Der elektronische Doppelgänger - Rudolf Steiner - E-Book

Der elektronische Doppelgänger E-Book

Rudolf Steiner

0,0

Beschreibung

In den in diesem Band abgedruckten Vorträgen aus dem Jahre 1917 wird Rudolf Steiners visionärer Blick auf die technologische Entwicklung vom industriellen bis zum digitalen Zeitalter besonders deutlich. Er deutete in perspektivischer Form an, dass die westliche Menschheit im Laufe des 20. Jahrhunderts in der Lage sein werde, "Gedanken auf Maschinen zu übertragen" und dadurch Mensch und Maschine immer enger miteinander zu verschmelzen. Dabei machte er auch auf die besondere Rolle des Nervensystems in der menschlichen Organisation aufmerksam und beschrieb die in diesem fließenden Ströme als Wirksamkeit eines "ahrimanischen Doppelgängers". Heute ist deutlich, welche Art von Technik Steiner damit gemeint hat. Er sah die Entwicklung der Computertechnik lange voraus, machte aber in anderem Zusammenhang auch auf Alternativen aufmerksam.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 210

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Rudolf Steiner

Der «elektronische Doppelgänger» und die Entwicklung der Computertechnik

Eine Zusammenfassung von Vorträgen gehalten im November 1917

Herausgegeben und kommentiert von Andreas Neider

Rudolf Steiner Verlag

Einführung

In den hier zusammengefassten Vorträgen vom November 1917 erscheint ein Thema, über das Rudolf Steiner nur in diesen Vorträgen, genauer gesagt im St. Gallener Vortrag vom 16. November und in den Dornacher Vorträgen vom 18., 19. und 25. November 1917, gesprochen hat. Weder vorher noch danach ist er auf das Geheimnis des von ihm so genannten «geographischen» oder «ahrimanischen Doppelgängers» je zu sprechen gekommen. Warum wir diesem Band den Titel «Der elektronische Doppelgänger» gegeben haben, soll hier gleich noch genauer erläutert werden.

Zunächst aber thematisiert Steiner sowohl in St. Gallen wie in Dornach mehrere andere Themen, die, wie wir sehen werden, alle mit dem Thema des Doppelgängers zu tun haben. Er spricht als Erstes davon, dass es westliche okkulte Bruderschaften gäbe, die ein Interesse daran hätten, den Materialismus so weit auszubreiten, dass sich immer mehr Verstorbene dadurch nicht mehr aus dem irdischen Dasein lösen können. Weil diese im Nachtodlichen noch in das Materielle verstrickten Seelen zerstörerische Wirkungen hervorbringen, können diese Bruderschaften sie sich nämlich für ihre Zwecke zunutze machen.

Damit verbunden tritt ein erstes Leitmotiv dieser Vorträge auf: die Interessen bestimmter westlicher okkulter Kreise, die auf die Beherrschung der Erde durch materielle und technische Mittel ausgerichtet und bis in den Bereich der Verstorbenen hinein wirksam sind. Diese Machtausübung sei nur dadurch zu gewährleisten, dass gewisse Geheimnisse, die mit der übersinnlichen Wesenheit des Menschen und eben auch mit dem «ahrimanischen» oder «geographischen» Doppelgänger zusammenhängen, geheim gehalten und nicht preisgegeben werden.

Diesem Prinzip der Geheimhaltung, das der Ausübung von Macht dient, tritt Rudolf Steiner entschieden dadurch entgegen, dass er hier über diese bisher geheim gehaltenen okkulten Tatsachen erstmals und gleichzeitig einmalig spricht. Daher haben diese Vorträge im Hinblick auf die darin offenbarten Geheimnisse eine ungeheure Bedeutung, wie sich gleich noch zeigen wird.

Zuvor aber müssen wir uns noch einer historischen Voraussetzung des hier geschilderten Zusammenhanges zuwenden, dem von Steiner so genannten «Sturz der Geister der Finsternis». Über diesen hatte er in seinen Vorträgen von Mitte bis Ende Oktober 1917 in Dornach gesprochen.1 Kurze Zeit danach sprach er am 6. und 13. November auch in Zürich darüber, die entsprechenden Passagen sind in unsere Zusammenstellung mit aufgenommen worden.

