Der Himmel über Garmisch - Martin Schüller - E-Book

Der Himmel über Garmisch E-Book

Martin Schüller

4,3

Beschreibung

Ein Drogenlabor im Heustadel. Russische Killer und korrupte Polizisten. Im Auftrag des LKA kommt Kommissar Schwemmer zurück nach Garmisch - und weiß nicht, was er glauben soll. Vor allem aber: wem? Dunkle Wahrheiten lauern hinter idyllischen Fassaden. Wer sind in diesem perfiden Spiel eigentlich die Guten, und auf welcher Seite steht Schwemmer selbst?

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Martin Schüller, geboren 1960 im Rheinland. Nach 25 Jahren als Schlagzeuger, Komponist und Texter in diversen Rock- und Jazzbands wechselte er die Kunstform und wurde Schriftsteller. Seit dem Bestseller »Tod in Garmisch« gilt er als Oberbayernspezialist.

Dieses Buch ist ein Roman. Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind nicht gewollt und rein zufällig.

© Emons Verlag GmbH Alle Rechte vorbehalten Umschlagmotiv: photocase.com/fritzoskar Umschlaggestaltung: Tobias Doetsch eBook-Erstellung: CPI – Clausen & Bosse, LeckISBN 978-3-86358-433-7 Originalausgabe

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Thou shouldst not have been old till thou hadst been wise.

Du hätt’st nicht alt werden sollen, eh’ du klug geworden wärst.

W. Shakespeare, King Lear

You do what I do for too long, and there won’t be any soul left to salvage.

Wenn man meinen Job zu lange macht, bleibt nicht mehr genug Seele übrig, um sie zu retten.

James Bond, Casino Royale

EINS

Er war im Nebel losgefahren, aber hier oben schien die Sonne. Unten war es eine graue Brühe gewesen, von hier sah es aus wie zarte Watte. Erster Kriminalhauptkommissar Schafmann stellte seinen Wagen neben dem blauen Kombi mit dem aufgesteckten Blaulicht ab und stapfte durch das hohe, noch feuchte Gras auf den Stadel zu.

Oberinspektor Krengel wartete am Eingang auf ihn. »Kopfschuss«, sagte er und deutete in den fensterlosen und darum dunklen Raum.

Dräger vom Erkennungsdienst kniete neben einem am Boden liegenden Körper und untersuchte ihn im Licht einer Batterielampe.

»Männlich, vielleicht Mitte dreißig«, sagte er, als er Schafmann bemerkte. »Aus der Nähe in die Stirn getroffen. Noch ganz gut in Schuss, kann noch nicht allzu lange hinüber sein. Und das da …«, er drehte die Lampe auf ihrem Stativ, der Strahl fuhr an den Wänden entlang, »… das ist für mich ein Labor zur Herstellung von Methamphetamin.«

»Hier oben?« Schafmann streckte den Kopf durch die Türöffnung. »Darf ich reinkommen?«

»Nein«, sagte Dräger. »Noch lange nicht. Hier sind eine Menge seltsamer Spuren, die ich noch nicht zuordnen kann. Und renn auch draußen nicht rum. Ich warte auf Verstärkung.«

Schafmann konnte auch so genug erkennen. Auf einer grob gezimmerten Arbeitsfläche standen gasbetriebene Herdplatten, Töpfe, Glaskolben, Kanister und Plastikcontainer, auf dem Boden etliche Plastikfässer, von denen ein giftiger Geruch ausging.

»Scheiße«, murmelte er. Dräger hatte recht. Hier hatte jemand synthetische Drogen hergestellt. Ein Drogenlabor und eine Leiche waren Dinge, die ihm nicht gefehlt hatten. »Von den Drogen selbst gibt’s keine Spur, nehm ich mal an?«

»Natürlich nicht«, sagte Dräger. »Wenn einer einen Drogenkoch umlegt, wird er wohl irgendeine Form von Interesse an dem Zeug haben.«

»Wer hat ihn eigentlich gefunden?«

»Der Kollege Grellmayer«, sagte Dräger leichthin.

»Wie bitte?«, entfuhr es Schafmann.

»War zufällig hier oben unterwegs«, sagte Dräger. Es klang sehr betont gleichmütig.

»Zufällig? Was macht man denn hier zufällig?«

»Er meint, er fährt manchmal in die Berge«, sagte Krengel hinter ihm. »Nur so, zur Entspannung.«

»Er fährt? Mit dem Auto? Hier?«

Krengel hob die Hände. »Hat er gesagt. Ich hab ihm gesagt, das sei verboten, da hat er gesagt, dann soll ich ihm eben eine Knolle verpassen … Aber ich glaub, das hat er nicht ernst gemeint.«

Schafmann winkte ab. Er hatte keine Ahnung, wie Krengel es durch die Ausbildung geschafft hatte – für sein Gefühl machte der Mann mehr Arbeit, als er erledigte. Vielleicht war Schafmann auch durch die Zusammenarbeit mit Oberinspektorin Zettel verwöhnt. Aber es war, wie es war, Zettel war weg, er hatte keinen anderen.

