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Nachdem Miko den Polizeidienst quittiert hat, hält er sich, als selbstständiger Detektiv, mit kleineren Aufträgen, über Wasser. Bis eines Tages seine Jugendliebe in seinem Büro auftaucht und ihm einen Auftrag erteilt. Eine junge Frau ist brutal ermordet worden, und ausgerechnet er soll ihren Mörder finden. Doch es kommt noch schlimmer; Dieser Mord bleibt nicht der Einzige. Schon bald muss er erkennen, dass er einen Serienkiller sucht. Dieser Auftrag ändert alles. Er katapultiert Miko in seine Vergangenheit. Beruflich wie Privat.
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Veröffentlichungsjahr: 2017
Sibylle Meyer
Der Stricknadel-
Mörder
Roman
Erscheinungsdatum : 04.11.2013
Copyright: Sibylle Meyer
Alle Rechte vorbehalten
Druck : Create Space
Umschlagsgestaltung: Sibylle Meyer
ISBN-10: 1493676539
ISBN-13: 978-1493676538
Der Stricknadelmörder
Verflucht, das jetzt auch noch! Dachte Miko Schurig und zerknüllte den Brief, ehe er ihn in den Papierkorb warf. Seine Blicke maßen das kleine Büro aus. Was hatte er nicht alles vorgehabt? Und nun, sogar so eine lächerliche Summe von nur 680.-€ brachte ihn vollkommen aus dem Konzept.
Der Brief war von der Hausverwaltung und die Forderung bezog sich auf die Mietkosten des letzten Monats. M. Schurig- Detektei, das sollte doch in der Lage sein, seinen Lebensunterhalt zu sichern! Als er die Detektei vor drei Jahren gegründet hatte, hatte er vorgehabt, sie so schnell wie möglich zu vergrößern. Mindestens vier, wenn nicht noch mehr, Spitzendetektive sollten für sein Büro tätig sein. Die besten Aufträge würden sie meistern und aufklären. Schließlich hatte er, der Chef, doch genügend Erfahrung, mit den Verbrechern dieses Systems, gesammelt. Zwölf lange Jahre hatte er für die Polizei gearbeitet. Er war gut gewesen, aber er hatte nun mal davon geträumt, seine eigenen Wege zu gehen. Da hatten ihn die Vorschriften seines ehemaligen Vorgesetzten nur behindert.
Aber es war alles ganz anders gekommen. Zwar hatte er sein eigenes Geschäft eröffnet, nur die Kunden waren ausgeblieben. Die kleinen Aufträge, die er ergatterte, waren nicht nur einfach zum Lachen, sie waren erst recht nicht dazu angetan, seine Träume zu verwirklichen.
Gedankenverloren nahm er einen weiteren Schriftsatz zur Hand; diesen hatte er selbst aufgesetzt. Es war die Rechnung an seinen letzten Klienten. Kaum mehr als die Hälfte von dem, das die Hausverwaltung nun von ihm haben wollte.
Sein Auftrag war gewesen, den jüngsten Sprössling eines Oberarztes, zu beobachten, nur um in Erfahrung zu bringen, warum der reiche Sonnenschein die Schule schwänzte. Er hatte eine Freundin und befand es eben als aufregender, mit ihr im See zu schwimmen und erste Erfahrungen beim Sex zu sammeln. Pah, der ehrenwerte Herr Papa hätte das auch einfacher herausfinden können, wenn er sich nur ein paar Gedanken mehr um seinen Sohn gemacht hätte. Jedenfalls war der Fall innerhalb einer einzigen Stunde aufgeklärt und sein Honorar dementsprechend geschrumpft.
Resigniert legte er den Beleg wieder zurück in die nur allzu dünne Sammelmappe, klappte den Deckel zu und starrte das Telefon an; das blieb natürlich weiterhin stumm.
Miko fuhr regelrecht zusammen, als es an der Tür klingelte. Er brauchte sogar einige Sekunden, ehe er sich erhob und hoffnungsvoll zur Tür ging. Wenn auch seine Auftragslage mehr als nur dürftig war, so war ihm wenigstens seine Hoffnung geblieben, eines Tages an etwas ganz Großem arbeiten zu können.
Wenigstens etwas, dachte er, während er die Hand auf die Klinke legte und dem Besuch die Tür öffnete.
Vor der Tür stand eine zierliche, schlanke Person, die ihre Haare unter einem schwarzen Kopftuch und das Gesicht hinter einer riesigen Sonnenbrille verbarg.
„Guten Tag. Was kann ich …?“
„Hallo Miko“, fiel ihm die Frau ins Wort, ehe er seine Floskel zu Ende bringen konnte.
Die Frau setzte die Sonnenbrille ab und lüftete den Knoten, der ihr Kopftuch zusammenhielt. Im ersten Moment wusste Miko nicht, wo er dieses Gesicht schon einmal gesehen hatte. Aber dann kam langsam das Erkennen.
„Sam? Sam Tuenztei? Bist du das?“
Die Frau lächelte. „Keller. Samantha Keller. Ich habe geheiratet. Willst du mich nicht hereinbitten?“
Schnell trat Miko zur Seite. „Oh, entschuldige. Natürlich …!“
Sam Tuenztei und er hatten zusammen das Gustav-Stresemann-Gymnasium besucht. Aber danach hatten sich ihre Wege getrennt, denn sie hatte sich für eine andere Studienrichtung entschieden. Sam Tuenztei, was wollte sie jetzt hier? Es war ja nicht einmal nur wirklich lange her, dass sie sich gesehen hatten, sondern es war auch nicht so gewesen, dass sie die besten Freunde gewesen waren. Im Gegenteil, Sam war eher wie eine zickige Diva gewesen, die es sich nur äußerst selten hatte nehmen lassen, ihn, den armen Mitschüler, fertigzumachen. Dass er insgeheim einmal auf sie gestanden hatte, daran wollte er auf keinen Fall denken! Das Seltsamste aber war, dass sie einmal sogar zusammen im Bett gelandet waren. Das war kurz nach ihrem Abi passiert. Ja, Miko erinnerte sich. Ein Kumpel hatte eine Party gegeben und sie waren alle ziemlich betrunken gewesen. So hatte er die schöne Diva rumbekommen. Aber am nächsten Tag wollte sie wohl nichts mehr von ihm wissen; jedenfalls hatte Miko sie danach nur noch ein paar Mal aus der Ferne gesehen. Und nun stand sie vor ihm. Beinahe hätte er gelacht.
Nun gut, er war gespannt. Sam hatte es sich, ohne dazu aufgefordert werden zu müssen, in dem einzigen bequemen Sessel, den sein Büro zu bieten hatte, bequem gemacht. Ihre roten Haare fielen in luftigen Wellen und glänzend über ihren Rücken. Wie auch schon damals war sie stark geschminkt, aber ohne dass man das stark zu sehr sah. Ihre langen schlanken Beine endeten in hochhackigen, schwarzen Pumps mit silbernen, mindestens 15 cm hohen Absätzen. Eigentlich sollte sie Model sein, ging es Miko durch den Kopf. Schon wieder musste er sich ein Lachen verkneifen; diesen Gedanken hatte er auch damals schon gehabt. Er wusste ja nicht einmal, ob sie diesen Weg nicht wirklich eingeschlagen hatte.
„Was verschafft mir die Ehre?“ fragte er nun doch nach.
Erst jetzt sah er, dass Sam die heutige Tageszeitung unter dem Arm getragen hatte. Jetzt knallte sie sie ihm auf den Tisch.
„Hier“, sagte sie nur.
Erstaunt sah Miko sie an. Was erwartete sie jetzt von ihm? Vielleicht, dass diese Geste schon ausreichte, um ihm ihren Wunsch mitzuteilen? Lächerlich. Dennoch griff er nach der hingeknallten Zeitung und warf einen Blick auf die Schlagzeile. Seine Augenbrauen wanderten nach oben.
Die Titelseite berichtete von einem Mord, der an Grausamkeit wohl kaum zu überbieten war. Eine junge Frau war bestialisch abgestochen worden. Man hatte ihr zwei, wie Stricknadeln aussehende, lange Nadeln, in den unteren Bauchteil gesteckt. Die Nadeln überkreuzten sich am Ende.
„Grausam. Aber was hat das alles mit mir zu tun? Was willst du, Sam?“ fragte er jetzt doch etwas energischer.
Sam nickte. „Genau das. Du sollst rausbekommen, wer das getan hat.“
So wie sie das sagte, hörte es sich an, als wenn es das normalste der Welt wäre.
Diesmal kostete es ihn wirkliche Anstrengung, nicht in lautes Gelächter auszubrechen.
„Spinnst du? Ich bin Alleinunternehmer. Nein, das ist doch etwas groß für mich.“
Es wunderte ihn selbst, dass seine Stimme so ernst klang.
„Hör mir bitte zu, Miko. Ich weiß, dass die Polizei jemanden verdächtigen wird, der nichts damit zu tun hat.“
„Ich verstehe nicht?“
„Lass mich doch bitte mal ausreden. Die Frau kenne ich nicht. Jedenfalls habe ich sie nie persönlich kennengelernt. Aber ich weiß, wer das ist. Und ich weiß, dass die Polizei deshalb ihren Mann verdächtigen wird. Aber Marlon ist unschuldig. Verstehst du?! Deshalb ist es sehr wichtig, dass jemand den richtigen Mörder findet.“
„Und dieser Jemand soll ich sein? Dass ich nicht lache. Sag mal, hast du dich hier schon mal umgesehen? Sieht es hier so aus, als wenn ich zu den Spitzenleuten unter den Detektiven zählen würde? Ich habe dir nicht selbst die Tür aufgemacht, weil ich Lust hatte, mal ein paar Schritte zu tun. Ich kann mir nicht einmal leisten, meine Bürodame mehr als einmal in der Woche, für vier Stunden zu bezahlen. Das Sam, ist wirklich viel zu groß für mich!“
Miko räusperte sich kurz.
“Wie kommst du überhaupt auf mich? Ich meine, es ist schließlich Jahre her, dass wir uns gesehen haben.“
„Zufall“, sagte Sam. „Ich habe ganz durch Zufall, vor einem Jahr ungefähr, mitbekommen, dass du deine eigene Detektei aufgemacht hast. Es stimmt schon, ich wäre nie drauf gekommen, dich zu besuchen. Aber jetzt brauche ich dich. Miko, du musst mir einfach helfen!“
„Ich kann nicht. Mann, versteh das doch!“
Sam nickte.
“Doch du kannst! Und das weißt du auch. Du warst bei der Kripo und ich weiß, dass du dort noch Freunde hast.“
Sie nestelte in ihrer Tasche und zog einen Umschlag heraus. Diesen legte sie ihm vor die Nase.
Das ist ja wie im Film, dachte Miko und nahm den Umschlag in Augenschein.
„Fünftausend. Das ist nur eine Anzahlung. Das Doppelte bekommst du, wenn du den Fall aufgeklärt hast. Bitte Miko!“
Das war allerdings wirklich eine Menge Geld. Für diese Summe würde er wohl ein ganzes Jahr lang hinter irgendwelchen Jugendlichen oder untreuen Männern herschnüffeln müssen. Seine Schulden wäre er wenigstens los!
Miko fuhr sich mit der Hand übers Kinn, dachte kurz nach und fragte dann:
„Nehmen wir mal an, ich mache es. Wie kommst du darauf, dass die Polizei ihren Mann verdächtigen wird? Und was hast du mit der ganzen Sache zu tun?“
„Gut, ich weiß, dass du alles wissen musst, wenn du den Fall annimmst. Aber du wirst es für dich behalten? Versprich es mir erst.“
Nun lachte Miko doch noch.
„Da sieht man mal, wie wenig du über meine Berufsgruppe weißt. Wir stehen, unseren Klienten gegenüber, natürlich unter Schweigepflicht. – Also klär mich auf!“
Interessiert hörte er zu, während Sam ihm die Geschichte erzählte.
„Wie du bestimmt gelesen hast, handelt es sich bei der Toten um Marlies Kämmer. Marlon ist ihr Ehemann. – Sie war schwanger.- Aber nicht von Marlon. Er wusste nicht einmal etwas davon. Glaube mir, ich weiß es. Also, die Ehe war nicht mehr wirklich gut und Marlon ist noch dazu Fleischer. Er besitzt vier große Geschäfte in der Stadt. Das kommt sicherlich noch erschwerend hinzu. Er hat also alle Messer, die man für solch einen Mord bräuchte. Er weiß, wie man zustechen muss, um derartige Verletzungen zu erreichen. Aber Marlon war es nicht. Ich weiß es einfach!“
„Mh. Das ist ein bisschen dürftig, was du mir hier erzählt hast. Gut, er ist Fleischer, sie war schwanger, nicht von ihm und ihre Ehe war am Ende. Aber wieso sollte das ausreichen, um diesen Marlon zu verdächtigen? Und woher weißt du eigentlich, dass sie mit einem Messer ermordet wurde. In der Zeitung steht nur etwas von Nadeln.“
„Da steht, dass sie abgestochen worden ist. Oder etwa nicht? Also nehme ich an … Aber …Das ist noch nicht alles.“ Ihre Stimme war zu einem Flüstern geworden.
„Wir … wir hatten ein Verhältnis. Er wollte sich scheiden lassen. Für mich. Verstehst du?! Ich .. mein Mann ist vor zwei Jahren gestorben, und ich habe eine Menge geerbt. Das ist der Grund. Die Polizei wird denken, dass er seine Frau umgebracht hat, weil er frei sein wollte. Frei für die reiche Witwe.“
„Aber er muss doch selbst über genügend Kleingeld verfügen. Er hat schließlich drei oder vier Geschäfte. Die bringen doch auch etwas, oder etwa nicht?“
„Nein. Doch, natürlich werfen sie auch ihre Gelder ab. Auch nicht gerade wenig. Marlon ist nicht arm. Aber ich habe ... ich bin reich. Wenn du weißt, was ich sagen will. Mein Mann war wirklich … reich und das Geld gehört nach seinem Tod mir. Seine Frau, Marlies, hat das spitz bekommen und hat sich deshalb geweigert, der Scheidung zuzustimmen. Aber das war uns egal. Wir hatten Zeit. Wir hätten gewartet. Nach drei Jahren Trennungszeit hätte sie nichts mehr dagegen tun können.“
„Aber dann kam heraus, dass sie schwanger ist. Und, wenn ich das jetzt so richtig sehe, wäre damit die Trennungszeit aufgeflogen.“
„Das Kind ist nicht von Marlon! Aber das hätte er erst nach einem Vaterschaftstest beweisen können. Und der ist gegen den Willen der Mutter, in Deutschland nicht zulässig. – Genau, und das allein wird reichen, dass man ihn verdächtigen wird.“
„Kann schon sein. Aber wenn er unschuldig ist, wird man das feststellen und wird ihn in Ruhe lassen.“
„Er darf nicht verdächtigt werden! – Mein Erbe hat eine Klausel. – Wenn ich es nicht schaffe, mein Leben ohne Aufsehen zu meistern, dann ist das Geld gesperrt. Und das für die nächsten zehn Jahre. Also jetzt noch acht. Mein Mann hat sich da was einfallen lassen. Ich weiß auch nicht, wie er darauf gekommen ist. Hilf mir. Hilf uns. Bitte!“
Miko konnte nicht mehr anders. Er lachte schallend.
„Wie es scheint, hat er dich wirklich gut gekannt.“ Prustete er los.
Im Gegensatz zu der Sam, die er von früher kannte, schwieg diese hier jetzt. Nur ein bitteres Lächeln umspielte ihre Lippen; ansonsten zeigte sie keinerlei Reaktionen. Nun, sie hatte sich also gut unter Kontrolle!
„Also gut. Wie stellst du dir das vor?“ fragte er schließlich.
Auf diese Antwort schien sie gewartet zu haben. „Du hast doch Freunde bei der Polizei.“
„Und du meinst, ich sollte da anfangen? Gut, ich werde mein Bestes tun.“
„Mehr erwarte ich auch nicht.“
Samantha stand graziös auf, reichte ihm mit einem Lächeln, das einer Göttin zur Ehre gereicht hätte, die Hand und verließ sein Büro.
Miko atmete auf. Da hatte er doch seinen großen Fall! Warum also stellte er sich jetzt so an? Beherzt schnappte er sich seine dünne Tweedjacke und marschierte pfeifend aus der Tür. Vorher allerdings hatte er das Geld eingesteckt. Er würde es bei der Bank einzahlen und dann die nötigen Überweisungen tätigen. Kurz rechnete er im Kopf zusammen, was ihm dann noch bleiben würde. Zufrieden stellte er fest, dass es mehr als zweitausend dann noch wären. Gut, vorerst waren seine Geldsorgen verschwunden und die dumme Hausverwaltung hätte die Miete vom letzten und von diesem Monat. Und, wer weiß, vielleicht überwies er sogar noch die nächste Monatsmiete. Ja, das war ein guter Gedanke, so hatte er wenigstens die nächsten Wochen Ruhe vor der alten Gewitterhexe, die ihn immer wieder anzählte. Vermutlich malte sie sich schon aus, wie sie ihn einfach vor die Tür setzte. Nun, diesmal noch nicht!
Da sich das Präsidium nicht wirklich weit von seinem Büro entfernt befand, hatte er den Wagen stehen lassen und es vorgezogen, die eineinhalb Kilometer zu Fuß zu gehen. Schon nach wenigen Minuten erkannte er, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Zu viele Dinge, die er erst mal in Ruhe durchdenken musste! Mikos Schritte wurden langsamer. Ja, was hatte er sich eigentlich dabei gedacht? Kai, sein ehemaliger Partner und Freund würde ihn sicher nicht im Regen stehen lassen. Er würde ihm helfen, da war sich Miko sicher. Trotzdem konnte er doch nicht einfach da rein spazieren, als gehöre er noch zum Team!
Was war das eigentlich für ein seltsamer Auftrag, den er da angenommen hatte? Ja, hatte ihn etwa nur das Geld blind gemacht? Er sollte alle Verdachtsmomente, gegen einen Mann aus dem Weg räumen, noch ehe er wirklich verdächtig war. Pah, wenn das nicht verrückt war!
Außerdem, wenn überhaupt, dann war das doch wohl eher ein Auftrag für einen Rechtsanwalt! Wie nur war Samantha ausgerechnet auf ihn gekommen? Woher wusste sie eigentlich, dass er vorher bei der Kripo gearbeitet hatte? Miko schüttelte den Kopf. Trotzdem konnte er nicht umhin, sich einzugestehen, dass der Fall ihn interessierte. Es war was anderes, als nur seinen anderen, langweiligen Aufträgen hinterher zu jagen.
An einem Zeitungskiosk stoppte er kurz und kaufte sich eine Tageszeitung. Die Zeitung, die ihm Sam gegeben hatte, lag noch auf seinem Schreibtisch. Zwar zweifelte Miko nicht wirklich daran, sich nicht alles gemerkt zu haben, was die Zeitung zu der Sache geschrieben hatte. Schon allein die Grausamkeit, mit der das Verbrechen begangen worden war, sorgte im Allgemeinen schon dafür, dass sich die Einzelheiten in seinen Kopf einbrannten, auch wenn er den Text nur flüchtig überschlagen hatte. Trotzdem wollte er den Bericht noch einmal in Ruhe lesen.
Aber er stellte schnell fest, dass es genauso war, wie er es sich gedacht hatte: Das erneute Lesen brachte keine Neuigkeiten zum Vorschein. Nun gut, er würde mit Kai einfach mal reden müssen. Wenn Miko ehrlich war, dann würde ihm sein ehemaliger Partner auch sagen, was er wusste. Oder aber ihm den Vogel zeigen! Miko schmunzelte. Ein Wunder wäre es nicht.
Mittlerweile konnte er das Präsidium sehen. Es kam ihm plötzlich so vor, als wären es nicht fast drei Jahre her, dass er hier gearbeitet hatte. Warum nur hatte er damals seinen sicheren, gut bezahlten Job aufgegeben? Jetzt fiel es ihm wieder ein: Schwierigkeiten Autoritäten anzuerkennen, hatte in seinen Zeugnissen gestanden. Konnte schon sein, dass dem so war, aber eigentlich hatte Miko das nicht ganz so gesehen. Aber es stimmte schon, es hatte ihn mächtig angekotzt, dass er so handeln sollte, wie er es selber niemals für richtig empfunden hatte. Vor allem ein Vorgesetzter hatte ihm damals mächtig zugesetzt. Aber nun stand Miko vor der Tür, hinter der einmal sein Büro gewesen war. Seines und das seines Partners. Miko klopfte und drückte gleich darauf die Klinke.
„Hallo … Mh, ich sehe, ist nicht der richtige Zeitpunkt.“ Sagte er, als er sah, dass sein ehemaliger Partner nicht allein im Büro war. Zwei andere Männer waren bei ihm. Der eine war wohl der Neue, während der andere wohl gerade vernommen wurde.
„Miko, Mann was machst du denn hier? Du hast doch sicher ein paar Minuten. Wir sind hier gleich fertig.“ Begrüßte Kai ihn.
Miko nickte und schloss die Tür noch mal von außen. Mehr aus alter Gewohnheit, als aus einem bestimmten Grund, lauschte er noch kurz an der Tür. In dem Moment hörte er eine Stimme, direkt hinter sich, sagen:
„Wenn das nicht Herr Schurig ist?! Na schön, schön, wenn Sie Ihre Kollegen mal besuchen kommen.“
„Hallo Herr Niminski.“ grüßte Miko knapp und verzichtete mit Absicht auf die vollständige Anrede. Oberhauptkommissar Niminski, den allerdings alle nur hinter seinem Rücken Schön-schön nannten, da er diese Worte wohl fast in jeden seiner Sätze einfügte.
„Wenn Sie zu Herrn Schlüter wollen, warum gehen Sie nicht einfach rein?“
„Ist Besuch drin.“ Antwortete Miko knapp.
„Na schön, schön, aber dann sollten wir doch nicht etwa lauschen! Egal, ich hoffe Ihre Geschäfte laufen gut?! Schön, schön, hat mich gefreut, Sie mal wieder zu sehen. Aber halten Sie die Jungs nicht zu lange von ihrer Arbeit ab. Schön, schön, dann auf Wiedersehen, Herr Schurig.“
Damit wandte Schön-schön sich zum Gehen.
Idiot dachte Miko und war plötzlich froh, den Job hier an den Nagel gehangen zu haben. Besser, sich Sorgen ums Geld machen zu müssen, als hier den Volltrottel zu spielen. Aber eigentlich war Schön-schön ja der Trottel. Nur wusste er es nicht! Miko grinste. Schön-schön gehörte für ihn zu den Menschen, die eine hohe Meinung von sich selber haben, ohne wirklich durch Wissen und Können zu glänzen. Denn das tat Schön-schön nun wirklich nicht. Im Gegenteil, damals hatte Miko ihn mal gefragt, in welcher Lotterie er seinen Studienabschluss gewonnen hatte. Daraufhin war Schön-schön an die Decke gegangen. Jetzt hätte Miko fast laut gelacht. Gerade rechtzeitig, um das zu verhindern, ging die Tür auf und der Zeuge, oder war er Verdächtiger? Trat auf den Flur. Er würdigte Miko keines einzigen Blickes, sondern machte stattdessen schnell, dass er hier wegkam. Miko erinnerte sich, dass die meisten, die hier raus kamen, genau so reagierten. Doch nun kam Kai auf ihn zu. Er lächelte aufrichtig und reichte ihm die Hand.
„Mann, schön dich mal wieder zu sehen! Hast Schön-schön bereits getroffen? Ich habe seine Stimme gehört.“
Miko nickte.
„Mir bleibt auch nichts erspart! Aber sag mal, hättest du vielleicht mal eine halbe Stunde Zeit? Ich dachte, ich könnte meinen alten Partner mal auf eine Tasse Kaffee einladen.“
Die Augenbrauen von Kai wanderten fast augenblicklich nach oben.
„Mh, du willst etwas. Dachte ich mir doch. Momentan ist es schlecht. Aber was hältst du von heute Abend. Im Lindenstübchen? Da kannst du mir dann auch ein oder zwei Bier ausgeben, anstatt ´nen Kaffee, von dem wir hier mehr als genug trinken.“
„OK, OK, stimmt. Das weiß ich auch noch. Hat sich bei mir übrigens noch nicht geändert. Also gut, wann?“
„Acht? Komm, ich stell dir aber noch meinen neuen Partner vor. Nachdem mein alter mich verlassen hat, musste ich mir ja einen neuen anschaffen.“
Kai grinste ihn an und schob ihn ins Büro.
„Das ist Thorsten. Ich arbeite seit einem Jahr mit ihm zusammen. Und das ist …“
„Miko Schurig. Ja, ich habe schon viel von Ihnen gehört. Kai schwärmt geradezu davon, wie Sie es dem Schön-schön immer gegeben haben.“
Thorsten lachte und auch Miko musste lachen.
Thorsten machte einen sympathischen Eindruck, wenn er auch vielleicht etwas zu jung für seinen jetzigen Posten erschien.
Sie redeten noch eine Weile über alte Zeiten, genau genommen solange, bis Schön-schön wieder in der Tür schien.
Miko sah auf seine Uhr. Bis 20.00h waren es noch gute eineinhalb Stunden Zeit. Jetzt fiel ihm auch auf, dass er, außer dem kleinen Burger, heute noch gar nichts gegessen hatte. Plötzlich spürte er auch seinen Magen wieder. Also beschloss er die verbleibende Zeit damit zu verbringen, etwas Leckeres zu essen.
Keine zehn Häuserblocks entfernt war eine Pizzeria, wo sich ab und zu auch das gesamte Präsidium zum Essen traf. Vielleicht, so dachte er, konnte man ja auch das eine mit dem anderen verbinden. Vielleicht würde er also schon dort, etwas in Erfahrung bringen können.
Nach nur wenigen Minuten hatte er sein Ziel erreicht. Die Pizzeria sah noch genauso aus, wie er sie in Erinnerung hatte. Die Bedienung hatte zwar gewechselt, aber den Mann, der hinterm Tresen stand, kannte Miko noch.
Ihm musste es ähnlich gehen, denn er kam, sobald er ihn sah, hinter dem Tresen vor und lächelnd auf Miko zu.
„Buon giorno Señor Schurig. Dass sie mal wieder hier sind.“ Freute er sich.
„Buon giorno Toni. Wie stehen die Geschäfte?“ grüßte Miko zurück.
„Gracie, wunderbar. Nur ihre Kollegen kommen nix mehr her. Nur noch sehr selten. Aber bestellen immer sehr gut beim Lieferservice. Aber schade, dass sie nix mehr hier kommen.“
„Oh, ihr habt jetzt Lieferservice? Ja, ich verstehe. Aber hier bei euch ist es doch eigentlich gemütlicher. Und, ist das Essen noch genauso gut, wie früher?“
„Oh Si, si aber naturlich !“
Miko bestellte eine Lasagne al formo, die man hier, soweit er sich erinnern konnte, mit einem Hauch leckerer Bechamelsoße anrichtete. Dazu bestellte er sich einen Cappuccino. Es reichte, wenn er nachher erst mit dem Bier anfing.
Die Lasagne war wirklich lecker und sein hungriger Magen dankte es ihm. Als er sich von Toni verabschiedete, konnte er nicht umhin, ihm zu versprechen, bald wieder zu kommen.
Aber jetzt war es an der Zeit, sich auf den Weg ins Lindenstübchen zu machen. Das kleine Lokal war nur drei Straßen weiter, aber leider in der verkehrten Richtung, wie Miko jetzt bedauernd feststellte. Das hieß, dass er nach dem Treffen und nach ein paar Bierchen, sich auf einen langen Heimweg würde machen müssen. Aber vielleicht, so dachte er, würde er ganz einfach ein Taxi nehmen.
Mensch Miko, du gibst das Geld schon wieder aus, bevor du es richtig hast, tadelte er sich in Gedanken selber. Doch gleichzeitig zuckte er auch die Schultern, was so viel wie Na und bedeutete. So war er eben, der Umgang mit Geld gehörte nicht zu seinen starken Seiten.
Miko hatte fest damit gerechnet, noch mindestens 15 Minuten, wenn nicht sogar 20 warten zu müssen, aber als er das Lokal betrat, war Kai bereits da. Er saß an einem kleinen Tisch mit vier Stühlen, der an der hinteren Ecke stand. Dort konnte man ungestört reden. Also ahnte Kai bereits etwas. Miko schmunzelte ihm zu. Er war noch nicht ganz durch die Tür, als Kai bereits der Kellnerin zuwinkte und auf den freien Platz vor ihm deutete. Also gingen die ersten beiden Biere auf ihn. Miko war das recht.
Nachdem sie sich noch einmal kurz Hallo gesagt hatten, meinte Kai:
„Es ist wirklich schön, dich wieder mal zu sehen, aber deshalb sitzen wir doch nicht hier. Oder? Also Junge, heraus mit der Sprache! Was gibt’s?“
Miko nickte.
„Ja, du willst also gleich zur Sache kommen.“
Er legte die Zeitung, die er die ganze Zeit mit sich herumgetragen hatte, vor Kai auf den Tisch.
„Wer arbeitet an dem Fall?“
„Mein Partner und ich. Wer sonst? Und noch mindestens zwei andere Pärchen.“
„Dachte ich mir. Kai, ich möchte dich bitten, mir etwas darüber zu erzählen.“
„Hoppla, du bist nicht mehr bei der Polizei. Das weißt du hoffentlich!“
„Ich arbeite aber trotzdem dran.“ Unterbrach Miko. „Und da dachte ich, so aus alter Freundschaft …“
„Du könntest einfach mal fragen. Aber so einfach geht das nicht. Du müsstest das doch wissen.“
Kai schwieg für eine Weile, in der er Miko direkt ansah. Aber dann wurde sein Blick weicher.
„Also gut. Aber sag mir zuerst, was ausgerechnet du damit zu tun hast. Dann erzähle ich dir vielleicht, was ich weiß.“
„Danke. Nun, ich habe seit heute Nachmittag eine Klientin, die sich brennend für die Aufklärung interessiert. Und augenscheinlich hat sie nicht das größte Vertrauen, in die Arbeit der Polizei.“
„Damit hast du natürlich nichts zu tun. Wer ist die Klientin?“
„Sorry, aber das kann ich dir nicht sagen … Jedenfalls jetzt noch nicht.“
„Aha.“ Machte Kai nur. „Aber von mir willst du Auskünfte. Na gut, ich denke wir können in diesem Fall jede Hilfe gebrauchen, die wir kriegen können. Ich sage dir also was ich weiß. Viel ist das allerdings noch nicht.“
Miko nickte ihm ungeduldig zu.
„Ein wirklich bestialischer Mord. Marlies Kämmer heißt das Opfer. Sie war 35 Jahre alt und schwanger, als sie jemand aus dem Weg geräumt hat.“
„Das weiß ich schon.“ Sagte Kai und deutete auf die Titelseite. „Sag mir was, was ich noch nicht weiß!“
„Wir haben recherchiert, aber bisher noch nichts Brauchbares gefunden. Ihr Ehemann, Marlon Kämmer, war vorhin bei uns. Du hast ihn gesehen, als du vorhin da warst.“ „Moment mal! Das war Marlon Kämmer?“
„Du kennst ihn?“
„Nein, nicht persönlich. Aber ich habe bereits von ihm gehört. Meine Klientin kennt die Familienverhältnisse.“
„Ja, ja natürlich! Gut,also ihr Ehemann konnte aber auch nicht gerade dafür sorgen, dass die Sache heller wird. Keine Feinde, niemanden der seiner Frau so etwas antun würde.“
„Keine Feinde? Ihr sucht doch in diesem Fall nicht nach Feinden? Ich bitte dich, Kai! So wie das hier aussieht, haben wir es mit einem Psychopaten zu tun, und keinem normalen Feind!“
„Aber auch ein Psychopath braucht einen Grund. Auch wenn den kein normaler Mensch versteht. Also suchen wir nach Feinden. Ja. Marlies Kämmer hat nicht gearbeitet. Das brauchte sie auch nicht. Ihr Mann verdient mit seinen Geschäften genug. Er ist …“
„Fleischer und hat drei Geschäfte im Umkreis zu laufen. Das weiß ich bereits.“
„Vier. Er hat vier Fleischereien, die auch noch alle ganz gut laufen. Marlies Kämmer hat sich um Haus und Kinder gekümmert. Kam mit allen gut aus.“
„Moment mal! Sie hat sich um die Kinder gekümmert, sagst du? Welche Kinder?“
„Die Kämmers haben drei Kinder, das Vierte ist unterwegs. Das wusstest du nicht?“
Kai runzelte die Stirn.
Miko kratzte sich am Kinn.
„Nein, nein von Kindern wusste ich bisher noch nichts. Und was hast du sonst noch? Das kann doch noch nicht alles sein?“ Kai nickte. „Doch. Leider ist das schon alles, was ich weiß. Mensch, wir sind bei der Kripo und nicht bei der Formel Eins. Der Mord ist erst gestern Abend geschehen. Was glaubst du, wir haben etwas Neues erfunden, damit wir mit Turbospeed, die Fälle klären können?!“
„Ja, entschuldige. Natürlich ist die Zeit etwas knapp. Meinst du, ich kann mir die Tatortfotos mal ansehen?“
„Komm morgen gegen Mittag aufs Präsidium. Da ist Schön-schön wenigstens zum Essen aus.“ Kai grinste.
„Ja, mit dem habt ihr also immer noch eure liebe Not. Dachte ich mir.“
„Nur weil er dich raus hat, ist er nicht gerade zum besten Vorgesetzten geworden. Er hat sich eben ein anderes Opfer gesucht.“
„Dich?“
„Nein. Nicht mich. Bruno hat er jetzt auf dem Kieker. Aber du weißt ja, auch wir anderen haben es dadurch nicht leicht.“
„Bruno? Alberto Bruno? Das hätte ich aber nicht gedacht. Ich dachte immer, der gehört zu Schön-schöns Lieblingen!“
„Weit gefehlt. Das war vielleicht einmal, aber seit dem Lübecker Fall hat sich das drastisch geändert. Aber sag mal, wollen wir tatsächlich nur über die Arbeit sprechen? Ich meinerseits bin zufrieden, dass ich Feierabend habe.“
An diesem Morgen hatte Mikos Wecker früh geklingelt. Wenn er sich auch an nichts wirklich gewöhnt hatte, was sein neues Leben als selbstständiger Detektiv gebracht hatte, so doch daran, auszuschlafen. Deshalb brauchte er heute auch etwas länger, um richtig klarzukommen. Trotzdem stand er bereits gegen 8 h früh vor dem Haus der Kämmers. Vielleicht hatte er Glück, und Herr Kämmer erging es ähnlich. Unausgeschlafen würde er sich vielleicht noch nicht so unter Kontrolle haben und Miko würde vielleicht der Wahrheit etwas näher kommen. Zwar hatte Sam ihn damit beauftragt, jeglichen Verdacht von Marlon Kämmer abzuwenden, noch ehe er wirklich entstand, aber Miko war viel zu sehr Polizist, um diesen Auftrag unter jeden Umständen erfüllen zu können. Wenn dieser Marlon der Täter war, würde Miko alles andere tun, als ihn da raus zu boxen!
Allerdings kam es dann doch anders, als er erhofft hatte. Das erste, das er feststellen sollte, war, dass Kämmer gar nicht da war. Zumindest blieb sein Klingeln ohne jeden Erfolg. Enttäuscht wandte er sich um. Doch wenn er schon einmal hier war, konnte er auch noch einen etwas längeren Blick in den Garten und auf das Haus werfen. Wie er erwartet hatte, machte beides nicht den Eindruck von Armut. Das Haus war mit Riemchen aus Klinkersteinen verkleidet, zur Eingangstür führte eine dreiseitige, vierstufige Treppe. Die Tür bestand aus Kunststoff, wobei die eine Seite braun und die andere Seite weiß war. Im rechten oberen Feld befanden sich zwei kunstvoll geformte Fenster. Der Garten maß auf der Vorderseite etwa 150 m², die Rückseite war nicht einsehbar.
Ein Kinderdreirad und ein Roller, der wohl für ein etwas älteres Kind gedacht war, standen ordentlich an der Hauswand.
Miko wollte sich gerade dazu entschließen, es ein anderes Mal zu versuchen, als ein Auto vor dem Grundstück hielt. Das Tor der größeren Einfahrt, die sich etwa 2 m entfernt von dem Personeneingang befand, schwang auf.
Miko blieb stehen. Ein Mann stieg aus. Er hatte braune Haare, die ordentlich geschnitten waren. Seine Kleidung bestand aus einem kurzärmligen, braun gemustertem Hemd und einer beigefarbenen Baggyhose, mit aufgesetzten Taschen. Der Mann wirkte irgendwie fahrig und Miko musste ihn erst ansprechen, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.
„Herr Kämmer?“
Es dauerte einen Moment, ehe Kämmer Miko wirklich realisierte. Unter seinen Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab und seine Haut wirkte irgendwie eingefallen, obwohl sie eigentlich braun gebrannt war.
„Was kann ich für Sie tun?“ fragte Kämmer steif.
Miko lächelte.
„Mein Name ist Miko Schurig, ich bin Privatdetektiv. Meine Klientin hat mich damit beauftragt, Ihnen zu helfen. Können wir vielleicht …?“
Miko deutete auf das Haus.
Im ersten Moment schien Kämmer gar nicht zu wissen, was er damit anfangen sollte. Er starrte Miko nur aus großen Augen an. Doch dann machte er eine Handbewegung, die auffordernd sein sollte, aber eher schlaff und fahrig wirkte.
„Kommen Sie.“
Keine Fragen, kein Kommentar. Komisch.
Als Miko und Kämmer im Haus waren, deutete Kämmer nur geradeaus.
„Gehen Sie bitte ins Wohnzimmer. Ich bin gleich da.“
Miko musste nicht lange warten. Vermutlich nur so lange, bis Kämmer seine Schlüssel ans Board gehängt und seine Schuhe ausgezogen hatte.
Dann ließ er sich auf das Sofa fallen und starrte Miko an.
„Was sagten Sie? Sie müssen entschuldigen, meine Frau ist …“
Miko nickte.
„Ja, ich weiß. Deshalb möchte meine Klientin auch, dass ich Ihnen helfe. Samantha Keller hat mich damit beauftragt …“
„Wer? Samantha? Aber wieso?“
Miko konnte an der Stimmlage hören, dass Kämmer wirklich überrascht war. Aber wieso? Schließlich waren die beiden doch zusammen. Da lag es doch auf der Hand.
Miko nickte.
„Ja. Samantha Keller ist meine Klientin. Sie möchte, dass ich Ihnen helfe, falls die Polizei darauf kommt, Sie zu verdächtigen.“ Sagte Miko einfach gerade heraus. Er hatte plötzlich das Gefühl, wenn er Kämmer die Wahrheit sagte, würde er bei ihm weiter kommen.
Kämmer starrte ihn für einen Moment an, als hätte er den Verstand verloren. Dann schüttelte er den Kopf.
„Sie meinen, ich würde verdächtigt werden? Aber ich würde doch nie …“
Miko zog die Augenbrauen hoch.
„Sehen Sie, Herr Kämmer, Sie und ihre Frau, sie hatten Eheprobleme? So jedenfalls habe ich es gehört. Die Polizei reagiert auf solche Verhältnisse zumeist empfindlich.“
Jetzt nickte Kämmer.
„Ja, stimmt. Eigentlich waren es keine Probleme. Wir, meine Frau und ich, wir waren eigentlich getrennt.“
„Sie wollen Samantha heiraten, aber Ihre Frau wollte nicht in die Scheidung einwilligen?“
„Wieso? Wie kommen sie darauf? Nein oder doch.“ Kämmer schwieg eine Weile, in der er nach Worten zu ringen schien.
„Jetzt verstehe ich allmählich. Ja, es stimmt, ich bin mit einer andern Frau zusammen, die ich auch gerne heiraten möchte. Aber nicht mit Samantha, sondern mit ihrer Schwester. – Aber auch meine Frau hat einen anderen Mann. Sie ist sogar schon länger mit ihm zusammen, als ich mit Josie. Es stimmt, trotzdem will sie sich nicht scheiden lassen.“
„Moment Mal bitte, jetzt müssen Sie mir erst einmal etwas erklären. Samantha Keller hat mich beauftragt. Das hatte ich Ihnen ja schon erzählt. Aber sie sagte, dass sie die andere Frau in ihrem Leben ist.“
„Quatsch! Nein, davon müsste ich was wissen! Nein, aber ich glaube, ich weiß, warum sie das getan hat. Samantha ist eine wirklich nette Frau. Sie nimmt sozusagen die Mutterrolle für Josie ein. Ihre Eltern sind schon lange tot, und Sam ist alles, was Josie noch hat. Wir haben oft mit ihr über das Problem geredet. Vielleicht will sie mir deshalb helfen. Allerdings verstehe ich nicht, warum sie nicht gesagt hat, dass es um Josie geht?“
„Ok. Ich denke, das werde ich mit ihr klären. Aber nun zurück zu Ihnen. Sie sagten, ihre Frau hat ebenfalls eine andere Beziehung. Weshalb willigt sie dann nicht in die Scheidung ein? Ist es wegen dem Geld?“
Kämmer seufzte. „Vermutlich. Obwohl ich ihr versprochen habe, weiterhin für sie zu sorgen. Sehen sie, ich bin nicht arm. Ich habe vier Fleischereien, die alle gut laufen. Es sind keine kleinen Geschäfte, sondern alle vier sind mit einem Restaurant zusammengeschlossen.“
„Und Sie sind der alleinige Inhaber?“
„Ja. Wir haben zu Anfang unserer Ehe einen Ehevertrag abgeschlossen. Meine Eltern bestanden damals darauf. Und später, als sie gestorben waren, haben wir keinen Grund mehr gesehen, das anzufechten. Es war ein Fehler. Aber ich habe Marlies versprochen, dass sie die Hälfte von unserem Vermögen bekommt. Trotzdem weigert sie sich.“
„Das hätte sich doch aber regeln lassen. Zum Beispiel kann ein offizielles Trennungsjahr da viel bewerkstelligen.“ Konnte Miko nicht umhin zu sagen.
Kämmer schüttelte den Kopf.
„So einfach ist das nicht. Meine Frau hat mich mit unseren Kindern unter Druck gesetzt. Sie hätte in solch einem Fall alles daran gesetzt, dass ich meine Kinder so selten wie möglich sehen darf. Verstehen Sie? Nein, meine Kinder sind alles für mich. Nie würde ich zulassen, dass ich den Kontakt zu ihnen verliere! – Aber genau aus diesem Grund hätte ich Marlies doch niemals umgebracht! Ich nehme doch meinen Kindern nicht die Mutter!“
Kämmer war bei den letzten Sätzen aufgestanden und hatte begonnen, nervös im Zimmer auf und ab zu laufen.
„Sie haben drei Kinder? Wissen Sie, dass Ihre Frau wieder schwanger war?“
Kämmer blieb stehen und starrte Miko einen Moment lang an. Dann nickte er.
„Aber diesmal bin ich nicht der Vater. Das Kind ist von ihrem neuen Lebenspartner. Ich wusste das und es hat mich nicht gestört. Falls Sie das jetzt denken sollten.“
„Wo sind Ihre Kinder jetzt?“
„Ich habe sie heute früh zu unseren Freunden gebracht. Wie ich schon sagte, meine Eltern leben leider nicht mehr, und Marlies´ Eltern kann ich sie doch jetzt nicht aufhalsen. Die sind auch so schon fertig genug. Ich brauchte mal ein paar Stunden Ruhe. Ich habe“ Kämmer schaute kurz zur Uhr, „seit 72 Stunden nicht mehr geschlafen. Und meine Freundschaft geht mit den Kindern in den Freizeitpark. Sie wissen noch nicht, was wirklich geschehen ist. Sie denken, ihre Mama ist für ein paar Tage weggefahren. Ich habe es bisher nicht übers Herz gebracht …“
Kämmers Stimme war zu einem Flüstern geworden. Jetzt schwieg er ganz. Miko konnte den Kummer und die Verzweiflung in seinen Augen erkennen. Miko war drauf und dran, ihm zu glauben. Aber was sollte dann dieses ganze Theater? Warum dann der Auftrag? Wenn er bereit war, Kämmer zu glauben, weshalb sollte es die Polizei dann nicht auch tun?
„Wie alt sind Ihre Kinder?“ fragte er, nur um irgendetwas zu sagen.
„Meine Große ist zwölf, die Mittlere sieben und unser Nesthäkchen, Steven, ist drei. –Wissen Sie, Herr …?“
„Schurig. Miko Schurig.“
„Entschuldigen Sie, aber ich hatte es vergessen. Wissen Sie, Herr Schurig, ich habe beim besten Willen keine Ahnung, wie ich das meinen Kindern beibringen soll. Bitte glauben Sie mir, ich habe nichts getan!“
Kämmer schluchzte fast. Der Mann tat Miko leid. Vermutlich hatte er wirklich nichts mit dem Mord zu tun, aber er würde dennoch nicht den peinlichen Fragen der Polizei aus dem Weg gehen können.
„Ich werde versuchen Ihnen zu helfen, damit sie nicht noch zusätzlich Ärger mit den Behörden bekommen.“
„Danke. Aber wenn Sie jetzt trotzdem bitte gehen würden. Ich möchte einfach versuchen, ein paar Stunden zu schlafen. Meine Kinder kommen heute Abend wieder und da möchte ich für sie da sein können.“
„Ja, das verstehe ich. Aber sagen Sie mir doch bitte, noch den Namen, von dem neuen Lebensgefährten ihrer Frau. Und falls Sie auch eine Adresse haben …“
„Der Mann heißt Silvio Tremunz. Wo er wohnt, weiß ich nicht. Aber er arbeitet hier beim Standesamt Nord. Mehr weiß ich aber nicht über ihn. Wir haben uns nicht über unsere neuen Partner unterhalten.“
Miko verabschiedete sich. Er wollte dem Mann seine Ruhe gönnen. Wenn er nicht der Täter war, und davon ging Miko im Moment aus, dann hatte er Rücksichtnahme mehr als nur verdient. An der Tür hielt ihn Kämmer aber noch kurz zurück.
„Wenn Sie mehr über Silvio Tremunz wissen möchten, dann kann ich ja mal meinen Kumpel fragen. Hans-Jürgen ist ein Arbeitskollege von ihm. Auch wenn sie nicht im selben Büro sitzen, kennt er bestimmt die Adresse von diesem Silvio.“
Miko bedankte sich. Es wunderte ihn beinahe, dass Kämmer überhaupt noch in der Lage war, solche Gedanken anzustellen. Aber wenn er wirklich wissen wollte, was seiner Frau zugestoßen war, dann war es wohl normal, dass er sich seine Gedanken auch dann noch machte, wenn er eigentlich vor Kummer oder Müdigkeit am Ende war. Außerdem konnte Kämmer ja nicht wissen, dass Miko gar nicht auf diese Freundschaft angewiesen war, um die Adresse und vermutlich nicht nur die, von Frau Kämmers letztem Lebensgefährten zu erfahren.
Miko ließ sich Zeit, um zum Präsidium zu kommen. Unterwegs hielt er an, um einen Kaffee zu trinken. Das gab ihm Gelegenheit über Marlon Kämmer noch einmal in Ruhe nachzudenken. Schon nach dem ersten Kennenlernen war Miko bereit, ihm zu glauben, dass er mit der schrecklichen Tat nichts zu tun hatte. Beziehungsweise, er wollte ihm glauben! Kämmer hatte einen ordentlichen Eindruck gemacht. Gut, er war nervös und es war ihm schwergefallen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Aber das konnte genauso gut daran liegen, dass die Mutter seiner Kinder umgebracht worden war, wie auch an der Tatsache, dass er drei Tage nicht mehr geschlafen hatte. Nach Kämmers Aussagen war er ein liebevoller Vater und machte sich offensichtlich große Sorgen um seine Kinder. Hätte solch ein Mann wirklich einen Mord an der Frau begehen können, die seine Kinder über alles liebten? Und wenn doch, welchen Grund hätte er gehabt? Nur den, der verweigerten Scheidung? Logisch wäre etwas anderes! Aber Miko hatte auch gelernt, sich niemals nur auf den ersten Eindruck zu verlassen. Gut oft, nein meistens, war es genau der, der sich im Nachhinein als richtig herausgestellt hatte. Aber manchmal eben auch nicht.
Miko sah auf seine Uhr, winkte der Kellnerin, um zu zahlen, und verließ das Café. Wenige Minuten später drückte er die Klinke zu dem Büro, in dem er selbst einmal gearbeitet hatte.
Kai und auch sein neuer Partner Thorsten saßen an ihren Schreibtischen. Als Miko eintrat, stand Thorsten auf und hastete zum Kaffeeboard. Miko lächelte. So musste sich ein lieber Besuch oder sogar ein Star fühlen!
Nachdem die Begrüßungsfloskeln ausgetauscht waren, war es Kai, der sich aufs Thema stürzte.
„Du wolltest die Fotos sehen. Na dann, hier sind sie.“
Damit schob er Miko einen Ordner zu, der vielleicht zwanzig Seiten umfasste.
Miko begann zu blättern. Als er auf die ersten Fotos vom Opfer stieß, hatte er plötzlich das Gefühl, sein Magen würde sich nach außen kehren. Ihm wurde tatsächlich schlecht. Sein Mund fühlte sich plötzlich trocken an und seine Augen wurden erst groß, um sich gleich darauf zu schmalen Schlitzen zu verwandeln.
„Oh mein Gott!“ stieß er hervor.
Miko hatte während seiner Zeit, als er bei der Moko war, wirklich viel gesehen, aber dieses hier, übertraf alles Gewesene!
Dass man dem Opfer zwei stricknadelähnliche Stangen in die Bauchdecke gerammt hatte, davon hatte er ja schon in der Zeitung gelesen. Aber das war noch nicht alles! Beide Brüste von Marlies Kämmer waren geschält worden. Es war der einzige Ausdruck, der Miko dazu einfiel. Der Täter hatte ihre Brüste geschält! Von den Brustwarzen ausgehend, war die Haut in vier Streifen abgetrennt worden. Die Brüste bestanden nur noch aus rohem Fleisch, beziehungsweise dem Fettgewebe. Aber die Haut war nicht beseitigt worden, sondern hing in trockenen, gewellten Platten, noch an der Brust. Ansonsten waren keine anderen Verletzungen zu erkennen. Also auch keine Messerstiche, wie Sam vermutet hatte. An was war Marlies Kämmer dann gestorben? Allein an den Schmerzen? Miko las den Bericht der Gerichtsmedizin. Seine Augenbrauen wanderten schlagartig nach oben.
„Schlangengift?“ fragte er.
Kai nickte. „Grüne Mumba. Der Mörder hat ihr das Gift injiziert, aber erst nachdem er mit seinen Verschönerungen fertig war.“ Kai schüttelte den Kopf. „Einfach grausam.“
„Man mag sich gar nicht vorstellen, wie diese Frau gelitten haben muss. Ich hasse Schlangen!“ Thorsten hatte die Worte regelrecht ausgespuckt.
Miko warf einen kurzen Blick in das Gesicht des jungen Mannes. Konnte es sein, dass das was er sah, nichts anderes als Hass war?
Miko nahm sich vor, Thorsten danach zu fragen. Aber jetzt las er erst mal weiter.
„Die Nadeln steckten genau in ihren Eierstöcken?“
Kai nickte.
„Es sieht nach einem Ritualmord aus.“ Sagte Miko.
„Oder es ist als solcher getarnt“, fügte Thorsten hinzu.
Miko runzelte die Stirn. Der Junge war gut, denselben Gedanken hatte er auch schon gehabt.
„An was denkt ihr?“ wollte Miko wissen.
Thorsten schwieg, aber Kai sagte:
„Eigentlich haben wir noch keine klare Vorstellung. Das ist es ja!“
„Ich war heute früh bei Marlon Kämmer“, sagte Miko.
„Was? Aber wieso? Ihn hatten wir doch schon hier und ich dachte wir arbeiten zusammen?“ platzte Kai dazwischen.
Miko nickte. „Ich wollte mir aber ein eigenes Bild verschaffen. Ich war schließlich bei seiner Vernehmung nicht dabei.“
„Und, was denkst du?“
„Ich glaube nicht, dass er der Täter ist. Er hatte einfach keinen Grund. Nur weil Marlies sich nicht scheiden lassen wollte und ein Kind von einem anderen erwartete, begeht niemand solch eine grausame Tat! Marlon hat ja selber eine neue Beziehung. Ich nehme an, ihr wisst darüber Bescheid?“
„Ja, natürlich. Herr Kämmer war sehr entgegenkommend. Er hat uns alles erzählt. Aber ich bin mir da nicht so sicher, dass er unschuldig ist.“
„Aber warum seine Frau, eigentlich ja Ex, dann umbringen? Nur weil sie nicht in die Scheidung einwilligen wollte? Noch dazu auf diese grausame Art und Weise. Nein, das sehe ich wirklich nicht so!“
In diesem Moment stand Thorsten auf und ging zum Fenster. Miko erinnerte sich, dass er das auch oft getan hatte, wenn er nachdenken wollte.
Thorsten drehte sich wieder zu ihnen um.
„Es sei denn, die anderen Kinder sind auch nicht von ihm! Mal angenommen, Marlies Kämmer war immer schon untreu und die Kinder sind immer schon von anderen Männern gewesen. Angenommen, sie hat sie ihrem Mann untergeschoben und angenommen, er wusste davon. Jetzt war sie wieder schwanger. Allerdings konnte sie diesmal nicht so tun, als wäre er der Vater. Aber sie weigerte sich trotzdem, sich scheiden zu lassen. Das Kind wird ehelich geboren. Laut deutschem Gesetzt wäre dann Kämmer derjenige, der für das Kind aufkommen muss.“
Miko überlegte. Die Gedanken überschlugen sich. Er wollte nicht glauben, dass Kämmer der Mörder war, aber Miko konnte auch nicht umhin, Thorsten Recht zu geben. Genau das wäre ein Motiv!
„Ich habe mit Kämmer gesprochen. Marlies hatte ihn seiner Kinder willen in der Hand. Deshalb hat er nicht auf das Trennungsjahr bestanden. Darum hat er sich keinen Anwalt genommen, um die Scheidung durchzusetzen. Er liebt seine Kinder.“
„Oder er spielt uns etwas vor!“, warf Kai ein.
„Aber um mal in eine andere Richtung zu denken. Was ist mit dem neuen Lebenspartner von Marlies Kämmer? Silvio Tremunz? Er hätte doch ebenfalls ein Motiv. Auf mich hat er nicht den Eindruck gemacht, dass er sich darüber freut, demnächst Vater zu werden!“, fügte er hinzu.
„Den hattet ihr also auch schon da?“
„Natürlich. Wir ermitteln in alle Richtungen. Was sonst?! Eigentlich wundert es mich, dass du ihm noch keinen Besuch abgestattet hast!“
Miko grinste. „Er wäre als Nächster dran gewesen. Nun ja, ich denke mal, viel weiter kommen wir jetzt nicht. Ich danke euch beiden, dass ihr mir die Einsicht erlaubt habt. Ich werde mich revanchieren, sobald sich die Chance darauf ergibt.“
„Mh, gut, dann lassen wir es dabei. Du sagst Bescheid …“ sagte Kai halbherzig.
Gestern hatte er die Frau zum ersten Mal gesehen und heute war sie hier. Er war zufrieden mit sich. Gerade wachte sie auf. Ihre Augen weiteten sich entsetzt. Sie begann fast augenblicklich zu wimmern. Oh, was für ein Drama! Selber fügte sie unvorstellbares Leid zu, aber nun hatte sie Angst. Dabei hatte er nicht einmal begonnen!
„Was wollen Sie von mir?“, jammerte die Frau. Ihr langes, brünettes Haar hing ihr strähnig ins Gesicht. Ihre Haut war blass.
„Halts Maul, du Schlampe!“, zischte er. Dann trat er an sie heran und schlug sie heftig ins Gesicht.
Sie hatte es verdient!
Er genoss es, sie wimmern zu hören. Aber nun musste er sie zum Schweigen bringen. Er nahm den Knebel, steckte ihn ihr in den Mund und band ihn dann am Hinterkopf eng zusammen. So, nun konnte sie nicht mehr schreien!