Der Fund - Reinhold Gayl - E-Book

Der Fund E-Book

Reinhold Gayl

0,0

Beschreibung

Frank, ein cleverer Junge findet eine eigentümliche Fernbedienung. Aber wofür? Eine unglaubliche Reise und wilde Abenteuer zwischen Raum und Zeit lassen Wirklichkeit und Traum ineinander verschwimmen. Die Fernbedienung verleiht ihm Fähigkeiten, wie die Sprache der Tiere zu verstehen oder ihn auf Insektengröße zu verkleinern und zu einem gewaltigen Riesen zu vergrößern. Doch das Gerät kann viel mehr. mehr ... aber das Ganze hat einen Haken - Frank kann nicht darüber bestimmen was passiert und wohin sie ihn führt ... Eine mysteriöse Reise zwischen den Zeiten und Orten beginnt durch den ominösen Fund.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 318

Veröffentlichungsjahr: 2019

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Die Schlucht

Höhle und Beinbruch

Die Wüste

Im Falllaub

Im Mittelalter

Im Teich

Das alte Schloss

Der Dschungel

Krähen im Schulhof

MotoCross

Nordsee

Die Bank

Im Pantanal

Frank war mit seinen elf Jahren das, was Tante Paula einen „recht aufgeweckten Jungen“ nannte. Mit anderen Worten: Frank war klug, war einer der Besten in der Klasse, nebenbei als Fußballer ein beliebter Mittelstürmer seiner Mannschaft, und er hatte eine besondere Eigenschaft: Er war furchtbar neugierig!

„Du bist zu neugierig“, sagte Tante Paula, „neugierige Leute sterben bald!“ und damit wurde sie diesen alten Großmutterspruch los. Und alle lachten.

„Frank ist nicht neugierig, er ist wissbegierig!“, berichtigte die Mutter.

„Für mich ist das das gleiche, und es ist eine Super-Eigenschaft!“, sagte sein Vater, „nur die Neugierigen bringen es weiter.“

Sein Smartphone nutzte er vor allem zum Telefonieren, SMS-en und hin und wieder zum Googeln. Frank war ein Büchertyp – er liebte es, in Büchern zu blättern und zu stöbern, die Whats-Apperei und Instagramerei seiner Freunde machte er nur zum Teil mit. Es stimmte. Frank war neugierig – oder wissbegierig – wenn man so wollte. In der Schule fragte die Lehrerin des Öfteren:

„Ist alles klar oder hat wer noch Fragen?“

Alle schwiegen, sogar der vorlaute Willi, nur Frank hob die Hand und stellte eine Frage, nicht selten eine, auf die die Lehrerin keine Antwort wusste.

„Aber ich werde nachschauen, morgen sag ich dir’s dann“, meinte sie.

Frank googelte viel auf seinem Smartphone, aber die meisten Dinge waren ihm fad, vor allem die Selfies und fotografierten Frühstücke, die seine Freunde ihm haufenweise schickten. Meist löschte er sie weg, wenn sie ihm zu blöd waren, nur selten gab eine Rückmeldung, meist etwa so: „Like – aber so lala.“

Entschieden lieber waren ihm richtige Bücher, die man ordentlich in die Hand nehmen konnte, die man auch im Freien, im hellen Licht lesen und anschauen konnte und nicht, wie mit dem Smartphone, mit dem man in den Schatten eines Busches oder einer Toreinfahrt fliehen musste, um das Display überhaupt lesen zu können.

Er hatte daher eine für einen Elfjährigen recht stattliche Bibliothek zuhause, eine Bücherstellage, in der jedoch noch viel Platz für weitere Bücher war. Zwei Bücher allerdings standen da, die er höchst selten aufschlug. Es waren zwei dicke Wälzer, ‚Wörterbücher zur deutschen Rechtschreibung‘ aus dem Jahre Schnee – er wusste, dass sich alles geändert hatte, brachte es aber nicht übers Herz, die Bücher wegzugeben. Sie hatten das ideale Gewicht, um Bastelarbeiten oder ähnliches zu pressen. Außerdem: Wenn er oben auf den Kasten gelangen wollte, der ums Kennen zu hoch für ihn war, dann wurden die beiden zur idealen Treppe um hinauf zu kommen, wo er manchmal Kekse, Bäckereien und Schokolade aufbewahrte, einerseits, damit er nicht zu oft naschen konnte, aber hauptsächlich um sie vor seiner Schwester Jennifer zu verstecken, die allerdings nur selten in sein Zimmer kam, hauptsächlich sowieso um nach Leckereien zu stöbern.

Die letzten Tage des Schuljahres waren gekommen, nur wenig fehlte noch zu den Ferien. Der Unterricht in der Schule verlief locker, die Noten waren gegeben, aber so ganz schleifen lassen wollten es die Lehrer auch nicht.

Er schlief also ruhig den ‚Schlaf des Gerechten‘, wie man so schön sagt. Tante Paula aber, die stets lange im Bett blieb, sprach vom ‚Schönheitsschlaf‘ und Frank musste dann immer lachen; er dachte sich: Sie schläft eindeutig zu wenig! Hütete sich aber, es ihr jemals ins Gesicht zu sagen, denn Frank war auch ein taktvoller Bursche. Er schlief also, bis es klopfte.

„Aufstehen, du Schlafmütze“, rief seine Mutter, „das Frühstück ist fertig!“

Frank zog sich rasch an, machte seine Morgentoilette – sprich: Katzenwäsche und ging über die Stiege hinunter zum Frühstückstisch, während seine Mutter sein Zimmer notdürftig aufräumte. Das lassen sich Mütter nicht nehmen, auch wenn Knaben wie der Frank das gar nicht mögen!

