Der magische Baum am Fluss - Ute Marth - E-Book

Der magische Baum am Fluss E-Book

Ute Marth

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Beschreibung

Die Jugendlichen Manuk, Karl und Lena treffen sich von Kindesbeinen an in ihrem Baum am Fluss. Die Stämme verzweigen sich sehr weit unten und bilden eine kleine Höhle. In dieser gemütlichen Umgebung erzählen sie sich stundenlang Geschichten und tauschen ihre Gedanken aus, denen Manuks Falke Hakimi lauscht. Doch eines Tages geschieht etwas Außergewöhnliches. Der Baum fängt an zu vibrieren. So stark, dass sie nicht sehen können, was geschieht. Als es still wird, befinden sie sich in einer unbekannten Umgebung. Dort lernen sie Nomarik, Kamino und Menarina kennen, drei Jugendliche, die durch ihr andersartiges Aussehen auffallen. Von ihnen erfahren sie, wo sie gelandet sind: auf den Plejaden Die drei lernen die besonderen Eigenschaften der Plejader kennen und entwickeln mit ihrer Hilfe übernatürliche Fähigkeiten. Es könnte alles traumhaft sein, wenn da nicht eine Bedrohung von Bewohnern eines anderen Sterns nahen würde, die die Jugendlichen in Aufruhr versetzt. Sie sind fest entschlossen, die Plejaden gemeinsam zu verteidigen, denn der Rat der Weisen unternimmt nichts. Im Kampf gegen die fremden Sternenbewohner kommt eine Gabe zum Einsatz, über die nur Menschen verfügen. Doch dann kommt es anders als geplant...

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Seitenzahl: 260

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Die Jugendlichen Manuk, Karl und Lena treffen sich von Kindesbeinen an in ihrem Baum am Fluss. Die Stämme verzweigen sich sehr weit unten und bilden eine kleine Höhle. In dieser gemütlichen Umgebung erzählen sie sich stundenlang Geschichten und tauschen ihre Gedanken aus, denen Manuks Falke Hakimi lauscht. Doch eines Tages geschieht etwas Außergewöhnliches. Der Baum fängt an zu vibrieren. So stark, dass sie nicht sehen können, was geschieht. Als es still wird, befinden sie sich in einer unbekannten Umgebung. Dort lernen sie Nomarik, Kamino und Menarina kennen, drei Jugendliche, die durch ihr andersartiges Aussehen auffallen. Von ihnen erfahren sie, wo sie gelandet sind: auf den Plejaden

Die drei lernen die besonderen Eigenschaften der Plejader kennen und entwickeln mit ihrer Hilfe übernatürliche Fähigkeiten. Es könnte alles traumhaft sein, wenn da nicht eine Bedrohung von Bewohnern eines anderen Sterns nahen würde, die die Jugendlichen in Aufruhr versetzt. Sie sind fest entschlossen, die Plejaden gemeinsam zu verteidigen, denn der Rat der Weisen unternimmt nichts. Im Kampf gegen die fremden Sternenbewohner kommt eine Gabe zum Einsatz, über die nur Menschen verfügen. Doch dann kommt es anders als geplant…

Das Buch handelt von den Lebensgewohnheiten der Plejader, ihren übernatürlichen Fähigkeiten, dem Kampf gegen andere Sternenbewohner sowie von Freundschaft, Liebe und Vertrauen, die 400 Lichtjahre mit Leichtigkeit überwinden.

Ute Marth wurde in Rotenburg an der Fulda geboren. Sie studierte in Germersheim und Paris und arbeitet als Diplom-Übersetzerin. Im Jahr 2019 veröffentlichte sie ihr erstes Buch, ein populärwissenschaftliches Werk über Quantenphysik. Dies ist ihre erste Fantasy/SciFi-Geschichte, in der sie ihrer Fantasie freien Lauf lassen konnte.

Vorwort

Plejaden, laut ausgesprochen, erzeugt in meinen Ohren einen Wohlklang. Allein das Wort hat mich schon als Jugendliche fasziniert so wie der französische Begriff échafaudage, dessen Bedeutung weniger romantisch ist als sein Klang. Im Studium stolperte ich wieder über die Plejaden, als ich erfuhr, dass sich eine französische Dichtergruppe im 16. Jahrhundert La Pléiade nannte.

Der Nachthimmel mit seinen funkelnden Sternen hat mich schon immer beeindruckt. Fragen zum Universum und zur Unendlichkeit kommen mir dann in den Sinn. Als Erwachsene begann ich, mich mit Astronomie zu beschäftigen. Und so entstand scheinbar aus heiterem Himmel die Idee, eine Geschichte zu schreiben, die auf den Plejaden spielt. Mir gefiel der Gedanke, dabei bekannte physikalische Gesetze zu ignorieren. Das Privileg der Fiktion! Das Schreiben hat mir viel Freude bereitet und ich wünsche Dir, liebe Leserin, lieber Leser, viel Spaß beim Lesen.

