Der kleine Alltagsstoiker - Dr. Jörg Bernardy - E-Book
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Der kleine Alltagsstoiker E-Book

Dr. Jörg Bernardy

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Beschreibung

Stellen Sie mit der Weisheit der antiken Denker Ihren Lebenskompass auf "Glück"! Unsere Welt wandelt sich so schnell wie noch nie. Empfinden Sie sie auch manchmal als chaotisch und verwirrend und stellen sich Fragen wie: Was will ich selbst eigentlich? Wie soll das denn gehen - ein "gutes" Leben? Entscheidende Antworten finden wir bei den Denkern und Weisen der Stoa. Ihre Philosophen, darunter Seneca und Marc Aurel, zwei der wohl klügsten Menschen, die je gelebt haben, haben schon vor über zweitausend Jahren alles Wesentliche zu den wirklich wichtigen Fragen des Menschseins, zur "richtigen Lebensführung" gesagt. Deshalb ist der Stoizismus bis heute eine der wirkmächtigsten und meist zitierten philosophischen Schulen. In 10 praktischen Lebensregeln zusammengefasst, vermittelt dieses Buch unterhaltsam und verständlich die zentralen Werte der Stoa - darunter etwa Gelassenheit, Mut, Weisheit und Selbstbeherrschung. Diese werden immer ganz konkret auf unsere typischen, aktuellen Alltagsleiden und -beschwerlichkeiten angewendet: So lernen Sie, deren tiefere Ursachen zu erkennen und bekommen viele konkrete Impulse und Übungen an die Hand, um sie zu überwinden. Heben Sie jetzt diesen Menschheitsschatz für sich, machen Sie ihn für Ihr eigenes Leben nutzbar und stellen Sie Ihren Lebenskompass auf "Glück"! "Dieses Buch wird Ihr Leben verbessern. Garantiert." (Rolf Dobelli - Philosoph und Bestsellerautor)

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Seitenzahl: 228

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Impressum

© eBook: 2021 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

© Printausgabe: 2021 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

GU ist eine eingetragene Marke der GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, www.gu.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie Verbreitung durch Bild, Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Projektleitung: Reinhard Brendli

Lektorat: Ulrike Auras

Covergestaltung: ki36

eBook-Herstellung: Christina Bodner

ISBN 978-3-8338-7843-5

1. Auflage 2021

Bildnachweis

Coverabbildung: Dmitri Broido, Adobe Stock

Illustrationen: Dmitri Broido

Fotos: Adobe Stock, Max Baier

Syndication: www.seasons.agency

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GRÄFE UND UNZER VERLAG

IM LEBEN FEST VERWURZELT

»Was wunderst du dich also, dass tüchtige Menschen vom Schicksal hin und her gestoßen werden, um sie zu kräftigen; erst dann wurzelt ein Baum fest und wird stark, wenn ihn der Wind oft schüttelt; gerade durch diese Erschütterung strafft er sich im Innern und senkt die Wurzeln tiefer in den Boden.«

(Seneca)

Gelassen durch den Alltag, wer will das nicht? Gelassenheit ist jedoch nichts, was wir einmal erreichen und dann für immer behalten. Wir müssen sie jeden Tag aufs Neue für uns gewinnen und manchmal auch neu entdecken. Kaum eine Philosophie hat sich so sehr damit beschäftigt wie der Stoizismus. Die Stoiker sind berühmt für ihr beständiges Bemühen um mehr Gelassenheit und innere Stärke. Aber Vorsicht: Ziel ist nicht Gelassenheit um der Gelassenheit willen. Vielmehr erwächst aus dem Streben nach einem guten und erfüllten Leben eine Haltung der Gelassenheit.

Die zehn Gelassenheitsregeln in diesem Buch sind wie Wurzeln, die uns widerstandsfähiger und zufriedener machen. Jedes Kapitel verleiht Halt und Orientierung in unserem Streben nach Glück und innerer Ruhe, ebenso Widerstandskraft für Rückschläge. Und zahlreiche Impulse fördern unsere Willenskraft.

Ich wünsche Ihnen nun viel Freude und Heiterkeit beim Entwickeln und Erproben einer gelassenen Haltung.