Mit dem «Sturz der Geister der Finsternis» hat es folgende Bewandtnis: Steiner beschreibt ein historisches, aber übersinnliches Geschehen zwischen den Jahren 1841 und 1879 als eine Art Abbild des in der Apokalypse beschriebenen Drachenkampfes. Um seine Herrschaft als Zeitgeist ab 1879 vorzubereiten, musste der auch in der Apokalypse erwähnte Erzengel Michael die Geister der Finsternis auf die Erde, das heißt in das irdische Bewusstsein der Menschen, stürzen.

Nach 38 Jahren, also 1879, war dieser Kampf in der ätherischen Welt beendet, Michael hatte die Geister der Finsternis besiegt, und sie wirken fortan nun in der physischen Welt, das heißt aber im irdischen Bewusstsein der Menschen. Und 38 Jahre nach 1879, also 1917, fanden sich dann die irdischen Folgen dieses Sturzes ausgeprägt. Damit ist auch erklärt, warum Steiner gerade 1917 über die hier dargestellten Zusammenhänge gesprochen hat. Und als eigentlichen Ausdruck dieses Sturzes kennzeichnet Rudolf Steiner den seit den 40er-Jahren des 19. Jahrhunderts immer mehr sich ausbreitenden Materialismus.

Nun müssen wir uns aber fragen, was für Geister Rudolf Steiner meint, wenn er von den Geistern der Finsternis spricht. Er bezeichnet sie als zum Reiche der Angeloi gehörig. Was für ein Bewusstsein haben die Angeloi? Da ein Engel keinen physischen Leib hat, als unterstes Wesensglied also den Ätherleib besitzt, lebt er, wenn er Gedanken ausbildet, unmittelbar in der Sphäre des Ätherischen, ohne diese an einem physischen Leib spiegeln zu müssen. Für die Welt des Ätherischen gilt der Satz: «Zum Raum wird hier die Zeit.» Alles, was im Physischen nacheinander, in zeitlicher Abfolge gedacht werden muss, tritt im Ätherischen gleichzeitig in Erscheinung.

Ein Engel lebt also mit seinen Gedanken permanent in diesem Raum oder «Gegenraum» des Ätherischen. So treten bei ihm die Gedanken nicht nacheinander, sondern gleichzeitig auf, sind in einer Art Panorama immer überschaubar. Außerdem braucht der Engel den Ätherleib nicht zum Aufbau eines physischen Leibes und kann daher alle seine Kräfte ganz der Gedankentätigkeit widmen. Dadurch hat er eine hellsichtige Überschau und Vorausschau, die es auch dem den Menschen begleitenden persönlichen Engel, dem Schutzengel, ermöglicht, sein Schicksal zu lenken.

Nun hatte sich seit Beginn der Neuzeit eine ganze Gruppierung von Engeln Ahriman zugewendet und dadurch den Bereich des Ätherischen verdunkelt. Das aber musste Michael, der Herrscher dieser Gedankensphäre des Ätherischen, durch den Sturz dieser Wesen ins Irdische ausgleichen. Wird nun aus einem Engel ein «Geist der Finsternis» und stürzt er aus der Welt des Ätherischen in den Bereich des Irdischen, des menschlichen Bewusstseins also, geht damit auch seine vormalige Hellsichtigkeit verloren. Aus dem ätherischen Geflecht des Lichtes und der Überschau, der Gleichzeitigkeit, stürzt ein solcher Engel in jenen Bereich unseres irdischen Bewusstseins, wo das durch das Materielle bedingte Nacheinander herrscht. Die Erzeugung einer solchen Verdunklung gehört nun zu den wesentlichen Eigenschaften jenes Wesens, das Rudolf Steiner als Ahriman bezeichnet. Denn Ahriman möchte das Bewusstsein der Menschen, dessen freie Aufmerksamkeitskräfte, an das Irdische fesseln. Er will mit Hilfe der Geister der Finsternis das Ätherische für den Menschen verdunkeln.

Dieses Ziel kann Ahriman erst seit dem Zeitpunkt erreichen, da die Gedanken der Menschen ihren Sitz tatsächlich im physischen Leib genommen haben. Denn vor Beginn der Neuzeit dachten die Menschen noch nicht mit ihrem physischen Gehirn, sondern mit ihren Ätherleibern. Das heißt, die Gedanken waren noch nicht so mit dem Nerven-Sinnes-System verbunden wie heute. Seit Beginn der Neuzeit jedoch spiegeln sich die Gedanken am physischen Leib, die lebendigen Begriffe werden durch ihre Bindung an das Nerven-Sinnes-System im Erleben herab gelähmt, und wir können dadurch die materiellen Vorgänge genau erforschen und begreifen.2 Das im Ätherleib webende Gedankenleben wird durch den physischen Leib gewissermaßen begrenzt und abgedämpft.

