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Ein Kriminalkommissar, der nicht einmal im Urlaub von seiner Profession lassen kann; ein Opfer, das nur scheinbar ein Doppelleben führte; eine Frau, die die Sinnhaftigkeit ihres Lebens hinterfragt, und zwei Polizisten, die um die Lösung wetteifern und sich beide irren;
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Seitenzahl: 508
Veröffentlichungsjahr: 2022
Bernd W. Wuthenow
Der sizilianische
Koch
© 2022 Bernd W. Wuthenow
Buchsatz von tredition, erstellt mit dem tredition Designer
ISBN Softcover: 978-3-347-60519-0 ISBN Hardcover: 978-3-347-60521-3 ISBN E-Book: 978-3-347-60524-4
Druck und Distribution im Auftrag des Autors: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany
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Der sizilianische Koch
1
Die Luft lag über Lübeck wie eine Dunstglocke. Die Augusthitze hatte die Stadt fest im Griff. Seit Wochen war kein Tropfen Regen gefallen, und ein jeder hoffte auf Abkühlung.
Es war erst sieben Uhr am Morgen, als Ivanka Jablonska, mit dem Fahrrad zur Insel fuhr. Sie schwitzte. Ihr Ziel war die „Victoria“, ein kleines Schiff, das unweit der Altstadt in der Trave ankerte. Sie war noch sehr müde. Der Streit, den Jonas gestern Abend grundlos vom Zaun gebrochen hatte, war ihr noch lange im Kopf herumgegeistert und hatte ihr den Schlaf geraubt. Erst gegen Morgen war sie schließlich eingeschlafen.
Als sie das Schiff erreichte, sah sie einen Mann, der auf dem Steg an der Reling lehnte und ihr erwartungsvoll entgegensah wie einer guten Freundin. Sie kannte ihn nicht. Er war klein, hatte schwarzes, gegeltes Haar, einen verschlagenen Blick und trug eine breite Kette auf der halb entblößten, behaarten Brust. Arroganter Fatzke, dachte sie, vielleicht ein Italiener. Fehlt nur noch die Sonnenbrille mit verspiegelten Gläsern. Sie sollte ihm sagen, dass er auf dem Steg nichts zu suchen hat, aber dafür war sie zu müde.
Sie stellte das Fahrrad an die Reling und kramte ihre Schlüssel aus der Tasche. „Sie haben sich wohl in der Haustür geirrt?“, fragte sie, ohne aufzusehen.
„Haustür?“, gab er mit breitem Lächeln zurück und wies auf das Schiff, „Haustür ist gut.“
Der Mann sprach akzentfrei und hatte eine angenehm weiche Stimme. Vielleicht doch kein Italiener, dachte sie.
Sie betrat das Schiff. „Kennt man die Redewendung in Italien nicht?“
Der Mann, der auf dem Steg zurückgeblieben war, lächelte ihr hinterher. „Ich brauche eine Unterkunft“, sagte er. „An der Rezeption war niemand, da hielt ich es für besser, draußen zu warten.“
Rezeption, dachte Ivanka spöttisch. Das Schiff hatte im Unterdeck ganze acht Kajüten, und oben eine Kombüse, dazu einen Aufenthaltsraum und einen Tresen, der Bar und Rezeption zugleich war.
Seit sechs Monaten führte Ivanka das Hotel, als gehöre es ihr. Die Eigentümerin hatte sich fast vollständig aus dem Geschäft zurückgezogen und beschränkte sich darauf, den mehr oder weniger mageren Gewinn einzustreichen, der am Ende eines Monats übrig blieb.
Ivanka warf einen Blick zurück und sah den Mann an, dann bedeutete sie ihm mit einer Geste, ihr zu folgen. Erst jetzt bemerkte sie die beiden Gäste, die auf dem Achterdeck standen und die Situation aufmerksam zu verfolgen schienen.
„Moin“, sagte sie in die Runde, bat den Mann, der ihr inzwischen gefolgt war, zu warten, verschwand in der Kombüse, um das Frühstück zu richten.
Plötzlich stand der Mann neben ihr. Sie hatte ihn nicht kommen hören. Er bewegt sich unangenehm lautlos, dachte sie befremdet.
„Wie ist es denn nun mit einem Zimmer?“
„Ab wann brauchen Sie es denn?“, fragte sie, während sie Kaffeebohnen in den Automaten füllte.
„Ab sofort“, erwiderte er, „für eine Woche, vielleicht ein paar Tage länger. Ich bin Koch und will in Kiel für eine Veranstaltung kochen, aber ich bin ein paar Tage zu früh und sozusagen ohne Obdach.“
Koch, dachte sie, Reisekoch. Köche kamen und gingen, das war nichts Besonderes. Sie wusste nicht, weshalb sie das trotzdem misstrauisch machte. Tatsächlich waren alle acht Zimmer belegt. Zwar würden heute drei Gäste abreisen, aber es lagen bereits drei neue Buchungen vor. Sie füllte Wasser auf und sagte ihm, dass Sie keine freie Kajüte habe.
Der Mann hob die Augenbrauen. „Irgendeine kleine Kammer, die ein anspruchsvoller Gast nicht haben will, wird es auf dem Kahn doch wohl geben. Ich bin auch nicht wählerisch.“
Im Vorschiff gab es tatsächlich eine Kammer, die nicht vermietet wurde, weil sie dafür zu klein war. Für einen Weltenbummler wie diesen seltsamen Italiener hingegen …
Der Mann nahm die Kammer. Der Preis, den er vorschlug, war zwar zu niedrig, aber sein Angebot, Ivanka zur Hand zu gehen, das eine oder andere zu kochen, einzukaufen und sich anderweitig nützlich zu machen, war zu verlockend. Ivanka, die es mochte, Hilfe um sich zu wissen, spürte, dass ihr Misstrauen sich aufzulösen begann wie Frühnebel an einem Sommermorgen. Sie sah keinen Grund, das Angebot abzulehnen. Eine helfende Hand konnte sie immer gebrauchen. Sie sagte zu und schlug vor, gemeinsam das Frühstück zu richten.
Sie sah sofort, dass er vom Fach war. Jeder seiner Handgriffe saß, und sie hatte das Gefühl, alles richtig gemacht zu haben.
Als die drei Gäste ausgecheckt hatten und auch die übrigen von Bord gegangen waren, saßen Ivanka und der Koch bei einem Kaffee auf dem Achterdeck. Guiseppe, wie der Mann hieß, erzählte von sich. Er stamme aus Palermo, sagte er mit einem schwärmerischen Zug um die Augen, lebe aber schon seit mehr als zwanzig Jahren in Deutschland und habe keine feste Anstellung, weil er keine wolle. Er tingele durchs Land, habe schon auf Kreuzfahrtschiffen gekocht, aber auch in großen Hotels. Das in Kiel sei ein Event mit mehr oder weniger wichtigen Managern und werde gut bezahlt. Er möge Schiffe und sei deshalb auf die Idee gekommen, hier anzuheuern.
Guiseppe erzählte blumig und zog mit seinen Schilderungen Ivanka in seinen Bann. Sie verglich sein Leben, wie sie es sich vorstellte, mit ihrem armseligen Dasein zwischen der Kombüse des Schiffs und der ständig von Streit durchzogenen Beziehung mit Jonas. So schlecht war ein Reisegewerbe vielleicht gar nicht. Man musste es nur mögen.
„Und was machst du danach?“, fragte Ivanka. Unwillkürlich war sie zum vertraulichen Du übergegangen, aber als Guiseppe sie anlächelte, als habe sie ihm ein Kompliment gemacht, beschloss sie, es dabei zu belassen. „Ich heiße übrigens Ivanka“, setzte sie hinzu.
Er nickte wissend. „Arbeit gibt es überall. Ich bin noch immer irgendwo untergekommen. Und wenn ich mal keine Lust habe, mache ich Pause.“
„Oder du heuerst auf einem Seelenverkäufer an“, ergänzte sie.
Während er sie betrachtete, fand sie, dass in seinem Blick etwas Verschlagenes lag. „Stimmt“, räumte er ein, „stimmt genau.“
Während sie die Zimmer richtete, war Guiseppe unterwegs. Er kam erst am Abend zurück. Zwei Gästen, die Ivanka um einen Tipp für ein gutes Restaurant baten, empfahl er, es bei dem Italiener auf der anderen Seite der Trave zu versuchen. Ivanka stutzte. Hatte Guiseppe nicht gesagt, er sei das erste Mal in Lübeck? Aber dann wurde ihre Aufmerksamkeit von einem anderen Gast in Anspruch genommen, und wenig später hatte sie die Situation vergessen.
Als Ivanka am nächsten Morgen aufs Schiff kam, hatte Guiseppe bereits das Frühstück vorbereitet.
„Du bist ja schon fleißig“, sagte sie erstaunt. Dabei dachte sie an Jonas, der sich gestern Abend zunächst für seine heftige Reaktion vom Vortag entschuldigt und nach ihrer Schilderung über den ungewöhnlichen Gast gemeint hatte, einem Sizilianer sei nicht zu trauen. Auf ihren Einwand, Guiseppe lebe schon seit mehr als zwanzig Jahren in Deutschland, hatte er stur behauptet, das sei völlig egal; Sizilianer sei Sizilianer, so einer ändere sich nie. Sie solle sich unbedingt den Pass zeigen lassen, aber sie hatte darüber nur gelacht. Guiseppe sei ein reisender Koch, hatte sie amüsiert bemerkt, und kein Mafioso. Als sie ihn jedoch jetzt am Herd werkeln sah, fielen ihr Jonas´ mahnende Worte wieder ein, und sie bat Guiseppe, eine Anmeldung auszufüllen.
