Der Millionär und das Countrygirl - Christine Rimmer - E-Book

Der Millionär und das Countrygirl E-Book

Christine Rimmer

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Beschreibung

Herzschmerz-Garantie - oder unverhofftes Happy End? Tessa liebt das Landleben und will eine Familie, Millionär Carson Drake ist in Los Angeles zu Hause und noch nicht bereit für Kinder. Doch er ist so verführerisch, dass sie ihm einfach nicht widerstehen kann … mit Folgen!

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Seitenzahl: 175

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IMPRESSUM

Der Millionär und das Countrygirl erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2016 by Harlequin Books S.A. Originaltitel: „Marriage, Maverick Style!“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BIANCA EXTRABand 43 - 2017 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Anna-Pia Kerber

Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 04/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733739812

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Carson Drake sehnte sich zurück nach L. A.

Als Vorsitzender und Geschäftsführer sowohl von Drake Destillerien als auch von Drake Hospitality verbrachte er ein Leben voll luxuriöser Autos, leidenschaftlicher Frauen und sehr altem Scotch – wenn auch nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.

Kleinstädte interessierten ihn nicht im Geringsten, weil dort jeder jeden kannte und die Feiertage grundsätzlich mit Paraden und wehenden Flaggen begangen wurden.

Im Gegenteil.

Was um alles in der Welt hielt ihn noch in Rust Creek Falls, einem winzigen Fleckchen Erde im Alpenraum von Montana? Darüber dachte Carson nach, während er wenig interessiert den Festumzug beobachtete.

Der Umzug trug den klangvollen Namen Rust Creek Falls Baby Bonanza Memorial Day Parade – und ebenso klangvoll benahmen sich auch die Hauptdarsteller. Im übrigen Land wurde der Memorial Day zu Ehren der gefallenen Helden gefeiert – hier in Rust Creek Falls hatte man den Tag kurzerhand auf das Feiern des Nachwuchses umgemünzt.

Auf jedem Festwagen wurden also Babys vorgeführt. EineMenge Babys. Dementsprechend hoch war auch der Geräuschpegel, und Carson begann sich zu fragen, wie so kleine Wesen ein solches Stimmvolumen entwickeln können.

Im Grunde genommen hatte er nichts gegen Babys, solange sie zu anderen gehörten. Ihnen eine gesamte Parade zu widmen, hielt er für reichlich übertrieben.

Neben ihm hob sein langjähriger Freund Ryan Roarke unauffällig die Hand, um ihm jemanden zu zeigen. Ryan war Anwalt und hatte sich – aus für Carson unerfindlichen Gründen – in das kleine Städtchen Rust Creek Falls verliebt. „Das ist Emmet DePaulo!“, erklärte er und deutete auf einen großen hageren Mann im Arztkittel, der ihnen im Vorbeifahren vom Umzugswagen aus zuwinkte. „Emmet leitet das örtliche Krankenhaus mithilfe von Callie Crawford. Sie ist …“

„… Nate Crawfords Ehefrau“, beendete Carson den Satz. „Ich erinnere mich.“ Die Crawfords waren eine alteingesessene, einflussreiche Familie in Rust Creek Falls, daher hatte Carson bereits mit Nate Kontakt aufgenommen.

Für sein Vorhaben hatte er in den vergangenen zwei Wochen beinahe alle vor Ort wichtigen Persönlichkeiten abgeklappert – und doch drohte das Projekt letztendlich zu scheitern.

Carson straffte sich. Es war ohnehin ein verrückter Einfall gewesen, der ihn hierhergeführt hatte. Vielleicht sollte er sich eingestehen, dass sein Plan an dieser Stelle fehlgeschlagen war. Immerhin konnte auch ein Mann wie er nicht jedes Projekt in eine Goldgrube verwandeln.

Carson war niemand, der rasch das Handtuch hinwarf, aber hier kam er wirklich nicht weiter. Er musste –

Seine Gedanken wurden abrupt unterbrochen. Carson lehnte sich nach vorn.

Wer ist das? lag ihm zu fragen auf der Zunge.

Doch dann schluckte er die Frage hinunter und beschränkte sich darauf, mit weit aufgerissenen Augen weiter zu beobachten.

Verdammt. Diese Frau war ein Anblick, der unwillkürlich jeden klaren Gedanken aus seinem Gehirn löschte. All seine Sinne waren jetzt auf sie gerichtet.

Sie befand sich auf einem der Paradewagen und war als … Storch verkleidet.