Ute Marth

Frankfurt, im Mai 2021

Inhalt

Wie es begann

Zeichnungen von den Höhlen

Tag 1 - Die Magie unseres Baumes

Tag 2 – Erkundung der Höhle

Tag 3 – Zu zweit unter dem plejadischen Himmel

Tag 4 – Unsere übernatürlichen Kräfte

Tag 5 – Der Kampf am Höhlensee

Tag 6 – Der Abschied naht

Danksagung

Wie es begann

Das ist die Geschichte von Karl, Lena, mir und meinem Falken Hakimi und unseren Reisen zu anderen Sternen. Wie das gehen soll? Das erzähle ich Euch gleich. Erst einmal möchte ich uns vorstellen. Karl ist fünfzehn Jahre alt, hat kurzes blondes Haar und schafft es auf wunderbare Weise, schnell zum Ziel zu kommen. Das war schon so, als wir noch viel jünger waren. Gab es ein Knäuel Kinder vor einem Eiswagen und Karl stand ganz hinten, hatte er schwuppdiwupp ein Eis. Dabei drängelte er nicht oder war gar unhöflich. Er schaffte es einfach auf eine unerklärliche Weise. Wir kennen uns schon von klein auf.

Lena ist sechszehn Jahre und hat langes blondes Haar und leuchtend blaue Augen. Sie ist ein bisschen schüchtern, zurückhaltend und sehr vorsichtig. Für Risiken ist sie nicht so zu haben. Wir kennen uns auch schon von Kindesbeinen.

Und ich? Ich heiße Manuk, habe rotbraune Haare und bin fünfzehn Jahre. Auch Jungs können Manuk heißen, aber ich bin ein Mädchen. Ich bin vorsichtig, habe aber eine Schwäche für Abenteuer. Ich liebe es, draußen zu sein und die Natur allein oder mit meinen Freundinnen und Freunden zu erkunden. Und dann habe ich noch einen Falken. Er heißt Hakimi, weil er so weise ist. Hakim ist das arabische Wort für weise. Er ist stets an meiner Seite und beschützt mich. Ja, ich weiß. Ein Falke ist kein Haustier. Hakimi ist anders als andere Falken. Ihr werdet sehen.

Am liebsten verbringe ich meine Zeit mit Karl und Lena. Wir treffen uns meist in unserem Baum am Fluss. Dort sind wir immer als Kinder hingegangen und haben uns Geschichten ausgedacht. Wir waren in einem Feenreich oder unser Baum war ein Schiff auf dem weiten, tosenden Meer. Oder wir haben am Ufer des Flusses gespielt, der an dem Baum vorbeifließt. Es ist ein Seitenfluss eines größeren Flusses, der ins Meer mündet. Er ist nicht sehr tief, wie ich feststellte, als ich beim Rudern einmal hineinfiel. Durch die vielen schönen Stunden, die wir dort verbracht haben, ist es eine Tradition geworden, sich dort zu treffen, wobei wir heute keine Feenspiele mehr machen und meist mit unseren Handys im Baum chillen. Denn man kann sich gut in den Baum legen, da von dem Baumstamm weit unten riesige Äste abgehen, die durch ihre Form eine kleine Höhle bilden. Wenn wir nicht mit unseren Handys beschäftigt sind, erzählen wir uns stundenlang, was uns beschäftigt.

Ich habe Karl und Lena berichtet, dass ich in der Schule Astronomie als Wahlpflichtfach gewählt habe. Schon immer habe ich mich für Sterne begeistert und im Sommer häufig auf der Dachterrasse unseres Hauses geschlafen und mir die Sterne und Sternschnuppen angeschaut, bis ich so müde war, dass ich einschlief. Oft habe ich mir vorgestellt, dass ich auf einem dieser Sterne wäre.

Und als wir wieder einmal entspannt in unserem Baum saßen und ich meinen Freunden erzählte, dass ich gerne auf einem anderen Stern sein möchte, fing der Baum an zu vibrieren. Was dann passierte, möchte ich Dir erzählen…

Es war der Beginn von vielen spannenden Abenteuern auf anderen Sternen.

Zeichnungen von den Höhlen

Höhleneingang und vorderer See

Weg zum hinteren See

Ausgang vom hinteren See

Tag 1 - Die Magie unseres Baumes

Es ist ein sonniger, warmer Frühlingstag. Ein leichter Wind lässt die Blätter in unserem Lieblingsbaum rascheln. Karl, Lena und ich chillen auf dem breiten Stamm zwischen den dicken Ästen; mein Falke Hakimi, der mich immer über mich wacht, hat es sich weiter oben bequem gemacht. Gerade als ich wieder einmal leidenschaftlich über Sterne und Dunkle Materie im Universum erzähle und wie cool es wäre, wenn man im Universum herumreisen könnte, fängt unser Baum an zu vibrieren. Alles um uns herum wird ganz dunkel. Wir werden durchgeschüttelt und sind so sehr damit beschäftigt, darauf zu achten, dass wir nicht herunterfallen, dass wir nicht sehen können, was mit uns geschieht. Nach einer endlos langen Zeit wird es ruhig. Als wir aufschauen, trauen wir unseren Augen nicht. Wir sind in einer ganz anderen Umgebung. Wie ist das möglich?

