Der tierische Wahnsinn geht weiter - Claudia Meddour - E-Book

Der tierische Wahnsinn geht weiter E-Book

Claudia Meddour

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Beschreibung

19 neue Geschichten von Claudia Meddours kleinen, tierischen Helden. Ihre Freunde erleben Abenteuer, meistern mit Ideenreichtum und Witz schier auswegslose Situationen, träumen vom Andersseinwollen und sind zum ersten Mal verliebt. Und da gibt es Dackel, die für ihre Oma zu schnell sind, Esel, die ein Zebra sein möchten, gelangweilte Kamele, stinkende Elche und einen Hasen, der endlich mal gegen einen Igel ein Wettrennen gewinnen will. Alle Geschichten mit ganzfarbigen Illustrationen von Rocío Rueda Ortiz.

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Seitenzahl: 128

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Claudia Meddour

Der tierische Wahnsinn geht weiter

Fast wahre Tiergeschichten für nicht

Imprint

Der tierische Wahnsinn geht weiter Claudia Meddour published by: epubli GmbH, Berlinwww.epubli.de Copyright: © 2015 Claudia Meddour ISBN 978-3-7375-4430-6 Lektorat: Erik Kinting / www.buchlektorat.net

FÜR ILIAS

SEI DEIN EIGENER HELD

Die alte Dame und ich

Alle nannten sie Omchen. Sie sah auch wie ein Omchen aus. Sie war klein und eher dünn. Ihr Lieblingskostüm war grau mit einem Spitzenkragen. Ihre weißen Löckchen lagen immer in Form, da sie ihren Friseur, Herrn Schnitter, regelmäßig aufsuchte. Sie trug, um ihre Füße zu schonen, Gesundheitsschuhe der Marke Geh leicht und eine durchsichtige Regenhaube war ihr ständiger Begleiter. Mit richtigen Namen hieß sie Irmgard Binnewies, aber ich nenne sie der Einfachheit halber auch Omchen.

Nun zu mir. Ich war das Geschenk für diese alte Dame zu ihrem 79. Geburtstag. Urenkel, Enkel und Kinder hatten mich ihr feierlich übergeben. Ich sollte ihren Alltag verschönern, denn Omchen lebte seit Langem allein. Ab jetzt sollte ich sie durchs Leben begleiten – und sie mich.

Omchen nannte mich Teddy. Mein Gott! Teddy! Gut, ich war einer von der kleineren Sorte, ich war ein Dackel, genauer gesagt ein Rauhaardackel. Doch mein Fell war wuscheliger als bei anderen. Vielleicht kam sie deshalb auf diesen eigenartigen Namen.

Für mich hat er jedenfalls einen Klang nach Knuddeln, Kraulen, Schmusen … na ihr wisst schon, was ich meine, eben ein typischer Name für ein niedliches Schoßhündchen. Ich war aber keins und wollte auch keins werden.

Ich war jung und temperamentvoll, doch ich musste bei Omchen aufpassen, mit meinem Temperament: Trieb ich es zu wild und stürmte los, zog ich Omchen an der Leine hinter mir her. Das tat ihrer Gesundheit nicht gut. Sie kam sofort außer Puste und sogar die Frisur verrutschte. Hochrot im Gesicht rief sie dann: »Eine Oma ist doch kein Schnellzug!« Schlechten Gewissens trottete ich dann sofort wieder ruhig und brav neben ihr her. Im Alter sollte man wirklich nicht mehr hinter einem jungen, temperamentvollen Hund herrennen müssen. Das war mir klar und ich versuchte darauf Rücksicht zu nehmen.

Aber langsam kam ich zu dem Schluss, dass ich ein Fehlkauf für Omchen war. Sie war eine Dame, die etwas anderes als mich verdient hatte. Ich strengte mich folglich an, ihren Erwartungen an einen Hund namens Teddy gerecht zu werden und sie gab sich alle Mühe, mit mir Schritt zu halten. So kamen wir prima miteinander aus. Wir mochten uns.

Ich begleitete also Omchen und sie mich. Jeden Tag drehten wir unsere Runden. Sie kam an die frische Luft und ich auch. Langsam, wegen dem Alter von Omchen, legten wir unsere Strecke zurück.

Kam uns jemand entgegen, rief sie schon von Weitem mit ihrem dünnen Stimmchen: »Der tut nichts, der will nur spielen!«

Ich verhielt mich still, aber innerlich dachte ich: »Darauf würde ich nicht wetten. Wenn's drauf ankommt, kann ich sehr wohl beißen, dann ist es aus mit dem Spielen.«

Bis jetzt gab es dafür aber noch keinen Anlass. Ich brauchte meine Zähne nicht zu zeigen und bemühte mich ein niedlicher, lieber Hund zu sein, der mit seinem Frauchen spazieren geht.

Am 7. Mai dieses Jahres aber geschah etwas Unvorhergesehenes.

Wir waren wieder auf Tour, das Omchen und ich, da sah ich von Weitem ein komisches Gefährt auf uns zukommen. Ein alter Herr schob es vor sich her. Noch nie in meinem Leben habe ich etwas Derartiges gesehen. Um es euch zu beschreiben, es sah aus wie ein Stuhl auf Rädern. Für mich sah es bedrohlich aus. Wozu brauchte der Herr das Ding? Vielleicht wollte er uns damit umfahren?

Diese Fragen beschäftigten mich und ich kam zu dem Schluss, dass es jetzt für mich Zeit war zu handeln. Ich musste uns beide beschützen, dazu war ich verpflichtet. Mein Omchen würde dazu wohl kaum in der Lage sein, zart wie sie war. Die Gefahrenquelle, rollender Stuhl, wurde ins Auge gefasst und ich rannte ihm bellend entgegen.

Die Leine entglitt Omchen vor Schreck und ängstlich schrie sie recht laut: »Der tut nichts, der will nur spielen.«

Aber dieses Mal kam es anders. Ich stürmte also dem Ungetüm entgegen und zwickte den alten Herrn ins Bein. Naja, ich zwickte ein bisschen sehr, sagen wir ruhig, ich biss ihn ganz leicht. Er sollte sich vom Acker machen mit diesem komischen Stuhl. Das wollte ich ihm klar zu verstehen geben.

Das Theater war groß. Alle schrien durcheinander und ich bellte dazu.

»Ich werde sie verklagen«, schrie der Herr wutentbrannt und schmerzgeplagt. »Schweinerei, die Bestie frei rumlaufen zu lassen. Und dabei noch so tun, als ob das ein Schoßhündchen sei. Das ist hinterhältig und gemein. Dieser Köter sollte einen Maulkorb tragen!«

Wir beide, Omchen und ich, zogen ab. Der Mann auch – in die entgegengesetzte Richtung. Die kleine, alte Frau war ganz aus der Fassung. Sie zitterte am ganzen Körper vor Angst. Ich zitterte auch – vor Stolz! Ich hatte mir diesen Wahnsinnsbiss nicht zugetraut. Ich zitterte vor Stolz. Und der Mann hatte mich dazu noch Bestie genannt. Irre!

Wir kamen beide in aufgeregter Verfassung zu Hause an. Omchen ließ sich in den Schaukelstuhl fallen. Sie war erschöpft. Ich nicht. Ich lief zur Hochform auf und rannte durch die Wohnung. Ich hatte es dem alten Mann gezeigt. Gut, hinterher erfuhr ich, dass das Gefährt, das schreckliche Gefährt nur ein Rollator war, also eine Gehhilfe für schwächere Menschen. Aber nach wie vor sah es für mich bedrohlich aus. Der Biss war also gerechtfertigt.

Nach dieser Geschichte haben mich Omchen und ihre Urenkel, Enkel und Kinder ins Tierheim gebracht, mit der Begründung, die ältere Dame könne mich nicht mehr beherrschen. Sie sei zu schwach und zu gebrechlich.

Fräulein Binnewies und ich, wir waren traurig wegen der Trennung. Aber ich wusste, es war besser so. Für uns beide. Wir waren zu unterschiedlich.

Das Tierheim war nicht mein Ding und Gott sei Dank blieb ich nicht lange. Ein kleiner Junge sah mich dort, die Eltern waren entzückt von mir und nahmen mich mit nach Hause. Ich erhielt den würdevollen Namen Badman. Wussten die etwa von meiner Vorgeschichte? Aber Badman war auch irgendwie unpassend für einen Rauhaardackel. Wie verhält man sich nur mit solch einem vielversprechenden Namen?

Da muss ich mir was ausdenken. Ich überlege noch, wie ich mich an den neuen Namen anpassen will.

An meine neue Familie habe ich mich ganz schnell gewöhnt und sie sich an mich. Ich kann herumtoben und tollen. Ich bin glücklich, denn ich kann mein Temperament zeigen, ohne ermahnt zu werden. Ich kann endlich einfach ich selbst sein. Und das tut richtig gut.

Durch Zufall habe ich vor Kurzem von Omchen gehört. Sie hat sich von dem Schrecken erholt, der Mann hat sie nicht verklagt. Im Gegenteil: Man sieht sie jetzt jeden Tag zusammen spazieren gehen. Sie reden, lachen und wenn es bergauf oder bergab geht, dann teilen sie sich sogar diesen Rollator, vor dem ich damals eine Heidenangst hatte – damals. Heute weiß ich Bescheid.

Dank mir begleitet der ältere Herr jetzt mein Omchen durchs Leben und umgekehrt. Sie sind beide nicht mehr einsam. Ist das nicht wunderbar?

Und noch was kam mir zu Ohren: Mein Omchen hat von ihren Urenkeln, Enkeln und Kindern zum 80. Geburtstag einen Wellensittich geschenkt bekommen. Alle sind damit zufrieden, denn … der tut nichts, der will nur singen.

Frau Maier, die Schildkröte

»Mama, ich will ein Haustier. Bitte, bitte – zum Geburtstag. Alle meine Freunde haben eins. Mir ist total egal welches. Hauptsache eines, das nur mir gehört!«

So ging das seit Tagen. Ein Haustier zu haben, damit konnten sich die Eltern von Oscar nicht so recht anfreunden. Aber Geburtstag ist nun mal ein besonderer Tag und sie überlegten und überlegten, wie sie die Kombination aus Haustier, Oscar und Eltern unter einen Hut bringen konnten.

»Ich hab's«, sagte da die Mama, »wir nehmen eine Schildkröte! Die hat viele Vorteile: sie ist kurz gesagt: pflegeleicht. Sie ist stumm, klein, macht keinen Dreck, stinken tut sie auch nicht, stundenlanges Ausführen an der frischen Luft entfällt, spezielle Zahnpflege ist nicht nötig und Spezialfutter, damit sie groß und stark wird und der Knochenbau sich gut entwickelt, nein, das alles ist unnötig. Das Beste aber ist: Wenn wir in den Urlaub fahren, können wir sie getrost bei den Nachbarn abgeben. Und wir dürfen nicht vergessen, Oscar kann sich selbst um dieses Tier kümmern. Er hat eine Verantwortung, das ist gut für Kinder. Wir sind fein raus! Eine Schildkröte muss her!«

Der Idee folgte die Tat. Und so kauften Oskars Eltern in der Zoohandlung eine schöne Schildkröte. Klein und stumm war sie und die Eltern waren zufrieden mit sich und ihr.

Am Geburtstag war die Überraschung gelungen. Oscar freute sich riesig. »Eine Schildkröte, cool! Mann, meine Freunde werden staunen. Keiner hat eine Schildkröte. Sie zählt ja sogar als Dinosaurier. Damit kann man richtig angeben.«

Klar, die praktischen Gedanken, die sich seine Eltern bei der Tierauswahl gemacht hatten, kamen Oscar nicht in den Sinn. Er hatte ein Haustier – das allein zählte. Alles war gut.

Zur Feier wurde die Schildkröte präsentiert. Oskars Freund Peter, der leider nur fünf langweilige Goldfische besaß, wurde neidisch.

Das neue Familienmitglied wurde lauthals auf den Namen Frau Maier getauft. Man begrüßte sie in ihrem neuen Zuhause mit einem Glas Apfelschorle und jeder durfte sie einmal streicheln.

Vom ersten Tag an kümmerte sich Oscar liebevoll um seine Schildkröte. Er versorgte sie mit Futter und jeden Tag, nach der Schule, brachte er sie auf eine saftige Wiese, nicht weit von seinem Haus. Dort setzte er sie behutsam nieder, und stellte einen kleinen Zaun um sie herum – sie sollte ja nicht ausreißen. Abends holte er sie selbstverständlich wieder ab. Frau Maier fühlte sich sichtlich wohl und Oscar tat sein Bestes dafür, dass es auch so blieb.

Es war an einem schönen Sommertag. Oscar hatte Frau Maier soeben auf die Wiese gebracht, da wurde er krank. Ihn hatte die Grippe erwischt, er bekam Fieber und Ohrenschmerzen, er hustete und wollte nur noch ins Bett. Keine zwei Minuten später war er tief und fest eingeschlafen. Frau Maier hatte er vergessen.

Seine Eltern waren fix und fertig, rannten hin und her und schauten jede Minute in sein Zimmer, ob alles okay war. Die Sorge war groß. Bei all diesem Stress dachten sie natürlich ebenfalls nicht an Frau Maier, die seelenruhig auf der Wiese herumkrabbelte. Sie bekam von all der Hektik natürlich nichts mit und genoss ihr Leben.

Irgendwann kam die Zeit, zu der sie gewöhnlich abgeholt wurde. Aber dieses Mal kam niemand. Sie wartete und wartete, aber nichts geschah.

Nein, das ist falsch – es geschah etwas, was später sogar in der Zeitung erwähnt wurde. Es zog nämlich ein Sturm auf, der so heftig war, dass sich die Bäume bis zur Erde beugten und sogar Dachziegel durch die Luft flogen. Was auch durch die Luft gewirbelt wurde, war der Zaun um Frau Maier herum. Nach dem Sturm begann es fürchterlich zu regen und Frau Maier verkroch sich schnell unter ihrem Panzer – und wartete immer noch.

Als der Spuk vorüber war, lugte sie vorsichtig aus ihrem gepanzerten Schutz hervor, bemerkte, dass die Welt nicht untergegangen war und entspannte sich. Lediglich ihr Zaun war weg. Das war ja nicht weiter schlimm. Sie schaute nach rechts und dann nach links, geradeaus und hinter sich, aber von Oscar war weit und breit nichts zu sehen. Sie saß mutterseelenallein auf der weiten Wiese.

»Ich warte noch ein bisschen, dann mache ich mich auf nach Hause!« Sprach's und knabberte, ohne große Lust, an einem nassen Blatt.

Es kamen die Nacht und der Morgen, dann der Mittag. Am Nachmittag hatte sie die Warterei satt.

Schildkröten haben einen außerordentlich guten Orientierungssinn, sie sehen und riechen außerdem sehr gut. Frau Maier wusste also in welche Richtung sie krabbeln musste, um nach Hause zu gelangen. Und sie tippelte entschlossen los.

Könnt ihr euch vorstellen wie langsam ihr Tippeln war? Sie strengte sich zwar mächtig an vorwärtszukommen, aber viel brachten diese Bemühungen nicht.

Es verging eine Woche, ehe Oscar wieder völlig gesund war. Endlich durfte er das Bett verlassen, und als Erstes wollte er natürlich zu seiner Schildkröte. Und da fiel es ihm wieder ein: Er hatte sie ja nicht mehr von der Wiese abholen können! Und seine Eltern hatten Frau Maier vor Sorge um ihn leider auch die ganze Zeit vergessen. Sie machten sich schlimme Vorwürfe, aber zu spät.

Voller Kummer und einem bangen Rumoren im Bauch machte er sich sofort auf den Weg zu ihr. Aber welch Schreck, sie war weg! Nur ein kaputter Zaun lag noch da.

Oscars Herz klopfte wie verrückt, die Tränen kullerten. Egal wohin er auch schaute, er sah nur Wiese. Keine noch so winzige Spur von Frau Maier.

Die Eltern hatten ein furchtbar schlechtes Gewissen und versuchten ihren Sohn zu trösten, aber alle Bemühungen waren umsonst.

»Ohne meine Frau Maier werde ich nie, nie wieder glücklich«, jammerte Oscar.

Also machte sich die ganze Familie auf die Suche nach dem verschwundenen Haustier.

Aber wie findet man eine kleine, stumme Schildkröte? Zum ersten Mal wünschte sich die Mama: »Wenn sie doch nur bellen oder miauen könnte, dann wäre es leichter! Aber wir wollten ja ein unauffälliges Tier. Nun haben wir den Schlamassel!«

Alles Suchen half nicht. Sie war weg und blieb es auch. Oscar schniefte, die Eltern waren auf sich selbst böse und der Tag war gelaufen.

Am nächsten Morgen begannen sie die Suche auszuweiten. Straßen wurden abgesucht, Nachbarn befragt. Auch bei mir klingelte Oscar, aber weder ich noch die anderen konnten ihm helfen.

Oscar zeichnete seine Schildkröte auf ein Blatt Papier, um es an die Laternenpfähle zu kleben. Darauf hatte er geschrieben: Hilfe, meine Schildkröte ist weg. Sie hört auf den Namen Frau Maier. Sie ist klein. Ich hab sie sehr lieb und sie mich auch. Wer hat sie gesehen? Es folgte seine Adresse. Sogar einen Finderlohn versprach er von seinem Taschengeld zu zahlen.

Leider waren alle Aktionen vergebens. Die Schildkröte blieb unauffindbar und man fürchtete schon das Schlimmste.

Frau Maiers Familie litt ganz offenbar an dem Verlust. Dieses kleine Tierchen gehörte wirklich schon dazu. Sie hatten sich alle an ihre Anwesenheit gewöhnt und vermissten sie. Die Stimmung war getrübt. Der Fußboden war so leer ohne den Panzer mit den vier Beinchen und dem Köpfchen.

Nach langem Hin und Her beschlossen sie, eine neue Schildkröte in der Zoohandlung zu kaufen. Diese konnte und sollte natürlich nie im Leben ihre Frau Maier ersetzen, aber ohne Schildkröte ging es auch nicht mehr. So kauften sie Herrn Müller.

Eigentlich sahen sie gar keinen großen Unterschied zu Frau Maier. Aber Herr Müller war trotzdem anders. Jedes Tier hat seinen eigenen Charakter – sogar unscheinbare Schildkröten. Er, zum Beispiel, war viel ängstlicher, obwohl er ein Mann war.

Schnell gewöhnte man sich an Herr Müller und liebte ihn, genauso wie Frau Maier. Bald dachte niemand mehr an das verschwundene Tierlein …

So könnte meine Geschichte enden. Tut sie aber nicht. Jetzt kommen der eigentliche Schluss und die Überraschung: Eines Morgens, es mussten wohl drei Wochen vergangen sein, da stolperte Oscar, als er zur Schule wollte, über etwas Hartes.

Er fluchte und bückte sich. Und da saß sie, die Frau Maier. Sie blickte ihn an mit ihren kleinen Äuglein und sah aus wie immer; nur ihr Panzer hatte einen feinen Riss. Was sie erlebt hatte auf ihrer Wanderschaft, wird sie leider nie erzählen können.