Der Psychocoach 8: Zu viel Erziehung schadet! - Andreas Winter - E-Book

Der Psychocoach 8: Zu viel Erziehung schadet! E-Book

Andreas Winter

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Beschreibung

Frage: Wie kann es sein, dass ausgerechnet wir Menschen als "gescheiteste" Lebewesen der Erde es uns derart schwer machen mit der Erziehung unserer Nachkommen? Warum werden so viele Kinder trotz hoher Intelligenz zu verhaltensauffälligen Versagern? Antwort: Weil Kinder von den Taten ihrer Eltern lernen - nicht von deren Absichten und Vorsätzen. Je zufriedener und glücklicher die Eltern sind, desto selbstsicherer werden deren Sprösslinge. Die Erziehung entscheidet über Karriere, Partnerschaft und Gesundheit des erwachsenen Menschen! Diplom-Pädagoge Andreas Winter zeigt ungeschminkt und schonungslos: Je "vorsätzlicher" ein Kind "erzogen" wird, desto schwieriger gestaltet sich sein späteres Leben. Zudem beginnt die Charakterbildung bereits früher, als man denkt. Versagensängste, Erfolgsblockaden, chronische Krankheiten - das alles führt die moderne Tiefenpsychologie auf frühkindliche Erfahrungen zurück, die bereits im Mutterleib ihren Ursprung haben. Nie zuvor in der Geschichte der Pädagogik wurde der frühkindliche Einfluss der Eltern in einem so deutlichen Zusammenhang zur späteren Lebensqualität gesehen. Der vorliegende Psychocoach-Ratgeber richtet sich an Eltern und alle, die es werden wollen. Lassen Sie sich in einer spannenden tiefenpsychologischen Analyse zeigen, wie Sie Ihr eigenes Selbstwertgefühl reparieren bzw. stärken können, um Ihren Kindern ein "wertvolles" Vorbild zu geben und ein menschlicheres und natürlicheres Eltern-Kind-Verhältnis zu entwickeln! Mit Audio-Coaching - zur sofortigen praktischen Umsetzung! Das beigefügte Audio-Coaching (entspricht der Starthilfe-CD des gedruckten Buches) wirkt auf andere Gehirnzentren als der gelesene Buchtext. Sie erweitern damit die beim Lesen geschaffenen neuronalen Verschaltungen um den "Gefühls-Anteil" und können viel einfacher all das umsetzen, worum es in diesem Buch geht. Sie "beauftragen" Ihr Unterbewusstsein mit der Umsetzung - und nicht mühevoll Ihren Verstand!

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Andreas Winter

Zu viel Erziehung schadet!

Wie Sie Ihre Kinder stressfrei begleiten

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Andreas Winter

Zu viel Erziehung schadet!

Wie Sie Ihre Kinder stressfrei begleiten

ISBN 978-3-86374-007-8

1. Auflage 2010

Mankau Verlag GmbH

Postfach 13 22, D - 82413 Murnau a. Staffelsee

Im Netz: www.mankau-verlag.de

Internetforum: www.mankau-verlag.de/forum

Lektorat: Ulrich Nigge, Lünen

Endkorrektorat: Dr. Thomas Wolf, MetaLexis

Gestaltung Umschlag: Hilden-Design, München

Gestaltung Innenteil: Heike Brückner, Grafikstudio, Regensburg

Druck: Bercker Graphischer Betrieb GmbH & Co. KG, Kevelaer

E-Book: Satzweiss.com Print Web Software GmbH

Hinweis des Verlags

Der Autor hat bei der Erstellung dieses Buches Informationen und Ratschläge mit Sorgfalt recherchiert und geprüft, dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr; Verlag und Autor können keinerlei Haftung für etwaige Schäden oder Nachteile übernehmen, die sich aus der praktischen Umsetzung der in diesem Buch dargestellten Inhalte ergeben. Bitte respektieren Sie die Grenzen der Selbstbehandlung und suchen Sie bei Erkrankungen einen erfahrenen Arzt, Psychologen oder Heilpraktiker auf.

Inhalt

Vorbemerkung: Wozu und für wen ist dieses Buch?

9

I. Einführung

13

Kann man Erziehung rückgängig machen?

15

II. Menschenkenntnis

19

Was ist das Bestreben des Menschen?