Beim Frühstück standen sein Vater und seine Schwester Jennifer und riefen im Chor: „Happy birthday to you!“ Dann sagte der Vater: „Gefeiert wird aber erst am Abend, sonst kommst du zu spät in die Schule.“

Seine Schwester sagte nur: „Na, na, na, warte nur bis du dreizehn bist, so alt wie ich. Mit elf ist man noch ein kleiner Wicht!“

Ja richtig! Jetzt erst viel ihm ein, dass er ja Geburtstag hatte! Seinen elften! Wie konnte er das vergessen? Wahrscheinlich war ein komischer Traum daran schuld, von einem kichernden Wichtel, der auf seinem Fenster saß, eine große Pfeife rauchte und schäbige Bemerkungen über ihn ergoss. Er musste heimlich lachen, dass ihn Jenny einen „Wicht“ nannte, als hätte sie seinen Traum mitgekriegt.

„Ich bin schon da“, rief er, „gießt mir bitte den Tee ein und streicht mir ein Butterbrot; schließlich habe ich Geburtstag.“ Er schmauste mit Genuss eine Marmeladensemmel und nahm sich eine zweite Tasse Tee.

„So“, sagte er, „ich wäre fertig.“

„Du meinst: Du bist fertig“, korrigierte der Vater, und Frank konterte: „OK, OK, schon gut!“

Als er in der Schule ankam, eine Viertelstunde vor Unterrichtsbeginn, war in der Klasse schon Highlife. Susanne hatte einen Smiley auf die Tafel gemalt, und die Schüler schossen mit zerkauten Papierkügelchen auf ihn. Hamed, der Meisterschütze, hatte bereits mehrmals den Smiley mitten ins Gesicht getroffen, Herbert traf gerade einmal die Tafel. Auch Susi selbst schoss nicht wirklich gut, aber immer noch besser als Evelyn, die nicht einmal die Tafel traf.

Frank wurde mit Hallo begrüßt, schließlich war er das, was unsere Großmütter als „Lauser“ oder „Schlingel“ bezeichneten, einer, der bei jedem Schabernack dabei war.

Und im Papierknödelschießen war er einer der besten!

Doch da kam die Lehrerin herein und rief: „Warst du das, Frank? Na ja – guter Schuss. Aber jetzt ist Schluss!“

Dann ließ sie die Tafel putzen, auf der inzwischen die nassen Papierkügelchen klebten. Darauf hatten die Schüler nur gewartet, Hamed und Ali stürzten nach vorn und begannen zu putzen, nerventötend langsam, damit die Zeit verging.

Die Lehrerin aber begann heute etwas anders mit dem Unterricht.

„Wir wollen uns heute einmal mit Märchen beschäftigen.

Wer kennt denn ein Märchen?“

Alle riefen durcheinander: „Harry Potter“, „Herr der Ringe“,

„Die Knickerbockerbande“, „Pippi Langstrumpf“ und so weiter.

„Das sind alles keine richtigen Märchen, das sind lustige und abenteuerliche Geschichten. Glaubt ihr, dass sie wahr sind?“

„Nicht die Bohne!“, rief Susi, „die sind alle nur so erfunden.“

„Aber wozu erfindet man sowas?“, fragte die Lehrerin.

„Na ja“, meinte Hamed, „weil es Spaß macht.“

„Und weil es urcool ist“, rief Helga.

Doch die Lehrerin fuhr fort. „Ich habe eigentlich nicht solche Geschichten gemeint, sondern die Märchen, wie sie uns – und bestimmt auch euch – die Großmutter erzählt oder vorgelesen hat.“

„Was für Märchen meinen Sie denn?“, fragte Ali.

„Na zum Beispiel ‚Hänsel und Gretel‘ oder ‚Rotkäppchen‘.

Kennt ihr solche Märchen noch?“

Und zögernd kamen die Antworten.

„Ali Baba und die vierzig Räuber!“, rief Hamed, „der ist echt spannend.“

„Ich kenne den Froschkönig“, sagte Susi, „der ist auch urcool. Da wird ein Frosch in einen Prinzen verwandelt.“

„Schade“, rief nun Frank, „umgekehrt wäre es lustiger gewesen!“

Alle lachten, auch die Lehrerin.

Evelyn sagte: „Ich kenne ein Märchen, das ist urlustig, ich weiß aber nicht, wie es heißt. Es handelt von einer Ziege, die lügt.“

„Und was lügt die?“, fragte Thomas.

„Sie lügt, dass sie nicht zu fressen bekommen hat. dabei hat sie den ganzen Tag nur gefuttert.“

Dann fragte die Lehrerin: „Glaubt ihr, dass diese Märchen wahr sind?“

Alle riefen durcheinander: „Quatsch!“ „Alles nur Schmäh!“

„Nichts ist wahr.“

Evelyn sagte: „Natürlich ist alles Blödsinn. Wo gibt’s denn eine Ziege, die lügt?“

Und Willi meinte: „Ziegen sind gemeine Viecher! Eine hat mir einmal im Zoo die Tasche von der Jacke abgerissen!“

„Dann frage ich einmal anders: Glaubt ihr, dass an den Märchen irgendwas richtig ist?“

„Nie und nimmer“, meinte der dicke Heini, „im Rotkäppchen zum Beispiel frisst der Wolf die Großmutter, plus dem Rotkäppchen, plus dem Korb mit Kuchen und Wein. Wo gibt’s denn sowas! Welcher Wolf hat schon so eine Monsterschnauze!“

„Dann einmal anders gefragt: Wer von euch glaubt, dass es Gespenster gibt?“

Großes Schweigen in der Klasse. Einige runzeln die Stirn, einige schauen zum Plafond, sie schauen einander an, keiner traut sich, was zu sagen.