»War Grellmayer hier, als ihr raufkamt?«

»Nein. Er ist runter zur Wache gekommen. Hatte kein Handy dabei.«

»Komisch. Ich dachte, das Ding sei an seinem Ohr festgewachsen. Und wo steckt er jetzt?«

»Ist unten geblieben. Bericht schreiben, sagt er.«

Schafmann rieb sich die Augen. Der Erste, der nach einem Mord zufällig in diesen gottverlassenen Stadel in eintausendvierhundert Metern Höhe guckte, war ein Polizist. Und zwar ausgerechnet Grellmayer. Und Grellmayer schrieb einen Bericht. Der würde dann das Erste sein, was Polizeidirektor Hessmann zu dem Fall zu lesen bekam.

Hessmann war nicht der Typ Vorgesetzter, der es mochte, wenn man an der Arbeit von Kollegen herumkrittelte. Alles, was in Grellmayers Bericht stand, war also erst mal Arbeitsgrundlage.

Schafmann zerbiss einen Fluch. Grellmayer war gut in diesen Dingen. Er fand vielleicht zufällig eine Leiche. Aber einen Bericht schrieb er nicht zufällig.

Mehrere Wagen kamen den Wirtschaftsweg herauf. Der graue Transporter vom K3 erreichte die Lichtung, und zu seinem Missvergnügen entdeckte Schafmann dahinter Polizeidirektor Hessmanns privates BMW-Geländewagenimitat. Der Transporter hielt am Rand der Lichtung neben Schafmanns Audi, aber Hessmann pflügte an ihm vorbei über den feuchten Boden an den Stadel heran.

»Da brauchst du nicht mehr nach Spuren suchen«, sagte Schafmann zu Dräger, der in der Tür des Stadels aufgetaucht war. Dräger war anzusehen, dass er sich eine Bemerkung verkniff.

»Grüß Gott, die Herren«, rief Hessmann gut gelaunt, als er aus dem Wagen sprang.

Dräger und Schafmann murmelten jeder ein »Servus«, Krengel machte einen Diener.

»Können Sie mir etwas berichten, das Herr Grellmayer mir noch nicht erzählt hat?«

Bevor jemand Hessmann bitten konnte, den Stadel nicht zu betreten, war er schon drin. Schafmann packte ihn entschlossen an der Schulter. Sein Chef fuhr herum und bedachte ihn mit einem giftigen Blick, bevor er seinen Fehler erkannte und einen Schritt rückwärts wieder aus der Tür machte. Zu einer Entschuldigung mochte er sich allerdings nicht durchringen.

Dräger wiederholte die Kurzzusammenfassung seiner ersten Eindrücke und setzte hinzu: »Ich schätze den Inhalt der Fässer grob auf insgesamt achtzig Kilo. Wenn wir annehmen, dass darin der bei der Crystal-Produktion anfallende toxische Müll ist, wären hier also mindestens fünfzehn bis zwanzig Kilo hergestellt worden.«

»Wie bitte?«, fragte Hessmann. Er steckte den Kopf durch die Tür und sah sich das Labor an. »In diesem Verhau soll jemand professionell Drogen hergestellt haben? Herr Dräger, das ist nicht Ihr Ernst. Prüfen Sie erst mal, was wirklich drin ist, in den Fässern.«

Dräger nickte stoisch und ging wieder an die Arbeit. Seine Leute kamen vom Transporter heran und sperrten, Entschuldigungen murmelnd, den Tatort so weit ab, wie es Hessmanns geparktes SUV-Monster zuließ. Ein weiterer Kombi vom K3 kam vom Weg her auf die Lichtung gefahren.

»Das ist lächerlich«, sagte Hessmann. »Warum sollte jemand hier oben ein Drogenlabor einrichten?«

»Weil man es nicht findet«, antwortete Schafmann.

»Aber Herr Grellmayer hat es gefunden.«

»Mhm«, sagte Schafmann.

Hessmann sah ihn von der Seite an. »Höre ich da irgendeinen Unterton, Herr EKHK?«

»Ich weiß nicht, was Sie meinen, Herr Polizeidirektor.«

Hessmann räusperte sich. »Mein Eindruck ist, dass der Kollege Grellmayer nicht überall in der Inspektion die Unterstützung und Solidarität erfährt, die er erwarten dürfte – und die ich erwarte.«

Schafmann schwieg.

Hessmann packte ihn am Oberarm und zog ihn hinter sich her, weg von den mittlerweile zahlreichen Kollegen.

»Die Tatsache, dass es Anschuldigungen gegen Herrn Grellmayer gab, darf in keinster Weise zu irgendwelchen Vorbehalten führen«, sagte er halblaut. »Jeder einzelne Vorwurf gegen ihn wurde widerlegt. Er ist ein Kollege, der sich auf uns alle verlassen können muss, Herr Schafmann. Und Sie als Leiter der Kriminalpolizei in unserer Dienststelle sollten da – nein müssen da Vorbild sein.«

Schafmann nickte nur. Er sah hinunter auf seinen Jackettärmel, in den Hessmann immer noch seine Finger gekrallt hatte. Hessmann ließ ihn los, als er den Blick bemerkte.

