Der kleine König Mäuserich - Nils B. Dernbach - E-Book

Der kleine König Mäuserich E-Book

Nils B. Dernbach

0,0

Beschreibung

Drei kleine Mäuse und ihre gefährliche Reise zurück nach Hause. Erich war mit seinen 17 Jahren der jüngste König, den das Königreich Falindar je gesehen hatte. Sein Leben lang ist er wohlbehütet in den Mauern des Schlosses Elandia aufgewachsen, bis er eines Tages Opfer eines bösen Zaubers wurde. Als kleine, wehrlose Maus muss er gemeinsam mit seinen Gefährten eine gefährliche Reise antreten, um nicht nur sich, sondern sein gesamtes Königreich zu retten.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 148

Veröffentlichungsjahr: 2023

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


NILS B. DERNBACH

DER KLEINE KÖNIG

MÄUSERICH

Roman

Für Sebi, Melly, Anja und Oli, ohne deren Schnapsidee,

unsere Weihnachtsgeschenke selbst zu machen,

ich wohl niemals mein erstes Buch geschrieben hätte.

© 2023 Nils Benjamin Dernbach

2. Auflage, Vorgängerausgabe 2023

Verantwortlich für den Inhalt:

Nils Benjamin Dernbach

Alter Schlachthofweg 8

97769 Bad Brückenau

www.weltenflieher.de

Distribution:

epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin

Ein ungebetener Gast

Ein langgezogener Seufzer hallte an den hohen Wänden des großen Thronsaals wider. Ein junger Mann, mit schulterlangem, braunem Haar, welches sein schmales Gesicht nur mühsam zu kaschieren wusste, ließ sich auf dem weichen Samt des prunkvollen Sitzes nieder. Mit gelangweiltem Blick schaute er zu dem hochgewachsenen Herren, der zur rechten des Throns stand, auf. Sein schwarzes Haar und der schwarze Vollbart umspielten die gewohnt streng blickenden, grauen Augen. Der junge Mann zog, ohne es zu merken, den Kopf ein.

»Das war die vierzehnte, Onkel Theobald«, sagte der junge Mann leise. Seine müden Augen wichen denen seines Onkels aus. »Ihr werdet doch niemals eine geeignete Frau für mich finden.«

Theobald holte tief Luft, so wie er es immer tat, wenn er zu einer seiner langatmigen Reden über die königlichen Pflichten ausholte. »Mein lieber Erich«, sagte er mit betont ruhiger Stimme. »Um die Blutlinie des Königshauses aufrecht zu erhalten, verlangt es nach einem passenden Nachfolger für die Krone. Nur ein leiblicher Sohn erfüllt diesen Anspruch auf den Thron. Zum Wohle deines Volkes und zu Ehren deiner Vorfahren solltest du also überlegen, ob du deine Vorstellungen einer geeigneten Frau nicht ein wenig überdenken möchtest.« Die letzten Wörter zischte er mehr, als dass er sie sprach.

»Eu-Euer Onkel hat Recht, Eure Majestät«, sagte eine verlegene Stimme hinter Erich. Es war die Stimme eines kleinen, dünnen Mannes, mit bleicher Haut und ungewöhnlich langen, blonden Haaren, die zu einem kunstvollen Zopf geflochten waren. Das war Asemir, der Berater des Königs. Trotz seines jungen Alters von 32 Jahren war er bereits Magister der geheimen Künste des hohen Ordens und somit auch der Hofzauberer des Königs. Und obwohl er ein äußerst fähiger Mann war, war er so scheu und verschreckt, wie Erich in seinen 17 Jahren kaum einen anderen Menschen gesehen hatte. Als Asemir den vernichtenden Blick Theobalds bemerkte, verstummte er sofort wieder und trat zurück in den Schatten.

Theobald hielt nicht viel von Asemir. Das war unschwer zu erkennen, doch der genaue Grund war Erich ein Rätsel. Vielleicht weil Asemirs Fürsorge nicht zur strengen Erziehung des Onkels passte. Vielleicht aber auch nur, weil der recht junge Asemir so viel weiser war als Theobald mit seinen 45 Jahren Lebenserfahrung.

