 1998) feststellte.
Kennzeichen einer Substanzabhängigkeit sind ein starkes Verlangen, zu konsumieren (Craving), verminderte Kontrolle über den Konsum, körperliche Entzugserscheinungen, schwächere Effekte bei Konsum der gleichen Substanzmenge (Toleranzentwicklung), eine Vernachlässigung von Freizeitaktivitäten oder Interessen und ein anhaltender Substanzkonsum trotz offensichtlicher Schädigung der körperlichen oder geistigen Gesundheit (World Health Organization, 1992, siehe Tabelle 1-1 basierend auf Wong, Wurst & Preuss, 2020). Eine Substanzabhängigkeit im Jugendalter kann für die Betroffenen schwerwiegende Folgen haben. Jugendliche mit dieser Diagnose zeigen schlechtere Leistungen in der Schule, haben einen geringeren allgemeinen Gesundheitszustand, höhere Mortalitätsraten und sind häufiger von begleitenden psychischen Störungen betroffen (Lindblad et al., 2016; Rattermann, 2014; Schulte & Hser, 2014). Letztere bilden oftmals auch den Hintergrund, vor dem Substanzkonsum funktional wird, d. h., dass Symptome einer Grunderkrankung durch den Substanzkonsum möglicherweise „selbst behandelt“ werden (Basedow et al., 2020) oder erst durch den Konsum entstehen (Kuitunen-Paul et al., 2021).
Zusätzlich sind Familienmitglieder der betroffenen Jugendlichen durch die Situation stark belastet. Dazu zählen vor allem Eltern und Geschwister, aber auch Großeltern und Partner*innen. Angehörige entwickeln häufig Symptome im Bereich Angst oder Depression, Schuldgefühle sowie Scham und erleben Stigmatisierung (World Health Organization, 2004). Zudem sieht sich ein Großteil der Angehörigen gezwungen, viel Zeit in die Betreuung von Betroffenen zu investieren, was zu einem deutlichen Überforderungserleben mit der Situation führt (Schild & Wiesbeck, 2012). Hinzu kommen eigene Vorerkrankungen der Angehörigen wie psychische Störungen und insbesondere eigene Substanzabhängigkeiten, die Ressourcen binden und zusätzliche Schwierigkeiten mit sich bringen (Thomasius & Küstner, 2005).
|8|Tabelle 1-1: Diagnosekriterien für eine Abhängigkeitserkrankung oder Substanzkonsumstörung
Symptome
ICD-10 Schädlicher Gebrauch
ICD-10 Abhängigkeit
DSM-5 Substanzkonsumstörung
Konsum trotz körperlicher oder psychischer Folgeschäden
X
Konsum in gefährlichen Situationen
X
Konsum führt zu sozialen Problemen
X
Wichtige Aufgaben werden vernachlässigt
X
Entzugssymptome
X
X
Toleranzentwicklung
X
X
Starkes Verlangen zu konsumieren (Craving)
X
X
Konsum immer größerer Mengen
X
X
Wiederholte Versuche den Konsum zu kontrollieren
X
Kontinuierlicher Konsum trotz negativer Konsequenzen
X
X
Freizeitaktivitäten für den Konsum aufgegeben
X
X
Konsum nimmt viel Zeit in Anspruch
X
Da die Substanzabhängigkeit in einem besonders wichtigen und prägenden Lebensabschnitt entsteht, in welchem die Persönlichkeitsbildung und die berufliche Orientierung gesichert werden, ist eine frühzeitige und effiziente Behandlung äußerst wichtig. Aktuell liegen jedoch in Deutschland nur vereinzelt manualisierte, ambulante Behandlungsprogramme für Jugendliche mit chronischem Substanzkonsum vor. Bestehende standardisierte Programme sind entweder für Jugendliche mit substanzspezifischen Abhängigkeiten (Hoch et al., 2011) oder für Jugendliche mit Abhängigkeiten und anderen psychischen Störungen (D’Amelio, Behrendt & Wobrock, 2007; Najavits, 2009) ausgelegt. Meist können den Betroffenen lediglich Beratungstermine in kinder- und jugendpsychiatrischen Ambulanzen und Drogenberatungsstellen, jedoch keine spezifische Therapie angeboten werden.