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Nachdem drei Loser ihrem Leben eine Wende gaben, beschäftigt sich ein Stammtisch mit Alltagsproblemen und kommt zu erstaunlichen Erkenntnissen. Eine Fremdsprache sollte man relativ gut sprechen. Sonst führt dies unter Umständen zu Komplikationen. Wenn der Teufel los ist, geht die Post ab!
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Seitenzahl: 157
Veröffentlichungsjahr: 2016
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Die Geschäftsidee
Geschwindigkeit, Fluch oder Segen?
Endlich ans Meer!
Ein teuflischer Tänzer
Es begann in dieser Bar, oder besser gesagt Stehausschank, dem sogenannten „Löwenkäfig“. Einer Kneipe im Münchner Stadtteil Giesing, in der häufig 60er-Fans verkehrten. Ein Zweifamilienhaus. Im ersten Stock bewohnte die Wirtin eine Vierzimmerwohnung. Das Erdgeschoss war in eine kleine Gaststätte umgewandelt worden. Kurz gesagt, eine runtergekommene Bude, in der nichts mehr gestrichen, oder renoviert werden musste, weil das ganze Inventar von einer natürlichen, dicken Patina überzogen war. Verschiedene Gegenstände, wie die in einer Ecke stehenden Pokale eines Fanclubs früherer Zeiten, waren durch diese inzwischen fest mit ihrer Unterlage verwachsen – praktisch unverrückbar. Aber das störte die Gäste, die hier verkehrten, nicht. Sie hatten kein Auge mehr für sowas. Ihr Drink auf der Theke war das erklärte Ziel ihrer Anwesenheit. Gestört wurde man hier eigentlich nie. Schließlich passten in den Laden maximal acht Gäste – dann war dicht. Ganz hartgesottene tranken dann ihr Bier, auch im Winter, vor der Tür im Freien.
Im schummrigen Licht der Gaststätte erkannte man kaum etwas genauer. Und das war gut so. Störende, teilweise hässliche Details an Menschen und Gegenständen wurden fast unsichtbar und waren nach einigen Getränken meist gänzlich verschwunden. Wenn allerdings die Eingangstür aufging, fiel ein Strahl Tageslicht quer durch den kleinen Raum und beleuchtete Elfi, die hinter der Theke stehende Wirtin. In solchen Momenten duckten sich ihre Gäste meistens scheu zur Seite. Tageslicht war nicht so das ihre. Außerdem wollten sie sicher nicht, dass ihr Dasein zu sehr beleuchtet wurde.
„Tür zu“,
rief dann Elfi regelmäßig, in Rücksicht auf ihr Klientel, den Neuankömmlingen entgegen.
Q
Die Tür flog wieder einmal auf. Die Zecher gingen in bekannter Manier in Deckung, während Elfi interessiert dem Eintretenden entgegensah und wie immer zurief, „Tür zu“!
Ein kräftiger Mann hatte den Raum betreten. Er blieb einen Moment stehen um sich im Halbdunkel zu orientieren. Dann steuerte er auf den einzigen noch freien Barhocker zu und setzte sich. Obwohl es erst Ende März und noch relativ kalt war trug er lediglich ein kurzärmeliges Hemd. Seine muskulösen Arme, ja selbst sein Glatzkopf waren über und über mit Tattoos verziert. Beeindruckend.
Elfi positionierte sich mit ihrem leidlichen Aussehen vor dem Neuankömmling. Sie war nicht hässlich stellte dieser für sich fest. Allerdings hatte ihr ehemals sicherlich hübsches Gesicht einige tiefe Falten. Ihre roten nach oben zusammengesteckten Haare wirkten etwas unordentlich. Dann noch der Busen. Er pendelte irgendwie schlaff unter ihrer Bluse hin und her. Eine enganliegende rote Hose betonte ihre schlanke, ganz passable Figur und machte so vom bisher gewonnenen Eindruck wieder etwas wett.
„Was soll’s denn sein“?
„Ein großes Bier“.
Elfi nickte und schlingerte mit ihrer roten, engen Hose auf den Zapfhahn zu.
„Haste mal ´nen Tschik für mich du wandelndes Kunstwerk“?
Bobo, so nannte sich der Neue, wandte sich langsam seinem Nachbarn zur Rechten, der ihn so angesprochen hatte, zu. Er nahm einen hageren Mann, mit zotteligen, blonden Haaren wahr. Irgend so ein Freak ging es ihm durch den Kopf. Wo bin ich hier nur gelandet?
„Irgendwelche Probleme?“,
fragte er gelangweilt nach, während Elfi ihm sein Bier über den Tresen schob.
„Wenn jemand so viel Geld ausgibt um sich mit einer Nadel bearbeiten zu lassen, wird er doch eine Zigarette übrighaben“.
Bevor Bobo antworten konnte hielt Elfi seinem Nachbarn ihre Zigarettenschachtel entgegen.
„Tschik, jetzt nimm dir eine und lass den Herrn zufrieden“.
„Ist doch wahr“,
meinte der so angesprochene, leicht in Rage kommend,
„der hat bestimmt einige Mille auf den Tisch gelegt um sich so zuzurichten. Aber eine Lulle, Fehlanzeige“.
Bobo hatte seine Stirn in Falten gelegt während er nach seinem Glas griff und sagte,
„halt endlich deine Fresse, du langhaarige, unappetitliche Bohnenstange. Ich will lediglich in Ruhe ein Bier trinken und mich nicht von irgendeinem Blödmann anmachen lassen. Kapiert“?
Elfi wollte gerade schlichtend eingreifen, aber es war schon zu spät. Mit einer Geschwindigkeit, die man dem vermeintlich menschlichen Wrack nicht zugetraut hätte, war Tschik aufgesprungen und rammte seine faltige Stirn in den Bauch seines Kontrahenten. Doch er prallte von diesem ab, als ob er gegen eine Mauer gelaufen wäre. Dafür hatte ihn Bobo nun in den Schwitzkasten genommen und wollte ihm gerade einen Uppercut in den Unterleib rammen. Doch sein zum Schlag bereiter Arm wurde von Elfi gestoppt, die sich fast schon heldenhaft über den Tresen zwischen die zwei Streithähne stürzte. Bobo konnte sie gerade noch mit seinen starken Armen auffangen bevor sie auf den Boden gestürzt wäre. Tschik brachte sich erstmal nach Atem ringend aus der Schusslinie, während Elfi immer noch in Bobos Armen ruhte. Einen Moment schien es, als ob beide gar nicht mehr voneinander lassen wollten. Die vier weiteren im Raum befindlichen Trinker schienen von all dem keine Kenntnis zu nehmen. Lediglich einer von ihnen zeigte eine Regung, indem er ein weiteres Bier reklamierte. Dies veranlasste Elfi sich aus dem starken Griff ihres neuen Bekannten zu lösen und wieder ihren Platz hinter der Theke einzunehmen.
„Wir sind wohl alle etwas dünnhäutig? Woran mag das denn liegen? Unsere Vergangenheit? Unsere Zukunft? Oder die harte Gegenwart? Wahrscheinlich von allem etwas. Mit dem was ihr gerade hier abgeliefert habt, ändern wir nichts. Oder seht ihr das anders“?
Betroffen hatten Bobo und Tschik, wieder auf ihren Hockern sitzend, Elfis Predigt zugehört. Trotzdem muckte Tschik nun wieder auf,
„haben wir denn überhaupt eine Chance? Ich bin jetzt 38 Jahre alt, war 10 Jahre im Knast, wegen lauter Lappalien. Was kann ich schon? Ein bisschen Autoschrauben, weil ich mal eine Automechanikerlehre begonnen habe. Ich weiß nicht, wie es um dich mit deinem bunten Fell steht, aber für mich ist der Zug abgefahren. Und Elfi hier, wird in diesem Loch wohl auch nie auf einen grünen Zweig kommen“.
„Jetzt wird der Typ schon wieder frech, ich glaube ich muss dich mal richtig durchdreschen“!
„Lass mal“,
sprang wieder Elfi für Tschik in die Bresche,
„irgendwie hat er doch recht. Oder“?
„Mag ja sein, dass wir alle unsere Probleme haben, aber um die soll sich gefälligst jeder selbst kümmern. Außerdem, wie steht’s hier eigentlich mit dem Rauchverbot“?
Bobo war sichtlich sauer, das hörte man ihm an.
„Gequalmt wurde hier immer schon. Die Bullen interessieren sich nicht für uns. Was haltet ihr davon, wenn ich einen ausgebe und wir alle ab sofort ganz brav zueinander sind“?
Bobo nickte zustimmend, während sich Tschik noch etwas zierte aber dann doch nach dem von Elfi spendiertem Kurzen und dem Bier griff.
„Also ich bin Elfi, Freunde nennen mich Latex, weil ich früher GOGO-Girl war und hauptsächlich solche Klamotten trug. Tschik, so genannt weil er immer die Leute nach etwas zu qualmen anhaut, hast du ja schon kennengelernt. Und wer bist du“?
„Heiße eigentlich Werner, aber seit eh und je nennt man mich Bobo, wahrscheinlich weil ich etwas südländisch ausschaue und normalerweise ein gemütlicher Typ bin“.
„Und was treibt ein Bobo so“?
Latex wollte es mal wieder genau wissen.
„Ganz schön neugierig. Aber was soll’s! War mal Ringer, dann Berufscatcher. Nach etlichen Verletzungen wurde ich Möbelpacker. Aber mit dem Geld das man da verdient wird man nicht glücklich. Die schiefe Bahn war praktisch die logische Folge. Bin vor einer Woche aus dem Knast entlassen worden und gerade dabei mein Entlassungsgeld auf den Kopf zu hauen. Acht Jahre habe ich insgesamt schon gesessen – hauptsächlich fortgesetzte Heiratsschwindelei. Dabei haben es mir die Damen immer sehr leicht gemacht“.
„Da bist du hier ja in guter Gesellschaft. Tschik 10 Jahre, ich 5 Jahre. Dies zu deinem Trost, bevor du hier noch einen Moralischen kriegst und uns dein ganzes Leben erzählst“.
Elfi konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und Tschik schaute schon viel freundlicher und entspannter vor sich hin.
„Und nun? Hast wenigstens du eine Idee, wie man zu ein paar Kröten kommt, damit man mal ohne Sorgen aus dem Bett kriechen kann“?
„Vielleicht sollten wir gemeinsam was aufziehen. Bei uns weiß wenigstens jeder wie er mit dem anderen dran ist“.
„Gute Idee Latex, aber was können wir drei schon? Ich Möbelpacker, der da irgendwas mit Autos und du Besitzerin einer Kneipe. Dann wäre da noch die Kleinigkeit mit dem Startkapital“.
Bobo schüttelte den Kopf. Tschik nickte zustimmend. Doch Elfi ließ nicht locker. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass am heutigen Tage irgendeine Wende in ihrem Leben eintreten müsste.
„Passt mal auf! Die Leute werden immer älter und sind häufig auf Hilfe angewiesen. Ihr braucht doch nur in die Zeitung zu schauen, da gibt es nichts, was nicht nachgefragt wird. Vom Umzug bis zum Brötchenholen. Alles was man dazu braucht ist ein Kleintransporter und ein Telefon. Bobo wäre der Mann für die schwereren Klamotten, während Tschik an dem Auto schrauben könnte, falls das Zicken macht. Ich hänge mich ans Telefon und mache das Kaufmännische“.
„Fehlt uns nur das Startkapital. Bei mir ist jedenfalls Ebbe. Vielleicht kann uns ja unser neuer Freund unter die Arme greifen“?
Tschik schaute herausfordernd Bobo an. Ganz hatte er das mit dem Schwitzkasten jedenfalls noch nicht verdaut. Auch Latex musterte jetzt interessiert den neuen Gast.
„Wieviel brauchen wir denn“,
fragte dieser in die Runde.
„Für einen guten gebrauchten Kleintransporter so 10 bis 15 Mille. Dann kommt noch die Beschriftung dazu und natürlich Kosten für Werbung“,
antwortete Tschik.
„Das müssten wir doch schaffen“,
grübelte Bobo.
„Meine ich auch“,
stimmte ihm Elfi zu.
„Ich spendiere noch ein Bier und ihr überlegt euch inzwischen wo die Mäuse herkommen“.
Die frischen Biere waren noch nicht zur Hälfte getrunken, da legte Tschik, sich nach allen Seiten umschauend, leise redend los.