»Wenn Sie mich entschuldigen würden«, sagte Schafmann. »Ich muss an meinen Schreibtisch.«

Er ließ Hessmann stehen und stieg in seinen Wagen. Überrascht sah er auf, als die Beifahrertür aufgerissen wurde. Es war Krengel.

»Der Kollege Rossmeisl braucht den Kombi. Kann ich bei Ihnen mitfahren?«, fragte er, als er mit einem entschuldigenden Lächeln einstieg.

Schafmann hätte ihn am liebsten hier oben gelassen. Er ließ den Motor an und fuhr bergab.

»Dann wollen wir mal hoffen, dass unser Chef recht hat und da oben niemand Drogen hergestellt hat«, sagte er.

Krengel antwortete nicht sofort. Wahrscheinlich versuchte er herauszufinden, ob Schafmanns Bemerkung despektierlich oder ernst gemeint war.

»Aber was soll da sonst passiert sein, mit den ganzen Chemikalien?«, fragte er endlich.

»Vielleicht hat jemand Filme entwickelt«, antwortete Schafmann. »Wenn wir unten sind, rufen Sie den Förster an. Finden Sie raus, wem der Stadel gehört.«

»Jawohl.« Krengel klang erleichtert. Eine klar umrissene, lösbare Aufgabe, das war sein Ding.

»Und wenn Sie es rausgekriegt haben, will ich alles wissen, was es über den Besitzer gibt.«

Diesmal klang Krengels »Jawohl« schon zaghafter.

»Und zwar pronto.«

Schafmann hörte keine Antwort. Wahrscheinlich war sie vom Motorengeräusch verschluckt worden.

***

Der Teppich war schäbig. Auch der Rest des Mobiliars in der Dachstube war nicht wirklich gediegen. Nur alt.

Hardy Lepper saß auf dem Rand des Bettes und sah nirgendwohin. Er konnte das. Nicht nur, wenn es sein musste.

Es musste nicht sein. Er musste nur aufstehen und das große Dachfenster hochklappen, dann könnte er die Berge sehen. Eine ganze Kette. Der höchste war die Zugspitze, hatte man ihm gesagt. Aber er blieb sitzen, legte nur den Kopf in den Nacken und starrte in den Himmel über Garmisch.

Marie stand neben der Tür. Sie sah ihn an, mit dem Blick, mit dem sie ihn meist ansah. Verstehend, zweifelnd, liebevoll. Ihre schweigende Gegenwart erfüllte den Raum mit einer sanften Wärme. Er lächelte.

Sein Handy läutete. Es war Carlo. Sein Boss.

»Ich muss mit dir reden«, sagte Carlo.

»Ich komme runter«, antwortete Hardy.

»Nein. Ich komm rauf.«

Hardy sah sich um. Marie war verschwunden. Er erhob sich, ging hinüber zu dem kleinen Tisch. Besuch von Carlo war ungewöhnlich. Er befreite den zweiten Stuhl von einem Stapel Zeitschriften, den er einfach unters Bett schob. Über dem kleinen Waschbecken neben der Tür hing ein Spiegel. Nach einem prüfenden Blick fuhr er sich mit beiden Händen durch die Haare. Kurz überlegte er, eine Krawatte anzulegen, aber er ließ es bleiben.

Sekunden später klopfte es kurz, und Hanns-Karl Unterwexler kam herein. Niemand nannte ihn Hanns-Karl. Er war Carlo. Unter dem Namen hatte er gekämpft. Im Ring. Und auf der Straße. Aber das war lange her. Seit vielen Jahren schon ließ er andere kämpfen. Im Ring. Und auf der Straße.

»Unten ist im Moment zu viel Betrieb«, sagte Carlo. »Ula kommt alle zwei Minuten rein und will irgendwas wegen dem Fest wissen.«

Mit einer Geste bot Hardy ihm den Stuhl an, aber Carlo blieb stehen.

Der Name Carlo passte eigentlich nicht mehr zu ihm. Er war Mitte sechzig und achtete auf eine seriöse Garderobe. Seine Figur war immer noch stattlich, aber an einigen entscheidenden Stellen schon recht gerundet. Doch auch, wenn man ihm den Boxer nicht mehr ansah, wäre niemand auf die Idee gekommen, ihn mit seinem echten Vornamen anzureden.

Carlo zog seine Zigarillos aus der Tasche seiner Hausjacke und zündete sich einen an. Hardy setzte sich an den Tisch, griff nach seinen Zigaretten und tat es ihm gleich. Schweigend nahmen sie ein paar Züge.

Hardy war seit dreiundzwanzig Jahren bei Unterwexler. Zwar hatte es in der Zeit zwei längere Unterbrechungen gegeben, aber so etwas brachte der Job mit sich. Hardy hatte sich immer auf Carlo verlassen können. Carlo hatte immer getan, was möglich war, und hatte ihn nie daran zweifeln lassen, dass er wieder einsteigen konnte. Dass er versorgt sein würde, wenn er rauskam.