Diese Landschaft hat nichts mit der zu tun, die wir gerade verlassen haben. Es gibt keinen Zweifel. Wir befinden uns an einem fremden Ort. Aber wo? Und wie konnte das geschehen? In den Gesichtern von Karl und Lena sehe ich Verzweiflung und Neugier.

„Was ist passiert?“, fragt Lena. Wenn ich auf diese Frage nur eine Antwort hätte. „Ich weiß es nicht. Ich habe überhaupt keine Ahnung. Geht es euch gut?“

Lena und Karl versichern, dass sie unversehrt sind, und auch ich scheine keinen Schaden von dieser eigenartigen Reise genommen zu haben.

Doch wo ist Hakimi? Mein ganzer Körper zuckt vor Angst zusammen. Ich werde ihn doch nicht verloren haben? Tränen der Verzweiflung steigen auf, als ich ihn nirgends erblicken kann. Doch plötzlich sehe ich in weiter Ferne einen Vogel. Ich spreche ein Stoßgebet: „Lass es bitte Hakimi sein.“ Gleichzeitig frage ich mich, ob Gott mich an diesem unbekannten Ort hört. Der Vogel kommt immer näher und dann erkenne ich ihn an seinem großen weißen Fleck am Hals auf seinem braunweiß-schwarzen Gefieder: Ja, es ist mein geliebter Hakimi. Er setzt sich auf meine Schulter und legt seinen Kopf sanft an meinen. Karl und Lena rufen wie aus einem Mund: „Da ist ja Hakimi.“

„Wie hat er die Fahrt überlebt? Und wo war er bei unserer Ankunft? Ich hatte ihn auf dem Baum, auf dem wir angekommen sind, doch überhaupt nicht gesehen. Hauptsache er ist da.“ All diese Gedanken gehen mir durch den Kopf. Wir sind so erleichtert.

Vor uns tut sich eine Landschaft auf, die mich an die Wüstensteppe in Nevada erinnert. Der Boden ist rötlichbraun und wie gespickt mit etwa einen halben Meter großen, grünen Büschen, soweit das Auge reicht. Es gibt einige Bäume, die jedoch sehr klein und kaum verzweigt sind.

Unter einem von ihnen sind wir gelandet. Er ist jedoch etwas größer und die Form seiner Blätter unterscheidet sich von der der anderen Bäume. Sie erinnern mich ein wenig an Ahornblätter. Am Horizont erhebt sich ein Felsen. Die Luft ist angenehm warm und es ist windstill.

„Wo können wir nur sein und wie sind wir hierhergekommen?“, fragt Karl. Die Antwort darauf werden wir bald bekommen.

„Wenn ich das nur wüsste. Mir gefällt es hier ganz gut, und wenn es irgendeinen Weg hierher gibt, so wird es auch einen geben, der uns zurückführt“, sage ich. Ich versuche, zuversichtlich und überzeugend zu klingen, aber ein Hauch von Angst schwingt in meiner Stimme mit.

Glücklicherweise hat unser Rucksack die Fahrt mitgemacht und ich packe die Trinkflaschen und unseren Proviant aus. „Komm, wir stärken uns erst einmal nach diesem Schock, und dann besprechen wir, was wir machen“, schlage ich vor. Die anderen sind damit einverstanden.

Nachdem wir gegessen haben, blicken wir etwas mutiger in die Zukunft und beschließen, die Gegend zu erkunden.

„Wir sollten uns merken, auf welchem Baum wir gelandet sind. Denn wenn es einen Weg zurückgibt, dann sicherlich nur von hier“, sage ich. Er hat dicke niedrig hängende Äste. Wir sind auf zwei gegenüberliegenden Ästen gelandet, die etwa einen Meter über dem Boden vom Baumstamm abgehen.

Karl antwortet: „Der Baum ist größer als die anderen und hat diese dreigeteilten Blätter. Dadurch können wir ihn gut erkennen. Wenn wir uns merken, dass er auf der Höhe der halben Länge des Felsens steht, werden wir ihn gut wiederfinden.“

Rings um uns herum erstreckt sich diese steppenförmige Landschaft. Es ist hell, aber es ist keine Sonne sehen, so dass wir uns nicht an ihrem Stand orientieren können. „Lasst uns zu dem großen Felsen gehen“, schlägt Karl vor. „Gute Idee“, klingt es wie aus einem Munde von Lena und mir. „Vielleicht gibt es dort Wasser, damit wir unsere Flaschen auffüllen können“, sage ich voller Hoffnung. „Zumindest bietet er uns Schutz.“

Auf dem trockenen, ebenen Boden kommen wir gut voran. Ich habe Angst, dass hinter irgendeinem Baum eine Schlange hervorkommen könnte, aber es sind keine Tiere zu entdecken. Es ist still, man hört weder das Zirpen von Insekten noch den Gesang von Vögeln.

