Auf in eine gemeinsame Zukunft - Tessa Hofreiter - E-Book

Auf in eine gemeinsame Zukunft E-Book

Tessa Hofreiter

0,0

Beschreibung

Dr. Brunner bewohnt mit seiner geliebten Frau Ulrike und einem Jagdhund namens Lump ein typisches Schwarzwaldhaus, in dem er auch seine Praxis betreibt. Ein Arzt für Leib und Seele. Die Serie zeichnet sich gegenüber dem Vorgänger durch ein völlig neues Konzept aus. Es wird noch größerer Wert auf Romantik, Spannung und sich weiterdichtende, zum Leben erwachende Romanfiguren, Charaktere und Typen gelegt. Eines darf verraten werden: Betörend schöne Frauen machen dem attraktiven Landdoktor schon bald den Hof. Und eine wirkliche Romanze beginnt... »Vielen Dank, Frau Kreuzer, dass Sie mich so umfassend über alles informiert haben, was den Trachtenverein betrifft.« Freundlich und bestimmt unterbrach der junge Landdoktor den Redefluss seiner Patientin. »Wenn Sie die Tabletten einnehmen und wie besprochen Ihren Speiseplan ändern, bekommen Sie das lästige Sodbrennen in den Griff.« Unmissverständlich dirigierte er die ältere Frau zur Tür seines Sprechzimmers und verabschiedete sich mit einem festen Händedruck. »Servus, Frau Kreuzer, und gute Besserung.« Er schloss die Tür und ging dann rasch in das Wohnhaus hinüber, an das die bekannte Landarztpraxis angebaut war. »Mei, heut hat man ja gar nicht in aller Ruhe mit dem Doktor reden können!«, beschwerte sich Ilse Kreuzer bei Gerti, der langjährigen Praxishelferin. »Dabei hätt es noch so viel Interessantes aus dem Trachtenverein zu berichten gegeben. Ich nehme meine Pflichten als Vorsitzende sehr ernst, wie du weißt.« »Über deine körperlichen Beschwerden hast du aber mit dem Doktor ausführlich sprechen können«, erinnerte Gerti die andere Frau nachdrücklich. Dann warf sie einen langen und deutlichen Blick auf die Uhr, die im Wartebereich hing. Gerti wusste, dass der Landdoktor jetzt einen Termin hatte, der ihm sehr am Herzen lag. Seine beruflichen Verpflichtungen würde er dafür zwar nicht verkürzen, private Gespräche, die nichts mit der medizinischen Versorgung zu tun hatten, schon. Ilse Kreuzer trat den Rückzug an. »Mei, ich hab halt gar nicht bemerkt, dass es so schon spät ist, die Praxis hat bereits geschlossen. Kein Wunder, dass unser Doktor dann wohl etwas anderes vorhat?« Die ältere Frau sprach diesen Satz als Frage aus, aber Gerti dachte gar

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 124

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Der neue Landdoktor – 63–

Auf in eine gemeinsame Zukunft

Aber kann ich mich auf dich verlassen?

Tessa Hofreiter

»Vielen Dank, Frau Kreuzer, dass Sie mich so umfassend über alles informiert haben, was den Trachtenverein betrifft.« Freundlich und bestimmt unterbrach der junge Landdoktor den Redefluss seiner Patientin. »Wenn Sie die Tabletten einnehmen und wie besprochen Ihren Speiseplan ändern, bekommen Sie das lästige Sodbrennen in den Griff.« Unmissverständlich dirigierte er die ältere Frau zur Tür seines Sprechzimmers und verabschiedete sich mit einem festen Händedruck. »Servus, Frau Kreuzer, und gute Besserung.« Er schloss die Tür und ging dann rasch in das Wohnhaus hinüber, an das die bekannte Landarztpraxis angebaut war.

»Mei, heut hat man ja gar nicht in aller Ruhe mit dem Doktor reden können!«, beschwerte sich Ilse Kreuzer bei Gerti, der langjährigen Praxishelferin. »Dabei hätt es noch so viel Interessantes aus dem Trachtenverein zu berichten gegeben. Ich nehme meine Pflichten als Vorsitzende sehr ernst, wie du weißt.«

»Über deine körperlichen Beschwerden hast du aber mit dem Doktor ausführlich sprechen können«, erinnerte Gerti die andere Frau nachdrücklich. Dann warf sie einen langen und deutlichen Blick auf die Uhr, die im Wartebereich hing. Gerti wusste, dass der Landdoktor jetzt einen Termin hatte, der ihm sehr am Herzen lag. Seine beruflichen Verpflichtungen würde er dafür zwar nicht verkürzen, private Gespräche, die nichts mit der medizinischen Versorgung zu tun hatten, schon.

