Der neue Landdoktor 55 – Arztroman - Tessa Hofreiter - E-Book

Der neue Landdoktor 55 – Arztroman E-Book

Tessa Hofreiter

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Beschreibung

"Der neue Landdoktor" zeichnet sich gegenüber dem Vorgänger durch ein völlig neues Konzept aus. Es wird noch größerer Wert auf Romantik, Spannung und sich weiterdichtende, zum Leben erwachende Romanfiguren, Charaktere und Typen gelegt. Eines darf verraten werden: Betörend schöne Frauen machen dem attraktiven Landdoktor schon bald den Hof. Und eine wirkliche Romanze beginnt... Der Kastnerhof lag außerhalb von Bergmoosbach. Braun weißgefleckte Kühe dösten in der Sonne, störten sich nicht an den Bienen, die über sie hinwegsurrten und in Löwenzahnblüten nach Nektar suchten. Schon von weitem waren die roten Geranien zu sehen, die in Blumenkästen gepflanzt den Balkon des weiß verputzten Hauses schmückten. An diesem Morgen war das Hofgatter schon weit geöffnet. Auch das Tor der Scheune und des Stalls standen offen. An der Scheune hing ein Schild mit der Aufschrift: Heute Hofverkauf. Aus dem Stall nebenan war das jämmerliche Gebrüll einer Kuh zu hören. "Ich bin gleich bei dir, Laurenzia!", rief Eleonore Kastner, die sich gemeinsam mit ihrem Bruder Jonas und seiner Frau Mona um den Hof kümmerte. Sie stand in Jeans und weitem Pullover vor dem Haus und schlüpfte in die grünen Gummistiefel, die neben der Tür standen. Während sie zum Stall hinübereilte, band sie ihr blondes Haar zu einem Pferdeschwanz.

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Der neue Landdoktor – 55–

Unter falschem Verdacht

Doch Ferdinand steht fest zu ihr

Tessa Hofreiter

Der Kastnerhof lag außerhalb von Bergmoosbach. Braun weißgefleckte Kühe dösten in der Sonne, störten sich nicht an den Bienen, die über sie hinwegsurrten und in Löwenzahnblüten nach Nektar suchten. Schon von weitem waren die roten Geranien zu sehen, die in Blumenkästen gepflanzt den Balkon des weiß verputzten Hauses schmückten.

An diesem Morgen war das Hofgatter schon weit geöffnet. Auch das Tor der Scheune und des Stalls standen offen. An der Scheune hing ein Schild mit der Aufschrift: Heute Hofverkauf. Aus dem Stall nebenan war das jämmerliche Gebrüll einer Kuh zu hören.

»Ich bin gleich bei dir, Laurenzia!«, rief Eleonore Kastner, die sich gemeinsam mit ihrem Bruder Jonas und seiner Frau Mona um den Hof kümmerte. Sie stand in Jeans und weitem Pullover vor dem Haus und schlüpfte in die grünen Gummistiefel, die neben der Tür standen. Während sie zum Stall hinübereilte, band sie ihr blondes Haar zu einem Pferdeschwanz.

Der mit frischem Stroh ausgelegte Stall war hell und luftig. Laurenzia, eine der jüngeren Kühe, hatte sich am Morgen geweigert, mit den anderen auf die Weide zu ziehen. Als sie vor einer Weile anfing, ihren Kopf brüllend hin und her zu schwenken, hatte Eleonore in der Bergmoosbacher Tierarztpraxis angerufen.

»Wir müssen uns ein bisschen gedulden, Laurenzia. Frau Doktor Wagenfurth hilft gerade bei der Geburt eines Kälbchens. Sie kommt dann gleich zu uns.«

Eleonore hatte sich der Kuh vorsichtig genähert und streichelte ihr sanft über den Rücken. Schon als Kind hatte sie sich um die Tiere auf dem Hof gekümmert und wusste, wie sie mit ihnen umgehen musste. Sie vermutete, dass Laurenzia von Zahnschmerzen geplagt wurde, die sie so sehr quälten, dass sie den Stall der Weide vorzog.

»Das wird schon«, tröstete sie die Kuh, die sie mit großen ängstlichen Augen anschaute.

»Hallo, ist hier jemand?!«, hörte Eleonore ein paar Minuten später einen Mann im Hof rufen.

»Im Stall!«, antwortete sie und schaute über den Rücken der Kuh hinweg auf den Eingang des Stalls.

»Guten Morgen, bin ich zu früh?«, fragte der Mann, der gleich darauf dort auftauchte.

»Zu früh für was?« Um diese Uhrzeit sind die Touristen doch noch gar nicht unterwegs, dachte sie. Sie ging davon aus, dass der Mann zu den Urlaubsgästen im Dorf gehörte, da sie ihn noch nie zuvor gesehen hatte.

»Ich dachte, hier sei heute Hofverkauf«, antwortete er mit einem verlegenen Lächeln und fuhr sich mit der Hand durch sein dunkelblondes Haar.

»Der Verkauf beginnt eigentlich erst um 10 Uhr, aber die Stände stehen schon in der Scheune. Bedienen Sie sich. Wenn Sie fertig sind, rufen Sie mich.«

»Sie lassen mich einfach so in Ihre Scheune?«

»Ich gehe nicht davon aus, dass Sie vorhaben, Äpfel und Kartoffeln zu stehlen. So etwas ist hier noch nie vorgekommen. Sie sind wohl aus der Stadt?«, fragte sie mit einem freundlichen Lächeln.

»Aus Frankfurt am Main.«

»Da lässt wohl niemand seine Scheune einfach offen stehen.«

»Nein, eher nicht. Was hat sie denn?«, erkundigte sich der Fremde mitfühlend, als Laurenzia erneut brüllend ihren Kopf schwenkte.

»Ich denke, es sind die Zähne. Ich habe schon unsere Tierärztin angerufen. Es wird aber wohl noch eine Weile dauern, bis sie hier sein kann. Eine Kuh in der Nachbargemeinde hat Schwierigkeiten beim Kalben.«

»Ich könnte mal nachsehen.«

»Sie? Sagten Sie nicht gerade, Sie kommen aus der Stadt?«, wunderte sich Eleonore über seinen seltsamen Vorschlag.

»Stimmt, ich komme aus der Stadt, und Tiere sind auch nicht gerade mein Spezialgebiet, aber Zähne schon. Wie alt ist sie?«

»Laurenzia ist zwei Jahre.«

»Dann könnten die Schmerzen mit dem Zahnwechsel zusammenhängen.«

»Offensichtlich kennen Sie sich doch mit Tieren aus, sonst wüssten Sie nicht, dass Kühe ihre Milchzähne in diesem Alter verlieren.«

»Wie gesagt, mit Zähnen kenne ich mich aus. Ferdinand Lieblich, ich werde die Zahnarztpraxis am Marktplatz eröffnen«, stellte sich der Fremde vor und reichte Eleonore die Hand.

»Eleonore Kastner.« Er hat schöne Augen und ein wirklich charmantes Lächeln, dachte sie. »Sie wollen also wirklich unsere Laurenzia untersuchen?« Sie ließ ihren Blick über seine helle Hose und das helle T-Shirt gleiten.

»Wenn Sie es schaffen, dass ich sie untersuchen kann.«

»Kein Problem«, versicherte sie ihm.

»Haben Sie Handschuhe für mich?«

»Einen Moment.« Eleonore ging zu dem Stahlschrank, der gleich neben dem Eingang des Stalls stand. Dort bewahrte sie neben Fieberthermometern und anderen Messgeräten auch die festen Einmalhandschuhe auf, die auch die Tierärztin benutzte.

»Also dann, lass mich dir helfen, Laurenzia«, sagte Ferdinand, nachdem er die Handschuhe angezogen hatte und behutsam über den Kopf des Tieres streichelte.

»Komm, mein Mädchen, zeige uns, wo es dir wehtut.« Eleonore sprach beruhigend auf Laurenzia ein, während sie ihr Maul mit beiden Händen so weit öffnete, dass Ferdinand hineinschauen konnte.

»Von einem Milchzahn ist ein Stück abgebrochen und steckt im Zahnfleisch. Es hat sich entzündet. Kein Wunder, dass Ihre Laurenzia starke Schmerzen hat. Ich bin gleich wieder da.«

»Ist recht.« Eleonore ließ Laurenzia los und gönnte ihr eine Verschnaufpause. Sie fragte sich, was er wohl holen mochte. Auf eine Zahnbehandlung im Kuhstall war er sicher nicht vorbereitet.

»Ihr Operationsbesteck?«, fragte sie skeptisch, als er mit einem noch originalverpackten Zangenset aus dem Baumarkt und einem Betäubungsspray zurückkam.

»Zahnärzte sind vor allem gute Handwerker. Zange ist Zange. Es kommt nur darauf an, dass die Größe stimmt«, sagte er und öffnete die Packung. »Die wird reichen.« Seine Wahl fiel auf die mittlere der drei Zangen. »Ich werde jetzt das Zahnfleisch betäuben, und dann befreien wir Laurenzia von ihren Schmerzen. Ich bin allerdings auf Ihre Hilfe angewiesen.«

»Ich werde mein Bestes geben. Weit aufmachen, meine Schöne«, sprach Eleonore Laurenzia wieder gut zu, bis sie ihren Wiederstand aufgab, sich von dem fremden Mann berühren zu lassen.

Ferdinand löste die Verschlusskappe des Sprays, das er immer bei sich hatte. Er war auch auf Hausbesuche eingerichtet, dazu gehörte das Spray, das er benutzte, wenn nur eine kurze Betäubung nötig war. Für Laurenzia würde das Spray ausreichen.

Er sprühte die entzündete Stelle ordentlich ein, ertastete noch einmal vorsichtig die Zahnspitze, die dort feststeckte, und setzte mit der anderen Hand die Zange an. Ein fester Ruck und der Zahnsplitter war entfernt.

»Alles gut, mein Mädchen«, sagte er und präsentierte Laurenzia das Zahnstück, das sie so gequält hatte.

»Sie bedankt sich bei Ihnen«, versicherte ihm Eleonore, als Laurenzia ein tiefes Muh hören ließ und ihn mit ihren riesigen dunklen Augen anschaute. »Ich schließe mich ihr an. Vielen Dank, Doktor Lieblich, das war wirklich sehr nett von Ihnen. Sie sind wohl doch nicht ganz unerfahren im Umgang mit Tieren.«

»Meine Großeltern hatten einen Bauernhof im Taunus. Ich habe meine Ferien oft dort verbracht. Für mich war das Landleben immer wie ein Abenteuerurlaub, und dazu gehörte auch der Umgang mit den Tieren.«

»Gibt es den Hof noch?«

»Er wurde nach dem Tod meiner Großeltern verkauft. Niemand in unserer Familie hatte Interesse daran, ihn weiterzuführen.«

»Sie auch nicht?«

»Ich war damals noch zu jung, um ihn zu übernehmen.«

»Aber offensichtlich lieben sie das Landleben. Sonst wären Sie jetzt nicht hier bei uns.«

»Bergmoosbach bietet mehr als nur einfaches Landleben.«

»Stimmt, wir sind ein Touristenort. Bei uns ist immer irgendetwas los, schon wegen der Gäste, die neben der Ruhe auch das Abenteuer suchen. Diese Sehnsucht tragen nicht nur Kinder in sich.«

»Das ist zweifellos wahr«, sagte er und hielt ihren Blick fest. »In den nächsten drei Tagen sollten Sie die entzündete Stelle noch mit einer Heilsalbe einreiben«, wechselte er das Thema, als ihm bewusst wurde, dass es wohl unhöflich wäre, Eleonore noch länger so anzusehen.

»Kann ich die benutzen?«, fragte sie und zeigte ihm die Salbe, die sie vor einigen Wochen geholt hatte, um die Zahnfleischentzündung eines anderen Tieres zu kurieren.

»Die ist hervorragend.«

»Gut, dann kümmere ich mich gleich darum. Haben Sie schon gefrühstückt, Doktor Lieblich?«, wollte sie wissen, während sie Laurenzias Wunde versorgte.

»Eigentlich bin ich hergekommen, um für mein Frühstück einzukaufen.«

»Wissen Sie was, bevor Sie bei uns einkaufen, überzeugen Sie sich erst einmal davon, ob unser Angebot Ihnen überhaupt zusagt. Ich lade Sie zum Frühstück ein. Vorausgesetzt, Sie können sich vorstellen, mit mir zu frühstücken.«

»Das würde ich sehr gern tun.« Ferdinand fand Eleonore höchst interessant. Sie war nicht nur hübsch, sie konnte auch richtig zupacken. Es hatte ihn beeindruckt, wie sicher sie mit dem leidenden Tier umgegangen war. Das hatte es ihm leicht gemacht, den kleinen Eingriff schnell und erfolgreich zu beenden.

»Mit dem Frühstück will ich mich aber nicht vor der Rechnung für Ihre Hilfe drücken. Die dürfen Sie mir selbstverständlich schicken«, sagte sie, während sie sich die Hände an dem Waschbecken im Stall wusch, das auch Ferdinand gerade benutzt hatte.

»Ich finde, dass eine Einladung zum Frühstück eine ausreichende Vergütung ist. Ich würde es gern dabei belassen.«

»Wenn Sie das so möchten, dann machen wir das so«, erklärte sich Eleonore mit seinem Vorschlag einverstanden und rief erst einmal die Tierärztin von ihrem Handy aus an, um ihr zu sagen, dass es Laurenzia wieder gut ging.

Eine Viertelstunde später saßen sie und Ferdinand auf der Terrasse des Kastnerhofs. Von dort hatten sie einen großartigen Blick auf die Berge der Allgäuer Alpen, die sich vor dem stahlblauen Himmel erhoben. Eleonore hatte ihren Pullover gegen ein T-Shirt aus weißer Seide getauscht und trug ihr Haar jetzt offen. Sie hatte Kaffee gekocht, Rühreier mit Kräutern zubereitet und Brötchen, Marmelade und Butter auf den rustikalen Holztisch gestellt.

»Seit wann sind Sie denn schon in Bergmoosbach?«, erkundigte sie sich.

»Ich bin vorgestern angekommen. In der Praxis gibt es noch einiges zu tun. Die Räume sind zwar schon renoviert, aber ein Teil der Einrichtung wird erst Ende der Woche geliefert. Auch der Umzugswagen mit meinen Möbeln für die Wohnung trifft erst heute ein.«

»Deshalb die neuen Zangen. Sie haben ganz offensichtlich noch einiges an Arbeit vor sich.«

»Glücklicherweise hatte ich das Werkzeug, das ich mir gestern im Baumarkt geholt habe, noch im Auto.«

»Ja, das war wirklich Glück für meine Laurenzia. Noch einen Kaffee?«, fragte Eleonore, als Ferdinand sie mit einem Lächeln betrachtete, das ihr Herz ein bisschen schneller schlagen ließ.

»Halte ich Sie auch nicht von Ihrer Arbeit ab? Auf einem Hof ist doch ständig etwas zu tun.«

»Ganz so schlimm wie früher ist es nicht mehr. Es gibt inzwischen schon viele nützliche Maschinen, die den Landwirten die Arbeit erleichtern. Außerdem bin ich nicht allein. Mein Bruder Jonas kümmert sich mit seinen Leuten um die Feldarbeit, und ich bekomme auch Hilfe, wenn es nötig ist. Und meine Schwägerin packt auch mit an, wenn es ihre Zeit zulässt. Sie hat hier auf dem Hof ein kleines Kosmetikstudio eröffnet, das recht gut besucht wird. Heute ist sie allerdings auf einem Lehrgang in der Stadt, sonst würde sie sicher mit uns frühstücken. Verzeihen Sie, aber das interessiert Sie sicher alles gar nicht«, entschuldigte sich Eleonore für ihr plötzliches Mitteilungsbedürfnis.

»Doch, es interessiert mich. Wenn ich hier heimisch werden will, dann sollte ich auch etwas über meine Mitbürger erfahren.«

»Wann genau werden Sie denn Ihre Praxis eröffnen?«

»Am Montag nächster Woche. Selma, meine Sprechstundenhilfe, die bereits seit einigen Tagen vormittags das Telefon in der Praxis bewacht, hat allerdings bisher noch keine Terminanfragen.«

»Sobald die Praxis eröffnet ist, wird sich das ändern. Hier bei uns braucht eben alles seine Zeit. Um wieviel Uhr beginnt denn Ihre Sprechstunde?«

»Um 14 Uhr. Für den Vormittag hat Herr Talhuber einen kleinen Begrüßungsempfang im Rathaus organisiert, um den neuen Zahnarzt in Bergmoosbach vorzustellen. Am Nachmittag stelle ich mich dann meinen Patienten vor.«

»Gut, dann komme ich am nächsten Freitag um 14 Uhr zu Ihnen.«

»Dann sind Sie meine Patientin der ersten Stunde.«

»Das klingt gut. Ich war noch nie in einer neuen Praxis die erste Patientin.«

»Ich werde mir Mühe geben, Sie von meinen Qualitäten zu überzeugen.«

»Sie haben meine Laurenzia von ihren Schmerzen befreit, ohne dass ich Sie darum bitten musste. Das war ein äußerst überzeugender Beweis dafür, dass Sie ein guter Arzt sind, dem das Wohl seiner Patienten am Herzen liegt. So etwas spricht sich bei uns auf dem Dorf schnell herum.«

»Wenn ich etwas über das Leben in Bergmoosbach wissen will, könnte ich mich dann wieder an Sie wenden?«

»Ja, sicher, obwohl, wenn Sie ein paar Tage hier sind, dann werden Sie erleben, dass Ihnen jeder gern etwas erzählt«, klärte Eleonore ihn auf.

»Umso dringender brauche ich eine Vertrauensperson, die diese Informationen mit mir aufarbeitet.«

»Sie denken dabei an mich?«, fragte Eleonore ungläubig, während sie gleichzeitig so ein merkwürdiges Kribbeln in der Magengrube verspürte.

»Unsere Zusammenarbeit eben bei Laurenzia hat doch gut funktioniert. Ich habe Ihnen vertraut, dass ich bei dieser Operation unverletzt davonkomme, und Sie haben mir vertraut, dass Laurenzia nichts passiert.«

»Wenn Sie das so sehen wollen, dann werde ich nicht widersprechen. Ich begleite Sie in die Scheune, wenn Sie jetzt Ihren Einkauf erledigen möchten«, schlug sie vor, als Ferdinand auf seine Armbanduhr schaute.

»Ja, gern. Ich muss bald zurück ins Dorf. Der Möbelwagen wird in etwa zwei Stunden eintreffen. Warten Sie, ich helfe Ihnen noch, den Tisch abzuräumen«, sagte er, als Eleonore von ihrem Stuhl aufstand.

»Lassen Sie nur alles stehen, ich kümmere mich später darum. Kommen Sie«, forderte sie ihn freundlich auf, ihr zu folgen.

*

In der Scheune waren vier Marktstände aufgebaut. Es gab Kartoffeln, Gemüse, Salat, Obst und Eier. Ferdinand nahm von allem etwas und versicherte Eleonore, dass er auch beim nächsten Hofverkauf wieder zu ihren Kunden gehören würde.

»Offensichtlich gibt es hier einen Jazzfan«, stellte er fest, als er beim Verlassen der Scheune das Konzertplakat an der Innenseite des Tors hängen sah. Es bewarb ein Konzert von Ella Fitzgerald in der Royal Albert Hall in London am 17. Mai 1984.

»Dieser Fan bin ich. Ich habe dieses Plakat im Internet ersteigert«, gab Eleonore mit einem schüchternen Lächeln zu.

»Gratuliere, an dieser Versteigerung hätte ich mich auch beteiligt, wenn ich darauf gestoßen wäre.«

»Das heißt, Ihnen gefällt diese Musikrichtung.«

»O ja, sehr sogar«, sagte Ferdinand und betrachtete das Plakat mit einem bewundernden Blick. »Gehen Sie hin und wieder auch in einen Jazzclub?«

»Eher selten. Ich kenne leider niemanden, der sich für diese Musik interessiert. Wenn mich jemand begleitet, dann nur, um mir einen Gefallen zu tun«, seufzte Eleonore.

»Über Musik sollten wir uns noch mal unterhalten. Vielen Dank für das Frühstück, Frau Kastner. Auf bald«, verabschiedete sich Ferdinand und lief mit seiner vollgepackten Einkaufstasche zu seinem Wagen, den er im Hof geparkt hatte.

In diesem Moment trafen die ersten Bergmoosbacherinnen ein, die den Hoftag zum Einkaufen nutzen wollten. Therese Kornhuber und Elvira Draxler, die beiden Vorsitzenden des Landfrauenvereins, bogen auf ihren Fahrrädern in den Hof ein. Nach ihnen fuhr Simone Windfang, die Kosmetikerin aus dem Hotel Sonnenblick, mit ihrem kleinen weißen Auto in den Hof. Gunhild Blissing, die Kassenwartin des Landfrauenvereins, und Heidi Lohmeier, die ausnahmsweise ohne ihre Zwillingsschwester Hedwig unterwegs war, die mit einer Sommergrippe im Bett lag, waren zu Fuß gekommen und spazierten nach Simone durch das geöffnete Tor.