111 Tipps und Tricks, wie man einen verdammt guten Krimi schreibt - Martin Schüller - E-Book

111 Tipps und Tricks, wie man einen verdammt guten Krimi schreibt E-Book

Martin Schüller

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Beschreibung

Wie funktioniert eigentlich ein Cliffhanger? Was macht einen guten Dialog aus? Warum ist ein Revolver keine Halbautomatik? Und was hat das alles mit Fußball zu tun? Mörder und Polizist mögen die Hauptrolle spielen, aber auch sehr vieles andere sollte bedacht werden, bevor man sich ans Schreiben eines Krimis begibt. Da sind Genre und Lokalkolorit, Lektoren und Kritiker, um nur einige zu nennen, sogar der Klappentext spielt eine Rolle, die Leser sowieso, und stets lauert in ihrer finsteren Ecke die Schreibblockade. 111 Anregungen zum Nachdenken übers Schreiben, formuliert vom Profi, amüsant und lehrreich für Krimileser – unentbehrlich für jeden, der mit dem Gedanken spielt, einen zu verfassen.

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111 Tipps und Tricks, wie man einen verdammt guten Krimi schreibt

Martin Schüller

emons: Verlag

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© Emons Verlag GmbH // 2018 Alle Rechte vorbehalten Texte: Martin Schüller © der Fotografien: Vorwort: shutterstock.com/Everett Collection; Kap. 1: mauritius images/CollectionChristophel; Kap. 3 oben: shutterstock.com/Ignatius Tan, unten: mauritiusimages/maxblack/Alamy; Kap. 4: akg-images/picture-alliance/dpa; Kap. 5: akg-images; Kap. 7: shutterstock.com/Jack Jelly; Kap. 8: picture-alliance/ZB; Kap. 9: shutterstock.com/Rene van Rijn; Kap. 10: shutterstock.com/Marsan; Kap. 11: akg-images; Kap. 12: mauritius images/Collection Christophel; Kap. 14: mauritius images/United Archives; Kap. 15: shutterstock.com/DrazenVukelic; Kap. 17: picture-alliance/dpa; Kap. 18 oben und unten: mauritius images/Collection Christophel; Kap. 19: mauritius images/Collection Christophel; Kap. 20: shutterstock.com/everst; Kap. 21: mauritius images/Collection Christophel; Kap. 22: istockphoto.com/Cebas; Kap. 23: mauritius images/United Archives; Kap. 25: mauritius images/United Archives; Kap. 26: WikimediaCommons/FrankVincentz; Kap. 27: mauritius images/JT Vintage; Kap. 28: shutterstock.com/donatas1205; Kap. 29: picture alliance/dpa; Kap. 30: photocase.com/kallejipp; Kap. 31: shutterstock.com/PinkyWinky; Kap. 32: mauritius images/Alamy; Kap. 33: mauritius images/SuperStock; Kap. 34 oben: mauritius images/CollectionChristophel/Lorimar Film Entertainment/Victory Company, unten: photocase.com/PolaRocket; Kap. 35: picture alliance/Henning Kaiser/dpa; Kap. 36: mauritius images/Collection Christophel; Kap. 37: shutterstock.com/Y PhotoStudio; Kap. 38: shutterstock.com/Drazen Vukelic; Kap. 39: shutterstock.com/Bildagentur Zoonar GmbH; Kap. 40: shutterstock.com/Atomazul; Kap. 41: pictureallaince/Everett Collection; Kap. 42 oben: mauritius images/CollectionChristophel, unten: mauritius images/United Archives; Kap. 44: shutterstock.com/hermitis; Kap. 45: shutterstock.com/Ryan Jorgensen – Jorgo; Kap. 46: mauritius images/Collection Christophel; Kap. 47: picture alliance/UnitedArchives; Kap. 48: mauritius images/United Archives; Kap. 49: picture alliance/ZUMAPRESKap.com; Kap. 50: shutterstock.com/blessings; Kap. 51: picturealliance/AP Images; Kap. 52: mauritius images/United Archives; Kap. 53: WikimediaCommons/Edward Hands; Kap. 54: shutterstock.com/Firma V; Kap. 56: mauritius images/Alamy; Kap. 57: Ralf Bauer; Kap. 58: mauritius images/United Archives; Kap. 59: shutterstock.com/pavelgr; Kap. 60: shutterstock.com/Wasu Watcharadachaphong; Kap. 61: mauritius images/United Archives; Kap. 62: shutterstock.com/Alekseyliss; Kap. 63: Martin Schüller; Kap. 64: shutterstock.com/sezer66; Kap. 65: picture alliance/zb; Kap. 66: shutterstock.com/JoJones; Kap. 67: mauritius images/United Archives; Kap. 68: shutterstock.com/Maksim Shmeljov; Kap. 69: shutterstock.com/Menna; Kap. 70: shutterstock.com/Pavel1964; Kap. 71: WikimediaCommons/Joost J. Bakker; Kap. 72:istockphoto.com/Grosescu Alberto Mihai; Kap. 73: istockphoto.com/fotoslaz; Kap. 74: mauritius images/United Archives; Kap. 75: Martin Schüller; Kap. 76: shutterstock.com/juat; Kap. 77: Shutterstock-com/VLADGRIN; Kap. 78: shutterstock.com/Aucha Cheechang; Kap. 79: shutterstock.com/olpo; Kap. 81: shutterstock.com/FooTToo; Kap. 82: shutterstock.com/LiliGraphie; Kap. 83: shutterstock.com/pikcha; Kap. 84: shutterstock.com/Olivier Le Queinec; Kap. 85: picture alliance/Everett Collection; Kap. 86: shutterstock.com/BartolomiejPietrzyk; Kap. 87: shutterstock.com/Tao55; Kap. 88: photocase.com/Jan Merkle; Kap. 89: picture alliance; Kap. 90: shutterstock.com/Neale Cousland; Kap. 91: picture-alliance/akg-images; Kap. 93: picture alliance/EverettCollection; Kap. 94: picture alliance/United Archives/IFTN; Kap. 95: shutterstock.com/Wallenrock; Kap. 96: picture alliance/Everett Collection; Kap. 97 oben: shutterstock.com/Samo Trebizan, unten: shutterstock.com/ChengYi; Kap. 98: shutterstock.com/bbernard; Kap. 99: James N. Frey; Kap. 100: shutterstock.com/tobkatrina; Kap. 101: photocase.com/LisaSchaetzle; Kap. 102: picture-alliance/KPA Copyright; Kap. 103: shutterstock.com/Grzegorz Pedzinski; Kap. 104: shutterstock.com/Rbk365; Kap. 105: picture alliance/Everett Collection; Kap. 106: Martin Schüller; Kap. 107: photocase.com/MichaelJBerlin; Kap. 108: shutterstock.com/Grzegorz Zdziarski; Kap. 109: shutterstock.com/Royik Yevgen; Kap. 110: picture alliance/dpa; Kap. 111: akg-images/János Kalmár © Covermotiv: shutterstock.com/iadams Layout: Eva Kraskes, nach einem Konzept von Lübbeke | Naumann | Thoben Druck und Bindung: CPI – Clausen & Bosse, Leck Printed in Germany 2018 ISBN 978-3-7408-0460-2 Originalausgabe Gestaltung: Emons Verlag ISBN 978-3-96041-498-8 E-Book der gleichnamigen Originalausgabe erschienen im Emons Verlag