WAS UNS DIE STOIKER HEUTE NOCH ZU SAGEN HABEN

»Was ist deine Berufung? Ein guter Mensch zu sein.«

(Marc Aurel)

MEIN WEG ZUR STOA

»Du musst dir selbst vertrauen und glauben, dass du auf dem rechten Weg bist, unbeirrt durch die Fußstapfen anderer, die da kreuz und quer laufen.«

(Seneca)

In der Komödie »Kunst« der französischen Schriftstellerin Yasmina Reza geht es um drei Freunde, die sich allesamt in ihrer Midlife-Crisis befinden. Während sie an ihren charakterlichen Unterschieden verzweifeln, ergibt sich ein unterhaltsames Panorama ihrer Neurosen und problematischen Beziehungen. In skurrilen Szenen und Dialogen offenbaren sie nach und nach ihre persönlichen Macken, streiten sich und finden wieder zueinander. Kurz bevor der Streit so richtig eskaliert, empfiehlt der arrivierte Dermatologe Serge seinem Freund Marc das Buch »Vom glücklichen Leben«. »Lies Seneca«, sagt Serge, als Marc ihm gesteht: »Ich bin zu empfindlich, ich bin zu nervös … Mir fehlt einfach die Gelassenheit, wenn du so willst.« Ein Buch also gegen innere Unruhe? Dazu ein so altehrwürdiger Klassiker, der über 1800 Jahre alt ist? Wie soll der einem dabei helfen, mehr Gelassenheit zu erlangen?

Meine Lehrerin am Gymnasium gab mir denselben Rat wie Serge seinem Freund Marc. Zur Vorbereitung auf meine Rolle in dem Stück »Kunst« sollte ich »Vom glücklichen Leben« lesen. Also besorgte ich mir die Reclam-Ausgabe und las mit 17 Jahren zum ersten Mal diesen berühmten und kurzweiligen Klassiker von Seneca. Ich muss gestehen, dass ich damals nicht viel verstand und auch nicht sonderlich viel damit anfangen konnte. Was mich jedoch ansprach und mir in Erinnerung blieb, war, was Seneca über die Natur eines Menschen schrieb: »Glücklich ist also ein Leben in Übereinstimmung mit der eigenen Natur.« Ein Gedanke, der mir sofort einleuchtete.

Natürlich soll jeder Mensch gemäß seiner eigenen Natur leben, dachte ich! Nur war mir nicht ganz klar, was Seneca mit »eigener Natur« meinte. Gemäß der Natur zu leben, das klang für mich groß und richtig, aber ich fragte mich: Was bedeutet denn hier Natur? Soll jeder Mensch gemäß einer individuellen inneren Natur leben oder ist eine allgemeine kosmische Natur gemeint, die für alle Menschen gleich gilt? Auf jeden Fall war ich damals angeregt, innerlich berührt und zugleich verwirrt durch das, was ich bei Seneca gelesen hatte.

Erkenntnis im Stadtpark

Ein paar Jahre später kam ich ein zweites Mal in den Genuss, »Vom glücklichen Leben« zu lesen. Ich ging damals regelmäßig in den Stadtpark, um mich für das bevorstehende große Latinum an der Universität zu Köln vorzubereiten. Und ich erinnere mich noch gut, dass mich Senecas Gedanken viel mehr interessierten als das Übersetzen der Texte. Was er über die eigene Natur und die Seelenruhe schrieb, erschloss sich mir nun viel mehr als in meiner Schultheaterzeit. Es ergab plötzlich Sinn, was er über das glückliche Leben sagt. Meiner eigenen Natur zu folgen, hieß nichts anderes, als nach vernünftigen Prinzipien zu handeln, sich für Gutes einzusetzen und das alles so engagiert und angstfrei wie möglich. Besonders anziehend fand ich die Idee, dass ein stoischer Umgang mit Rückschlägen, Lust und materiellen Dingen helfen kann, innere Ruhe zu finden.

Ich erkannte auch, dass Senecas Gedanken und Impulse – wie übrigens auch die anderer Stoiker – nicht einfach nur Theorie oder überliefertes Wissen darstellten, sondern für die praktische Anwendung gedacht waren. Es ging vor allem um Erfahrungen und um die Entwicklung einer inneren Haltung, die sich wiederum auf mein Verhalten und mein Leben auswirken. Auf dem Spiel stehen also nicht mehr und nicht weniger als das Glück und die Gesundheit der menschlichen Psyche, wozu unter anderem die Bereitschaft gehört, sich auch in schwierigen Momenten für die Geschenke des Glücks zu öffnen. Es waren diese Erkenntnisse, die ich bei meinen Streifzügen durch den Stadtpark verinnerlichte und die ich als 23-Jähriger in mein Herz schloss.

