DER RITTER VON TORN - Edgar Rice Burroughs - E-Book

DER RITTER VON TORN E-Book

Edgar Rice Burroughs

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Beschreibung

England, im 13. Jahrhundert n. Chr.: Das Land wird erschüttert durch die Machtkämpfe zwischen König Heinrich III. und Simon de Montfort. Norman von Torn ist der angebliche Sohn des Franzosen de Vac, des ehemaligen Schwertmeisters des Königs, der einen tiefen Groll gegen seinen früheren Herrn hegt und den Jungen zu einer einfachen, brutalen Tötungsmaschine mit einem Hass auf alles Englische erzieht... Der historische Roman DER RITTER VON TORN aus der Feder des TARZAB-Autors Edgar Rice Burroughs erschien erstmals 1914 als fünfteilige Serie im NEW STORY MAGAZINE; eine Buch-Veröffentlichung folgte im Jahr 1927. Der Apex-Verlag veröffentlicht DER RITTER VON TORN als deutsche Erstveröffentlichung in der Übersetzung von Dr. Helmut W. Pesch, der auch das Vorwort verfasste.

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Seitenzahl: 340

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EDGAR RICE BURROUGHS

 

Der Ritter von Torn

 

 

 

 

Roman

 

 

Apex-Verlag

Impressum

 

 

Copyright 1914 © by Edgar Rice Burroughs.

Der Roman The Outlaw Of Torn ist gemeinfrei.

Copyright dieser Ausgabe 2021 © by Apex-Verlag.

Übersetzung: Dr. Helmut W. Pesch (OT: The Outlaw Of Torn). 

Lektorat: Dr. Birgit Rehberg.

Cover: Christian Dörge/Apex-Graphixx.

Satz: Apex-Verlag.

 

Verlag: Apex-Verlag, Winthirstraße 11, 80639 München.

Verlags-Homepage: www.apex-verlag.de

E-Mail: [email protected]

 

Alle Rechte vorbehalten.

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

Der Autor 

 

DER RITTER VON TORN 

Vorwort 

Erstes Kapitel 

Zweites Kapitel 

Drittes Kapitel 

Viertes Kapitel 

Fünftes Kapitel 

Sechstes Kapitel 

Siebtes Kapitel 

Achtes Kapitel 

Neuntes Kapitel 

Zehntes Kapitel 

Elftes Kapitel 

Zwölftes Kapitel 

Dreizehntes Kapitel 

Vierzehntes Kapitel 

Fünfzehntes Kapitel 

Sechzehntes Kapitel 

Siebzehntes Kapitel 

Achtzehntes Kapitel 

Neunzehntes Kapitel 

 

Das Buch

 

 

England, im 13. Jahrhundert n. Chr.:  Das Land wird erschüttert durch die Machtkämpfe zwischen König Heinrich III. und Simon de Montfort. Norman von Torn ist der angebliche Sohn des Franzosen de Vac, des ehemaligen Schwertmeisters des Königs, der einen tiefen Groll gegen seinen früheren Herrn hegt und den Jungen zu einer einfachen, brutalen Tötungsmaschine mit einem Hass auf alles Englische erzieht...

 

Der historische Roman Der Ritter von Torn aus der Feder des Tarzan-Autors Edgar Rice Burroughs erschien erstmals 1914 als fünfteilige Serie im New Story Magazine; eine  Buch-Veröffentlichung folgte im Jahr 1927. 

Der Apex-Verlag veröffentlicht Der Ritter von Torn als deutsche Erstveröffentlichung in der Übersetzung von Dr. Helmut W. Pesch, der auch das Vorwort verfasste. 

  Der Autor

 

Edgar Rice Burroughs - * 01. September 1875, † 19. März 1950.

 

Edgar Rice Burroughs war ein US-amerikanischer Schriftsteller, der bekannt wurde als Erzähler diverser Abenteuergeschichten, die sich vor allem dem frühen Fantasy- und Science-Fiction-Genre zuordnen lassen. Die bekanntesten von ihm eingeführten - und in der Folge von anderen in zahlreichen Filmen und Comics etablierten -  Heldencharaktere sind Tarzan, John Carter, Carson Napier.

Der Sohn des Fabrikanten und Bürgerkriegsveteranen Major George Tyler Burroughs (1833–1913) und der Lehrerin Mary Evaline Zieger (1840–1920) verlebte nach dem Besuch mehrerer Privatschulen den Großteil seiner Jugend auf der Ranch seiner Brüder in Idaho.

Nach seinem Abschluss auf der Michigan Military Academy im Jahr 1895 trat Burroughs in die 7. US-Kavallerie ein. Als ein Armeearzt bei ihm einen Herzfehler diagnostizierte und er deshalb nicht Offizier werden konnte, verließ Burroughs die Armee vorzeitig im Jahr 1897 und arbeitete bis 1899 wieder auf der Ranch seines Bruders. Danach ging er zurück nach Chicago und arbeitete in der Firma seines Vaters.

Am 1. Januar 1900 heiratete Burroughs seine Jugendliebe Emma Centennia Hulbert. Das Paar bekam drei Kinder: Joan Burroughs Pierce (1908–1972), Hulbert Burroughs (1909–1991) und John Coleman Burroughs (1913–1979). Da die tägliche Routine in der Fabrik seines Vaters Burroughs nicht zufriedenstellte, verließ das Ehepaar 1904 Chicago, um abermals in Idaho zu leben. Mit seinen Brüdern, die inzwischen ihre Ranch aufgegeben hatten, versuchte er sich erfolglos als Goldgräber. Kurze Zeit später arbeitete er als Eisenbahnpolizist in Salt Lake City. Auch diesen Job gab Burroughs auf und zog mit seiner Frau wieder zurück nach Chicago, wo er eine Reihe Jobs annahm, unter anderem als Vertreter. 1911 investierte er sein letztes Geld in einer Handelsagentur für Bleistiftanspitzer und scheiterte.

Burroughs, der zu dieser Zeit an schweren Depressionen litt und, nach einigen seiner Biographen, an Selbstmord dachte, kam auf die Idee, eine Geschichte für ein Magazin zu schreiben, in dem er zuvor Anzeigen für seine Bleistiftanspitzer geschaltet hatte. Seine erste Erzählung Dejah Thoris, Princess of Mars (unter dem Pseudonym Normal Bean für das All-Story-Magazin von Thomas Metcalf geschrieben) wurde zwischen Februar und Juli 1912 als Fortsetzung veröffentlicht.

