Komm aus deinem Schneckenhaus! - Tessa Hofreiter - E-Book

Komm aus deinem Schneckenhaus! E-Book

Tessa Hofreiter

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Beschreibung

Dr. Brunner bewohnt mit seiner geliebten Frau Ulrike und einem Jagdhund namens Lump ein typisches Schwarzwaldhaus, in dem er auch seine Praxis betreibt. Ein Arzt für Leib und Seele. Die Serie zeichnet sich gegenüber dem Vorgänger durch ein völlig neues Konzept aus. Es wird noch größerer Wert auf Romantik, Spannung und sich weiterdichtende, zum Leben erwachende Romanfiguren, Charaktere und Typen gelegt. Eines darf verraten werden: Betörend schöne Frauen machen dem attraktiven Landdoktor schon bald den Hof. Und eine wirkliche Romanze beginnt... »Es ist mir wirklich super wichtig, dass du dabei bist, Claudi.« Winnie reichte Claudia, ihrer älteren Schwester, die Setzlinge, um die ausgedünnte Rosenhecke am Ende des Gartens aufzufüllen.»Aber ich habe diese Woche noch einiges zu tun.« Claudia richtete sich auf und schüttelte die Gartenschürze aus, die sie über Jeans und T-Shirt trug und die voller Erde war.»Ich kann dir helfen.»Es ist nicht nur der Garten, auch das Haus muss mal wieder gründlich geputzt werden.»Klar, das muss natürlich unbedingt vor meinem ersten Training in meinem neuen Verein sein. Ich möchte, dass du dabei bist. Du hast mich schon so lange nicht mehr spielen sehen.»Ich weiß, dass du gut bist. Dein ehemaliger Trainer kommt hin und wieder in die Gärtnerei. Er hat mir versichert, dass die Entscheidung, nach Bergmoosbach zu wechseln, richtig war. Sie sind einfach schon weiter als in Garmisch. Er hat mir versichert, dass du ein großes Talent bist und irgendwann in einer Profimannschaft spielen wirst.»Ach, hat er das gesagt? Er kommt also öfter in die Gärtnerei? Interessant, wie findest du ihn?»Ganz nett.»Nur nett? Ich meine, er ist nur ein paar Jahre älter als du und nicht verheiratet.

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Der neue Landdoktor – 74–

Komm aus deinem Schneckenhaus!

Claudia hatte alle Lebenslust verloren

Tessa Hofreiter

»Es ist mir wirklich super wichtig, dass du dabei bist, Claudi.« Winnie reichte Claudia, ihrer älteren Schwester, die Setzlinge, um die ausgedünnte Rosenhecke am Ende des Gartens aufzufüllen.

»Aber ich habe diese Woche noch einiges zu tun.« Claudia richtete sich auf und schüttelte die Gartenschürze aus, die sie über Jeans und T-Shirt trug und die voller Erde war.

»Ich kann dir helfen.«

»Es ist nicht nur der Garten, auch das Haus muss mal wieder gründlich geputzt werden.«

»Klar, das muss natürlich unbedingt vor meinem ersten Training in meinem neuen Verein sein. Ich möchte, dass du dabei bist. Du hast mich schon so lange nicht mehr spielen sehen.«

»Ich weiß, dass du gut bist. Dein ehemaliger Trainer kommt hin und wieder in die Gärtnerei. Er hat mir versichert, dass die Entscheidung, nach Bergmoosbach zu wechseln, richtig war. Sie sind einfach schon weiter als in Garmisch. Er hat mir versichert, dass du ein großes Talent bist und irgendwann in einer Profimannschaft spielen wirst.«

»Ach, hat er das gesagt? Er kommt also öfter in die Gärtnerei? Interessant, wie findest du ihn?«

»Ganz nett.«

»Nur nett? Ich meine, er ist nur ein paar Jahre älter als du und nicht verheiratet.«

»Er war mit einer jungen Frau da, mit der ihn eindeutig mehr verbindet als Freundschaft.«

»Na, solange er nicht verheiratet ist …«

»Er ist aber nicht mein Typ, und überhaupt, du musst mich nicht verkuppeln. Ich brauche keinen Mann an meiner Seite, um glücklich zu sein.«