„Na, raus damit“, sagte die Lehrerin, „traut euch nur!“

„Also ich…“, begann zögernd die Fatima, „ich glaube schon, dass es Gespenster gibt.“

„Kann schon sein“, meinte der Thomas, „man kann ja nie wissen.“

„Und du Frank, was glaubst denn du? Du bist ja so still heute.“

„Ich …ich … weiß nicht recht, ich glaube schon, dass es Gespenster gibt, aber vielleicht sehen wir sie nur nicht!“

„Eine sehr gute Antwort“, lobte die Lehrerin. „Aber ich kann euch versichern: Gespenster und Geister gibt es nicht, auch alle Märchenfiguren sind eben nur Märchen, vom Gestiefelten Kater bis zu Schneewittchen und den sieben Zwergen. Oder glaubt einer von euch, dass es Zwerge gibt?“

Da meldete sich der Frank. „Ich glaube, dass es Zwerge gibt, oder besser: Ich weiß das!“

„Natürlich hast du recht, Frank“, sagte die Lehrerin, „du meinst wahrscheinlich kleinwüchsige Menschen, wie Liliputaner oder die Zwergvölker in Afrika oder Neu Guinea. Das stimmt schon. Aber Zwerge mit Zipfelmütze und Spitzhacke, die Gold aus den Steinen klopfen und das Schneewittchen vom Tod erretten, die gibt es nicht. Leider!“

Dann ging sie zur Tagesordnung über, rollte die Landkarte aus und ließ die Schüler nach Orten suchen, ein spannendes Spiel, das alle heiß liebten. Frank tigerte sich hinein und fand die meisten Orte, nicht nur, weil er sie vorher schon kannte! Nein – er war einfach fix im Suchen und Finden.

Nach der Schule trödelte er nachhause, denn er wusste, das Essen war noch nicht fertig und sein Vater und seine Schwester kamen erst später. Mutter hatte sich frei genommen – sie war Krankenschwester – weil schließlich ihr Sohn seinen elften Geburtstag feierte!

Zuhause machte sich Frank an die Hausaufgaben – es waren nicht viele, und die waren nur freiwillig zu machen; ein paar fade Rechenaufgaben, Zusammenzählen und so.

In Englisch mussten sie möglichst lange, sinnvolle Sätze basteln, aus den Wörtern, die sie bisher gelernt hatten. Das machte Spaß, war ein bisschen wie Kreuzworträtsel lösen.

Dann aber riefen alle zur Bescherung, und Frank stürzte die Stiege hinunter ins Wohnzimmer. Da waren sie alle versammelt: Onkel Rudi und die dicke Tante Paula, seine Eltern, seine Schwester Jennifer und Tante Jacqueline, eine Freundin seiner Mutter, mit der er immer rangelte, weil sie ihn abwechselnd zum Boxen und zum Judo aufforderte.

Auf dem Tisch stand eine dicke Orangencreme-Torte, seine Lieblingstorte, mit elf dicken roten Kerzen, die lichterloh brannten. Rund herum lagen Geschenke, in glänzendes buntes Papier gehüllt. Frank blickte rundum während alle „Happy Birthday“ sangen, mit sieben Strophen, Jenny wollte sogar noch eine achte dazu singen, aber dann sagte sein Vater:

„Nun lasst ihn doch einmal die Kerzen ausblasen! Du weißt doch – das muss mit einem Ruck geschehen, alle zugleich, sonst bringt das Unglück.“

Frank blies heftig auf die Torte und die Kerzen erloschen.

Aus jeder kräuselte sich eine Rauchwolke, nach Wachs duftend, gegen die Zimmerdecke. Dann machte er sich über die Geschenke her.

Da lag ein Snowboard, neu und prächtig. Der Vater sagte dazu: „Es wird immer wieder Winter, weißt du!“

Onkel Rudi hatte ihm ein Bilderbuch unter den Baum gelegt. Aber kein normales, oh nein! Es war ein Bilderbuch voller exotischer Tiere. Wenn man es öffnete, dann klappten sie aus dem Blatt und standen räumlich heraus. Dahinter aber sah man plötzlich ihren Lebensraum, also beim Jaguar den Regenwald, beim Pinguin das antarktische Eis. Gut die Hälfte des Buches aber waren ausgestorbene Monstren, Dinsosaurier, Schreckensvögel und Donnertiere. Die hatten es Frank besonders angetan, und er dankte seinem Onkel überschwänglich.

Tante Paula schenkte ihm einen selbst gehäkelten dicken Schal, gelb-schwarz geringelt wie ein Wespenpopo.

„Super!“, sagte Frank, „fürs Schwimmbad im Juli!“ Doch als er Tante Paulas langes Gesicht sah, beeilte er sich zu sagen: „Das war ein Witz, Tante! Der Schal passt bestens zum Snowboard.“

Er packte noch einige Geschenke aus, dann ging es ans Geburtstagsessen, seine Lieblingsspeise: Spinat mit Spiegelei. Ihr glaubt das nicht? Doch, doch, so war er der Frank, oft ein wenig anders als andere Burschen seines Alters.

Nach dem Essen raffte er seine Geschenke zusammen und trug sie in sein Zimmer hinauf, breitete sie nebeneinander aus und gustierte, was er wohl als erstes näher anschauen würde.

Die nächsten Tage verliefen ohne Aufregung. Der Schulschluss nahte, die letzten Prüfungen gingen vorbei, Schüler und Lehrer nahmen die Schule locker. Den Turnunterricht unternahm man im Schwimmbad und danach war es meist zu spät, um nochmals in die Schule zu gehen. Also blieb man gleich dort und tobte sich mit Wasserball und anschließendem Fußball auf der Liegewiese aus, sehr zum Ärger der dort liegenden Senioren, die weder den Lärm mochten noch einen Fußball auf den Kopf geknallt vertrugen.

Auch Frank war da einer der ersten, wenn alle davonrannten, wenn der Bademeister schimpfend und drohend daherkam.

Dann waren die Ferien da. Zunächst waren der Frank und seine Kumpane ein wenig ratlos, wie immer zu Ferienbeginn. Na ja, so ohne Schule wusste man nicht so recht, was mit sich anfangen. Und so gingen sie Fußballspielen, bis sie die Mädchen zum Volleyball einluden. Es wurde ein wildes Match – das natürlich die Mädchen gewannen.

Dann trafen sich alle beim Wiesenbach vor der Stadt und spielten „Kraftwerk bauen“. Das heißt, sie bauten aus Steinen kleine Dämme, verschmierten die Ritzen mit Sand und Schlamm, bis die Dämme dicht waren. Das dauerte eine Weile, immer wieder brach ein Damm, es kam zu heftigen Streitereien, weil jeder den anderen beschuldigte, unsauber gearbeitet zu haben.