Erich stand vom Thron auf und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Er war etwas kleiner als sein Onkel und auch seine stattliche Statur kam durch seine langen Gliedmaßen nicht ganz so gut zur Geltung wie bei seinem Onkel. »Danke, Onkel. Danke, Asemir«, sagte der junge König mit einer kleinen Verbeugung, die kaum ein Kopfnicken war, in Richtung Theobalds und mit einer tiefen Verbeugung und einem wohlwollenden Lächeln in Richtung Asemirs. »Ich werde bei der Übung mit dem Schwert über Eure Worte nachdenken.«

Noch bevor Theobald den Mund zu einer Maßregelung öffnen konnte, flog die hölzerne Tür auf der linken Seite des Saals mit einem lauten Scheppern auf. Ein älterer Mann, gekleidet in Wams und Kettenhemd, beides vom langen, ärmellosen Wappenrock der falindarischen Ritter bedeckt, trat durch sie hindurch. An der linken Seite seines Gürtels baumelte ein Schwert, in seiner rechten Hand hielt er ein weiteres.

»Syr Alberich«, begrüßte Erich mit freudestrahlenden Augen den soeben eingetroffenen Mann. »Pünktlich wie immer!«

Alberich lächelte zufrieden, wobei sich sein ergrauter Schnauzbart ein wenig hob. »Nun, Eure Majestät, was ist wichtiger für einen jungen König als geübt im Umgang mit dem Eisen zu sein?«

»Mir fielen da einige Dinge ein«, sagte Theobald. Seine Augen verengten sich, als er den Ritter erblickte.

Erich mochte seinen Onkel. Er war für ihn da gewesen, als sein Vater starb und ohne ihn, könnte er wohl niemals ein guter König sein. Seine Untergebenen mochte Erich allerdings auch, besonders Asemir und Alberich, und es gefiel ihm nicht, wie sein Onkel mit ihnen zu sprechen pflegte. Mit kräftiger Stimme, schließlich war er der König und nicht sein Onkel, sagte er: »Ihr habt Recht, Onkel. Dennoch ist es jetzt an der Zeit für eine Lektion in Sachen Verteidigung. Schließlich können meine Wachen nicht immer auf mich Acht geben und der Tag wird kommen, an dem ich gezwungen sein werde, meine Kenntnisse im Umgang mit dem Schwert zu nutzen, um nicht von einem üblen Halunken erschlagen zu werden. Das seht Ihr doch gewiss auch so?«

»Mein lieber Erich«, sprach Theobald nach kurzem Bedenken. »Nichts liegt mir mehr am Herzen als deine Sicherheit. Nun geh und lerne fleißig. Ein Schwertkampf ist kein Spaß, verstehst du?«

Erich nickte voller Freude. Er trat vom Podest, auf dem der Thron stand, hinunter und eilte zu Alberich. Er nahm das Schwert entgegen und ging vor ihm durch die Tür.

Das Holz knarzte noch, als Theobald Asemir mit funkelnden Augen anschaute. »Warum seid Ihr noch hier, Magister? Habt Ihr nicht irgendwelche Forschungen zu betreiben?«, fauchte er.

Asemir zuckte zusammen und beeilte sich den beiden Männern durch die Tür zu folgen.

Erich hob das Schwert und beäugte Alberich, der ihm auf dem Schlosshof gegenüberstand. Die Sonne stand schon tief am Himmel, doch für eine Übungsstunde war es nie zu spät. Der Ritter mochte mit seinen 58 Jahren zwar schon etwas betagter sein und seine rundliche Statur ließen auf eine nur geringe Kondition schließen, doch Erich wusste es besser. Dieser Mann war so agil wie noch vor 40 Jahren. Zumindest stellte Erich sich das so vor, denn dass dieser grandiose Schwertkämpfer früher einmal noch besser gewesen sein sollte, war für ihn schlichtweg unvorstellbar.

»Seid Ihr bereit, Eure Majestät?«, fragte Alberich mit einem freundlichen, aber entschlossenen Blick.

Gerade als Erich ihm antworten wollte, ging die Tür zum Hof auf und Asemir trat heraus. Er schaute verlegen und seine blasse Haut hatte einen leichten Rotton angenommen. »Mein König, verzeiht mir bitte, dass ich Euren Onkel vorhin im Thronsaal so rüde unterbrochen habe.«

Erich lachte leise. »Asemir, Ihr seid der beste Berater, den ich mir vorstellen kann. Mein Onkel ist ein guter Mann. Er möchte einfach das Beste für mich und muss daher streng auf meine Bediensteten achten.«

Asemir sah nicht überzeugt aus.

»Ihr steht unter meinem Befehl. Ich bin Euer König. Und ich bin mehr als zufrieden mit Eurer Arbeit.«

Asemir nickte langsam. Wenn man sein ganzes Leben lang nur mit Büchern verbrachte, war man den Umgang mit Menschen anscheinend einfach nicht gewohnt.