Er sandte ihr ein entwaffnendes Lächeln. „Denkst du, ich könnte mich dünne machen und die Zeche prellen?“, fragte er mit unverkennbarem Spott in der Stimme, „oder nicht der sein, der zu sein ich vorgebe?“
Sie fühlte sich, als sei sie bei etwas Peinlichem ertappt worden. Um nicht zu zeigen, wie verlegen die Fragen sie machten, kramte sie geschäftig in ihrer Tasche, während sie sagte, dass ihre Chefin das so wolle.
Er nickte. „Wie du willst“, sagte er. Nachdem er das Rührei zum Büfett gebracht hatte, holte er einen Anmeldezettel vom Tresen und füllte ihn aus. Er zeigte ihn vor und fragte Ivanka, ob sie auch seinen Pass sehen wolle.
„Nein, das ist nicht nötig“, erwiderte sie. „Lege den Zettel einfach auf den Tresen, dann ist es gut. Ich bin nicht misstrauisch. Es muss nur alles seine Ordnung haben.“
„Ja, ja“, spottete er, „bei euch Deutschen muss alles seine Ordnung haben.“
Damit war die Sache erledigt. Sie glaubte, eine solide Menschenkenntnis zu haben. Nach zehn Jahren im Hotelgewerbe roch sie den Betrüger. Guiseppe war keiner, dessen war sie sicher.
Sie kontrollierte das Büfett und war zufrieden. Guiseppe hatte alles genau so gemacht, wie sie es auch getan hätte. Es fehlte nichts, sie musste nur etwas Brot nachlegen.
Plötzlich stand ein Gast neben ihr. Er war zwei Köpfe größer als sie, neigte zur Körperfülle und lächelte sie an. Ivanka schätzte ihn auf Ende fünfzig. Sie wusste, dass er aus Potsdam war, seinen Namen allerdings hatte sie vergessen.
„Das mit den Spaghetti gestern Abend war eine gute Idee“, sagte er mit gewinnendem Lächeln. „Ich war so ausgehungert. Die Nudeln haben mir sozusagen das Leben gerettet.“
Ivanka lächelte zurück und sagte, sie wolle ja nicht, dass ihre Gäste verhungerten. Tatsächlich aber hatte sie keine Ahnung, wovon der Gast sprach, und sie beschloss, der Sache auf den Grund zu gehen. „Hat es Ihnen geschmeckt“, fragte sie in unverfänglichem Ton.
„Absolut“, erwiderte er anerkennend. „Guiseppe hat die Soße nach einem Geheimrezept seiner Oma gekocht, jedenfalls hat er das behauptet. Er wollte es allerdings nicht preisgeben.“
„Geheimrezept eben“, warf sie lächelnd ein, obwohl ihr plötzlich nicht mehr danach. Gäste wurden abends nicht bewirtet, das Geschäft warf so schon kaum etwas ab. „Ich darf nicht mal zusehen, wenn er die Soße zusammenrührt“, erwiderte sie, darum bemüht, ihre Verärgerung zu verbergen. „Da ist er sehr eigen.“ Dann wünschte sie dem Gast einen guten Appetit, ging in die Küche und kontrollierte die Vorräte. Tatsächlich fehlten die Spaghetti, die sie gestern gekauft hatte und sich heute zubereiten wollte.
„Hast du gestern gekocht?“, fragte sie Guiseppe.
Der nickte sofort. „Die Gäste waren so hungrig, als sie abends an Bord kamen“, sagte er mit einem entwaffnenden Lächeln, „da habe ich mich erbarmt. Es war geradezu ein Fest und außerdem eine gute Werbeaktion für deinen Luxusliner.“ Er sah sie mit einem Dackelblick an, der jede Kritik im Keim erstickt, und fragte mit einem unterwürfigen Ton in der Stimme: „Hätte ich das nicht tun dürfen?“
Sie sah ein, dass sie ihm genau das sagen musste. Er war schließlich Gast und hatte hier nicht zu kochen. Dass sie ihm die Kammer billig überlassen und er versprochen hatte, sich nützlich zu machen, änderte daran nichts. „Du hättest mich vorher fragen müssen“, sagte sie vorwurfsvoll, während sie seinem Blick auswich.
„Natürlich“, räumte er sofort ein, „entschuldige, aber ich wusste nicht, wie ich dich erreichen kann. Wenn ich deine Telefonnummer hätte, könnte ich dich künftig anrufen.“
Sie sah nicht, was das eine mit dem anderen zu tun hatte, aber sie nahm eine Serviette und schrieb ihre Handynummer darauf. „Aber nur für den absoluten Notfall“, mahnte sie, während sie daran dachte, was Jonas dazu sagen würde, wenn ein Italiener sie auf ihrem Handy anrief. „Und du kochst hier nicht mehr, verstanden?“
„Alles klar“, sagte er grinsend.
Nach dem Frühstück verschwand Guiseppe. Ivanka fand seine Anmeldung auf dem Tresen. Guiseppe Patani, las sie. Dahinter stand in sauber gemalten Großbuchstaben eine Münchner Adresse. Sie pinnte den Zettel an die Korkwand neben dem Tresen und machte sich daran, die Kajüten, die heute neu belegt werden würden, zu richten und hatte den Vorfall bald vergessen.
Inzwischen machte sie ihre Arbeit auf dem Schiff gern. Sie arbeitete immer zwei Wochen, bis Sarah das Hotel für die nächsten zwei Wochen übernahm. Manchmal, wenn er nichts Besseres vorhatte, half Julius, ihr Sohn. Er war zwar ein bisschen faul, was er mit seinem Vater gemein hatte, aber er konnte gut mit Gästen umgehen. Ihre Arbeit begann um sieben Uhr mit der Vorbereitung des Frühstücks, lief über den Tag mit allerlei Verrichtungen und endete, nachdem der letzte Gast eingecheckt hatte. Zwar sollten die Gäste spätestens um achtzehn Uhr angereist sein, aber das klappte oft nicht. Dann musste sie Überstunden machen, die ihr nicht bezahlt wurden. Aber sie beklagte sich nicht; die Arbeit machte ihr Spaß und ernährte sie.
Als sie mit den Kajüten fertig war, ging sie zum Vorschiff, um ungestört in aller Ruhe eine Zigarette zu rauchen. Sie sah ein Ruderboot, das sich schnell fortbewegte, und beobachtete einen großen, zottigen Hund, der ausgiebig in der Trave plantschte. Er schien Spaß daran zu haben, denn er ignorierte beharrlich die immer besorgter werdenden Rufe der am Ufer stehenden Frau. Schließlich verließ er das Wasser, schüttelte sich kräftig und folgte der Frau, die in einem fort mit ihm zeterte.
Sie warf die Kippe über Bord und wollte gerade in das Innere des Schiffs zurückkehren, als sie bemerkte, dass die Tür zu Guiseppes Kammer einen Spaltbreit offen stand. Sie konnte nicht anders, als einen Blick hineinzuwerfen und betrat den Raum. Alles war sehr ordentlich, nichts lag herum bis auf einen Schlüssel auf dem kleinen Tisch am Fußende des Bettes. Er hing an einem langen Band und sah aus, als gehöre er zu einem Safe.
Plötzlich schämte sie sich ihrer Neugier. Außerdem war sie in diesem Augenblick davon überzeugt, dass Jonas Gespenster sah. Sie ging hinaus, schloss die Tür und nahm sich vor, Guiseppe zu vertrauen.
Die letzten Gäste ließen an diesem Tag auf sich warten. Ivanka saß auf dem Achterdeck und rauchte. Die Mücken plagten sie. Das Partyschiff, das ganz in der Nähe ankerte, hatte heute Ruhetag. Es war einsam um das Hotelschiff.
Es dunkelte bereits, als es plötzlich auf dem Steg unruhig wurde. Ein Mann zog einen Koffer hinter sich her, gefolgt von einer zierlichen Frau, die in ein angeregtes Gespräch mit Guiseppe vertieft war.
Schon wieder Guiseppe, dachte sie überrascht.
Er bringe die verspäteten Gäste, damit sie endlich Feierabend machen könne, sagte er in liebenswürdigem Ton und wies den Gästen den Weg zum Tresen.
Allmählich wurde es Ivanka gruselig. Es schien, als sei Guiseppe ein guter Geist, unauffällig und immer da, wenn es etwas zu helfen gab. Aber sie spürte, dass sie das mochte. Sie eilte an den Gästen vorbei, gab ihnen die Anmeldezettel und den Schlüssel und zeigte ihnen ihre Kajüten. Guiseppe kniff, als sie an ihm vorbeiging, listig ein Auge zu.
Als sie aus dem Unterdeck nach oben kam, war Guiseppe nirgendwo zu sehen, aber für ein Gespräch war sie zu müde.
Als sie nach Hause kam, schlief Jonas schon. Er hatte ihr einen Zettel hingelegt, mit dem er sich für den schönen gemeinsamen Abend bedankte, den sie heute mit ihm hatte verbringen wollen. Die Worte versetzten ihr einen Stich. Jonas hatte sie zwar gebeten, heute etwas früher nach Hause zu kommen, aber damit, dass er etwas anderes vorgehabt haben könnte, als fernzusehen und Bier in sich hinein zu kippen, wie er es jeden Abend tat, hatte sie nicht gerechnet. Jonas war immer sparsam mit Worten, nur mit Vorwürfen war er schnell dabei.