24

Grundpersönlichkeit und Charakter

26

Ihr Einfluss beginnt im Mutterleib

28

Tierkreiszeichen – festgelegte Persönlichkeitsmerkmale?

31

Erworben und veränderbar: Der Charakter

46

Konditionierungen und Verhaltensmuster

49

Suggestionen – Trojanische Pferde im Kopf

55

III. Erziehung

59

Die Jugend von heute

59

Was ist Erziehung?

61

Die „Eimerkette“ der kulturellen Altlasten

66

Sie programmieren Seelen!

69

Der größte Feind Ihrer Kinder sind Sie selbst!

71

Auch „liebe“ Eltern können schaden

74

Die Motivationsfalle: Belohnung macht abhängig!

80

„Kevinismus“ oder: Nomen est Omen

83

Erziehungsfaktor Geschwisterkonstellation

88

Psycho-Test: Sind Sie ein gutes Vorbild?

95

IV. Stressfrei begleiten und fördern

101

Neue Erziehungsziele

102

1) Erwachsensein – mündig und verantwortlich

102

2) Kontextuelles Denken

104

3) Risikobereitschaft – Angstfreiheit – Selbstsicherheit

108

4) Frieden und Respekt

110

Reinlichkeitserziehung

113

Sexualerziehung

115

Vorsicht Falle: Geschlechterrollenerziehung

118

Glaubenserziehung

121

Lügende Kinder – wenn die Wahrheit zum Nachteil wird

123

„Der oberste Richter“ ... und wie man ihn wieder loswird!

127

Familie ist eine Burg

129

DOs and DON’Ts der Erziehung

132

Einfach mal cool bleiben

138

Gesundheitserziehung

141

Erkältung – Aberglaube aus der Kindheit

142

Belohnen Sie Ihre Kinder nicht fürs Kranksein

146

Essen, Naschen und Rauchen

148

Finanz- und Erfolgserziehung

153

Den eigenen Eltern verzeihen

158

V. Live aus der Praxis

161

Schülercoaching

161

ADHS – Zu gewollt ist auch daneben

171

Burnout-Syndrom: Sich brav halbtot arbeiten

175

Allergie gegen den eigenen Vater II

178

Erziehungsfolge Krebs

184

VI. Kindergeschichten

189

Andreas Winter: Der kleine Bach

190

Karin Fischer: Ella und Lisa oder: Wir ernten, was wir säen

197

Ricardo Steding: Marie Mäuschen ist krank

200

Bernhard Reicher: Grashalm und Eiche

203

Nachwort

209

Danksagung

211

Ausbildung zum Gesundheitsberater

212

Weitere Bücher aus der Reihe „Der Psychocoach“

213

Vorbemerkung

Wozu und für wen ist dieses Buch?

Dieses Buch ist kein Erziehungsratgeber! Sie bekommen von mir keine Tipps, keine Ratschläge und keinen Leitfaden, um Kinder zu erziehen. Vielmehr möchte ich aufdecken, wie Erziehung funktioniert und welche unbewussten Einflüsse das Eltern-Kind-Verhältnis beeinträchtigen können; zudem will ich Ihnen eine Hilfestellung geben, damit Sie von Ihren Kindern als „Entwicklungshelfer“ und nicht als „Problemerzeuger“ wahrgenommen werden.

Meine Buchreihe „Der Psychocoach“ behandelt Themen der Bereiche Gesundheit und Verhalten aus tiefenpsychologischer Sicht. Sie zeigt Ihnen Aspekte des Lebens, die Ihnen vielleicht zunächst etwas fremd vorkommen mögen. Daher hoffe ich, Andreas Winter, auf Ihre vorbehaltlose wissenschaftliche Offenheit und Neugier. Es wird manchmal ein unbequemes Lesen, und Sie werden womöglich im Anschluss Ihre eigenen Eltern in einem völlig anderen Licht sehen. Ich werde Ihnen in diesem Buch eine Menge abverlangen, doch es lohnt sich!

In meinem Institut Powerscout Wellness Coaching arbeite ich mit Analysen und Reflexionen, um unterbewusstes Verhalten und Empfinden bewusst zu machen. Diese Arbeit ermöglicht es unseren Kunden aus der ganzen Welt, sich aus schädlichen Verhaltensmustern und damit sogar von körperlichen Symptomen zu befreien. Uns suchen Menschen auf, die wissen, dass Tabletten, Skalpelle und monatelanges Drumherumreden nicht die Ursachen einer Störung beheben, sondern nur vorübergehend deren Symptome.