Zeitlose Weisheiten für das Leben

Aus heutiger Sicht stellen sich mir vor allem folgende Fragen: Wie kann es sein, dass Gedanken, die über 2000 Jahre alt sind, einen Menschen im 21. Jahrhundert so sehr beeindrucken können? Und was hat es damit auf sich, dass im Jahr 2020 eine Gruppe von Menschen unter dem Namen »New York City Stoics« in einem New Yorker Wolkenkratzer regelmäßige Treffen abhält? Gibt es etwa zeitlose Gedanken, die in jedem Jahrhundert gültig sind und daher auch immer wieder für den praktischen Gebrauch empfohlen werden, sei es im Herzen des Financial District von Manhattan oder in einem populären europäischen Theaterstück aus dem 20. Jahrhundert?

Vielleicht ist es ja genau das, was einen Klassiker ausmacht. Dass darin Gedanken, Gefühle und Erfahrungen ausgedrückt werden, in denen sich die Menschen auch heute noch wiederfinden. Dass darin ähnliche Fragen und Probleme vorkommen, wie sie uns auch heute umtreiben. So klagte zum Beispiel schon Seneca im alten Rom über zu viel Lärm, Unruhe und Stress, und er kritisierte die Schnelllebigkeit seiner Epoche. Höchste Zeit also, dass wir uns die Geschichte der Stoa ein wenig näher anschauen.

DAS GOLDENE ZEITALTER DER PHILOSOPHISCHEN LEBENSSCHULEN

»Untersuchen wir also, wie man es dahin bringen kann, dass der Geist immer seinen gleichen günstigen Gang geht, mit sich selbst zufrieden ist und seinen eigenen Zustand mit Wohlgefallen betrachtet.«

(Seneca)

Die ersten Stoiker trafen sich wahrscheinlich 300 Jahre v. Chr. auf dem Marktplatz von Athen. Mitten in der Öffentlichkeit tauschten sie sich über philosophische Fragen aus. Auf demselben Marktplatz hatte Sokrates 100 Jahre vorher mit seinen Schülern philosophiert. Athen stieg damals zur unumstrittenen Metropole auf, deren kultureller Glanz und Einfluss in die gesamte damals bekannte Welt ausstrahlte. Es war die kulturelle Blütezeit Athens und das goldene Zeitalter der griechischen Demokratie. Als Alexander der Große im Jahr 323 v. Chr. starb, hinterließ er den Griechen ein Weltreich. Wie die meisten philosophischen Schulen und Bewegungen in Griechenland sahen auch die Stoiker in Sokrates ein wichtiges Vorbild.

ERKENNE DICH SELBST!

Es ist wahrscheinlich der bekannteste Satz, der aus der griechischen Philosophie überliefert ist: »Erkenne dich selbst!« Ursprünglich in großen Buchstaben am Eingang des Apollon-Tempels in Delphi zu finden, wo das berühmte Orakel seine Weissagungen aussprach, geht die Inschrift bis heute um die Welt.

Sokrates, der von den Stoikern als erster intellektueller Popstar der Antike verehrt wurde, machte die Kunst der Selbsterkenntnis zu einem Dreh- und Angelpunkt seiner Philosophie. Er selbst bezeichnete seine Methode übrigens als Hebammenkunst, die der Wahrheit zur Geburt verhelfe. So wurde die Aufforderung »Erkenne dich selbst!« zu einem geflügelten Wort der Antike, das viele Denker und Philosophen bis heute inspiriert. Nicht zuletzt soll sich beispielsweise Sigmund Freud bei der Erfindung der Psychoanalyse am »Erkenne dich selbst!« und an der sokratischen Methode orientiert haben. Besonderen Kultstatus erhielt die Aufforderung jedoch im alten Rom, wo man sie auf Hauswände geschrieben wiederfand.