Tatsächlich. Wenn Carson jemals gefragt worden wäre, ob eine Frau in einem Storchenkostüm heiß aussehen könnte, hätte er gelacht. Und verneint.

Aber sie war heiß.

Ihr volles braunes Haar quoll in dichten Locken unter dem orangefarbenen Storchenschnabel hervor und legte sich um ihre geröteten Wangen. Sie hockte auf einer Box, die mit weißer Watte beklebt worden war. Carson vermutete, dass diese aberwitzige Sitzgelegenheit eine Wolke darstellen sollte.

Das Storchenkostüm war ebenfalls weiß und flauschig, und die Arme der Frau waren in große weiße Schwingen gehüllt. In diesen Flügeln barg sie ein Baby, das in eine hellblaue Decke gewickelt war. Ihre langen schlanken Beine waren in orangefarbene Strumpfhosen gekleidet, die an den Füßen in breiten, flachen Schwimmflossen endeten. Es hätte ziemlich lächerlich wirken können – und das tat es schon auch.

Lächerlich und zugleich hinreißend.

Und sexy.

Über ihrem Kopf prangte ein Banner, das in blauen und pinkfarbenen Glitzerbuchstaben verkündete: Die Rust-Creek-Falls-Gazette.

„Das ist Kayla, Kristens Zwillingsschwester.“ Ryans Stimme drang wie aus weiter Ferne an Carsons Ohr. Seine Worte schienen keinen Sinn zu ergeben.

Carson rief sich zur Ordnung. Mit Mühe riss er den Blick von dem wunderschönen Storch und richtete ihn auf die Frau an dessen Seite. Diese Frau war als Freiheitsstatue zurechtgemacht, thronte auf einem kleinen Podest und hielt eine Fackel in die Höhe. Sie trug eine breite Schärpe um die Brust und winkte mit der freien Hand würdevoll dem Publikum zu.

Sie hatte Ryan gemeint, denn ihre Gesichtszüge erinnerten unverkennbar an Ryans Frau Kristen.

Carsons Interesse jedoch wurde unverzüglich wieder von der Lady im Storchenkostüm gefesselt. Das Baby auf ihrem Arm nörgelte hörbar.

Plötzlich war es, als würde sie seinen durchdringenden Blick auf ihrem Gesicht spüren. Ihr schlanker Körper verharrte in der Bewegung. Dann wandte sie langsam den Kopf in seine Richtung.

Peng! Es war wie in einem dieser kitschigen, romantischen Filme, wenn sich die Blicke treffen und ineinander verhaken. Carson hatte das Gefühl, in ihren Augen zu versinken. Haltlos und mit Haut und Haaren – auf der ganzen Welt gab es nichts, was ihn retten konnte.

Es war, als hätte die Frau die Hand ausgestreckt und ihn berührt. Es war, als hätten sie soeben einen kleinen magischen Augenblick miteinander geteilt, der nur ihnen gehörte.

Die Welt um sie herum schien stillzustehen.

Er sah sie an, und sie blickte zurück, die schönen Lippen leicht geöffnet, als sei er der einzige Mensch auf der Straße – und das, obwohl die Band viel zu laut spielte, ein Teenager einige Knallfrösche auf die Straße warf und selbst das lauteste Babygeschrei von dem allgemeinen Getöse verschluckt wurde.

Was hatte diese Frau an sich, das ihn auf Anhieb so verzauberte?

Carson hätte es nicht in Worte fassen können.

Vielleicht lag es an ihren großen glänzenden Augen. Oder an dem gespannten, beinah fieberhaften Ausdruck in ihrem ebenmäßigen Gesicht. Dieses Gesicht vereinte die perfekten Eigenschaften des Mädchens von nebenan mit den Zügen einer schönen Wilden.

Oder es lag an dem Kostüm. Die Frauen, mit denen Carson für gewöhnlich verkehrte, hätten sich nicht einmal im Sarg in einem Storchenkostüm erwischen lassen.

Ganz egal, was ihn dazu brachte, einer Unbekannten wie ein verliebter Trottel nachzustarren – er musste sie treffen.

Ihr Festwagen zog vorbei.

Als Nächstes erschien ein Paradewagen mit Kriegsveteranen, vollgepackt mit Menschen in Tarnfarben. Auch sie trugen Babys auf den Armen, vollständig in Camouflage gehüllt.

