Der Goldkäfer (Schatzsuche-Detektivgeschichte) - Edgar Allan Poe - E-Book

Der Goldkäfer (Schatzsuche-Detektivgeschichte) E-Book

Edgar Allan Poe

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  • Herausgeber: e-artnow
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2014
Beschreibung

Dieses eBook: "Der Goldkäfer (Schatzsuche-Detektivgeschichte)" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Der Goldkäfer ist eine Geschichte von Edgar Allan Poe, in der im Rahmen einer Schatzsuche ausführlich die Dechiffrierung einer Geheimschrift anhand von Häufigkeitszahlen der einzelnen Buchstaben in englischen Texten erläutert wird. Die Geschichte nimmt ihren Ausgang auf Sullivan's Island, wo der Erzähler seinen Freund Legrand besucht, der in einer Hütte gemeinsam mit seinem freigelassenen Sklaven Jupiter wohnt. Legrand berichtet dem Erzähler, einen ungewöhnlichen Fund gemacht zu haben: einen metallisch schimmernden Skarabäus. Da Legrand den Käfer an einen begeisterten Entomologen verliehen hat, ist er gezwungen, dem Erzähler eine Skizze des Skarabäus' auf einem alten Stück Pergament anzufertigen, das er am Strand entdeckt hat. Es folgt eine verwirrende Szene, die daraus resultiert, dass der Erzähler auf dem Pergament die Zeichnung eines Totenschädels statt eines Käfers erkennt. Nach einigen Wochen besucht Jupiter den Erzähler und übergibt ihm einen Brief Legrands, der um einen Besuch bittet. Außerdem berichtet der freigelassene Sklave, dass sein ehemaliger Herr anscheinend den Verstand verloren habe, was Jupiter auf die unheilige Wirkung des Goldkäfers zurückführt. Als der Erzähler Legrand den gewünschten Besuch abstattet, überredet der scheinbar vom Goldfieber besessene Legrand ihn, zu einer Schatzsuche aufzubrechen. Es folgt eine seltsame Odyssee zu einem Baum auf dem Festland, in dessen Umfeld anscheinend, so bedeutet Legrand, der Schatz vergraben liegt.

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Seitenzahl: 65

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Edgar Allan Poe

Der Goldkäfer (Schatzsuche-Detektivgeschichte)

Übersetzer: Wilhelm Cremer

e-artnow, 2014
ISBN 978-80-268-2217-2

Inhaltsverzeichnis

Cover
Titelblatt
Text

Vor vielen Jahren befreundete ich mich mit einem gewissen William Legrand. Er stammte aus einer alten Hugenottenfamilie und war einst wohlhabend gewesen, bis er durch eine Folge von Unglücksfällen verarmte. Um nun den Demütigungen seiner üblen Lage zu entgehen, verließ er seine Vaterstadt New Orleans und schlug seinen Wohnsitz auf der Sullivansinsel nahe bei Charleston in Südkarolina auf.

Es ist dies eine merkwürdige Insel. Sie besteht eigentlich nur aus Seesand und ist ungefähr drei Meilen lang und höchstens eine Viertelmeile breit. Vom Festland trennt sie ein kaum bemerkbarer Flußarm, der sich träge durch eine Wildnis von Schilf und Schlamm wälzt und den Lieblingsaufenthalt der Wasserhühner bildet. Natürlich ist die Vegetation ärmlich und niedrig, einigermaßen hohe Bäume gibt es überhaupt nicht. Am Westende beim Fort Moultrie, wo einige elende Holzhäuser stehen, die im Sommer Bewohnern von Charleston eine Zuflucht vor Staub und Fieber bieten, wächst die stachlige Zwergpalme. Sonst aber ist die ganze Insel, wenn man von einem schmalen weißen Küstenstreifen an der Seeseite absieht, dicht bedeckt mit den Sträuchern der wohlriechenden Myrte, die bei den englischen Gärtnern so beliebt ist. Sie erreichen hier manchmal eine Höhe von fünfzehn bis zwanzig Fuß und bilden ein fast undurchdringliches, von schwerem Duft erfülltes Dickicht.

