Der kleine Klang - Bernhard W. Rahe - E-Book

Der kleine Klang E-Book

Bernhard W. Rahe

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Beschreibung

Ursprünglich ist das Sonett eine alte italienische Gedichtform. Es wird als "Klanggedicht" oder "kleines Tonstück" übersetzt. In diesem Buch enthält das Sonett eine moderne experimentelle Bedeutung, weil es Themen aus unserer heutigen Zeit aufgreift. Die Verse sind eigen, essenziell, zärtlich, philosophisch und oftmals amüsant – manchmal sogar provokant. Ein poetischer Mikrokosmos öffnet den Blick auf das Hintergründige im alltäglichen Geschehen.

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Seitenzahl: 51

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Der kleine Klang

101 Sonette

Bernhard W. Rahe

Bernhard W. Rahe

Bremen, im April 2021

Die Sonette

Im Dichterwald

An ein altes italienisches Gedicht

An den zweifelhaften Staat

Für Herrn Schröder

An Albert Einstein

Sonnenfinsternis

Das Jahr 3010

Jahrtausendwende

An den November zur Jahrtausendwende

Jahreswechsel 2005

An die anarchistischen Kinder

An das mutige Kind

Von den ungeborenen Kinderseelen

Totes Haus

An das Vorhandensein

Ami

An den Clown

An den glücklichen Narren wider Willen

Von den lecken Kondomen

Ersehnter Abgesang

Der Schmachtende

Vom Manne mit Liebeskummer

An den Schöpfer

An den Schnitter

Spieler

An den Tag

Von den tapferen Eisbären

Der unbequeme Unbekannte

Zweiter Frühling

Sommer

Herbst

Winter

Dem zielstrebigen Menschen

Ruhm und Anerkennung

Von der Fehlbarkeit des Geldes

Über die, auch unerwartete, Erektion

Die fremde Gattin

Vergessener frivoler Brief

Die reichen Irren

Die geschenkte Liebe

Reaktionäre

Scheinwelt

Sehnsucht

Von den verlorenen Soldaten

Vergangene Jugend

Wirrungen

Lavendel-Déjà-vu

Von einem tragischen Ende

Formine 2000

An Schiller und Goethe

An Marcel Reich-Ranicki

Zerstörter Garten

An die Verse, die überdauern

Das niedergerissene „Alte Haus“

Aufbruch

Fortschritt

Maschine

Boxsport

Rodins Denker

Ungeduld

Vom Land hinter dem Horizont

Das Meer bei Hannover

Schick uns die Sintflut

An die Wohlbeleibten

Niedergang eines besonderen Tieres

Die gefräßige Frau

Sattsein

Knechtschaft

Schrei der Schwalben

Das Schweigen in der Vernetzung

Sentimental stimmender Regen

Aussteigertraum

Treibholz

Urlaubsstress

Vom wortlosen Schriftsteller

Der Zecher

Homophile Begegnung

Von den Banknoten und den Toten

Geister, die wir riefen

Unsterblichkeit

Vergangene Leidenschaft

Die erstrebenswerte Krankheit

Von ihm an die Frau

Nietzsches Grabrede angesichts Gottes Tod

Großstadtnacht

Ein Sonett, das die Welt nicht braucht

Sonettenkranz-Zyklus

87.Geburt

88.Kindheit

89.Sturm und Drang

90.Verwirrung

91.Karriere

92.Erfahrung

93.Begegnung

94.Liebe

95.Heirat

96.Familie

97.Seitensprung

98.Erektion

99.Orgasmus

100.Schwangerschaft

101.Meistersonett

Im Dichterwald

Hast bitter und süß gerungen mit Worten,

Gedanken verwehten, tobten kalt und heiß

im Wind, nur der alte Wald ist still, er weiß,

kamst von weit her, suchtest an vielen Orten.

Sinn der Dinge aus Lettern zu gestalten,

es äußert sich im Kampfe in dir allein.

Fühlst dich oft so entsetzlich wortlos und klein,

kannst in den Wäldern grün, dich frei entfalten.

Lass dich bald fall'n, Stämme dich sicher tragen,

ahnst es nicht, du bist geküsst in tiefer Nacht.

Bald fällt weißer weißer Schnee, oh kühle Macht.

Stimmen um dich herum, hörst du mein Klagen?

Sei nicht traurig! Dichten tut zuweilen weh,

Ich steh' dir bei, als Muse Kalliope.

An ein altes italienisches Gedicht

Da feile ich und suche stets nach dem Wort,

verschiebe es, finde den richtigen Ort,

erspüre angestrengt, mit Freude den Reim,

empfinde Lust am Poem und keine Pein.

Es wachsen stetig die lyrischen Zeilen,

Ideen steigen auf, ohne zu weilen,

hier wächst in klassischer Weise ein Gedicht,

erhält Inhalt und Form, ein wenig Gewicht.

Silben, männlich oder weiblich, sind gezählt,

rücken an die rechte Stelle, gut gewählt.

Elf Silben nur zu einer Zeile sich reih'n.

Lange Sätze sich teilen, wieder entzwei'n.

Der Letzte Vers erklärt mit seinem Gehalt

die Kraft des Werkes, des Sonettes Gestalt.

An den zweifelhaften Staat

Ein stabiler Staat zerbricht und veraltet,

von unfähigen Ministern verwaltet.

In der Willkür verbrennen Wählerstimmen,

Parteien wollen Vertrauen gewinnen.

Blutsauger üben tagtäglich den Verrat,

Wähler sind verwirrt vom Reformensalat.

Ihr maßlosen Unternehmen und Banken,

wer weist euch endlich zurück in die Schranken.

Regierung, ein fettes, groteskes Geschwür.

Meineidschwörer, Heuchler und Beschwichtiger,

wo bleibt euer demokratisches Gespür?

Ihr schützt die Mächtigen, die sind wichtiger,

als kleine Leute, angepasste Bürger.

Welch ein Scheißstaat, du Steuerhai und Würger!

Offenes Sonett an Herrn Schröder

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Schröder,

glauben Sie, die Wähler werden noch blöder?

Sie sollten sich wirklich nicht mehr genieren,

Deutschlands Untergang zu ratifizieren.

Unserer Nation steht der Schaum vor dem Mund,

müde Minister verwalten sich gesund.

Politschergen greifen in Bürgertaschen,

um endlich Macht und Wohlstand zu erhaschen.

Steuersklaven sind die Dummen und Schwachen.

Und wenn ich wähle, vergeht mir das Lachen.

Diebstahl, ein neues Wort für Demokratie?

Ihr seid die Hirten, wir nur das Volk und Vieh.

Minister sind nicht stets loyal und klüger!

Manche Wähler rufen, ihr seid Betrüger!

Sonett an Albert Einstein

Du kamst mit wirren weißen Haaren daher,

auf deinen Schultern drückte die Frage schwer,

lenkt die Sonne das Licht ab, so massereich,

sind E und mc² stets wirklich gleich?

Das Labor, in dem die Welt sich definiert,

war dein Universum, völlig ungeniert

definiertest du einmal, „Gott würfelt nicht!“

Dieser Leitsatz erhielt ein großes Gewicht.

Den hohen Gefilden der Zahlenlehre

nähertest du dich nur mit zäher Ehre.

Du liebtest die Musik und spieltest Geige.

Die Kernwaffe trug dein geistiges Erbe.

Als sie fiel, zerstörte sie, jede Scherbe

deutet noch heute auf Erhalt und Neige.

Sonett von der Sonnenfinsternis

In den Himmel tausend Augäpfel spähen

und noch ist nichts, nur die Sonne zu sehen.

Doch bald, so bekunden die Astronomen,

erscheint am Himmel ein schauriges Omen.

Es soll der Mond im Kampf die Sonn' verschlingen,

zuvor zeugt die Sichel vom Kräfteringen

im Weltall der Mächte, von Schatten und Licht,

schaut die angstvollen Blicke: Gott hält Gericht.

Es nahet das Dunkel, kühler wird die Luft,

die Stadt schimmert bleiern, sie gleicht einer Gruft,

und tausend Gesichter, angstvolle Blicke.

Oh, Welt ohne Licht, mit düst’rem Geschicke,

schaut doch, der Mond hat das Ringen verloren,

Welt im Lichtstrahl, erneut bist du geboren.

Sonett an das Jahr 3010

In ungefähr eintausend und zehn Jahren

werden Wagen nicht fahren, auch kaum fliegen.

Forscher woll'n die Gravitation besiegen,

Gott wird uns die Erkenntnis nicht ersparen.

Am Himmel werden keine Vögel schweben,

Maschinen beben, in Raumschiffen dröhnen,

an Cybersex wird man sich bald gewöhnen,

Embryonen harren im Glas aufs Leben.

Über menschlichem Kopf strahlt keine Sonne,

Chemikalien sind's, die Licht dann spenden,

Träume von der alten Welt niemals enden.