Carlo sah sich im Zimmer um, auf seiner Stirn erschien eine steile Falte. »Was ist denn das für eine Bude? Gab’s nichts Besseres für dich? Hier gibt’s ja nicht mal ein Klo.«

»Passt schon«, sagte Hardy. »Klo und Dusche sind gegenüber. Wenn’s wichtig wäre, hätte ich schon für was anderes gesorgt, verlass dich drauf. Du kennst mich doch. Mir ist so was egal.«

»Wenn du das sagst …«

Manche meinten, Carlo sei altmodisch, und vielleicht hatten sie recht. Aber Hardy war es noch nie altmodisch vorgekommen, wenn jemand sein Wort hielt und sich um seine Leute kümmerte. Vielleicht war er selber altmodisch.

Es war sein erster Job gewesen, nachdem er aus Südafrika zurückgekommen war. Wahrscheinlich würde es auch sein letzter sein. Niemand war länger dabei als er. Er war Carlos rechte Hand, ein Vertrauter. Nicht immer der wichtigste Ratgeber, jedenfalls nicht, wenn es ums Geschäft ging, aber er war immer in Carlos Nähe.

Vielleicht war er sogar ein Freund, mittlerweile – wenn ein Mann wie Carlo überhaupt so etwas wie Freunde hatte. Für Hardy war das genug. Mehr, als er für sein Leben erwartet hatte. Das Vertrauen eines großen Mannes. Für ihn war das Luxus.

Er wusste Dinge, die andere nicht wussten. Die niemand wusste. Wegen der es Tote geben würde, wenn die Falschen sie erfuhren.

Trotzdem hatte Carlo ihn noch nie in seinem Zimmer besucht. Sie rauchten schweigend.

»Gunther hat Ärger«, sagte Carlo endlich.

»Mit wem?«

»Weiß er nicht. In den letzten Tagen sind zwei unserer Türsteher schwer zusammengeschlagen worden. Im Ultra und im Hexenhaus. Von Unbekannten.«

»Welche beiden?«, fragte Hardy.

»Benni und Ilja. Benni wird auf einem Auge blind bleiben. Ob sie Iljas Knie wieder hinkriegen, wissen sie noch nicht.«

»Mist. Das sind gute Leute. Ilja vor allem.«

»Ja.«

»Was machen die Bullen?«

»Sind sauer. Schlechte Presse. Aber falls die den wilden Mann spielen wollen, erfahr ich’s rechtzeitig.«

»Haben wir genug Leute in Nürnberg?«

»Gunther meint, es reicht.«

»Ich könnte hinfahren.«

Carlo ging zum Dachfenster, öffnete es und sah hinaus. Die untergehende Sonne beschien sein Gesicht. »Der Junge muss auch mal allein klarkommen, wenn es ein bisschen brennt.«

»Könnte mehr als ein bisschen werden«, sagte Hardy.

»Abwarten.« Carlo blies Rauch aus dem Fenster. »Schließlich sind wir im Urlaub«, sagte er mit einem schiefen Grinsen.

»Wie lange willst du noch in Garmisch bleiben?«

»Solange es mir gefällt.«

»Es sind schon sechs Wochen«, sagte Hardy.

Vor sechs Wochen waren sie in die Villa eingezogen, die Hardy als Feriendomizil für die Familie gekauft hatte. Die sechs Wochen waren angefüllt gewesen mit Einkaufen und Einrichten, Umrücken und Austauschen der mitgekauften Möbel, Ärger mit Gärtnern und Handwerkern, Vorbereitung der Einweihungsfeier. Die sechs Wochen waren im Flug vergangen.

Aber in ihrem Business waren sechs Wochen eine Ewigkeit. Hardy zog an seiner Zigarette und sah Carlo an, der immer noch aus dem Dachfenster starrte. Ein alter Löwe, so kam er ihm vor. Ein alter Löwe, des Kämpfens müde.

»Mir gefällt es hier«, sagte Hardy. »Ich hab nur ein wenig Sorge, dass es Reagan und seinen Jungs langweilig werden könnte. Und Ula.«

»Ula plant das Fest. Damit ist sie erst mal beschäftigt. Und Reagan muss endlich lernen zu gehorchen.«

Hardy sagte nichts. Reagan war Gunthers jüngerer Bruder. Eigentlich hieß er Ronald, aber niemand nannte ihn so. Ihn unter Kontrolle zu halten, war schwieriger, als sie beide es sich hatten vorstellen können.

»Verdammt, er wird bald dreißig«, sagte Carlo zum Fenster hinaus.

»Seine Männer, die taugen nichts. Du solltest sie rausschmeißen.«

»Dann muss ich ihn auch rausschmeißen.«

»Dann mach das.«

Ein langes Schweigen breitete sich aus. Carlo starrte in die Abendsonne.