Carson schüttelte langsam den Kopf. Es fiel ihm schwer, in die Gegenwart zurückzufinden. Eine Gegenwart, in der es ja nicht nur diese Frau gegeben hatte, sondern auch das plärrende Baby in ihren plüschigen weißen Storchenschwingen.

Sie hatte ein Kind, um Himmels willen. Carson wünschte sich Frauen, die frei und ungebunden waren. Davon abgesehen gab es nicht nur dieses Baby, sondern womöglich auch einen Ehemann dazu.

Hatte er den Verstand verloren? Er hatte noch nie einer Mutter Avancen gemacht. Und um vergebene Frauen machte er ebenfalls einen weiten Bogen.

Wenn Carson sich Kinder gewünscht hätte, dann hätte er sich damals nicht scheiden lassen müssen.

Man hätte meinen können, Carson hätte bereits von dem MagicMoonshine gekostet, weswegen er ursprünglich nach Montana geflogen war. Dabei handelte es sich um eine ganz bestimmte Schnapssorte, schwarz gebrannt, deren Rezept Carson für Drake Destillerien aufkaufen wollte.

Angeblich braute ein exzentrischer Kerl namens Homer Gilmore den unvergleichlichen Branntwein an einem geheimen Ort in Rust Creek Falls. Bisher hatte Carson allerdings weder Homer zu Gesicht bekommen noch dessen Getränk kosten können.

Aus diesem Grund war er nahe daran, seinen hübschen Plan aufzugeben und unverrichteter Dinge nach L. A. zurückzukehren.

Aber der Anblick dieser Frau veränderte alles. Mit einem Mal dachte Carson nicht mehr daran aufzugeben. Er sehnte sich nach einem Erfolgserlebnis – und er würde es bekommen.

Er wollte zumindest einmal mit ihr reden. Sollte sich herausstellen, dass sie verheiratet war, konnte er sich immer noch zurückziehen.

Allerdings ließ sich eine solche Information leicht herausfinden. Immerhin befanden sie sich in einer Kleinstadt. „Hast du das Mädchen im Storchenkostüm gesehen?“, fragte er Ryan beiläufig.

„Tessa Strickland“, erwiderte dieser bereitwillig. „Lebt in Bozeman. Zurzeit besucht sie ihre Großeltern in deren Gästehaus in Rust Creek Falls.“

Tessa. Der Name passte zu ihr. „Verheiratet mit …?“

Ryan bedachte Carson mit dem schnellen, scharfen Blick Ich bin Anwalt, du kannst mir nichts vormachen. „Du bist an Tessa interessiert? Warum?“

„Ryan, ist sie verheiratet oder nicht?“

Sein Freund strich sich das pechschwarze Haar aus der Stirn. „Tessa ist Single.“

„Aber sie hat ein Baby.“

„Du bist interessiert.“

„Gäbe es damit ein Problem?“

Ryan grinste. „Überhaupt nicht. Und Tessa hat kein Baby.“

Sie ist Single. Kein Baby. Schon sah der Tag freundlicher aus.

„Das Baby gehört Kayla“, fuhr Ryan im Plauderton fort. „Sie ist mit Trey Strickland verheiratet. Die beiden wohnen mittlerweile unten im Thunder Canyon.“

„Respekt“, bemerkte Carson. „Du wohnst erst seit sechs Monaten hier und scheinst schon alles über jeden zu wissen.“

Ryan breitete die Arme aus, als wolle er die gesamte Straße mit einer Geste umschließen. „Willkommen in meiner neuen Heimat!“, erklärte er. Ryan und seine Frau Kristen waren allerdings ins nahe gelegene Kalispell gezogen – doch was spielte das auf dem Land schon für eine Rolle?

„Der kleine Gilmore ist übrigens gerade einmal zwei Monate alt“, fügte Ryan hinzu. Ein wissendes Lächeln umspielte seine Mundwinkel. „Gilmore. Kannst du mir folgen?“

Carsons Augen weiteten sich. „Das ist doch nicht dein Ernst.“

„Mein voller Ernst.“

„Trey und Kayla haben ihr Kind nach Homer Gilmore benannt? Einem vagabundierenden Schwarzbrenner?“

„Exakt.“

„Wer um alles in der Welt würde sein Baby nach einem alten Obdachlosen benennen?“

Ryan lehnte sich zu Carson hinüber und senkte vertraulich die Stimme. „Kayla und Trey sind am Nationalfeiertag im vergangenen Jahr zusammengekommen …“ Er hob die Braue und ließ den Satz unvollendet, als wäre somit alles geklärt.