Unser Newsletter informiert Sie regelmäßig über Neues von emons: Kostenlos bestellen unter www.emons-verlag.de

Inhalt

Vorwort

1_Angst | Kann Flügel verleihen und zu Abstürzen führen

2_Atmosphäre | Heißer Atem, kühle Brise, dicke Luft

3_Autos | Aston Martin oder Jaguar E? Passat Kombi!

4_Behörden | Was deines Amtes nicht ist, da lass deinen Vorwitz

5_Buchhandel | Freund oder Feind

6_Cliffhanger | Hängen und hängen lassen

7_Continuity | Hatten wir noch Zigaretten?

8_Cover | Man soll ein Buch nicht danach beurteilen, aber ...

9_Cozy | Mord ist okay, aber weh darf’s nicht tun

10_Deadline | Kommste heut nicht, brauchste morgen auch nicht mehr

11_Definition | Sein oder nicht sein ...

12_Dialoge | Selbstschreibend, nicht selbstredend

13_Dialogstützen | Murmelgrummelmaulbrummzeter

14_Der Dicke Krimi | Viel schreiben, wenig kürzen

15_Digitale Kommunikation | Einszweidrei im Sauseschritt ...

16_Drauflosschreiben | Das große Abenteuer

17_Der Dünne Krimi | Wenig schreiben, sehr viel kürzen

18_Dummheit | Leere Köpfe und dicke Kartoffeln

19_Ehepartner | Problem oder Lösung

20_Einsamkeit | Man kann sich seine Freunde nicht aussuchen

21_Einstieg | Aller Anfang ist schwer

22_Ellipse | Weniger ... mehr ...

23_Emotionen | Hart und weich und nicht unter Kontrolle

24_Erfolg | Auf den Geschmack kommen

25_Ermittler | Dem Amateur ist nichts zu schwör

26_Der erste Satz | Er steht und fällt

27_Erzählperspektive | Eins, zwei, drei, ganz viele ...

28_Erzähltechnik | Was es ausmacht

29_Exposé | Erst mal wichtig

30_Fehler | Dazu da, gemacht zu werden

31_Figurenensemble | Überblick nicht verlieren

32_Figurennamen I: Vornamen | Einfache Sache, die leicht schiefgeht

33_Figurennamen II: Nachnamen | Mehr Auswahl, mehr Risiko, mehr Spaß

34_Fußball | Whisper words of wisdom ...

35_Gerichtsmediziner | Hauptsache, es schmeckt

36_Gewalt | Es ist schön, wenn der Schmerz nachlässt ...

37_Hacker | Sator arepo tenet opera rotas

38_Handfeuerwaffen | »Es gibt nichts Stilleres als eine geladene Kanone«

39_Handlung | Passieren sollte schon was

40_Handwerkern | »Also, was ich wirklich toll finde, sind ja Bordüren ...«

41_Hardboiled | Die Welt ist schlecht, wir bleiben cool

42_Hauptfigur | Ein weites Feld

43_Hintergrundwissen | Die halbe Recherche. Aber keinesfalls mehr ...

44_Historische Krimis | Sind schön, machen aber viel Arbeit

45_Humor | Ein weites Feld

46_Ich-Perspektive | Me, myself, I ...

47_Intelligenz | Nicht immer hilft viel viel

48_Justiz | So blind kann man gar nicht sein

49_Künstliche Intelligenz | Software kann echt hart sein

50_Klappentext | Sehr lästig, sehr wichtig

51_Korruption | Klüngel klingt doch viel netter ...

52_Krimireihen | Stark anfangen und nicht nachlassen

53_Künstlern | Vita brevis, ars longa

54_Kulinarischer Krimi | Schock oder Wok? Pott oder Plot? Sekt oder Selters?

55_Kurzkrimi | Viel Arbeit für wenig Text

56_Layout | Sein und Schein

57_Lektorat | Liebevoll und schwer erträglich

58_Leser | Die ganz ganz großen Unbekannten

59_Lesungen I: Die Bühne | Die ganz andere Kunstform

60_Lesungen II: Der Text | Form follows function

61_Liebesgeschichte | Ohne ist gut, mit ist einfacher

62_Literaturagenten | Prozentrechnen müsste man können

63_Mafia | Was ich nicht weiß ...

64_Mut | Muss man sich leisten wollen ...

65_Mystik | Wer’s glaubt, wird gut unterhalten

66_Ort der Handlung | Woanders is’ auch scheiße ...

67_Plagiat | Erwischen lassen verboten

68_Plot | Richtig wichtig oder nicht?

69_Prämisse | Henne, Ei oder Ente?

70_Professionalität | Elfer oder Schwalbe?

71_Profiler | So oder so ähnlich

72_Pseudonym | Wer bin ich, und wenn nicht, wer doch

73_Rauchen | Riecht ja keiner

74_Reale Vorbilder | Freud hätte Spaß dran

75_Realismus | Gibt’s doch gar nicht ...

76_Recherche I: Setting | Seit wann ist denn hier ein Kreisverkehr?

77_Recherche II: Hintergrund | Sprungbrett, Stolperfalle, Holzweg

78_Redundanzen | Mein Vater, mein Vater, jetzt fasst er mich an

79_Regeln | Dazu da, gebrochen zu werden

80_Regionalkrimi | Von Nachtigallen und Eulen

81_Rhythmus, Dynamik, Tempo | Musik, zwei, drei, vier

82_Schreibblockade | Dauer: zwischen 40 Minuten und 40 Jahren, wirksame Gegenmittel: unbekannt

83_Schreibtisch | Heimat ist da, wo ich mich wohlfühle ...

84_Schublade | Schnell rein, und dann ...