Nach etwa einer halben Stunde erreichen wir den Felsen. Er erhebt sich schroff über unseren Köpfen und ist vielleicht hundert Meter hoch und mehrere Kilometer breit. An manchen Stellen geht es senkrecht hoch, und dann wieder gibt es viele Abstufungen, die zum Klettern einladen. Die Felswände sind durchzogen von zahlreichen Löchern.

Karl beäugt die Felsformation und sagt: „Seht mal da“, und zeigt mit dem Finger auf ein Loch, das etwa zweihundert Meter über dem Boden liegt, „wir könnten gut bis dahin klettern und schauen, ob dort ein Eingang ist.“

Lena folgt mit den Augen Karls Finger und schaut etwas skeptisch drein. „Ja, wir können es versuchen“, antwortet sie, wobei Zweifel und Angst an ihrer zittrigen Stimme zu erkennen sind.

„Ja, das machen wir“, sage ich und prüfe, wo wir am besten hinaufklettern. „Dort gibt es eine Stelle, an der wir gut hochklettern können.“

Wir laufen ein kurzes Stück nach rechts und Karl setzt als erstes seinen Fuß auf einen kleinen Felsvorsprung. Lena folgt ihm immer noch etwas verängstigt und ich bilde das Schlusslicht. So geht es Schritt für Schritt vorwärts. Abgekämpft erreichen wir nach einiger Zeit das Felsloch. „Lasst uns eine kleine Pause machen, und dann schauen wir, ob es zu einem Gang führt und wir dort Schutz und mit etwas Glück noch Wasser finden“, sage ich. Erst jetzt merke ich, dass ich vor lauter Aufregung nicht auf Hakimi geachtet habe. Ich lasse meinen Blick schweifen und entdecke ihn auf einem Felsvorsprung einige Meter entfernt. Er wirkt ganz ruhig, geradezu majestätisch, wie er da so sitzt. Ich interpretiere das als ein gutes Zeichen.

Gestärkt wagen wir uns vor. Ein Glück haben wir eine Taschenlampe dabei, so dass wir erkennen können, dass es einen Weg ins Höhleninnere gibt.

„Sollen wir es wagen?“, fragt Karl.

„Auf“, sage ich und hoffe dabei, dass meine Angst nicht zu hören ist. „Wir haben nichts zu verlieren.“

Karl, mutig wie immer, geht voran. Der Gang ist groß und breit, so dass wir gut aufrecht gehen können. Langsam tasten wir uns Schritt für Schritt vorwärts. Es herrscht Totenstille hier drin. Auf einmal wird Hakimi, der die ganze Zeit auf meiner Schulter saß, unruhig. Ich ahne, dass er zum Flug ansetzen möchte. Und schon ist er davongeflogen. Karl hält die Taschenlampe weiter hoch. Falken haben extrem gute Augen, aber etwas Licht brauchen sie auch, um gut sehen zu können. Doch irgendwann verschwindet er im Dunkel. Ich weiß nicht, was er vorhat, aber ich vertraue auf seine Weisheit und Intelligenz.

Da wir ihn nicht mehr sehen und hören, setzen wir unseren Weg in der totenstillen Höhle fort. Doch plötzlich höre ich ein Geräusch. „Still, bleibt mal stehen, ich höre da was.“

„Hört sich an wie das Rauschen und Plätschern von Wasser“, sagt Lena. „Ja“, antworte ich unendlich erleichtert, da ich weiß, dass ein Mensch ohne Wasser nur wenige Tage überleben kann. Über Essen können wir uns noch später den Kopf zerbrechen. Wir setzen unseren Weg fort, bis wir an eine Gabelung kommen.

„Was ist da für ein Geräusch?“ Erwartungsvoll schauen wir uns an. Wie aus dem Nichts taucht plötzlich Hakimi auf und landet auf meiner Schulter. Ich neige meinen Kopf und streiche mit meiner Wange sein sanftes Gefieder. „Ein Glück bist du da. Welchen Weg sollen wir nehmen?“, denke ich laut. Als hätte Hakimi meine Worte verstanden, fliegt er los und nimmt den linken Gang. Sein schneller Start hat einen leichten Schmerz an meiner Schulter hinterlassen, aber ich bin froh, dass er uns den Weg weist. „Lasst uns Hakimi folgen“, sage ich zu den anderen.

Wir machen uns auf den Weg und die Geräusche von plätscherndem Wasser werden immer lauter. Plötzlich nach einer langgezogenen Kurve tut sich eine große lichtdurchflutete Höhle auf, in deren Mitte sich ein See befindet, der am hinteren Rand von einem Wasserfall gespeist wird. Hakimi sitzt scheinbar zufrieden auf einem Felsvorsprung neben dem Wasserfall. Der glasklare See glitzert in hellweißem Licht, das die Höhle erfüllt. Die Wassertropfen am Wasserfall funkeln und es ist ein schöner Regenbogen zu sehen. Ein traumhaftes Bild.

Von dem zauberhaften Anblick in den Bann gezogen, vergesse ich für einen Moment, was um mich herum geschieht. Ich schrecke auf und realisiere, dass ich mich mit meinen Freunden in einer Höhle an einem unbekannten Ort befinde, der weit entfernt von unserer Heimat sein muss, da die Landschaft hier so anders ist.