»Das hast du seit dem Tod von Mama und Papa schon häufiger betont. Aber du musst dich nicht für mich aufopfern, Claudi. Du denkst noch immer, du seist schuld am Tod unserer Eltern, deshalb gönnst du dir selbst nicht einmal mehr die kleinste Freude.«

»Nein, das stimmt nicht. Ich bin glücklich, wenn es dir gut geht. Und dass ich am Tod unserer Eltern schuld bin, ist eine Tatsache. Hätte ich sie damals nicht gebeten, mich von dieser Party abzuholen, wären sie nicht verunglückt.«

»Es war ein Unfall, Claudi. Es war nicht deine Schuld, dass euch die Vorfahrt genommen wurde.«

»Aber es war meine Schuld, dass die Eltern überhaupt an diesem Abend unterwegs waren. Und jetzt genug davon. Ich empfinde es nicht als Opfer, für dich zu sorgen. Die Arbeit in der Gärtnerei macht mir Spaß, und ich verdiene genug, damit wir beide gut über die Runden kommen. Oder wäre es dir lieber gewesen, wir hätten unser Elternhaus verkauft?«

»Nein, das nicht, aber wir hätten es vielleicht auch so geschafft. Die Lebensversicherung von Mama und Papa hätte uns eine Weile gereicht, und ich hätte mir einen Job suchen können. So wie andere in meinem Alter auch.«

»Mit dem Geld aus der Lebensversicherung haben wir die letzte Hypothek auf dem Haus abgelöst. Jetzt gehört es uns. Wir besitzen ein Zuhause, aus dem uns niemand vertreiben kann.«

»Ja, ich weiß.« Winnie trat ein paar Schritte zurück, als ihre Schwester sich wieder hinkniete, um den nächsten Setzling einzupflanzen. »Aber du wirst deine Jugend und deine Schönheit vergeuden, wenn du immer nur zu Hause sitzt.« Claudia war eine zierliche junge Frau, die ihre strahlend blauen Augen hinter einer Hornbrille versteckte und ihr dichtes hellblondes Haar meistens zu einem strengen Knoten am Hinterkopf feststeckte. Winnie hatte die gleichen blauen Augen wie ihre Schwester, aber ihr Haar war um einige Nuancen dunkler, und weil es so schön praktisch war, trug sie es meistens recht kurz.

»Ich bin gern zu Hause, Winnie, auch wenn du das nicht glaubst. Die Arbeit in der Gärtnerei ist anstrengend, dazu die Hausarbeit und unser Garten, ich brauche auch ein wenig Ruhe.«

»Wie gesagt, ich helfe dir gern.«

»Ja, ich weiß, aber du musst dich zuerst auf die Schule konzentrieren, das ist mir wichtig, und das wäre auch unseren Eltern wichtig gewesen.«

»Unsere Eltern hätten sicher auch nicht gewollt, dass du dein Studium aufgibst.«

»Ich kann es irgendwann wieder aufnehmen. Die Arbeit in der Gärtnerei schadet nicht, wenn man vorhat, Gartenbau zu studieren. Und jetzt lass mich weitermachen.«

»Das Training in Bergmoosbach ist am Freitag. Du weißt schon, dass sie im letzten Jahr die Meisterschaft in unserer Liga gewonnen haben und in diesem Jahr wieder um den Sieg spielen. Emilia meinte, wenn ich im Training überzeuge, könnte ich vielleicht im Endspiel nächste Woche dabei sein.«

»Das wäre großartig. Ich drücke dir fest die Daumen, dass es klappt. Du darfst nicht denken, dass es mich nicht interessiert, was du tust.«

»Dann komm mit, wenigstens das erste Mal. Außer Emilia und Doro spielen auch noch andere Mädchen aus meiner Klasse in der Mannschaft. Du triffst bestimmt einige Eltern, die du von den Elternabenden kennst.«

»Außer Doktor Seefeld und den Hindelangs spricht doch fast nie jemand mit mir.«

»Emilias Vater und Doros Eltern lassen sich von dieser Mauer, die du um dich herum aufbaust, eben nicht abschrecken.«

»Ich baue eine Mauer auf?« Claudia legte die kleine Schaufel zur Seite, mit der sie in der Erde gegraben hatte, und beschattete mit der flachen Hand ihre Augen, als sie aufschaute und gegen das Licht blicken musste, um Winnie anzusehen.

