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Aus der Fußgängerzone einer nordhessischen Kleinstadt wird die große Bronzestatue eines historischen Nachtwächters gestohlen. Ein Schrotthändler vom Balkan wird tot aufgefunden. Die Polizei ermittelt wegen Mordes und gegen Tatverdächtige des organisierten Metalldiebstahls in der Region. Privatdetektiv Dr. Kröger findet Spuren in der nordhessischen Kunstszene und gerät selbst in ein Kunstprojekt, das Studierende mit der Nachtwächterfigur realisieren.
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Seitenzahl: 126
Veröffentlichungsjahr: 2020
1.Ein Telefonat
Im Café »Mama Luigi«
Kröger ermittelt
Begegnung im Stadtarchiv
Rollenspiel
Kombination im Döner-Imbiss
Beratung im Polizeipräsidium
Susanna und der Dolmetscher
Der Oberst informiert
Digital und analog zum Gutshof
Mit der Kripo zum Tatort
Spiel
Eine Performance
Geständnis
Gute Nachrichten
Gute Presse
Personenverzeichnis
Dr. Willi Kröger, pensionierter Archäologe, freier Privatdetektiv
Susanna Kröger, Rechtsreferendarin und Tochter Guido Walkner, Mitarbeiter der Detektei Fuchser
Stefan Starowitz, Oberst a.D. (DDR), Inhaber der Detektei Fuchser
Willi Rommegge, Datenfachmann und Namensforscher
Gerda Huveisen, Sekretärin im Stadtarchiv
Lydia Kranack, Kunststudentin (Wien)
Adam Zenn, Kunststudent (Kassel), gebürtig aus Siebenbürgen
Jerwin Euronescou, Schrotthändler aus Rumänien
Magda Morani, Lebensgefährtin des Schrotthändlers
Radu Logan, Gehilfe und Neffe des Schrotthändlers
Wolf Verding, Kriminalhauptkommissar
Jochen Bröhne, Polizeidirektor
Moritz Lecksus, Staatsanwalt
Kevin Drusche, Polizeimeister
»Immer noch keine Spur von gestohlener Bronzefigur – Polizei ermittelt vergeblich gegen Metalldiebe in NRW« titelte die Lokalzeitung.
Der schon frühzeitig in Rente gegangene Archäologe Dr. Willi Kröger legte das Blatt mit einem leichten Seufzer vor sich auf den kleinen Küchentisch.
Es war ein diesiger Mittwochmorgen im September. Er stand auf, stellte das Teegeschirr auf die Spüle und wollte sich gerade fertigmachen, um seine bescheidene Zweizimmerwohnung im östlichen Viertel der nordhessischen Kreisstadt zu verlassen, als sein Telefon läutete.
»Guten Morgen Papa«, vernahm er die Stimme seiner einzigen Tochter.
»Hallo Susanne!« Er freute sich immer riesig, wenn sie anrief. »Meine Rechtsreferendarin«, nannte er sie - stolz und liebevoll zugleich. Dabei vergaß er immer wieder, sie bei ihrem korrekten Namen Susanna zu rufen. Er freute sich so sehr, weil er wieder die Gelegenheit hatte, etwas aus ihrem juristischen Ausbildungsalltag zu erfahren. Sie war zurzeit bei der Staatsanwaltschaft in Kassel.
»Was gibt ’s? Ich wollte gerade in die Stadt gehen und mich mit meinem Kollegen Walkner treffen. Danach bin ich im Stadtarchiv.«
»Na, dann will ich dich nicht aufhalten, Papa. Ich hab ’ne kurze Pause. Ich muss sowieso gleich wieder rein und an die Leiche. Wir sind zu viert, der Mediziner, mein Staatsanwalt und ein Kommissar der Kripo.«
»Nun mal langsam, Kind. Natürlich habe ich für dich Zeit. Was? Wohin gehst du? An eine Leiche?«
»Ja, genau. Der Staatsanwalt, dem ich jetzt auf meinem Ausbildungsabschnitt zugeteilt bin, hat mich zu einer Leichenöffnung mitgenommen - freiwillig natürlich. Da Kassel kein eigenes gerichtsmedizinisches Institut hat, werden die Obduktionen immer am Klinikum der Uni gemacht, und zwar in der dortigen Pathologie.«
»Und deshalb bist du jetzt im Kasseler Klinikum. Und du »besuchst« da eine Leiche?«
»Etwas gruselig, nicht?«, antwortete sie mit leicht keckem Unterton. »Wenn es dir nicht zu schlimm ist, erzähl ich dir schnell ’was.« -
»Nun schieß schon los, Susi!«
Papa Kröger konnte es kaum erwarten, was sie weiter berichten würde.