Hakimi kommt von dem Felsvorsprung angeflogen, setzt sich ans Ufer des Sees und trinkt von dem glasklaren Wasser. Es scheint nicht nur rein auszusehen, sondern auch trinkbar zu sein. Ich schöpfe mit meiner Hand Wasser ab und probiere es vorsichtig. Es schmeckt erfrischend. So etwas mutiger geworden, fülle ich es in meine leere Flasche und nehme einen ordentlichen Schluck. Sein Geschmack erinnert mich an das Wasser, das ich manchmal an Quellen in den Bergen trinke. Ein Stich geht durch mein Herz. Werde ich jemals wieder in den Bergen wandern? Waren mir diese Wanderungen oft verhasst, so erscheinen sie mir jetzt wie das Schönste, was man sich vorstellen kann.

„Das Wasser scheint sauber zu sein“, rufe ich Karl und Lena zu. Auch sie sind beeindruckt von der Schönheit dieser Höhle.

Als wir so dastehen, noch ganz unter dem Eindruck der besonderen Atmosphäre, nehmen wir gleichzeitig ein Geräusch wahr und schauen uns mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Es kommt aus der Richtung des Wasserfalls“, stellt Lena fest. „Was ist das? Es hört sich an wie ein brummender Gesang“, sagt Lena ängstlich.

„Lasst uns schauen, was das ist“, schlage ich vor. Wir gehen links an dem See vorbei, bis wir zu dem Wasserfall gelangen. Dort sehen wir, dass sich dahinter ein Gang befindet. Als ich mich in seine Richtung bewege, sagt Lena: „Wir wollten doch nur schauen, ob wir Wasser finden. Lasst uns zurückgehen und uns überlegen, wie wir wieder nach Hause kommen.“ Ich sehe, dass Karls Neugier angestachelt ist, und auch ich würde gerne wissen, was sich hinter diesem Brummen verbirgt.

„Wir gehen ein paar Schritte in den Gang, und wenn es uns zu gefährlich erscheint, kehren wir um“, schlägt Karl vor. „Seid ihr einverstanden?“

Ich bin dabei und auch Lena stimmt zu, wenn auch mit einem mulmigen Gefühl. Karl geht voran und Stück für Stück tasten wir uns vor. Ein Glück leuchtet die Taschenlampe den Gang gut aus.

Plötzlich fühlen wir uns, als hätten wie einen Stromschlag bekommen, und bleiben erstarrt stehen. Vor uns ist nichts zu sehen. Doch dann hören wir Geräusche hinter uns. Wir haben nicht bedacht, dass die Gefahr von hinten kommen könnte. Stimmen sind zu hören. Das beruhigt mich. Immerhin werden wir nicht von wilden, hungrigen Tieren verfolgt. Es scheinen mehrere Personen zu sein, die miteinander sprechen. Ihre Sprache habe ich noch nie gehört.

Langsam können wir uns aus unserer Erstarrung lösen. Ich bin unentschlossen, ob ich versuchen soll, mich zu bewegen. Aus den Augenwinkeln kann ich beobachten, dass Lena und Karl noch in der gleichen Stellung verharren.

Mir scheint es, als seien viele Minuten vergangen, doch es waren wohl nur einige Sekunden, bis meine Neugier siegt und ich mich langsam umdrehe.

Tausend Steine fallen mir vom Herzen. Ich blicke in die freundlichen Augen von drei Personen. Ihr Aussehen erinnert mich an Bilder von Außerirdischen. Ihr Kopf hat eine längliche Form und ihre Augen, ihre Nase und ihr Mund sind wie ihr gesamter Körper sehr groß. Sie tragen lange, blaue Gewänder. Ihr Alter dürfte über unserem liegen. Sie wirken sympathisch. Auch Lena und Karl haben sich umgedreht und ich spüre ihre Erleichterung.

„Wie heißt ihr?“ Ich traue meinen Ohren nicht. Sie sprechen unsere Sprache. Ich bin erstaunt und leicht gehemmt. Nochmals höre ich die Frage: „Wie heißt ihr?“ Die Person in der Mitte hat sie uns gestellt. Langsam antworte ich: „Das neben mir ist Karl und neben ihm steht Lena und ich bin Manuk.“

„Herzlich willkommen bei uns“, antwortet er. Ich bin kaum in der Lage, etwas zu entgegnen, aber ich nehme meinen ganzen Mut zusammen, da mir scheint, dass diese drei fremdartig aussehenden Wesen nichts Böses von uns wollen. „Und wer seid ihr? Und wo sind wir hier?“

„Ich bin Nomarik und das sind Kamino und Menarina. Wo ihr hier seid, möchten wir euch im Moment nicht sagen, aber ihr braucht keine Angst zu haben. Wir und alle anderen Wesen, die hier leben, werden euch nichts tun.“

Jetzt scheint sich auch Lena zu entspannen und fragt mutig: „Können wir von hier wieder nach Hause kommen?“

„Ja, das ist möglich“, antwortet Kamino. Eine Welle von Erleichterung erfasst Lena, Karl und mich.