In Athen entstand damals eine bis dahin ungekannte Fülle an neuen Ideen und Büchern, die unter den gebildeten Griechen zirkulierten und gelesen wurden. Philosophen und Intellektuelle wurden zunehmend von einer breiten Öffentlichkeit respektiert und erfreuten sich einer großen Beliebtheit. Verwöhnt von wirtschaftlichem Erfolg und wachsendem Wohlstand, entdeckte die griechische Gesellschaft in dieser Zeit für sich die Idee eines globalen Weltbürgertums. Die Verkehrs- und Kultursprache in der antiken Welt war Griechisch. Das Denken der griechischen Gesellschaft war kosmopolitisch. Der rege Austausch und Kontakt mit anderen Kulturen und Ländern war ein wichtiger Motor für ihre kulturelle Vorherrschaft. Unter diesen Vorzeichen entwickelte sich die griechische Kultur- und Handelsmacht zu einer der liberalsten und angesehensten Zivilisationen ihrer Zeit. Daher verwundert es wohl kaum, dass gerade in dieser Epoche die vier größten philosophischen Lebensschulen der griechischen Antike entstanden.

Nach Sokrates’ Tod gründet Platon im Jahr 387 v. Chr. seine Akademie in Athen.

Platons berühmtester Schüler Aristoteles beginnt 334 v. Chr. seine Forschungs- und Lehrtätigkeit im Peripatos (deutsch »Wandelhalle«).

Um 306 v. Chr. eröffnet der Philosoph Epikur seinen berühmten Garten (griechisch »Kepos«) am Rande von Athen.

Die Stoiker treffen sich um 300 v. Chr. zum ersten Mal in der »bunten Säulenhalle« (griechisch »Stoa poikile«). Nach dieser Halle werden sie schließlich auch benannt, denn »Stoa« ist das griechische Wort für »Säulenhalle«.

Alle vier Schulen haben das Ziel, den Menschen in seinem Streben nach Glückseligkeit und Wissen zu unterstützen. Während Platon und Aristoteles eine stark wissenschaftlich-akademische Ausrichtung verfolgen, konzentrieren sich die Epikureer und Stoiker auf das alltägliche Leben.

Zenon von Kition (circa 333–261 v. Chr.), der Begründer der Stoa, soll angeblich über 20 Bücher geschrieben haben, die jedoch alle nicht mehr erhalten sind. Daher stammt unser gesamtes Wissen über ihn aus zweiter Hand. Das Überlieferte passt jedoch bestens in das Gesamtbild, das wir von der griechischen Gesellschaft aus dieser Zeit haben. Eine populäre Legende erzählt davon, wie Zenon bei einem Schiffsunglück all sein Hab und Gut verlor und sich daraufhin der Philosophie widmete. Viel wahrscheinlicher ist allerdings, dass der Wunsch nach griechischer Bildung eines der Hauptmotive war, warum er wie viele andere Zeitgenossen überhaupt nach Athen gereist war.

In einem seiner Bücher – es trug den Titel »Politeia« (deutsch »Der Staat«) – soll er sich radikal gegen die gesellschaftlichen Konventionen seiner Zeit ausgesprochen haben. In dieser politischen Utopie legt er seine Vorstellung eines idealen Staates dar und plädiert darin für die Abschaffung von Geld, Ehe, Tempeln, Schulen und geschlechtsspezifischer Kleidung. Man kann also an dieser Stelle nur vermuten, dass Zenon zur liberalen und weltoffenen Elite seiner Generation gehörte. Seit ihrem Beginn stand die Stoa hinter der Idee eines Weltbürgertums und trat für die Gleichheit aller Menschen ein. Wie übrigens bei den meisten anderen philosophischen Schulen waren auch bei den Stoikern Frauen und Sklaven willkommen.

ERFOLGSGESCHICHTE MIT MEHREREN BLÜTEZEITEN

»Etwas Edles ist es – den Blick auf die Kräfte nicht der eigenen Person, sondern der eigenen Natur gerichtet – einen Versuch zu wagen, Erhabenes in Angriff zu nehmen, im Geist größere Pläne zu fassen, als selbst mit gewaltiger Seelenstärke ausgestattete Menschen verwirklichen können.«

(Seneca)

Die Stoa hatte stolze 500 Jahre Bestand. Was schon ziemlich erstaunlich ist, wenn man bedenkt, dass in diesem Zeitraum die griechische Demokratie und die römische Republik zerfielen. Trotz dieser krisenhaften Umwälzungen erwiesen sich die Stoiker als höchst widerstandsfähig. Nur so konnte die stoische Lebensschule Aufstieg und Niedergang zweier hoch entwickelter Zivilisationen überdauern.