Carson verstand die Andeutung. „Du willst mir weismachen, dass sie wegen Homers Moonshine zusammengekommen sind?“

„Das hast du gesagt, nicht ich.“ Um Ryans Mund lag ein zufriedenes Grinsen.

Am Vierten Juli im vergangenen Jahr hatten einige Frauen in Rust Creek Falls von dem Magic Moonshine gekostet. In der Kleinstadt waren an diesem Tag sämtliche Hemmungen gefallen – und danach waren ungewöhnlich viele Frauen schwanger gewesen. Daher rührte der Begriff Baby Bonanza – Babysegen.

„Ich nehme an, Kayla brauchte eine Pause vom Fackel- und Babytragen. Sie hat den kleinen Gil deshalb Tessa in die Hand gedrückt“, vermutete Ryan. „Und du bist interessiert. Gib es zu.“

„Ich habe noch eine Frage.“

„Carson. Gib es einfach zu.“

„Warte und hör zu. Kaylas Ehemann heißt Strickland. Genau wie Tessa. Ist er ihr Bruder?“

„Nein. Er ist ihr Cousin.“ Ryans Augen verengten sich. „Wir kennen uns nun schon sehr lange. Was hast du vor? Ich möchte es wirklich gerne wissen. Diese Stadt bedeutet mir etwas. Die Menschen bedeuten mir etwas.“

Carson hielt seinem Blick stand. „Ich finde sie einfach umwerfend!“, gab er schließlich zu. „Und ich würde sie gerne kennenlernen. Findest du etwas falsch daran?“

Ryan entfuhr ein kleiner selbstzufriedener Laut. „Ich wusste es. Und schon wirkt der Zauber von Rust Creek Falls auch auf dich.“

„Nein, tut er nicht.“

„Sicher. Du kannst dich ebenso wenig entziehen wie wir.“

„Unsinn.“

„Oh doch. Du wirst dich in Tessa verlieben und nie mehr gehen wollen.“

Carson verkniff sich die spöttische Bemerkung, die ihm auf der Zunge lag. „Ich würde einfach gerne diese Frau kennenlernen. Kannst du das arrangieren?“

„Dein Wunsch ist mir Befehl.“

Tessa wiegte das schreiende Baby im Arm und befahl gleichzeitig ihrem rasenden Herzschlag, sich zu beruhigen.

Aber der kleine Gil schrie nur noch lauter, und ihr Puls begann sich beinah zu überschlagen. Du liebe Zeit, wie brachte man so ein winziges Bündel bloß zum Schweigen? Und wie um alles in der Welt konnte ein so kleines Wesen so einen Lärm machen?

Tessa widerstand dem Impuls, das Baby einfach der Mutter zurückzugeben. Na schön, sie war heillos überfordert mit Babys, aber sie musste zumindest durchhalten, bis Kayla die schwere Fackel ablegen durfte.

„Schhh, Kleiner, es ist alles gut“, versuchte sie den weinenden Jungen zu trösten.

Am liebsten hätte sie alles stehen und liegen lassen, wäre vom Wagen des Festumzugs gesprungen und losgerannt, so schnell es ihre albernen Watschelschuhe zuließen.

Bloß weit weg, bevor er sie in der Menge wiederfinden würde.

Und nein, sie kannte ihn nicht. Hatte ihn nie zuvor gesehen.

Aber nach einem Blick in seine Augen wusste sie, dass er nach ihr suchen würde. Und damit würde der ganze Ärger von vorn anfangen.

Männer wie er waren ihr Verderben.

Männer wie er bekamen alles, was sie sich in den Kopf setzten, diese großen, breitschultrigen, selbstbewussten Typen, die allein mit einem einzigen Blick den Raum beherrschen konnten.

Der Mann hatte aufmerksame dunkle Augen, dichtes dunkelbraunes Haar und Wangenknochen, die wie gemeißelt aussahen. Und obendrein dieser schöne, fein geschwungene Mund, der fast schon gefährlich sexy wirkte.

So, wie er dort oben auf den Stufen vor der Stadthalle Position bezogen hatte, sah es so aus, als gehöre ihm der gesamte Platz, die Halle, die Stadt, das Tal und die Berge im Hintergrund.

Er hatte Geld, allein von seinem perfekt geschnittenen Jackett und der Art, wie er die Schultern straffte, konnte Tessa es ablesen. Genug Geld, um darin zu baden.

Wie er sie angesehen hatte …

Oh, sie kannte diesen Blick. Sie kannte die Sorte Männer, die ihr solche Blicke zuwarfen, diese Männer waren umwerfend schön und gefährlich zugleich.

Für einen solchen Blick hatte sie schon einmal alles aufgegeben: ihren Job, ihre Zukunft, ihr Leben – nur, um einem Mann zu folgen und zwei Jahre später nach Bozeman zurückzukehren und die Scherben wieder zusammenzukehren.

Ein weiteres Desaster dieser Art konnte sie sich nicht leisten.

Kayla blickte zu ihrem Wolkenpodest hinab. „Alles in Ordnung, Tessa?“

„Sicher“, schwindelte sie und wiegte das Baby ein wenig schneller.

„Wir haben es gleich geschafft“, sagte Kayla beschwichtigend.

Zu Tessas Erleichterung kam in diesem Augenblick die Grundschule von Rust Creek Falls in Sicht. Hier hatte der Festumzug begonnen, und hier fand er auch wieder sein Ende, nachdem sie in quälend langsamem Tempo die Hauptstraße auf und ab prozessiert waren.

Konnten sie nicht schneller fahren? Bei dieser Geschwindigkeit würde der Mann sie einholen, wenn er es darauf anlegte. Und dessen war sich Tessa beinah zu hundert Prozent sicher.

Er würde dort auf dem Parkplatz stehen und warten. Die Sonne würde helle Reflexe in sein schönes dunkles Haar zaubern, und er würde aussehen wie der fleischgewordene Traum – der sich nach einiger Zeit bestimmt in Tessas schlimmsten Albtraum verwandeln würde.

Tessa konnte es nicht leugnen: Die gegenseitige Anziehungskraft hatte urplötzlich in der Luft gelegen und war fast übermächtig gewesen.

Aber sie wusste ja, wohin Anziehungskraft und Leidenschaft führten. Sie führten dazu, dass man alles aufgab, wofür man ein Leben lang hart gearbeitet hatte. Diesen Fehler würde sie nicht noch einmal begehen.

Aus diesem Grund sprang Tessa panisch auf, noch bevor der Wagen völlig zum Stillstand gekommen war. Kayla, die den Grund für Tessas Unruhe missdeutete, legte die Fackel beiseite und nahm Tessa mitleidig das Baby ab. Sofort hörte es auf zu weinen.

„Danke“, sagte sie mit diesem warmen, wohlwollenden Lächeln, das frischgebackene Mütter stets im Gesicht tragen.

Tessa war jedoch bereits vom Paradewagen gesprungen und hechtete zu ihrem Auto. „Gern geschehen“, schrie sie über die Schulter zurück.

„Wir sehen uns beim Picknick!“, hörte sie Kayla rufen, doch sie blieb ihrer Freundin eine Antwort schuldig.

Mit einem erleichterten Seufzen sank sie auf den Fahrersitz. Auf keinen Fall würde sie zu dem Picknick im Park gehen. Die Gefahr, dem Fremden dort zu begegnen, war viel zu groß.

Während sie den Motor anließ, versuchte sie sich zu beruhigen. Natürlich war es albern anzunehmen, dass er dort auf sie warten würde. Und vermessen. Aber tief in ihrem Inneren spürte sie, dass er es tun würde.

Zunächst einmal musste sie ihr Kostüm loswerden.

Der Weg zur Pension ihrer Großeltern war nicht weit, doch sie war froh, dass sie den Wagen genommen und mit den übergroßen Storchenschuhen nicht zu Fuß gehen musste.

Ein kleiner Umweg über die Cedar Street konnte ebenfalls nicht schaden, um dem Tumult auf der Hauptstraße zu entgehen. Durch das geöffnete Wagenfenster drang der Geruch nach Feuerwerkskörpern und Grillkohle. Zu dieser Zeit würden sich die ersten Familien im Park treffen und das Picknick vorbereiten, und die Grillfeuer würden bis spät in die Nacht brennen.

Erleichtert und ohne weitere Zwischenfälle parkte Tessa wenige Minuten später vor der Pension ihrer Großeltern. Dabei handelte es sich um ein altes vierstöckiges Haus im viktorianischen Stil. Die Fassade hatte einst in einem kräftigen Violett geleuchtet, doch inzwischen war sie zu einer blassen Lavendelfarbe verblasst.

Tessa sprang aus dem Auto, rannte zur hinteren Veranda und eilte die schmale Treppe im rückwärtigen Teil des Hauses hinauf.

Drinnen war es still. Tessa war froh, dass ihr auf dem Weg zu ihrem Zimmer niemand begegnete. Da sie sich das Badezimmer mit einem weiteren Gast teilen musste, prüfte sie zunächst, ob das Bad besetzt war. Als dies nicht der Fall war, schälte sie sich aus dem Storchenkostüm und gönnte sich eine ausgiebige Dusche.

Danach trug sie großzügig ihre duftende Körperlotion auf und verbrachte länger als sonst damit, ihre wilden Locken zu sanften Wellen zu bändigen. Schließlich legte sie sogar Make-up auf – etwas, worauf sie für gewöhnlich keine Zeit verschwendete.

Es war ohnehin albern, da sie sich ja fest vorgenommen hatte, das Haus am heutigen Tag nicht mehr zu verlassen.

Allerdings war inzwischen einige Zeit vergangen, und ihre Panik war einer nervösen Unruhe gewichen, die sich schließlich in freudige Erwartung verwandelte.

Wem willst du etwas vormachen? dachte sie, als sie ihr Gesicht im Spiegel betrachtete. Er ist nur irgendein Kerl, der zufällig ziemlich heiß aussieht. Das ist noch lange kein Verbrechen.

Vielleicht sollte sie sich eingestehen, dass sie überreagiert hatte. Überhaupt war es lächerlich, sich den Feiertag von einem Fremden ruinieren zu lassen, mit dem sie nur einen Blick ausgetauscht hatte.

Sie würde sich nicht in ihrem Zimmer verkriechen.

Im Gegenteil, sie würde ausgehen und Spaß haben. Womöglich war diese Reaktion auch ein Zeichen dafür, dass sie endlich über die Katastrophe mit Miles hinweg war.

Tessa durchforstete den Kleiderschrank und entschied sich für ein weißes Trägerhemdchen, das knapp über dem Bauchnabel endete. Dazu schlüpfte sie in eine enge Jeans und streifte ihre roten Lieblingscowboystiefel über. Zufrieden warf sie einen letzten Blick in den Spiegel. Im Vergleich zu vorhin wirkte sie jetzt selbstsicher. Und entspannt.

Als Ergänzung zu ihrem Look schnappte sie sich auf dem Weg nach draußen noch den Cowboyhut mit den Nieten, Glitzersteinchen und dem Leopardenprint an der Krempe.

Bis zum Park war es nicht weit, sodass sie das Auto stehen ließ und sich zu Fuß auf den Weg machte. Unterwegs nahm sie sich fest vor, den Tag zu genießen. Sie würde nicht zulassen, dass ihre Vergangenheit ihr immer wieder im Weg stehen würde.

Davon abgesehen hatte der Fremde sie inzwischen vermutlich vergessen. Wahrscheinlich würde sie ihn nie wiedersehen.

2. KAPITEL

Mit selbstsicheren Schritten verließ Tessa den asphaltierten Bürgersteig und ging über die Rasenfläche. Der gesamte Park war mit einem geschäftigen Summen erfüllt. Sie passierte Familien auf Picknickdecken, Eiscremeautomaten und riesige Kühlboxen voller Softdrinks und anderer Erfrischungen.

Plötzlich trat jemand aus der Menge auf sie zu und hielt sie am Arm fest. Es war Ryan Roarke. „Tessa. Möchtest du dich nicht zu uns gesellen? Ich würde dir gerne jemanden vorstellen.“

Sie wandte sich um – und erkannte ihn im Schatten eines riesigen Pappelbaums. Er war keine zehn Meter entfernt, umgeben von Kristen, Kayla und Trey, und sah sie aufmerksam an. Seine Augen glitzerten gefährlich, und um seine Mundwinkel spielte der Anflug eines bedrohlich schönen Lächelns.

Beinahe wäre sie bei seinem Anblick gestolpert, doch Ryan packte geistesgegenwärtig ihren Oberarm. „Vorsicht! Alles in Ordnung?“

Oh ja. Das war es. Sie würde sich zusammenreißen und sich dem gut aussehenden Fremden stellen. Er war schließlich nicht Miles – und heute war nicht damals. „Sicher. Wen möchtest du mir vorstellen?“

Ryan, der zugleich unheimlich glatt, witzig und ausgelassen sein konnte, deutete in den Schatten der Pappeln. „Einen Freund von mir. Lass uns rübergehen.“ Ein wissendes Lächeln lag um seinen Mund, das Tessa für einen Sekundenbruchteil durcheinanderbrachte.