85_Schutzpolizei | Mein Freund, ich helf dir ...

86_Selbstdisziplin | Wie findet mich die Muse – und wann?

87_Setting | Die Bühne bereiten

88_Sexszenen | Scharf und nicht leicht zu dosieren

89_Sidekick | ... holt schon mal den Wagen

90_Spannung | Stärke und Widerstand

91_Sprache | Leicht gesagt ...

92_Tagespensum | Eine sehr persönliche Angelegenheit

93_Thriller | Krimi hoch x

94_Tiere | Die wollen nur spielen ...

95_Die Todfeindin | Sie mordet schleichend

96_Trinken I: Im Buch | Kein Alkohol ist keine Lösung

97_Trinken II: Beim Schreiben | Die einen sagen so, die andern sagen so ...

98_Überarbeiten | Eile mit Weile

99_Der verdammt gute Krimi | Zum Wesentlichen

100_Vereinigte Staaten | Hatten es mal besser ...

101_Der Verriss | Humor ist, wenn man trotzdem lacht

102_VG Wort | Wie die GEMA, nur netter

103_Waffentechnik | Waffen töten keine Menschen. Kugeln tun es.

104_Warum | Ich war jung und dachte, es gäb Geld

105_Whodunit | Die Mutter aller Krimiplots

106_Whydunit | Wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt ...

107_Worttitel | 100 Experten, 111 Meinungen

108_Zehnfingersystem | Geht schneller, dauert aber etwas länger

109_Zeitgeist | Er flattert im Wind

110_Zeitgerüst | Tempus fugit, labor manet

111_Zufall | Einmal ist keinmal, zweimal ist Mist

Bildteil

Vorwort

Krimiautoren stehen unter Druck. Ständig. Sie sind gezwungen, Entscheidungen zu treffen. Jeden Tag, zahllose. Es sind Entscheidungen über Leben und Tod, über Liebe und Hass, Messer oder Würgedraht, Genitiv oder nicht, groß oder klein, dick oder dünn, zu Fuß oder Auto, Katz oder Maus, PC oder Mac, Kaffee oder Wein, Gott und die Welt – und es hört nicht auf.

Denn Entscheidungen zu und über Krimis treffen nicht nur ihre Autoren. Die am Ende entscheidenden Entscheidungen fallen in Verlag und Buchhandel. Wie wird das Buch heißen? Wie sieht es aus? Wen halten wir für die Zielgruppe? Wie wird es lektoriert? Wie wird es beworben? Liegt es an der Kasse? Steht es wenigstens im Regal? Und was, wenn nicht?

Jede dieser Entscheidungen verdient Beachtung. Und ja, es sind mehr als 111. Wahrscheinlich liegt ihre Zahl eher bei 1.111, aber so viel Platz steht in dieser wunderbaren Reihe leider nicht zur Verfügung. Die 111er-Reihe des Emons Verlags befasst sich nicht nur mit so ziemlich allen Städten der Welt, sondern auch mit schönen Dingen wie Kunst, Musik, Bier, Whisky, Wein und Elefanten (um nur einige zu nennen), und selbstverständlich wäre sie unvollständig ohne einen Band, in dem es um die Entstehung verdammt guter Kriminalliteratur geht. Allerdings gelten die Regeln, die für Städte, Tiere und Getränke gelten, auch für Krimis: von A wie Angst bis Z wie Zufall – pro Kapitel eine Seite Text. Nicht weniger, vor allen Dingen aber auch nicht mehr.

Eine Seite, das ist ungefähr so viel, wie beispielsweise ein BVB-Fan benötigt, um zu erklären, dass er zu Schalke nix zu sagen hat. (Gilt selbstredend auch umgekehrt.)

Zieht man dazu in Betracht, dass es zu jedem Krimi-Thema mindestens eine zweite, meist auch dritte und vierte Meinung gibt, wird klar, dass dem Ganzen mit sehr viel Mut zur Lücke begegnet werden muss. Und darüber hinaus mit dem ebenfalls mutigen Glauben an souverän und selbstbestimmt agierende Autoren. An solche, könnte man sagen, die noch selbst schreiben.

