Der Fluss - Gary Paulsen - E-Book

Der Fluss E-Book

Gary Paulsen

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Beschreibung

Vor zwei Jahren hat der 15-jährige Brian nach einem Flugzeugabsturz allein in der Wildnis überlebt. Kaum hat der Medienrummel um ihn nachgelassen, tritt die Regierung an ihn heran: Brian soll seine Robinsonade wiederholen, damit er seine Fähigkeiten weitergeben und für Überlebenstrainings nutzbar machen kann. Nach anfänglichem Zögern stimmt er zu, sich mit dem Psychologen Derek erneut in der Wildnis aussetzen zu lassen. Doch schon kurz nach ihrer Ankunft geraten sie in ein Unwetter, in dem ihr Funkgerät zerstört und Derek schwer verletzt wird. Wieder ist Brian ganz auf sich allein gestellt ...

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Von Gary Paulsen im Carlsen Verlag erschienen:Allein in der Wildnis Der Fluss

CARLSEN Newsletter Tolle neue Lesetipps kostenlos per E-Mail!www.carlsen.de Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung, können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

Veröffentlicht im Carlsen Verlag 2005 Originalcopyright © 1991 Gary Paulsen Originalverlag: Delacorte Press / Bantam Doubleday Dell Publishing Group, Inc., New York / N.Y. 1991 Originaltitel: »The River« Copyright © der deutschsprachigen Ausgaben: 1996, 2005 Carlsen Verlag GmbH, Hamburg Aus dem Amerikanischen von Thomas Lindquist Umschlagbild: iStockphoto.com / © Jeff Nagy / photocase.com © steko7 / nurmalso / Miss X Umschlaggestaltung: formlabor E-Book-Umsetzung: GGP Media GmbH, Pößneck

Für Lynn, meine liebe Tochter

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Brian öffnete die Tür und trat einen Schritt zurück. Drei Männer standen auf dem Vorplatz, alle in dunklen Anzügen. Sie waren groß, aber nicht dick, ihre breiten Schultern verrieten einen durchtrainierten Körper. Einer war etwas hagerer als die beiden anderen.

»Brian Robeson?«

»Ja.« Brian nickte.

Der hagere Mann trat vor und streckte lächelnd die Hand aus. »Mein Name ist Derek Holtzer. Die beiden anderen sind Bill Mannerly und Erik Ballard. Dürfen wir eintreten?«

Brian hielt ihnen die Tür auf und ließ sie ins Haus. »Meine Mutter ist aber nicht zu Hause …«

Derek und die beiden anderen blieben im Flur stehen. »Natürlich möchten wir auch mit deinen Eltern sprechen. Aber in erster Linie mit dir. Du weißt doch, wir haben angerufen.«

Brian schüttelte den Kopf. »Davon weiß ich nichts. Das heißt, ich weiß, dass niemand angerufen hat. Meine Mutter hätte es mir gesagt.«

»Und dein Vater?«

»Ach, der lebt nicht hier. Meine Eltern sind geschieden.«

»Oh, tut mir leid.« Derek wirkte ein wenig verlegen. »Das wusste ich nicht.«

»So was passiert eben.« Brian zuckte die Schultern. Aber der Schmerz war noch frisch. Kaum anderthalb Jahre waren vergangen und es tat immer noch weh. Er schob den Gedanken beiseite und kam sich irgendwie dumm vor. Hier waren drei Männer im Haus, die er nicht kannte. Sie sahen nicht gefährlich aus, das nicht – aber man konnte nie wissen.

»Was kann ich für Sie tun?«

»Na, wenn du noch nichts von der Sache weißt, sollten wir vielleicht warten, bis deine Mutter zu Hause ist. Wir könnten ja wiederkommen.«

Brian nickte. »Wie Sie wünschen … Aber Sie könnten mir auch sagen, worum es eigentlich geht.«

»Vielleicht sollten wir uns zuerst vergewissern. Du bist doch jener Brian Robeson, der zwei Monate lang allein in den Wäldern Kanadas überlebte …?«

»Vierundfünfzig Tage«, unterbrach ihn Brian. »Nicht ganz zwei Monate. Ja, das bin ich.«