Ilse Kreuzer trat den Rückzug an. »Mei, ich hab halt gar nicht bemerkt, dass es so schon spät ist, die Praxis hat bereits geschlossen. Kein Wunder, dass unser Doktor dann wohl etwas anderes vorhat?«

Die ältere Frau sprach diesen Satz als Frage aus, aber Gerti dachte gar nicht daran, vom Privatleben des Landdoktors zu reden. »Servus, Ilse«, sagte sie nur freundlich und klimperte mit ihrem Schlüsselbund. »Einen schönen Abend für dich.« Sie und ihre Kollegin Caro räumten ihre Arbeitsplätze auf, fuhren die Computer herunter, und die sonst so geschäftige Landarztpraxis wechselte in die Stille des Feierabends hinüber.

Inzwischen saß Sebastian Seefeld auf der Terrasse des weißen Doktorhauses und trank noch rasch eine Tasse Kaffee, ehe er zum Bahnhof aufbrechen musste. Seine Freundin Anna, die Hebamme von Bergmoosbach, reiste in die Schweiz, um dort eine längere Fortbildung zu leiten. Sebastian wollte seine Liebste zum Zug bringen.

Traudel, die gute Seele des Hauses, reichte der jungen Frau ein kleines Päckchen mit liebevoll hergerichtetem Reiseproviant. »Das ist auf jeden Fall besser als das, was du im sogenannten Bistro des Zuges zu haarsträubenden Preisen angeboten bekommst«, sagte sie resolut.

Anna bedankte sich lachend, umarmte die Mitglieder der Doktorfamilie und sagte: »Das ist ja fast so, als ob ich auf eine Weltreise gehe.«

»Nun, meine Welt geht auf Reisen«, flüsterte Sebastian ihr ins Ohr.

Anna hatte Herzklopfen vor Glück bei seinen Worten.

Verliebt machten sich die beiden auf den Weg zu der kleinen Bahnstation von Bergmoosbach, dem beschaulichen Dorf im Allgäu. Der Nahverkehrszug war gerade eingefahren, und die Angekommenen verteilten sich rasch auf dem einzigen Bahnsteig, den Bergmoosbach hatte. Anna und Sebastian tauschten noch einige medizinische Informationen aus, die für die Fortbildung wichtig waren, dann verabschiedeten sie sich zärtlich voneinander, und die Bimmelbahn verließ den kleinen Bahnhof. Er vermisste seine Anna schon jetzt.

Sebastian Seefeld blieb noch für einen Augenblick auf dem Bahnsteig stehen und ließ seinen Blick über die grünen Hügel und das majestätische Alpenpanorama im Hintergrund gleiten. Er lachte leise auf, als ihm plötzlich die Frische und Stille dieses Ortes bewusst wurden. Früher hatte er in der Millionenstadt Toronto gelebt, und die Ruhe hier war etwas, was ihn manchmal immer noch in Erstaunen versetzen konnte. Sein zufriedener Blick glitt über die großen, hölzernen Pflanzkübel, die mit weißen Geranien und leuchtend blauem Männertreu bestückt waren, dann wandte er sich ab, um zurück zum Auto zu gehen.

Plötzlich blieb er stehen und lauschte mit gerunzelter Stirn. Hinter einem der bepflanzten Holzfässer klangen besorgniserregende Laute hervor, jemand keuchte und rang mühsam nach Luft.

Mit drei, vier langen Schritten war er dort und entdeckte eine junge Frau, die dort kniete, die Hände wie hilfesuchend um den Rand des Pflanzgefäßes geklammert. Ihre Augen waren weit aufgerissen, und sie rang panisch nach Atem.

Sofort kniete er neben ihr, griff nach ihren Schultern und sagte mit freundlicher und gleichzeitig fester Stimme: »Ganz ruhig, wir bekommen das hin. Ich bin Arzt und helfe Ihnen. Nicht kämpfen; versuchen Sie, sich zu entspannen! Wir atmen jetzt zusammen, so, spüren Sie es?«

Erleichtert sah er, dass sich das Flackern von wilder Panik in den Augen der jungen Frau etwas beruhigte, als nach und nach wieder regelmäßige Atemzüge möglich waren. Unmerklich richtete er die junge Frau auf, nahm ihre Schultern zurück und weitete so den Brustraum. Dabei ließ er den intensiven Blick seiner grauen Augen nicht vom Gesicht der Patientin und vermittelte ihr damit das Gefühl von Sicherheit. Der Landdoktor wusste noch nicht, um welche Krankheit es sich bei der jungen Frau handelte, aber er wusste, dass Ruhe und Zuversicht immer ein Heilmittel waren.