Dieser feste Glaube führt auch dazu, dass es in diesem Buch nicht um einzuhaltende Regeln geht – (okay, sagen wir: fast nicht). Es geht um Denkanstöße und das Erkennen von Zusammenhängen. Denn jede Entscheidung von Autor oder Verlag hat Auswirkungen, über die man stolpern kann, wenn man nicht mit ihrem Auftauchen rechnet. Schreibstrategien, historische Entwicklungen oder überwölbende Konzepte dürfen hier deshalb mal außen vor bleiben. Wichtig sind eher die mittleren, kleinen und auch sehr kleinen Dinge, über die Krimiautoren einmal nachgedacht haben sollten – und zwar am besten, bevor sie sich entscheiden, einen Krimi zu schreiben. Doch auch Menschen, die diese Entscheidung bereits gefällt haben, dürften hier manches finden, das ihnen die Arbeit erleichtert.

Aber nicht nur Autoren, auch Krimileser werden auf Anregungen stoßen. Dieses Buch soll ihr Interesse wecken dafür, wie eine Krimistory überhaupt zustande kommt, aus was sie besteht und wie sie funktioniert – und warum manchmal eben auch nicht.

Es sind nämlich verdammt viele Dinge, die einen verdammt guten Krimi ausmachen. Nicht nur jeder Satz und jedes Wort darin. Es sind viel mehr.

Packen wir’s an.

Nachgetragen sei an dieser Stelle, dass in solch kurzen Texten, in denen permanent von schreibenden, lesenden, lektorierenden, buchhandelnden und kritisierenden Menschen die Rede ist, auf das generische Maskulinum oftmals nicht verzichtet werden konnte. Deshalb möchte ich an dieser Stelle alle Lesenden, die sich einem anderen als dem männlichen Geschlecht zurechnen, bitten, die Begriffe Autor, Leser, Lektor, Buchhändler, Kritiker und so weiter auf die jeweilige Tätigkeit und nicht auf den tätigen Menschen zu beziehen. Ich hab’s auch nicht getan.

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1_Angst

Kann Flügel verleihen und zu Abstürzen führen

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Krimiautoren haben intensiveren Kontakt zu Angst und Furcht als die meisten Menschen. Angst existiert in vielen verschiedenen Formen und an vielen verschiedenen Orten.

Zunächst zu nennen sind da die eigenen berufsbedingten Varianten: die Angst vor der leeren Seite, die Angst vor dem Abgabetermin, vor dem Lektorat, vor Verrissen, vor den Lesern, vor der Verlagsabrechnung. Lampenfiebrige Panik vor Lesungen und Angst vor Vertragsverhandlungen können hinzukommen, und wahrscheinlich gibt es noch etliche spezielle und persönliche Spielarten, von denen noch niemand etwas gehört hat, weil die Betroffenen lieber davon schweigen. Selbstredend sind alle Formen von Angst unter Autoren so unterschiedlich und ungerecht verteilt wie das meiste unter den Menschen.

Info

Zwar essen Angst Seele auf, man kann aber auch Lohn dafür bekommen. Sie ist ein schlechter Rat-, aber guter Ideengeber. Oscarreif mitreißend gefürchtet hat sich Jodie Foster, während die Lämmer schwiegen.

Für Krimiautoren kommt noch eine weitere zu beherrschende Ebene hinzu: die Angst ihrer Figuren und deren Vermittlung ans Publikum. Nicht immer leicht abzuwägen, denn ein Held ist einerseits, wie der Name schon sagt, heldenhaft, andererseits werden die Leser ihn nur bedingt als Charakter ernst nehmen, wenn ihm alles am Arsch vorbeigeht. Ein bisschen Furcht muss eine Figur schon haben, um sie zu überwinden; allzu schisserig darf sie aber auch nicht rüberkommen, sonst läuft sie Gefahr, den Lesern auf die Nerven zu gehen.

Angst ist zudem nicht nur ein ganz entscheidender Baustein, sondern quasi die Grundlage der gesamten Krimibranche: die Angst des Publikums vor dem Bösen und sein Streben nach Erlösung von dieser Angst.

Denn Angst zu haben ist ein Zustand, dessen Bewertung sehr von den Umständen abhängt. Ob ich Angst habe, weil ein Text mir schildert, wie ein Psychokiller jemanden durchs Finstere jagt, oder ob ich Angst habe, weil ein Psychokiller mich durchs Finstere jagt, macht einen wesentlichen Unterschied: Für Ersteres bin ich bereit, Geld auszugeben.

Man könnte also sagen, es hängen Arbeitsplätze dran.