Auch wenn die drei anders aussehen als wir und alle Menschen, die ich je gesehen habe, scheinen sie nett zu sein. Und das Wichtigste: Es geht keine Gefahr von ihnen aus. Und wir werden nicht verhungern müssen. Und glücklicherweise können wir wieder nach Hause kommen.

„Lasst uns jetzt losgehen, damit wir noch vor Anbruch der Dunkelheit in der Stadt ankommen. Ihr könnt bei uns übernachten. Vertraut uns. Es wird euch nichts geschehen“, sagt Nomarik.

„Seid ihr einverstanden?“, frage ich Lena und Karl, die nur wortlos nicken. Was bleibt uns auch anderes übrig.

Ich finde es, schwer zu ertragen, dass sie nicht mehr Informationen preisgeben, aber sie wirken vertrauensvoll, so dass ich jetzt zuversichtlicher bin.

„Was habt ihr hier in der Höhle gemacht?“, fragt Karl. „In dieser Höhle ist etwas Wertvolles versteckt, auf das es Fremde abgesehen haben. Eure Ankunft hat damit zu tun“, antwortet Nomarik.

Das klingt geheimnisvoll und Geheimnisse haben mich schon immer besonders interessiert. Ich wundere mich, dass Menarina bisher noch kein Wort gesagt hat. Sie wirkt nicht schüchtern, scheint mir aber sehr still und in sich gekehrt. Vielleicht ist sie auch nur nachdenklich.

Als könnte sie meine Gedanken lesen, sagt sie: „Lasst uns jetzt gehen. Wir können im Haus noch weiterreden.“

„Folgt uns“, fordert uns Nomarik auf. Mir scheint, dass er der Anführer ist. Zu unserem Erstaunen gehen wir nicht zurück, sondern laufen den Gang weiter. Die drei tragen eine Kette mit einem großen, runden Anhänger um den Hals. Dessen Rand ist mit ineinander verschlungenen Linien verziert, die mich an keltische Knoten erinnern. In der Mitte formt ein dünner metallener Strang ein Auge, wobei die Pupille durch einen Stein dargestellt wird. Wahrscheinlich ist es ein Amulett.

Als plötzlich ein heller Lichtstrahl aus dem Auge austritt, läuft es mir eiskalt den Rücken runter. Wie kann das sein? Aus allen drei Amuletten kommt dieser leuchtende Strahl. Ich ahne, dass dies nicht der einzige Trick ist, den die drei auf Lager haben. Als ich zu Lena und Karl blicke, sehe ich in ihren Augen Verwunderung.

Durch diese Strahlen wird der lange vor uns liegende Gang erhellt. Es gibt noch eine Abzweigung. Zielsicher folgen die drei ihrem Weg. Wir gehen schweigend hinter ihnen her. Nach etwa fünfzehn Minuten gelangen wir in einen Höhlenraum, an dessen Decke sich eine Öffnung befindet, durch die ein schwacher Lichtstrahl eintritt.

„Könnt ihr gut klettern?“, fragt Kamino. „Ja“, sagen Lena, Karl und ich wie aus einem Mund. Wir drei haben in unserem Sportverein viele Kletterkurse gemacht und bei unseren Erkundungen haben wir schon den einen oder anderen Berg erklommen.

Am Rand der Höhle befinden sich Felsvorsprünge. Wir hangeln uns vorsichtig vorwärts. Vom letzten Felsvorsprung bis zur Öffnung ist der Abstand sehr groß. Glücklicherweise ist dort ein Seil befestigt. Nomarik zieht sich mühelos hoch, da er wie Kamino und Menarina größer ist als wir. Mit Hilfe des Seils kommen wir gut durch den Höhlenausgang.

Meine Augen müssen sich an das Licht gewöhnen, auch wenn es schon anfängt zu dämmern. Die Landschaft sieht hier wie am Eingang der Höhle aus.

„Folgt mir“, sagt Nomarik. „Kamino und Menarina, geht ihr am Schluss und achtet darauf, ob uns jemand verfolgt. Bitte seid alle ganz leise. Wir wollen nicht, dass uns jemand sieht.“

Karl und Lena schauen mich an. Sie denken das Gleiche wie ich: „Wie sollen wir unbeobachtet zur Stadt kommen bei dieser kargen Landschaft? Und wer sollte uns verfolgen?“