„Wir werden gleich Strafe kassieren für jeden Baufehler“, rief Frank. Und alle lachten und bauten weiter. Sie warteten, bis sich hinter dem Damm ein kleiner Stausee gebildet hatte. „Noch nicht“ rief der Willi, „wartet noch, bis er ganz voll ist!“

Und als das Wasser dann über den Damm plätscherte, kam der große Moment. Auf „Eins, zwei, drei“ rissen sie die Steine aus der Mitte des Dammes, und ein erklecklicher Wasserschwall ergoss sich den Bach hinunter, eine Welle, die sogar die Enten erschreckte, die unten friedlich im Bach gedümpelt hatten. Sie suchten schnatternd das Weite.

Noch einmal bauten sie einen Damm, ein bisschen weiter oben, aber dann wurde es ihnen langweilig. Sie rissen nicht einmal den Damm auf. Nur Frank wollte warten, was nun passieren würde, und sah mit Genugtuung, wie das Wasser erst über den Damm floss, dann einen Stein lockerte und bald eine Bresche in den Damm riss, sodass der Stausee von selber abfloss. Dann ging auch er nachhause.

Frank beschloss, die Ferien in vollen Zügen zu genießen. Und so schwang er sich aufs Fahrrad und fuhr los, erst die Straße entlang, dann in einen Waldweg. Es war recht mühsam, denn die Wurzeln der Bäume blockierten manchmal den Weg, sodass er sogar absteigen musste. Immer weiter führte ihn der Weg in den Wald hinein, bis seitlich noch ein kleinerer Weg abbog. Gespannt fuhr Frank in diesen.

Da sah er in der Ferne ein Gebäude schimmern. Neugierig fuhr er hin – und stand vor einem alten Holzhaus. Vor dem Haus hingen ein paar zerfledderte Fischernetze, ein Hackstock stand da, ein paar zerbeulte Fischreusen – hier war lange Zeit niemand mehr gewesen.

Das Haus selber war leicht zerfallen, alt und morsch, hatte Löcher im Dach, die Tür hing schief in den Angeln, in den Fenstern dicke Spinnennetze.

Frank stieg ab, lehnte das Rad gegen einen Baum und sah sich die Hütte an. Die Fenster waren herausgebrochen, die Dachrinne hing herab, es war knapp vor dem Zerfall.

Doch Frank ließ sich nicht abhalten, ins Haus zu gehen.

Erst öffnete er die schief hängende Tür, es ging nur mit Gewalt, sie klemmte. Als er sich an die Finsternis gewöhnt hatte sah er kaputtes Mobiliar, einen Holztisch der nur noch drei Beine hatte, einen total kaputten Sessel und seltsamerweise einen, der noch voll intakt war. Rund herum Stellagen mit ein paar verstaubten Tellern, ein rostiger Sparherd auf dem mit Spinnweben überzogene Töpfe standen.

Das Haus machte Frank neugierig, er stöberte in allen Ecken, fand aber nichts Interessantes. Dann sah er die Holztreppe, eine wurmstichige Holztreppe die nach oben führte, in ein Obergeschoss oder Dachboden, das ließ sich nicht so einfach feststellen.

Als er auf die Treppe trat, knarrten die Bretter, knacksten beängstigend, aber er betrat sie nur ganz am Rand, wo sie in die Randbohlen eingefügt waren. Und wirklich kam er gut nach oben.

Da war ein staubiger Dachboden aus derben Bodenbrettern. Ein Spinnrad stand da, vollständig von Spinnfäden überwuchert.

„Jetzt weiß ich, warum du Spinnrad heißt“, sagte Frank halb zu sich halb zum Spinnrad. Auch ein Schaukelstuhl stand da, und auf dem Stuhl lag ein Buch. „Handbuch nicht für jedermann!“ stand auf dem Buch, und natürlich nahm es Frank sogleich in die Hand.

Doch das das Buch zerfiel augenblicklich zu Staub, es war unmöglich, noch irgendwas zu erkennen. Also stöberte Frank weiter, in allen Ecken, in allen Winkeln.

Und da – auf dem Dachbalken lag ein merkwürdiges Ding.

Es sah zunächst aus wie ein Smartphone, hatte aber kein Display. Frank kam es eher wie eine Fernbedienung vor, aber wofür? Weit und breit kein Fernseher, und das Ding war wie neu, glänzte orangerot und hatte einige Knöpfe.

„Vielleicht ist es ein Sprengkörper?“, dachte Frank. So sah es aber wieder nicht aus. Und wie kam das Ding in diese Hütte? Was konnte es? Sollte er es abgeben, den Freunden zeigen, dem Vater?

Schließlich beschloss Frank, das Ding – es sah wirklich wie eine Fernbedienung aus – mit nachhause zu nehmen und dort genauer zu inspizieren. Er radelte zurück und ging gleich auf sein Zimmer.

Die Fernbedienung hatte mehrere Knöpfe. Auf einem stand „v“, auf einem „g“, zwischen ihnen ein Knopf mit „z“. Ganz in der Mitte ein großer Knopf mit einem „A“ und ganz unten ein grüner Knopf. Auf der Seite ein kleines Rädchen.

„Am ehesten laut-leise, aber wozu?“, dachte Frank.

Dann entdeckte er einen Knopf mit dem typischen Ikon für Power in – Power out. Beherzt drückte er diesen Knopf.

Die Fernbedienung begann zu vibrieren, leuchtete leicht auf, und besonders der grüne Knopf leuchtete auf und begann zu blinken. Trotz aller Besorgnis beschloss Frank, auch diesen Knopf zu drücken.