»Auch wenn dir das vielleicht gar nicht bewusst ist, du wirkst immer so nachdenklich und in dich gekehrt, dass niemand es wagt, dich anzusprechen.«

»Vielleicht will ich auch gar nicht, dass mich jemand anspricht«, sagte Claudia und nahm die Schaufel wieder in die Hand.

»Ich will aber nicht, dass du allein bist.«

»Ich bin nicht allein, wir beide sind zusammen und passen aufeinander auf.«

»Du weißt genau, was ich meine.«

»Ja, das weiß ich, aber so etwas wie Liebe lässt sich nicht erzwingen. Falls es passiert, dann ist es sicher ganz wundervoll, falls nicht, dann geht die Welt für mich auch nicht unter.«

»Du hast gesagt, mein ehemaliger Trainer sei nicht dein Typ. Wie muss denn jemand sein, der dir gefallen könnte?«

»Keine Ahnung, eben anders.«

»Du hast überhaupt keine bestimmte Vorstellung, habe ich recht?«

»Ja, vermutlich hast du recht. Lassen wir dieses Thema. Es ist alles gut so, wie es gerade ist.«

»Für mich könntest du aber alles noch ein wenig besser machen, wenn du zum Training nach Bergmoosbach mitkommst. Bitte, Claudi.« Winnie setzte sich neben ihre Schwester ins Gras und sah sie flehentlich an. »Bitte, bitte, liebe Claudi, komm mit«, versuchte sie, Claudia erneut zu überreden.

»Schon gut, in Ordnung, ich bin dabei. Diesem Babyblick kann ja wohl niemand widerstehen«, seufzte Claudia.

»Danke, du bist die Beste.«

»Klar, und jetzt füll bitte die große Gießkanne, damit wir die Setzlinge wässern können.«

»Mache ich«, sagte Winnie und sprang auf. Sie war ihrer zehn Jahre älteren Schwester dankbar, dass sie diese Verantwortung auf sich genommen hatte, nach dem Tod ihrer Eltern für sie zu sorgen. Sonst wäre sie vermutlich bei einer ihrer Tanten gelandet, die alle im Ruhrgebiet wohnten, wo es ihr überhaupt nicht gefiel.

So aber konnten sie in ihrem Elternhaus bleiben, in diesem Tal am Fuße der Allgäuer Alpen. Zufrieden schaute sie auf das gepflegte Einfamilienhaus mit seinem ausgebauten Dachboden und dem roten Walmdach, zu dem der große Garten mit den Obstbäumen und den farbenprächtigen Blumenbeeten gehörte, um den sich Claudia liebevoll kümmerte. Sie stellte die Gießkanne unter den Wasserhahn neben der Treppe zum Keller und lauschte kurz dem Rauschen des Wildbaches, an den der Garten stieß. Schon als sie klein war, hatte sie dieses Geräusch als angenehm empfunden, und bis heute konnte sie dabei wunderbar einschlafen.

Auch wenn Claudia und sie in diesem Haus zusammen glücklich waren, sie mussten beide irgendwann ihr eigenes Glück finden. Das Beste wäre, sie würde sich unsterblich in jemanden verlieben, dachte Winnie und drehte den Wasserhahn auf, um die Gießkanne zu füllen.

*

Radegund Chormeister, die Frau des Mainingberger Gemeinderatvorsitzenden, gönnte sich jede Woche eine Nagelpflege im Kosmetiksalon von Simone Windfang im Hotel Sonnenblick. Sie kam stets ein paar Minuten früher als verabredet, um noch ein wenig ›große weite Welt‹ zu schnuppern, wie sie es nannte.

Auch an diesem Morgen saß sie wieder auf einem der mit goldfarbenem Stoff bezogenen Sofas in der eleganten Lobby mit ihrem hellen Teppichboden und der Wandverkleidung aus edlem Holz. Sie hatte sich einen Kaffee bringen lassen und beobachtete die Gäste des Fünfsternehotels. Die meisten waren modisch gekleidet, mit Wanderhosen und Anoraks von bekannten Modeschöpfern. Radegund besaß ein gutes Auge für Mode, sie kleidete sich selbst stets in exklusiven Läden in München ein.