Schritt für Schritt folgen wir Nomarik. Er strahlt Ruhe und Stärke aus, die sich auf uns überträgt. Nomarik, Kamino und Menarina schauen sich immer wieder in alle Richtungen um. Nach einer Weile bleibt Nomarik stehen und blickt prüfend um sich. Als er nichts Verdächtiges entdeckt, beugt er sich nach unten und schiebt eine Felsplatte zur Seite. Ein knapp ein Meter großes Loch kommt zum Vorschein. „Los springt da hinein“, sagt er zu uns, „ihr braucht keine Angst haben, es geht nicht tief hinunter.“ Lena, die froh ist, aus der Sichtweite von etwaigen Verfolgern zu verschwinden, springt als Erste. Hakimi, der die ganze Zeit über ganz still und leise auf meiner Schulter gesessen hat, so als hätte er gespürt, dass wir unentdeckt bleiben sollen, entscheidet sich, durch das Loch zu fliegen. Ich springe hinterher und als Letzte kommt Menarina. Als ich schon fragen wollte, wie sie die Felsplatte wieder über das Loch bekommen, sehe ich, dass Menarina an einem Griff, der sich an der unteren Seite befindet, die Platte über die Öffnung zieht. Ich staune nicht schlecht, wie viel Kraft sie hat. Ich denke, dass man ruhige, zurückhaltende Personen nie unterschätzen sollte. Wieder leuchtet es aus den Amuletten, und ein langer, enger Gang ist zu erkennen, durch den wir uns langsam und weiterhin leise vorwärts tasten. Hakimi hat es sich auf meiner Schulter bequem gemacht. Nach einiger Zeit ist eine Treppe zu sehen und Licht, das von oben kommt.

„Wir sind da“, sagt Nomarik, und er scheint erleichtert, dass wir sicher angekommen sind. Wir gehen langsam die Treppe hinauf und gelangen zu meinem Erstaunen in ein Zimmer. Der Boden besteht aus einer Sandschicht und die Wände aus einem braunen Material, das wir Lehm aussieht. Es stehen einige Stühle und ein Tisch in diesem Raum. Ansonsten ist alles sehr kahl. Also scheinen diese Wesen nicht nur äußerlich Ähnlichkeit mit uns zu haben, sondern auch hinsichtlich ihrer Art zu wohnen. Sie haben Möbel wie wir, auch wenn die Einrichtung einfach gehalten ist. Ob sie Betten haben? Nach all dem, was wir heute erlebt haben, würde ich auf einem harten Sandboden schlafen können.

„Lasst uns jetzt schlafen gehen“, schlägt Kamino vor. „Es war ein abenteuerlicher Tag.“

„Einverstanden. Ich zeige den dreien den Schlafraum“, antwortet Nomarik und bittet uns, ihm zu folgen.

Man sollte meinen, dass die drei uns jetzt endlich unsere Fragen beantworten und uns erklären, wie wir hierhin gekommen sind, wo wir sind und vor allem, wie wir wieder zurückkommen. Aber offensichtlich möchten sie das nicht tun.

Obwohl diese wichtigen Fragen im Raum stehen, fühle ich eine bleierne Müdigkeit, die mir nicht erlaubt, nochmals mit Nachdruck nachzufragen. Auch Karl und Lena haben Mühe, die Augen offenzuhalten. Diese eigenartige Reise hat uns ausgezehrt. Schweigend folgen wir Nomarik, der uns in ein Zimmer im ersten Stock führt. Dort stehen Betten aus Holz. Die Zudecken bestehen aus einem Geflecht aus Wurzeln oder Pflanzenfasern. Die Matratzen scheinen aus dem gleichen Material zu sein.

„Dort in der Schüssel ist Wasser, mit dem ihr euch waschen könnt. In dem Tonkrug ist Wasser zum Trinken. Bitte seid ganz leise, bis wir euch morgen früh abholen. Und nähert euch auf keinem Fall den Fenstern. Es ist besser, wenn niemand von euch weiß.“ Nomarik verlässt leise den Raum.

Gerne würde ich noch mit Lena und Karl sprechen, aber ich bin viel zu müde. Ich umarme die beiden und lege mich ins Bett. Selbst ans Waschen ist nicht zu denken. Ich stelle nur Hakimi ein Schälchen Wasser auf den Tisch, damit er trinken kann. Er nimmt ein paar Schlucke und fliegt dann zu einer Nische in der Wand. Dies scheint für Hakimi ein guter Platz zum Schlafen zu sein.

Ich sehe noch, wie Karl und Lena sich kurz Gesicht und Hände waschen und einen Schluck trinken, bevor mir die Augen zufallen und ich in einen tiefen Schlaf sinke.

Tag 2 – Erkundung der Höhle

Als ich am nächsten Tag die Augen öffne, ist es schon hell. Lena und Karl schlafen noch. Wo sind wir hier nur gelandet? Und obwohl ich es immer noch nicht fassen kann, dass wir an einem weit entfernten Ort sind und noch nicht wissen, wann und wie wir nach Hause zurückkehren können, bin ich nicht mehr so ängstlich wie am Vortag. Mit Nomarik, Kamino und Menarina zusammen zu sein, hat etwas Beruhigendes. Und die Worte Kaminos, dass es uns möglich sein wird, nach Hause zurückzukehren, lassen mich zuversichtlich sein. Ich wundere mich über die Stille, denn wir befinden uns in einer Stadt.