Metcalf hatte sein Pseudonym in Norman Bean geändert, und auch der Titel seiner Geschichte wurde zu Under the Moon of Mars abgewandelt. Auf Burroughs Beschwerde bezüglich der Änderungen, lenkte Metcalf ein und bot an, Burroughs nächste Geschichte unter seinem richtigen Namen zu drucken. Eine weitere Beschwerde Burroughs betraf den Zusatz For all Rights auf seinem Honorarscheck. Nach längerem Briefwechsel erreichte er, dass die 400 Dollar nur für den Erstabdruck galten.

Burroughs zweite Geschichte, The Outlaw of Torn, wurde jedoch von All-Story abgelehnt. Der große Erfolg kam mit Burroughs drittem Anlauf, Tarzan of the Apes.

Die Geschichte von Tarzan wurde ebenfalls 1912 von All-Story veröffentlicht. Burroughs schrieb in der Folgezeit immer wieder neue Tarzan-Geschichten und konnte sich - kaum zehn Jahre nach der Veröffentlichung von Tarzan of the Apes - ein riesiges Stück Land in der Nähe von Los Angeles kaufen. Selbst nach Burroughs Tod im Jahr 1950 erschienen weitere Tarzan-Geschichten. Das Landstück bei Los Angeles ist heute die Gemeinde Tarzana.

In den frühen 1930er Jahren wurde sein schriftstellerischer Erfolg allerdings immer mehr von privaten Problemen überschattet. 1934 ließ er sich scheiden und heiratete ein Jahr später Florence Dearholt. Doch schon 1942 wurde auch diese Ehe geschieden. Nach der Bombardierung von Pearl Harbor begab sich Burroughs 1941 als Kriegsreporter nach Hawaii. Nach dem Krieg kehrte er nach Kalifornien zurück, wo er, nach vielen gesundheitlichen Problemen, 1950 einem Herzanfall erlag.

 

 In Burroughs Werk vermischen sich Science Fiction und Fantasy. Er etablierte Geschichten vor einem planetarischen Hintergrund in der Science Fiction. Dabei war Burroughs bewusst, dass seine Literatur bei den Kritikern nicht ankam. Er machte auch nie ein Hehl daraus, dass er schrieb, um Geld zu verdienen.

Die Helden seiner Romane und Erzählungen haben keine Alltagsprobleme. Bei den Charakterzeichnungen schwach, sprudeln Burroughs Geschichten über vor Ideen und Action. Die Helden seiner Romane haben verschiedene Merkmale gemeinsam, beispielsweise das Geheimnis um ihre Herkunft. Entweder haben die Helden nie eine Kindheit erlebt, oder können sich nicht daran erinnern, oder aber sie sind wie Tarzan und The Cave Girl Waisen. Ein weiteres Merkmal von Burroughs Geschichten ist der, wie Brian W. Aldiss es nennt, ausgeprägte sexuelle Dimorphismus. Das jeweils dominante Geschlecht ist hässlich.

Obwohl es in den Romanen und Geschichten Burroughs von schönen, nackten Frauen nur so wimmelt, werden sexuelle Beziehungen weder angedeutet noch erwähnt. Burroughs Welt scheint eine präpubertäre zu sein. Doch ist die Jungfräulichkeit immer in Gefahr (vgl. Aldiss). Fast schon zwanghaft mutet an, dass es in den Geschichten Burroughs, die zwischen 1911 und 1915 geschrieben wurden, nicht weniger als 76 Mal zu Vergewaltigungsdrohungen kommt, die natürlich alle abgewendet werden können. Zu den Bedrohern der weiblichen Unschuld gehören verschiedene Marsianer, Sultane, Höhlenmenschen, japanische Kopfjäger und Affen.

E. F. Bleiler schreibt über Burroughs, seine Texte seien „Fantasien von Erotik und Macht.“

 

Der Apex-Verlag veröffentlicht Burroughs' Venus-Romane (in der deutschen Übersetzung von Thomas Schlück), Neu-Übersetzungen des Tarzan- und des John Carter-Zyklus sowie als deutsche Erstveröffentlichung die Pellucidar-Serie.

DER RITTER VON TORN

 

  

 

 

 

  Vorwort

 

 

Der Ritter von Torn ist der zweite Roman, den Edgar Rice Burroughs in seinem Leben schrieb, und er ist bis heute weitgehend unbekannt. Dahinter steckt eine längere Geschichte.

Edgar Rice Burroughs, geboren 1875, war der jüngste Sohn eines Chicagoer Batteriefabrikanten, der früher als Major im Bürgerkrieg gedient hatte, und besuchte als Kind mehrere Privatschulen, darunter eine Kadettenschule. Mit sechzehn verbrachte er ein halbes Jahr als Cowboy auf der Ranch eines seiner Brüder in Süd-Idaho. Nachdem er 1895 bei der Aufnahmeprüfung für die Militärakademie in West Point durchgefallen war, wurde er Soldat der 7. US-Kavallerie in Fort Grant, Arizona, aber 1897 aufgrund eines Herzproblems als dienstuntauglich entlassen. Er gehörte also zu der letzten Generation von Männern, die den Wilden Westen als Cowboys und in der Auseinandersetzung mit Indianern erlebt hatten.

Danach arbeitete er eine Zeitlang in der Fabrik seines Vaters in Chicago und heiratete im Januar 1900 seine Jugendliebe Emma Hulbert. 1903 schloss sich Burroughs erneut seinen Brüdern in Idaho an. Als sich die Goldmine, deren Leitung er übernommen hatte, als erfolglos erwies, verschafften die Brüder ihm eine Stelle bei der Eisenbahn in Salt Lake City. Doch Burroughs gab diesen Job nach kurzer Zeit auf und zog mit seiner Frau zurück nach Chicago, wo er sich in einer Reihe von Tätigkeiten versuchte, unter anderem als Handelsvertreter. 1911 investierte er sein letztes Geld in eine Handelsagentur für Bleistiftanspitzer, mit mäßigem Erfolg.

In dieser Situation kam Burroughs auf die Idee, eine Geschichte für ein Pulp-Magazin zu schreiben, in dem er zuvor Anzeigen geschaltet hatte. Seine erste Erzählung Dejah Thoris, Princess of Mars, unter dem Pseudonym Normal Bean – womit er andeuten wollte, dass er trotz der fantastischen Geschichte kein Spinner sei –, wurde von Februar bis Juli 1912 in mehreren Teilen im All-Story-Magazin veröffentlicht und war auf Anhieb ein Erfolg.