Im tiefsten Innern dieses Dickichts, nahe beim östlichen und entlegensten Ende der Insel, hatte Legrand eine kleine Hütte gebaut, die er bewohnte, als ich, rein durch Zufall, seine Bekanntschaft machte. Bald entwickelte sich zwischen uns eine Freundschaft, denn es gab vieles bei diesem Einsiedler, was mein Interesse und meine Achtung erweckte. Er besaß eine gute Erziehung und ungewöhnliche geistige Fähigkeiten, war aber etwas menschenscheu und fiel oft in wunderliche Stimmungen, die zwischen höchster Begeisterung und tiefster Schwermut schwankten. Er besaß eine Menge Bücher, las aber selten darin. Seine Lieblingsbeschäftigung war Jagd und Fischfang. Auch schlenderte er gerne an der Küste und in den Büschen herum und suchte merkwürdige Muscheln und Insekten. Besonders um seine Insektensammlung würde ihn sogar ein Swammerdamm beneidet haben. Gewöhnlich begleitete ihn bei diesen Ausflügen ein alter Neger namens Jupiter, dem die Familie schon vor dem Zusammenbruch die Freiheit geschenkt hatte. Aber weder durch Drohungen noch Versprechungen konnte man ihn von dem abbringen, was er als sein gutes Recht betrachtete, nämlich seinem jungen »Massa Will« auf Schritt und Tritt zu folgen und ihm zu dienen. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Verwandten Legrands, die diesen für geistig nicht ganz normal hielten, Jupiter absichtlich die Idee eingeflößt hatten, um so dem Sonderling eine Aufsicht und einen Schutz zu geben.

Im Breitengrad der Sullivansinsel sind die Winter meistens sehr mild, und es kommt selten vor, daß man einmal Feuer anmachen muß. Mitte Oktober 18… hatten wir aber einmal einen bemerkenswert kalten Tag. Es war kurz vor Sonnenuntergang, als ich mir durch das Immergrün meinen Weg nach der Hütte meines Freundes bahnte. Ich hatte ihn seit mehreren Wochen nicht mehr besucht, denn ich wohnte damals neun Meilen von der Insel entfernt in Charleston, und die Gelegenheit zur Hin-und Rückfahrt war damals nicht so bequem wie heute. Bei meiner Ankunft an der Hütte klopfte ich wie gewöhnlich, und da ich keine Antwort bekam, suchte ich mir den Schlüssel, denn ich wußte, wo er versteckt war, öffnete die Türe und trat hinein. Ein helles Feuer brannte im Kamin. Das war eine Überraschung, aber durchaus keine unangenehme. Ich warf meinen Mantel ab, zog einen Armstuhl in die Nähe der knisternden Holzkloben und wartete geduldig auf die Ankunft meiner Wirte.

Bald nach Eintritt der Dunkelheit kamen sie an und empfingen mich aufs herzlichste. Jupiter grinste über das ganze Gesicht und machte sich eilig daran, ein paar Wasserhühner für das Abendessen zu braten. Legrand war wieder einmal in einem seiner Anfälle von Begeisterung. Er hatte eine unbekannte Muschel gefunden, die eine neue Art bildete, und mehr als das, es war ihm mit Jupiters Hilfe gelungen, einen Käfer zu fangen, den er für gänzlich neu hielt, über den er aber am nächsten Morgen meine Meinung wissen wollte.

»Und warum nicht heute abend?« fragte ich, indem ich mir über der Glut meine Hände rieb und das ganze Geschlecht der Käfer zum Teufel wünschte.

»Ja, wenn ich nur gewußt hätte, daß Sie hier wären!« sagte Legrand. »Aber ich habe Sie so lange nicht mehr getroffen, und wie konnte ich da vorhersehen, daß Sie mir gerade am heutigen Abend einen Besuch abstatten würden? Auf dem Heimwege traf ich Leutnant G. vom Fort und lieh ihm dummerweise den Käfer, darum können Sie ihn erst morgen sehen. Bitte, übernachten Sie bei mir, und bei Sonnenaufgang will ich Jupiter danach schicken. Er ist das Herrlichste, was es auf der Welt gibt!«

»Wer? der Sonnenaufgang?«

»Unsinn! der Käfer! Er ist so groß wie eine dicke Walnuß, hat eine brillante Goldfarbe mit zwei pechschwarzen Flecken an einem Ende des Rückens und einem etwas längeren Fleck am andern Ende. Die Fühlhörner sind –«

»Keine Farbe daran, Massa Will«, unterbrach hier Jupiter. »Käfer sein Goldkäfer, durch und durch Gold, überall Gold, nur nicht Flügel. Nie halb so schweren Käfer im Leben gehabt.«

»Angenommen, es ist so, Jup«, antwortete Legrand mit etwas mehr Ernst, als der Fall nach meiner Ansicht erforderte, »brauchst du deswegen die Hühner anbrennen zu lassen? Die Farbe –« hier wandte er sich wieder zu mir – »ist tatsächlich leuchtend genug, um Jupiters Idee Kraft zu geben. Sie haben noch nie einen so brillanten Metallglanz gesehen, wie ihn seine Einkerbungen ausstrahlen – aber darüber können Sie erst morgen früh urteilen. Inzwischen will ich Ihnen einen Begriff von seiner Form geben.« Mit diesen Worten setzte er sich an einen kleinen Tisch, auf dem sich Feder und Tinte, aber kein Papier befand. Er suchte in einer Schublade, fand aber keins.

»Übrigens genügt auch dies«, sagte er schließlich und zog aus seiner Westentasche einen Fetzen, der wie sehr schmutziges Aktenpapier aussah. Dann zeichnete er mit der Feder eine flüchtige Skizze darauf, während ich beim Feuer sitzen blieb, denn es war noch sehr kühl. Als er mit der Zeichnung fertig war, reichte er sie mir, ohne aufzustehen, herüber, und ich nahm sie in die Hand. Gerade in diesem Augenblick hörte man draußen ein lautes Knurren und dann ein Kratzen an der Tür. Jupiter öffnete, und ein großer Neufundländer, der Legrand gehörte, stürzte herein, sprang mir auf die Schulter und überschüttete mich mit Liebkosungen, denn ich war bei meinen früheren Besuchen sehr freundlich gegen ihn gewesen. Als seine Freudensprünge vorbei waren, besah ich mir das Papier und war, um die Wahrheit zu sagen, nicht wenig erstaunt über das, was mein Freund gezeichnet hatte.

»Nun ja«, sagte ich, nachdem ich es eine Weile betrachtet hatte, »das ist wirklich, wie ich gestehen muß, ein seltsamer Käfer. Er ist für mich ganz neu, und ich habe nie etwas Ähnliches gesehen – es sei denn bei einem Schädel oder Totenkopf, mit dem er mehr Ähnlichkeit hat als alles, was mir bisher vorgekommen ist.«

»Ein Totenkopf«, wiederholte Legrand. »Jawohl, etwas Ähnlichkeit hat er ohne Zweifel in der Zeichnung damit. Die beiden oberen schwarzen Flecke sehen wie Augen aus – nicht wahr? Und unten der längere wie ein Mund – auch ist der Umriß oval.«

»Vielleicht«, antwortete ich. »Übrigens, Legrand, ich fürchte, Sie sind kein großer Künstler, und ich muß warten, bis ich den Käfer selbst sehe, um mir von seinem wirklichen Aussehen ein Bild zu machen.«

»Nun, ich weiß nicht«, sagte er etwas gereizt, »ich zeichne sonst ganz leidlich – ich sollte es wenigstens, denn ich habe eine gute Schule gehabt und schmeichle mir auch, daß ich nicht so unbegabt bin.«