In der Forschung spricht man von der frühen, der mittleren und schließlich der jüngeren Stoa, die sich bis ins 2. Jahrhundert n. Chr. erstreckte. Den ultimativen Höhepunkt ihrer Blüte und Popularität erreichte die Stoa erst unter römischer Herrschaft. Im alten Rom galt sie als eine Art Staatsphilosophie. Doch ist die Stoa insgesamt eine einzige Erfolgsgeschichte, was ihre Wirkung und Verbreitung angeht. Im Laufe der Zeit weitete sie sich auf nahezu alle gesellschaftlichen Kreise im alten Griechenland und Rom aus. Nach Zenon folgte eine Reihe weiterer Stoiker, die die Tradition aktiv fortführten. Vom ehemaligen Sklaven über den reichen Geschäftsmann und Politiker bis zum römischen Kaiser waren unter den Stoikern alle Schichten vertreten. Ihre großen Vertreter heißen

Zenon von Kition – Begründer der Stoa,

Chrysippos von Soloi – einer der wichtigsten Stoiker im antiken Griechenland,

Seneca – meistgelesener römischer Schriftsteller seiner Zeit,

Musonius Rufus – einer der wichtigsten stoischen Lehrer im alten Rom zur Zeit von Kaiser Nero,

Epiktet – Schüler von Rufus und ehemaliger Sklave,

Marc Aurel – römischer Kaiser.

Eine ausführlichere Auflistung der wichtigsten Stoiker finden Sie übrigens im Anhang dieses Buches (ab >).

Der Stoiker und römische Kaiser Marc Aurel markiert zwei Endpunkte in der Geschichte Roms. Er ist der letzte der sogenannten »fünf guten Kaiser«, die dem römischen Imperium eine segensreiche Blütezeit bescheren. Sein Nachfolger und Sohn Commodus hingegen wird Sinnbild für Grausamkeit, Tyrannei und Cäsarenwahn – wie von Joaquin Phoenix in dem Film »Gladiator« dargestellt. Außerdem stirbt mit Marc Aurel einer der letzten großen und aktiven Vertreter der Stoa. Damit endet eine über 500 Jahre andauernde Tradition, und die Geschicke des Abendlandes gehen über in die Hände des Christentums. Der Einfluss des stoischen Denkens bleibt jedoch weit über Marc Aurels Tod hinaus bestehen. Nicht umsonst gilt der Stoizismus die letzten 1800 Jahre beinahe durchgängig als philosophischer Geheimtipp und findet bis heute viele Anhänger auf der ganzen Welt.

Kluge Ideen für ein gutes Leben

Besonders beliebt war die römische Stoa. Ihre wichtigsten Autoren sind Seneca, Epiktet und Marc Aurel, die nicht nur in philosophischen Seminaren und Geschichtsstunden behandelt werden, sondern deren Namen auch in Kalendern und auf Postkarten auftauchen. Anders als bei ihren griechischen Vordenkern sind viele ihrer Texte erhalten und prägen unsere Vorstellung des Stoizismus daher auf besondere Weise. Zu den bekanntesten Schriften gehören die Werke »Vom glücklichen Leben« (Seneca), die »Selbstbetrachtungen« (Marc Aurel) und das »Handbüchlein der Moral« (Epiktet). Als vielgelesene Klassiker und regelrechte Longseller zählen sie zur zeitlosen Weisheitsliteratur der europäischen Philosophie.

VOM DENKEN ZUM HANDELN

Ursprünglich besteht die Lehre der Stoa aus drei Disziplinen: das richtige Verständnis der Welt (Naturphilosophie), wahre Urteile (Logik) und richtiges Handeln (Ethik). In der Selbsterkenntnis läuft alles zusammen: das Wissen, wer wir sind, was das Universum ist, welchen Platz wir darin haben und was der Zweck unseres Lebens ist. Dahinter steht die Vorstellung der Stoiker, dass im Kosmos alles mit allem zusammenhängt, was sie »sympatheia« nennen. In dieser harmonischen Ordnung ist die Vernunft eine physikalische Kraft, die alles durchdringt.

Die Gedanken der römischen Stoiker erscheinen uns heute besonders vertraut, weil wir mit ihnen die jüngste und damit auch modernste Version des Stoizismus vorliegen haben. Vieles wirkt tatsächlich sehr aktuell: Wut galt beispielsweise als nicht erstrebenswert. Das damit zusammenhängende stoische Ideal der Selbstbeherrschung und Emotionsregulation erinnert in manchen Punkten an unsere heutige Achtsamkeitskultur. Immer wieder kreisen sie um die Frage, wie wir negativen Emotionen und Herausforderungen mit Gelassenheit begegnen können. Ich werde mich im weiteren Verlauf häufig auf die drei genannten Stoiker aus dem alten Rom beziehen, weil sie unserer Welt von heute am nächsten kommen.

