Der Bergpfarrer 356 – Heimatroman - Toni Waidacher - E-Book

Der Bergpfarrer 356 – Heimatroman E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. Die junge, attraktive Dame streckte ihre Hand nach dem Mann aus und kraulte sein Haar. »Mußt du wirklich schon gehen?« fragte sie schnurrend wie eine Katze. »Bleib doch noch. Wir könnten uns etwas vom Japaner kommen lassen und machen uns einen schönen Abend…« Stephan Richter schüttelte bedauernd seinen Kopf. So verlockend das Angebot auch war, er konnte es unmöglich annehmen. »Tut mir leid, Tessi«, erwiderte er. »Aber ich muß los. Meine Mutter wünscht mich zu sehen, und sie wird mir den Kopf abreißen, wenn ich diesem Wunsch net folg'.« Tessja von Krojan zog ein ärgerliches Gesicht. »Richterbräu – nur dem bin ich treu«, zitierte sie den Werbespruch der Brauerei. »Gilt das auch für die Treue des Sohnes zur Mutter? Muß er sofort springen, wenn Margot Richter ruft?« Sie hatte es nicht ohne einen spöttischen Unterton gesagt, der dem jungen attraktiven Mann auch nicht entging. Stephan Richter schürzte die Lippen. Er war schlank und großgewachsen, die dunklen Haare waren modisch geschnitten, das markante Gesicht leicht gebräunt. Er trug bequeme Jeans, ein Polohemd und Freizeitschuhe.

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Der Bergpfarrer – 356 –

Ein gewagtes Spiel

Alles entscheidet sich am Achsteinsee

Toni Waidacher

Die junge, attraktive Dame streckte ihre Hand nach dem Mann aus und kraulte sein Haar.

»Mußt du wirklich schon gehen?« fragte sie schnurrend wie eine Katze. »Bleib doch noch. Wir könnten uns etwas vom Japaner kommen lassen und machen uns einen schönen Abend…«

Stephan Richter schüttelte bedauernd seinen Kopf. So verlockend das Angebot auch war, er konnte es unmöglich annehmen.

»Tut mir leid, Tessi«, erwiderte er. »Aber ich muß los. Meine Mutter wünscht mich zu sehen, und sie wird mir den Kopf abreißen, wenn ich diesem Wunsch net folg’.«

Tessja von Krojan zog ein ärgerliches Gesicht.

»Richterbräu – nur dem bin ich treu«, zitierte sie den Werbespruch der Brauerei. »Gilt das auch für die Treue des Sohnes zur Mutter? Muß er sofort springen, wenn Margot Richter ruft?«

Sie hatte es nicht ohne einen spöttischen Unterton gesagt, der dem jungen attraktiven Mann auch nicht entging.

Stephan Richter schürzte die Lippen. Er war schlank und großgewachsen, die dunklen Haare waren modisch geschnitten, das markante Gesicht leicht gebräunt. Er trug bequeme Jeans, ein Polohemd und Freizeitschuhe. Alles in allem war er ein Mann, dem die Frauen hinterherschauten.

»Baroneß sind wie immer äußerst liebenswürdig«, entgegnete er mit einem mokanten Lächeln auf ihre Spitze. »Indes werd’ ich dem Ruf meiner Mutter Folge leisten, auch wenn’s Euer Hochwohlgeboren net passen sollt’. Ich bin eben nur ein Bierbrauer und kein Freiherr von und zu.«

Die junge Adlige fuhr von ihrem Sofa hoch, auf dem sie lang ausgestreckt gelegen hatte, und umklammerte ihn mit beiden Armen.

»Bitte, entschuldige, Stephan«, bettelte sie. »Ich wollte dich nicht beleidigen. Es tut mir leid. Natürlich mußt du zu deiner Mutter. Das verstehe ich doch. Es ist nur…, ich hab’ mich halt auf einen schönen Abend mit dir gefreut.«

»Schon gut«, nickte er versöhnlich und löste sich aus der Umklammerung.

Dann nahm er ein leichtes Sacko auf, das er über einen Sessel gehängt hatte, und schlüpfte hinein.

»Ich bin dir net bös’«, fuhr er fort. »Es ist nur so, daß meiner Mutter sehr viel an diesem Abend liegt. In der nächsten Woche feiert sie ihren sechzigsten Geburtstag, und danach möchte sie für ein paar Tage verreisen. Es gibt also noch einiges zu besprechen.«

Er gab der Baroneß einen Kuß und verließ das große Luxusapartment, das sich in einem Haus in der Regensburger Innenstand befand, und fuhr in Richtung Straubing, wo die Privatbrauerei Richter ihren Sitz hatte.

Gleich hinter der traditionsreichen Braustätte lag die großzügig gebaute Villa aus der Gründerzeit. Stephan fuhr seinen Sportwagen vor eine der drei Garagen und stieg aus. Er war kaum die Stufen zur Haustür hinaufgesprungen, als auch schon geöffnet wurde.

»Ihre Frau Mutter erwartet Sie schon«, begrüßte Dagmar Wächter, die Hausdame und Gesellschafterin seiner Mutter, den einzigen Sohn und Erben des Unternehmens.

Ein leichter Vorwurf war unüberhörbar.

Hat eigentlich heute jeder was an mir auszusetzen?

Diese Frage stellte sich Stephan Richter und fragte gleich hinterher, ob Dagmar Wächter ihren Namen vielleicht wörtlich nahm.

Mit Argusaugen wachte sie über die Villa, ihre Chefin und, sehr zu seinem Leidwesen, auch über deren Sohn.

»Jetzt bin ich ja da«, antwortete Stephan mit einem honigsüßen Lächeln.»Ist meine Mutter im Salon?«

»Ja. Der Tee wird gleich serviert.«

»Für mich bitte Kaffee«, rief der junge Mann und durchquerte die Halle.

Er klopfte an die Tür zum Salon und trat ein, ohne eine Antwort abzuwarten.

»Grüß dich, Mutter«, sagte er und gab der elegant gekleideten Dame, die in einem Sessel saß und in einem Prospekt blätterte, einen Kuß auf die Wange.

»Du kommst spät«, stellte Margot Richter fest.

Trotz der Tatsache, daß sie in der nächsten Woche ihren sechzigsten Geburtstag feierte, war sie immer noch eine recht attraktive Frau. Voll ins Geschäftsleben eingebunden, legte sie Wert darauf, sich geschmackvoll zu kleiden, und der wöchentliche Besuch beim Friseur und im Schönheitssalon war obligatorisch.

»Mutter, ich bitte dich«, schmunzelte der Sohn. »Sechzehn Uhr war ausgemacht, und jetzt ist es gerade mal zwei Minuten über die Zeit.«

»Schon gut«, winkte die Brauereibesitzerin ab. »Setz’ dich.«

Stephan nahm Platz und deutete auf den Prospekt.

»Was hast’ denn da?«

Seine Mutter wedelte mit dem Papier.

»Das«, antwortete sie, mit einem geheimnisvollen Lächeln, »das ist unser Urlaubsziel.«

Ein Hausmädchen betrat den Salon und servierte Kaffee und Tee. Auf einer Silberplatte lagen Gebäckstücke.

»Zeig’ doch mal«, bat Stephan.

Margot Richter reichte ihm den Prospekt. »Wenn Sie Ruhe und Erholung suchen, dann finden Sie beides bei uns, in St. Johann«, las er stirnrunzelnd vor.

Dann schaute er ungläubig seine Mutter an. »Das ist doch net dein Ernst, oder?« fragte er.

»Doch«, nickte sie unbekümmert und rührte Zucker und Sahne in ihren Tee. »Ich bin’s leid, immer nur nach St. Moritz und Cannes und Nizza zu fahren. In diesem Jahr möcht’ ich den Urlaub hier in Deutschland verbringen.«

»Und wie kommst’ ausgerechnet auf dieses Dorf?«

Stephan schüttelte innerlich den Kopf. Solch seltsame Anwandlungen hatte seine Mutter doch noch nie gezeigt.

Ob es etwas mit ihrem Alter zu tun hatte?

Nein, das konnte es eigentlich nicht sein. Auch wenn Margot nicht mehr die Jüngste war, so konnte sich doch noch so manche Dreißigjährige von ihrer Agilität eine Scheibe abschneiden. Nein, alt und verstaubt war seine Mutter keineswegs.

»Der Mann im Reisebüro hat es mir empfohlen«, antwortete sie. »Und ich möchte, daß wir beide dort ein paar schöne Tage verbringen. Nach der Feier zu meinem Sechzigsten geht’s los. Wenn die überstanden sind, bin ich ohnehin urlaubsreif.«

Stephan wußte, was sie meinte. Die Privatbrauerei und ihre Chefin waren so etwas wie eine Institution in Straubing. Margot Richter war in unzähligen Vereinen engagiert, bekleidete in mehreren Organisationen den Posten der Vorsitzenden und spendete aus einem Fonds, den noch ihr verstorbener Mann, Max Richter, gegründet hatte, jedes Jahr mehrere Millionen Euro für gemeinnützige Zwecke. Entsprechend groß war die Liste derer geworden, die alle zu ihrem Ehrentag eingeladen werden mußten. Nach dem Empfang im Rathaus gab es einen weiteren im größten Hotel der Stadt, zu dem an die fünfhundert Gäste erwartet wurden. Ansprachen, Vorführungen von Schulen und Kindergärten, Sportvereinen und Musikgruppen – Essen und Trinken nicht zu vergessen – danach würde Margot Richter einen Urlaub abseits vom Trubel der bekannten Ferienorte gut gebrauchen können. Das sah Stephan ein.

Daß seine Mutter mit dieser gemeinsamen Fahrt in das Alpendorf noch etwas verband, ahnte der Sohn zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht…

*

Angela Pfister schaltete zufrieden den Computer aus und streifte die Abdeckhauben über Bildschirm und Tastatur. Dann lehnte sie sich auf ihrem Stuhl zurück und reckte sich ausgiebig.

Puh, das war geschafft! Endlich!

Die gelernte Großhandelskauffrau, die im Konzern ihres Vaters mitarbeitete, nickte zufrieden. Morgen noch ein paar Stunden ihre Vertretung einweisen, und dann stand dem Urlaub nichts mehr im Wege.

Nun stand die Fünfundzwanzigjährige auf, warf einen prüfenden Blick über ihren Schreibtisch und verließ das Büro im Haupthaus auf dem Gelände der Ewald Pfister KG in München. Der Pförtner nickte ihr freundlich zu, als sie durch die breite Glastür ging.

»Sie sind wieder mal die Letzte«, rief Hans Ambler.

Die schöne junge Frau lächelte.

»So muß das auch sein, wenn man die Tochter vom Chef ist«, antwortete sie und winkte dem Pförtner zu. »Einen schönen Abend.«

»Ebenso«, erwiderte er den Gruß und schaute ihr nach, wie sie in ihren Wagen stieg, der direkt neben dem Eingang stand.

Angela fuhr vom Firmengelände und fädelte sich in den Verkehr ein. Während der Fahrt klingelte ihr Handy. Sie drückte den Knopf der Freisprecheinrichtung und vernahm die Stimme ihrer Freundin.

»Hast’ noch ein halbes Stündchen oder bist’ schon im Urlaubsstreß?« fragte Ellen Keller.

»Ich wett’, du rechnest damit, daß ich zu dir komm’, und hast den Prosecco schon kaltgestellt«, lachte Angela. »Okay, ich bin gleich da.«

Sie bog ab und fuhr nicht, wie sie es beabsichtigt hatte, nach Hause, sondern erst in die Franz-Joseph-Straße in Schwabing. Von Neuhausen aus hatte sie den anderen Stadtteil relativ schnell erreicht und hielt vor dem Haus, in dem Ellen eine gemütliche Dreizimmer-Eigentumswohnung besaß. Die Freundin hatte schon Gläser bereit gestellt und öffnete eine Flasche des italienischen Schaumweins, nachdem sie Angela mit einem Kuß auf die Wange begrüßt hatte.

»Aber bitte nur ein halbes Glas«, sagte die junge Frau. »Ich muß ja noch heimfahren.«

»Spielverderberin«, schimpfte Ellen und schenkte ein.

Angela war bei dem Vorwurf zusammengezuckt. Schon einige Male hatte sie sich ihn gefallen lassen müssen.

Sie und Ellen kannten sich, seit sie gemeinsam das Gymnasium besucht hatten. Seither verband sie eine enge Freundschaft, und mehrmals waren sie zusammen in den Urlaub gefahren. So war es auch in diesem Jahr geplant, doch dann überraschten Angelas Eltern ihre Tochter mit der Ankündigung, sie würden sich freuen, wenn sie diesmal alle zusammen fortfahren würden.

Angela hatte ein herzliches Verhältnis zu ihnen und wollte ihnen diesen Wunsch ungern abschlagen. Auch, als sie hörte, welches Urlaubsziel sich Ewald und Hannelore Pfister ausgesucht hatten. Irgendeinen gottverlassenen Winkel in den Bergen, St. Johann genannt.

Um so enttäuschter war Ellen gewesen, als sie erfuhr, daß sie allein nach Frankreich fahren müsse. Natürlich hatte Angela angeboten, daß sie mit ihnen in die Berge fahren könnte, auch die Eltern hätten keine Einwände gehabt. Doch die junge Frau lehnte ab. Ellen hatte Architektur studiert und wollte den Urlaub dazu nutzen, in Frankreich Kirchen und Klöster zu besichtigen.

»Bestimmt klappt’s im nächsten Jahr«, tröstete Angela sie jetzt und prostet ihr zu.

»Na ja, vielleicht triffst du ja auf einen Naturburschen, dem es endlich gelingt, den Computer, den du in dir trägst, in das zu verwandeln, das eigentlich an der Stelle sitzen sollte – in ein Herz.«

Ellen Keller spielte damit auf die Tatsache an, daß Angela Pfister mehr für ihre Arbeit lebte und gar kein Privatleben zu kennen schien –, abgesehen von der Freundschaft zu ihr.

Nicht, daß es keine Bewerber gegeben hätte, die der attraktiven Erbin des Pfister Konzerns den Hof gemacht hätten. Nur ließ Angela die Beziehungen immer wieder in die Brüche gehen.

Mal hatte sie keine Zeit, weil sie ihren Vater auf Geschäftsreise begleitete, dann wieder nicht, weil sie ihre ganze Kraft und Aufmerksamkeit in irgendein Großprojekt steckte, oder sie hatte ganz einfach keine Lust, sich zu binden.

»Wenn du erst darauf wartest, daß der Richtige kommt, dann stirbst als alte Jungfer«, hatte ihr Vater prophezeit, und Ellen konnte dem nur zustimmen.

»Wenn er denn was vom Einkauf versteht und die Prozentrechnung beherrscht –, warum net?« ulkte Angela und hob ihr Glas. »Dir wünsch’ ich jedenfalls einen wunderschönen Urlaub in Frankreich. Mach ganz viele Fotos und denk dran – die Franzosen haben die Liebe erfunden.«

Ellen lachte und prostete ihr zu.

Angela blieb noch ein Viertelstündchen länger, als sie es eigentlich vorgehabt hatte, Ellen hatte immer noch etwas zu erzählen. Dann brachte die Freundin sie zu ihrem Auto.

»Also, viel Spaß und vergiß mich net«, winkte Angela Pfister ihr zu und fuhr an.

Bis nach Hause brauchte sie eine ganze Weile. Der Verkehr hatte zugenommen, und sie war erleichtert, als sie endlich die Auffahrt zur elterlichen Villa hinauffuhr.

»Entschuldigt«, bat sie die Eltern. »Ich hab’ natürlich anrufen wollen, daß ich noch zu Ellen fahr’. Aber ich dacht’, so lang’ dauert’s dann auch wieder net – allerdings, ihr kennt sie ja.«

Frau Reimers, die Haushälterin, hatte den Tisch für das Abendessen gedeckt. Bald saß die Familie darum versammelt, und es entwickelte sich eine angeregte Unterhaltung, die sich in erster Linie um den geplanten Urlaub drehte.

»Ihr habt mir immer noch net gesagt, wie ihr ausgerechnet auf dieses Dorf gekommen seid«, sagte Angela. »Hat euch da jemand einen Tip gegeben?«

Ewald und Hannelore Pfister tauschten einen schnellen Blick.

»Der Mann im Reisebüro«, antwortete ihr Vater schulterzuckend.

Allerdings schien es der Tochter, als habe er es eine Spur zu hastig gesagt.

»Es soll dort sehr schön sein«, warf ihre Mutter schnell ein. »Net so überlaufen wie woanders.«

»Ja, und man kann dort sehr gut wandern«, nickte der Kaufmann. »Denk’ also daran, Wanderkleidung einzupacken.«

Angela notierte sich in Gedanken, Schuhe, Hosen und Anorak zum Wandern in den Koffer zu legen. Hoffentlich reichte einer überhaupt aus. Allerdings gab es dort vermutlich kein großes gesellschaftliches Ereignis, so daß sie ohne besondere Abendgarderobe auskommen würde.

»Und ein Ball findet doch auch statt«, sagte ihre Mutter in diesem Moment. »Vielleicht solltest auch etwas Festliches mitnehmen.«

»Ach was«, schüttelte Ewald Pfister den Kopf. »Das ist ein Trachtenabend oder wie man so dazu sagt. Volkstümlich eben, mit

Blasmusik und jeder Menge Gaudi. Da kannst’ dir in Sankt Johann eher ein Dirndl für diesen Anlaß kaufen.«

Angela trank ihren Tee aus.

»Na, ich laß mich überraschen«, meinte sie. »Hauptsache, wir reden in diesen Tagen net vom Geschäft.«

»Net ein Sterbenswörtchen«, bestimmte ihre Mutter.

»Abgemacht«, nickte ihr Vater.

In Gedanken wußte er indes, daß dieser ganze Urlaub etwas mit dem Geschäft zu tun hatte…

*

Im Pfarrhaus saß Sebastian Trenker in seinem Arbeitszimmer am Schreibtisch und sah die Post durch, die am Morgen gekommen war. Vieles war darunter, das gleich in den Papierkorb wanderte – Reklamesendungen, in denen großartige Gewinne, Reisen und anderer Luxus versprochen wurde. Indes hatte der Geistliche noch nicht von einem Fall gehört, in dem diese Versprechungen auch eingehalten worden wären. Jetzt ärgerte er sich eigentlich nur über die unnütze Verschwendung von Papier und Druckerfarbe, was in jedem Fall auch ein Verstoß gegen jeglichen Umweltschutzgedanken war.

Nachdem er die kirchenamtliche Korrespondenz gelesen und abgeheftet hatte, schaute er auf die Uhr. Schon wieder Mittagszeit. Der Seelsorger schüttelte den Kopf. Manchmal hatte er den Eindruck, die Zeit raste nur so dahin.

In diesem Moment hörte er auch schon die Haustür gehen, was ihm signalisierte, daß sein Bruder zum Essen gekommen war – und in diesem Punkt war Max pünktlich wie die Maurer.

Mit diesem Handwerk hatte er allerdings nichts zu tun. Max Trenker sorgte als Polizeibeamter für Recht und Ordnung in St. Johann, und daß sein Erscheinen eben sprichwörtlich pünktlich war, lag allein an der Tatsache, daß er den Kochkünsten der Haushälterin seines Bruders verfallen war.

Das, was Sophie Tappert heute mittag auftischte, entsprach denn auch genau den Vorstellungen des Polizisten – angelfrische Forellen, in Butter gebraten.

Nicht nur, weil es Freitag war, gab es im Pfarrhaus Fisch. Auch unter der Woche wurde er gern gegessen. Er schmeckte gut und war obendrein auch noch gesund, was man längst nicht von allen Lebensmitteln behaupten konnte.

Zu den Forellen gab es gekochte Kartoffeln, die die Haushälterin mit frischgeschnittenem Dill bestreut hatte, und eine große Schüssel mit Salat aus dem Pfarrgarten.

»Gibt’s was Neues?« erkundigte sich Sebastian, während des Essens bei seinem Bruder.

Max schüttelte den Kopf.

»Alles in bester Ordnung«, meinte er. »Katastrophen sind jedenfalls außer Sichtweite.«