»Er ist mein Sohn«, sagte er endlich und drehte sich zu Hardy. »Und der Sohn von Marie.«

Er sprach beherrscht, aber seine Kiefer mahlten. Hardy hob beschwichtigend die Hand. Einen Moment sahen sie sich in die Augen, dann wandte Carlo den Blick und sah wieder aus dem Fenster.

»Was ist los?«, fragte Hardy.

»Nichts, über das sich zu reden lohnt«, sagte Carlo, ohne ihn anzusehen.

»Nerven?«

»Vielleicht.«

»Vielleicht tut dir auch der Urlaub nicht gut.«

»Dass das Geschäft mir besser täte, bezweifle ich.«

»Aber du tätest dem Geschäft gut. Wir sind zu lange weg, wenn du mich fragst.«

Langsam wandte Carlo ihm den Kopf zu.

»Ich frag dich aber nicht«, sagte er, ganz ruhig. »Es ist meine Entscheidung.«

»Natürlich. Aber gib Gunther nicht zu viel Leine.«

Carlo sah wieder in den weiß-blauen Himmel hinaus. »Nein«, antwortete er, aber in seinem Blick stand Sorge.

ZWEI

»Nehmen Sie doch Platz, Herr Schwemmer.«

Polizeidirektor Wasl wies auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. Sein Lächeln kam Schwemmer ziemlich geschäftsmäßig vor, was aber vielleicht daran lag, dass er noch ein wenig fremdelte mit seiner neuen Dienststelle im bayerischen LKA. Außerdem waren freundliche Polizeidirektoren etwas, das er in seiner Laufbahn selten erlebt hatte, und wenn, hatte die Freundlichkeit meist einen Haken gehabt.

Aber er rief sich zur Ordnung. Wasl hatte ihm in den drei Monaten, die er nun hier im Dezernat 61 war, keinen Grund zur Klage geliefert. Er und die meisten Kollegen waren ihm höflich und respektvoll begegnet, von den üblichen Ausreißern mal abgesehen. Aber eine Dienststelle ohne eine Handvoll Misanthropen, Maulhelden und/oder Deppen war ihm noch nie untergekommen. Und ihre Zahl lag hier absolut im Durchschnitt.

»Sie haben gehört, dass der Kollege Niedermayer krank ist?«, fragte Wasl.

Schwemmer nickte.

»Und nun ist bedauerlicherweise die Mutter von Frau Krösen verstorben, weshalb sie Sonderurlaub beantragt hat, den wir ihr natürlich nicht verweigern wollen … Kurz, Herr Schwemmer: Ich hab keinen anderen.«

»Wovor hätten Sie mich denn gern bewahrt?«, fragte Schwemmer.

»Davor, gleich wieder in die Heimat geschickt zu werden«, sagte Wasl. »Wir versuchen das normalerweise zu vermeiden, weil es immer wieder zu Irritationen kommt, wenn man mit den ehemaligen Kollegen und Untergebenen zusammenarbeitet. Man muss sich seiner Rolle da immer bewusst sein.«

Schwemmer schob den Unterkiefer vor. Er sagte nichts.

Wasl lächelte milde. »Das scheint Ihnen nicht zu behagen …«

»Die Gründe haben Sie selbst genannt«, sagte Schwemmer. Es behagte ihm wirklich nicht. Er hatte sich nicht von dort wegversetzen lassen, weil er sich besonders wohlgefühlt hatte.

»Aber die Gründe, warum es sich leider nicht vermeiden lässt, hab ich auch genannt, gell?«, sagte Wasl.

»Was sagt Hessmann denn dazu, dass ich da auftauche?«, fragte Schwemmer.

»Ehrlich gesagt habe ich Polizeidirektor Hessmann nicht nach seiner Meinung gefragt.«

»Verstehe. Dann bin ich also das Überraschungsei.«

»Ich würde es anders formulieren.«

»Von mir aus.« Schwemmer starrte verdrossen die Schreibtischplatte an.

»So etwas lässt sich einfach nicht immer vermeiden, Herr Kollege. Und ich muss Sie bitten, persönliche Animositäten zurückzustellen, solange es um den Fall geht.«

»Schon klar. Ich reiß mich zusammen.«

»It takes two to tango, wie ich gerne sage.«

»Ja ja. Passt scho. Solange nicht Hessmann die Ermittlungen leitet.«

»Nein. Das macht Hauptkommissar Schafmann.«

»Immerhin. Erzählen Sie mir von dem Fall. Drogen?«

»Ja. Deshalb sind wir mit im Spiel. Und ein Mord. Ein Mann wurde erschossen. In einem einsam gelegenen Stadel, ziemlich weit oben. Da scheint jemand eine Crystal-Küche eingerichtet zu haben.«

Schwemmer zog die Brauen hoch. »Im Ernst? In Garmisch? Wie groß?«

»Das sollen Sie herausfinden. Und auch sonst so viel wie möglich. Nach den ersten Informationen waren das keine reinen Amateure …« Wasl reichte Schwemmer einen Ordner über den Schreibtisch. »Der Tote ist bisher nicht identifiziert worden. Und da ist noch etwas. Sagt Ihnen der Name Hanns-Karl Unterwexler etwas?« Er schob eine weitere Akte über den Tisch.