Sie setzte sich auf den Balkon und trank noch ein Glas Wein, dann legte sie sich neben Jonas, bis sie so müde war, dass sie trotz seines Schnarchens einschlief.
Als Ivanka um sechs Uhr erwachte, war Jonas schon fort. Sie duschte, kleidete sich an und fuhr zum Schiff. Die Sonne schien wieder gnadenlos vom Himmel.
Guiseppe wuselte bereits in der Küche. Die Vorräte gingen zur Neige, sagte er, aber ein oder zwei Tage werde es schon noch gehen. Sie hätte lächeln und sich bedanken sollen, aber der Umstand, dass Guiseppe offenbar in den Schränken gekramt hatte, ließ sie schroff reagieren.
„Darum kümmere ich mich morgen“, sagte sie kühl.
Nach dem Frühstück verschwand Guiseppe wieder. Er wolle sich um das Event kümmern. Ivanka sah ihm nach, dann prüfte sie die Vorräte; sie mussten tatsächlich aufgefüllt werden. Sie richtete die Kajüten, putzte das Oberdeck und telefonierte lange mit Jonas, bis das Gespräch wieder einmal im Streit endete.
Am Abend kam Guiseppe zurück aufs Schiff. Er hatte zwei volle Einkaufstüten dabei und überraschte Ivanka mit der Ankündigung, ihr heute ein Menü kredenzen zu wollen. Als Dankeschön dafür, dass sie ihn davor bewahrt habe, unter einer Brücke schlafen zu müssen. Er verschwand in der Küche, als sei sie inzwischen sein bevorzugter Aufenthaltsort, und erklärte sie kurzerhand zur verbotenen Zone. Sein Versprechen, nicht auf dem Schiff zu kochen, hatte er offenbar bereits vergessen.
Ivanka kam sofort der spontane Gedanke, sie müsse sich dagegen wehren, dass Guiseppe sich auf dem Schiff zu bewegen begann, als gehöre es ihm, aber dann kam ihr der schnarchende, personifizierte Vorwurf in ihrem Schlafzimmer in den Sinn, und sie dachte trotzig: Warum eigentlich nicht? Ich kann mich auch einmal verwöhnen lassen. Jeden Morgen richte ich das Frühstück für andere, und wenn ich abends nach Hause komme, hat Jonas nichts vorbereitet und mault mich auch noch an.
Sie setzte sich auf das Vorschiff und sah aufs Wasser, während sie hinter sich Guiseppe mit Töpfen und Pfannen hantieren hörte.
Das Essen war wunderbar. Erst servierte Guiseppe einen Krabbencocktail, dann einen Salat und Häppchen aus Käse, Oliven und Lachs, anschließend tischte er Spaghetti auf, danach folgten Muscheln in einer pikanten Weißweinsauce und ein Fisch, den Ivanka nicht kannte und den Guiseppe fachgerecht zerlegte. Als sie schließlich beim Dessert anlangten, italienischem Eis mit einem Fruchtmus, das auf der Zunge zerging, war es Ivanka, als müsse sie platzen.
Beim Kaffee erwähnte Guiseppe wie nebenher, dass er morgen früh das, was er für den Event benötige, bestellen werde und fragte sie ganz direkt nach ihrem Lieferanten. Als sie, von der Frage viel zu überrascht, um eine Notlüge anbringen zu können, bekannte, ihr eigener Lieferant zu sein, schlug er ihr kurzerhand vor, für sie mit zu bestellen, schließlich böte ihre Küche kaum noch Reserven. „Außerdem ist mein Lieferant viel preiswerter und bietet bessere Qualität als dein Bioladen. Die Ware ist frisch und allemal besser als das, was du im Supermarkt um die Ecke bekommst.“
Sie sah ihn entgeistert an. „Woher weißt du, wo ich einkaufe?“, fragte sie überrascht. „Und warum fragst du mich nach meinem Lieferanten, obwohl du weißt, wer mich beliefert?“
Er grinste entwaffnend. „Nun sei nicht so spröde, Ivanka.“
Nach dem Kaffee wollte er wissen, ob sie es sich wegen der Bestellung überlegt habe. Ivanka war satt und denkfaul und sagte zu.
„Das habe ich gehofft“, gestand er und zog eine Liste hervor. „Ich habe das, was in deiner Küche fehlt, schon mal zusammengestellt. Die Preise stehen dahinter.“
Sie überflog die Liste und war verblüfft. Guiseppe hatte tatsächlich an alles gedacht. Sie schlug ihre Bedenken in den Wind und unterschrieb.
Er legte die Liste auf das Faxgerät, das neben dem Tresen stand, tippte eine Nummer ein und wartete, bis das Sendeprookoll ausgedruckt war. „So“, sagte er, während er die Liste neben sein Anmeldeformular pinnte, „das wäre erledigt. Bleibt nur noch eine Kleinigkeit.“
Ivanka, die mit zunehmendem Unmut registrierte, wie Guiseppe mit größter Selbstverständlichkeit hantierte, als sei es nur eine Frage der Zeit, bis er die Herrschaft an Bord gänzlich an sich reißen würde, verstand nicht sofort, was er meinte.
„Bargeld, Ivanka“, sagte er mit einem Schmelz Entschuldigung in der Stimme, „der Lieferant kennt dich schließlich nicht. Es muss beim ersten Mal alles bar bezahlt werden. Später geht das auch auf Rechnung.“
Sie sah das ein. Alle Lieferanten machten das schließlich so. Sie nahm vierhundert Euro aus der Kasse und gab sie ihm. Sie beschloss, Jonas nichts davon zu sagen, denn der war voller Misstrauen und hörte das Gras wachsen, noch ehe es keimte.
Früh am Morgen, noch bevor der Wecker klingelte, kam eine Nachricht von Guiseppe auf Ivankas Handy. Sie schlief so fest, dass sie es nicht bemerkte. Erst als Jonas sie grob anstieß und irgendetwas knurrte, erwachte sie schließlich. Sie rieb sich die Augen. „Was ist?“, fragte sie verschlafen.
„Handy!“, maulte er, „das nächste Mal schmeiße ich das Scheißding in den Müll.“
Verschlafen griff sie nach dem Handy. Irgendwann, dachte sie, während sie ihm einen vernichtenden Blick zuwarf, werde ich dich in den Müll werfen.
„Die Ware ist gerade eingetroffen“, las sie. „Ich mache jetzt Frühstück. Erwarte dich um neun Uhr. Gruß Guiseppe.“
Sie war viel zu müde, um etwas anderes zu denken als das, wie angenehm es war, sich noch einmal umdrehen zu können. Sie stellte den Wecker aus und schlief noch eine Stunde, anschließend duschte sie, machte Kaffee, den sie stehend in der Küche trank und fuhr dann zum Schiff. Es war wieder sehr warm, eine Dunstglocke lag auch heute über der Stadt.
Schon von weitem sah sie die Gäste auf dem Achterdeck stehen. Irgendetwas schien anders zu sein, als es sollte. Statt entspannt zu frühstücken, sahen die Gäste ihr erwartungsvoll entgegen, kaum dass sie den Steg erreicht hatte. Der Gast aus Potsdam kam auf sie zu und fragte, ob alles in Ordnung sei. Als sie erstaunt bejahte, wollte er wissen, ob es denn heute kein Frühstück gebe. Er war durchaus freundlich, aber sie bemerkte das nicht.
„Natürlich gibt es Frühstück“, erwiderte sie entrüstet, „Guiseppe hat sich doch darum gekümmert.“
Der Gast lächelte nachsichtig. „Sie meinen den Spaghettikoch? Nun, auf dem Schiff ist er nicht.“
Ivanka schloss ihr Fahrrad an. „Er hat mir doch geschrieben, er richte das Frühstück“, erwiderte sie borstig, aber noch während sie das sagte, ahnte sie, was hier nicht stimmte. Ein eisiger Schreck durchfuhr sie. „Sie meinen nicht etwa …“, fragte sie in schlimmer Vorahnung, beendete den Satz aber nicht, als habe sie Angst vor der Antwort. Plötzlich verstand sie, weshalb die Gäste sie so anstarrten, als sei sie eine Übeltäterin schlimmster Sorte. „Das gibt’s doch nicht“, entfuhr es ihr, dann stürzte sie aufs Schiff und lief zur Kombüse. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass auf dem Büfett nichts stand. In der Küche war es nicht anders. Außerdem waren die von Guiseppe angekündigten Vorräte nirgendwo zu sehen.
Sie sah sich um. Mehrere Gäste standen an der Tür. Der Koch habe sie versetzt, entschuldigte sie sich fahrig, aber es gehe gleich los. Dann nahm sie zwei große Taschen, um in den Bioladen auf der anderen Seite des Parks zu flüchten. Außer dem Gast aus Potsdam, der sich erbot, ihr zu helfen, schien niemand Verständnis für ihre Situation zu haben.