Burroughs erhielt für seine erste Geschichte 400 Dollar, war aber nach dem Erscheinen unzufrieden mit dem Ergebnis. Durch den Setzer oder Korrektor war sein Pseudonym zu Norman Bean geworden, und auch der Titel seiner Geschichte wurde zu Under the Moon of Mars abgewandelt. Auf Burroughs’ Beschwerde wegen der Änderungen hin bot der Herausgeber Thomas Metcalf an, Burroughs nächste Geschichte unter seinem richtigen Namen zu drucken. Eine weitere Beschwerde Burroughs betraf den Zusatz Für alle Rechte auf seinem Honorarscheck. Metcalf gestand ihm zu, dass die 400 Dollar nur für den Erstabdruck galten.

Schon zu diesem frühen Zeitpunkt machte Burroughs deutlich, dass man es bei ihm nicht nur mit einem Schriftsteller, sondern auch mit einem Geschäftsmann zu tun hatte, der sich nicht scheute, hart zu verhandeln, und dessen Arbeit wie jede andere Ware, die auf den Markt gebracht wird, einen gebührenden Preis verdiente, der sich am Aufwand und am Erfolg maß.

Aber wir greifen vor. Metcalf, der Burroughs Talent erkannt hatte, versuchte, ihm schmackhaft zu machen, seine nächste Geschichte in einer anderen Umgebung spielen zu lassen:

»Ich habe darüber nachgedacht, ob Sie nicht ein romantisches Serial schreiben könnten, so etwas wie Ivanhoe oder zumindest aus der Zeit, als jeder eine Rüstung trug und schöne Frauen rettete. Wenn sie sich ein Serial in dieser Art vorstellen können und Sie es für lohnend halten, würde ich mich sehr freuen, von Ihnen zu hören.«

Unter Serial versteht man eine episodische Fortsetzungsgeschichte, wie sie in den damaligen Magazinen gängig war und um diese Zeit auch im Kino populär wurde. Burroughs griff Metcalfs Vorschlag sogleich auf. Bereits einen knappen Monat nach Erhalt des Briefes schickte er ihm das neue Werk zu: The Outlaw of Torn.

Über seinen Helden, den fiktiven zweiten Sohn Heinrichs III., schrieb er: »Die Geschichte seines abenteuerlichen Lebens und seiner Liebe zu einer Tochter des historischen Simon de Montfort, Graf von Leicester, bietet reichlich Gelegenheit für aufregende Situationen und haarsträubende Begegnungen.« Die Begrenztheit seines Wissens um die damalige Zeit versuchte er mit dem Hinweis zu kaschieren, dass »die Geschichte zwar in gewisser Weise von historischen Fakten im Zusammenhang mit dem Krieg der Barone jener Zeit abhängt, ich aber nicht genug Geschichte, Landschaft oder Wetter in sie einfließen lasse, um das Interesse an der Erzählung in irgendeiner Weise zu beeinträchtigen.« Auch Bertrade de Montfort im Roman ist fiktiv; es gab zwar eine historische Bertrade, Tochter eines Vorfahren von Simon de Montfort gleichen Namens, aber sie starb mehr als ein Jahrhundert vor den dort geschilderten Ereignissen.

Aber wenn Burroughs angenommen hatte, dass der schnelle erste Verkauf ihn auf den einfachen Weg zum Erfolg bringen würde, sollte er enttäuscht werden. Metcalf gab am 19. Dezember 1911 eine Zusammenfassung der Mängel des Romans:

»Ich bin sehr skeptisch, was die Geschichte angeht. Der Plot ist ausgezeichnet, aber ich denke, Sie haben ihn zu hastig ausgearbeitet. Die pittoreske Wirkung von Torn kommt nicht wirklich zum Tragen. Gelegenheiten für Farbe und Prunk haben Sie völlig verpasst. Den Wert einiger Figuren, aus denen man viel machen könnte, scheinen Sie nicht zu erkennen. Wie zum Beispiel der alte Fechtlehrer, den Sie etwa drei Kapitel verwenden und dann bis zum Ende der Geschichte völlig ignorieren. In ihm haben Sie eine Art bösartigen Geist, der das ganze Buch durchdringen könnte.«

Burroughs ließ sich dadurch nicht entmutigen. »Ich sehe keinen Grund«, schrieb er zurück, »warum ich die Geschichte nicht zu Ihrer Zufriedenheit gestalten könnte, denn die von Ihnen angeführten Fehler sind reine Auslassungen, die sich leicht beheben lassen.« Er räumte ein, dass die Geschichte, da sie so kurz nach seiner ersten fertiggestellt wurde, beim Leser den Eindruck erwecken könnte, sie sei in aller Eile geschrieben worden; das sei aber nicht der Fall: »Ich arbeite den ganzen Tag und bis spät in die Nacht hinein, um abwechselnd meine Referenzen zu studieren und zu schreiben.«

Burroughs’ Zuversicht wurde ein wenig erschüttert, als Metcalf in seinen zweiseitigen Brief vom 21. Dezember zu einer vernichtenden Analyse des Romans ausholte. Seiner Meinung nach hätte das erste Kapitel von Burroughs »voller Farbe und Aufregung« sein müssen. Nach einer kurzen Zusammenfassung der Handlung ging Metcalf auf das Ende ein: »Ich bin mir nicht sicher, ob das Happy-End einen besonderen Wert hat. Es scheint legitimer zu sein, dass sowohl de Vac als auch der Geächtete am Ende sterben und die Dame in Tränen aufgelöst zurückbleibt, möglicherweise auf dem Weg, Nonne zu werden.«

Metcalfs Brief überzeugte Burroughs offensichtlich von der Notwendigkeit einer gründlichen Überarbeitung. Am 2. Februar 1912 sandte er eine neue Fassung ein – mit zwei Enden, einem glücklichen und einen »eher gegenteiligen, das aber dem Leser überlassen bleibt«. Seine eigene Vorliebe war jedoch klar:

»Aus kommerziellen Gründen neige ich zu dem ›glücklichen‹ Ende, denn da alle gesellschaftlichen Schichten Belletristik zur Entspannung und zum Vergnügen lesen, nehme ich an, dass sie sich nicht besonders für Geschichten interessieren, die einen schlechten Geschmack hinterlassen. Aber ich überlasse es Ihrer größeren Erfahrung.»

Die Antwort ließ auf sich warten. Erst am 4. März erhielt Burroughs die Entscheidung. Metcalf lehnte The Outlaw of Torn erneut ab. Doch weil er »so sehr« an die Handlung glaubte, schlug Metcalf vor, den Text jemandem in New York zu übergeben, der über ein umfassendes Wissen über mittelalterliche Geschichte verfüge. Der Herausgeber bot 100 Dollar für die Rechte und versprach, dass man Burroughs bei Erscheinen der Geschichte als Co-Autor nennen würde.

Obwohl Burroughs’ finanzielle Lage alles andere als rosig war, schrieb er zurück: »Es tut mir sehr leid, dass Ihnen The Outlaw of Torn in der vorliegenden Form nicht gefällt. Ich danke Ihnen für Ihr Alternativangebot, das ich jedoch angesichts der Zeit, die ich in die Geschichte investiert habe, nicht anzunehmen vermag.«

Viel von dem Optimismus, den der erste Verkauf geweckt hatte, war verflogen. Burroughs kämpfte weiter um seinen Lebensunterhalt. In einem Brief vom 30. Mai an Metcalf legte er seine Unzufriedenheit offen: »Ich wünschte, es gäbe genug zu schreiben für mich, sodass ich meine ganze Zeit dem widmen könnte, denn ich mag es. Meine beruflichen Aktivitäten, Werbung, Marketing und Verkauf, bringen mir zwar ein stattliches Gehalt ein, aber sie bereiten mir kein großes Vergnügen.« Das stattliche Gehalt war sicherlich übertrieben, aber der Wunsch war klar.

Als Metcalf, der immer noch an Burroughs glaubte, im Herbst nach neuen Werken fragte, schickte dieser die Geschichte erneut ein, gab jedoch gleich zu verstehen, dass er wenig Hoffnung habe: »Ich weiß, dass sie Ihnen nicht besser gefallen wird als vorher«, und fügte hinzu: »Es ist aber komisch, denn jeder, der sie gelesen hat, außer Ihnen, hat sie für die bei weitem interessanteste Geschichte gehalten, die ich geschrieben habe.«

Die Ablehnung war unvermeidlich, aber Burroughs ließ sich trotzdem nicht entmutigen: »Ich werde das Ganze noch einmal überarbeiten, wenn ich Zeit habe. Ich werde an The Outlaw of Torn festhalten, bis es veröffentlicht ist – ich stamme aus einer sehr langlebigen Familie.«

Inzwischen gab es den Roman in drei Fassungen: der handschriftlichen Originalfassung; einem Typoskript, das dieser ziemlich ähnlich war, aber kleinere Korrekturen enthielt; und der erweiterten Fassung vom Februar 1912. In allen drei wird der Leser direkt in die Handlung eingeführt:

»De Vac war im Dienste der Könige von England alt geworden, aber er hasste alles Englische und alle Engländer. Den toten König hatte er geliebt, aber mit den Gebeinen des toten Königs war de Vacs Loyalität zu dem Haus, dem er diente, in Westminister begraben worden.«

Ende 1912 war The Outlaw of Torn immer noch nicht verkauft. Entmutigt, aber nicht geschlagen, machte sich Burroughs an eine weitere Überarbeitung. Die auffälligste Änderung betraf die einleitenden Absätze. Der Anfang lautete nun wie folgt:

»Hier ist eine Geschichte, die seit siebenhundert Jahren im Dunkeln liegt. Zuerst wurde sie von einem der Plantagenet-Könige von England unterdrückt. Später wurde sie vergessen. Ich habe sie rein zufällig ausgegraben. Der Zufall wollte, dass der Vetter meiner Frau einen hier nicht näher benannten Abt in einem sehr alten Kloster in Europa kannte. Dieser ließ mich in einer Menge von schimmeligen und muffigen Manuskripten herumwühlen, wo ich darauf stieß.«

Edgar Rice Burroughs hatte seine Erzählerstimme gefunden.

Erst acht Monate später zahlte sich Burroughs’ Hartnäckigkeit aus. In einem Brief vom 18. August 1913 erklärte sich A. L. Sessions, der Herausgeber des Magazins New Story, bereit, The Outlaw of Torn für 500 Dollar für die ersten Rechte als Fortsetzungsroman zu kaufen und zwei Cent pro Wort mehr zu zahlen, wenn sich die Geschichte als erfolgreich erweisen sollte. Das war mehr, als Burroughs für »Under the Moons of Mars« erhalten hatte. Allerdings war Burroughs, der in den ersten Jahren seiner Tätigkeit als Schriftsteller eine immense Produktivität an den Tag legte, zu diesem Zeitpunkt bereits ein etablierter Autor, dessen Werke allein schon wegen seines Namens begehrt waren.

Aus der Sicht eines Geschäftsmannes war The Outlaw of Torn angesichts der darauf verwendeten Zeit eine schlechte Investition. Dennoch hatte Burroughs die Genugtuung eines weiteren Verkaufs erlangt und die Macht der schieren Hartnäckigkeit unter Beweis gestellt. In Buchform sollte der Roman erst 1927 erscheinen, beim Verlag A.C. McClurg, und bereits im gleichen Jahr eine zweite Auflage erleben.

Burroughs’ Probleme mit The Outlaw of Torn im Jahre 1912 erwiesen sich jedoch als unbedeutend, denn bereits Ende 1911 hatte er sich in eine neue Geschichte vertieft. Diesmal war er etwas vorsichtiger mit der Tatsachenbehauptung:

»Diese Geschichte habe ich von jemand, der keinen besonderen Grund hatte, sie mir oder einem andern zu erzählen. Ich dachte anfänglich, der Erzähler sei in einer angeheiterten Stimmung, und ich konnte auch die folgenden Tage nicht recht an die Geschichte glauben. … Ich behaupte nicht, dass die Geschichte wahr ist, denn ich war nicht Zeuge der darin geschilderten Ereignisse, aber ich glaube bestimmt, dass sie wahr sein kann, und deshalb habe ich den darin beteiligten Personen andere Namen gegeben.«

Es sollte sein größter Erfolg werden und seinen Weltruhm begründen. Die Rede ist von Tarzan of the Apes. Das Einzige, war Burroughs aus dem früheren Roman für seinen Tarzan übernehmen sollte, ist, nach einer handschriftlichen Änderung während der Abfassung, der Name Greystoke, der in The Outlaw of Torn einem der Ritter zugedacht ist, die Norman von Torn als Jugendlicher im Zweikampf tötet.

Auch die Burroughs-Kritik hat The Outlaw of Torn eher stiefmütterlich behandelt. Richard A. Lupoff hat in seiner Monografie Edgar Rice Burroughs: Master of Adventure nur einen Satz dafür übrig: »In diesem eher durchschnittlichen historischen Roman, der im England des dreizehnten Jahrhunderts spielt, geht es um Sachsen gegen Normannen, ein entführtes Prinzenkind, die Aufstellung einer Armee von Geächteten, blutige Schlachten und eine tränenreiche Versöhnung.« Was er verschweigt, ist, dass The Outlaw of Torn bereits alle Elemente zeigt, die für Burroughs’ Erzählweise typisch sind: unglückliche Zufälle, romantische Missverständnisse, die unerwiderte Liebe einer weiblichen Nebenfigur, die in diesem Fall tragisch endet, und die große Enthüllung am Ende.

Dass man daran nicht den Anspruch historischer Genauigkeit legen darf wie an heutige historische Romane, sondern ihn eher wie einen Hollywood-Film sehen sollte, tut der dramatischen Handlung keinen Abbruch. Im Vergleich mit Autoren wie Talbot Mundy oder Harold Lamb, die ein ganz anderes Wissen um historische Zusammenhänge und Details mitbrachten, war Burroughs sicherlich gut beraten, den Schwerpunkt seines Schaffens auf die fantastischen Sujets zu verlegen, die zu seinem Markenzeichen wurden. Auch Tarzans Afrika, das sich als geradezu durchsetzt mit vergessenen Zivilisationen erweisen sollte, ist nicht minder eine Phantasiewelt als Burroughs’ Mars und Venus oder die Hohlwelt Pellucidar.

Burroughs versuchte sich in der Folge auch noch an Western und Kriminalromanen, sollte in seinem Leben aber nur noch einen einzigen weiteren historischen Roman schreiben, I Am a Barbarian, der aus der Sicht eines germanischen Sklaven und Gladiators aus der Zeit des römischen Kaisers Caligula erzählt. Er wurde erst 1967, siebzehn Jahre nach dem Tod des Autors, veröffentlicht.

 

Helmut W. Pesch

 

Alle Daten und Brief- und Manuskriptzitate nach Irwin Porges, Edgar Rice Burroughs: The Man Who Created Tarzan.

 

 

 

 

 

  Erstes Kapitel

 

 

Hier ist eine Geschichte, die seit siebenhundert Jahren im Dunkeln liegt. Zuerst wurde sie von einem der Plantagenet-Könige von England unterdrückt. Später wurde sie vergessen. Ich habe sie rein zufällig ausgegraben. Der Zufall wollte, dass der Vetter meiner Frau einen hier nicht näher benannten Abt in einem sehr alten Kloster in Europa kannte. Dieser ließ mich in einer Menge von schimmeligen und muffigen Manuskripten herumwühlen, wo ich darauf stieß.

Es ist eine höchst interessante Geschichte, zum Teil, weil es sich um ein Stück bisher nicht dokumentierter Historie handelt, aber vor allem aufgrund der Tatsache, dass sie von einer höchst bemerkenswerten Rache und dem abenteuerlichen Leben ihres unschuldigen Opfers erzählt – des vergessenen Prinzen von England namens Richard.

Bei meiner Nacherzählung habe ich den größten Teil der historischen Hintergründe ausgeklammert. Was mich interessierte, war die einzigartige Figur, um die sich die Geschichte dreht – der Ritter mit geschlossenem Visier, der … aber lassen Sie uns warten, bis wir bei ihm sind.

All dies ereignete sich im dreizehnten Jahrhundert, und damals erschütterte es England von Nord bis Süd und von Ost bis West und reichte selbst über den Ärmelkanal und erschütterte Frankreich. Es begann direkt im Londoner Palast Heinrichs III. und war das Ergebnis eines Streits zwischen dem König und seinem mächtigen Schwager Simon de Montfort, Graf von Leicester.

Vergessen Sie den Streit; das ist Geschichte, und Sie können alles darüber in Ruhe lesen. Aber an diesem Junitag im Jahr unseres Herrn 1243 vergaß sich Heinrich so sehr, dass er de Montfort zu Unrecht in Anwesenheit einer Reihe von Hofleuten des Verrats beschuldigte.

De Montfort erbleichte. Er war ein großer, gutaussehender Mann, und wenn er sich zu seiner vollen Größe aufrichtete und den Blick seiner grauen Augen auf das Opfer seines Zorns richtete, wie er es an diesem Tag tat, war er sehr beeindruckend. Er war eine Macht in England, die nach dem König selbst an zweiter Stelle stand, und mit dem Herzen eines Löwen in seiner Brust antwortete er dem König, wie kein anderer Mann in ganz England es gewagt hätte.

»Euer Hoheit«, rief er, »dass Ihr mein Herr und König seid, das allein hindert Simon de Montfort daran, für eine so schwere Beleidigung Genugtuung zu verlangen. Dass Ihr Euren hohen Stand ausnutzt, um zu sagen, was ihr sonst nie zu sagen wagtet, brandmarkt mich nicht als Verräter, sondern Euch als Feigling.«

Gespannte Stille senkte sich über die kleine Gesellschaft von Fürsten und Höflingen, als diese schrecklichen Worte von den Lippen eines Untertanen kamen, die an seinen König gerichtet waren. Sie waren entsetzt, denn de Montforts mutige Herausforderung war für sie fast ein Sakrileg.

Heinrich, der vor Schmach und Wut errötete, erhob sich, um auf de Montfort loszugehen, aber plötzlich erinnerte er sich an die Macht, die er repräsentierte, und bedachte sich eines Besseren. Also wandte er sich mit einem hochmütigen Spott an seine Höflinge.

»Kommt, meine Herren«, sagte er, »mich dünkt, dass wir heute Morgen eine Runde auf dem Fechtboden machen wollten. Schon wird es spät. Kommt, de Fulm! Kommt, Leybourn«, und der König schritt aus dem Gemach, gefolgt von seinen Höflingen, die alle vom Grafen von Leicester Abstand genommen hatten, als sich herausstellte, dass der königliche Unmut gegen ihn gerichtet war. Als der Vorhang sich hinter dem davoneilenden König schloss, zuckte de Montfort die breiten Schultern und verließ das Gemach durch eine andere Tür.

Als der König mit seinem Gefolge in die Waffenkammer eintrat, kämpfte er immer noch gegen die Schmach der Vorwürfe de Montforts an, und als er Mantel und Hut ablegte, um sich mit de Fulm im Schwertkampf zu messen, sah er den Fechtmeister, Sir Jules de Vac, mit dem Fechtzeug und dem Helm des Königs ankommen. Heinrich war nicht in der Stimmung, eine Mensur mit de Fulm auszufechten, der wie die anderen Schmeichler, die ihn umgaben, immer zuließ, dass der König ihn leicht besiegen konnte.

Von de Vac wusste er, dass dieser zu eifersüchtig auf seinen Ruhm als Schwertkämpfer war, um sich von etwas anderem als überlegenem Geschick überwinden zu lassen, und heute fühlte Heinrich, dass er den Teufel selbst besiegen konnte.

Der Fechtboden war ein großer Raum im Hauptgeschoss des Palastes, neben dem Wachtraum. Er war in einem kleinen Flügel des Gebäudes so angelegt worden, dass er von drei Seiten beleuchtet wurde. Verantwortlich für die Waffenkammer und den Fechtunterricht war der schlanke, grauhaarige, lederhäutige Sir Jules de Vac, und er war es, dem Heinrich befahl, ihm im Scheinkampf mit Schwert und Fechtschild gegenüberzutreten; denn der König hatte das Bedürfnis, auf jemanden mit dem Hammer einzuhauen und ihn in die Zange zu nehmen, um seine unterdrückte Wut zu kühlen.

So ließ er de Vac vor seinem geistigen Auge die Person des verhassten de Montfort annehmen, und die Folge war, dass de Vac durch den plötzlichen und mit aller Macht vorgetragenen Angriff des Königs regelrecht überrumpelt wurde.

Heinrich III. war schon immer ein guter Schwertkämpfer gewesen, aber an diesem Tag übertraf er sich selbst und war in seiner Vorstellung im Begriff, dem Pseudo-de-Montfort mit dem Schwert zu durchbohren, zur wilden Begeisterung seines Publikums. Zu diesem Zweck hatte er den erstaunten de Vac zweimal um die Halle herumgejagt, als der Fechtmeister den König mit einer klugen Finte und einem Rückwärtsschritt in die von ihm gewünschte Position brachte, und mit der Plötzlichkeit des Blitzes ließ eine kleine Drehung seiner Klinge Heinrichs Waffe klirrend auf den Boden der Waffenkammer poltern.

Für einen Moment stand der König so angespannt und weiß da, als hätte der Tod seine Hand ausgestreckt und sein Herz mit seinen eisigen Fingern berührt. Die Niederlage bedeutete ihm mehr, als von dem besten Schwertkämpfer Englands im Übungskampf besiegt zu werden – das war sicherlich keine Schande –, nein, sie schien Heinrich prophetisch für das Ergebnis eines zukünftigen Kampfes zu sein, wenn er dem wahren de Montfort Auge in Auge gegenüberstehen sollte. Und dann, mit dem Ebenbild seines mächtigen Schwagers, mit dem er de Vac in seiner Vorstellung bekleidet hatte, vor Augen, tat Heinrich, was er gerne mit dem wahren Leicester getan hätte. Er zog seinen Handschuh ab und trat nahe an de Vac heran.

»Hund!«, zischte er und verpasste dem Fechtmeister einen harten Schlag ins Gesicht und spuckte ihn an. Dann drehte er sich um und verließ die Waffenkammer.

De Vac war im Dienste der Könige von England alt geworden, aber er hasste alles Englische und alle Engländer. Den toten König Johann, obwohl er von allen anderen gehasst wurde, hatte er geliebt, aber mit den Gebeinen des toten Königs war die Treue de Vacs zu dem Haus, dem er diente, in der Kathedrale von Worcester begraben worden.

Lange Jahre hatte er als Fechtmeister am englischen Hof gedient; die Söhne des Königshauses hatten von ihm gelernt, zu schlagen, zu stechen und zu parieren, wie nur de Vac diese Kunst zu lehren vermochte, und er war bei der Ausübung seiner Pflichten so gewissenhaft gewesen wie in seinem unerschütterlichen Hass und seiner Verachtung für seine Schüler.

Und nun hatte der englische König ihm eine Beleidigung angetan, die nur mit Blut gesühnt werden konnte.

Als der Schlag fiel, schlug der drahtige Franzose die Hacken zusammen und ließ seine Klinge zu Boden sinken. Aufrecht und starr stand er vor seinem Herrn wie eine Marmorstatue. Sein angespanntes Gesicht war bleich vor Zorn, aber er sprach kein Wort.

Natürlich hätte er zurückschlagen können, aber dann wäre ihm keine Wahl mehr geblieben als der Tod durch die eigene Hand. Denn ein König darf nicht mit einem geringeren Sterblichen um die Ehre kämpfen, und wer einen König schlägt, muss sterben; denn die Ehre des Königs steht über allem.

Hätte ihn ein französischer König geschlagen, hätte de Vac zurückgeschlagen und das Schicksal willkommen geheißen, das ihm erlaubte, für die Ehre Frankreichs zu sterben; aber ein englischer König – pah! ein Hund; und wer würde für einen Hund sterben? Nein, de Vac würde andere Mittel finden, um seinen verwundeten Stolz zu stillen. Er würde in Rache an diesem Mann schwelgen, dem gegenüber er keine Treue empfand. Wenn möglich, würde er dabei ganz England dafür büßen lassen. Aber er hatte Zeit. Er konnte es sich leisten, auf eine passende Gelegenheit zu warten, wenn er durch das Warten eine schrecklichere Rache nehmen konnte.

De Vac war in Paris geboren worden, als Sohn eines französischen Offiziers, der als bester Schwertkämpfer Frankreichs gilt. Der Sohn war in die Fußstapfen seines Vaters getreten, bis er nach dessen Tod leicht den Titel seines Vaters erringen konnte. Wieso er Frankreich verlassen hatte und in den Dienst König Johns von England getreten war, ist nicht Gegenstand dieser Geschichte. All die Bedeutung, die das Leben von Jules de Vac für die Geschichte Englands hat, hing nur von zwei seiner vielen Eigenschaften ab – seiner wunderbaren Schwertkunst und dem schrecklichen Hass auf seine Wahlheimat.

 

 

 

 

  Zweites Kapitel

 

 

Südlich der Waffenkammer des Palastes von Westminster lagen die Gärten, und hier hätte man am dritten Tag nach dem Angriff des Königs auf de Vac eine schwarzhaarige Frau sehen können, die in einen violetten Bliaut gekleidet war, den rund um den Hals und am Saum der losen Spitzärmel, die fast bis zu dem ähnlichen Saum am unteren Rand des Gewandes reichten, eine reiche Goldstickerei zierte. Ein punzierter Ledergürtel, der mit Edelsteinen besetzt war und von einer großen Schnalle aus getriebenem Gold gehalten wurde, raffte das Kleidungsstück um ihre Taille, sodass der obere Teil in einem Bausch nach außen über den Gürtel fiel. Im Gürtel trug sie einen langen Dolch von feiner Handwerkskunst. Zierliche Sandalen umschlossen ihre Füße, und Kopf und Schultern bedeckte ein violetter, mit goldenen Fransen umrandeter Gimpel.

An ihrer Seite hüpfte ein gutaussehender Knabe von etwa drei Jahren, gekleidet, wie seine Gouvernante, in kräftigen Farben. Sein winziger Surcot aus scharlachrotem Samt war reich an Stickereien. Darunter trug er eine enganliegende Tunika aus weißer Seide. Sein Wams war scharlachrot, während seine langen weißen Beinkleider von seinen winzigen Sandalen bis zu seinen Knien kreuzweise mit roten Bändern umwunden waren. Auf dem seinem braunen Lockenschopf saß ein flachkrempiger Hut mit runder Kappe, an dem bei jeder Bewegung des stolzen kleinen Kopfes eine weiße Feder wippte.

Die Gesichtszüge des Kindes waren wohlgeformt, und seine offenen, hellen Augen gaben einem Gesicht, das sonst für ein Kleinkind zu arrogant und hochmütig gewesen wäre, einen Ausdruck kindlichen Edelmuts. Wenn der Junge mit seiner Begleiterin sprach, blitzte dann und wann Momente von zwingender Autorität und Würde auf, die bei einem so kleinen Wesen seltsam anmuteten, was die junge Frau manchmal dazu veranlasste, den Kopf abzuwenden, damit er das Lächeln nicht sehen konnte, das sie kaum zu unterdrücken vermochte.

Jetzt nahm der Junge einen Ball aus seiner Tunika und zeigte auf einen kleinen Busch in ihrer Nähe und sagte: »Stellt Euch da hin, Lady Maud, neben den Busch. Ich möchte Ballwerfen spielen.«

Die junge Frau tat, wie ihr geheißen wurde, und als sie ihren Platz eingenommen hatte und sich zu ihm umdrehte, warf der Junge ihr den Ball zu. So spielten sie unter den Fenstern der Waffenkammer; der Junge lief fröhlich dem Ball hinterher, wenn er ihn verfehlte, und lachte und schrie vor Freude, wenn er einen besonders guten Fang machte.

An einem der Fenster der Waffenkammer mit Blick auf den Garten stand ein grimmiger, grauer alter Mann auf seine verschränkten Arme gelehnt. Er hatte die Augenbrauen zu einem bösartigen Gesichtsausdruck zusammengezogen, und seine Mundwinkel bildeten eine strenge, kalte Linie.

Er blickte auf den Garten und das spielende Kind und auf die reizende junge Frau unter ihm, aber seine Augen nahmen nicht wirklich wahr, was sie sahen, denn de Vac war in Gedanken ganz und gar mit einem Problem beschäftigt, dem größten in seinem ganzen Leben.

Drei Tage lang hatte der alte Mann seinen Groll hin und her gewälzt und nach Mitteln gesucht, um sich an dem König für die Beleidigung zu rächen, die dieser ihm zugefügt hatte. Viele Pläne waren ihm in den klugen und gerissenen Kopf gekommen, aber bisher waren alle als unwürdig für die schreckliche Befriedigung verworfen worden, nach der sein verwundeter Stolz verlangte.

Seine Fantasien hatten sich größtenteils um die unbeständigen politischen Bedingungen von Heinrichs Herrschaft gedreht; denn er hatte das Gefühl, dass ihm daraus eine Gelegenheit erwachsen könnte, die sich zu seinem eigenen persönlichen Nutzen und dem Schaden und möglicherweise dem Verderben des Königs verwenden ließe.

Schon seit vielen Jahren war de Vac im Palast ein und ausgegangen und war oft in der Waffenkammer Zeuge geworden, wenn sich der König mit seinen Freunden und Günstlingen im Schwertkampf übte, und er hatte vieles mit angehört, was zwischen Heinrich III. und seinen Vertrauten geredet wurde, das bei einer klugen und einfallsreichen Planung dem König zum Leid gereichen könnte.

Wie ganz England kannte er die völlige Verachtung, die Heinrich für die Bedingungen der Magna Charta übrighatte, die er, ungeachtet seines königlichen Eides, sie aufrecht zu erhalten, so oft missachtete. Aber was ganz England nicht wusste, hatte de Vac aus Gesprächsfetzen erfahren, die er in der Waffenkammer aufgeschnappt hatte: dass Heinrich bereits mit ausländischen Söldnerführern und mit Ludwig IX. von Frankreich über eine Truppe von Rittern und bewaffneten Männern verhandelt hatte, die ausreichen würde, um Krieg gegen die eigenen Barone zu führen, mit dem Ziel, jede künftige Einmischung ihrerseits in das königliche Vorrecht der Plantagenets, England zu tyrannisieren, effektiv zu vereiteln.

Wenn er nur die Einzelheiten dieses Plans erfahren könnte, dachte de Vac: den Landepunkt der ausländischen Truppen; ihre Anzahl; den ersten Angriffspunkt. Ah, wäre es nicht eine süße Rache, den König aus diesem Abenteuer, das ihm so am Herzen lag, einen Strick zu drehen?

Ein Wort zu de Clare oder de Montfort würde die Barone und ihre Gefolgsleute mit vierzigtausend Mann ins Feld führen, um die Armee des Königs zu vernichten.

Und er würde den König wissen lassen, wem er seine Niederlage und sein Unbehagen zu verdanken hatte und was der Grund dafür war. Möglicherweise würden die Barone Heinrich absetzen und einen neuen König auf Englands Thron setzen, und dann würde de Vac dem Plantagenet ins Gesicht spucken. Eine süße, schöne, köstliche Rache, in der Tat! Und der alte Mann leckte sich die dünnen Lippen, als ob er das letzte süße Überbleibsel eines zarten Bissens schmecken könnte.

Und dann trug der Zufall einen kleinen Lederball unter das Fenster, wo der alte Mann stand; und als das Kind lachend hinzurannte, um ihn wiederzubekommen, fiel de Vacs Blick auf den Knaben, und all sein früheren Rachepläne schmolzen wie der Nebel vor der Mittagssonne dahin; und an ihrer Stelle eröffnete sich ihm ein ganzes schreckliches Komplott von furchterregender Rache so deutlich, als stünde es auf den Seiten eines großen Buches geschrieben, das vor ihm aufgeschlagen worden wäre. Und soweit es in seiner Macht stand, wich er in den folgenden zwanzig Jahren nicht einen Deut von den Einzelheiten dieses meisterhaft konzipierten Höllenwerks ab.

Der kleine Junge, der so unschuldig im Garten seines königlichen Vaters spielte, war Prinz Richard, der dreijährige Sohn Heinrichs III. von England. Keine Chronik erwähnt diesen kleinen vergessenen Prinzen; nur die Geheimarchive der englischen Könige erzählen die Geschichte seines seltsamen und abenteuerlichen Lebens. Sein Name wurde aus den Aufzeichnungen der Menschen getilgt; und die Rache de Vacs ist aus den Augen der Welt entschwunden, obwohl sie seinerzeit eine echte und schreckliche Sache war, die das Herz aller Engländer berührte.

 

 

 

 

  Drittes Kapitel

 

 

Fast einen Monat lang geisterte der alte Mann durch den Palast und hielt in den Gärten Ausschau nach dem kleinen Prinzen, bis er den Alltag seines kleinen Lebens mit seinen Ammen und Gouvernanten kannte.

Er sah, dass sich Lady Maud, wenn sie ihn begleitete, bis an die äußersten Enden des Palastgeländes begab, wo sie durch ein kleines Hintertor einen bestimmten Hauptmann der Garde einließ, dem die Königin dem Zutritt zum Hof verboten hatte.

Dort, in einer abgelegenen Kemenate, flüsterten die beiden Liebenden einander ihre Hoffnungen und Pläne zu, ohne auf ihren königlichen Schutzbefohlenen zu achten, der sich selbst überlassen zwischen den Blumen und Sträuchern des Gartens spielte.

Mitte Juli waren de Vacs Pläne zur Reife gelangt. Er hatte es geschafft, den alten Gärtner Brus zu überreden, ihm den Schlüssel zu dem kleinen Hintertor zu geben, unter dem Vorwand, sich einer mitternächtlichen Eskapade hingeben zu wollen, wobei er vage die Beteiligung einer schönen Dame an diesem Abenteuer andeutete. Und gleichzeitig schob er, was bei Brus noch wichtiger war, dem Gärtner zwei Silberpennys in die Hand.

Brus sah de Vac, wie die anderen Palastdiener auch, als einen treuen Diener des Hauses Plantagenet an. Welchen Unfug de Vac auch immer vorhatte, Brus war sich ziemlich sicher, dass der Schlüssel zum hinteren Tor, soweit es den König betraf, in den Händen de Vacs so sicher war, als ob Heinrich selbst ihn hätte.

Der Alte wunderte sich ein wenig darüber, dass der verdrießliche Fechtmeister in seinem Alter solch frivolen Vergnügungen frönen sollte, die eher jüngeren Adelssprossen anstünden, aber was ging ihn das an? Hatte er nicht genug damit zu tun, die Gärten instand zu halten, damit sein königlicher Herr und seine Gemahlin Freude an den schattigen Spaziergängen, dem gepflegten Rasen und den wunderschönen Laub- und Blumenbeeten finden konnten, die er mit so großer Mühe und Sorgfalt in den Außenanlagen hegte und pflegte?

Außerdem kamen nicht oft zwei Silberpennys seines Wegs; und wenn der liebe Herr Jesus es in seiner unendlichen Weisheit für angebracht hielt, zur Belohnung seines niederen Dieners zu solch einem Mittel zu greifen, stand es einem armseligen Wurm wie ihm nicht an, die göttliche Gunst infrage zu stellen. So nahm Brus das Geld, und de Vac bekam den Schlüssel, und der kleine Prinz spielte glücklich zwischen den Blumen im Garten seines königlichen Vaters, und alle waren’s zufrieden.

An diesem Abend brachte de Vac den Schlüssel zu einem Schlosser auf der anderen Seite Londons, der ihn unmöglich kennen oder den Schlüssel als zum Palast gehörig zuordnen konnte. Hier ließ er sich ein Duplikat erstellen und wartete ungeduldig, während der alte Mann mit den groben Instrumenten seines Gewerbes die Kopie anfertigte.

Von diesem kleinen Laden aus folgte de Vac einem gewundenen Weg durch die schmutzigen Straßen und Gassen des alten London, die ab und zu von einer rauchigen Laterne beleuchtet wurden, bis er zu einem halb verfallenen Haus kam, das freilich den Vorteil hatte, nur einen kurzen Weg vom Palast in Westminster entfernt zu liegen.

Eine schmale Gasse führte an dem Gebäude vorbei und endete abrupt am Ufer der Themse an einem vermoderten Holzsteg, unter dem das tiefschwarze Wasser des Flusses stieg und fiel, um die verrottenden Pfähle lappte und unter dem Steg hinweg zu den weiter flussabwärts gelegenen Docks davonströmte, wo die großen, wilden Dockratten und ihre grimmigeren menschlichen Gegenstücke hausten.

Mehrmals war de Vac auf der Suche nach der kleinen Türöffnung des von ihm gesuchten Gebäudes die schwarze Gasse auf und ab gegangen. Endlich fand er sie, und nachdem er wiederholt mit dem Knauf seines Schwertes dagegen gehämmert hatte, wurde sie von einer schlampigen alten Vettel geöffnet.

»Was willst du von ’ner anständigen Frau zu einer so gottlosen Stunde?«, meckerte sie. »Ah, Ihr seid’s, Mylord«, fügte sie hastig hinzu, als die flackernden Strahlen der Kerze, die sie trug, das Gesicht de Vacs beleuchteten. »Willkommen, Mylord, dreimal willkommen. Die Tochter des Teufels begrüßt ihren Bruder.«

»Halt’s Maul, alte Hexe«, knurrte de Vac. »Reicht es dir nicht, dass du mir schon so viele gute Münzen abgeknöpft hast, um dich für den Rest deines Lebens in Seidenmäntel aus Villosa zu kleiden und an Marzipan und Malvoisier zu laben, dass du mich noch weiter mit der Plage deiner abscheulichen Zunge quälen musst?

Hast du das Bündel Kleider bereit und auch den Schlüssel zu diesem Tor zur Verdammnis? Und der Raum: Hast du die Einrichtung angebracht, die ich hier habe anliefern lasen und die jahrhundertealte Ansammlung von Dreck und Spinnweben vom Boden und den Sparren entfernt? Fürwahr, die Luft stank noch nach den toten Römern, die London vor zwölfhundert Jahren gebaut haben. Und mich dünkt, dem Gestank nach zu urteilen, dass es ein römischer Schweinehirt gewesen sein, der diesen Stall mit seinem Viehzeugt bewohnte, und ich wette, dass du, alte Sau, nie mit dem Besen auch nur in die Nähe dieses Ortes gekommen bist, aus Angst, die verrotteten Gebeine deiner Familie aufzustören.«

»Hört auf zu salbadern, Lord Satan«, rief die Frau. »Ich will lieber Euer Geld reden hören als Euch, denn obwohl es verflucht und verdorben von Eurer schurkischen Hand kommt, spricht es doch mit der gleichen süßen Stimme, als käme es frisch aus den Schatullen der heiligen Kirche.