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2_Atmosphäre

Heißer Atem, kühle Brise, dicke Luft

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So unvermeidlich wie jede Musik Rhythmus hat, hat jede Kriminalgeschichte eine erzählerische Atmosphäre. Sie wohnt ihr inne und ist zwingend vorhanden. Wiederum ähnlich dem Rhythmus verdient sie deshalb größte Aufmerksamkeit.

Genau wie die reale Atmosphäre setzt sie sich aus unterschiedlichen Bestandteilen zusammen. Zum einen sind da die zahlreichen Faktoren des →Settings. So wird nicht nur die Wahl des Handlungsortes die Atmosphäre beeinflussen, auch der Zustand der Figuren, sozial wie körperlich, ihre zwischenmenschlichen Beziehungen und letztlich sogar das Wetter spielen hinein, und zwar unweigerlich. Es gilt, dies kontrolliert geschehen zu lassen. Zu kontrollieren, dosieren und verstärken sind die einzelnen Faktoren zum einen durch die Sprache. Bei der Schilderung von Umgebung, Situation oder Figur können sehr unterschiedliche Adjektive oder Adverbien mit sehr unterschiedlicher Wirkung eingesetzt werden. Hinzu kommt die erzählerische Entscheidung, was zu schildern ist, welche Faktoren betont, welche vielleicht ausgespart werden. Ob in einer Szene der schwarze Straßenbelag, die bunte Hauswand oder beides erwähnt wird, hat Auswirkungen.

Info

Ähnlich der Erdatmosphäre bietet die Atmosphäre eines Krimis Raum für freundliche und feindselige Überraschungen jeden Kalibers. Anders als dort können sie allerdings vom Autor dosiert werden. Richtig ist die Dosis, wenn die Leser sich ihr ausgeliefert und dabei wohlfühlen.

Die Atmosphäre weckt zudem Lesererwartungen. Die werden durch einen zum Einstieg düster und ernsthaft geschilderten kalten Killer in Richtung Hardboiled gelenkt werden. Notwendig ist die bewusste Entscheidung darüber, ob man diese Erwartungen erfüllen oder enttäuschen will.

Spinnen wir das Beispiel fort und setzen den kalten Killer nun auf einen komischen Alten an. Dessen Existenz wird die Atmosphäre beeinflussen, sie auflockern, auf jeden Fall verändern. Sie kann und darf sogar kippen, nämlich wenn den Lesern klar wird, dass sie auf eine falsche Fährte gelockt wurden und statt eines Hardboiled eine Komödie in der Hand halten.

In der Hand halten müssen sie sie aber noch, sonst haben wir was falsch gemacht.

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3_Autos

Aston Martin oder Jaguar E? Passat Kombi!

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In welchem Maß der Charakter eines Menschen die Wahl seines Automobils beeinflusst, ist die eine Frage. Weitaus spannender ist ihre Umkehrung. Geht man das Abenteuer ein, sich auf der linken Spur einer deutschen Autobahn an die Verkehrsregeln zu halten, ist im Rückspiegel zu beobachten, wie sich zärtlich liebende Familienväter in geifernde Zombiejäger verwandeln und gütige Opas in Hannibal Lecter. Liegt das nun an ihrem oft in Süddeutschland hergestellten Kfz? Oder haben sie dieses gekauft, eben um am Volant ihrem wahren Wesen die Zügel schießen lassen zu können?

Diese hochinteressante Frage kann hier leider nicht abschließend beantwortet werden. Autoren, im Namen ihres Personals, sind genau dazu allerdings gezwungen.

Info

Die digitale Revolution ist an Batman weitgehend vorbeigegangen. Er hat nicht mal ein Handy – um ihn zu kontaktieren, muss man einen Flakscheinwerfer in den Nachthimmel richten. Kraftfahrzeugtechnisch aber ist er ganz weit vorn.

Im Roman »Goldfinger« ließ Ian Fleming James Bond von Bentley auf Aston Martin umsteigen; eine Entscheidung, die nicht nur die britische Sportwagenschmiede vor dem Konkurs bewahrte, sondern in unser aller Köpfe das Erscheinungsbild eines Doppelnull-Agenten entscheidend geprägt hat. Nicht nur optisch: Einem Aston-Martin-Fahrer trauen wir einfach Dinge zu, von denen ein Bentley-Chauffeur zu schweigen wüsste.