»Also, Papa, jetzt kriegst du endlich deine Leiche, damit aus deinem Kriminalroman ’was wird.«
»Susanne, nimm mich doch nicht auf den Arm! - Ja, mein Projekt `Kriminalroman´. Bis jetzt bin ich aber immer noch überwiegend meinem eigentlichen Hobby treu: Heimatkunde und Stadtarchiv, alles ehrenamtlich, versteht sich...«
»Ja, Papa, das Ehrenamtliche steht dir gut. Und der einzige Kriminalfall, über den du bisher geschrieben hast, handelt vom Tod eines mittelalterlichen Nachtwächters während der Schülerrebellion von 1589 am Landesgymnasium.«
Sie schwieg kurz und er fragte sich, ob sie das leicht ironisch meinte und ihn dafür kritisieren wollte, dass er sich in seinem Leben das Geldverdienen nie als erstes Ziel gesetzt hatte.
Er machte, als ob sie ihn sehen könnte, eine leicht wegwischende Handbewegung und wurde ungeduldig, denn er wollte jetzt mehr von ihr wissen: »Ja, ja, aber was ist denn nun mit deiner Leiche?«
»Nicht meine Leiche, Papa, sondern ein Fall der Mordkommission. - Also, wir drei, der Staatsanwalt Lecksus, Kriminalhauptkommisar Verding und ich kommen in der Pathologie an. Da stellt sich ein grauhaariger alter Mann vor, ein Mediziner von der Uni, pensionierter Professor - Personalmangel, du verstehst schon. Heutzutage legt der Staat die Arbeit auch in die Hände von Rentnern. Ein sehr freundlicher Herr.«
»Susi, es heißt bei Professoren nicht `pensioniert´, sondern `emeritiert´«, warf Kröger ein.
»Klar doch«, fuhr sie fort, ohne den Faden zu verlieren. »Ein sehr netter Pensionär. Zuerst erklärt er uns kurz, was wir nun erleben sollten. Und schon öffnete ein Assistent die Kühlkammer und zog einen Toten raus, über den ein Tuch gedeckt war.
Ich musste mich fragen: `Hältst du das aus oder haust du jetzt ab?´
Ich bin geblieben, fühlte mich gut dabei. Drei andere Referendare, die mit mir in der Ausbildungsgruppe sind, haben gekniffen, als man sie fragte, ob sie eine Obduktion sehen wollten.«
»Sie ist ein Kämpfertyp«, dachte Kröger.
»Und weiter?«, fragte er ungeduldig.
»Der Mediziner machte die sogenannte äußere Leichenschau und erläuterte ganz professionell: `Unser Toter hat schwarze Haare, südländischer Typ, ca. 50 Jahre alt.
Zahlreiche Merkmale von Gewalteinwirkung, vor allem am Kopf. Die Kleidung ramponiert, überall Spuren eines Kampfes.´«
Kröger war beunruhigt, ja, leicht empört und fragte sich, warum ausgerechnet seine Tochter so etwas Unangenehmes erleben musste.
Die aber erzählte schon munter weiter:
»Dann war der Kommissar Verding an der Reihe und teilte mit etwas rauer Stimme mit, dass es sich um einen Schrotthändler aus Rumänien handelte.