Nun gehört es in unserem Kulturkreis noch immer nicht zum selbstverständlichen Allgemeinwissen, dass es unterbewusste Gedanken gibt, die im Grunde unseren verborgenen Bedürfnissen und Glaubenssätzen entsprechen und unser Verhalten steuern. Wir erkennen oftmals nicht unsere Entscheidungsfreiheit und damit unsere eigene Verantwortung für unser Leben. Sondern wir neigen viel eher dazu, uns über unser Verhalten zu ärgern, uns dafür zu schämen, andere oder sogar uns selbst zu hassen, anstatt dieses Verhalten einfach zu ergründen und gegebenenfalls entsprechend zu ändern. Doch spätestens dann, wenn unsere eigenen Gedanken nicht nur uns selbst, sondern sogar anderen schaden, sollten wir die Gelegenheit ergreifen, unseren geistigen Horizont zu erweitern und die problematische Lebensweise damit zu regulieren. Hierfür braucht man übrigens weder Disziplin noch gute Vorsätze, sondern lediglich ein paar Erkenntnisse.

Am Ende des Buches finden Sie eine rund 30-minütige Audio-CD, die Ihnen hilft, das Gelesene auf emotionaler Ebene nachzuvollziehen, damit Sie es im Alltag auch umsetzen können. Diese CD enthält ein Coachingprogramm. Ich verwende darin keine Suggestionen oder Informationen unterhalb der bewusst hörbaren Wahrnehmung (Subliminals), sondern arbeite einzig mit Ihrem wachen Verstand und Ihrer Vorstellungskraft. Hören Sie sich diese CD nach der Lektüre des Buches ganz bewusst an. Stellen Sie sich idealerweise dabei vor, ich würde tatsächlich mit Ihnen reden und Ihnen Fragen stellen, auf die Sie mir hörbar antworten. So erzeugen Sie den größtmöglichen Effekt an Bewusstmachung – ähnlich einem Coaching-Gespräch.

Dieses Buch richtet sich einerseits an Menschen, die noch Eltern werden wollen, andererseits an „praktizierende“ Eltern, in jedem Falle aber auch an Menschen, die einmal Eltern hatten, also an Sie alle. Ich möchte Sie zum Nachdenken anregen und zum Verstehen Ihrer eigenen Eltern einladen, weil ich glaube, dass die meisten Konflikte auf Missverständnisse zurückzuführen sind. Ich bin wirklich ganz fest der Ansicht, dass Menschen, die sich der Aufgabe des Elternseins stellen, größten Respekt verdienen; und Menschen, die sich durch diese Aufgabe überfordert fühlen, sollten eine Chance zur Vergebung bekommen. In diesem Buch, in meinen Coachings, Seminaren und Vorträgen versuche ich stets, beide Seiten einer Medaille zu beleuchten, weil ich denke, dass es keine absolute Wahrheit gibt, sondern nur Standpunkte. Die Sichtweisen und Argumente der Kinder zu verdeutlichen und transparent zu machen, ist die Aufgabe, der ich mich hier stellen möchte.

II. Menschenkenntnis

Erinnern wir uns also gemeinsam daran, was wir einmal waren: ein ganz normaler Mensch mit all seinen Emotionen und Bedürfnissen. Es gibt uns als Gattung der Hominiden nun seit über sechs Millionen Jahren und als Spezies seit etwa 200.000 Jahren. Seit rund 10.000 Jahren haben sich Körperbau und Erbanlagen nicht nennenswert verändert. Wir Menschen sind die wohl hand-lungsfähigste Spezies auf der ganzen Erde, denn dank des aufrechten Ganges haben wir die Hände frei – und an diesen je einen Daumen, den wir den anderen Fingern gegenüberstellen können. Somit sind wir in der Lage, sehr differenziert zu greifen. Unser hochkomplexes Sprach- und Mitteilungsvermögen ermöglicht uns eine sehr vielschichtige Kommunikation, die weit über die aktuellen Befindlichkeitswahrnehmungen hinausgeht. Tierische Kommunikation ist auf aktuelle Anlässe begrenzt. Philosophieren, strategisches Lügen, prognostisches Kommunizieren und das Schwelgen in Erinnerungen scheinen nur uns Menschen vorbehalten zu sein. Wir können – wahrscheinlich als einzige Art – auf die sofortige Befriedigung unserer Bedürfnisse verzichten, zugunsten eines späteren, höheren Zieles. Das macht uns zu den wohl einzigen Geschöpfen auf der Erde, die aktiv Frieden herstellen können. Ich wiederhole das, weil es vielleicht etwas ungewöhnlich erscheint:

Wir Menschen mögen vielleicht über die ausgefeiltesten Kriegstechniken verfügen und können den Planeten tausendfach in die Luft sprengen. Aber wir, der Homo sapiens, haben als einzige Art durch Vorausschau auf die Zukunft (Antizipation) und Einfühlung in die Beweggründe des anderen (Empathie) die Fähigkeit, Feindschaft zu beenden, auf Kampf zu verzichten und aktiv Frieden zu schließen.

Dass wir diese Fähigkeiten noch nicht sämtlich nutzen, hat vermutlich denselben Grund wie die Tatsache, dass wir nicht alle Klavier spielen, mathematische Gleichungen ausrechnen oder sechs Fremdsprachen sprechen: Wir wissen gar nicht, dass wir das können, weil niemand diese Fähigkeiten in uns geweckt und kultiviert hat. Aber eigentlich können wir praktisch alles, was wir uns vornehmen. Zu diesem Zweck haben wir ein unglaublich leistungsfähiges Gehirn – einen „Hochleistungs-Großrechner aus Wasser“. Es kümmert sich um sämtliche Zellen und Funktionsvorgänge im Körper und schläft nie! Dennoch ist das Gehirn der am meisten unterschätzte Körperteil. Es ist unsere Kommandozentrale und kann alles veranlassen, was wir für möglich halten. Dies geschieht mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit, die jeden noch so leistungsfähigen PC um das X-Tausendfache übertrifft. Daher können wir innerhalb von Sekundenbruchteilen herausfinden, ob uns ein Mensch bekannt vorkommt, sympathisch erscheint und wir seine Stimme mögen. Das schafft kein Computer – aber sogar ein Kind kann dies mühelos.

Ebenso unvorstellbar hoch wie seine Rechenleistung ist die Speicherkapazität des menschlichen Gehirns. Auf CD-ROM gebrannt würden diese Daten einen Turm von rund 6,8 Millionen CDs mit 16 Kilometern Höhe und einem Gewicht von mehr als 1,2 Tonnen ergeben. Hinzu kommt, dass unser Gehirn vermutlich noch nicht einmal das einzige menschliche Datenverarbeitungsorgan ist. Nicht nur, dass unser gesamter Magen-Darmtrakt von einem Nervengeflecht umhüllt ist und seine eigenen Verdauungsregeln erstellt – sogar unser Herz, so glauben Neurobiologen, arbeitet autonom und kann in gewissem Rahmen „Entscheidungen“ zur Regulierung des Organismus fällen. Aber um Ihnen auch den allerneuesten Stand der Hirnforschung mitzuteilen: Wahrscheinlich ist unser Gehirn sogar in der Lage, auch ohne die Hilfe unserer Sinnesorgane Informationen „einzufangen“. Das bedeutet nichts anderes, als dass wir alle die Fähigkeit zur Wahrnehmung des physikalisch noch nicht Messbaren haben. Orientierung im Dunkeln oder das Registrieren von Gefahr gehören genauso dazu wie auch Vorahnungen von Tod oder Krankheit von Verwandten. Auch das Erdmagnetfeld wird vom Menschen unbewusst erspürt. Ob wir diese Fähigkeiten nutzen und trainieren, hängt selbstverständlich von Glauben, Kultur, Förderung, Interesse und Selbstsicherheit ab.

Es heißt, mit seinen Nervenzellen sei das Gehirn fähig, mehr Schaltstellen zu bilden, als Atome im Weltall sind, also fast unendlich viele. Bei jeder einzelnen gedanklichen Aktivität verschaltet unser Gehirn immerzu weitere neuronale Zellen. Hierdurch wird Denken und Lernen erst möglich. Über den genauen Grund für diese Verschaltungen herrscht in der Wissenschaft noch tiefe Dunkelheit. So gilt derzeit noch als unerklärlich, warum nicht alle Nervenzellen in einer Kettenreaktion plötzlich zusammenklumpen. Was „dosiert“ die Verschaltungen? Warum verbinden sich unsere Gehirnzellen nur unter bestimmten Umständen? Warum lernen wir nicht alle Wörter dieses Buches inklusive Seitenzahlen auswendig, so wie ein Computer es könnte? Die Antwort darauf bekommen wir, wenn wir davon ausgehen, dass ein Mensch das Bestreben nach Verwirklichung seiner eigenen Absicht, gemäß seiner Persönlichkeit hat: Die individuelle Bedeutung ist die Erklärung. Warum soll jemand die einzelnen Wörter auswendig lernen, wenn ihm dies keinen Verwirklichungsvorteil bringt? Was das Gehirn beim Lesen verschaltet, ist der Sinn eines Buches. So erlernen wir beispielsweise unsere Muttersprache wesentlich leichter und schneller als eine Fremdsprache, weil wir von unseren Eltern verstanden werden wollen. „Relevanz“ oder auch „Interesse“ heißt also dieser Filter des Bewusstseins.

WennSie einem Kind etwas beibringen wollen, so muss es darin, dass es lernt, einen spürbaren Vorteil erkennen.

Was dieses Wunderwerk Gehirn noch so alles kann, habe ich in einigen meiner früheren Bücher ausführlicher beschrieben. Halten wir nur fest: Ein Mensch ist nicht dumm – im Gegenteil, er ist unglaublich lern- und speicherfähig. Er behält sein Leben lang alles Gelernte – und wenn er einen Fehler macht, so hat das immer einen Grund.

Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Ein Kind macht sich morgens fertig für die Schule. Es hat etwas verschlafen und ist somit spät dran. In hektischer Eile rennt es los und bemerkt erst kurz vor dem Eintreffen am Schulgebäude, dass es seinen Turnbeutel vergessen hat. Da in der ersten Stunde Sport unterrichtet wird, muss es nun noch einmal zurücklaufen und ist somit noch später im Unterricht. Das Vergessen des Beutels ist also scheinbar ein dummer Fehler. Doch diese Fehl-leistung kommt dadurch zustande, dass offenbar ein anderer Gedanke seinen „emotionalen Hauptspeicher“ blockiert hat, etwa die Ausrede, warum es zum wiederholten Male zu spät zur Schule kommt. Die Angst vor einem Urteil, vor Kritik und Zurückweisung, also vor der Einschränkung seiner Verwirklichungsabsicht, blockiert rationales Verhalten.

Unser Gehirn macht nicht nur keine Fehler und arbeitet Aufgaben in der Reihenfolge der Wichtigkeit ab, sondern es legt auch diese Reihenfolge nach der emotionalen Bedeutung fest. Wir vergessen, wenn wir das Haus verlassen, vielleicht den Turnbeutel, ja sogar den Haustürschlüssel, aber niemals unsere Kleidung – zu wichtig erscheint es uns, auf der Straße bekleidet zu ein, als dass wir darauf verzichten würden, selbst wenn wir es sehr eilig haben. Nur wenn beispielsweise das Haus brennt, ist die Rettung des eigenen Leben so wichtig, dass wir auf den Großteil der Kleidung bewusst oder in Panik verzichten – sie aber im eigentlichen Sinne nicht vergessen. Was nun die größte emotionale Bedeutung hat, richtet sich danach, ob das aus den Gedanken und Gefühlen resultierende Verhalten uns in unserer Absicht, unserem Bestreben weiterbringt oder blockiert. Blockaden meiden wir nach Möglichkeit.

Jegliches Verhalten folgt auf ein vorhergehendes Ereignis, ist somit erklärbar und zu verantworten – alles, was ein Mensch tut, hat immer einen Grund. Ihr Kind vergisst nichts. Es interessiert sich nur deswegen nicht für bestimmte Dinge, weil es entweder deren Bedeutung nicht erfasst oder sie aus Angst verdrängt. Wie schon gesagt, sicher sind Sie noch nie unbekleidet auf die Straße gegangen; wahrscheinlich haben Sie auch noch nie versehentlich Ihren Vornamen mit einem anderen verwechselt. Daran sehen Sie, dass die wirklich wichtigen Dinge vom Gehirn nicht überlagert werden, sondern nur Dinge von Relevanz zweiter Ordnung.

Doch was ist wichtig? Wonach richtet sich unser Verhalten aus?

Was ist das Bestreben des Menschen?

Überlegen Sie bitte einmal: Warum spielt jemand Lotto, obwohl die Gewinnchance verschwindend gering ist? Warum bringt ein Mensch sich oder andere um? Warum raucht ein Mensch, obwohl er weiß, dass der Qualm ihn krank macht, und warum schwänzt ein Schüler den Unterricht? Warum wird jemand depressiv und warum bekommt ein anderer vor Überarbeitung einen Herzinfarkt? Dass Menschen nicht dumm sind, haben wir im vorhergehenden Kapitel geklärt. Also was ist der logische und nachvollziehbare Grund für solches Verhalten?

Es gibt eine einzige Antwort auf alle diese Fragen.

Sie lautet: Weil ein Mensch bestrebt ist, seine eigene Absicht möglichst widerstandsfrei zu verwirklichen.

Der Wiener Arzt und Pionier der Individualpsychologie, Alfred Adler (1870 – 1937), beschrieb dies bereits in Ansätzen und nannte es „das Streben nach Macht“. Auf diesem Streben gründe, so Adler, jegliches menschliche Verhalten, ob pathologisch oder gesellschaftskonform. Da der Begriff „Macht“ bei uns Deutschen oft leider mit „Machtmissbrauch“ gleichgesetzt wird, obwohl „Handlungsfähigkeit“ eher das passende Synonym wäre, möchte ich für Adlers Beschreibung den etwas wertneutraleren Ausdruck „Algorithmus der Psyche“ verwenden. Diese Grundformel macht menschliches Verhalten so berechenbar wie das Wetter: noch nicht sehr exakt, aber zunehmend vorhersagbarer.

Die eigene Absicht möglichst widerstandsfrei zu verwirklichen, erklärt die menschliche Vorliebe für Fernbedienungen, Distanzwaffen, Autos, Werkzeuge und alles, mit dem man mit geringem Aufwand eine große Wirkung erzeugen kann. Hierbei wird die Absicht (ich will zum Spielplatz) durch die Persönlichkeit bestimmt und der subjektiv empfundene Widerstand (ich muss erst meine Hausaufgaben machen) durch den Grad der Entfaltungsmöglichkeit.

Zur Verwirklichung einer Absicht stehen dem Menschen drei verschiedene Strategien zur Verfügung: die Offensive, die Defensive und die Akzeptanz. Das bedeutet, entweder begegnet man dem Widerstand mit Gegendruck, mit Rückzug oder mit Diplomatie. Kinder haben nur die ersten beiden Strategien zur Verfügung. Bei Einschränkungen reagieren sie entweder mit Trotz und Protest oder Kuschen und Schmollen. Beide Strategien tragen selbstverständlich nicht zur Lösung eines Konfliktes bei, sondern dienen lediglich dem Vermeiden von Grenzberührungen. Als Grenze bezeichne ich alles, was vom Menschen subjektiv als Widerstand empfunden wird: Ablehnung, Unvermögen, Hinderung und dergleichen. Welche Strategie letztlich bei welcher Art von Grenze zur Anwendung kommt, entscheidet der Charakter.

Grundpersönlichkeit und Charakter

Grundsätzlich unterscheide ich zwischen erworbenen und fixen Eigenschaften, also zwischen dem frei variablen Charakter und der nicht veränderbaren, sondern nur entwicklungsfähigen Grundpersönlichkeit. Sie können einem Kind beibringen, wie es sich verhalten soll (Charakter), aber nicht, wie es sich dabei zu fühlen hat (Grundpersönlichkeit). Diese Unterscheidung ist insofern angebracht, als durch die Persönlichkeit des Menschen seine Absicht definiert wird – und diese zu verwirklichen trachtet er stets.

Sehen wir uns doch einmal an, wie Persönlichkeit und Charakter bestimmt oder beeinflusst werden.

Ein Mensch hat ein hochdifferenziertes Verhaltensrepertoire zur Verfügung. Es gibt wahrscheinlich keine Reaktionsvariante, die ausgeschlossen ist. Ob sich ein Kind über ein Geschenk freut, ärgert oder es ignoriert, ob es bei einer Schulhofschlägerei mitmacht, schlichtet oder weggeht und petzt – alles ist denkbar. Menschen aller Epochen waren sich dessen bewusst und versuchten, Charaktertypologien zu erstellen. Doch grundsätzlich ist jegliches Verhalten eine Folge aller Einflüsse, denen ein Mensch unterliegt – und die beginnen bereits, bei und kurz nach der Zeugung auf das Kind einzuprasseln. Der Mensch sammelt dabei alle Eindrücke und sortiert sie unterbewusst nach den Kriterien „Absicht“, „Widerstand“, „Effekt“ und den Oberbegriffen „Interesse“ und „Bedeutung“ (Relevanz). Meiner Erfahrung nach liegt der überwiegende Teil aller zwischenmenschlichen Konflikte darin begründet, dass wir weder uns noch unser Gegenüber kennen und korrekt einschätzen können. Genau das ist der Punkt, warum das oben erwähnte psychologische Werkzeug des „Reframing“ eine solch hohe Effizienz hat: Dieselbe Situation aus der Sichtweise der Gegenseite zu betrachten erzeugt eine andere Meinung und damit auch ein anderes Verhalten. Mit diesem erweiterten Bewusstsein über die Motive des vermeintlichen Kontrahenten stehen bei einem Konflikt nun alternative Möglichkeiten offen. Stellen Sie sich vor, Sie wüssten plötzlich genau, warum Ihre Eltern Sie damals ungerecht behandelt haben, begreifen nun also deren Sichtweise, dann ändert sich auch das bisherige Empfinden. Angenommen, Sie wünschten sich als fünfjähriges Kind ein bestimmtes Spielzeug, das Sie aber trotz Bitten, Betteln und Bravsein einfach nicht bekommen haben. Ihrem kleinen Geschwisterchen aber wurde drei Jahre später so gut wie jeder Wunsch quasi von den Augen abgelesen und erfüllt – für Sie damals unverständlich. Wenn Sie nach intensivem Einfühlen in die Motive der Eltern herausfänden, dass diese womöglich aufgrund ihrer damals schlechten finanziellen Lage sparen mussten, Ihnen gegenüber jedoch ein solch schlechtes Gewissen hatten, dass sie es beim nächsten Kind einfach besser machen wollten, dann ändert das augenblicklich Ihr Denken und Fühlen angesichts des vermeintlichen Unrechts. Was vorher unfair erschien, wird nun nachvollziehbar, logisch und damit verzeihbar. „Denkst du anders, lebst du anders“, sage ich dazu. So erleben wir in der Kindheit viele Dinge, die uns beeinflussen, aber nicht für immer und ewig prägen müssen. Unser Charakter ist formbar – in die eine, aber auch in die andere Richtung.

Wie komplex Persönlichkeit und Charakter sein können und wodurch sie zustande kommen, habe ich erstmals in meinem Buch „Liebe, Sex und Partnerschaft“ beschrieben. Hier möchte ich aber noch ein paar für die „Kindesbegleitung“ wesentliche Punkte vertiefen.

Ihr Einfluss beginnt im Mutterleib

Bereits in der dritten Schwangerschaftswoche – zu dieser Zeit weiß eine Mutter meist noch gar nicht, dass sie überhaupt schwanger ist – beginnt unser Herz zu schlagen und unsere ersten Nervenzellen entwickeln sich. Mit Letzteren sind wir in der Lage, chemische Unterschiede aus dem mütterlichen Blut in unserer Umgebung zu registrieren. Allerdings gibt es in der Gebärmutter noch nicht allzu viele spürbare Unterschiede – es ist für den Follikel immer einigermaßen gleich warm und gleich dunkel. Doch ab diesem Zeitpunkt ist der kleine Zellknubbel, der zweieinhalb Wochen später unser Nervenzentrum ist, bereits in der Lage zu spüren, ob sich Stresshormone, Glückshormone, Schlafhormone oder etwa Drogen in seiner Umgebung befinden. Das Kind tritt in Interaktion mit dem mütterlichen Körper. Es beginnt, im weitesten Sinne, zu denken!