»Irgendwas klingelt, aber konkret … eher nicht.«

»Nennt sich Carlo, Carlo Unterwexler. Jahrgang ’48, Witwer, zwei Söhne, eine Tochter. Gastronom und Boxpromoter aus Nürnberg. Kontrolliert da große Teile des Nachtlebens. Und, wie wir glauben, auch den Drogenhandel. Ist natürlich unbewiesen. Er macht seit einigen Wochen Urlaub. Und zwar in Garmisch-Partenkirchen.«

»Ernsthaft Urlaub?«

»Was anderes haben wir nicht beobachten können. Er hat eine Villa in Partenkirchen gekauft. Da wohnt er mit Teilen seiner Familie, ein paar Angestellten und wechselnden Gästen. Bisher unauffällig. Aber eine Verbindung wäre natürlich naheliegend. Behalten Sie ein Auge drauf.«

»Werd ich machen.«

»Man hat sich übrigens entschieden, die Öffentlichkeit nicht zu informieren. Der Tatort ist sehr abgelegen, aber relativ früh nach der Tat entdeckt worden. Die Kollegen in Garmisch hoffen, den oder die Täter in Sicherheit zu wiegen.«

»Verstehe.«

»Hauptkommissar Schafmann war Ihr Stellvertreter, gell?«

»Ja. Wir kennen uns gut.«

»Dann sollte es ja keine Probleme geben, nicht wahr? Immerhin ist er durch Ihre Versetzung ja die Treppe hinaufgefallen.«

»Ja«, sagte Schwemmer. »Aber gefallen ist er schon …«

***

Hardy saß am Esstisch in der Wohnküche der Villa. Es ging auf den Abend zu. Er hatte es sich erlaubt, nach dem Krafttraining im Fitnessraum im Keller sein ausgeleiertes graues Sweatshirt und die entsprechende Trainingshose anzulassen. Das kam nur in Frage, wenn der Boss nicht im Haus war. Carlo war mit Ula nach München zum Einkaufen und würde erst morgen wiederkommen.

Vor Hardy stand ein Teller mit zwei Scheiben Leberkäs und Spiegelei, eines der wenigen warmen Gerichte, die er selber zubereiten konnte. Neben dem Teller ein Glas Leitungswasser und ein Apfel.

Carlo hatte ihn einmal als den letzten Spartaner bezeichnet. Aber Hardy empfand das nicht so. Spartaner, so wie er sie verstand, verzichteten auf etwas. Aber er verzichtete auf nichts. Er vermisste es einfach nicht. Er brauchte ein Dach über dem Kopf, genug zu essen, um keinen Hunger zu haben und ein Bett. Heizung im Winter war gut. So viel hatte er noch immer gefunden.

Er aß konzentriert, kaute lange und achtete darauf, erst zu trinken, wenn sein Mund leer war. Erst, als er den Teller geleert hatte, griff er zu dem Garmisch-Partenkirchner Tagblatt, das danebenlag. Er blätterte es zügig durch. An einer kleinen Meldung über eine Polizeiaktion in einem Waldgebiet oberhalb des Ortes, zu der es noch keine offizielle Stellungnahme gegeben hatte, blieb er kurz hängen. Er faltete die Zeitung zusammen und warf sie in den Altpapierbehälter unter der Spüle.

Er war gerade dabei, sein Geschirr in die Spülmaschine zu räumen, als die Küchentür geräuschvoll aufflog. Reagan Unterwexler kam herein, im Arm ein vielleicht zwanzigjähriges Mädchen, noch blonder als er und nicht sehr helle wirkend.

»Sandy, sag Hallo zu Hardy«, sagte Reagan.

Sandys »Hallo Hardy« war von einem slawischen Akzent unterlegt.

»Na, alter Mann. Was hast du heute gedrückt?«, fragte Reagan.

»Ich hab heute nicht ernsthaft trainiert. Ein paarmal hundertzwanzig Kilo.«

»Wenn er Ernst macht, der alte Mann«, sagte Reagan zu Sandy, »dann hab ich keine Chance gegen ihn.« Er lachte sein lautes, übertriebenes Lachen. Sandy lächelte ein verständnisloses, uninteressiertes Lächeln.

»Irgendwann müssen wir beide mal in den Ring steigen, Hardy.«

»Dann sieh mal zu, dass du in meine Gewichtsklasse kommst, Kleiner.« Hardys Rechte schoss vor und erwischte Reagan an der Hüfte. Reagan schrie auf, als Hardy in die Polster dort kniff. »Und zwar mit Muskelmasse«, sagte Hardy. »Nicht mit Fett.« Er packte fest zu.

»Mann, das tut weh!« Mit einem kichernden Kreischen versuchte Reagan, sich aus dem Griff zu winden. Sandy schien nicht zu wissen, ob sie amüsiert oder besorgt tun sollte.