DAS GLÜCK DES GUTEN MENSCHEN

»So lange du lebst und so lange du kannst, werde jetzt ein guter Mensch.«

(Marc Aurel)

Müsste man die vielfältigen Gedanken und Lehren aller Stoiker auf einen Nenner bringen, dann wäre es der vielzitierte Satz von Seneca, der mich schon als Schüler beschäftigte: »Glücklich ist also ein Leben in Übereinstimmung mit der eigenen Natur.« Ähnlich wie den griechischen Philosophen Sokrates, Platon und Aristoteles geht es den Stoikern letztlich um ein erfülltes und gutes Leben. Dafür gibt es zwar keine Garantie. Eine aktive Lebensweise, klare Prinzipien und Regeln begünstigen es aber.

Drei wichtige Grundsätze der Stoiker

Die drei wesentlichen Einsichten oder Grundsätze der Stoiker, ohne die ein gutes und glückliches Leben nicht möglich ist, lauten folgendermaßen:

1. Der Mensch ist im Grunde gut! – Die Stoiker waren überzeugt davon, dass niemand absichtlich Schlechtes tut und im Grunde alle Menschen gut sind. Außerdem besitzen sie die Fähigkeit, ihren Charakter zu formen und Tugenden zu entwickeln. Die Stoiker meinen mit Tugenden Eigenschaften wie zum Beispiel Mut, Gelassenheit, Gerechtigkeit und Weisheit, sowie das praktische Wissen, wie wir diese Eigenschaften in uns ausbilden. Ein guter Charakter und das Erlernen der Tugenden sind die wichtigste Voraussetzung für ein glückliches Leben. Deswegen ist die Tugendhaftigkeit das höchste Gut. So wie die Welt von einem harmonischen und vernünftigen Prinzip durchdrungen ist, so ist der Mensch im Kern vernünftig und gut.

2. Nicht die Dinge selbst beunruhigen uns, sondern die Vorstellungen, die wir von ihnen haben! – Dieser berühmte Gedanke stammt von Epiktet, und vielleicht sind Sie ihm schon einmal begegnet. Tatsächlich kreisten viele Gedanken der Stoiker um folgende Fragen: Wie können wir verhindern, dass innere Unruhe, Ängste und Sorgen unser Leben beeinträchtigen? Wie soll man sich gegenüber Tod und Schmerz verhalten, zumal beide unvermeidbar sind? Dabei vertraten die Stoiker eine ganz klare Position. Sie hielten es für ganz und gar unvernünftig, sich seinen Sorgen und Ängsten im Leben hinzugeben. Daher ging es immer wieder darum, die eigenen Wahrnehmungen und Gedanken zu überprüfen und zu erkennen, wie diese die Ängste und Sorgen vergrößern oder verkleinern. Letztlich ist der Stoizismus also der Versuch, mit der Macht des Geistes das eigene Erleben zu beeinflussen.

3. Es ist nicht entscheidend, was passiert, sondern wie ich damit umgehe! – Kaum eine Maxime ist moderner und somit näher an unserer heutigen Denkweise als diese. Nicht umsonst gelten einige Grundsätze der Stoa als Vorläufer der modernen Psychologie. Die stoische Philosophie gründet auf einer tiefen Einsicht in die Freiheit des Menschen. Wir können uns unser Schicksal nicht aussuchen, und vieles in unserem Leben liegt außerhalb unserer Kontrolle. Es liegt allerdings in unseren Händen, wie wir auf bestimmte Dinge, Ereignisse und Veränderungen in unserem Alltag reagieren. Genau diese Freiheit hat Seneca im Sinn, wenn er darüber schreibt, wie Menschen mit schwierigen Herausforderungen umgehen sollen: »Was auch kommt, sie sollen es für gut ansehen oder zum Guten wenden. Nicht darauf kommt es an, was man trägt, sondern wie man es trägt.« Vor allem die kognitive Verhaltenstherapie hat diesen Ansatz übernommen und daraus ihre Methoden entwickelt.