`Wir haben ihn auf dem Parkplatz neben der Autobahnraststätte in Diemelstadt gefunden, direkt vor seinem Kleinlastwagen und neben einer Abfalltonne.´«
Dr. Kröger war wie elektrisiert, als er das hörte: »Was sagst du da, Susanne? Ein rumänischer Schrotthändler? Auf Deutsch gesagt, ein äh, äh Sinti oder Roma? Ein Schrotthändler?«
»Warum regt dich das so auf, Papa, hat er bei dir Schrott gesammelt, oder was?«
»Nein Susi, vielleicht hat er aber etwas mit den Metalldieben zu tun, die hier in letzter Zeit aktiv sind. Die ganze Stadt redet nur noch vom Metalldiebstahl. Die schöne Bronzestatue, das Abbild eines historischen Nachtwächters in der Fußgängerzone, ist seit letzter Woche verschwunden. Zuerst dachte man, die Stadt hätte sie wegen irgendeiner Baumaßnahme weggenommen. Aber dann stand es ganz groß in der Zeitung: Die Nachtwächter-Figur wurde vermutlich Opfer eines Metalldiebstahls.«
Susanna war sekundenlang sprachlos. Dann redete sie los. Da war nichts mehr übrig von der durch das Jurastudium geformten trockenen und rationalen Ausdrucksweise. Frei von der Leber weg empörte sie sich mit den Worten:
»Was? Das geht jetzt aber an die Substanz. Als Kind bin ich immer auf den blanken Bronzehunden vor der Nachtwächterfigur ’rumgerutscht und habe seine Welpen getätschelt. - Diese verdammten Metalldiebe, bestimmt Kriminelle vom Balkan!« - Pause.
Kröger nickte, wobei er vergaß, dass sie ihn ja am Telefon gar nicht sehen konnte. Er hörte sie weitersprechen:
»Gerade habe ich in der Osnabrücker Zeitung gelesen, dass in Alfhausen vier Bronzetafeln von einem Denkmal abmontiert wurden. Die Tafeln erinnerten an die Toten und Gefallenen des Zweiten Weltkriegs.
Überschrift in der Zeitung: Metalldiebe stehlen Bronzetafeln – Polizei hofft auf Zeugen. Auch von Metalldiebstählen auf Friedhöfen habe ich gehört. Aber dass sie jetzt sogar an die Bronzestatuen in den Fußgängerzonen rangehen!«
Kröger bemerkte sachlich: »Ich nenne das organisierte Kriminalität. Und die Zeitungsüberschrift ist treffend: `Die Polizei hofft.´ Noch nicht einmal über die Grenzen der Bundesländer hinweg sind ihre Computer so vernetzt, dass sie problemlos und schnell fahnden können.
Zurück zu unserem Nachtwächter: Der ist weg, aber seine beiden Hunde, auf denen du als Kind so gerne wie zum Reiten gesessen hast, sind noch da.«
Er machte eine Pause, weil er dachte, seine Tochter wollte dazu etwas sagen. Aber er hörte nur, wie sie gerufen wurde: »Frau Kröger, wir sind so weit, kommen Sie mit?«
Klar, ihre Pause war zu Ende, was sie umgehend betätigte: »Hast du gehört, Papa? Es geht jetzt weiter mit der Leichenschau. Tschüss.«
In Krögers Ohr klangen die Worte seiner Tochter noch nach: »...weiter mit der Leichenschau.«
Er stellte das Telefon langsam zurück in die Ladeschale, nahm seinen dunkelblauen Lodenmantel von der Garderobe, zog ihn umständlich an, setzte die Baskenmütze auf, griff sich die abgewetzte Aktentasche aus Rindsleder und verließ seine - ganz altersgerecht im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhaus gelegene – praktische und preiswerte Wohnung .
Krögers Fußweg dauerte nur etwa acht Minuten. Er ging vorbei an der Reifenfabrik und weiter am Bahnhof durch die Unterführung. Dann war er in der Fußgängerzone und erreichte das italienische Eiscafé »Mama Luigi«.
Er liebte die italienische Aussprache des Namens. Wiederholt hatte er mehreren seiner Freunde oder Bekannten gesagt: »Bitte die korrekte Aussprache »Lu-i-dschi«. Es klang ihm unmöglich, wenn jemand »Lu-i-g-i« mit deutschem G wie in Gustav sagte.
Als er die Tür öffnete, sah er, dass sein Kollege Walkner schon da war. Er saß am großen Fenster des Cafés und musterte aufmerksam die in der Fußgängerzone vorbei schlendernden Passanten.
Walkner war der in Teilzeit beschäftigte Angestellte der Detektei Fuchser, die im vierten Stock des gegenüberliegenden großen Geschäftshauses aus den siebziger Jahren ihre Büros hatte.