Hardy ließ los. »Du tust zu wenig. Für das, was du zu dir nimmst. Und auch sonst.«

Reagan wurde ernst. »Was soll das heißen?« Er richtete sein Hemd, ein wenig außer Atem.

»Ich weiß ja nicht, was du vorhast –«, begann Hardy, aber Reagan fiel ihm ins Wort.

»Genau! Du weißt es nicht. Du hast keine Ahnung. Du nicht und Pa auch nicht.«

»Weißt du denn, was du vorhast?«

»Macht euch keine Sorgen um mich. Ja, ich weiß, was ich vorhab. Aber ich werd es euch nicht auf die Nase binden.«

»Warum nicht? Dein Vater könnte dir helfen.«

Reagan ging zu dem riesigen Edelstahlkühlschrank und holte eine Flasche Weißwein heraus. Lautstark wühlte er in den Schubladen nach einem Korkenzieher. Als er ihn gefunden hatte, fuhr er herum und zielte damit auf Hardy.

»Vielleicht will ich das ja gar nicht? Vielleicht will ich seine Hilfe nicht? Vielleicht will ich alleine was auf die Beine stellen? Und seine Meinung dazu gar nicht hören! Deine übrigens auch nicht.« Er zerrte die Kapsel vom Flaschenhals und rammte die Spindel in den Korken.

Hardy schwieg.

»Was?«, fragte Reagan, als er die Flasche offen hatte. Den Korkenzieher samt Korken warf er auf die Arbeitsplatte neben dem Herd. »Wieso sagst du nichts, alter Mann?«

»Ich dachte, es interessiert dich nicht.«

»Pah.« Reagan riss ein paar Schranktüren auf, bis er Weingläser fand.

»Vielleicht fängst du ja damit an, dass du dir deinen eigenen Wein kaufst«, sagte Hardy.

Reagan nahm zwei Gläser heraus und versuchte, die Schranktür zuzuknallen, was nicht gelang, weil in der teuren Einbauküche alle Türen gedämpft waren. »Scheiße«, murmelte er. Er packte Sandy bei der Hand und zog sie hinter sich her zur Tür.

»Ich werd mir Wein kaufen, da träumt ihr von«, sagte er.

»Ronald«, sagte Hardy leise. »Auf ein Wort.«

Reagan drehte sich um, Sandy hatte die Türklinke schon in der Hand. Hardy machte eine seitliche Bewegung mit dem Kopf. »Schick sie raus«, bedeutete das. Im Gesicht des jungen Unterwexlers arbeitete es.

»Geh schon mal in mein Zimmer«, sagte er und drückte Sandy Wein und Gläser in die Hand. Sie schien protestieren zu wollen, aber als sie seinen Blick sah, verschwand sie durch die Tür.

Hardy setzte sich an den Esstisch und griff nach dem Apfel. Er nahm ihn in beide Hände, presste die Daumen hinein und brach ihn in zwei Hälften. »Setz dich«, sagte er.

Reagan nahm einen Stuhl ihm gegenüber.

Hardy schob ihm eine der Apfelhälften zu. »Du brauchst Vitamine.«

Reagan nahm den Apfel und sah ihn widerwillig an. Aber dann biss er hinein.

»Ich hab dir nie gesagt, was du zu tun hast …«, begann Hardy.

»Außer, Pa hat es dir aufgetragen«, sagte Reagan mit vollem Mund.

»Na gut. Das stimmt …«

»Ja. Und für mich ist das nicht immer auseinanderzuhalten.«

»Okay. Aber diesmal hat er mir nichts aufgetragen.«

»Und? Hast du noch nicht alles gesagt? Weniger saufen, mehr Vitamine, mehr Training, abnehmen. Pläne machen, die Pa gefallen. Oder noch besser: ihn nach seinen Plänen für mich fragen. Fehlt noch was?«

Hardy biss in seinen Apfel und kaute bedächtig.

»Ihr seid zu auffällig«, sagte er endlich.

Reagan sah verdrossen auf die Tischplatte.

»Ihr habt dafür gesorgt, dass jeder Bulle im Städtchen weiß, dass wir hier sind.«

»Ja und? Haben wir was zu verbergen?«

»Hast du?«

Reagan sah theatralisch zur Decke. »Himmel, ich bin kein Engel, klar. Aber mehr als ein bisschen Party mach ich auch nicht.«

»Was war mit diesem Mädchen? Das dich angezeigt hat?«

Reagans Blick stürzte von der Decke herab. »Woher weißt du davon?«

Hardy sah ihn ruhig an. »Ich weiß eine Menge.«

»Scheiße«, flüsterte Reagan. Er rieb sich die Augenhöhlen. »Weiß Pa es?«

»Noch nicht.«

Reagan sah sich nervös zum Kühlschrank um.

»Brauchst du was zu trinken?«, fragte Hardy.

»Nein nein …«

»Ich kann es ihm nicht verschweigen. Nicht lange. Wenn er wieder da ist, sprichst du mit ihm.«

»Ist gut.«

»Was genau ist passiert?«

Reagan wand sich unbehaglich. »Wir warn besoffen, beide. Dann sind wir mit meinem Wagen zu ihr.«

»Wer ist gefahren?«

»Weiß ich nicht mehr. Claude, glaub ich.«

»Ist das der, der neulich ›IT’S NOT RAPE IF IT’S MY BIRTHDAY‹ auf dem T-Shirt stehen hatte?«

»Ja, das war Claude. War nur ’n Gag.«

»Klar. Rennt der damit auch in der Stadt rum?«

»Naa, das nicht. Nur auf der Party neulich.«

»Finde heraus, wer tatsächlich gefahren ist. Wie ging’s weiter?«

»Sie wollte mich dann doch nicht mit reinnehmen. Na ja, und dann kam’s, wie’s kommen musste …«

»Im Auto?«

»Ja.«

»Und der Fahrer hat zugesehen?«

»Weiß nicht, vielleicht ist er auch ausgestiegen.«

»Und wieso hat sie die Anzeige zurückgezogen?«

Reagan hob fragend die Hände. »Keine Ahnung.«

Er fuhr erschrocken zusammen, als Hardy ihn anbrüllte.

»Erzähl mir keinen Scheiß! Habt ihr sie bedroht? Oder bestochen?«

Reagan atmete ein paarmal durch, bevor er antwortete. »Claude hat sich drum gekümmert. Er hat mit ihr gesprochen, und dann hat er mir gesagt, es wär alles in Ordnung … Stimmte ja auch.«

Hardy steckte den Rest seiner Apfelhälfte in den Mund.

»Ich will diesen Claude sprechen«, sagte er kauend.

»Er ist nicht mehr da. Vor ein paar Tagen ist er abgehauen. Sagte was von Surfen. Ich weiß nicht, wo er steckt.«

»Finde es heraus. Schnell.«

Reagan nickte eifrig und stand auf.

»Hör zu, Junior«, sagte Hardy. »Es ist mir egal, was du machst oder planst. Aber: Lass dich nicht erwischen!«

»Schon klar.«

»Und ich rate dir: Rede mit deinem Vater, bevor ich es tue. Und ich tue es bald.«

»Okay, okay«, sagte Reagan noch, dann war er durch die Tür.

Hardy sah ihm mit steinerner Miene nach. Die Reste des geteilten Apfels sammelte er ein und warf sie in den Kehrichteimer. Sein Blick schweifte noch einmal prüfend durch die Küche, bevor er zur Stiege ging. Als er im ersten Stock war, klingelte eines der Handys in seiner Hosentasche. Es war das anonyme Prepaid-Gerät. Als er sich meldete, entdeckte er Marie, die über ihm auf dem Treppenabsatz stand und stumm auf ihn herabsah.

»Hallo Hardy, hier ist Silvia«, hörte er eine angenehme Altstimme sagen. »Sehen wir uns heute?«

DREI

»Oh, Besuch vom Deserteur«, sagte Schafmann, als Schwemmer sein Büro betrat.

Sie schüttelten sich die Hände. Schafmann griff zum Telefon und bestellte Kaffee bei Frau Fuchs.

»Da bin ich schneller wieder hier als erwartet.« Schwemmer setzte sich und sah sich in seinem ehemaligen Büro um. Allzu viel hatte Schafmann nicht verändert. Ein besonders rückenschonender Bürostuhl und zwei Topfpflanzen waren die einzigen neuen Einrichtungsgegenstände. Auf dem Aktenschrank lag Schafmanns Blutdruckmessgerät, und an der Wand darüber hingen ein paar Kinderzeichnungen und Familienfotos. Eine Weile sprachen sie über Schafmanns Familie und landeten bald bei den Krankheiten, die Schafmann aktuell zu haben vermutete. Neu für Schwemmer waren eine Arthrose im rechten Knie und Schlafapnoe. Außerdem eine Kernobstallergie. Seit ihrem letzten Treffen waren drei Monate vergangen, drei neue Malaisen waren da ein für Schafmann eher durchschnittlicher Wert.

»Wenn’s nach Hessmann gegangen wär, wärst du gar nicht hier«, sagte Schafmann.

Schwemmer verzog das Gesicht. »Das glaub ich gern.«

»Jetzt bild dir mal nichts ein. Der wollte das LKA ganz raushalten. Nicht nur dich.«

»Und wieso bin ich dann doch hier?«

»Die Staatsanwaltschaft hat ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Frau Dr.Isenwald, um genau zu sein.«

Die Tür ging auf, und Frau Fuchs balancierte ein Tablett mit Tassen, Thermoskanne und gefüllten Kuchentellern herein. Sie stellte es auf dem Besprechungstisch ab. Als Schwemmer aufstand, um sie zu begrüßen, sah sie ihn an, als wolle sie ihm um den Hals fallen. Schnell streckte er ihr seine Hand entgegen.

»Wie geht es Ihnen, Frau Fuchs?«

Sie ergriff seine Hand und verzog das Gesicht zu etwas, das wohl ein Lächeln sein sollte. »Herr Schafmann und ich kommen schon zurecht.«

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