»Grüß dich, Frau Chormeister.« Die hagere Frau in dem mausgrauen Dirndl, die mit einem Stapel Prospekte in die Lobby gekommen war, steuerte geradewegs auf sie zu.

»Hallo, Draxlerin«, begrüßte ­Radegund die zweite Vorsitzende des Bergmoosbacher Landfrauenvereins.

»Beobachtest du wieder die High-Society und sehnst dich nach dem städtischen Leben zurück?«, fragte Elvira. Sie legte ihre Prospekte auf dem Tisch vor dem Sofa ab und setzte sich neben Radegund.

»Vielleicht muss ich mich gar nicht mehr so lange sehnen.«

»Geh, was heißt jetzt das?« Elvira sah die attraktive junge Frau, die ein karamellfarbenes Kleid trug, das ihr kinnlanges dunkles Haar auffällig zur Geltung brachte, überrascht an.

»Luitpold plant, in die große Politik zu gehen. Dieser Weg führt ohne Zweifel über München.«

»Dein Mann würde seine sichere Stelle beim Landratsamt Garmisch einfach so aufgeben?«, wunderte sich Elvira.

»Wie du weißt, ist er Leiter der Bauverwaltung. Er trifft wichtige Entscheidungen, die auch die private Bauwirtschaft betreffen. Vertritt er diese Interessen auch weiterhin, sobald er in die Landesregierung gewählt ist, dann dürfte ihm nach seiner politischen Karriere eine weitaus bessere und sicherere Stelle in der Wirtschaft sicher sein.«

»Du meinst, er wird Lobbyist.«

»Geh, das ist so negativ besetzt. Er wäre einfach nur jemand, der beide Seiten einer Medaille kennt und weiß, wie man diese am besten zum Glänzen bringt.«

»Die Therese und ich waren neulich auf der Silberhochzeit einer Schulfreundin in München. Ihr Mann ist auch in der Politik. Wir konnten uns diese Leute anschaun, die solche Medaillen zum Glänzen bringen.«

»Ihr habt Beziehungen in die Politik, die Therese und du?«, staunte Radegund.

»Mei, sie als erste Vorsitzende im Landfrauenverein und ich als ihre Stellvertreterin, wir machen doch auch Politik«, entgegnete Elvira schmunzelnd.

»Das habe ich nicht gemeint.«

»Brauchst du denn Beziehungen? Denkst du, dein Mann schafft es nicht allein?«

»Freilich schafft er es, aber vielleicht macht ihr uns trotzdem einmal mit eurer Freundin bekannt, wenn es dann mal passt.«

»Ich denk dran. Was sagt denn eure Hedi dazu, in die große Stadt zu gehen?«

»Hedi wird dort auch Karriere machen.«

»Die Hedi? Sie ist doch nicht älter als die Emilia Seefeld. Gehen die beiden nicht in dieselbe Klasse?«

»Richtig. Hedi ist vierzehn, das richtige Alter, um eine Profikarriere zu starten.«

»In was?«

»Im Fußball. Sie gehört zu den besten in der Bergmoosbacher Mädchenfußballmannschaft.«

»Ich weiß, unsere Madel sind sogar besser als die Garmischer, aber gleich an eine Profikarriere zu denken.«

»Eltern wollen für ihre Kinder immer das Beste, aber woher sollst du das wissen? Du hast ja keine Kinder«, entgegnete Radegund und spielte die Mitfühlende.

»Ganz wie du meinst, Chormeisterin. Ich muss dann auch wieder los. Viel Glück beim Aufstieg«, verabschiedete sich Elvira. Sie ging zum Empfangstresen und gab dort die Prospekte vom Tourismusbüro ab. Ihre Nichte Lydia hatte sie darum gebeten, ihr diesen Gefallen zu tun. Ich weiß sehr wohl, wie es ist, das Beste für ein Kind zu wollen, dachte sie, weil Lydia, die Tochter ihres Schwagers, ihr Sonnenschein war.

Attraktive Erscheinung, dachte Radegund, als Elvira beim Verlassen des Hotels beinahe mit einem jungen Mann zusammenstieß, der mit einem Rollkoffer die Lobby betrat und zum Empfangstresen ging. Irgendwie kam er ihr bekannt vor. Sportliche Figur, dunkles Haar, Dreitagebart, elegante Jeans, weißes Poloshirt. Sie war sicher, dass sie ihn schon einmal gesehen hatte. Wenn er nur seine Sonnenbrille abnehmen würde, dachte Radegund.

»Guten Tag, mein Name ist Klemens Roban, ich habe ein Zimmer bei Ihnen gebucht«, sagte er und nahm seine Sonnenbrille ab, als sich ihm die junge Frau in dem blauen Kostüm zuwandte, die hinter dem Tresen stand.

Ich glaube es nicht, Klemens Roban, hier bei uns, dachte Radegund, die den Talentsucher eines großen bayerischen Fußballvereins nun auch erkannte, als er seine Sonnenbrille abnahm. Da sie jeden Zeitungsbericht über den großen Fußballverein las, in dem sie ihre Tochter gern sehen würde, konnte sie sich gut an das Foto der Meisterschaftsfeier erinnern, auf dem auch Klemens zu sehen war.

Da die Bergmoosbacher Männer auch im Nachwuchsbereich keine nennenswerten Erfolge aufzuweisen hatten, konnte der Besuch von Klemens Roban in Bergmoosbach nur bedeuten, dass er entweder in Bergmoosbach Urlaub machte oder sich für die Mädchenfußballmannschaft interessierte. Letzteres ließ Radegunds Herz höher schlagen. So gut, wie sich ihre Hedi auf der entscheidenden Position der Spielmacherin in Szene setzte, würde der Mann sie ganz sicher nicht übersehen, und das konnte der Anfang einer großen Karriere sein.

Am liebsten wäre Radegund zu Klemens gegangen, um ihn zu begrüßen und sich ihm vorzustellen. Sie hatte sich schon von dem Sofa erhoben, als sie auf einmal Zweifel bekam, ob das für sie von Vorteil sein würde.

Talentsucher tauchten eher unvermittelt auf dem Sportplatz auf und blieben anfänglich auch lieber unerkannt, um sich in Ruhe die Fähigkeiten der jungen Talente anzusehen.

Besser war es, so zu tun, als wüsste sie nicht, wer er war. Sollte er sich auf dem Sportplatz zeigen, dann konnte sie ganz unbefangen mit ihm sprechen, so als hielte sie ihn für einen an Fußball interessierten Touristen, der sich rein zufällig das Training der Mädchen anschaute.

Da sich die Eltern der anderen Mädchen weitaus weniger für die Fußballkarriere ihrer Töchter interessierten, ging sie davon aus, dass niemand außer ihr Klemens kannte. So sollte es auch bleiben. Sie würde diese einmalige Gelegenheit für sich und ihre Tochter nutzen. Damit Hedi nicht vor lauter Aufregung Fehler machte, würde sie aber auch ihr nichts von der Anwesenheit des Talentsuchers erzählen.

»Was ist, Radegund? Willst du deinen Termin ausfallen lassen?« Simone Windfang, eine kleine dralle Blondine, stand in weißer Hose und weißem T-Shirt in der Tür zum Kosmetiksalon und schaute in die Lobby. »Obwohl, für diesen Anblick würde ich mich auch verspäten«, sagte sie, als sie sah, wem Radegunds Aufmerksamkeit galt.

»Ach was, ich habe mich nur ein bisschen umgeschaut«, wiegelte Radegund ab. Auch wenn Simone nichts mit dem Mädchenfußball zu tun hatte, abgesehen davon, dass sie wie die meisten Bergmoosbacher zu den Spielen ging, sollte sie erst gar nicht auf irgendwelche Ideen kommen. »Ich wäre dann soweit«, sagte sie und betrat vor Simone den Kosmetiksalon.

*

Der Fußballplatz der Gemeinde Bergmoosbach lag am Waldrand außerhalb des Dorfes. Es gab eine Zuschauertribüne mit Sitzplätzen, und der Rasen war ebenso ordentlich gemäht wie der Rasen der großen Vereine. Auch das Vereinshaus sah einladend aus, weiß gestrichen mit hellroten Dachziegeln und roten Fensterläden.

»Danke, dass du deine Meinung nicht geändert hast.« Winnie hakte sich bei Claudia unter, als sie über den Parkplatz vor dem Vereinshaus liefen.

»Ich halte meine Versprechen, das weißt du.«