Die vier Tugenden der Stoiker

Tugenden sind für die Stoiker keine schwer erreichbaren Ideale, sondern Fähigkeiten, die wir erlernen können. Genauso betrachten sie Tugendhaftigkeit als eine Charaktereigenschaft, die man trainieren kann. Wie schon erwähnt sind die Stoiker in dieser Hinsicht ziemliche Hardliner. Ohne Tugend kein Glück. Kein gutes Leben ohne regelmäßiges Training. Heute sprechen wir daher auch von einer radikalen Tugendethik.

Tugend kommt von »Taugen« und »Tüchtigkeit«. In dem Begriff stecken zwei Ideen, die für die stoische Philosophie wesentlich sind: Tugend als menschliche Fähigkeit und die Idee des ständigen Bemühens. Ethik wiederum leitet sich aus dem altgriechischen Wort »etike« ab, was Gewohnheit bedeutet. Wir führen ein gutes und glückliches Leben, indem wir uns gute Gewohnheiten aneignen.

Zusammengefasst steht für die Stoiker jeder Mensch vor der gleichen Aufgabe: Es geht um die Fähigkeit, Tugenden und charakterliche Stärken zu entwickeln, sich immer wieder um gute Gewohnheiten zu bemühen und das Leben täglich nach diesen Maximen auszurichten. Das bedeutet für Marc Aurel, kurz gesagt, ein guter Mensch zu sein! Die vier wichtigsten Tugenden der Stoiker sind:

1. Mut (oder Tapferkeit) – die Fähigkeit, uns für das, was wir als gut und richtig erkannt haben, mit voller Kraft einzusetzen. Mut im Sinne der Stoiker bedeutet, sich unter allen Umständen an seine Prinzipien und an seine Ziele im Leben zu erinnern und in diesem Sinne das Richtige zu tun. Dazu gehört auch, sich der wesentlichen Prioritäten und eigenen Werte bewusst zu sein, auf deren Grundlage wir unsere Entscheidungen treffen.

2. Gerechtigkeit (oder Fairness) – die Fähigkeit, jeden Menschen, unabhängig von Status, Herkunft und Geschlecht, fair und freundlich zu behandeln. Es bedeutet, alle Menschen zu respektieren und ihnen das zukommen zu lassen, was sie zu einem menschenwürdigen Leben brauchen. Zum stoischen Tugendtraining gehörte daher auch das Entwickeln von Emotionen wie Freude, Güte und Freundlichkeit. Das Christentum deutete übrigens später genau diese Tugend der Gerechtigkeit als Nächstenliebe!

3. Gelassenheit (oder Mäßigung) – die Fähigkeit, in allen Bereichen des Lebens das eigene gesunde Maß zu finden. Die Stoiker zählten Selbstkontrolle und Selbstbeherrschung in allen Lebenslagen zu einem ihrer wichtigsten Ziele. Die stoischen Ideale hierbei lauten Pflichterfüllung, Bescheidenheit und eine maßvolle Haltung in Bezug auf materiellen Konsum.

4. Praktische Weisheit (oder Klugheit ) – die Fähigkeit, Dinge richtig einzuschätzen, Wichtiges vom Unwichtigen unterscheiden zu können und auch in komplexen Situationen kluge Entscheidungen zu treffen. Praktische Weisheit hilft, bei schwierigen Herausforderungen die innere Ruhe zu bewahren und besonnen zu handeln. Dazu gehören auch der richtige Umgang mit dem Tod und die Fähigkeit, das Leben nicht zu schwer zu nehmen.

Mit Tugenden durch den Alltag und durch Krisen

»Es sind die Schwierigkeiten, die das wahre Selbst zum Vorschein bringen« lautet ein Zitat, das dem Stoiker Epiktet zugeschrieben wird. Auch dieser Gedanke klingt für unsere modernen Ohren überhaupt nicht fremd. Ganz im Gegenteil: »In der Krise beweist sich der Charakter«, soll der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt einmal gesagt haben. War er möglicherweise ein heimlicher Stoiker? In einem Zeitungsartikel von 2015 jedenfalls bezeichnete er Marc Aurel als sein Vorbild und beschrieb seine Verehrung für den römischen Kaiser mit folgenden Worten: »Mit fünfzehn Jahren bekam ich die ›Selbstbetrachtungen‹ des Marc Aurel geschenkt. Das Buch hat mich in schweren Stunden geleitet, vom RAF-Terror bis zur Nachrüstung.« Dabei faszinierten ihn laut eigener Angabe vor allem zwei Tugenden: innere Gelassenheit und bedingungslose Pflichterfüllung.