»Danke, es geht schon besser«, murmelte die Frau und versuchte aufzustehen.

Sebastian stützte sie behutsam und bemerkte, wie ungewöhnlich fein sich die Schulterknochen unter seinen Händen anfühlten, fast wie die eines Kindes. Als sie nebeneinander standen, sah Sebastian, wie klein und ausgesprochen zart die junge Frau war. Sie ging ihm kaum bis zur Schulter und wirkte äußerst grazil. Ihre halblangen, dunklen Haare hatten einen seidigen Glanz, und in ihrem Gesicht mit den fein gezeichneten Zügen fielen trotz der Erschöpfung die leuchtenden, grau-blauen Augen auf. Er schätzte, dass die junge Frau ungefähr Anfang Dreißig sein mochte.

»Ich bin Sebastian Seefeld und arbeite hier als Landdoktor«, stellte er sich vor. »Ich schlage vor, wir fahren jetzt in meine Praxis, und ich untersuche Sie. Dieser Anfall von Atemnot hat ernst geklungen, das sollten wir nicht auf die leichte Schulter nehmen.«

Die junge Frau hatte sich inzwischen wieder gefangen. Sie strich die Haare hinter die Ohren zurück und antwortete mit einem kleinen Lächeln: »Ich heiße Svenja Brehm und bin eben erst mit dem Zug in Bergmoosbach angekommen. Dass mein erster Kontakt der mit einem Arzt sein würde, hatte ich mir so nicht vorgestellt. Aber es beruhigt mich, denn ich habe das Gefühl, mein Medikament wirkt in letzter Zeit immer weniger.«

»Sie sind in Behandlung?«, erkundigte Sebastian sich.

Svenja seufzte. »Ich habe eine Mehlstauballergie entwickelt, gegen die bisher nichts wirklich hilft.«

»Asthmatische Erkrankungen, die wie bei Ihnen durch eine Allergie ausgelöst werden, sind ein schwieriges Thema«, erwiderte Sebastian. »Trotzdem gibt es verschiedene Möglichkeiten, Ihnen zu helfen. Bitte kommen Sie mit in meine Praxis. Ich möchte Sie untersuchen und Ihnen etwas geben, was zumindest gegen diese akuten Anfälle von Atemnot hilft.«

»Jetzt gleich?« Svenja schaute ihn erstaunt an. »Es ist doch inzwischen Abend, die Praxis muss doch längst geschlossen sein?«

Er schmunzelte und griff nach dem gut gefüllten Seesack, den die junge Frau mit sich herumschleppte. »Ein Landdoktor hat nie wirklich Feierabend.«

»Wenn das so ist, dann komme ich gern mit. So schlimm wie eben waren die anderen Anfälle nicht. und ich möchte das nicht noch einmal erleben, ohne dass ich ein wirksames Medikament bei mir habe«, antwortete Svenja dankbar.

Der Landdoktor schulterte den Seesack und sagte mit einer einladenden Handbewegung: »Bitte hier entlang, mein Wagen steht gleich dort vorn neben den Fliederbäumen.«

»Es muss sehr schön aussehen, wenn sie im Frühling in voller Blüte stehen«, bemerkte Svenja mit einem bewundernden Blick auf die vielen Gehölze, welche den kleinen Bahnhof umgaben. »Das ist ein netter erster Eindruck, den man von Bergmoosbach hat, wenn man aus dem Zug gestiegen ist.«

»Sind Sie zum ersten Mal hier?«, fragte Sebastian, als sie in den Wagen stiegen.

»Ja, und ich freue mich sehr auf den Aufenthalt, wenn der Anstoß dazu auch kein angenehmer ist. Mein Arzt sagte, ich solle ausprobieren, wie mir das Klima hier bekommt. Eigentlich wollte ich schon längst einmal hier gewesen sein«, erzählte Svenja auf der kurzen Fahrt zum Doktorhaus. »Eine sehr liebe Freundin wohnt seit fast einem Jahr hier und bisher hatte ich es nicht geschafft, sie zu besuchen. Ich musste erst kurz vor der Berufsunfähigkeit stehen, um mich auf den Weg nach Bergmoosbach zu machen.«

Sebastian nickte verständnisvoll. »Das kenne ich«, antwortete er, »irgendwie kommt immer etwas dazwischen, und man verschiebt etwas, was man doch so gern täte.«

»Oder für das man leider nicht das Geld hatte. Eine Fahrkarte von Lübeck nach Bergmoosbach kostet eine Menge«, sagte Svenja leise.

Der junge Landdoktor antwortete freundlich: »Eine gute Freundin versteht das sicherlich.«

»Oh, ja, das tut sie, und wir beide freuen uns sehr aufeinander«, erwiderte Svenja mit einem strahlenden Lächeln.

»Dann wollen wir mit der Untersuchung schnell machen, damit Sie beide einen langen, gemütlichen Mädelsabend genießen können«, antwortete Sebastian und führte seine Patientin ins Sprechzimmer.

Die Untersuchung verlief routiniert, der Landdoktor nahm Blutproben und fragte genau nach Svenjas Vorerkrankungen. Sie vereinbarten einen Termin für die nächsten Tests, und Sebastian gab der jungen Frau ein neues Medikament, das sie bei beginnender Atemnot nehmen sollte. Dann begleitete er Svenja in den Flur hinaus, in dem er den Seesack abgesetzt hatte. Der Familienhund Nolan hatte Stellung daneben bezogen und beäugte sehr wachsam diesen großen, dunkelgrünen Gegenstand, der nicht zum Haus gehörte.

»Grüß Gott«, sagte Traudel munter, die gerade durch die Diele ging und die junge Frau bemerkte. »Wie Sie sehen, wurde gut auf Ihr Gepäck aufgepasst.«

»Fein, das freut mich«, Svenja lächelte entspannt. »Sie sind alle so nett, sogar die Vierbeiner. Obwohl ich von Bergmoosbach noch so wenig kennengelernt habe, kann ich verstehen, dass es Sylvia hier so gut gefällt, dass sie hergezogen ist.«

»Ist Sylvia die Freundin, zu der Sie jetzt wollen?«, fragte Traudel interessiert.

»Eigentlich ist sie die Freundin meiner Mutter«, erzählte Svenja. »Mama musste viel arbeiten, um uns nach Papas Tod über die Runden zu bringen. Deshalb hat sich ihre Freundin viel um mich gekümmert, und sie ist zu meiner Vertrauten geworden. Gerade in der Pubertät, als ich einige Kapriolen geschlagen habe, war Sylvia Andechs ein wichtiger Rückhalt für mich. Es ist wirklich allerhöchste Zeit, dass ich sie besuche, sie lebt nun schon fast ein ganzes Jahr in Bergmoosbach. Können Sie mir bitte sagen, wie ich von hier in den Eichhornweg komme?«

Svenja hatte sich nach ihrem Seesack gebückt, deshalb war ihr der bestürzte Blickwechsel von Sebastian und Traudel entgangen. Die ältere Frau legte ihr mütterlich die Hand auf den Arm. »Kommen Sie doch noch ein wenig zu uns hinein. Wir setzen uns zusammen und können uns unterhalten«, sagte sie.

»Ein anderes Mal sehr gern, aber jetzt möchte ich lieber zu Sylvia. Ich bin spät dran, und sie wartet bestimmt schon ungeduldig auf mich«, antwortete Svenja.

»Frau Brehm, bitte bleiben Sie noch. Wir sollten miteinander reden«, entgegnete Sebastian ruhig.

Svenja bemerkte die ernsten Gesichter der beiden und erschrak. »Worüber denn reden? Ist etwas passiert?«, fragte sie beunruhigt.

Sebastian gab sich einen Ruck. »Es tut mir sehr leid, Ihnen das jetzt sagen zu müssen, Frau Brehm. Sylvia Andechs ist heute Morgen ganz plötzlich an Herzversagen gestorben.«

Wie durch Watte gedämpft drangen diese Worte an Svenjas Ohren. »Nein«, murmelte sie, »ich will sie doch besuchen. Sylvia wartet auf mich.«

»Kommen Sie, Frau Brehm, und setzen Sie sich zu uns«, sagte Sebastian ruhig, griff ihren Arm und führte sie behutsam ins Wohnzimmer hinüber.

Dort saßen Emilia, Sebastian Seefelds Tochter, und sein Vater Benedikt über ein Schachbrett gebeugt. Als sie die ernsten Gesichter der Eintretenden sahen, war ihnen sofort klar, dass es sich um einen dringenden Notfall handeln musste. Der ehemalige Landdoktor und seine Enkelin standen auf und verließen leise das Zimmer, damit sich Sebastian und Traudel um die verstörte junge Frau kümmern konnten.

Svenja sah immer noch so aus, als verstünde sie kein Wort. »Aber … warum?«, fragte sie hilflos. »Was ist denn passiert?«

Ruhig erklärte Sebastian ihr, dass Sylvia Andechs am Morgen bei einem Spaziergang um den Sternwolkensee zusammengebrochen war. Als er wenig später dort eingetroffen war, hatte er nur noch den Tod der älteren Frau feststellen können.

»Aber was war denn?«, fragte Svenja fassungslos. »Hatte Sylvia Probleme mit dem Herzen?«

»Das weiß ich nicht. Während der Monate, die sie hier lebte, ist Frau Andechs nicht in meiner Praxis gewesen«, antwortete der Landdoktor ruhig.

Svenja schüttelte wieder und wieder den Kopf. »Ich bin einen Tag zu spät gekommen«, murmelte sie, und dann begann sie fassungslos zu weinen.

Traudel und Sebastian ließen die junge Frau zunächst in Ruhe, damit sie sich den Schock und den ersten Schmerz von der Seele weinen konnte. Dann kümmerten sie sich liebevoll um sie und boten den Trost an, der in dieser Situation möglich war.

»Sie sollten heute Nacht nicht allein in der Wohnung Ihrer Freundin sein. Übernachten Sie bei uns, und morgen begleiten wir Sie in den Eichhornweg«, bot Traudel fürsorglich an.

»Nach dieser Nachricht sollten Sie nicht allein in einer fremden Umgebung sein, bitte bleiben Sie«, sagte auch der junge Landdoktor.

Von dieser warmherzigen Anteilnahme fühlte sich Svenja etwas getröstet, und sie nahm die freundliche Einladung an. Während Traudel das Gästezimmer herrichtete und Sebastian ein mildes Schlafmittel aussuchte, das sich mit Svenjas Allergie vertrug, saß die junge Frau bei Benedikt und Emilia auf der Terrasse und unterhielt sich mit ihnen über Sylvia. Wie sich herausstellte, hatten sie und der ältere Landdoktor sich beim Golfen kennengelernt, und Emilia kannte sie von einer Aufführung des Laientheaters.

»So wie es aussieht, hat sich Sylvia schnell eingelebt und gute Kontakte geknüpft«, sagte Svenja mit der Andeutung eines winzigen Lächelns. »Sie scheint hier glücklich und zufrieden gewesen zu sein.«

»Ja, so sieht es wohl aus«, antwortete Sebastian sanft, »und diesen Gedanken sollten Sie mit in die Nacht nehmen.«

Das tat Svenja, und als sie am nächsten Morgen erwachte, war zwar die Traurigkeit nicht verschwunden, aber der Schock hatte sich gemildert, und sie war in der Lage, sich der neuen Situation zu stellen.

Der ehemalige Landdoktor Benedikt Seefeld und Traudel nahmen die junge Frau in ihre Mitte und begleiteten sie in den Eichhornweg. Es war sehr schwer für Svenja, die stille Wohnung zu betreten, aber mit diesen einfühlsamen Menschen an ihrer Seite schaffte sie es.

»Sie werden sich in der nächsten Zeit um sehr viel kümmern müssen, mit dem Sie nicht gerechnet hatten«, sagte Benedikt freundlich. »Wenn Sie Fragen haben oder Hilfe brauchen, wenden Sie sich an uns, wir sind für Sie da.«

»Und das meinen wir auch im ganz praktischen Sinn«, fügte Traudel hinzu. »Wenn Sie nicht wissen, wo Ihnen der Kopf steht und der Magen knurrt, weil Sie weder Zeit noch Nerven zum Einkaufen hatten, dann kommen Sie zu uns ins Doktorhaus.«

Svenja lächelte unter Tränen und fühlte sich in aller Trauer behütet und gut aufgehoben. Die Unterstützung durch die Familie Seefeld tat ihr gut und nahm etwas von der schweren Last, die auf ihren Schultern lag. Ihre eigene ungewisse Zukunft rückte ein Stück weit in die Ferne, und sie sammelte Kraft für die kommenden Wochen, die sie allein in Bergmoosbach verbringen würde. Anstatt die Zeit mit ihrer Freundin zu verbringen, musste sie nun deren letzte Dinge regeln, aber sie würde es schaffen.