»Gut, wenn das geklärt ist, können wir fortfahren!«, sagte Erich in Richtung Alberich.

Alberich setzte ein zufriedenes Lächeln auf und griff nach seinem Schwert.

Die Klinge hatte sich kein Stück bewegt, als die Scharniere der hölzernen Eingangstür erneut quietschten. Diesmal trat ein Wachmann im Eilschritt zu den Dreien in den Hof hinaus. »Eure Majestät«, sagte er mit einer schwungvollen Verbeugung zu Erich. »Syr. Magister«, er nickte Alberich und Asemir zu. »Ein Gast ist soeben eingetroffen. Herr Theobald wünscht, dass Ihr ihn in Empfang nehmt.«

Erich stöhnte genervt auf. »Was für ein Gast soll das sein? Ich erwartete keinen Besuch mehr für den heutigen Tag.«

»Für wahr, eure Majestät. Es ist ein unangemeldeter Besuch von weit weg. Eine junge Dame. Sie ersucht Euch Eure Gemahlin zu werden. Sie bat um eine persönliche Audienz. Herr Theobald ließ sie in Eure Gemächer führen. Dort sollt Ihr sie aufsuchen«, entgegnete der Wachmann.

»Eine junge Dame von weit weg? Persönliche Audienz?«, wiederholte Alberich skeptisch. »Das klingt mir nicht sehr vertrauenerweckend.«

»Das meinte ich ebenfalls, Syr. Aber der Herr war der Meinung, dass eine junge Dame wohl keine Gefahr für den König darstellen könne«, antwortete der Wachmann.

Erich nickte. »Er hat Recht, Alberich. Ich sollte ihrem Ersuchen Gehör schenken. Vielleicht tut es mir ja ganz gut, einmal eine Dame zu sprechen, die nicht mein Onkel für mich auswählte«, er gab Alberich das Schwert. »Keine Sorge, diese Lektion holen wir noch nach.«

»Eure Majestät«, sagte der Ritter, als Erich sich zum Gehen wandte. »Gebt auf Euch Acht.«

»Das werde ich, Alberich.« Erich ging durch die Tür und ließ seinen Berater und seinen Ritter mit dem Wachmann allein.

»Da ist etwas faul. Das gefällt mir nicht, Magister«, raunte Alberich Asemir zu.

»A-aber der junge König, Syr. E-er sagte doch, es sei nur eine Dame. Er sagte, er wird...«

»Der junge König hat noch nichts von dieser Welt gesehen, Magister«, unterbrach Alberich den Zauberer. »Und auch sein Onkel ist nicht so erfahren wie ich es bin. Ich sah Attentäterinnen jenseits des Meeres, deren Weiblichkeit tödlicher war als jeder Schwertmeister.«

»I-ihr meint, w-wir sollen dem König folgen, Syr?«, stotterte Asemir.

Der Wachmann hatte das Gespräch aufmerksam mitverfolgt. »Verzeiht, dass ich diese Unterredung störe, Syr, Magister. Aber Herr Theobald forderte, dass der König allein mit der Dame sei. Er forderte, dass ich Sorge dafür tragen werde, dass der König und die junge Dame ungestört miteinander reden können.«

Alberich wurde zornig. »Und wer bist du, Bursche, dass du denkst, du könntest uns, Syr Alberich, Ritter von Falindar, Oberbefehlshaber über das königliche Heer und Meister Asemir, Magister der hohen Künste des geheimen Ordens, aufhalten?«

Der Wachmann schien in sich zusammen zu schrumpfen. »Syr, ich wollte Euch wahrlich nicht beleidigen...«

»Das will ich auch hoffen«, donnerte Alberich, während er das kalte Eisen seiner Klinge aus der Scheide schnellen ließ. »Ich fürchtete bereits, ich müsse meine Ehre mit meinem Schwert verteidigen«, er richtete die Waffe gegen den Wachmann.

»Ich hatte Befehl...«, setzte der Wachmann erneut zu einer Entschuldigung an.

»Der Schutz des Königs steht über Allem. Auch über dem Befehl der Hand des Königs. Also wenn du uns nicht augenblicklich aus dem Weg gehst, dann schwöre ich bei den Göttern…«

Die Luft war so dick, dass es selbst dem Zauberer den Atem verschlug. Die Knöchel des Ritters knackten, als er mit bedrohlichem Blick den Griff um seine Waffe verstärkte. Der Wachmann trat mit zitternden Knien zur Seite.

Alberich steckte sein Schwert zurück in die Scheide und ging, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, zur Tür. Als er dort ankam, drehte er sich um und forderte Asemir mit einem Nicken auf, ihm zu folgen.