Eine laute Stimme ertönte: „Buenos dias, Frank, tu has finalmente econtrado …“

Frank erschrak und hätte das Ding beinahe fallen gelassen. Eine Fernbedienung die reden konnte! Noch dazu so laut, dass Frank rasch an dem Rädchen drehte, das er für das Volume-Radel hielt. Es wurde rasch sehr leise, und wieder sprach die Stimme:

„Good morning, Frank, I’m glad that you finally …“

Es war nun viel zu leise. Also drehte er das Rädchen ein Stück zurück, und nun war die Stimme klar und deutlich zu verstehen:

„Guten Morgen, lieber Frank, hast du also dein Geburtstagsgeschenk gefunden! Du wirst viel Freude damit erleben, glaub es mir, aber mehr verrate ich nicht. Nur eines:

Der Knopf, den du dir unbedingt merken musst, ist der mit dem „z“. Der rettet dich aus allen Gefahren!“

„Schwachsinn“, sagte Frank, „was soll der Unsinn von Gefahren! Sag mir lieber, wozu das Ding gut ist!“

Doch der grüne Knopf leuchtete nicht mehr, das Gerät war stumm wie ein Fisch. Frank drehte und wendete es, aber da war sonst nichts als die Knöpfe. Auch ein Batteriefach war nicht auszunehmen.

Noch einmal leuchtete der grüne Knopf auf und die sanfte Stimme sprach: „Bedenke aber wohl – sobald jemand anderer die Fernbedienung sieht, ist ihre Wirkung erloschen!“ Und dann leuchtete der Knopf nicht mehr.

„Welche Wirkung?“, wollte Frank fragen, doch in diesem Moment sprang seine Katze, ein hübscher getigerter Kater namens Samson, auf den Tisch und sah ihn an. Dann aber öffnete er sein Mäulchen, und Frank hörte laut und deutlich:

„Na Frank, alter Gauner, du kennst dich bei dem Ding wohl nicht aus?“

Frank stand wie erstarrt. Hatte da wirklich die Katze gesprochen? Er sah die Katze an – und diese blinzelte mit einem Auge und sagt nochmals:

„Kennst dich nicht aus!“ und sie zeigte mit der Pfote auf die Fernbedienung. Jetzt war Frank sicher, dass die Katze sprach und dass er sie verstanden hatte.

„Seit wann kannst du sprechen?“, fragte Frank.

„Immer schon“, sagte der Kater, „nur ihr Menschen versteht mich ja nicht. Da musst du erst dieses komische Ding hierherbringen, damit wir endlich miteinander reden können!“

„Du meinst, dieses Ding macht, dass ich dich verstehe und mit dir reden kann?“

„Ohne Frage. Wahrscheinlich verstehst du damit auch alle anderen Tiere.“

„Das ist ja großartig, da werden wir uns noch oft sprechen.“

„Bitte nicht zu oft“, sagte der Kater, „ich brauche mindestens zwölf Stunden Schönheitsschlaf!“

Er drehte die Fernbedienung auf „power-off“, legte sie neben sich, wandte sich zu seiner Katze und sagte: „Was ich dich schon immer fragen wollte: Wieso jagst du Vögel im Garten, wenn du doch von uns so ein super Futter kriegst?“

Doch der Kater schmiegte sich an ihn, sagte „Miau!“ und sprang vom Tisch.

Frank, der Blitzkneißer, verstand sofort: Nur mit eingeschalteter Fernbedienung konnte er die Sprache der Tiere verstehen. Und zwar vermutlich aller Tiere!

Was aber bedeuteten die vielen Knöpfe? Gut, der „z“-Knopf konnte ihn retten. Aber wovor? In der Schule bestand keine Gefahr durchzufallen, sein Schulweg war gefahrlos, die Umgebung des Städtchens, in dem er wohnte, auch. Also wozu die Rettung? Und wozu die vielen Knöpfe? Seine Überlegungen wurden unterbrochen. Man rief zum Abendessen, und da kam sein Vater mit einem neuen Vorschlag.

„Was haltet ihr davon, wenn wir für ein paar Tage Campieren gehen? Ich wüsste da einen hübschen Platz direkt am Flussufer. Na, was sagt ihr?“

Mutter sagte: „Ich sage gar nichts. Ich kann sicher nicht weg, werde im Krankenhaus dringend gebraucht. Ich habe aber nichts dagegen, wenn ihr drei kampieren geht.“

Frank war begeistert, wusste er doch genau, warum sein Vater den Vorschlag machte. Vater war leidenschaftlicher Angler, und im Fluss konnte man prächtig Fliegenfischen.

Darum wollte er dorthin. Aber auch für die Kinder versprachen die Camping-Tage viel Spaß.

Doch Jennifer sagte sofort: „Soll ich wirklich mit dem Baby allein dort sein? Das wird mir doch entsetzlich fade!“

„Musst du doch nicht“, sagte der Vater, „du nimmst dir einfach eine Freundin mit. Und du, Frank, kannst natürlich auch einen Freund mitbringen.“

Gleich hingen die beiden am Telefon. Und so kam Sara mit Jenny, und Hamed war gleich Feuer und Flamme, mit Frank kampieren zu gehen. Noch dazu, da er von der Begeisterung von Franks Vater fürs Fischen hörte.

„Und die Fische können wir dann gleich am Lagerfeuer braten“, rief Frank begeistert.

„Abwaschen könnt ihr aber auch gleich“, meinte Jennifer.

Dann war es so weit. Franks Mutter schien ein wenig erleichtert, dass sie die Rasselbande aus dem Haus hatte, sein Vater fuhr mit dem Auto vor und sie beluden es mit allem was zum Kampieren nötig war, mit Zelten und Schlafsäcken, Kochgeschirr und Angelzeug und vielen anderen Dingen. Dann holten sie Sara ab, die auch noch ihre Gitarre oben auf packte und zuletzt Hamed, der mit einem Riesenrucksack vor der Tür wartete.

„Nächstes Mal sollten wir einen Omnibus mieten“, lachte der Vater, „aber wenn ihr euch zusammen quetscht, dann wird es schon gehen“ und sie fuhren los.

Vier Stunden dauerte die Fahrt, dann kamen sie an dem Campingplatz am Fluss an. Er war nur schwach besetzt, einige schöne Plätzchen für die beiden Zelte waren frei, direkt am Flussufer, schön eben, trocken. Trotzdem gab es schon die ersten Probleme! Die beiden Zelte lagen noch wie leere Häute auf der Wiese, das kleine für die beiden Mädchen, das große für Vater und die Burschen. Daneben gebündelt die Zeltstangen und in einem Sackerl die Heringe.