Als ich so in Gedanken versunken bin, höre ich jemanden die Tür öffnen und schaue in die Richtung. Menarina betritt den Raum. Sie sieht frischer und erholter aus als gestern. Sie scheint ein neues Gewand zu tragen. Jedoch auch wieder ein blaues. Auffallend liegt über ihrer Brust das große, runde Amulett, das geheimnisvoll und magisch wirkt.

„Guten Morgen“, begrüßt mich Menarina und lächelt mich an.

Ich gebe sicherlich ein schreckliches Bild ab. Die Haare zerzaust und komplett ungewaschen. Zaghaft entgegne ich ihr: „Guten Morgen.“

„Hast du gut geschlafen?“, fragt sie. „Wie ein Stein“, antworte ich. „Wenn ihr wollt, könnt ihr euch frisch machen. Ich hole euch gleich ab“. Mit diesen Worten verlässt sie den Raum. Ich wecke Karl und Lena. Sie sind erstaunlich ruhig und gelassen. „Wie habt ihr geschlafen?“, frage ich. „Gut“.

„Ich auch“, sagt Karl. Beide erheben sich. Wir waschen uns nacheinander, und keiner von uns hat das Bedürfnis, etwas zu sagen. Gerade als wir fertig sind, klopft es an der Tür. Es ist Menarina, und sie bittet uns, ihr zu folgen. Wir gehen ein Stockwerk höher und gelangen in eine Art Küche mit einem großen Tisch, auf dem Schüsseln, Teller, Becher und ein Krug stehen. Ich kann nicht erkennen, was sich in den Schüsseln befindet, aber es sieht nach etwas Essbarem aus. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen.

„Guten Morgen“, sagen Nomarik und Kamino, wobei mir Nomarik einen Tick länger in die Augen schaut, als wolle er in meinen Augen lesen, was ich denke und fühle. Ich merke, wie mich dieser Blick nervös macht, ohne mir unangenehm zu sein. Karl, Lena und ich begrüßen sie mit einem „Guten Morgen“.

Hakimi, der auf meiner Schulter gesessen hat, entdeckt auch in diesem Zimmer eine Nische in der Wand, wo er sich niederlässt. Diese Nischen scheinen zu seinen Lieblingsplätzen zu werden. Da ich nicht weiß, was sich in den Schüsseln befindet, stelle ich ihm nur Wasser hin.

Auch Nomarik und Kamino haben ihre Gewänder gewechselt. Sie wirken entspannter als am Vortag und schauen uns freundlich und neugierig an. Es ist nicht erstaunlich, dass sie uns beäugen, da wir gestern nicht viel Zeit hatten, uns miteinander vertraut zu machen.

„Ihr habt bestimmt Hunger“, sagt Kamino. „Hier in den Schüsseln sind verschiedene Früchte, Samen und Pasten, die ihr essen könnt.“

Das Geschirr besteht aus pflanzlichen Materialien. Sie ähneln Körben, wie man sie zum Beispiel in Spanien sieht und die aus Halfa- oder Espartogras geflochten werden. Die Becher und Krüge scheinen aus Ton zu sein.

Wir greifen zu, und als wir merken, wie köstlich alles ist, haben wir keine Scheu, ein zweites Mal zu nehmen. Ich tue verschiedene Speisen auf einen Teller und stelle sie Hakimi hin mit dem Gedanken, dass Tiere ein natürliches Gefühl dafür haben, welche Nahrungsmittel für sie verträglich sind und welche nicht. „Warum esst ihr nichts?“, fragt Lena.

„Wir können essen, wenn es uns ein Bedürfnis ist, aber unsere Körper kommen auch ohne Nahrung aus“, erklärt Kamino. Genüsslich über meinem Teller kauend, hebe ich meinen Kopf und schaue ihn ungläubig an. „Wie soll das denn gehen?“, frage ich, mit halbvollem Mund. Die Neugierde war stärker als meine gute Erziehung.

„Um uns ausreichend zu versorgen, reicht die Vorstellung, dass wir Nährendes zu uns nehmen. Wenn wir wirklich einmal Lust haben, etwas zu essen, dann können wir dies tun. Aber es ist nicht notwendig. Wasser trinken wir ab und zu.“

Karl und Lena schauen Kamino mit hochgezogenen Augenbrauen und halboffenem Mund an.

Ich merke, dass der Augenblick gekommen ist, die drei zu fragen, wer sie sind und wo wir uns hier befinden. Von solchen Lebensgewohnheiten habe ich noch nie gehört.

Als könne Nomarik Gedanken lesen, schaut er uns nacheinander ruhig an und sagt: „Bitte macht euch keine Sorgen. Ihr könnt wieder nach Hause zurückkehren, auch wenn ihr weit von eurem Heimatort entfernt seid. Ihr seid durch den Weltraum gereist und auf einem anderen Stern gelandet.

Ich kann kaum glauben, was ich gerade gehört habe. Durch den Weltraum gereist? Wir sollen auf einem anderen Stern sein? Wie denn das? Es geht mir durch den Kopf, dass der Mond unbewohnt ist und alle anderen Planeten, auf denen es vielleicht Leben geben könnte, viel zu weit von der Erde entfernt sind, um schnell dorthin zu kommen.