Bei der Erforschung und Stärkung des menschlichen Geistes legen die Stoiker großen Wert auf praktische Übungen. Sie grenzen sich von den akademischen Schulen der Philosophen Platon und Aristoteles ab und stellen das individuelle Handeln in den Mittelpunkt. Ihre Ideen und Gedanken sollen einen Nutzen für das alltägliche Leben haben. In der Stoa geht es um alltagstaugliche Handreichungen zur Lebensbewältigung und um eine Gebrauchsanweisung zum Glücklichsein. Oder wie Seneca in einem Brief an seinen Freund Lucilius schreibt: »Nicht auf Worten beruht die Philosophie, sondern auf Handlungen.« Die stoische Philosophie, sagt er weiter, »zeigt, was man tun und lassen muss«.

Aus heutiger Sicht würde man wahrscheinlich eher von einem Training für innere Ruhe, Widerstandskraft, Willensstärke und Gelassenheit sprechen. Allerdings waren diese praktischen und spirituellen Übungen für die Stoiker in ihr ganzheitliches Weltbild eingebunden. Mit ihrem konkreten Alltagsbezug stellt die stoische Philosophie das Menschsein in den Mittelpunkt. Eine ihrer wesentlichen Welterfahrungen ist die universelle Verbundenheit mit allen Menschen und mit dem gesamten Kosmos. Kein Wunder also, dass die Stoa im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche Menschen inspiriert hat und ihr Einfluss bis in unsere Gegenwart hinein wirkt.

IDAS WESEN DER SELBSTERKENNTNIS Wie wir entdecken, wer wir sind

»Ein Mensch, der nicht weiß, was das Universum ist, weiß nicht, wo er lebt. Ein Mensch, der den Zweck seines Lebens nicht kennt, weiß nicht, wer er ist, und auch nicht, was das Universum ist. Ein Mensch, der eins dieser Dinge nicht weiß, kann auch nicht sagen, warum er existiert. Was soll man also mit Menschen machen, die die Anerkennung von jenen Menschen suchen, die nicht wissen, wo und wer sie sind?«

(Marc Aurel)

WIR ÜBERSCHÄTZEN UNSERE FÄHIGKEIT ZUR SELBSTERKENNTNIS

»Betrachte die ganze Natur, wovon du nur ein winziges Stücklein bist, und das ganze Zeitmaß, von welchem nur ein kurzer und kleiner Abschnitt dir zugewiesen ist, und das Schicksal, wovon das deinige nur einen Bruchteil bildet.«

(Marc Aurel)

In vielen Momenten unseres Alltags handeln wir im Autopiloten. Das heißt, wir denken nicht weiter darüber nach, warum wir etwas machen. Die Fragen, wer wir sind und welche Rolle wir im Universum einnehmen, sind dabei erst recht unwichtig. Oder wie würden Sie auf die Frage »Wer sind Sie?« antworten? Sicher nicht, indem Sie anfangen über Ihren Platz in der Weltordnung und im Kosmos zu philosophieren. Falls doch, sind Sie bereits stoischer, als Ihnen vielleicht bewusst ist. Der wahrscheinlichere Fall ist jedoch, dass das Universum eines der letzten Dinge ist, die uns bei der Frage »Wer bin ich?« in den Sinn kämen. Und im Autopiloten des Alltags zählt ohnehin nur, was wir gerade tun müssen oder wollen.

Wie also würde Ihre Antwort ausfallen, wenn Ihnen die Frage gestellt wird: »Wer sind Sie?« Nehmen Sie sich ein paar Momente, um darüber nachzudenken. Meine Vermutung: Sehr wahrscheinlich würden Sie Ihren Namen nennen, Ihren Beruf angeben und erzählen, woher Sie kommen. Möglicherweise würden Sie noch in zwei kurzen Sätzen Ihre Familienverhältnisse umreißen, ob Sie Single oder verheiratet sind, Kinder haben, alleinerziehend sind oder in einer Partnerschaft mit dem Status »kompliziert« oder »rundum zufrieden« leben. Viel mehr aber auch nicht. Womöglich wäre der Zusatz »kompliziert« schon zu privat, und überhaupt, inwiefern sagt er etwas darüber aus, wer wir sind? Diese Information gäbe vielmehr Aufschluss über unseren derzeitigen Gemüts- und Beziehungszustand.

Wir sind mehr als die Summe unserer Teile