Asemir, den die Vorstellung des Ritters selbst in Angst und Schrecken versetzt hatte, eilte ihm nach zur Tür.

Mit einem lauten Knall schlug Alberich die Tür hinter sich zu.

Erich klopfte an und trat in sein Schlafgemach ein. Vor ihm, auf einem der Holzstühle, saß eine junge Frau mit dem Rücken zur Tür. Als er hereinkam, stand sie auf und drehte sich zu ihm um.

Erich verschluckte sich fast bei ihrem Anblick. Solch eine Schönheit, hatte er sein Lebtag nicht gesehen. Sie hatte hüftlanges, blondes Haar. Ihre fast weiße Haut betonte ihre roten Lippen, die sich zu einem sinnlichen Lächeln formten. Ihre grünen Augen blickten verführerisch und doch unschuldig drein. Sie trug ein unauffälliges Kleid, das ihre schlanke Figur betonte.

Sie trat einen Schritt auf Erich zu und machte einen Knicks. »Eure Majestät«, sagte sie. Ihre Stimme war so weich und fließend wie der seidene Stoff ihres Kleides. »Verzeiht mir bitte meinen späten Besuch, doch als ich hörte, dass Ihr nach einer Gemahlin sucht, musste ich sofort aufbrechen, um Euch zu sehen. Erlaubt mir die Bemerkung, aber Ihr seid um einiges stattlicher, als ich mir erwartet hatte.« Ihre Stimme hatte einen süßlichen Unterton.

Erich schüttelte sich. »Eure beschwerliche Reise muss sehr lang gewesen sein... Äh... Ich meine: Eure lange Reise muss sehr beschwerlich für Euch gewesen sein, Fräulein...«, er stockte.

»Alyndra, Eure Majestät.«

Ihr Name klang wie Musik in seinen Ohren. »Fräulein Alyndra«, wiederholte er.

Sie standen sich eine kurze Zeit schweigend gegenüber bis Erich wieder in der Lage war zu denken. »Oh, verzeiht! Bitte setzt Euch doch«, er wies auf den bequemeren der beiden Holzstühle. »Seid Ihr durstig? Soll ich nach einem Diener rufen?«

»Ich danke Euch vielmals«, sagte Alyndra, als sie sich auf den Stuhl setzte. »Aber ich benötige nichts.«

Erich setzte sich ebenfalls. Erst jetzt fiel ihm die kleine, kunstvoll verzierte Holzkiste auf dem Tisch auf. »Ist das alles, was Ihr an Gepäck bei Euch habt?«, fragte Erich verwundert.

Sie lachte leise. Dabei zeigte sie ihre makellosen, weißen Zähne. »Nein, mein König. Meine Diener sind noch unten in der Stadt. Sie bringen mir alles, was ich benötige. Das hier«, sie strich mit ihrer rechten Hand über die Kiste, »ist ein kleines Präsent für Euch.« Alyndra schob die Schatulle zu Erich herüber.

Er nahm sie entgegen und schaute verlegen. »Ich habe leider nichts für Euch, ich...«

»Ihr wusstet ja nicht, dass ich kommen würde«, antwortete sie mit einem Lächeln. »So macht es auf! Ich hoffe, es wird Euch erfreuen.«

Ehrfürchtig schaute Erich auf das kleine Behältnis herab. Es war aus schwarzem Holz gefertigt und in den Deckel waren kleine, verschnörkelte Zweige geschnitzt. Von der Vorderseite strahlte ihm ein goldenes „E“ entgegen. Vorsichtig löste der König das Schloss, das aus einem glänzenden, schwarzen Metall gefertigt war. Mit gebanntem Blick starrte er auf die Kiste. Den Lärm trampelnder Schritte, der aus dem Korridor ins Zimmer hereindrang, nahm er gar nicht wahr. Er legte die Hände an beide Seiten der Klappe und hob sie bedächtig an. Er öffnete sie komplett, doch noch ehe er einen Blick in die Kiste werfen konnte, flog die Tür mit einem lauten Krachen auf. Sie knallte gegen die Wand an der Innenseite und wurde fast aus den Angeln gehoben.

»Eure Majestät!«, rief Alberich völlig außer sich, als er die beiden Gestalten im Zimmer erblickte, doch es war zu spät!

Alyndra brach in gackerndes Gelächter aus. Auf einmal klang ihre Stimme nicht mehr so süß wie noch einige Herzschläge zuvor. Auch ihr Anblick war nicht mehr derselbe. Die Haare zogen sich zusammen und schienen in ihrer Kopfhaut zu verschwinden. Die blasse Haut wurde grau und schrumpelig und aus den wachsenden Ohren sprossen schwarze Haarbüschel. Die weißen Zähne wurden länger und vergilbten. Und die Augen, die vor einigen Sekunden noch grün blitzten, wurden schwarz und quollen beinahe aus ihren Höhlen.

Dort, wo eben noch die wunderschöne, junge Frau gesessen hatte, starrte ein hässlicher Kobold in das angewiderte Gesicht des jungen Königs.

Dicker, gelblicher Dampf stieg aus der Kiste empor.

»Eure Majestät!«, diesmal brüllte Alberich und stürmte auf die Kiste zu. Asemir wollte ihn aufhalten, doch bevor er sich regen konnte, zischte der unscheinbare Inhalt des kleinen Behältnisses und der ganze Raum wurde in dichten Nebel gehüllt.

Erich wollte aufstehen und den Kobold packen, doch plötzlich wurden seine Glieder schwer. Er sah noch Alberich neben ihm zu Boden sinken, dann wurde alles schwarz um ihn.

Ein König wird zur Maus

Erich schlug als Erster die Augen auf. Sein Kopf pochte und um ihn herum drehte sich alles. Er versuchte sich zu strecken, doch er bemerkte, dass er eingequetscht war. Benommen sah er sich um. Er blinzelte einige Male, um wieder klar sehen zu können und starrte in die Fratze einer riesigen, weißen Maus. Er zuckte zusammen und gab einen überraschten Laut von sich. Doch, was da aus seiner Kehle kam, war kein Schrei. Es klang viel mehr wie ein erschrockenes Quieken. Das Tier nahm jedoch keine Notiz von ihm, es schien zu schlafen. Er versuchte den Kopf freizubekommen, noch immer drehte sich alles. Als er endlich wieder richtig sehen konnte, bemerkte er, dass ihm gar nicht schwindelig war, sondern dass er hin und her geschleudert wurde. Und das, was ihn da mit dieser Maus so eingepfercht hatte, war eine riesige, schrumpelige Hand. Erich blickte nach oben und erkannte das scheußliche Gesicht des gemeinen Kobolds wieder.

War er etwa geschrumpft worden? Er versuchte an sich herunterzublicken, doch der Kobold hatte ihn fest im Griff. Erich war schlecht. Er sorgte sich um Alberich und Asemir. Er musste schleunigst diesem Kobold entkommen und die Beiden suchen. Mit größter Mühe schaffte er es, seinen Arm zu befreien, doch bevor er irgendetwas damit anstellen konnte, hielt er verdutzt inne. Er spürte, wie seine Muskeln sich bewegten, aber was er da vor seinen Augen sah, war nicht sein Arm. Es war ein mit dichtem, braunem Haar bedeckter Stummel, der in einer mit vier Krallen besetzten Hand endete. Nun wurde ihm einiges klar. Die Maus vor ihm, war gar keine richtige Maus. Mit seiner gerade befreiten Hand klopfte er dem Tier auf den Kopf, bis es wach wurde.

Die Maus, die vermutlich einer von Erichs Freunden war, blinzelte. Es dauerte eine Weile, bis sie zu sich kam. Dann erschrak sie und fing wie wild an zu zappeln.

»He, ruhig!«, sagte Erich. Seine Stimme klang ungewöhnlich hoch. »Beruhigt Euch doch, ich bin es, Erich! Euer König!«

Die Maus hielt schlagartig inne. »Eu-eure Majestät? A-aber... Ihr seht so anders aus... Wie eine...«

»Wie eine Maus«, beendete Erich den Satz. »Um Euch ist es anscheinend nicht besser bestellt, Meister Asemir.«

Die Maus guckte ihn aus großen, runden, schwarzen Augen an. »I-ich auch?«

Erich nickte.

»A-aber woher wisst Ihr dann, d-dass ich…«

»Pscht…«, machte Erich und hielt sich eine Kralle vor den Mund. »Ich muss mich konzentrieren.« Er blickte sich um, so gut er konnte. Viel Bewegungsfreiheit hatte er in dem festen Griff des Kobolds nämlich nicht. In der rechten Hand des Kobolds, die auf der anderen Seite seines Körpers in gleichmäßigen Rhythmus hin- und herschwang, erhaschte er den Blick auf eine dicke, graue Maus, die fast so groß wie Erich und Asemir zusammen war.

Auch Alberich war anscheinend noch bewusstlos.

»Pst! Syr! Syr Alberich«, zischte der junge König.

Der Ritter rührte sich nicht.