Aber Vater hatte vergessen, wie die Stangen zusammen zu stecken waren! Alle fünf probierten es, immer blieb eine Stange übrig, dann war das Zelt schief – kurz: Bald standen sie ratlos um den Trümmerhaufen.

Wäre da nicht Herr Gruber gewesen! Leidenschaftlicher Angler wie Franks Vater und mit ihm bekannt, zeltete ebenfalls auf dem Platz und begrüßte die Gruppe mit lautem Hallo. Sein Hund Titus, eine Promenadenmischung mit schwarzer Schnauze und weißer Schwanzspitze umtanzte alle, sprang über die Zeltplanen und hielt offenbar das Sackerl für die Heringe für eine Ratte, denn er schüttelte es und knurrte dabei,

Frank hätte zu gerne gewusst, was der Hund sagte! Der schaute Frank auch immer wieder aufmerksam an, so als wüsste er, dass nur eine Kleinigkeit fehlte, um mit ihm zu reden. Warum hatte er nur seine Fernbedienung nicht mitgebracht! Jedenfalls kannte sich Herr Gruber aus, und im Nu standen die beiden Zelte, mit Heringen festgepflockt, auf der Wiese. Dann lud er alle zu seinem Zelt, wo er ein kleines Lagerfeuer angezündet hatte und briet für alle Palatschinken mit Waldbeerenbowle, natürlich ohne Alkohol, wegen der Kinder.

Und während diese sich am Essen gütlich taten, erzählte er wahre wilde Geschichten vom Fischen, von den ganz großen Fischen und den stundenlangen Kämpfen mit dem Riesenwels an der Leine.

Hamed zwinkerte Frank zu. „Alles Fischerlatein!“ sollte das wohl bedeuten. Doch die Mädchen hörten mit offenem Mund zu, sie nahmen alles für bare Münze.

Dann spielte Sara ein wenig auf der Gitarre, es klang wunderschön in die Nachtluft hinein.

Die Nacht war herrlich. Sie schliefen prächtig, und als die Kinder schließlich morgens aus den Schlafsäcken krochen, gab es schon heiße Schokolade und dicke Marmeladebrötchen.

Dann zogen zuerst die Mädchen los. „Wir gehen forschen!“ riefen sie und waren auch schon weg. Franks Vater und Herr Gruber zogen sich die großen weiten Anglerhosen an, die fast bis unter die Schultern reichten. Denn fürs Fliegenfischen mussten sie weit in den Fluss hinein waten. Sie schulterten ihre Angelruten, packten die Schächtelchen mit den Kunstfliegen zusammen und hängten sich große Blechtrommeln für den Fang um. Die Kunstfliegen hatten sie natürlich selbst gebastelt, das verlangte der Ehrenkodex der Fliegenfischer.

„Kommt mit!“, riefen sie Frank und Hamed zu, aber Hamed sagte: „Ich brauche kein Angelzeug, ich fange Fische mit der bloßen Hand!“ Alle lachten, aber Frank dachte, das könnte interessant werden und schloss sich Hamed an.

Die beiden Männer verschwanden in Richtung Fluss. Hamed sagte: „Komm mit!“ und startete ein Stück flussabwärts. Ein steiniges Weglein führte Richtung Flussufer – und dann blieb Frank staunend stehen. Denn direkt am Weg stand eine alte, hohle Eiche. Die Äste waren groß und gewunden, die Wurzeln knorrig, die Rinde hatte Löcher. Frank holte tief Luft, war begeistert.

Dann sagte Frank: „Ich wette, da wohnt ein Käuzchen drin!“

Hamed lachte. „Du bist wohl ein Hellseher?“

In dem Moment flog ein Käuzchen aus dem Loch, drehte eine Runde und setzte sich dann auf einen Ast der alten Eiche. Äugte aufmerksam herab, besah sich die beiden Buben und flog dann wieder zum Eichenstamm wo es in seinem Loch verschwand.

„Eins zu Null!“, rief Hamed, „du bist wirklich ein Hellseher.“ Dann gingen sie zum Fluss. Hier war eine Flussschlinge, an der das Wasser langsamer floss, aber tiefe Kolke gebildet hatte.

„Jetzt möchte ich sehen wie du Fische ohne Angel fängst“, feixte Frank. Doch Hamed hatte schon Schuhe und Socken ausgezogen, die Hosen bis übers Knie hochgekrempelt und watete nun ins Wasser. Er griff unter die Ufersteine, tastete sich vorwärts und blickte verträumt und geistesabwesend nach oben. Frank beobachtete ihn, wusste allerdings nicht, was das alles sollte.

Dann aber griff Hamed zu. Hob die Hand – und in ihr zappelte eine schöne Forelle. Rasch ging Frank näher und bewunderte den Fisch, der nach Luft schnappend in Hameds Hand lag. Der aber senkte die Hand ins Wasser und ließ den Fisch schwimmen.

„Ich will ihn ja nur fangen“, sagte Hamed, „nicht essen!“

„Zeig mir, wie das geht“, sagte Frank aufgeregt.

Und dann zeigte ihm Hamed, wie er die Hand am Felsen entlang streichen sollte. Denn die Forellen stellen sich gerne in Höhlungen und fühlen sich sicher, wenn sie mit dem ganzen Körper Berührung haben. Und da kann die Hand eine Rolle spielen, indem der Fisch glaubt, es ist eben eine Berührung mehr. Und dann fasst man zu – und der Fisch ist gefangen!

Frank tat, wie es ihm Hamed gezeigt hatte – und bald hatte jeder von ihnen eine Forelle gefasst. Triumphierend und johlend hielten sie sie in die Luft, ließen sie aber bald wieder ins Wasser gleiten.

„Wenn das mein Vater hört, hält er mich für verrückt!“, lachte Frank, „komm, schauen wir nach wie es unseren Fliegenfischern geht.“

Sie gingen flussaufwärts bis zu der Stelle, wo die beiden bis zur Hüfte im Wasser standen und die Angeln schwangen. Fliegenfischen ist nicht einfach angeln, oh nein! Da wird eine künstliche Fliege, oft abenteuerlich geformt und gefärbt, an einer dünnen Schnur peitschenartig knapp über die Wasseroberfläche geschwungen, sodass die Forellen danach springen, wie sie es nach echten Insekten tun.

Die Buben warfen einen Blick in die Fischbehälter der beiden – sie waren leer.

„Dürfen wir mal probieren?“, rief Frank, aber die beiden waren so konzentriert, dass sie nicht einmal hörten, was er rief.

„Ich glaube, heute gehen wir ins Restaurant Abendessen, wollen wir wetten?“, sagte Hamed und die beiden kicherten.

„Was machen eigentlich die Mädels?“, fragte schließlich Frank.

Die Mädels hatten sich ans Ufer gesetzt, unter eine üppige Weide, und starrten ihre Smartphones an. Vor allem kicherten sie über You-Tube-Beiträge, aber auch die WhatsApps ihrer Verehrer erheiterten sie. Fad war ihnen jedenfalls nicht.

Immer wieder lief der Hund Titus ihnen nach, sah sie erwartungsvoll an – keiner wusste, was er wollte. „Schade, dass man die Tiere nicht verstehen kann“, dachte Frank, „der Hund will doch sicher irgendwas bestimmtes“, und wieder vermisste er seine Fernbedienung.

Letztendlich fingen die unermüdlichen Fliegenfischer doch ein recht respektables Abendessen, einziger Wermutstropfen: Die Mädels waren viel geschickter darin, ein Lagerfeuer anzufachen, als alle drei Männer zusammen.

Am nächsten Tag sollten die beiden Jungs das Fliegenfischen lernen. Die Mädchen kamen mit und setzten sich ans Ufer, neugierig, wie die beiden sich anstellen würden. Erst hatten sie Sorge, dass die knallrote Kappe, die Sara trug, die Fische verschrecken könnte, aber die Fischer beruhigten sie – Fischen ist es ganz wurscht, was da am Ufer saß.

Nun wateten die frisch gebackenen Fischer ins Wasser und begannen, die dünne Angelschnur peitschenartig zu schwingen. Das war gar nicht so leicht, wie es aussah! Einmal schlug die Schnur ins Wasser, dann flog sie viel zu hoch, dann wieder drohte sie, einen Knoten zu bilden.

Es wurde viel gelacht. Dann aber schwang Frank seine Angel so weit nach hinten, dass der Haken in Saras Kappe hängen blieb, sie wurde vom Kopf gerissen und peitschte nun, zusammen mit der Kunstfliege, übers Wasser. Sara sprang auf, rannte ihrer Kappe nach und fiel natürlich prompt ins Wasser. Und als sie patschnass ans Ufer kroch, hatte Frank inzwischen die Kappe zurückgeschwungen und sie lag nun friedlich m Gras, als sie die klitschnasse Sara wieder aufsammelte und sich in der Sonne trocknen ließ.

Am letzten Tag, als die Männer die Zelte abbrachen und ihnen Herr Gruber samt Titus genüsslich zusahen, liefen die Mädchen nochmals ans Wasser, dort an die Biegung, wo das Wasser einen tiefen Kolk gebildet hatte.

Und auf einmal ertönte ein Schrei, ein lautes Rufen, sodass alle alles liegen und stehen ließen und hin rannten. Dann erst verstanden sie, was die Mädchen riefen:

„Ein Hai, ein Hai, ein richtiger Hai!“

Dann, am Wasser, war nichts zu sehen. Die Mädchen schworen aber, dass da ein wirklicher Hai vorbei geschwommen war. Und dann sahen sie es alle: Ein dunkler Schatten glitt durchs Wasser, ein Fisch, über einen Meter lang.

Es war natürlich kein Hai, sondern etwas mindestens ebenso Aufregendes: „Ein Huchen!“, rief der Vater freudig aus, „ein Huchen! Gott sei Dank gibt es die wieder, die größten Verwandten von Lachs und Forelle!“ Und als sich dann noch ein zweiter und ein dritter durchs Wasser schoben, rief der Vater Herrn Gruber herbei, der ebenso erstaunt und erfreut war. Titus aber spürte nur die Aufregung und bellte, was das Zeug hielt.

Dann ging es ab. Herr Gruber und Titus winkten noch lange nach. Dann waren sie zuhause und packten aus.

1

Die Schlucht

Frank war, das sagten wir schon, neugierig, oder besser: wissbegierig. Und daher litt es ihn nicht länger; kaum daheim kramte er die Fernbedienung heraus und musterte sie aufmerksam. Er musste herausfinden, wozu das Ding gut war. Das musste doch herauszukriegen sein! Also nahm er wieder die Fernbedienung zur Hand, sagte sich: „Wird schon gut gehen“, überlegte noch eine Weile, dann drückte er mutig den größten Knopf, den A-Knopf, neugierig was wohl passieren würde.

Nichts geschah. Er drückte nochmals - wieder nichts. Dann fiel ihm ein, dass er erst einschalten musste. Und das tat er, schaltete ein, wartete. bis der grüne Knopf zu leuchten anfing und drückte dann den großen Knopf, dem mit dem „A“. Und nun begann die Fernbedienung zu surren und zu summen. Nun also konnte es losgehen.

Er nahm all seinen Mut zusammen und drückte den „A“-Knopf nochmals. Das Summen wurde lauter und lauter und langsam tauchte ein roter Ring auf dem Fußboden auf.

War das alles? Ein müder Effekt! Da meldete sich die Fernbedienung wieder ...

„Du musst in den Ring treten und wieder den „A“-Knopf drücken“, sagte sie. Also trat Frank in den Kreis und drückte nochmals den A-Knopf.

Ein paar Minuten vergingen. Die Fernbedienung steckte er in die Hosentasche, dann verschwanden langsam die Wände seines Zimmers, ein dichter Nebel umgab Frank, es zischte und summte, fast wollte er zur Fernbedienung greifen und den Zurück-Knopf drücken, aber tapfer hielt er aus.

Allmählich lichtete sich der Nebel. Er stand nun auf einem Waldweg, der ihm fremd war. Links und rechts ein lichter Laubwald, Bäume mit mächtigen, grünen Kronen neigten sich über ihn. Vögel zwitscherten, ein breiter Bach begleitete den Weg. Er selbst hatte plötzlich Gummistiefel an, dicke grüne, wie sie die Jäger und Fischer tragen.

Da stand auch – er konnte es kaum glauben - die alte, knorrige, hohle Eiche von ihrem Camping-Platz, in der ein Käuzchen wohnte, das nun herauskam und Frank freundlich grüßte. „Alles Gute!“, rief es, „wünsch mir Glück beim Mäusefang!“

Frank spähte um sich, doch kein Campingplatz war zu sehen und der Fluss, der in einiger Entfernung vorbeifloss, war nur ein schmaler, murmelnder Bach.

„Toll!“, dachte Frank, „bisher nichts Gefährliches! Super!“

Dann wagte er sich vorwärts, er ging los, den Weg entlang. Dicke Baumwurzeln streckten sich darüber, Frank musste aufpassen, dass er nicht stolperte. Er wanderte weiter und dachte noch: „Wo bin ich da bloß hingeraten?

Was blüht mir da noch alles!“

Ein Hase hoppelte über den Weg, blieb stehen, sah ich an und rief: „Hey Frank! Alles im grünen Bereich?“ und hoppelte weiter.

Frank ging weiter, trat dann ans Ufer des Baches und blickte hinein. Drinnen flitzten bunte Fische, die Frank noch nicht gesehen hatte, ein Fischotter schwamm auf und ab und prustete: „Happy Birthday, Frank!“ Das war alles. Nichts Aufregendes passierte.

Dann aber, an einer Wegbiegung, stand plötzlich ein Mann auf dem Weg. Er hatte glänzend schwarze Hosen an und ein T-Shirt mit einem grinsenden Totenkopf in Grün und zwei gekreuzten Knochen in Gelb. Breitbeinig stand er da und blockierte den Weg.

„Hallo Frank“, sagte er freundlich, „Wohin des Weges?“

„Wer bist denn du?“, fragte Frank.

„Das tut nichts zur Sache“, sagte der Mann, „ich will dir was verkaufen.“ Er zog ein großes Messer mit Steckklinge aus der Tasche und fragte: „Was gibst du mir für das Messer?“

Frank sah sich das Messer an, es war recht eindrucksvoll, groß und schwer, mit einem Griff aus Hirschhorn und blitzender Klinge, die allerdings eingeklappt war.

„Leider habe ich kein Geld bei mir“, sagte Frank, „ich kann dir also das Messer nicht abkaufen!“

„Na, irgendwas wirst du mir doch geben können“, rief der Mann, „ich sehe da ein elektronisches Gerät in deiner Hosentasche. Das würde ich schon nehmen.“

„Nein, nein“, sagt Frank, „das geb ich nicht her, das brauche ich noch.“

Da änderte sich der Fremde. Sein Gesicht wurde plötzlich böse, seine Augen blitzten, er ließ sein Messer aufschnappen und kam auf Frank zu.

„Her mit der Fernbedienung!“, schrie er, „sonst kannst du mein Steckmesser kosten.“

Drohend kam er immer näher, das Messer auf Frank gerichtet, der hilflos um sich schaute, aber da war kein Ausweg. Schweiß brach ihm aus, denn wenn der Gangster die Fernbedienung bekam, war alles aus. Er konnte dann nicht mehr zurück.

Da urplötzlich stürzte von oben eine Elster herab, riss dem Mann das Messer aus der Hand und flog damit auf den nächsten Ast.

„He, he“, lachte sie, „das hast du nun davon du schräge Figur! Du kriegst das Messer wieder, wenn der Frank von seiner Wanderung zurückkommt. Bis dahin sei hübsch brav, mein Lieber!“ und lachend flog sie davon, das Messer im Schnabel.

Wütend knurrte der Mann irgendeinen Fluch und zog sich in den Wald zurück. Mit Herzklopfen ging Frank weiter, gespannt, was noch alles passieren würde.

Der Weg wurde nun schmaler, wurde zum engen Steig, links und rechts standen nun hohe Büsche und Stauden, manche blühten, manche waren einfach grün.

Und dann geschah es. Eine dicke Riesenschlange kroch aus den Büschen und ringelte sich auf dem Weg.

„Na, Frank“, sagte sie, „jetzt kriegst du’s wohl mit der Angst zu tun! Gegen mich bist du machtlos.“

Frank sah sie aufmerksam an.

„Was machst du denn hier?“, fragte er, „du bist eine Boa constrictor, die gehört in den Urwald von Südamerika, aber nicht in unseren Wald!“

„Klugscheißer“, zischte die Schlange, „du siehst doch, dass ich da bin. Habe ich mich eben verirrt! Und wenn du frech wirst, verpasse ich dir einen Giftbiss, der sich gewaschen hat!“

„Quatsch“, sagte Frank, „Riesenschlangen haben kein Gift, das weiß doch jedes Kind!“

„Jetzt hör sich einer den Knaben an! Noch nass hinter den Ohren, aber schon ein Klugscheißer! Wohin gehst du eigentlich kleiner Mann?“

„Das weiß ich doch nicht! Das weiß nur das Programm!“

„Aha!“, sagte die Schlange, „du bist ferngesteuert! Na dann halte mir mal dein Handy ans Ohr, vielleicht kann ich dir helfen.“

„Erstens ist das kein Handy.“

„Na, die Fernbedienung halt, du Dussel.“

„Und zweitens haben Schlangen keine Ohren. Also, was soll‘s?“

„Der Mann ist informiert“, lachte die Boa. „Dann zeig mir deine Fernbedienung, vielleicht kann ich sehen, wohin du gehst.“

„Kenn ich schon! Dann nimmst du mir die Fernbedienung weg und ich bin der Angeschmierte!“

„Also ich gebe dir mein großes Schlangen-Ehrenwort: Ich nehme dir das Ding nicht weg!“