„Wenn ich zwei Autos auf Bestellung knacke und abliefere sind das vier Große. Ich wollte zwar sauber bleiben, doch bei der Geschichte möchte ich schon dabei sein. Außerdem ohne risk no fun“!
„Habe mich drei Tage nach meiner Entlassung aus dem Bau mit meiner letzten Brieffreundin getroffen. Hat sofort gefunkt. Die wollte mich gar nicht mehr aus dem Bett lassen. Eine Zahnarztwitwe. 10 Mille pumpt die mir sicher, wenn ich ihr erzähle, dass ich mich an einem Geschäft beteiligen will“.
„Super, dann könnt ihr mein Sparbuch noch dazu nehmen. Meine Notgroschen dürften so ungefähr dreitausend bringen. Wären zusammen 17.000. Das müsste doch reichen, oder“?
Bobo und Tschik nickten Elfi zu.
„Dann schlagt mal ein“,
meinte die Wirtin und hielt den neuen Geschäftspartnern ihre rechte Hand entgegen. Die taten etwas verdattert ihr den Gefallen. Der Pakt war besiegelt.
Q
Nach etlichen Tagen und Bieren, stand so etwas wie ein Konzept. Inhaberin des neuen Unternehmens war Latex. Sie hatte seit längerer Zeit eine saubere Weste und würde bei der Anmeldung eines Gewerbes keine Probleme bekommen. Tschik und Bobo waren folglich Mitarbeiter und stille Teilhaber.
Nach einer Woche im Bett der Zahnarztwitwe floss schließlich auch deren Kredit. Tschik hatte seinen Teil derweil längst erledigt. Zwei Audi Q 5 hatten ihren Besitzer gewechselt.
Über den Firmennamen gab es dann noch einige Diskussionen. Tschik schlug vor: Mit uns geht alles. Elfi zeigte ihm dafür den Vogel. Tschik war beleidigt, aber das legte sich bald. Das: Sie rufen, wir kommen, von Bobo fand auch keinen großen Anklang.
Schließlich war man sich einig. Ihre Firma sollte: Be- und Entsorgungen jeglicher Art, heißen.
Tschik besorgte für 8.900 Euro einen 11 Jahre alten Ford-Transit mit zwei Jahren TÜV. Er hatte ein paar Dellen und unter dem leicht verblassten roten Lack waren einige Roststellen zu erkennen.
„Aber technisch ist die Karre einwandfrei“,
beteuerte er.
Flyer auf denen jede Dienstleistung angeboten wurde, die man sich vorstellen konnte, waren schnell erstellt. Die Verteilung lief in ihrem Viertel über einen Prospektverteiler, der sich gerne ein Zubrot verdiente.
Rote Overalls mit Firmenaufschrift waren für alle drei Teilhaber angeschafft. Nun fehlte nur noch der erste Auftrag.
Das Telefon klingelte. Elfi nahm erwartungsvoll den Hörer ab.
„Ach du bist es“,
hörten sie Latex sagen,
„Tiger, so eine Freude, wie geht es dir“?
Das Gespräch zwischen Elfi und ihrer Freundin dauerte noch einige Zeit. Schließlich vereinbarte man ein Treffen im Löwenkäfig.
„Das war Lilly, meine beste Freundin. Sie will uns demnächst mal besuchen. Wird sicher Spaß machen“.
„Kann ich mir vorstellen, ich habe sie ja schon kennengelernt“,
stellte Tschik fest.
Q
Es war der dritte Tag nach offizieller Geschäftseröffnung. Tschik, Latex und Bobo saßen an der Theke, welche als vorübergehendes Büro diente. Elfi wollte solange ihre Kneipe nebenbei betreiben, bis ihr gemeinsames Geschäft richtig brummte. Den Männern war dies recht, denn die Drinks liefen ab sofort auf Spesen. Gespannt schielten sie immer wieder zum Telefon, welches vor ihnen auf dem Tresen stand. Endlich war es soweit. Das Telefon klingelte. Latex nahm das Gespräch an, nickte mehrmals und machte sich ein paar Notizen, bis sie
„in Ordnung“,
sagte.
„Und“,
fragte Tschik gespannt.
„Darfst unseren ersten Auftrag erledigen. Hier ist die Adresse einer alten Dame, für die du etwas aus der Apotheke besorgen musst. Verlange nur fünf Euro für die Besorgung. Schließlich wollen wir zu Beginn für unseren Laden werben“.
„Ist OK, aber bis ich zurück bin hat Bobo mehr als den Fünfer verzecht“,
meinte er grinsend, während er sich vom Barhocker schwang.
„Sehr wahrscheinlich, so langsam wie du dich bewegst“.
Tschik brauchte tatsächlich mehr als zwei Stunden. Dafür präsentierte er stolz beim Betreten des Löwenkäfigs den Fünfer.
„Unsere erste Einnahme. Hat etwas länger gedauert. Die Dame hat mich in die Wohnung gebeten. Ich musste Kaffee trinken und Kuchen essen. Dann gab’s noch einen Likör. Ich wollte nicht unhöflich sein. Jedenfalls konnte ich ihr unser ganzes Geschäftsmodell erklären. Sie hat versprochen unsere Kundin zu bleiben und auch ihren Bekannten bescheid zu sagen“.
„Hast du gut gemacht“,
lobte ihn Elfi und schnappte sich den Fünfer.
„Nur, wenn Tschik immer so lang braucht, können wir uns ausrechnen, was wir pro Tag Umsatz machen“.
„Klar, dass du wieder ein Haar in der Suppe findest“,
maulte Tschik beleidigt vor sich hin.
An diesem Tag hatten sie dann noch zwei Aufträge.
Zwei Pudel einer kranken älteren Dame mussten ausgeführt werden. Tschik übernahm den Fall. Dass ihn bei diesem Auftrag einer der Hunde an das Hosenbein pinkelte, während er sich eine Zigarette anzündete, ließ ihn anschließend übel maulend und stinksauer den Löwenkäfig betreten. Mit einem Bier und Elfis Erklärung, dass dies eben Geschäftsrisiko wäre, waren die Wogen aber schnell wieder geglättet. Bobo holte schließlich mit dem Kleintransporter, von einem Supermarkt, eine türkische Familie samt ihrem Großeinkauf ab.
„Immerhin schon mal 35 Euro in der Kasse“,
stellte Latex am Abend stolz fest,
„aber das wird sicher noch viel besser, wenn wir erstmal richtig bekannt sind“.
Q
Doch es ging in diesem Stil weiter. Ein Tag war besser, ein anderer schlechter. Die entscheidende Wende war aber auch noch nicht nach drei Monaten eingetreten. Nachdenklich schauten Elfis Teilhaber auf ihre Bierdeckel, die gleichzeitig ihre Spesenabrechnung darstellten. Geld hatten sie bisher nicht gesehen. Aber jeden Tag Bockwurst oder Wiener, die zwar bei Latex nicht schlecht waren und Bier, konnte es auf die Dauer nicht sein. Tschik hatte sich momentan mit seinem Schicksal mehr oder weniger abgefunden, war er doch bisher auch nichts Besseres gewöhnt. Doch der starke Bobo wurde zusehends blasser und nachdenklicher. Kein Wunder. Seine Kreditgeberin fragte immer häufiger nach der Rückzahlung ihres Geldes. Nur durch immer größere körperliche Anstrengungen konnte Bobo die Zahnarztwitwe zum Stillhalten bewegen. Das ging ihm wie er sagte nach und nach im wahrsten Sinne des Wortes auf den Sack.
„Irgendwann muss ich mich absetzen“,
kündigte er deshalb eines Tages resignierend an.
„Was machen wir bloß falsch“,
sinnierte Elfi.
Aufgehellt wurde diese triste Zeit nur durch einen Besuch von Lilly. Die hatte drei Kolleginnen mitgebracht. So wie die drauf waren und rangingen, machte selbst Heiratsschwindler Bobo ganz verlegen. Kein Wunder alle vier Damen waren sogenannte Professionelle und wussten wie man sich in Herrengesellschaft zu benehmen hatte. Jedenfalls war es eine schöne Abwechslung, für die man dem Besuch dankbar war. Das Treffen verlief so harmonisch, dass man es auf jeden Fall wiederholen wollte.
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Die Tage gingen ins Land und die Probleme wurden nicht kleiner sondern größer. Nur mit Mühe konnten Latex und Tschik Bobo zum weiteren Mitmachen bewegen. Doch sie wussten, lange würde dieser nicht mehr durchhalten. Die Witwe machte ihn einfach fertig.
In dieser depressiven Phase klingelte eines späten Abends das Telefon. Elfi wollte erst gar nicht drangehen.
„Nach 22.00 Uhr, wer kann das wohl sein? Na ja, vielleicht Lilly“,
meinte sie, zum Hörer greifend.
Bobo und Tschik widmeten sich, wie immer um diese Zeit, ihrem Bier. Deshalb bekamen sie von dem Telefonat so gut wie nichts mit. Erst Elfis Bericht über das geführte Gespräch ließ sie schlagartig hellwach werden.
„Stellt euch vor 10 Mille für einen Job. Der Haken an der Sache. Das Geschäft ist wohl nicht ganz hasenrein. Der Kunde berief sich ausdrücklich auf unser Geschäftslogo „Be- und Entsorgungen“. In seinem Falle ging es wohl um Entsorgung. Mehr hat er nicht verraten, nur gefragt ob wir grundsätzlich interessiert wären. Nebenbei ließ er verlauten, dass er über unsere finanzielle Situation informiert wäre. Außerdem könnte er schon heute Folgeaufträge zusichern, wenn wir den ersten zu seiner Zufriedenheit erledigt hätten. Ach ja, er will sich wieder melden“.
„Für 10 Große mache ich alles. Hauptsache ich kann mich schnellstmöglich von meiner sexbesessenen Kreditgeberin befreien“,
meinte Bobo. Tschik setzte noch eins drauf.
„Du hast doch was von Folgeaufträgen erzählt. Wie wär’s denn mit 10 mal 10“?
Latex trat nun auf die Bremse.
„Jeden Scheiß mache ich garantiert nicht mit. Der Typ am Telefon klang schon ein bisschen nach Mafia. Ich habe jetzt noch eine leichte Gänsehaut. Mal sehen, was er uns vorschlägt, dann können wir uns immer noch die Köpfe heiß reden“.
Der zweite Anruf des Unbekannten ließ allerdings auf sich warten. Bobo wurde inzwischen von seiner Liebschaft mehr und mehr unter Druck gesetzt. Das bisschen Geld, was ihr Geschäft derzeit abwarf, ging für Blumen und Pralinen für Frau Nimmersatt drauf. Tschik und Elfi waren mit diesem Vorgehen einverstanden. Schließlich war dies eine unternehmenserhaltende Investition.
Q
Dann endlich. Eineinhalb Wochen später, wieder gegen 22.00 Uhr, der ersehnte Anruf.
Elfi nahm den Hörer ab. Nickte mehrmals bestätigend, während sie sich einige Notizen auf einem Notizzettel machte. Schließlich sagte sie,
„gut bis nachher“
und beendete das Gespräch. Nachdenklich schaute sie dann eine Weile vor sich hin, während es Bobo und Tschik vor Neugier fast zerriss. Endlich blickte sie in deren Richtung, schüttelte ihren Kopf und meinte,
„haben wohl wieder eine Niete gezogen. Tut mir leid Jungs, wenn ich euch mit in dieses Geschäft hineingezogen habe. Als Wiedergutmachung streiche ich eure Schulden bei mir. Ab sofort habt ihr wieder einen sauberen Deckel. Wenn wir das Auto verkaufen, kommen wir noch einigermaßen cool aus dieser Unternehmung heraus. OK“?
Bobo hob beschwichtigend seine Arme.
„Jetzt mal halblang Latex. Zuerst wollen wir schon hören, was der Typ am Telefon dir angeboten hat“.
„Meine ich auch“,
stimmte ihm Tschik aufgeregt zu.
„Nun gut“,
Elfi holte erst mal tief Luft.
„Wir alle waren schon mehrmals im Knast. Mit krummen Dingern macht uns keiner was vor. Was mir gerade angeboten wurde ist bestimmt eine von den ganz schrägen Nummern. Deswegen, Finger weg! Oder wollt ihr wieder einfahren“?