Beim Betreten des Cafés hatte Kröger das freundliche »Buon Giorno« der Wirtin mit einem korrekten »Guten Morgen« erwidert, worauf sich die etwa fünfzigjährige, kräftig und resolut wirkende Italienerin auf ihre vitale und fröhliche Art zur Espressomaschine begab, sich nur noch zur Vergewisserung umwandte und über die Schulter fragte:
»Dottore, wie immer, Cappuccino?«
»Prego«, antwortete Kröger, legte Mantel und Tasche ab und setzte sich zu dem sportlich trainierten Walkner an den Tisch.
»Gu’n Morgen, Walkner. Wenn ich dich nicht durchs Fenster gesehen hätte, wäre ich verabredungsgemäß direkt zum Stadtarchiv in die Oberstadt gegangen.«
Der so Begrüßte war ein athletisch aussehender Mann mit Muskeln, etwa Ende 40, volles, dunkles Haar und markante, vom Sonnenstudio gebräuntes Gesicht.
Demgegenüber war Kröger von eher zierlicher Gestalt, schmächtig, mit faltigen, aber feinen Gesichtszügen, kahlköpfig, mit ergrauten Resten eines ehemals blonden Haarwuchses.
» ’n Morgen, Kröger«.
Walkner sah nicht auf, sondern hielt wie gebannt den Blick nach draußen gerichtet, ohne seine Beobachtung zu unterbrechen.
»Du kommst gerade richtig. Schnell, setz dich! Wenn du durchs Fenster die Fußgängerzone beobachtest, siehst du eine wichtige Person unter den Passanten. Na? Welche Person sieht das wachsame Detektiven-Auge?«, fragte er lauernd und schmunzelnd zugleich.
Auch Pedro, der spanische Kellner im Eis-Cafe von Mama Luigi, ein Gastarbeiter aus Andalusien, war zum Fenster gekommen, um sich unauffällig an der von Walkner angeregten Schau zu beteiligen.
Kröger: »Ich weiß nicht, wen du meinst. Den Mann mit der Tasche?«
Walkner schüttelte den Kopf und blickte halb verzweifelt nach oben, als wollte er um himmlischen Beistand für diese Unwissenheit bitten, vor allem bei der nächsten Fehldeutung Krögers.
»Meinst du die Verkäuferin am Kaufhaus-Eingang?«
Walkner gab mit seinem Mienenspiel den total Verzweifelten.
Kröger versuchte es noch einmal: »Oder gar die junge Frau mit den schicken Stiefeln und dem eng geschneiderten Mantel?«
Walkner kniff ein Auge zu und grinste breit:
»Na, endlich, genau die meine ich.« Kröger entgegnete etwas vorwurfsvoll:
«Warum musst du bloß immer hinter den jungen Frauen her gucken, du `Macho´?« –
»Kröger, spiel mir nicht die vornehme Pastorentochter!«, dröhnte Walkner und gab Kröger einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter.
»Gib’s doch zu, diese Frau ist einfach klasse, ihr selbstbewusster Gang. Wie sie mit den Rundungen spielt! Die blonden Haare, das hübsche, herausfordernd schauende Gesicht! Merkst du nicht, dass sich die Leute nach ihr umdrehen? Jeder sieht, dass sie etwas Besonderes ist, eine Person von Welt, eine klasse Frau, einfach geil. Sie kommt aus der Großstadt und sieht hier aus wie ein Fremdkörper – und was für einer! –, den es auf Zeit in unser Städtchen verschlagen hat.« Walkner konnte sich nicht satt sehen.
Der spanische Kellner aus Andalusien, ebenfalls in männlicher Begeisterung, vergaß seine in Deutschland von ihm verlangte Zurückhaltung und rief aus: »O, Segnorita, quisiera ser pendiente para ir colgado siempre de tus orejas. (Deutsch: Ich möchte ein Anhänger sein, damit ich immer an deinen Ohren hänge.)
»Pedro, ja, ihr Spanier wisst noch die Schönheit einer Frau zu schätzen.
Sei froh, dass du dich in deiner eigenen Sprache begeisterst. Hier bei uns wirst du verklagt, wenn du so ’was laut sagst«, kommentierte ihn Walkner und lachte.
Das war Kröger jetzt zu viel und er protestierte, allerdings nicht so, als sei er selbst ganz überzeugt:
»Schluss mit dem Spekulieren! Eine Studentin kommt zu Besuch nach Hause und schwebt beziehungsweise stolziert durch die Fußgängerzone. Schön, aber etwas Besonderes? Walkner, wir wollten doch über die Tagesaufträge sprechen!«
»Dazu kommen wir gleich«, sagte dieser wohlwollend. »Ich verstehe ja: Das mit der hübschen Frau kommt dir etwas Macho vor. Doch ich bin kein Chauvi. Du solltest wissen, dass unser Chef mit seiner Spezial-Kartei großen Erfolg hat. Für jede besonders schöne Frau, die unseren Weg kreuzt, legt er eine Karteikarte an.
Du glaubst gar nicht, wie wertvoll inzwischen diese handverlesenen Dateien auf dem altbewährten Speichermedium Karteikarte sind – weder Hackerangriff noch Stromausfall können hier einen Schaden anrichten.«
Kröger runzelte die Stirn und dachte im Stillen:
»Was redet der denn da? Ich hatte geglaubt, ich könnte den Kollegen Walkner in meinem Kriminalroman als Hauptfigur einbauen. Wenn ich ihm aber diese frauenfeindlichen oder sexistischen Sprüche in den Mund lege, kriege ich das Manuskript von jedem Verlag zurückgeschickt. Walkner ist für mich romantechnisch einfach unbrauchbar.«
Walkner hatte Luft geholt und fuhr mit seinem Vortrag fort:
»Eine extrem schöne Frau in dem kleinen Kosmos unseres Städtchens produziert Begehren, Eifersucht. Das weiß jeder. Aber auch wirtschaftlichen Erfolg. Eine schöne Frau kann Geschäfte in die Zahlungsunfähigkeit treiben; sie motiviert Kommunalpolitiker zu fragwürdigen Projekten, gibt Rechtsanwälten Brot in Scheidungssachen. Und sie hat ohne irgendein Zutun, allein durch ihre Erscheinung, die Sympathien der Menschen. Das macht sie fast unangreifbar.«
Er hob belehrend die rechte Hand mit dem Zeigefinger und fuhr fort:
»Als Detektiv musst du nur abwarten. Du musst die Person beobachten und fleißig Informationen sammeln. Irgendwann kommt jemand ins Büro und hat einen Nachforschungsauftrag. Der bringt dann richtig Geld ein. So hat es mir der Oberst verklickert.«
Kröger war verstummt, wandte aber nach einer Weile etwas zaghaft ein: »Du kannst doch nicht einfach dieses hübsche junge Ding da verdächtigen, du weißt doch gar nichts über sie.«
»Doch, Kröger, wir wissen schon, dass es Lydia Kranack, die Adoptivtochter des Immobilienmaklers Wertenbrecker in der Hessischen Alllee ist, dass sie in Wien Kunstgeschichte studiert, dass sie im Reiterverein gern gesehen ist und dass alle Männer von ihrem letzten Auftritt im Sommer reden. Da war sie mal wieder zu Hause und promenierte durchs Städtchen.«
Kröger lachte ganz kurz, weil er sich durchaus an das kleine Stadtereignis erinnerte.
Walkner war ganz schön in Fahrt gekommen und redete weiter:
»Sie trug ein so leichtes Sommerkleidchen, dass ihr Busen fast frei und unverhüllt wippte. Und dazu noch der Chapeau, ein feiner Sommerhut, knallrot. So eine Erscheinung hatte bis dahin noch niemand im Städtchen gesehen. Das wissen wir alle. Nur eines gibt mir noch ein Rätsel auf: Von wem hatte sie wohl die feinen italienischen Stiefelchen, die nur aus einer der teuersten Mailänder Schuhmanufakturen kommen konnten? Ich habe einen Blick für so ’was.«
Wieder sagte Dr. Kröger eine Weile lang nichts. Er ordnete für sich ein, was er gehört hatte, und er staunte, was Walkner alles wusste.
Dass die Detektei Fuchser Karteikarten über Personen führte, überraschte ihn dagegen nicht. Ihr Chef war ja ein ehemaliger Oberst der DDR-Staatssicherheit, der gleich nach der Wende in der Detektei Fuchser Fuß gefasst hatte. Kein Wunder also, dass man dort trotz der Computer noch auf die alten bürokratischen Methoden vertraute.
Inzwischen war Kröger etwas ungeduldig geworden und sagte: