Der sechste Ring - Musashi Miyamoto - E-Book

Der sechste Ring E-Book

Miyamoto Musashi

0,0

Beschreibung

"Ich habe meinen Geist auf die Kampfstrategie konzentriert und meine Gedanken bei der Übung über lange Zeit hinweg verfeinert, bis ich schließlich den Weg meisterte." Miyamoto Musashi (1584-1645) hat neben dem bekannten "Buch der fünf Ringe" weitere Texte hinterlassen, die im Geheimen überliefert wurden. In diesem Buch stellen wir u.a. seine 35 Artikel zur Kampfstrategie vor, ein ausführliches Übertragungsdokument an einen Schüler sowie den "Spiegel des Kampfweges", den Musashi bereits im Alter von 21 Jahren verfasste. "Mein Weg allein wird durch den Geist gemeistert, damit der Körper seine Fertigkeiten ausführen kann."

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 72

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Weitere Kampfkunsttitel im Angkor Verlag

Reihe „Der Weg des Samurai“

Yamamoto Tsunetomo: Hagakure (Band 1)

Inazô Nitobe: Bushidô (Band 2)

Taira Shigesuke: Bushidô Shoshinshû (Band 3)

Issai Chozan: Zen und Schwert (Band 4)

Takuan Sôhô: Zen und Kampfkunst (Band 5)

Tsukahara Bokuden: 100 Regeln des Krieges (Band 6)

Inhalt

Hyôdôkyô:

Der Spiegel des Kampfweges

Hyôhô Kakitsuke:

Notizen zur Kampfstrategie

Hyôhô Sanjûgo Kajô:

35 Artikel zur Kampfstrategie

+ Hyôhô Shiju ni Kajô

[Ergänzende Artikel]

Gohô no Tachimichi:

Schwertweg der fünf Stände

Kaneko Aizos „Mahnworte“ zur Kampfkunst

Einleitung

Nachdem er zunächst die Enmei-ryû-Schule begründet hatte, zeichnete Miyamoto Musashi (1584-1645) im Jahr 1605 das Hyôdôkyô, den „Spiegel des Kampfweges“, auf. Die heute noch existierenden beiden Kopien waren an verschiedene Personen adressiert und enthielten einundzwanzig bzw. achtundzwanzig Artikel. Musashi schrieb sie später um und ergänzte sie um weitere. Es handelt sich um einen frühen Versuch, den Schwertkampf zu erläutern. Dabei sind einige Gemeinsamkeiten mit dem Tôri-ryû-Stil seines Adoptivvaters unverkennbar.

Das Hyôhô Kakitsuke1 wurde 1638 als Übertragungsdokument für Musashis Schüler verfasst.

1641, zwei Jahre ehe er „Das Buch der fünf Ringe“ (Gorin no sho) schrieb, verfasste Musashi gewissermaßen als Vorstufe die „35 Artikel2 zur Kampfstrategie“ (Hyôhô3 Sanjûgo Kajô) auf Wunsch des Fürsten Hosokawa Tadatoshi (1586-1641), der sein Schüler geworden und dessen langjähriger Gast er war. Wie alle von Musashis Schriften war sie einst nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.

Das Hyôhô Shiju ni Kajô ist beinahe identisch mit diesen 35 Artikeln, enthält aber noch weitere, die hier der Vollständigkeit halber übersetzt werden, auch wenn sie für Verwirrung sorgen könnten, denn die darin beschriebenen Stände unterscheiden sich von denen im „Buch der fünf Ringe“. Musashi vermachte den Text wohl Terao Motomenosuke, dem Bruder von Terao Magonojô, dem er das „Buch der fünf Ringe“ übergeben hatte. Möglicherweise stammen diese Ergänzungen auch von Motomenosuke selbst.

Das Gohô no Tachimichi war als Einleitung des „Buchs der fünf Ringe“ gedacht und auf Chinesisch (kanbun) verfasst, erschien Musashi aber wohl zu prahlerisch, weshalb er es letztlich wegließ. Sein Schüler Terao Kumenosuke benutzte es als Übertragungsdokument für die Niten Ichi-ryû-Schule, wie Musashi seinen Stil später nannte.

Der Spiegel des Kampfweges

Hyôdôkyô

I

Strategie und Positionierung

Wenn du in einen Kampf eintrittst, sollte dein Geisteszustand ruhiger als normal sein. Versuche, den gegnerischen Geist zu lesen. Wird die Stimme deines Gegners höher, weiten sich seine Augen, rötet sich sein Gesicht, zieht er Grimassen und schwellen seine Muskeln an, dann ist er unfähig und wird nur den Boden treffen. Bei einem so zweitklassigen Widersacher bewahre Gleichmut und beobachte seine Miene leidenschaftslos, um ihn nicht zu provozieren. Ergreife dann dein Schwert, lächle und nimm eine Stellung ein, die tiefer als der hohe Stand (jôdan) ist. Wenn er dich angreift, weiche kühl aus. Wirkt er von deiner ungewöhnlichen Einstellung etwas verstört, ist die Zeit für deinen Angriff gekommen.

Wenn dein Gegner ruhig ist, seine Augen verengt, der Körper entspannt, und wenn er sein Schwert so gelassen hält, als würden seine Finger über dem Griff schweben, dann nimm an, dass er ein Experte ist. Schlendere nicht sorglos in seiner Reichweite herum. Du musst die Initiative ergreifen und ihn gekonnt attackieren, zurückdrängen und in schneller Abfolge schlagen. Wenn du mit solch einem fähigen Krieger ungezwungen umgehst, wird er dich zurücktreiben. Es ist entscheidend, zu bestimmen, wie talentiert dein Kontrahent ist.

Was deine Positionierung angeht, gilt für geräumige wie beengte Verhältnisse das Gleiche. Trete so hervor, dass deine Schwertschwünge auf keiner Seite von Mauern behindert werden können. Nimm einen nahen Stand mit deinem Langschwert ein und schließe dann behände die Lücke zum Feind. Würde dein Schwert mit einem Hindernis kollidieren, wird dein Gegner dich ermutigt bedrängen. Wirkt dein Schwert, als würde es an der Decke kratzen, bestimme mit dessen Spitze die tatsächliche Höhe und sei dir ihrer fortan bewusst. Dafür kannst du jegliches Schwert benutzen, solange es nicht das ist, welches du für einen Angriff brauchst.

II

Der Blick

Richte deine Augen auf das gegnerische Gesicht. Konzentriere dich auf nichts anderes. Da sich sein Geisteszustand dort widerspiegelt, gibt es nichts Offenbarenderes als das Gesicht des Gegners. Man beobachtet es, als würde man durch Nebel auf die Bäume und Felsen einer Insel in vier Kilometern Entfernung schauen, oder als starre man durch Schneeregen auf Vögel, die sich in hundert Metern Entfernung auf einer Hütte niedergelassen haben. Man kann es auch mit einem dekorativen Holzbrett vergleichen, mit dem die Dachpfette eines Giebels oder die Ziegel einer Hütte bedeckt werden. Es ist ein Fehler, auf die Stelle zu schauen, die du attackieren willst. Bewege deinen Kopf nicht zur Seite. Täusche Unaufmerksamkeit vor, während du den gegnerischen Körper gleichzeitig wahrnimmst. Runzle die Brauen, wenn du starrst, aber lege nicht die Stirn in Falten. Dies wird einem schließlich durch intuitives Unterscheiden offenbart (kyôgai betsuden4).

III

Das Schwert ergreifen

Deine Finger gleiten zunächst leicht über die Schwertgriffe, ehe insbesondere die Daumen fest zupacken. Dies gilt für die rechte wie die linke Hand. Die Schwerter werden so zusammengebracht, dass die Spitze des Kurzschwertes sich fünfzehn Zentimeter oberhalb und etwa achtzehn Zentimeter vor dem Stichblatt (tsuba) des Langschwertes befindet. Es ist nicht richtig, wenn die Ellbogen zu sehr gebeugt oder die Arme zu steif sind, denn dies wird die Bewegung einschränken. Am besten ist der rechte Ellbogen in einem Winkel von etwa sieben Zentimetern, der linke von etwa zehn Zentimetern. Auch die Handgelenke sollten nicht abgeknickt oder überdehnt sein. Jegliche Muskelsteife soll beseitigt werden. Wenn du dein Langschwert auf die rechte Weise ergreifst, kannst du den Gegner spontan treffen. Hierzu gibt es auch mündliche Unterweisungen.

IV

Distanz überbrücken

Wenn du dich dem Feind näherst, gilt die Position (nahe) der Schwertspitze als Vergangenheit (kako), die Aufschlagfläche (mono uchi)5 (des Mittelteils) der Klinge als Gegenwart (genzai) und die Kontaktstelle nahe des Griffes als Zukunft (mirai). Nach dem Ziehen des Langschwertes ergreife die Initiative aus der Position der „Vergangenheit“ und dringe vor, indem du deine Schwertspitze durch des Gegners „Gegenwart“ führst und unmittelbar triffst. Von der „Vergangenheit“ in die „Gegenwart“ vorzudringen erreicht man, indem sich das eigene Schwert, das zuoberst bleibt, vom gegnerischen Schwert löst oder ihm ausweicht. Zaudere niemals, wenn du „Gegenwart“ erreichst. Du wirst eher nicht treffen, wenn du mit der „Vergangenheit“ zustößt, und wenn du zu sehr mit der „Gegenwart“ schlägst, wirst du den Boden treffen (chi-uchi). Kommst du aber noch näher, solltest du den Gegner packen können. Es ist entscheidend, die Distanz mit deinem gesamten Körper zu überbrücken.

V

Fußarbeit

Bewege dich mit den Füßen ohne Zögern heran, sobald du dein Schwert ziehst. Wenn du durch die „Gegenwart“ des Widersachers gleitest, schlage mit dem Schwert in Harmonie mit deinen Füßen zu. Nachdem du das Langschwert gezogen hast, bewege dich und komme von rechts, wenn es schwierig ist anzugreifen. Denn wenn du dich nach links wendest, wirst du zu weit weg sein und nur wenig Spielraum zum Manövrieren haben. Wenn dein Feind beim Anblick deines Standes mit dem einsatzbereiten Langschwert sich nach links bewegt, folge ihm und nimm dann wieder deinen Stand ein. Übernimm sofort die Initiative, dränge ihn zurück und nutze das Überraschungsmoment. Wenn er verdutzt ist, wirst du klar die Stelle erkennen, wo du ihn treffen musst. Vernachlässige dabei nie deine Deckung. Schlage stark zu, ohne zu nahe zu kommen. Es ist wichtig, sich an die Umstände anzupassen.

VI

Haltung

Neige dein Gesicht ein wenig, ohne einen angespannten Stiernacken zu bekommen, und öffne deine Schultern. Drücke nicht die Brust heraus, aber deinen Bauch. Halte deinen Rücken natürlich gekrümmt und die Hüften stabil. Beuge die Knie leicht und trete fest mit deinen Fersen auf. Deine Zehen sollten sich leicht anfühlen und nach außen zeigen. Wenn du zuschlägst, halte dein Gesicht weiterhin in einem leichten Abwärtswinkel, spanne nun deinen Nacken an, drücke die Brust und den Rücken nach vorn, straffe deine Knie, hebe die Fersen an und stehe kräftig auf deinen Zehen. Triff, während du deinen linken Fuß anhebst. Vernachlässige nach deinem Schlag nicht die Deckung. Starre den Feind an. Sobald er seinen Kopf anhebt, schlage ihn nieder.

VII

Der verlängerte Schnitt (sashiai-giri)