»Sehr schön.«

»Sind Sie etwa von der Presse?« Nach seiner glücklichen Heimkehr war Brian monatelang von Reportern verfolgt worden. Auch nach der Sendung im Fernsehen – ein Kamera-Team fuhr mit ihm hinaus zum See, und er zeigte ihnen, wie er dort gelebt und überlebt hatte – ließen sie ihn nicht in Ruhe. Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehsender, Buchverlage … Sie alle riefen bei ihm zu Hause an und verfolgten ihn sogar bis in die Schule. Es war nicht leicht gewesen, sich von ihnen zu befreien. Einer hatte ihm sogar Geld geboten: für das Recht,T-Shirts mit seinem Konterfei zu bedrucken. Und eineTextilfabrik beabsichtigte, echte »Brian Robeson Survival Jeans« auf den Markt zu werfen …

Seine Mutter hatte versucht, die Dinge in den Griff zu bekommen. Auch sein Vater hatte – am Telefon – gute Ratschläge gegeben. Und jetzt hatte Brian etwas Geld auf der Bank: genug für den Abschluss am College. Der Rummel hatte nachgelassen, und Brian konnte aufatmen. Er war jetzt berühmt, und das war an sich nicht schlecht. Aber solange die Kameras ihn verfolgten, als man sogar sein Leben verfilmen wollte, waren die Dinge ein bisschen durcheinandergeraten.

Er hatte ein Mädchen kennengelernt, Deborah McKenzie, die mit ihm zur Schule ging. Die beiden verstanden sich gut, gingen ein paarmal ins Kino, in die Eisdiele – aber bald waren die Spürhunde von der Presse auch hinter Deborah her. Und das wartoo much. Er gewöhnte sich an, durch die Hintertür aus dem Haus zu schleichen, eine Sonnenbrille aufzusetzen, sich mit Deborah an unwahrscheinlichen Orten zu treffen und geduckt durch die Korridore der Schule zu huschen. Darum war er ganz froh gewesen, als das Interesse an seiner Person nachließ.

Und da waren sie schon wieder, die Reporter. »Sagen Sie mal, kommen Sie etwa vom Fernsehen oder so?«

Derek schüttelte den Kopf. »Nein. Ganz und gar nicht. Wir arbeiten im Dienst der Regierung, für ein Überlebenstrainingsprogramm.«

»Ausbilder?«

Derek schüttelte den Kopf. »Nicht direkt. Bill und Erik sind Ausbilder, aber ich bin Psychologe. Wir arbeiten mit Leuten zusammen, die in die Lage kommen könnten, gefährliche Situationen überleben zu müssen – weißt du, abgestürzte Piloten zum Beispiel, Astronauten, Soldaten. Solche Leute müssen lernen, mit einfachsten Mitteln zu überleben und sich in Sicherheit zu bringen.«

»Und was verlangen Sie von mir?«

Derek lächelte. »Kannst du's noch nicht erraten?«

Brian schüttelte den Kopf.

»Na, kurz gesagt, wir möchten, dass du es noch mal machst.«

2

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Brian starrte ihn ungläubig an. »Ist das ein Witz?«

Derek schüttelte den Kopf. »Ganz und gar nicht. Aber ich glaube, wir sollten auf deine Mutter warten – und dann mit deinen Eltern sprechen. Wir kommen wieder.«

Er drehte sich um, und die zwei anderen Männer, die immer noch schwiegen, folgten ihm zur Tür.

»Einen Moment, bitte.« Brian hielt sie zurück. »Vielleicht habe ich Sie nicht richtig verstanden. Lassen Sie mich klarstellen: Sie wollen, dass ich hinausgehe und es noch einmal mache? Dort in der Wildnis leben, mit nichts als einem Beil?«

Derek nickte. »Genau.«

»Aber, das ist verrückt. Es war so … hart. Ich wäre beinah gestorben dabei. Es war reines Glück, dass ich es überstanden habe.«

Derek schüttelte den Kopf. »Nein, es war mehr als Glück im Spiel; es war etwas anderes, das dir zu Hilfe kam.«

Vor seinem inneren Auge sah Brian noch einmal das Stachelschwein, wie es ins Dunkel seiner Höhle eindrang. Er erinnerte sich, wie er das Beil geworfen und zufällig den Feuerstein in der Felswand getroffen hatte. Wäre das Stachelschwein nicht gekommen, und hätte er nicht das Beil geworfen, und hätte das Beil nicht die richtige Stelle am Felsen getroffen – dann hätte es keine Funken gegeben, er hätte kein Feuer gehabt, und vielleicht wäre er gar nicht hier und am Leben, um mit diesem Mann zu sprechen. »Es war vor allem Glück …«

»Nein, lass mich erklären, wie ich es meine …«

Brian wartete.

»Was dir – mit Glück, wie du sagst – gelungen ist, versuchen wir unsere Schüler systematisch zu lehren. Aber in Wahrheit haben wir es noch nie selbst gemacht. Und wir kennen keinen, der es je geschafft hat. Jedenfalls nicht in der Realität.«

Er zuckte die Schultern und beugte sich vor. »Ach ja, unsere Spielchen«, sagte er. »Weißt du, wir ziehen hinaus in den Wald, in die Wüste, und tun so, als ginge es dabei ums Überleben. Aber keiner von unseren Schülern war je in einer Situation, wo er es schaffenmusste– und zwarauf Leben und Tod, unter realen Bedingungen.« Er sah Brian direkt in die Augen. »Wie du es getan hast.«

Der Mann, der Bill Mannerly hieß, mischte sich ein. »Du sollst es uns beibringen. Nicht mit Büchern oder Lehrplänen, nicht mit Schulungsfilmen – sondern mit der Wirklichkeit. Damit wir besser in der Lage sind, andere Menschen zu lehren.«

Brian musste lächeln. »Sie möchten also einen ganzen Kurs hinausführen, in den Wald, und ich soll den Jungs vorführen, was ich damals gemacht habe?«

Derek warf die Hände hoch und schüttelte den Kopf. »Nein. Nichts dergleichen. Keine künstliche Inszenierung. Wir haben das alles noch nicht exakt geplant, aber wir dachten, einer von uns könnte mit dir hinausgehen und bei dir bleiben, genauso leben wie du, dich beobachten – und von dir lernen. Lernen und immer wieder lernen. Notizen machen und alles aufschreiben. Wir wollen wirklich wissen, wie du es gemacht hast, in allen Einzelheiten.«

Brian glaubte ihm, dass er's ernst meinte. Derek sprach leise und aufrichtig, und seine Augen hatten einen ehrlichen Blick. Dennoch schüttelte Brian den Kopf. »Es war ganz anders, als Sie glauben. Es war kein Camping-Ausflug. Ja, ich habe ein paar Pfund abgenommen – aber es war viel mehr als das. Als ich wiederkam, war ich nicht mehr derselbe Mensch.«

Und – dachte er – ich bin noch immer nicht wieder derselbe; ich werde es nie mehr sein …

Brian konnte nicht mehr durch einen Park laufen,ohne unter den Bäumen nach Wild zu spähen, ohne die Tiere im Dickicht zu hören. Alles hatte für Brian eine neue Bedeutung gewonnen. Manchmal wünschte er sich, er würde nicht so genau sehen, nicht alles hören, was ihn umgab – Geräusche, Farben, Bewegung. Aber er konnte all dies nicht ausblenden. Er sah und hörte und roch. Alles, was da war.

»Genau das ist es, was wir lernen wollen. Diese Fähigkeit.« Derek lächelte. »Hör mal, sag noch nicht nein. Lass uns wiederkommen und mit deiner Mutter sprechen. Lass uns den ganzen Plan durchsprechen und dann kannst du dich entscheiden. In Ordnung?«

Brian nickte langsam. »Na gut. Wir sprechen darüber, mehr nicht. Okay? Wir sprechen darüber.«

Die drei Männer gingen hinaus. Brian schielte nach der Uhr über dem Tisch im Korridor. Es würde noch eine Stunde dauern, bis Mutter aus ihrem Büro kam. Auch musste Brian noch seine Schulaufgaben machen, denn es war Ende Mai und die Prüfungen standen bevor. Aber egal! dachte Brian. Und er entschloss sich, lieber das Mittagessen zu kochen.

Er kochte gern, neuerdings. Auch dies war eines der Dinge, die sich für ihn verändert hatten, seit der Zeit damals in der Wildnis. Wenn er daran zurückdachte, nannte er sie nur »die Zeit«. Einfach so: die Zeit.

Wenn er Debbie mit leisen Worten davon zu erzählen versuchte – wenn er versuchte, alles zu erzählen, auch von dem Moment, als er sein Leben wegwerfen wollte – wenn er ihr davon zu erzählen versuchte, begann erimmer nur mit den Worten: »Weißt du, die Zeit damals …«

Ein Jahr war vergangen und es hatte sich nicht viel verändert – in seiner Welt: Seine Mutter traf noch immer jenen Mann, aber nicht mehr so oft. Und Brian dachte, es würde vielleicht von selbst aufhören, was immer sie miteinander hatten. Die Scheidung aber war endgültig und würde es wahrscheinlich bleiben. Er hatte seinen Vater besucht, nach der Zeit damals, und herausgefunden, dass dieser sich in eine andere Frau verliebt hatte, die er heiraten wollte.

Das Leben ging weiter wie vorher.

Tag für Tag.

Doch Brian hatte sich verändert – ganz und gar.

Und eines der Dinge, die sich für ihn verändert hatten, war die Tatsache, dass er das Kochen jetzt liebte. Nahrung zuzubereiten, ja, das Essen nur anzusehen – das war etwas, was ihn sehr an die Erlebnisse in der Wildnis erinnerte. Er liebte es, die Sachen aus dem Kühlschrank zu holen, aus der Vorratskammer, sie herzurichten und dann zu kochen und auf den Tisch zu stellen und zu essen … Jeden Bissen bewusst zu kauen, das Essen kennenzulernen und andere Menschen beim Essen zu beobachten. Manchmal saß er nur da und schaute zu, wie seine Mutter aß, was er gekocht hatte, und einmal wurde sie so verlegen, dass sie den Kopf hob und ihn ansah, ein Stück geschmortes Fleisch auf der Gabel über dem Teller.

»Was ist los?«

»Ich schau dir nur beim Essen zu«, sagte er. »Es istdoch etwas Wunderbares, das Essen. Einfach zu sehen,wie jemand isst. Das ist wirklich etwas …«

»Geht es dir gut?«, fragte sie.

Natürlich nicht, dachte er; oder vielleicht war es so, dass es ihm jetzt gut ging, so gut wie noch nie im Leben? Aber er lächelte nur und nickte.

»Klar, prima.«

Er wusste aber viel mehr, was er ihr hätte sagen können – was er aber nicht sagen konnte. Was er niemandem sagen konnte, weil es niemanden gab, der ihn verstanden hätte.

Nach seiner Rettung hatten die Eltern verlangt, dass er zu einem Psychologen ging, nur zur Beratung, und er war hingegangen – um die Eltern zu beruhigen. Aber es hatte nichts genützt.

Der Psychologe glaubte, Brian sei irgendwie seelisch verletzt, durch ein Trauma geschädigt – aber in Wahrheit war es das genaue Gegenteil. Er hatte versucht, dem Psychologen zu sagen, dass er sich besser fühlte als je zuvor; dass er reicher geworden war – nicht nur ein Jahr älter, fünfzehn jetzt. Da war mehr. Viel mehr. Aber der freundliche Psychologe hatte ihn nicht verstanden. Er konnte ihn nicht verstehen, weil er nicht mit Brian die Wildnis erlebt hatte. Die Zeit damals.

»Ich habe das Feuer entdeckt«, hatte Brian zu dem Psychologen gesagt.

»Na, schön. Aber jetzt bist du wieder zu Hause.«

»Nein«, hatte Brian ihn unterbrochen. »Sie verstehen mich nicht. Ich habe wirklich das Feuerentdeckt.Ähnlichwie irgendein Mensch es vor Jahrtausenden entdeckte. Ich habe das Feuer entdeckt – dort, wo es seit ewigen Zeiten im Stein verborgen lag, als hätte es auf mich gewartet. Ganz egal, ob wir Zündhölzer oder Feuerzeuge haben, ganz egal, wie leicht wir hier in dieser Welt Feuer machen können – ich habe wirklich und wahrhaftig das Feuer entdeckt. Es war eine große Sache. Wirklich, eine sehr große Sache …«

Der Psychologe hatte lächelnd an seinem Schreibtisch gesessen und mit dem Kopf genickt. Er hatte versucht zu verstehen, wovon Brian sprach.

Aber er konnte nicht verstehen. Und auch weiterhin musste Brian sein ganzes Verhalten in dieser neuen Welt, die ihn nach seiner Wiedergeburt in der Wildnis – so stellte er es sich vor – umgab, darauf einstellen, musste sein Wissen verbergen, sein Geheimnis hüten. Hätte er die Wahrheit gesagt, so hätte ihm niemand geglaubt. Und wenn er schwieg, was er dann zunehmend tat, glaubten die anderen, er sei krank.

Er konnte niemandem klarmachen, was er fühlte.

Jetzt holte er zwei Schweineschnitzel aus der Kühlbox und taute sie in der Mikrowelle auf. Er holte das Kochbuch hervor und schlug die Seite auf, auf der das Rezept für panierte Schnitzel stand.

Anfangs, nach seiner Rückkehr, hatte er immer Hunger gehabt. Immer musste er an Essen denken. Er lief hinaus und kaufte sich einen Hamburger, den er verschlang, trank dazu eine Malzmilch und dachte schon an den nächsten Hamburger, den er sich kaufen wollte …

Aber das ging nicht. Sein Magen war irgendwie geschrumpft. Er fühlte sich sofort schwer und aufgedunsen, wenn er zuviel aß, und so hatte er schließlich aufgehört, sich vollzustopfen.

Trotzdem war das Essen für ihn noch immer eine Quelle von Lust und Freude, wie jetzt, wo er sich daran machte, die Schweineschnitzel vorzubereiten, langsam und sorgfältig, und er freute sich auch an seiner Arbeit.

Er schnitt das Fett und die Sehnen ab, wälzte die Fleischstücke in Eigelb und Mehl, heizte den Herd vor und legte sie in einen Topf aus Jenaer Glas.

Während die Schnitzel im Backofen schmorten, schaute er auf die Uhr – in einer halben Stunde würde die Mutter kommen, und sie kam nie zu spät.

Brian legte zwei große Kartoffeln auf einen Teller, um sie im Mikrowellenherd zu garen. Das Essen würde fertig sein, wenn die Mutter nach Hause kam; sie würden sich an den Tisch setzen und zu Mittag essen, bevor die drei Männer zurückkehrten.

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Das Essen sei köstlich gewesen, sagte die Mutter und lehnte sich lächelnd vom Tisch zurück. »Wie immer.« Brian nickte. »Ich habe schnell etwas improvisiert.« Gemeinsam räumten sie den Tisch ab und stellten dasGeschirr in die Spüle. Merkwürdig, wie nah ihm die Mutter jetzt war, seit seiner Rückkehr. Sosehr die Scheidung der Eltern ihn gequält hatte, sosehr dieser andere Mann ihn beunruhigt hatte – irgendetwas war geschehen, dort draußen in der Wildnis, als er dem Tod ins Auge gesehen hatte. Er hatte angefangen, sich selbst und andere Menschen besser zu verstehen. Er hatte erkannt, dass er nicht immer Recht hatte; ja, dass er sich öfter irrte. Und gleichzeitig hatte er festgestellt, dass die anderen nicht immer im Unrecht waren.

Er hatte gelernt, Dinge und Menschen zu akzeptieren: seine Mutter, die neue Situation, sein Leben, all dies. Und jetzt, wo er seine Mutter akzeptieren konnte, hatte er festgestellt, dass er sie bewunderte.

Sie versuchte, ihr Leben allein aufzubauen, sich beruflich auf eigene Füße zu stellen. Sie arbeitete bei einem Immobilienmakler, und es war ein harter Job.

»Wir müssen mal reden«, sagte er, während er die Teller in die Spülmaschine schob. Teller zu haben, dachte er, wie wunderbar. Teller und Töpfe und Pfannen zu haben -und einen Herd, um Essen zu kochen. Immer wieder musste er staunen. »Ein paar Männer waren da, die mit dir sprechen wollen.«

»Wie, welche Männer?«Brian erzählte ihr von Derek und den anderen beidenund davon, was sie von ihm wollten.