Die Weiterentwicklung des menschlichen Bewusstseins bestünde nun darin, die mit dem materiellen Bewusstsein verbundene Verfinsterung durch das Erwachen für die ätherische Qualität der Gedanken zu überwinden. Aber gerade dies wollen die Geister der Finsternis, jene Angeloiwesen, verhindern. Denn sie mussten aufgrund ihrer ahrimanischen Tingierung diesen Bereich des Ätherischen verlassen und können daher nur noch im Irdischen, im Bereich unseres materiellen Bewusstseins, wirksam sein.

Dieser historisch-okkulte Vorgang war nun ein weiteres Geheimnis, dass jene westlichen Bruderschaften für sich behalten wollten, um dadurch Macht ausüben zu können. Auch darüber hat Rudolf Steiner ganz gezielt im Jahr 1917 gesprochen, um das Wissen über diese Zusammenhänge den Menschen zugänglich zu machen. Denn das Ziel der Fixierung des menschlichen Bewusstseins auf das rein Materielle bis ins Nachtodliche hinein ließe sich natürlich dann am besten erreichen, wenn man sich die Wirksamkeit der «Geister der Finsternis» so zu Nutze machte, dass niemand anderes davon etwas erfahren konnte.3

Erst auf diesem Hintergrund aber lässt sich nun das eigentliche Zentrum der hier versammelten Vorträge, das Geheimnis des «geographischen Doppelgängers», richtig verstehen.

Denn Rudolf Steiner macht nun in jenen Vorträgen vom Herbst 1917 auf eine Besonderheit innerhalb unseres Nervensystems aufmerksam. In diesem, so führt er hier erstmals und einmalig aus, befindet sich ein Wesen, das gar nicht zur menschlichen Organisation gehört, ein ahrimanisches Wesen, das kurz vor der Geburt in den Menschen einzieht und ihn beim Tode wieder verlassen muss. Dieses ahrimanische Wesen bildet die Grundlage für alles, was wir an elektrischen Strömen in unserem Nervensystem benötigen, um die Sinneswahrnehmungen zu verarbeiten, zu koordinieren und darauf zu reagieren.

«Also der Mensch kommt recht sehr mit seinem Organismus, mit dem er sich bekleidet, in diese Welt herein, ohne dass er mit seiner Seele hinunterlangt in diesen Organismus. Dafür ist aber auch Gelegenheit vorhanden, dass kurze Zeit bevor wir geboren werden – nicht sehr lange bevor wir geboren werden –, außer unserer Seele noch ein anderes geistiges Wesen Besitz ergreift von unserem Leib, von dem unterbewussten Teil unseres Leibes. Das ist schon mal so: Kurze Zeit bevor wir geboren werden, durchsetzt uns ein anderes, wir würden nach unserer Terminologie heute sagen, ein ahrimanisches Geisteswesen. Das ist ebenso in uns wie unsere eigene Seele. Diese Wesenheiten, welche ihr Leben gerade dadurch zubringen, dass sie die Menschen selber dazu benützen, um da sein zu können in der Sphäre, in der sie da sein wollen, diese Wesenheiten haben eine außerordentlich hohe Intelligenz und einen ganz bedeutsam entwickelten Willen, aber gar kein Gemüt, nicht das, was man menschliches Gemüt nennt. – Und wir schreiten schon so durch unser Leben, dass wir unsere Seele haben und einen solchen Doppelgänger, der viel gescheiter ist, sehr viel gescheiter ist als wir, sehr intelligent ist, aber eine mephistophelische Intelligenz hat, eine ahrimanische Intelligenz hat, und dazu einen ahrimanischen Willen, einen sehr starken Willen, einen Willen, der den Naturkräften viel näher steht als unser menschlicher Wille, der durch das Gemüt reguliert wird.

Im 19. Jahrhundert hat die Naturwissenschaft entdeckt, dass das Nervensystem von elektrischen Kräften durchsetzt ist. Sie hatte recht, diese Naturwissenschaft. Aber wenn sie glaubte, wenn die Naturforscher glauben, dass die Nervenkraft, die zu uns gehört, die für unser Vorstellungsleben die Grundlage ist, irgendwie mit elektrischen Strömen zu tun hat, welche durch unsere Nerven gehen, so haben sie eben unrecht. Denn die elektrischen Ströme, das sind diejenigen Kräfte, die von dem Wesen, das ich eben jetzt geschildert habe, in unser Wesen hineingelegt werden, die gehören unserem Wesen gar nicht an: wir tragen schon auch elektrische Ströme in uns, aber sie sind rein ahrimanischer Natur.»4

Aus der Medizin ist bekannt, dass sowohl in unserem Gehirn wie im übrigen Nervensystem elektrische Ströme, sogenannte Aktionspotenziale aufgebaut und weitergeleitet werden. Diese sind mittels EEG oder EKG messbar. Fließt ein Strom, so wird dadurch eine Botschaft übermittelt, die entsprechende chemische Reaktionen auslöst; fließt kein Strom, so ist auch das eine Botschaft, und es findet keine chemische Reaktion statt.

Unser gesamtes Nervensystem ist durchzogen von solchen Strömen. Durch sie werden einerseits die Reize der Außenwelt, die über die Sinnesorgane aufgenommen werden, an das Gehirn weiter vermittelt. Andrerseits werden über die Nervenbahnen und Nervenzellen die Bewegungen des muskulären Apparates koordiniert und auf die Sinnesreize abgestimmt.

Erfolgt zum Beispiel über die Handfläche ein starker Reiz von einer heißen Herdplatte, so reagiert der Arm unmittelbar, und die Hand wird sofort zurück gezogen. Zu dieser Reaktion braucht es keinen Denkvorgang und keine Gefühlsregung. Der seelische Bereich bleibt hier völlig ausgeklammert, der Körper reagiert reflexartig und spontan.

Dieses ahrimanische Wesen, das mit uns zusammen unseren Leib bewohnt, ist also für unser irdisches Bewusstsein notwendig, wir könnten ohne es nicht leben, was sich auch daran zeigt, dass unser Leben in dem Moment aufhört, wo kein elektrischer Strom mehr in unserem Nervensystem fließt.

Zugleich aber bezeichnet Rudolf Steiner diesen ahrimanischen Doppelgänger als Urheber von Krankheiten. Und zwar in Abhängigkeit von geographischen Verhältnissen. Warum? Weil der ahrimanische Doppelgänger seinerseits den geographischen Bedingungen der Erde unterworfen ist. Denn auch die Erde ist von elektrisch-magnetischen Kräften durchsetzt. Diese ordnen sich entsprechend der Gebirgszüge an und wirken besonders stark dort, wo die Gebirge von Süden nach Norden, nicht von Osten nach Westen verlaufen.

Nun weist Rudolf Steiner darauf hin, dass die Menschheit im 20. Jahrhundert in der Lage sein werde, diese im Nervensystem des Menschen wirksamen Kräfte, die elektrischen und magnetischen Kräften entsprechen, auf Maschinen zu übertragen.

«Ich habe vollbedacht öfter jetzt darauf aufmerksam gemacht, auch in öffentlichen Vorträgen, dass das Bewusstsein des Menschen zusammenhängt mit abbauenden Kräften. […] In unser Nervensystem hinein ersterben wir. – Diese Kräfte, diese ersterbenden Kräfte, sie werden immer mächtiger und mächtiger werden. Und es wird die Verbindung hergestellt werden zwischen den im Menschen ersterbenden Kräften, die verwandt sind mit elektrischen, magnetischen Kräften und den äußeren Maschinenkräften. Der Mensch wird gewissermaßen seine Intentionen, seine Gedanken hineinleiten können in die Maschinenkräfte. Noch unentdeckte Kräfte in der Menschennatur werden entdeckt werden, solche Kräfte, welche auf die äußeren elektrischen und magnetischen Kräfte wirken.»5

Nun hat einer der Pioniere der Computertechnik in Amerika, John von Neumann, in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts sein Vorgehen bei der Entwicklung der Computer so beschrieben: «Beim Entwurf der Maschine versuchten meine Mitarbeiter und ich, einige der bekannten Vorgänge im lebenden Gehirn zu imitieren. Dieser Aspekt veranlasste mich, mich mit Neurologie zu beschäftigen […] und endlich Vorträge über die Möglichkeiten zu halten, ein stark vereinfachtes Modell des lebenden Gehirns für von Menschen zu bauende Maschinen zu kopieren.»6

Als Einziger seiner Kollegen hatte von Neumann sich neben seiner Beschäftigung mit der Entwicklung der ersten Rechenmaschinen mit Neurologie befasst. Daher fiel außer ihm auch niemandem sonst auf, was sie eigentlich bei der Entwicklung dieser Maschinen taten: Ebenso wie im Nervensystem bildet auch im Computer die Polarität Strom – Nichtstrom die Grundlage jeglicher Informationsübermittlung. Wobei im menschlichen Organismus noch ein gehöriges Maß an Chemie, sogenannte Botenstoffe oder Neurotransmitter, eine Rolle spielen.Deutlich wird daran, dass wir es bei der Computertechnologie mit einem ins Äußere versetzten ahrimanischen Doppelgänger zu tun haben, den ich im Zusammenhang mit den hier gesammelten Vorträgen Steiners deshalb auch als «elektronischen Doppelgänger» bezeichnen möchte. Nicht umsonst wird der Computer schon seit langem als PC, als «Personal Computer», bezeichnet. Fast alles, was wir heute bewusstseinsmäßig leisten, erfolgt mittlerweile ausschließlich mit Hilfe von Computern und deren Vernetzung durch das Internet. Unsere persönlichen Daten, unsere Arbeit, unser Konsum, nahezu sämtliche Lebensbereiche sind von Computern erfasst. Der PC begleitet uns tatsächlich wie eine Art von persönlichem elektronischen Doppelgänger.

Und sein Wesen ist exakt so, wie Rudolf Steiner den ahrimanischen Doppelgänger beschrieben hat:

«Und wir schreiten schon so durch unser Leben, dass wir unsere Seele haben und einen solchen Doppelgänger, der viel gescheiter ist, sehr viel gescheiter ist als wir, sehr intelligent ist, aber eine mephistophelische Intelligenz hat, eine ahrimanische Intelligenz hat, und dazu einen ahrimanischen Willen, einen sehr starken Willen, einen Willen, der den Naturkräften viel näher steht als unser menschlicher Wille, der durch das Gemüt reguliert wird.»7

Der Computer ist eine kalte Maschine von hoher Intelligenzkraft und unbeugsamem Willen, das heißt Effizienz. Unzählige Bewegungsvorgänge bis hin zur Kriegsführung werden heute durch Computer gesteuert, und auch unser Wirtschaftsleben mit all seinen Geldströmen wird heute weitgehend von diesen Maschinen beherrscht.

Somit wird deutlich, dass Rudolf Steiner die technischen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts soweit überschaute, dass er die Ablösung des industriellen Zeitalters durch das digitale Zeitalter voraussagen konnte.

An dieser Stelle sei kurz auf den Begriff des «Doppelgängers» eingegangen, denn Steiner gebraucht diesen Begriff in allen seinen Grundschriften, im Vortragswerk wie auch in den Mysteriendramen für ein Wesen, das uns wie ein Schatten, wie ein abgetrennter Teil unseres Gedächtnisses auch über den Tod hinaus, durch verschiedene Erdenleben hindurch, begleitet. In dem hier abgedruckten Vortrag vom 16. November 1917 unterscheidet er daher an einer Stelle den hier thematisierten «ahrimanischen» Doppelgänger vom «luziferischen» Doppelgänger, von dem er sonst lapidar als vom Doppelgänger im Sinne vom Schatten des Menschen spricht. Diese Unterscheidung ist insofern wesentlich, als der ahrimanische Doppelgänger uns nur während eines Erdenlebens von der Geburt bis zum Tode begleitet.8

Nun geht Steiner hier aber noch einen Schritt weiter, indem er die Entdeckung des ahrimanischen Doppelgängers zusammenbringt mit dem vorher beschriebenen «Sturz der Geister der Finsternis» und dem Versuch westlich-okkulter Logen, diese Tatsachen zu verheimlichen, um sie bewusst zur Ausübung von Macht und zur Verdunklung des Bewusstseins vom Übersinnlichen auszunutzen.

Um diesen Zusammenhang zu verstehen, müssen wir nun etwas genauer auf die physiologischen Grundlagen des Seelenlebens des Menschen eingehen. Wir haben unser Nervensystem, das unser an die Sinne gebundenes Bewusstsein stützt. Es ist aber nicht identisch mit unserem seelischen Erleben. Ein Sinneseindruck benötigt, um wahrgenommen zu werden, das Sinnesorgan und die betreffenden Nervenbahnen in Nervensystem und Gehirn. Diese Reize lassen sich physikalisch auch messen und darstellen. Nicht aber unser seelisches Erleben! Denn im Gehirn und in den Nervenbahnen wird sich auf physikalischem Wege niemals die Farbe Rot oder die Stimme einer singenden Amsel finden lassen. Wo aber geschieht das seelische Erleben, wenn es nicht im Leib gefunden werden kann?

Die Antwort darauf ist: Unser seelisches Erleben findet nicht im Leibe statt, sondern da, wo ein sinnliches Phänomen ist, also außerhalb des Leibes. Ich höre ja die Amsel nicht in meinem Kopf singen, sondern auf dem Ast eines Baumes. Ich sehe die Farbe Rot nicht in meinem Auge, sondern draußen an der Wand! Seelisch sind wir also immer bei den Dingen, die wir wahrnehmen.9

Und die Sinnes-Nervenorganisation dient, so hat es Steiner früher bereits beschrieben,10 lediglich als eine Art von Spiegel, an dem uns unser seelisches Erleben bewusst werden kann. Wie aber kommt nun die Beziehung zwischen dem außerleiblichen seelischen Erleben und der Sinnes-Nervenorganisation zustande?

Diese Lücke, die sich zwischen dem Seelischen und dem Physisch-Leiblichen hier auftut, hat Rudolf Steiner fast sein ganzes Leben lang erforscht.11 Denn er suchte die Verbindung zwischen Seele und Leib bis in die physiologischen Details hinaus genauestens zu verstehen. Dabei entdeckte er in diesem Zusammenhang die wesentliche Funktion des Ätherleibes.

Unser Ätherleib hat zunächst die Funktion, unseren physischen Leib zu beleben, aufzubauen und zu organisieren.12 Er ist der Gestaltbildner, der die Organe formt und ihr Zusammenwirken regelt. Diese Kräfte der Gestaltbildung und der Organisation können nun aber nicht nur dazu verwendet werden, physische Stoffe zu beleben und zu organisieren, sondern sie dienen auch dazu, die von unserem Seelisch-Geistigen, also von Ich und Astralleib, gemachten Erlebnisse in Form von Gedanken und Vorstellungen zu fassen, zu gestalten und zu bewahren. Durch unser Gedächtnis haben wir die Möglichkeit, unsere seelischen Erlebnisse immer wieder lebendig werden zu lassen.

Die Naturseite unseres Ätherleibes, darauf hat Steiner als auf eine seiner zentralen Entdeckungen immer wieder hingewiesen, verwandelt sich um das siebte Lebensjahr: Ein Teil der Lebensfunktionen des Ätherleibes wird mit dem Abschluss der Bildung und des Aufbaus des physischen Leibes im zweiten Jahrsiebt frei und dient fortan der Gedanken- und Gedächtnisbildung. Gedanken- und Gedächtniskräfte, wir könnten auch sagen unsere «Aufmerksamkeitskräfte», sind also umgewandelte Lebenskräfte. Sie können auch «freie Kräfte» genannt werden, weil sie von der Aufgabe der Lebensversorgung unseres physischen Leibes «befreit» sind.

«Diese im Ätherleibe wirksamen Kräfte betätigen sich im Beginne des menschlichen Erdenlebens – am deutlichsten während der Embryonalzeit – als Gestaltungs- und Wachstumskräfte. Im Verlaufe des Erdenlebens emanzipiert sich ein Teil dieser Kräfte von der Betätigung in Gestaltung und Wachstum und wird Denkkräfte, eben jene Kräfte, die für das gewöhnliche Bewusstsein die schattenhafte Gedankenwelt hervorbringen.

Es ist von der allergrößten Bedeutung zu wissen, dass die gewöhnlichen Denkkräfte des Menschen die verfeinerten Gestaltungs- und Wachstumskräfte sind.»13

Wie aber geht diese Umwandlung, die etwa ab dem siebten Lebensjahr in ausgeprägter Form in Erscheinung tritt, genau vor sich?14Im Inneren des Gehirns befinden sich in den so genannten Ventrikeln Geflechte von Blutadern (Plexus chorioidei). Hier wird das arterielle Blut, das der Lebenserhaltung und Versorgung dient, in Gehirnwasser (Liquor cerebrospinalis) verwandelt. Diese Flüssigkeit sorgt nicht nur dafür, dass unser Gehirn und das zentrale Nervensystem quasi darin schweben, sie wird durch unseren Atemrhythmus auch ständig bewegt. Sie steigt im Rückenmarkskanal auf und ab, je nachdem, ob wir ein- oder ausatmen.

In diesem physiologischen Geschehen haben wir nun ein genaues Abbild des Übergangs von Lebens-Bildekräften, die im arteriellen Blut ihren Ausdruck finden, zu Erlebens-Bildekräften, zu «freien Kräften», die sich in dem von der Stoffversorgung entbundenen Gehirnwasser, das sich als kristallklare Flüssigkeit darstellt, zum Ausdruck bringen.

In der Atmung lebt der Astralleib, er kann durch unser Ein- und Ausatmen, das sich über das Zwerchfell auf den im Rückenmarkskanal strömenden Liquor überträgt, auf das Gehirnwasser einwirken und dadurch die zur Stoffversorgung nicht mehr benötigten Bildekräfte des Ätherleibes für seine Zwecke gebrauchen. Darauf beruhen physiologisch betrachtet die bildhaften Vorstellungen und Gefühlserlebnisse.

Abb. 1: Schematische Darstellung des Gehirns mit den Strömen des Gehirnwassers, angedeutet durch die schwarzen Pfeile. Die gerippte, mit den Pfeilen nach oben bezeichnete Fläche (plexus chorioidei) im Inneren stellt eines der Blutadergeflechte dar, in denen das innere Gehirnwasser gebildet wird. Durch die beiden Ventrikel unten links und rechts fließt dieses nach außen. Die inneren grauen Flächen müssen als durch und durch von Nervengeflecht durchzogen vorgestellt werden, das wiederum über Nervenbahnen mit den Sinnesorganen verbunden ist. (Aus: A. Husemann, Der hörende Mensch und die Wirklichkeit der Musik, S. 74)

«Auf der Berührung des Atmungsrhythmus mit den Nervenströmungen beruht es, dass wir uns Bilder machen können von der äußeren Welt. Gedanken, abstrakte Gedanken sind noch durchaus an das Nervenleben gebunden, aber das Bildhafte ist an das Atmungsleben gebunden. So dass man sagen kann: Hier haben wir das bildende Leben.»15

Der Astralleib, der bewusst erlebende Mensch, benötigt für die Bewusstseins-, das heißt die Vorstellungsbildung, eine leibliche Grundlage, die in der Lage ist, diese Erlebnisse nachzubilden bzw. zu spiegeln. Die toten abstrakten Gedanken, die bildlosen-, gefühlsarmen Vorstellungen haben die Nerven zur Grundlage. Das lebendige Vorstellen und Erleben hingegen hängt mit dem durch den Atem schwingenden Gehirnwasser zusammen.16 Das seelische Erleben des Astralleibes findet über das Rhythmische der Atmung in dem vom Stoffwechsel befreiten, vormals arteriellen Blut, dem Gehirnwasser, seine Verbindung zu den stofflich-physikalischen Vorgängen im Nervensystem. Dieselben plastizierenden Bildekräfte des Ätherleibes, die zuvor die im arteriellen Blut bewegten Stoffe an ihren Ort gebracht, in die Lebensorgane eingefügt und damit unseren Leib aufgebaut haben, werden, wie bereits erwähnt, etwa ab dem siebten Lebensjahr frei zur Bildung unserer Vorstellungen, von bewusster Aufmerksamkeit und Interesse.

Wenn der Mensch nur einen Astralleib und ein Ich, aber keinen ätherischen Leib besäße, könnte er zwar Erlebnisse und Eindrücke haben, diese würden aber sofort wieder verfliegen und nicht festgehalten werden können. Der Ätherleib ist es außerdem, der unsere Erlebnisse vor der Auflösung bewahrt und zwar dann, wenn diese vom Astralleib losgelassen, das heißt aber vergessen werden. Da kann der Ätherleib, und zwar jetzt auf dem Wege des venösen Blutes, die Erlebnisse in der Weise festhalten, dass sie den verschiedenen Organen und im Zusammenhang mit ihnen dem Gehirn wie die Zeichen einer Schrift eingebildet werden. Diese Vorgänge liegen also auch der Gedächtnisbildung zugrunde.

Indem die dabei tätigen Bildekräfte nicht wieder in Leib bildende, ernährende Kräfte zurückverwandelt werden, sondern gewissermaßen als «freie Kräfte» erhalten bleiben, können sie dem Leib stoffliche Repräsentationen der Vorstellungsinhalte einprägen. Dabei dienen auch die entsprechenden Teile des Gehirns als materielle Grundlage.

Lässt der Astralleib die Bildekräfte wieder los, das heißt verschwindet eine Vorstellung, ein seelisches Erleben wieder aus dem Bewusstsein, dann entsteht an dieser Stelle eine rein ätherische Form, die nun nicht mehr im Bewusstsein ist. Dem entspricht physiologisch die Resorption des Gehirnwassers in das venöse Blut. Der Ätherleib wird so vom «Bewahrer» des stofflichen Leibes zum «Bewahrer» unserer Bewusstseinsinhalte. Diese aufbewahrten Gedächtnisinhalte werden dann beim Erinnerungsvorgang im Sinne des vergangenen Erlebten vom Astralleib im Ätherleib «gelesen».

So wie wir Musik zwar durch die physisch erklingenden Töne hören, das Wesen der Musik aber im Geistigen, zwischen den Tönen, liegt; so wie wir die Buchstaben einer Schrift auf dem Papier lesen, der Inhalt des Geschriebenen aber nicht auf dem Papier lebt, so erfasst die Seele die vom Ätherleib dem physischen Leib eingeprägten Zeichen und bringt dadurch das einstmals Erlebte, das in den leiblichen Engrammen seine Repräsentation besitzt, wieder hervor.

Nun geschieht das «Einschreiben von Engrammen» jedoch nicht unmittelbar, sondern es dauert für gewöhnlich drei Tage und Nächte, bis das Erlebte tatsächlich vom Ätherleib und physischen Leib verarbeitet ist. Das geschieht hauptsächlich während der Nacht. Und unsere Träume, die durch die Berührung von Astralleib und Ich mit Ätherleib und physischem Leib beim Aufwachen entstehen, sind ein Ausdruck dieser nächtlichen Erinnerungsarbeit.17 Während wir also im Bewusstsein mit unseren Erlebnissen und Sinneseindrücken umgehen, arbeitet unser Ätherleib ständig daran, sich diese einzuverleiben und dem physischen Leibe einzuprägen.

Damit haben wir nun den Bereich beschrieben, auf den es zum Verständnis der mit dem «ahrimanischen Doppelgänger» im Zusammenhang stehenden Technologie ankommt. Die eigentlich im Ätherleib lebenden Vorstellungs- und Erinnerungskräfte werden nicht nur an das Nervensystem gefesselt, wie es beim abstrakten, toten Denken und Vorstellen der Fall ist, sondern, wie Rudolf Steiner an der bereits zitierten Stelle sagte:

«Diese Kräfte, diese ersterbenden Kräfte, sie werden immer mächtiger und mächtiger werden. Und es wird die Verbindung hergestellt werden zwischen den im Menschen ersterbenden Kräften, die verwandt sind mit elektrischen, magnetischen Kräften und den äußeren Maschinenkräften. Der Mensch wird gewissermaßen seine Intentionen, seine Gedanken hineinleiten können in die Maschinenkräfte.»18

Das bedeutet doch aber nichts anderes, als dass diese hier von Steiner vorhergesagte Technologie keine industrielle mehr sein wird, sondern Bewusstseinstechnologie oder, um es noch genauer zu fassen: Aufmerksamkeitstechnologie. Denn sie schneidet genau an der Stelle, wo unser Nerven-Sinnessystem mit unserem Seelisch-Geistigen durch die «freien Kräfte» des Ätherleibes in Verbindung steht, diese Verbindung durch und setzt an die Stelle der «freien Kräfte» den «elektronischen Doppelgänger»! Unser seelisches Erleben einschließlich der Gedächtnisbildung wird dadurch an die Maschine gefesselt, oder anders ausgedrückt: Ein großer Teil der Aufmerksamkeitskräfte der heutigen Menschheit wird mit Hilfe der Bewusstseinstechnologien des Internets und der Computer an diese Maschinen gefesselt. Und auch ein großer Teil unserer Gedächtnisfunktionen wird durch die Computer und das Internet im Sinne eines universellen, jedoch virtuellen, technischen Mediums ersetzt!

Haben wir nicht immer, wenn wir das Internet nutzen, den Eindruck, wir stünden dadurch mit der Welt in Beziehung? Befürchten nicht unzählige Eltern, sie würden ihr Kind von der übrigen Welt ausschließen, wenn sie es vor «Facebook» bewahren wollten? Und scheint es uns nicht so, als könnten wir uns per Internet und Wikipedia an eine Art universelles Menschheitsgedächtnis anschließen?

Genau das aber hat Rudolf Steiner in den hier versammelten Vorträgen vorausgesehen. Denn er beschreibt da zusätzlich auch die weltweite Verbreitung dieser Technologien von Amerika aus: