Der Tote mit zwei Köpfen - Günter Fanghänel - E-Book

Der Tote mit zwei Köpfen E-Book

Günter Fanghänel

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Beschreibung

Im Eppertshausener Industriegebiet Park 45 wird in einer Bio-Tonne der Firma EMS (Elektromotoren-Stegel-GmbH) ein menschlicher Kopf gefunden. Er wurde vor einigen Tagen von einem Toten abgetrennt und schien zu dem vor drei Tagen bestatteten Chef von EMS, Friedrich Stegel, zu gehören. Die Exhumierung zeigte aber, dass dies nicht der Fall war. Es gab also zwei identische Köpfe, zunächst aber nur eine Leiche. Außerdem stellte sich heraus, dass die Angabe auf dem Toten-schein "Natürliche Todesursache" falsch war. Das Ganze wurde noch unübersichtlicher, als plötzlich für den Verkauf der Firma EMS 120 Millionen Euro geboten wurden. Friedrich Stegel hatte strikt abgelehnt, aber seine 2. Frau Ilona hoffte, als Erbin von einem Verkauf profitieren zu können. Dann kam es noch zu einer Entführung und Erpressung. Bei der Regionalen Kriminalinspektion (RKI) Darmstadt wurde unter Leitung von Hauptkommissar Waski eine Sonder-kommission gebildet. Dieser gelang es, innerhalb einer Woche die Fälle aufzu¬klären und die Täter dingfest zu machen.

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Seitenzahl: 183

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Dieses Buch ist ein Roman. Handlung und Personen sind frei erfunden.

Alle Straßen- und Firmennamen sind fiktiv.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Montag, 21. Juli; 9:30 Uhr

Kapitel 3

Montag, 21. Juli; 12:00 Uhr

Kapitel 4

Montag, 21. Juli; 20:00 Uhr

Kapitel 5

Dienstag, 22. Juli; 7:30 Uhr

Kapitel 6

Dienstag, 22. Juli; 10:30 Uhr

Kapitel 7

Dienstag, 22. Juli; 11:30 Uhr

Kapitel 8

Dienstag, 22. Juli; 13:00 Uhr

Kapitel 9

Dienstag, 22. Juli; 15:00 Uhr.

Kapitel 10

Dienstag, 22. Juli; 16:15 Uhr

Kapitel 11

Dienstag, 22. Juli; 17:30 Uhr

Kapitel 12

Dienstag, 22. Juli; 20:00 Uhr

Kapitel 13

Dienstag, 22. Juli: 20:50 Uhr

Kapitel 14

Mittwoch, 23. Juli; 8:50 Uhr

Kapitel 15

Mittwoch, 23. Juli; 9:15 Uhr

Kapitel 16

Mittwoch, 23. Juli; 9:30 Uhr

Kapitel 17

Mittwoch, 23. Juli; 11:00 Uhr

Kapitel 18

Mittwoch, 23. Juli; 12:00 Uhr

Kapitel 19

Mittwoch, 23. Juli; 13:00 Uhr

Kapitel 20

Mittwoch, 23. Juli; auch 13:00 Uhr

Kapitel 21

Mittwoch, 23. Juli; auch 15:00 Uhr

Kapitel 22

Mittwoch, 23. Juli; 16:30 Uhr

Kapitel 23

Mittwoch, 23. Juli; auch 16:30 Uhr

Kapitel 24

Mittwoch, 23. Juli; 17:30 Uhr

Kapitel 25

Mittwoch, 23. Juli; 20:00 Uhr

Kapitel 26

Mittwoch, 23. Juli; 22:30 Uhr

Kapitel 27

Donnerstag, 24. Juli; 8:30 Uhr

Kapitel 28

Donnerstag, 24. Juli; 10:30 Uhr

Kapitel 29

Donnerstag, 24. Juli; auch 10:30 Uhr

Kapitel 30

Donnerstag, 24. Juli; 12:00 Uhr

Kapitel 31

Donnerstag, 24. Juli; 13:30 Uhr

Kapitel 32

Donnerstag, 24. Juli; 15:30 Uhr

Kapitel 33

Donnerstag, 24. Juli; 16:45 Uhr

Kapitel 34

Donnerstag, 24. Juli; 17:10 Uhr

Kapitel 35

Donnerstag, 24. Juli; 20:00 Uhr

Kapitel 36

Freitag, 25. Juli; 8:00 Uhr

Personen

Opfer, Täter, Verdächtige und Zeugen sowie sonstige Personen

1.

Eppertshausen, der kleine beschauliche hessische Ort, liegt mitten zwischen den Städten Aschaffenburg, Darmstadt, Frankfurt und Offenbach.

Es ist an drei Seiten von schönen Wäldern umgeben, nur nach Süden öffnet sich der Blick über die Nachbargemeinde Münster bis zu den Hängen des Odenwaldes.

Die Geschichte des Ortes war wechselvoll.

Bei der im 5. bis 8. Jahrhundert erfolgten Landnahme durch die Franken wurden nur Felder und Wiesen Privateigentum, Wälder, Weiden, Gewässer und Bodenschätze blieben gemeinsames Eigentum aller und wurden durch sogenannte Markgenossenschaften verwaltet. Eppertshausen, das im Jahre 836 erstmals als Ecgiharteshuson in einer Zinsliste der Benediktinerabtei Seligenstadt erwähnt wurde, gehörte zur Mark Babenhausen. Diese war im frühen Mittelalter im Besitz der Grafen von Hanau wie auch das gesamte als Die Abtei bezeichnete Waldgebiet, westlich und nördlich davon lag der Wildbann Dreieich. Zu dessen Schutz wurde an der Südflanke eine Turmburg errichtet, um die herum sich der Ort Eppertshausen entwickelte. Als Vögte waren die in Dieburg ansässigen Herren von Groschlag eingesetzt. Dieburg gehörte fast im gesamten Mittelalter zum Erzbistum bzw. Kurfürstentum Mainz und ist heute bekannt durch seine Wallfahrtskirche, durch viele schöne Fachwerkhäuser sowie durch seinen am Fastnachtsdienstag stattfindenden Umzug, einen der größten in Hessen.

Bis 1799 hatten die Herren von Groschlag in Eppertshausen das Sagen, wobei gegenseitige Ansprüche zwischen den Erzbischöfen von Mainz einerseits und den Grafen von Hanau andererseits der Entwicklung des Ortes keineswegs förderlich waren. Dieser Streit gipfelte in einer Entscheidung des Reichstages zu Konstanz von 1507, wonach die wirtschaftlichen Belange durch das Märkergericht Babenhausen, also den Hanauern, entschieden wurden, politische Belange aber durch das Zentgericht Dieburg, also den Mainzern. Ab 1806 gehörte Eppertshausen dann zum Großherzogtum Hessen-Darmstadt und damit nach 1945 zum Bundesland Hessen. Im 19. Jahrhundert waren Töpfereien, Ziegelhütten und später auch Lederwarenfabrikation neben der nach wie vor dominierenden Landwirtschaft wichtige Erwerbsquellen für die Bevölkerung. Als dann 1905 die Dreieichbahn zwischen Dieburg und Dreieich-Buchschlag ihren Betrieb aufnahm, waren die Städte Darmstadt und Frankfurt leicht erreichbar. Viele Pendler nutzten vom Bahnhof Eppertshausen diese Möglichkeit, was wesentlich zu einem weiteren Aufschwung des Ortes beitrug.

Bei der 1974 in Hessen vorgenommenen Gebietsreform, die im Norden die künstliche Stadt Rödermark hervorbrachte und im Osten viele Dörfer nach Babenhausen eingemeindete, gelang es Eppertshausen, seine Selbständigkeit zu bewahren.

Dies, sowie die gute geografische Lage zusammen mit einer recht guten Verkehrsanbindung über Schiene und Straße, vor allem aber die sehr kluge und vorausschauende Kommunalpolitik der vergangenen Jahre waren ursächlich, für die sehr positive Entwicklung des Ortes. So wurde 2007 das Gewerbegebiet Park 45 seiner Bestimmung übergeben und in den Neubaugebieten Im Eichstumpf und Am Abteiwald sind in den letzten Jahren zahlreiche Neubauten, meist Einfamilienhäuser, entstanden und die Lücke zum vorher etwas abseits gelegenen Ortsteil Failisch wurde nahezu geschlossen. 2024 wurde das Seniorenzentrum St. Barbara seiner Bestimmung übergeben. Hier gibt es neben zahlreichen, sehr modern eingerichteten Pflegeplätzen auch einige altersgerechte Wohnungen.

In den letzten Jahren ist Eppertshausen auch in die Schlagzeilen geraten, weil es Schauplatz mehrerer fiktiver Kriminalfälle war.1

In allen diesen Fällen war Kriminalhauptkommissar Lutz Waski Leiter der Ermittlungen. Dieser war zusammen mit seiner Frau Steffi 2019 nach Eppertshausen gezogen.

Steffi und Lutz Waski hatten 2015 geheiratet und waren zuvor beide bei der Kriminalpolizei in Gera beschäftigt, sie als Chefsekretärin der MUK2, er zum Schluss als Oberkommissar.

Steffi stammt aus Eppertshausen und ihre Eltern, Lieselotte (genannt Lilo) und Werner Bremer, beide ehemalige Lufthanseaten, hatten Mitte der 80-iger Jahre des vorigen Jahrhunderts in der Straße Am Kreuzfeld ein schönes Zweifamilienhaus gebaut.

Dort ist Steffi mit ihrem Mann Lutz und dem damals einjährigen Tobias eingezogen. Steffis Eltern hatten sich im Erdgeschoss eingerichtet und zuvor richtig viel Geld in die Hand genommen, um die obere Etage für die jungen Leute herzurichten. Es wurden alle Zimmer renoviert, eine moderne Küche eingebaut und das Bad völlig umgestaltet. Im Gäste-WC gibt es jetzt eine zusätzliche Duschkabine.

Der Umzug nach Hessen wurde auch möglich, weil Lutz die Stelle des Leiters der Abteilung Gewaltverbrechen im Kommissariat K10 der

Regionalen Kriminalinspektion (RKI) Darmstadt erhalten hatte und zum Kriminalhauptkommissar befördert worden war.

Es war der 21. Juli, ein Montag, an dem die dritte Woche der Sommerferien begonnen hatte. Lutz Waski und seine Frau Steffi hatten eine Woche Urlaub und sie wollten mit den Kindern und Großeltern einige Ausflüge in die nähere Umgebung unternehmen Für heute stand das Felsenmeer bei Lautertal im Odenwald auf dem Programm und dann wollte man noch nach Worms an den Rhein fahren.

Die beiden Kinder, der siebenjährige Tobias und seine drei Jahre jüngere Schwester Cosima, saßen schon zappelig am Frühstückstisch und wollten wissen, wann es nun endlich losgehen würde.

Oma Lilo erklärte, dass alle erst in Ruhe frühstücken sollten und dass sie für Mittag schon einen Picknickkorb vorbereitet hat. Sie sagte dann; „Opa Werner wird aber nicht mitkommen.“

„Das ist aber schade, ich wollte doch auf seinen Schultern reiten“, kam es von Cosima.

„Warum muss Opa denn zu Hause bleiben?“ wollte Tobias wissen.

Sie erfuhren, dass Werner Bremer keineswegs daheimbleibt, sondern mit Dr. Dreikorn nach Darmstadt fahren wird.

Doktor Dieter Dreikorn ist leitender Oberarzt der Kardiologie eines Darmstädter Krankenhauses und hat als langjähriger Nachbar und guter Freund angeboten, Werner Bremer einmal gründlich durchzuchecken, weil der sich seit einigen Tagen schlecht fühlt.

Das Frühstück war zu Ende, das Geschirr abgeräumt und es herrschte allgemeine Aufbruchstimmung. Da klingelte das Handy von Lutz. Der schaute auf das Display, sagte: „Die Dienststelle“ und nahm das Gespräch an.

Am anderen Ende war sein Chef, Kriminalrat Torsten Haase, der Leiter des Kommissariats K10 der RKI Darmstadt. Er sagte: „Lutz, ich weiß, Sie haben Urlaub, aber es gibt da einen sehr ungewöhnlichen Fall bei Ihnen in Eppertshausen und ich muss Sie bitten, sich darum zu kümmern.

In Ihrem Ort werden heute die grünen Tonnen für den Biomüll geleert und dabei haben die Müllwerker im Gewerbegebiet Park 45 eine schreckliche Entdeckung gemacht. Routinemäßig wird kurz in jede Tonne geschaut, bevor sie auf die Vorrichtung des Müllwagens gestellt und dann auf Hebeldruck entleert wird. Dabei wurde festgestellt, dass in einer der Tonnen zuoberst ein menschlicher Kopf lag.

Man hat natürlich alle weiteren Arbeiten sofort eingestellt und die Polizei alarmiert. Die Kollegen aus Dieburg müssten inzwischen vor Ort sein. Lutz ich bitte Sie, zu dem Fundort des Kopfes zu fahren und vorerst die Leitung der Untersuchung zu übernehmen. Ich hoffe, Sie sind noch nicht allzu weit weg von zu Hause.“

Kommissar Waski sagte, dass er noch zu Hause sei, aber eigentlich mit der Familie in den Odenwald fahren wollte. Natürlich würde er aber sofort zum Park 45 aufbrechen.

Den Frauen und Kindern erklärte er, dass man ihn dringend im Gewerbegeiet brauchen würde und er meinte: „Da müsst ihr vier eben ohne männlichen Schutz auskommen,“

Tobias warf sich in die Brust und sagte: „Ich bin ja auch noch da.“

Unter Schmunzeln verabschiedete sich Lutz und fuhr seinem neuen Fall entgegen.

1Die Tote im Abteiwald; BoD 2019Der Tote in der Dreieichbahn; BoD 2020;Die Toten bei der Thomashütte; BoD 2021.Die Tote in der Sauna: BoD 2023Der Tote in Nachbars Garten; BoD 2024

2 MUK steht für Morduntersuchungskommission. Einige Fälle deren Arbeit sind beschrieben in:Der Tote vom Teufelstal Bod 2012Der Tote auf Gleis 2 BoD 2014 Die Tote in Kabine 8032 BoD 2016

2.

Montag, 21. Juli; 9:30 Uhr

Lutz Waski erreichte den Park 45 und die angegebene Adresse in der Einsteinstraße.

Im Hof eines großen Firmengebäudes, an dessen Front das Logo EMS prangte, sah er den Streifenwagen der Dieburger Kollegen sowie das Spezialfahrzeug der Biomüllentsorgung. Der Kommissar ging auf die Gruppe von Leuten zu, die um eine grüne Tonne standen und rege diskutierten,

„Hallo, Kollege Krause“, begrüßte er den Führer der Dieburger Polizeistreife. „Als erstes, Herr Hauptkommissar, gratuliere ich Ihnen zur Beförderung und dann muss ich sagen, es ist schon komisch, dass wir uns immer treffen, wenn es hier bei uns einen Toten gibt.3 Wer ist denn die hübsche junge Frau, die Sie dieses Mal mitgebracht haben?“

„Das ist Polizeimeisterin Birgit Peters, die frisch von der Schule zu uns gekommen ist,“ antwortete Uwe Krause.

Seine Kollegin, die mit ihrer sportlichen Figur und den kurzen rötlichen Haaren – ob echt oder gefärbt, war nicht zu erkennen – in ihrer Unform sehr gut aussah, gab Lutz Waski die Hand und sagte: „Herr Hauptkommissar, ich freue mich Sie kennenzulernen, ich habe schon viel von Ihnen gehört.“

Waski lächelte und sagte: „Die Titelei lassen wir weg. Im Allgemeinen reden wir uns mit den Vornamen und „Sie“ an. Also, Birgit, da wollen wir uns einmal die Sachlage ansehen.“

Damit wandte er sich an die beiden Mitarbeiter des Entsorgungsbetriebes und bat um eine Schilderung des Geschehens.

Der Ältere von ihnen ergriff das Wort. „Kollege Reimer und ich haben unsere Tour pünktlich 6:00 Uhr in unserem Betriebshof begonnen. Nach Überprüfung des Fahrzeuges und Erledigung des Papierkrams sind wir gegen 6:30 Uhr losgefahren, auf der üblichen Runde. Es lief alles normal. Ich bin gefahren und Erich hat die Tonnen zum Fahrzeug gebracht, die dann automatisch geleert werden.“

Erich Reimer mischte sich ein: „Wie es die Vorschrift ist, habe ich in jede Tonne vorher hineingeschaut, manchmal liegt da Zeug drin, dass mit Bioabfall absolut nichts zu tun hat. In einem solchen Fall wird die Tonne nicht entleert. Kurz vor halb Acht habe ich dann in diese Tonne hier geschaut und mit Entsetzen einen menschlichen Kopf gesehen. Er lag ganz oben und hat mich angesehen. Ich habe wohl laut geschrien und Jens kam sofort aus dem Fahrerhaus. Wir haben dann den Motor abgestellt, die Polizei gerufen und die Zentrale verständigt.“

“Na, da wollen wir mal in die Tonne gucken“, meinte der Kommissar. Man hob den Deckel und alle sahen oben auf einem Haufen Laub den Kopf, drapiert fast wie im Schaufenster,

„Den kenne ich“, rief Polizeimeisterin Peters. „Das ist – nein war – Friedrich Stegel. Von ihm war eine Todesanzeige mit Bild in der Offenbach Post und die Beerdigung war, wenn ich mich recht erinnere, am letzten Freitag.“

„Birgit, Sie haben wirklich ein gutes Gedächtnis“, lobte Lutz Waski. „Bitte besorgen Sie die Anzeige. Wir entscheiden dann, wie es weiter geht.“

Noch während seiner Rede kam ein schweres Motorrad auf den Hof gebraust und hielt kurz vor dem Müllauto.

„Da kommt ja der Rasende Heiko,“ sagte Lutz Waski. Der Gerichtsmediziner Dr. Heiko Bruns hatte diesen Spitznamen, weil er meist mit seiner Honda zu den Tatorten kam.

Dr. Bruns legte den Sturzhelm ab, zog die Handschuhe aus und kam zu der Gruppe.

„Hallo Lutz“, begrüßte er den Kommissar. „Aus welchem Keller habt ihr denn dieses Mal eine Leiche ausgegraben?“

„Mit einer ganzen Leiche können wir nicht, vielleicht noch nicht, dienen. Wir haben nur einen Kopf, der in einer Biomülltonne präsentiert wurde,“ lautete die Antwort,

„Wir vermuten, dass dies der Kopf von Friedrich Stegel ist, der am vergangenen Freitag beerdigt wurde, aber alles andere ist noch völlig rätselhaft“, beendete Lutz Waski seine Rede.

Dr. Bruns untersuchte den Kopf und sagte nach kurzer Zeit: „Ich kann mit der gebotenen Vorsicht folgende Feststellungen treffen:

Der Kopf wurde post mortem, also nach dem Tod vom Rumpf getrennt;

Das Ganze ist mindestens 4 Tage her;

Es gibt Anzeichen, dass Gift im Spiel war.

Ich werde das gute Stück jetzt mit nach Frankfurt nehmen und in unserem Institut genauer untersuchen. Übrigens hättet ihr mir den Kopf auch gleich schicken können, was mir den Ritt auf meinem Rennpferd erspart hätte.

Dann solltet ihr den Rest von Friedrich Stegel ausbuddeln und mir nach Frankfurt liefern. Wenn ich alles auf dem Tisch und untersucht habe, sehen wir weiter.“

Dr. Bruns wollte schon den Kopf in Folie verpacken und in einer der Seitentaschen seiner Honda verstauen, als Kommissar Waki Einhalt gebot. „Kollegin Peters hat aus dem Internet die Traueranzeige von Friedrich Stegel heruntergeladen und das Bild auf ihrem Laptop vergrößert. Wir alle sollten uns das ansehen und mit dem gefundenen Kopf vergleichen.“

So geschah es und alle Anwesenden stimmten darin überein, dass das Foto den gefundenen Kopf zeigt.

Dr. Bruns verabschiedete sich und Kommissar Waski erklärte den Müllwerkern, dass Frau Peters noch ein Protokoll aufnehmen würde und sie dann ihre Arbeit fortsetzen könnten.

Danach telefonierte er mit seinem Chef, Kriminalrat Torsten Haase, und bat, die Exhumierung von Friedrich Stegel einzuleiten und seine Mitarbeiter für 12:00 Uhr zu einer Besprechung zu bitten.

Torsten Haase sagte zu und erklärte, dass er an der Besprechung teilnehmen wolle.

Kommissar Waski besprach sich noch kurz mit den Dieburger Kollegen und meinte, es wäre gut, wenn diese Informationen über die Familie Stegel und die Beerdigung am vergangenen Freitag beschaffen würden. Dabei sollte der grausige Fund aber nicht erwähnt werden. Die beiden Angestellten des Entsorgungsunternehmens waren entsprechend vergattert worden.

Lutz Waski verabschiedete sich, wobei er bemerkte, dass man sich bei der anstehenden Exhumierung sicher wieder treffen würde,

3 Siehe:Die Tote im Abteiwald; BoD 2019Die Tote in der Sauna: BoD 2023Der Tote in Nachbars Garten; BoD 2024

3.

Montag, 21. Juli; 12:00 Uhr

Im Beratungsraum des Kommissariats K10 der REGIONALEN KRIMINALINSPEKTION (RKI) Darmstadt hatten sich die Mitarbeiter der Abteilung Gewaltverbrechen versammelt.

An dem langen Tisch saßen an der Stirnseite Lutz Waski und Torsten Haase.

Links und rechts hatten Hauptkommissarin Melanie Forstmann und die Kommissare Gisela Bernd und Ralf Kleinert sowie die Kommissaranwärterin, Miriam Fendt, Platz genommen4.

Lutz Waski eröffnete die Beratung und schilderte den Fund, der im Eppertshausener Industriegebiet Park 45 beim Abtransport von Biomüll gemacht wurde. Er stellte fest: „Da der Kopf von Friedrich Stegel nach Aussagen des Gerichtsmediziners erst nach dem Tod abgetrennt wurde, liegt zunächst kein Tötungsdelikt, sondern ein Fall von Leichenschändung vor. Damit wäre das Ganze kein Fall für uns, es sei denn, Dr. Bruns hätte mit seiner Vermutung recht und Friedrich Stegel ist vergiftet worden.

Dennoch steht die Frage im Raum, von wem und warum wurde der Kopf abgetrennt und so drapiert, dass er gefunden werden musste.

Vielleicht können die Dieburger Kollegen hierzu Nützliches in Erfahrung bringen.

Wir müssen – so meine ich – auf das Ergebnis der Exhumierung warten.“

Kriminalrat Hasse wollte die Beratung schon beenden, als sich auf seinem Handy Hauptkommissar Krause aus Dieburg meldete.

„Es ist sehr gut, dass Sie anrufen“, erhielt er zur Antwort. „Wir sind hier alle zusammen und ich stelle laut, da können die Kollegen direkt hören, was Sie uns berichten können.“

So erfuhren alle das Folgende:

Friedrich Stegel war Chef von EMS (ELEK-TROMOTOREN STEGEL).

Diese Firma produziert Elektromoren unterschiedlichster Art, wie sie in Haushaltsgeräten, Fahrzeugen (Scheibenwischer; Fensterheber usw.) und im Wohnungsbau (Aufzüge; Rollläden) gebraucht werden. EMS beschäftigt allein am Hauptsitz in Eppertshausen etwa 400 Mitarbeiter und hat noch eine Filiale in Bregenz.

Die Familienverhältnisse scheinen etwas verworren. Friedrich Stegel war in zweiter Ehe verheiratet. Seine Frau ist 30 Jahre jünger. In der gemeinsamen Wohnung, die sich im Gebäude der Firma befindet, lebt wohl auch noch der Bruder der Frau.

Seine Exfrau hat das Haus in Altheim behalten und dort wohnt auch der Sohn aus dieser ersten Ehe mit seiner Familie.

Die Mutter von Friedrich Stegel soll in einem Seniorenheim leben und über 90 Jahre alt und ziemlich dement sein.

Diese Informationen habe ich von Helge Reiter, der als Geschäftsführer bei EMS angestellt ist. Er wusste auch von einer heftigen Auseinandersetzung zwischen Friedrich Stegel und einem Konkurrenten aus Erlangen zu berichten. Er wollte oder konnte aber nicht mehr dazu sagen. Es habe dabei wohl auch Morddrohungen gegeben.“

Kriminalrat Haase bedankte sich und beendete das Gespräch. Dann sagte er zu seinen Mitarbeitern: „Wir werden die Exhumierung von Friedrich Stegel abwarten müssen. Ich werde mich bemühen, dass diese so schnell wie möglich – ich hoffe noch heute – stattfinden kann. Sobald ich genauere Informationen habe, werden wir die nächsten Schritte festlegen. Jetzt können wir erst einmal an unsere normale Arbeit gehen.“

Damit war die Beratung beendet.

4 Eine Aufstellung der wichtigsten Personen befindet sich an Schluss des Buches

4.

Montag, 21. Juli; 20:00 Uhr

An dem frischen Grab, in dem vor drei Tagen Friedrich Stegel beigesetzt worden war, hatten sich einige Personen versammelt, um bei der Exhumierung anwesend zu sein.

Die Genehmigung der Staatsanwaltschaft war zügig erteilt worden und ein junger Mitarbeiter dieser Behörde war anwesend. Von der Polizei waren Hauptkommissar Waski und sein Mitarbeiter, Kriminalkommissar Kleinert, dabei sowie die Dieburger Kollegen Hauptkommissar Krause und Polizeimeisterin Peters. Vervollständigt wurde die Runde durch einen Vertreter des Frankfurter Institutes für Rechtsmedizin und einem evangelischen Geistlichen. Außerdem waren zwei Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung mit den notwenigen Gerätschaften da.

Die Angehörigen des Verstorbenen waren zwar informiert worden, hatten aber ihr Kommen abgelehnt.

Ein kleiner Bagger kam zu Einsatz, um den Sarg freizulegen. Mit einer Schaufel bewaffnet stieg einer der Friedhofsangestellten in die Grube, legte Gurte um den Totenschrein und gab das Zeichen, dass man diesen anheben könne.

Das geschah und der Schrein wurde neben dem geöffneten Grab abgestellt.

Der Sarg wurde geöffnet und alle Anwesenden schauten hinein. Sie hatten sich innerlich darauf eingestellt, einen Leichnam ohne Kopf vorzufinden.

Dem war aber nicht so!

Im Sarg lag friedlich die Leiche von Friedrich Stegel, so wie sie am vergangenen Donnerstag, einen Tag vor der Beisetzung, hineingebettet worden war.

Alle waren verblüfft.

Die junge Polizeimeisterin Birgit Peters fand als Erste Worte und rief: „Der Tote hier hat ja den gleichen Kopf wie der von heute früh.

Wir haben einen Toten mit zwei Köpfen!“

Kommissar Waski übernahm die Gesprächsführung: „Ein Toter mit zwei Köpfen ist natürlich Unsinn. Richtig ist aber: Wir haben zwei auf den ersten Blick völlig gleiche Köpfe, was auf Zwillinge schließen lässt. Aber nur zu einem der Köpfe haben wir auch den restlichen Körper. Es stellen sich daher folgende Fragen:

Wer ist der tote Zwillingsbruder von Friedrich Stegel?

Wo kommt er her?

Wie kam er zu Tode?

Wer hat seinen Kopf abgetrennt und warum?

Vor allem aber: Wo ist der restliche Leichnam?

In diese Richtung haben wir heute früh überhaupt nicht gedacht, weil wir fälschlicherweise angenommen hatten, dass der gefundene Kopf zu Friedrich Stegel gehört. Der Torso seines Zwillingsbruders kann sich also durchaus in einer der anderen Mülltonnen befunden haben, was, wenn er weiter unten lag, nicht bemerkt wurde. Wir werden daher als erstes den Weg des heute eingesammelten Biomülls verfolgen müssen und morgen in aller früh mit Leichensuchhunden die Deponie auf den Kopf stellen.

Über das weitere Vorgehen entscheiden wir auch morgen früh. Ich halte eine Reihe von Befragungen für notwendig.

Für 8:00 Uhr werde ich eine Dienstbesprechung anberaumen.

Der Leichnam von Friedrich Stegel wird in die Gerichtsmedizin nach Frankfurt überführt.

Dr. Bruns wird sicher einen ausführlichen DNA-Abgleich mit dem heute früh gefunden Kopf durchführen wollen. Außerdem habe ich seinen Verdacht bezüglich einer möglichen Vergiftung noch im Hinterkopf.

Ich hoffe, die Staatsanwaltschaft ist mit meinen Entscheidungen einverstanden.“

Lutz Waski erntete ein zustimmendes Kopfnicken.

Dann wurde das Grab wieder verschlossen, so dass auf den ersten Blick nicht zu erkennen war, dass sich überhaupt kein Sarg darin befand.

Bevor man auseinander ging, forderte Kommissar Waski alle auf, über das gesamte Geschehen absolutes Stillschweigen zu bewahren, vor allem über die Tatsache, dass zwei identische menschliche Köpfe im Spiel sind.

Man trennte sich. Lutz Waski fuhr nach Hause, um von dort aus seinem Chef einen ausführlichen Bericht zu liefern und mit ihm das weitere Vorgehen zu beraten.

5.

Dienstag, 22. Juli; 7:30 Uhr

Im Büro des Kriminalrats Torsten Haase saß dieser mit seinem Hauptkommissar Lutz Waski an einem kleinen runden Tisch.

Lutz, der Leiter der Abteilung Gewaltverbrechen, informierte zusätzlich zum gestrigen Telefongespräch seinen Chef in aller Ausführlichkeit über die Exhumierung von Friedrich Stegel. Dabei meinte Lutz Waski, es sei ein Fehler von ihm gewesen, nicht auf einer Untersuchung der restlichen Biomülltonnen in Park 45 bestanden zu haben.