Als sie die Ware, die sie hastig in die Taschen geworfen hatte, bezahlen wollte, fiel ihr ein, dass sie gar kein Geld dabeihatte. Die Verkäuferin schien das Besondere der Situation jedoch zu ahnen. „Ich kann's anschreiben“, sagte sie gelassen und kniff verschwörerisch ein Auge zu, „wir kennen uns schließlich.“
Mit den Einkäufen zauberte Ivanka in Windeseile ein Frühstück. Es kam zwar eine Stunde später als sonst, aber es fehlte den Gästen an nichts. Zwischendurch versuchte sie immer wieder, Guiseppe auf dem Handy zu erreichen, aber es meldete sich nur die Mailbox.
Als sich die Situation ein wenig entspannt hatte, ging sie zu der kleinen Kammer im Vorschiff. Die Tür war verschlossen. Sie holte den Ersatzschlüssel aus der Schatulle unter dem Tresen, schloss die Tür auf und sah sich nun endgültig in ihrer Vermutung bestätigt: Guiseppe war weg, und mit ihm seine wenigen Habseligkeiten. Der Kerl ist einfach abgehauen, dachte sie fassungslos. Dann aber wurde sie sich der Tatsache bewusst, dass er nicht nur die Ware nicht geordert, sondern auch das Geld mitgenommen hatte. Bei dem Gedanken schossen ihr Tränen in die Augen.
Plötzlich hörte sie es hinter sich hüsteln. Sie wandte sich um, hoffend, Guiseppe stehe hinter ihr und werde nun alles aufklären, aber es war einer der Gäste, der ihr sagte, er wolle auschecken.
Sie begann wieder, zu funktionieren. „Natürlich“, sagte sie, „ich komme sofort.“
Sie verschloss die Kammer und steckte den Schlüssel ein. Sie würde ihn bei sich behalten, bis die Polizei käme, um alle Spuren zu sichern.
Der Gast stand schon am Tresen und hatte sein Portemonnaie in der Hand. Er wolle bar zahlen, sagte er. Sie glaubte in seiner Stimme Mitleid mitschwingen zu hören.
Als sie die Kasse öffnete, erlebte sie die nächste Überraschung: In der Kasse befand sich nur etwas Kleingeld. Nicht auch das noch, durchfuhr es sie, Als sie dem Gast sagte, sie könne nicht wechseln, empörte sich der und vermutete gehässig, Ivanka wolle auf besonders dreiste Weise Trinkgeld schnorren.
„Die Kasse ist ganz einfach leer“, rief sie empört, nun schon an der Grenze ihrer Belastbarkeit, „der Koch hat das ganze Geld geklaut. Ich kann Ihnen nicht herausgeben. Verstehen Sie das denn nicht?“
Plötzlich stand der Gast aus Potsdam neben ihr. Er empfahl dem Anderen, im Bioladen zu wechseln und drängte sich kurzerhand zwischen die beiden, um die unschöne Situation zu beenden.
Ivanka sah ihn an, dann warf sie einen Blick in die Kasse und sah wieder auf. „Danke.“
„Rufen Sie die Polizei“, empfahl er, „aber seien Sie nicht enttäuscht, wenn sich deren Engagement in Grenzen hält.“
Ivanka war jetzt dem Heulen nahe. Sie schluchzte, dann griff sie zum Handy.
Es könne dauern, sagte man ihr. Sie solle nichts verändern und auf dem Schiff bleiben. Ivanka versprach, dass zu tun, dann legte sie auf.
In diesem Augenblick erschien Julius. Aufgelöst erzählte sie ihm, was geschehen war. Jetzt, wo sie darüber sprach und sich darüber klar zu werden begann, was geschehen war, konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Julius nahm sie in den Arm und versuchte, sie zu trösten. Er hielt sie fest und strich ihr übers Haar. Dann löste er sich ganz behutsam von ihr und ging zur Garderobe hinter dem Tresen. Ivanka sah ihm nach, und ein furchtbarer Gedanke durchschoss sie. „Nein“, murmelte sie entsetzt. „Nicht auch das noch.“
Julius betastete die Jacke, die er gestern zurückgelassen hatte, kramte er in den Taschen, aber er förderte nichts zutage. „Doch“, gab er schließlich zurück, „mein Portemonnaie ist auch weg.“
Sie sah ihn an, als habe er soeben ihr Todesurteil verkündet. Sie brachte keinen Ton heraus. „Der Lohn eines ganzen Monats“, hörte sie ihn leise sagen. „Weg wie dieser beschissene Koch.“
Sie stand wie versteinert, aber in Gedanken rechnete sie bereits. Julius´ Lohn, der Inhalt der Kasse, das Geld für den Lieferanten: Guiseppe hatte mehr als zweitausend Euro gestohlen und überdies die Zeche geprellt. Und sie wusste nicht einmal, wie er tatsächlich hieß, denn sein Meldezettel war ebenso verschwunden wie er.
Plötzlich stand der Gast aus Potsdam neben ihr. Er legte ihr behutsam eine Hand auf die Schulter und sagte tröstend: „Es ist nur Geld.“
Sie sah zu ihm auf. Er stand im Gegenlicht, so dass sie seine Miene nicht erkennen konnte. Was weißt denn du, dachte sie trotzig. Du kennst meine Chefin nicht. Die wird alles Geld von mir wiederhaben wollen, jeden Cent. „Das stimmt“, sagte sie dennoch, aber ihre Stimme war voller Bitterkeit. „Wenn ich den Drecksack erwische, mache ich ihn tot.“
„Vorsicht“, mahnte der Gast, „mit solchen Äußerungen sollten Sie sich zurückhalten. Wenn der Drecksack eines Tages in der Trave liegen sollte, kopfunter, tot und aufgedunsen, wird sich der eine oder andere vielleicht an Ihren Spruch erinnern.“
Sie sah ihn an, dann musste sie lachen. Es war ein befreiendes Lachen, schließlich stimmte es ja: Es war nur Geld.
„So ist es besser“, sagte der Gast.
Als plötzlich Ivankas Handy klingelte, glaubte sie, Guiseppe rufe an, werde das Missverständnis erklären und ankündigen, vorbeizukommen und alles wieder gutzumachen. Aber es war ein Polizist, der sie bat, aufs Revier zu kommen.
Die Aufforderung machte sie fassungslos. „Soll ich vielleicht die Fingerabdrücke in der Kajüte selbst abnehmen?“, fragte sie wütend, „oder das Schiff mitbringen? Vielleicht reist der Misthund mit dieser Masche durch die Welt und hat irgendwo Spuren hinterlassen.“
Dass wenig später zwei Polizisten auftauchten, hatte Ivanka nicht ihrer Hartnäckigkeit zu verdanken, sondern dem Gast aus Potsdam. Aber das wusste sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Die beiden Polizisten taten ihre Arbeit lustlos und oberflächlich, während sie sich unablässig über ein Fußballspiel vom Vorabend unterhielten. Sie sahen sich in der Kammer um, pinselten ein bisschen am Türrahmen und schauten in Schrank und Kommode, in denen sich jedoch nichts befand, dann erst nahmen sie Ivankas Aussage auf und versprachen, sich zu melden, aber es klang, als verspreche jemand nach der Beerdigung eines entfernten Verwandten, gelegentlich vorbeizukommen.
Ivanka war davon überzeugt, dass man Guiseppe, oder wie immer der Kerl tatsächlich heißen mochte, nie finden würde. Und dass sie das Geld wiederbekam, glaubte sie ebenso wenig.
„Was wird denn nun?“, fragte sie den Gast, der nicht von ihrer Seite gewichen war.
Er sah sie an. „Hoffen Sie auf gar nichts“, riet er, dann bat er sie um die Telefonnummer des Gastes, der sie vorhin am Tresen so angeherrscht hatte.
Sie erschrak. „Wollen Sie ihn etwa in die Zange nehmen?“, fragte sie, als könne sie das unter keinen Umständen zulassen.
Aber der Gast schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich nicht“, sagte er. „Ich will ihn nur fragen, ob ihm irgendetwas aufgefallen ist.“
In ihr erwachte das Misstrauen. „Aber darum kümmert sich doch die Polizei.“
Der Gast lächelte nachsichtig. „Seien Sie sich da mal nicht so sicher.“
Irgendetwas sagte ihr, dass er Recht hatte. Vielleicht würde es Ärger geben, wenn sie die Telefonnummer herausgab, aber den gab es sowieso. Also tat sie ihm den Gefallen.
In diesem Augenblick klingelte das Telefon, und ein Ivanka gänzlich unbekannter Lebensmittellieferant fragte, wann sie die georderte Ware abzuholen gedenke. Auf das Abholen könne er verzichten, schob er mit einem dümmlichen Lachen nach, aber die Kohle wolle er trotzdem. Die Ware sei schließlich verbindlich bestellt und gammle bereits seit drei Stunden vor sich hin.
Ivanka legte fassungslos auf und starrte den Gast entgeistert an, als sei ihr gerade offenbart worden, dass nach ihr gefahndet werde.
„Was ist?“, fragte der Gast.
Sie hörte die Frage nicht. Sie war wie versteinert, denn plötzlich erinnerte sie sich: Guiseppe hatte die Liste mit den Waren in das Faxgerät geschoben, eine Nummer eingetippt und abgeschickt. Er hat es getan, dachte sie fassungslos, er hat tatsächlich die Ware bestellt, obwohl er wusste, dass er sie weder bezahlen, noch abholen würde.
Das Telefon klingelte erneut. Der Gast, der noch immer neben ihr stand, nahm, als Ivanka nicht reagierte, ab, hörte zu, sagte, er werde das klären und legte auf.
Ivanka sah ihn aus tränenfeuchten Augen an. „Was ist?“
„Er schickt die Rechnung“, sagte er mit unverkennbarem Bedauern in der Stimme.
Ihre Gedanken kreisten inzwischen schon nicht mehr nur um den Schaden, den Guiseppe angerichtet hatte, oder darum, wie sie die Sache ihrer Chefin beibringen sollte, sondern um den Schaden, den sie selbst genommen hatte. Der wog ungleich schwerer und saß ganz tief; vielleicht ließ er sich nie wieder gut machen. Sie war vertrauensselig gewesen, hatte ihre Bedenken in den Wind geschlagen und dafür nun die Quittung bekommen. Jonas würde ihr das gehörig unter die Nase reiben.
Julius, der sich im Hintergrund gehalten hatte, merkte offenbar, was in ihr vorging, denn er kam, kaum dass sich der Gast aus Potsdam anschickte, das Schiff zu verlassen, zu ihr, drückte sie fest und sagte: „Du bist die beste Mutti der Welt.“
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Kurt Wießner verließ das Hotelschiff in der Überzeugung, der Frau helfen zu müssen. Sie war naiv und arglos gewesen, aber das änderte nichts daran, dass sie böse betrogen worden war und noch lange unter den Folgen würde leiden müssen.
Er hatte im Polizeirevier angerufen, damit jemand käme. die Spuren aufzunehmen. Dass er Hauptkommissar der Potsdamer Kriminalpolizei war, hatte er bisher für sich behalten, schließlich war er im Urlaub. Susanne, seine Tochter, war der Meinung, seine Urlaubsziele seien skurril. Er wolle sich doch nicht etwa alte Hansestädte anschauen, hatte sie ihn mit spöttischem Unterton gefragt, wo er sich doch weder für Geschichte, noch für Architektur interessiere. Sowas tue nur, wer mit seiner freien Zeit nichts anzufangen wisse. Er hatte indessen an seinen Plänen festgehalten.
Sein erstes Ziel war Stralsund gewesen, jene Stadt vor der Insel Rügen, die ihn mit ihrer liebevoll restaurierten Altstadt sofort in ihren Bann gezogen hatte. Anschließend war er nach Lübeck gereist und im Hotelschiff untergekommen. Eine Kollegin vom Empfang hatte es ihm empfohlen. Es gefiel ihm, denn es strahlte eine familiäre Atmosphäre aus, die mit dieser Frau zusammenhing. Ihr nahm er ab, dass sie freundlich war, weil sie es wollte und nicht, weil es von ihr erwartet wurde. Sie kümmerte sich fürsorglich um ihre Gäste, und es schien ihr wichtig zu sein, dass es ihnen gut ging.
Eigentlich hatte er morgen abreisen und ein Quartier in Kiel suchen wollen, aber wenn das Zimmer noch frei war, würde er bleiben und sehen, was er für die Frau tun konnte. Susanne sollte nichts davon erfahren, denn sie würde sofort schimpfen, dass er berufsverseucht sei, nun auch noch den Urlaub für Verbrecherjagd zu nutzen, statt sich zu erholen.
Nachdem er die schwankende Reling verlassen und wieder festen Boden unter den Füßen hatte, wandte er sich nach rechts und folgte dem breiten Kiesweg zwischen der Trave und einem lang gestreckten Parkplatz in Richtung Altstadt. Es war noch wärmer als gestern; es würde wohl ein Gewitter geben.
Während er einen Fuß vor den anderen setzte, überlegte er, wie er der Frau helfen konnte, schließlich hatte er in Lübeck keinerlei Kompetenzen und musste damit rechnen, nicht nur misstrauisch beäugt, sondern gar hinausgeworfen zu werden, wenn er offenbarte, sich für den Fall zu interessieren. Aber er wollte es wenigstens versuchen.
Er setzte sich auf eine Bank nahe der Brücke, die die Insel mit der Altstadt verband, und betrachtete die Windjammer am gegenüberliegenden Ufer. Das scheinbar unentwirrbare Gestrüpp von Seilen, Netzen und Rahen, das von den Masten wie übergroße Spinnweben herunterhing, beeindruckte ihn.
In Gedanken sah er die Frau vom Hotelschiff vor sich, wie sie ihm mit warmem Lächeln versicherte, dass Rührei sei gleich fertig; er sah den Gast, der ihr dreist vorgeworfen hatte, sie wolle ein opulentes Trinkgeld schnorren, und er sah diesen Koch, der sie bekocht hatte, als gehöre das Schiff ihm.
Er nahm das Handy und wählte die Telefonnummer, die die Frau vom Hotelschiff ihm gegeben hatte. Es würde kein angenehmes Gespräch werden, das ahnte er. Tatsächlich knurrte der Mann am anderen Ende der Leitung ungehalten über die Störung. Den Hintergrundgeräuschen nach zu urteilen saß er in einem fahrenden Auto. Er wurde erst zugänglicher, als Wießner ihm sagte, er sei Polizist und untersuche den Sachverhalt auf dem Schiff. Sollte der Mann ruhig glauben, er gehöre zur Lübecker Polizei.
„Dumme Sache“, sagte der Mann und fügte unangenehm näselnd hinzu, sowas passiere, wenn ein ausgebufftes Schlitzohr auf einen Dümmeren treffe, als es selbst eines sei.
Die Bemerkung ärgerte Wießner, und er fragte den Mann, ob er mit dem Dümmeren die Frau vom Schiff meine, wartete eine Antwort aber nicht ab, sondern brachte sofort zur Sprache, was er von ihm wollte.
Er bat um das Foto.
Die Antwort ließ auf sich warten. „Welches Foto?“, fragte der Mann schließlich zögernd. „Ich fürchte, ich verstehe nicht.“
„Das Bild, das Sie mit Ihrem Handy vom Spaghettiessen gemacht haben“, entgegnete Wießner. „Ich gehe davon aus, dass Sie es mir freiwillig schicken, sonst müsste ich einen Richter bemühen, und das wollen wir doch wohl beide nicht.“ Er hielt kurz inne, seufzte und setzte dann fort: „Ach ja, und anschließend wollen Sie es bitte löschen, um sich Ärger zu ersparen.“
Einen Augenblick war Ruhe am anderen Ende der Leitung, und Wießner bedauerte, das Gesicht des Mannes nicht sehen zu können. „Warum sollte ich das tun?“, fragte der schließlich trotzig.
Wießner, der eine Spur Unsicherheit herausgehört hatte, entgegnete: „Ganz einfach: Weil Ihnen niemand erlaubt hat, es zu machen.“
„Woher wollen Sie das denn wissen?“, fragte der Mann entrüstet. „Sie waren doch überhaupt nicht dabei.“
Wießner grinste. „Von der kleinen Frau, die Sie für dumm halten“, sagte er so herablassend, wie er konnte. „Es ist gefährlich, Menschen auf Grund eigener Überheblichkeit zu unterschätzen.“
Der Mann versprach knurrend, das Foto zu schicken, dann legte er ohne ein weiteres Wort auf.
Tatsächlich war das Foto wenig später auf seinem Handy. Na also, dachte er zufrieden, es geht doch.
Das Bild war eine Momentaufnahme, nicht scharf, grobkörnig und schlecht belichtet, aber Guiseppe war trotzdem gut darauf zu erkennen. Ein Kriminaltechniker würde daraus etwas machen können. Er speicherte es ab, dann rief er bei der Münchner Kriminalpolizei an und bat, mit Oberkommissar Sepp Hausinger verbunden zu werden.
Er hatte nicht geglaubt, dass er den bayerischen Kollegen so schnell brauchen würde. Sie hatten sich vor kurzem bei einem Lehrgang kennengelernt, und Hausinger war ihm sofort sympathisch gewesen. Er hatte ein freundliches Naturell und war den Referenten wiederholt mit der Bemerkung in die Parade gefahren, die leidige Polizeipraxis unterscheide sich bedauerlicherweise häufig von der grauen Theorie. Abends hatten sie zusammengesessen und geklönt und am Ende des Lehrgangs ihre Telefonnummern ausgetauscht.
Es dauerte lange, bis jemand in breitem Niederbayrisch den Namen Hausinger in den Hörer bellte.
„Hier ist Kurt Wießner.“
„Ah, Kurt“, sagte Hausinger dröhnend, „brennt die Luft bei dir im Brandenburgischen, das du mich anrufst.“
„Das nicht, aber ich bin zufällig in einen seltsamen Fall hineingeraten.“
„Tun wir das nicht täglich?“, erwiderte Hausinger und ließ ein dröhnendes Lachen folgen.
Wießner erzählte ihm die Geschichte. Hausinger unterbrach ihn nicht ein einziges Mal. Erst als Wießner geendet hatte, sagte er: „Das ist tatsächlich ein seltsamer Fall. Wie kann ich dir helfen, wenn ich mal darüber hinwegsehe, dass du dort oben nichts zu untersuchen hast. Oder hat man dich versetzt?“
Wießner verneinte, dann trug er sein Anliegen vor. Hausinger hörte schweigend zu und versprach, sich wieder zu melden. „Das kann allerdings ein paar Tage dauern.“
Wießner war das recht. „Du hast etwas gut bei mir“, versicherte er und versprach, ihm seinerseits zu helfen, wenn es nötig sei und beendete das Gespräch. Dann schickte er ihm das Foto von Guiseppe.
Während Wießner sich gedankenversunken mit dem Handy in die hohle Hand klopfte, betrachtete er die Windjammer, dann machte er sich auf den Weg zum Polizeirevier in der Altstadt. Er überquerte die Brücke und tauchte in das Gewirr enger Gassen ein. Die roten Backsteinbauten begeisterten ihn. In einer der Gassen, die so eng war, dass zwei Menschen einander nicht begegnen konnten, ohne sich zu berühren, traf er auf einen rotgetigerten Kater. Er kam mauzend auf ihn zu und war so fett, dass sein Bauch beinahe den Boden streifte. Das Tier tat Wießner leid. Er kraulte ihm den Nacken, während er sich fragte, was das für Menschen waren, die es derart fett hatten füttern können. Er sollte es im nächsten Tierheim abgeben.
Hinter dem Torbogen am anderen Ende der Gasse betrat er einen menschenleeren Spielplatz. Dahinter erhob sich eine Kirche, die weder einen Turm noch eine Uhr hatte.
Das Gebäude des Polizeireviers, vor dem er schließlich stand, entsetzte ihn, ragte es doch mit all seinem Beton und Glas aus den roten Backsteingebäuden, die von der einst blühenden Hansezeit kündeten und liebevoll in die Gegenwart hinübergerettet worden waren, heraus wie ein giftiger Stachel. Was für eine geschmacklose architektonische Entgleisung, dachte er.
Er betrat die Eingangshalle und ging auf einen Polizisten zu, der ihm erwartungsvoll entgegensah. Er wolle zu dem Kollegen, der sich für den dreisten Coup auf dem Schiff verantwortlich fühle, sagte er.
Der Polizist hatte offenbar keine Ahnung, wovon Wießner sprach, denn er glotzte ihn verständnislos an und fragte, ob er ihn veralbern wolle. Es gebe in Lübeck tausende Schiffe, auf denen ständig beschissen werde. Etwas genauer müsse er schon werden.
Wießner sah das ein. Verglichen mit der mickrigen Flotte Potsdams, die die Touristen der Stadt auf der Havel herumschipperte, war auf der Trave sicher mehr los. „Ich meine das Hotelschiff“, sagte er, während er im Handy die Buchungsbestätigung für sein Zimmer suchte. „MS Victoria“, las er vor. „Zwei Kollegen von Ihnen waren schon dort, um Spuren aufzunehmen.“
Die Miene des Polizisten klarte sofort auf, und er bekannte, von dem Fall tatsächlich gehört zu haben. „Paul und Malte waren stinksauer, dass sie ausrücken mussten“, setzte er, nicht ohne einen gewissen Spott in der Stimme, fort. „Irgend so ein Wichtigtuer hat hier mächtig Dampf gemacht. Gefunden haben sie allerdings nichts. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass Sie es mit den beiden zu tun kriegen wollen.“ Dann hielt er den Kopf schief, als begreife er erst jetzt, dass er einem ihm völlig unbekannten Menschen polizeiliche Interna ausgeplaudert hatte. „Darf ich fragen, wer Sie überhaupt sind?“
„Ein Zeuge.“
Der Polizist lächelte herablassend, dann sagte er: „Oberkommissar Windmüller ist mit der Sache betraut. Aber ich warne Sie. Der ist ähnlich sauer wie Paul und Malte.“
Anders, als Wießner es erwartet hätte, schien Windmüller, zu dem er schließlich gebracht wurde, ein durchaus patenter Kerl zu sein. Er war hemdsärmelig, hatte hängende Schultern wie ein vom Leben enttäuschter und vorschnell gealterter Mann und ein Gesicht wie eine französische Bulldogge. Aber er blickte verschlagen und misstrauisch wie ein Fuchs, der in allem und jedem eine todbringende Gefahr wittert.
„Einen Brandenburger hatte ich in meiner Bude auch noch nicht“, bekannte Windmüller jovial, nachdem Wießner sich vorgestellt hatte. „Hier bin ich nur von nordischen Sturköpfen umgeben.“ Er seufzte wie jemand, der es schwer im Leben hat und das allenthalben zeigen will, dann bot er Wießner einen Stuhl an. „Weißt du schon, wer der Strolch ist, der auf dem Hotelschiff sein Unwesen getrieben hat? Ich hörte, du hättest mit ihm zu tun, privat sozusagen.“
Das ging ja schnell, dachte Wießner erstaunt. „Nicht direkt“, wich er aus, während er an Hausinger denken musste.
Windmüller setzte sich hinter seinen Schreibtisch und warf einen flüchtigen Blick auf die Akte, die aufgeschlagen vor ihm lag. Dann beugte er sich zu Wießner vor und bekannte freimütig: „Weißt du, Kollege, ich würde nur ungern allzu viel Gehirnschmalz auf diese seltsame Sache verwenden, wenn sie sich auf andere Art und Weise klären ließe.“ Er unterstrich seine Worte mit einem breiten Grinsen und schob die Akte über den Schreibtisch. „Du kannst die mageren geistigen Ergüsse gerne lesen, aber ich warne dich. Es wäre Zeitverschwendung. Es steht nämlich nichts drin. Der reine Murks, wenn du mich fragst.“
Wießner wollte nicht in der Akte blättern. „Erzähle mir einfach, was drinsteht.“
Das Ergebnis war eine ernüchternde Ansammlung von nichts. Wießner hatte zwar keine überbordende Fülle von Details erwartet, dass er aber so gar nichts erfahren würde, enttäuschte ihn. „Immerhin wissen wir, dass der Strolch aus München stammt“, sagte er. Wieder bemerkte er den Blick des misstrauischen Fuchses und fügte beschwichtigend hinzu: „Aber ob das tatsächlich stimmt…“
„Du weißt offenbar mehr als wir“, ward Windmüller forschend ein. „Warum warst du eigentlich auf dem Schiff?“
„Das bin ich noch immer.“ Dann erzählte er von seinen Urlaubsplänen, die ihm plötzlich, während er sie beschrieb, albern vorkamen.
Plötzlich vollzog Windmüller eine seltsame Verwandlung, die Wießner noch lange zu denken geben sollte. An seiner Nasenwurzel bildete sich eine Unmutsfalte. „Das erklärt“, sagte er ganz leise, „weshalb du nicht nur Zeit hattest, die Ermittlungen an dich zu reißen wie ein berufsverseuchter Kollege, sondern auch noch meine Leute zu scheuchen.“ Er schien den Vorwurf durchaus ernst zu meinen, denn er fügte bissig hinzu: „Sage mir nicht, dass du deine sauer verdienten freien Tage damit zubringst, dir Backsteingebäude und gotische Kirchen anzuschauen. Für die hast du dich doch dein ganzes bisheriges Leben lang genauso wenig interessiert wie für die Wasserstände der Trave?“
Wießner spürte die tiefe Ablehnung. Um diese nicht noch zu fördern, sagte er versöhnlich: „Nein, lass es gut sein, Kollege, ich bin froh, mal aus meinem Büro herauszukommen. Es ist tatsächlich ein Zufall, dass ich auf dem Schiff kampiere.“
Windmüller lachte gekünstelt. „Ich will dir mal was sagen: Du wirst ein wenig in diesem Fall herumstochern, weil er dich, aus welchen Gründen auch immer, interessiert, dann aber wirst du das Interesse verlieren und zur nächsten Backsteinkirche weiterreisen. Ich indes werde die Frau vom Hotelschiff vernehmen und feststellen, dass der Trick, der ja nun weiß Gott nicht neu ist, wieder einmal funktioniert hat, weil die Dummen auch in Lübeck nicht alle werden. Ich werde feststellen, dass sich der Täter nicht ermitteln lässt, weil er rechtzeitig die Stadt verlassen hat, und dann, lieber Kollege, werde ich die Akte zuklappen und ins Archiv legen, wo sie allmählich vergammeln wird, von der Welt vergessen und ohne die geringste Chance, der Gerechtigkeit zum Durchbruch zu verhelfen. Der Trick ist mies, zugegeben, aber er klappt immer noch genauso zuverlässig wie der mit den Enkeln. Du kannst die Bevölkerung noch so sehr vor allen Gefahren warnen, es steigt trotzdem jeden Morgen ein Dummer aus dem Bus. Das ist in Lübeck nicht anders als in Brandenburg.“
Dass Windmüller plötzlich so verbittert schien, erschreckte Wießner. „Ich würde mich trotzdem freuen, wenn wir gelegentlich Details austauschen könnten.“
Windmüller grinste breit. „Du bist doch keine Frau“, sagte er herablassend. „Details sind etwas für Weiberröcke, Menschenskind. Fakten, Kollege, Fakten sind unser Los.“
Wießner war jetzt fest davon überzeugt, dass Windmüller an der Lösung des Falles gar nicht interessiert war. Er sah daher keinen Grund, das Gespräch noch länger auszudehnen. Er bat Windmüller, sich gelegentlich nach dem Stand der Ermittlungen erkundigen zu dürfen, rechnete aber mit nichts. Dann verließ das Polizeirevier. Er war enttäuscht.
Auf der Straße traf ihn die Hitze wie ein Faustschlag. Es schien ihm, als bewegten sich die Menschen langsamer als vorhin. Er zog sein Jackett aus, lief die Straße hinunter bis zur Untertrave, dann wandte er sich nach links und betrat nach wenigen Schritten ein Café, suchte sich einen Platz am Fenster und bestellte Kaffee und einen Amerikaner. Die Serviererin, die ihn an Susanne erinnerte, nahm seine Bestellung wortlos entgegen, und er verzichtete darauf, sie in ein Gespräch zu verwickeln.
Der Besuch im Polizeirevier war zwar enttäuschend, aber keineswegs umsonst gewesen. Windmüller würde ihm vermutlich keine Schwierigkeiten machen, weil ihn der Fall nicht interessierte. Außerdem hatte er ihm eigenmächtige Ermittlungen nicht ausdrücklich verboten. Deshalb fühlte Wießner sich zwar nicht ermuntert, aber doch zumindest ermächtigt, der Frau vom Hotelschiff zu helfen. Die Kirchen und Backsteingebäude liefen ihm weder in Lübeck noch in anderen Hansestädten weg und würden vermutlich in den nächsten Wochen nicht abgerissen werden.
Das Bestellte kam. Wießner wartete, bis die Serviererin gegangen war, dann zog er sein Notizbüchlein hervor und notierte die ersten Fragen: Wer war Guiseppe Patani? Was wusste er von ihm? Er malte ein großes Fragezeichen dahinter und sah auf. Die Antwort war alles andere als berauschend: Nichts wusste er, gar nichts, nicht einmal, ob Guiseppe Patani tatsächlich Italiener war oder nur so aussah. Die Frau vom Schiff hatte behauptet, Guiseppe sei vor mehr als zwanzig Jahren aus Palermo gekommen und habe akzentfrei gesprochen. Aber stimmte das? Konnte einer, der zwanzig Jahre in Deutschland gelebt hatte, Deutsch sprechen wie seine Muttersprache? Schließlich sprachen viele Menschen, selbst wenn sie schon lange in Deutschland lebten, ein sehr schlechtes Deutsch. Wenn er darüber nachdachte, kannte er überhaupt niemanden, der nicht hier geboren und aufgewachsen war und akzentfrei sprach. War Guiseppe Patani demzufolge gar kein Italiener und keineswegs vor zwanzig Jahren aus Palermo eingewandert? Vermutlich stimmte nichts, nicht einmal der Name, der im Anmeldeformular gestanden hatte. Vielleicht reiste Guiseppe unter falschem Namen mit seiner Masche durchs Land und wurde längst polizeilich gesucht. Das ließ sich zwar ohne weiteres aufklären, aber er wollte Windmüller nicht damit behelligen. Er beschloss, auf Hausingers Anruf zu warten und dann zu entscheiden, ob er zur nächsten Hansestadt weiterziehen oder hierbleiben und in fremden Revieren wildern würde, bis man ihn verjagte. Es war ihm, anders als Windmüller, nicht egal, wie es weiterging.
Plötzlich stand die Serviererin neben ihm. „Wollen Sie noch was?“
Er überhörte den herablassenden Ton. „Haben Sie manchmal Italiener zu Gast?“, stellte er eine Gegenfrage.
Das Mädchen sah ihn irritiert an, dann zuckte sie mit den Achseln. „Ja, schon, manchmal. Warum?“
„Woran erkennen Sie, wenn es ein Italiener ist?“
„Das ist ganz verschieden. Kommt drauf an.“
Die typische Antwort eines Juristen, dachte Wießner amüsiert. „Worauf?“
Sie legte das Tablett vor den Bauch und spannte ihre Arme darüber. „Auf die Klamotten zum Beispiel“, erwiderte sie, „den Glanz der schwarzen Haare, die Art, wie einer spricht, die fette Goldkette, was weiß ich. Aber eigentlich erkenne ich einen Italiener daran, wie er einen Namen ausspricht.“
Wießner horchte auf. „Wie meinen Sie das?“
Zum ersten Mal lächelte sie. „Ganz einfach. Nur ein Italiener kann den Namen Pasquale so aussprechen, dass er wirklich italienisch klingt. Er kann schon eine Ewigkeit in Deutschland leben, trotzdem wird er es immer so tun, als begrüße er auf einem Campo in Palermo seinen besten Freund oder seine Blagen. Sowas lässt sich nicht eindeutschen.“ Sie nahm das Tablett an die Seite und schob das Portemonnaie hinter ihre Schürze. „Was ist nun, wollen Sie noch was?“
„Ein wirklich interessanter Gedanke“, sagte er erstaunt. Er bedankte sich für das nette Gespräch, bezahlte und verließ nachdenklich das Café.
Er folgte dem Ufer der Untertrave bis zu einer Querstraße, die zum Holstentor führte. Der Gedanke, den das Mädchen geäußert hatte, beschäftigte ihn. Es stimmt vermutlich tatsächlich, dachte er, während er einen Fuß vor den anderen setzte, dass man daran, wie jemand einen Namen ausspricht, erkennt, wo er herkommt. Offenbar hatte er nicht die Beobachtungsgabe einer Kellnerin, dass er nicht selbst darauf gekommen war.
In einem Copyshop ließ er sich von dem Foto vom Spaghettifest einen großformatigen Ausschnitt ausdrucken, auf dem Guiseppe zu sehen war, aber das Ergebnis war unbefriedigend. Er ließ immer kleinere Abzüge fertigen, bis er ein Format in Händen hielt, mit dem er einigermaßen zufrieden war.
Anschließend ging er zum Hotelschiff zurück.
Die Frau saß auf dem Achterdeck, rauchte und sah ihm entgegen. Er setzte sich zu ihr und warf wortlos einen Blick in ihre Kaffeetasse. Sie verstand die Geste sofort. „Sie wollen auch einen, was?“, fragte sie, während ein Lächeln ihre Lippen umspielte.
Er nickte dankbar. „Gern“, erwiderte er.
Sie lächelte verschmitzt, dann erhob sie sich und ging in die Kombüse. Wenig später hörte er das Mahlwerk der Kaffeemaschine rasseln.
Wenig später stellte sie eine große Tasse auf den Tisch, aus der es kräftig dampfte. „Genießen Sie ihn“, sagte sie und setzte sich. „Vielleicht ist es der letzte Kaffee, den ich Ihnen serviere.“
„Sie meinen, Ihre Chefin wirft Sie raus?“
Sie blies den Rauch ihrer Zigarette gegen das Sonnensegel. „Sie hat jedenfalls mächtig Rabatz gemacht“, bekannte sie mit tiefer Empörung in der Stimme. „Sie behauptet, ich sei an allem schuld, weil ich vertrauensselig sei wie keine zweite, notorisch blöd und ohne jeden Instinkt. Ich dachte, die kriegt sich gar nicht mehr ein.“
Er glaubte ihr, aber er fragte dennoch: „Das hat sie gesagt?“
„Nicht nur das, aber den Rest möchte ich nicht wiedergeben, sondern so schnell wie möglich vergessen.“ Sie hielt inne und zog an ihrer Zigarette. „Ich glaube, ich werde hier nicht länger arbeiten“, seufzte sie, während sie dem Rauch nachsah. „Noch einmal tue ich mir das nicht an.“ Sie beugte sich vor und drückte die erst zur Hälfte gerauchte Zigarette in einem Aschenbecher aus. „Ich heiße übrigens Ivanka.“
„Kurt“, sagte er und fand, dass er hölzern klang.
Sie deutete ein Nicken an. „Ich überlege ernsthaft, ob ich einfach alles hinschmeiße“, erwiderte sie in einem Ton, der erkennen ließ, wie sehr sie die ganze Sache mitnahm. „Ich lasse mir doch von einer, die mich aussaugt wie eine Stechmücke, nicht nachsagen, ich sei unfähig.“
Dann begann sie zu reden, über die garstige Chefin, die von sowieso nichts eine Ahnung habe, davon, wie verkorkst ihr Leben sei und schloss mit der Frage, ob er zu der ganzen beschissenen Sache eine Meinung habe.
Er ließ die Frage nachklingen. „Vielleicht sind Sie ein wenig vertrauensselig“, stellte er sanft fest, „aber das ist nicht unbedingt schlimm, sondern menschlich und prädestiniert Sie für Ihren Beruf. Was Ihnen fehlt, ist der Instinkt, zuverlässig den Drecksack zu erkennen, wenn er vor Ihnen steht und Sie umsäuselt, als sei er Ihr größter Fan.“
Sie sah ihn aus großen Augen an. „Das hat mir noch keiner gesagt“, bekannte sie beeindruckt. „Es tut mir gut.“
„Schön“, gab er zurück. Dann zog er das Foto hervor und legte es auf den Tisch.
Sie griff danach und warf einen flüchtigen Blick darauf. „Woher haben Sie das?“
„Das ist Guiseppe, nicht wahr?“, fragte er, statt zu antworten.
„Natürlich ist er das“, gab sie prompt zurück. „Das wissen Sie doch.“ Dann überhäufte sie ihn mit Fragen: „Haben Sie ihn gefunden? Hat er gestanden? Wann ist die Gegenüberstellung? Wann kann ich ihm die Augen …?“
„Auskratzen?“, warf er in den Redeschwall ein. Sich so zu echauffieren, stand ihr gut. „So weit ist es noch nicht.“
Sie hob misstrauisch die Augenbrauen, erwiderte aber nichts.
Er trank den Kaffee aus, dann sagte er: „Sie haben übrigens noch eine weitere herausragende Eigenschaft.“
„Das sagen Sie mal Jonas“, erwiderte sie verächtlich. „Der hielt mich immer schon für ein bisschen blöd, und jetzt erst recht.“
„Sie haben einen Blick für Menschen, achten auf Details und können sie zuverlässig abspeichern. Es gibt nicht viele, mit denen Sie das gemeinsam haben.“
Ein spöttisches Lächeln umspielte plötzlich ihren Mund. „Sie wollen mich nicht zufällig veräppeln?“, fragte sie zweifelnd.
Er schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich nicht. Aber nun mal etwas anderes: Ist Ihnen auch aufgefallen, dass Guiseppe das italienische Restaurant auf der anderen Seite der Trave empfohlen hat?“
Sie sah ihn verblüfft an. „Ja“, erwiderte sie, „und es kam mir tatsächlich komisch vor, weil er es anpries, als koche sein Bruder dort.“
„Er muss das Restaurant gekannt haben“, vermutete er.
Sie zuckte mit den Schultern. „Vielleicht, aber ich wüsste nicht…“
„Dann lassen Sie uns das feststellen“, fiel er ihr kurzerhand ins Wort und erhob sich.
Sie sah irritiert zu ihm auf. „Wollen Sie etwa …“
„Ja, das will ich, und ich möchte, dass Sie mich begleiten.“
„Und wie stellen Sie sich das vor?“, entrüstete sie sich. „Ich kann doch hier nicht so einfach weg.“
Aber er winkte nur ab. „Natürlich können Sie das. Ihre Chefin ist weit weg. Sie wird das außerdem verstehen, schließlich versuchen Sie, den Schaden wiedergutzumachen.“
Sie sah ihn abschätzend an, dann erhob sie sich. „Also gut“, sagte sie und verschwand.
Inzwischen war es Mittag. Die Sonne sandte heiße Strahlen vom Himmel, und die Trave lag verlassen. Nicht einmal ein Wasservogel war zu sehen. Wießner saß auf dem Achterdeck und wartete auf Ivanka. Die ließ sich Zeit. Erst wuselte sie geschäftig am Tresen, dann verschwand sie in der Kombüse und schließlich im Vordeck, als müsse sie erst noch die Kammer, in der Guiseppe gewohnt hatte, vor jedem Zugriff schützen. Schließlich aber stand sie vor ihm und sagte: „Auf los geht’s los.“
Sie gingen den breiten Kiesweg an der Trave entlang und überquerten die Brücke zur Altstadt, dann wandten sie sich nach rechts, bis sie vor einem italienischen Restaurant standen. Während der ganzen Zeit sprach keiner von ihnen ein Wort.
„Und Sie meinen, hier sind wir richtig?“, fragte er.
Ivanka zeigte zum Hotelschiff am gegenüberliegenden Ufer. „Der italienische Ganove hat vom Achterdeck hier herüber gezeigt“, sagte sie, dann nahm sie ihn am Ellenbogen und zog ihn entschlossen mit sich in das Restaurant.
Der Gastraum war hell, freundlich und großzügig möbliert. Ein Gast war nicht zu sehen. Hinter dem Tresen stand eine Frau, die aussah, als habe sie sich gerade erst aus dem Bett erhoben und trage noch die Sachen, in denen sie die Nacht verbracht hatte. Ihr halblanges, dunkelblondes Haar war ungekämmt. Im Mundwinkel steckte eine Zigarette. „Hier ist geschlossen“, sagte sie energisch mit kratziger Stimme, dann griff sie nach einem Glas, das sie hingebungsvoll zu putzen begann.
Wießner ging ein paar Schritte auf den Tresen zu und murmelte einen Gruß. Er war sich nicht sicher, ob er sein Geheimnis, das er Ivanka gegenüber bisher gehütet hatte, lüften durfte, früher oder später aber würde sie es vermutlich sowieso erfahren, und er sagte, er sei Kriminalbeamter und habe ein paar Fragen. Den fassungslosen Blick, den Ivanka ihm daraufhin zuwarf, ignorierte er.
Anders als jene, blieb die Frau indes völlig unbeeindruckt, sondern sagte nur, ohne in ihrer Arbeit innezuhalten: „So ist das also, Bullen bei uns. Soweit ist es nun schon gekommen.“
Wießner hatte Mühe, sein Erstaunen über die plumpe Bemerkung zu unterdrücken. Er legte Guiseppes Foto auf den Tresen und fragte, ob sie den Mann schon mal gesehen habe.
Die Frau betrachtete das Foto lange, dann schüttelte sie den Kopf. „Was hat er denn ausgefressen?“
Er ließ die Frage unbeantwortet. „Gibt es weiteres Personal, das ich befragen könnte?“, wollte er stattdessen wissen.
Statt zu erwidern, verschwand die Frau wortlos durch eine Schwingtür. Ivanka nutzte das sofort aus, um ihrer Verblüffung Ausdruck zu verleihen. „Wenn die dahinterkommen, dass Sie gar kein Bulle sind …“ Plötzlich schien sie zu begreifen. „Sie sind doch nicht etwa tatsächlich …“, fragte sie, ohne den Satz zu beenden. Ihre Stimme klang, als zische eine wütende Schlange.
Er sah ein, dass er Ivanka eine Erklärung schuldete. „Doch“, gab er leise zurück, „bin ich, aber es muss niemand wissen, dass ich hier nichts zu fragen habe.“
Plötzlich war die Frau wieder da, gefolgt von einem kleinen Mann mit fleckigem Shirt, der Wießner aus dunklen, flinken Knopfaugen erwartungsvoll ansah.
„Das ist Giovanni, unser Koch“, stellte die Frau ihren Begleiter vor. „Vielleicht kennt er den Mann.“
Giovanni betrachtete das Foto lange. „Weshalb fragen Sie ausgerechnet hier nach ihm?“, fragte er schließlich. Er hatte eine hohe Stimme und sprach mit breitem Akzent.
Ehe Wießner etwas erwidern konnte, sagte Ivanka: „Ich betreibe drüben das Hotelschiff. Der Mann hat mich bestohlen, und ich will ihm die Augen auskratzen. Mindestens das. Aber dazu muss ich erst einmal wissen, wo der Drecksack abgeblieben ist.“
Der Koch sah verblüfft erst Wießner an, dann Ivanka und schließlich wieder Wießner. „Stimmt das?“
Wießner nickte. „Jedes Wort. Auch das mit dem Augenauskratzen, fürchte ich.“
Plötzlich stand eine weitere Frau hinter dem Mann mit dem T-Shirt. Wießner hatte sie nicht kommen hören. Sie war zierlich und reichte ihm kaum bis zu den Schultern. Sie trug ein verwaschenes grünes Kittelkleid mit tiefem Ausschnitt; ihr krauses, dunkles Haar wurde von einer weißen Haube kaum gebändigt. Sie wischte sich ihre schmalen Hände an einem blauen Tuch ab, dann nahm sie das Foto und betrachtete es. „Wie willst du jemanden wiedererkennen, wo du doch den lieben langen Tag vor dem Herd stehst und unablässig in deine Töpfe und Pfannen starrst?“, fragte sie barsch, während sie das Foto betrachtete. Dann wandte sie sich Wießner zu und sagte in einem Ton, der keinen Zweifel zuließ: „Ich kenne diesen Mann.“
Die Mitteilung verblüffte Wießner. „Und woher?“
„Das will ich Ihnen sagen“, erwiderte sie schroff und verschränkte die Arme unter ihrer mageren Brust. „Der Kerl hat hier gegessen, ach was, gefressen hat er, wie einer, der seit langem nichts mehr bekommen hat. Zwei oder drei Tage wird das jetzt her sein. Ich habe mir seine Visage gemerkt, weil er tat, als sei er ein waschechter Italiener.“
Wießner glaubte, sich verhört zu haben. „Wollen Sie damit sagen, er war gar kein Italiener?“, fragte er argwöhnisch. War sein Gedanke folglich gar nicht so abwegig?
Die Frau schüttelte energisch den Kopf. Eine Haarsträhne rutschte aus dem Tuch und legte sich auf ihre Stirn. „Der?“, empörte sie sich und stopfte die Strähne wieder zurück, „niemals war das ein Italiener“, sagte sie entschieden, „der sprach wie einer aus dem Ruhrpott.“
Wieder eine Kellnerin, die aufmerksam beobachtet, dachte er. „Also war es auch kein Bayer?“, fragte er.
Die Frau sah ihn verblüfft an. „Nie und nimmer! Was hat der mich vollgequatscht: Dass er aus Sizilien stamme, Koch sei, in München lebe und all solch Zeug. Aber ich habe ihm nichts von dem abgenommen, gar nichts. Der hat mir die Taschen vollgehauen, der Blender. Wollte sich darstellen. Sie brauchen mich gar nicht zu fragen, was ich über diesen Kerl weiß, weil garantiert alles, was er von sich gegeben hat, erstunken und erlogen war. Ich habe mir keine Silbe gemerkt. Hatte nicht einmal ein Trinkgeld übrig, dieser Geizhals.“
„Können Sie sich daran erinnern, ob er einen italienischen Namen gesagt hat?“
Giovanni starrte Wießner an. „Ich fürchte, ich verstehe nicht.“
Die Frau hinter dem Tresen mischte sich nun in das Gespräch ein. „Er hat mich gefragt, wie unser Koch heißt“, krächzte sie. „Und als ich ihm sagte, er heiße Giovanni, bat er mich, ihm sein Kompliment zu übermitteln, weil es ihm sehr gut geschmeckt habe.“ Sie stellte das Weinglas, das sie eben noch geputzt hatte, auf den Tresen, sah erst Ivanka und dann Wießner an. „Wofür ist das denn wichtig?“, fragte sie.
Wießner erklärte es ihr.