Auch Heftchenheld Jerry Cotton steuert nicht aus Versehen einen Jaguar E durch New York City. Realiter dürfte das schon in den 60ern keine besonders gute Idee gewesen sein – aber Cotton stammt ja auch aus Bergisch Gladbach. Auf der französischen Seite verfügte der sehr coole Citroën 15CV über so viel Kopffreiheit, dass Alain Delon darin Borsalino tragen konnte. Der Wagen passte allerdings sehr viel besser zu Gangstern als zu Polizisten.

Krimi-Polizisten sind ohnehin, was ihre fahrbaren Untersätze angeht, relativ arm dran. Durch alle Stilepochen hindurch bleibt es ihr Schicksal, das Äquivalent eines Passat Kombi zu fahren. Fortbewegungsmittel, die total egal sind und keiner weiteren Erwähnung wert.

Selbstverständlich ist das realistisch. Macht aber keinen Spaß.

Beim Schreiben nicht. Und beim Lesen auch nicht.

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4_Behörden

Was deines Amtes nicht ist, da lass deinen Vorwitz

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Die örtliche Polizei mal außen vor gelassen, sind für Krimiautoren von den wirklich zahllosen Behörden in erster Linie jene interessant, die man Sicherheitsbehörden nennen könnte – hießen sie nicht je nach Bundesland unterschiedlich. Überschlägig gezählt kommt man da auf ... äh, Moment ... Bundeskriminalamt, Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst, Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (nicht verwechseln!), dazu Zollkriminalamt, Militärischer Abwehrdienst, Bundesanstalt Technisches Hilfswerk plus 16 verschiedene (!) Landeskriminalämter, Landesämter für Verfassungsschutz und Katastrophenschutzbehörden ... man kommt auf: 56.

In Deutschland. Nur in Deutschland.

Info

Cyril Northcote Parkinson formulierte die Parkinson’schen Gesetze über das Funktionieren von Bürokratie. Aus ihnen folgert, dass Verwaltungen ab einer gewissen Größe dazu neigen, sich ausschließlich mit sich selbst zu beschäftigen. Deutsche Sicherheitsbehörden tun das sehr gern.

Dann gibt es natürlich noch Europol in Den Haag, die die Arbeit der Sicherheitsbehörden aller 28 EU-Staaten unterstützt – (wie viele das auch sein mögen) –, und dazu noch Interpol, die sitzt in Lyon. Das ist zwar eigentlich keine Behörde, sondern quasi ein internationaler Polizeiclub, aber für Krimis kann man sie mitrechnen.

So sind wir bei 58. Und sie alle sind in der Lage, eine relevante Rolle in Kriminalgeschichten zu spielen. (Zur Erinnerung: plus die örtliche Polizei.)

Bei den LKAs gibt es dazu noch die Staatsschutzabteilungen, die sich oft in direkter Konkurrenz zu den LfVs sehen, die wiederum ungern mit der Polizei über ihre Arbeit reden und sich noch viel ungerner was vom BfV sagen lassen, da könnte ja jeder kommen, und wann wir unsere Akten schreddern, bestimmen wir immer noch selbst.

Die Münchner Kripo hat übrigens vor nicht allzu langer Zeit eine Hausdurchsuchung beim Bayerischen LKA gemacht, wegen Verdacht auf Strafvereitelung im Amt und anderem Kleinkram.

Deutsche Sicherheitsbehörden stehen dem Krimiautor also in mehr als einer Hinsicht gern zur Verfügung.

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5_Buchhandel

Freund oder Feind

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Die Beziehung zwischen Buchhandel und Autoren ist eine ambivalente. Zuvörderst ist festzustellen, dass es den Buchhandel genauso wenig gibt wie die Krimiautoren. Da wie dort ist jeder Jeck anders, fast wie im richtigen Leben.

Der Buchhandel erfüllt eine Reihe kultureller Aufgaben, die nicht gering zu schätzen sind, auch wenn die flächendeckende Versorgung mit Buchhandlungen von den Apologeten des Online-Handels mittlerweile für überflüssig gehalten wird. (Der daran hängende Diskurs würde hier den Rahmen sprengen.)

Info

Wortmetz-Legende und Edgar-Allan-Poe-Übersetzer Arno Schmidt hat vorgerechnet, dass ein lebenslang sehr fleißig lesender Mensch es bis zu seinem Ende auf 3.000, allergünstigstenfalls 5.000 Titel gebracht haben wird. Auf der Frankfurter Buchmesse werden um die 90.000 deutschsprachige Neuerscheinungen präsentiert. Jedes Jahr. Leipzig zählt extra.

Zur Ambivalenz des Verhältnisses Autor–Handel führt die kuratorische Vorauswahl, die der Buchhändler trifft. Beim Betreten einer Buchhandlung stellen sich Autoren zwei Fragen: Ist mein Buch vorrätig? Wenn ja, liegt es an der Kasse? Die Chance auf ein oder gar zwei Ja ist verschwindend gering. Vorrätig haben Buchhandlungen Bücher, von denen sie annehmen, sie gut verkaufen zu können. Der örtliche Regionalkrimi wird gewiss darunter sein. Andere gewiss nicht. Genauso gewiss werden die Top Ten der Bestsellerlisten vorhanden sein und Bücher, die im TV empfohlen wurden.

Für die überwiegende Zahl deutscher Krimiautoren gilt, dass außerhalb ihrer Heimatstadt ihr Buch bestellbar, aber nicht vorrätig ist. Ist es anders: Herzlichen Glückwunsch – du hast Erfolg.

Direkten Kontakt zu Buchhändlern bekommen Autoren bei Lesungen. Hier wird die Ambivalenz besonders deutlich, spätestens bei den Honorarverhandlungen.

Die Betonung bei Buchhandel liegt auf Handel, was keinesfalls ehrenrührig ist. Der Anteil eines Buchhändlers am Ertrag eines Buches liegt bei etwa 40 Prozent. Rentiert sich das nicht, wird er das Geschäft aufgeben.

Rechneten Autoren mit ihren fünf bis zehn Prozent ähnlich, würde sich die Zahl der Neuerscheinungen – und die der Verlage – vermutlich halbieren. Dem Buchhandel wäre es wahrscheinlich egal.

Den Lesern auch.

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6_Cliffhanger

Hängen und hängen lassen

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Der Cliffhanger hat seinen Namen aus der Zeit des frühen Kintopp. Filme waren noch kurz. Populär waren wöchentlich fortgesetzte Abenteuergeschichten.

Damit das Publikum der Fortsetzung entgegenfieberte, blieb der Held in der Schlussszene gern scheinbar ausweglos an einem Kliff hängen. Selbstverständlich stellte sich in der Woche darauf die Situation nicht ganz so ausweglos dar wie angenommen, der Held wurde gerettet, um am Ende der Episode, sagen wir: gefangen in einer Höhle von unaufhaltsam aus den Wänden dringenden Eisenstacheln bedroht zu werden.

Info

Manche Cliffhanger beschäftigen die halbe Welt und das ganze Internet. Mittlerweile darf man es aber verraten, ohne verklagt zu werden: John Schnee ist nicht tot.

So weit, so einleuchtend. Aber auch in einem Krimi ohne Fortsetzung helfen Cliffhanger ungemein im Kampf gegen unsere →Todfeindin, die Langeweile. Sie unterstützen den Autor bei seinem niemals nachlassenden Bestreben, den Leser bei der Stange zu halten, und zwar möglichst begeistert (im Idealfall sind sogar beide begeistert, Leser und Autor).

Die meisten Krimis werden heute aus mehreren Perspektiven erzählt, und gerade hier sind Cliffhanger leicht zu konstruierende Hilfsmittel. Wechselt die Erzählperspektive mit dem Ende einer Szene, empfiehlt es sich oft, diese dramatisch nicht komplett abzuschließen. Wenn wir den Leser in die nächste Perspektive schicken, sollte er bereits neugierig auf die Rückkehr sein. Im Optimalfall gelingt das in der nächsten Perspektive auch, der Leser beeilt sich durch die Szenen, um zu erfahren, wie die jeweils andere weitergeht, er beginnt mitzufiebern (nimm das, Todfeindin!).

Cliffhanger gibt es in jeder Größe oder, um im Bild zu bleiben, Höhe. Es muss nicht immer ein Felsvorsprung sein, mitunter reicht ein Mäuerchen: Eine Tür geht auf, wir wissen nicht, wer hereinkommt; die Heldin geht entschlossen los, wir wissen nicht, wohin; der Held starrt auf einen geöffneten Brief, wir wissen nicht, was drinsteht.

Idealerweise allerdings – hängt jemand an einem Kliff.

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7_Continuity

Hatten wir noch Zigaretten?

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