Der Treckführer - R. S. Stone - E-Book

Der Treckführer E-Book

R. S. Stone

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Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Gleißendes Sonnenlicht strahlte vom Himmel und legte sich über die Verladecorrals von Trail-Town, einer Rinderstadt in Kansas, die etwas außerhalb der Rinderstadt lagen. Die Luft war erfüllt von Hitze und Staub. Staub, der in Fontänen in den Himmel stieg und die Cowboys einhüllte wie Nebel, während sie mit lauten Rufen und Schreien die Rinder nacheinander in die Corrals trieben. Ben Sunday saß im Sattel seines Schecken, drehte sich aus den letzten Krümeln seines Tabakbestandes eine dünne Zigarette und ließ seine rotgeränderten Augen über das Geschehen schweifen. Noch etwa eine halbe Stunde, dann wären die Gehörnten in die Corrals verfrachtet. Ein hartes Grinsen zog sich über sein unrasiertes, staubbedecktes Gesicht. Oha, er wusste genau, was dann passieren würde. Sie würden in Trail-Town einfallen wie ein Schwarm wildgewordener Hornissen. Fünfzehn harte Trailmen, die gierig darauf warteten, die Hölle loszulassen. Es war ein mörderischer Trail, der hinter ihnen lag. Angeführt von einem Trailboss, der so hart und unduldsam war wie der Teufel selbst. Sein Name war Reece Hollister. Ein Mann, der bereits unzählige Rinderherden von Texas nach Kansas gebracht hatte und bereits zu einer Legende geworden war. Sie hatten Staub und Dreck gefressen. Und das nicht zu knapp. Beim Überschreiten des Colorados verloren sie ihren ersten Mann. Den jüngsten aus ihrer Crew. Tommy Barstow, gerade mal sechzehn Jahre alt. Er geriet in einen Strudel, niemand konnte ihm helfen. Mit ihm ertranken vierzig Rinder.

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Seitenzahl: 155

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Die großen Western – 418 –Der Treckführer

R. S. Stone

Gleißendes Sonnenlicht strahlte vom Himmel und legte sich über die Verladecorrals von Trail-Town, einer Rinderstadt in Kansas, die etwas außerhalb der Rinderstadt lagen. Die Luft war erfüllt von Hitze und Staub. Staub, der in Fontänen in den Himmel stieg und die Cowboys einhüllte wie Nebel, während sie mit lauten Rufen und Schreien die Rinder nacheinander in die Corrals trieben.

Ben Sunday saß im Sattel seines Schecken, drehte sich aus den letzten Krümeln seines Tabakbestandes eine dünne Zigarette und ließ seine rotgeränderten Augen über das Geschehen schweifen. Noch etwa eine halbe Stunde, dann wären die Gehörnten in die Corrals verfrachtet.

Ein hartes Grinsen zog sich über sein unrasiertes, staubbedecktes Gesicht.

Oha, er wusste genau, was dann passieren würde. Sie würden in Trail-Town einfallen wie ein Schwarm wildgewordener Hornissen. Fünfzehn harte Trailmen, die gierig darauf warteten, die Hölle loszulassen.

Es war ein mörderischer Trail, der hinter ihnen lag. Angeführt von einem Trailboss, der so hart und unduldsam war wie der Teufel selbst. Sein Name war Reece Hollister. Ein Mann, der bereits unzählige Rinderherden von Texas nach Kansas gebracht hatte und bereits zu einer Legende geworden war.

Sie hatten Staub und Dreck gefressen. Und das nicht zu knapp. Beim Überschreiten des Colorados verloren sie ihren ersten Mann. Den jüngsten aus ihrer Crew. Tommy Barstow, gerade mal sechzehn Jahre alt. Er geriet in einen Strudel, niemand konnte ihm helfen. Mit ihm ertranken vierzig Rinder. Zweimal kämpften sie gegen kriegerische Comanchen, und an der Grenze zu Kansas forderten Banditen hohen Wegzoll. Zu hoch, wie Hollister fand.

Dennoch bekamen sie ihn.

Allerdings in Blei.

Ben Sunday steckte sich den Glimmstängel zwischen die spröden Lippen, während er an die Dinge dachte, die nun hinter ihm lagen. Hinter ihm, der hartbeinigen Crew Texaner und dem eisenfressenden Trailboss.

Oh, sie hatten Reece Hollister auf diesem Weg oft verflucht bis in die Hölle. Einschließlich Ben Sunday. Und der war schon ein mächtig harter Brocken. Aber jeder wusste, dass es hauptsächlich Hollister zu verdanken war, dass sie es bis nach Trail-Town geschafft hatten.

Anfänglich waren es dreitausend Rinder, die in San Antonio auf den Trail gingen. Zweieinhalbtausend brachten sie durch.

Eine verdammt gute Leistung, wie Ben Sunday fand.

Reece Hollister lenkte seinen Braunen an Ben Sunday heran. Er grinste breit, was selten vorkam. »Hat sich mächtig gelohnt, den gehörnten Biestern die Hufe zum Glühen zu bringen, was? Ein Glück, dass wir die Ersten sind, die in diesem Jahr mit ’ner Herde nach Trail-Town kommen.« Hollister beugte sich im Sattel nach vorn und spie einen Strahl Kautabaksaft in den Staub. Er wischte sich mit dem Ärmel seines verschlissenen Arbeitshemdes über den Mund, wandte sich wieder an Ben Sunday und legte ihm seine Hand auf die Schulter. Es war eine Geste des Vertrauens, die bei einem Mann wie Hollister so selten war wie sein Lächeln. »Den verfluchten Strapazen zum Trotz, Ben Sunday; vierzig Dollar pro Rind bei Abnahme der gesamten Herde. Na, wenn das nicht ein prächtiges Geschäft ist, möchte ich nicht mehr Reece Hollister heißen.«

Ben Sunday setzte gerade zu einer Antwort an, als sich vier Reiter näherten. Sie kamen aus südlicher Richtung, direkt auf sie zu. Seine Haltung straffte sich im Sattel. Das Quartett war bis an die Zähne bewaffnet, und keiner von ihnen sah so aus, wie sich die Mutter einer wohlbehüteten Tochter einen Schwiegersohn vorstellen würde. Sie ritten dicht nebeneinander. Einige Yards vor Ben Sunday und Hollister brachten sie ihre Gäule zum Stehen. Einer von ihnen beugte sich lässig im Sattel vor und legte beide Hände über das Sattelhorn. Dabei wanderten Blicke aus giftgrünen Augen von Hollister zu Ben Sunday – musternd, lauernd und abwägend. So blieben sie auf Hollister hängen.

»Sind Sie der Trailboss?«

Hollister hatte inzwischen seinen Braunen in die Richtung des Quartetts gezogen und begegnete ihren Blicken mit stoischer Gelassenheit. Doch die war nur vorgetäuscht. Ben Sunday kannte den Trailboss inzwischen gut genug, um zu wissen, dass jede Faser seines Körpers angespannt war.

»Wer will das wissen?«

Der Bursche mit den giftgrünen Augen richtete sich im Sattel auf. Mit seinen Daumen wies er nacheinander auf die beiden Männer links und rechts von ihm. »Mein Name ist Dutch Slaterlee. Dies hier sind meine Brüder Clem und Ray. Und der Lange da hört auf den Namen Stretch Cetchum. Schon mal von uns gehört?«

Hollister schüttelte verneinend den Kopf. Ihm war klar, dass dies kein Freundschaftsbesuch war. Auch Ben Sunday sagten die Namen der Brüder nichts. Nur Stretch Cetchum war ihm ein Begriff. Den kannte er aus Texas, zumindest dem Namen nach. Ein Revolverschwinger üblen Rufes, gefährlich und schnell wie eine Klapperschlange. Sein bleiches, kränklich wirkendes Gesicht täuschte nicht darüber hinweg; Ben Sunday wusste, dass dieser Kerl in Texas mindestens acht Männer getötet hatte.

Wenn solch ein Bursche auftauchte, konnte dies nur eins bedeuten: Verdruss.

Langsam ließ Ben Sunday seine Rechte in Richtung Holster gleiten, ohne aber den Kolben seines Remingtons zu berühren. Dutch Slaterlee kratzte sich am unrasierten Kinn und kam rasch zur Sache.

»Okay, Trailboss. Sie kennen uns nicht. Spielt auch keine Rolle. Wir wollen die Herde.«

Wieder schüttelte Hollister den Kopf. »Schon verkauft.«

Das schien Dutch Slaterlee nicht zu interessieren. Jedenfalls ignorierte er die Bemerkung. »Ich will sie alle. Zwanzig Dollar das Stück.«

»Sind Sie taub? Ich sagte, die Herde ist bereits verkauft.«

Slaterlees Blicke glitten zu seinen beiden Brüdern, dann zu Stretch Cetchum. Der blassgesichtige Revolverheld zeigte ein dünnes Lächeln, sonst keinerlei Regung. Er saß still im Sattel, die Blicke seiner starren Fischaugen waren nach vorn gerichtet.

Slaterlee wandte sich erneut Hollister zu. »Trailboss, es ist mir egal, ob Sie die Herde verkauft haben oder nicht. Ich sagte, ich nehme sie. Und wenn Sie klug sind, werden Sie an mich verkaufen.«

Der Trailboss wagte einen kurzen Seitenblick zu Ben Sunday. Ihre Blicke trafen sich für einen kurzen Moment. Doch das reichte aus. Beide Männer wussten Bescheid. Sie waren für den anstehenden Verdruss gewappnet.

Hollister beugte sich im Sattel vor. So weit, dass er schnell und sicher zu seinen beiden Remingtons langen konnte, die mit den Kolben nach vorn in seinem Zwillingsholster steckten. Er zischte Slaterlee ins Gesicht: »Ihr Gehabe imponiert mir nicht, Slaterlee. Ich habe weder Lust noch Zeit, mit Ihnen herumzutändeln. Für den Kauf der Herde sind Sie zu spät gekommen. Und jetzt verschwinden Sie!«

Slaterlee verzog staunend sein breites, hässliches Gesicht. Sein Mund klappte auf. So, als wollte er damit Fliegen fangen. Auch seine beiden Brüdern guckten erstaunt. Ja, sie staunten, denn sie schienen es nicht gewohnt zu sein, dass man so mit ihm umsprang. Dieser eingebildete Trailboss kannte sie anscheinend nicht, sonst würde er nicht so kühne Worte sprechen.

Stretch Cetchum zeigte weiterhin keine Regung, jedenfalls keine sichtbare.

Doch das bedeutete gar nichts. Sowohl Hollister als auch Ben Sunday waren sich darüber im Klaren, dass der blassgesichtige Bursche der gefährlichste Mann des Quartetts war.

In Dutch Slaterlees Augen blitzten tausend Teufel. Er riss seinen Arm nach vorn, mit dem Zeigefinger genau auf Hollister’ Gesicht weisend.

»Trailboss! Hier in der Gegend ist es ratsam, das zu tun, was wir Slaterlees wünschen. Du wirst das noch früh genug merken. Ich sage dir, wir wollen die Herde haben. Und wir werden sie bekommen. So oder so!«

Hollister zeigte ihm ein hartes Grinsen. »Versuch doch, sie dir zu holen, Großmaul!« Genau die gleichen Worte hatte Reece Hollister gebraucht, als sich die Banditen die Herde am Arkansas aneignen wollten.

Ein Zeichen für Ben Sunday zum Beginn eines bleihaltigen Tanzes.

Und genauso kam es.

Kaum hatte der Trailboss seinen Satz beendet, als er beidhändig zog. Seine Remingtons flogen aus den Holstern, und er feuerte mitten in das Quartett hinein. Dutch Slaterlee erwischte es zuerst. Er kippte seitwärts aus dem Sattel und war bereits tot, als er auf den Boden aufschlug.

Ben Sunday schoss den blassgesichtigen Cetchum vom Pferd. Genau in dem Augenblick, als der berüchtigte Revolverschwinger auf Hollister anlegen wollte. Cetchum landete neben dem toten Dutch Slaterlee im Staub. Dabei vollzog er eine merkwürdige Drehung und schaffte es mit schmerzverzerrter Fratze, seine Waffe hochzubringen. Eine zweite Kugel erwischte ihn, warf ihn nach hinten und löschte endgültig sein Leben aus, bevor er einen Schuss abgeben konnte.

Die Brüder Ray und Clem waren viel zu geschockt, um schnell zu reagieren. Wirkliche Gegenwehr hatten sie noch nicht erlebt. Die meisten Menschen taten hier, was sie verlangten. Sie kamen nicht zu einem einzigen Schuss.

Ben Sunday und Hollister schickten die beiden ebenfalls in die Hölle. Kurz darauf gab es keine Slaterlees mehr.

Das gesamte Szenario hatte in nicht einmal zehn Sekunden stattgefunden.

Langsam verzog sich der beißende Pulverdampf.

Ben Sunday warf einen Seitenblick zum Trailboss. Dieser senkte die Läufe der noch rauchenden Remingtons und stieß hervor: »Dieses verdammte Gesindel braucht sich, um Rinder keine Sorgen mehr zu machen.« Er nickte Ben Sunday zu. »Gute Arbeit, Vormann. Die haben wir sauber aus den Sätteln gehoben. Genauso wie die Kerle an der Furt des Arkansas.«

*

Town-Marshal Wayne Hanrahan schob seine wuchtige Gestalt durch eine Traube herumstehender Cowboys. Seine beiden Deputys folgten ihm wie dressierte Hunde. Hanrahan warf einen Blick auf die Toten. Verblüfft sah er auf. Er schob seinen Hut in den Nacken und wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn.

»Tod und Teufel! Die Slaterlees. Mausetot. Allesamt.« Er hieb mit der Faust in die rechte Handfläche. »Hätt mir denken können, als diese verdammte Bande gestern Abend in die Stadt kam, dass es wieder mal üblen Verdruss mit denen geben würde. Nun hat sie’s selbst erwischt. Waren Sie das, Trailboss?«

Reece Hollister trat an den Town-Marshal heran, wies mit dem Daumen auf Ben Sunday, der sich seitlich hinter ihm befand.

»Nicht allein. Mein Vormann hat tüchtig mitgeholfen.«

Hanrahan Blicke wanderten von einem zum anderen. »Sie beide haben mir da ein mächtiges Stück Arbeit abgenommen. Dutch Slaterlee terrorisierte schon seit langer Zeit die gesamte Gegend hier. Gehört schon was dazu, mit Burschen wie denen fertig zu werden. Vielleicht wirds jetzt endlich ein bisschen ruhiger hier.«

Für den Town-Marshal schien die Sache klar. Er fragte nicht einmal danach, wie es zu dem Kampf gekommen war. Dennoch klärte ihn Hollister auf. »Es gab nur eine Möglichkeit, diese Burschen davon zu überzeugen, dass sie die Herde nicht bekommen können, Marshal.«

Hanrahan nickte. In seinem breiten Gesicht zeigte sich eine grimmige Zufriedenheit. Er war nicht der Mann, der sich den Slaterlees in den Weg hätte stellen können. »Nun, Trailboss, ich werde den Leichenbestatter rausschicken, damit er sich um die Toten kümmert. Das wäre die eine Sache.«

»Und die andere?«

Die Blicke des Marshals glitten in die Runde. Er sah in die Gesichter unrasierter, verstaubter Trailmen. Sah in ihren Augen die gierige Erwartung darauf, was sie in wenigen Stunden erleben würden, wenn sie erst einmal das hart verdiente Geld in den Händen hielten.

Harte, verwegene Burschen, Texaner, die selbst dem Teufel ins Gesicht springen würden. Hanrahan wusste das zur Genüge. Und er wusste auch, was eine Schar dieser Kerle anrichten konnte, wenn sie losgelassen wurde.

Hanrahan warf sich gewichtig ins Kreuz. »Nun, Trailboss, Trail-Town lebt von den Herden, die von Texas raufkommen. Genauso wie Abilene, Dodge oder Wichita. Es ist nichts dagegen einzuwenden, dass Ihre Männer nach einem langen Trail Dampf ablassen wollen. So lange dies im Rahmen des Gesetzes geschieht.«

Hollister nickte nur.

Mehr gab es nicht zu sagen. Marshal Hanrahan wandte sich ab, die beiden Deputys folgten ihm.

*

Einige Stunden später saß Reece Hollister in einem kleinen Hotelzimmer der Stadt an einem Holztisch, hatte die Trailmen ausgezahlt und sah zu Ben Sunday auf.

»Hast ’ne verdammt gute Figur beim Trail abgegeben. Ja, du warst der beste Mann der ganzen Crew. Und mit dem Eisen bist du auch verdammt flink. Hölle, wenn du mir vorhin mit diesen Slaterlee-Boys nicht beigestanden hättest …, allein hätte ich’s nicht geschafft. Und an der Furt am Arkansas hätte es auch entschieden anders ausgehen können. Ja, Ben, du und ich, wir könnten ’ne ganze Menge auf die Beine stellen. Du solltest dir deinen Entschluss wirklich noch einmal gründlich überlegen.«

Ben Sunday schüttelte den Kopf. »Kein Süßholzgeraspel, Trailboss. Hab in den letzten Jahren auf so manchem Viehtrail genug Staub geschluckt und von Rindern die Schnauze voll.«

»Und was willst du jetzt machen?«

Ben Sunday zuckte gleichmütig mit den Schultern. »Nun, ich habe lange genug geschuftet und mir ein bisschen Geld zusammengespart. Ich will mir was Eigenes aufbauen, Trailboss.«

»Immer noch der Traum von einer Pferdezucht, was?«

Ben Sunday grinste breit. »Ja, daran denke ich schon lange. Unten, im Palo Duro Canyon, gibt es genügend Wildpferde.«

Hollister nickte. »Das war, als du noch in der Gegend gelebt hast, Ben. Das ist aber schon ein Weilchen her.«

Ben winkte ab. »Das ist ‚ne Gegend, die kaum besiedelt ist und verdammt viel Platz für wilde Pferde hat. Schätze, da wird sich nicht viel dran geändert haben.«

Hollister stieß ein enttäuschtes Seufzen aus. Er erhob sich und reichte Ben Sunday seine lassonarbige Hand. »Seh’ schon, ich kann dich nicht umstimmen. Aber wenn’s dich mal wieder in den Fingern juckt, mein Junge, und es mit deiner eigenen Ranch nicht klappt, dann weißt du, wo du mich finden kannst. Für dich habe ich immer ’nen Job als Trailman.«

Sie wechselten einen kräftigen Händedruck. Und als Ben Sunday aus dem Raum verschwand, die Tür ins Schloss fallen ließ, keimte der Anflug leichten Bedauerns in ihm auf. Trotz aller Querelen, die es während des Trails gegeben hatte; er mochte diesen hartbeinigen Eisenfresser. Ja, in gewisser Weise ähnelten sie sich. Für einen kurzen Moment überlegte Ben Sunday sogar, umzukehren und seinen Entschluss rückgängig zu machen.

Doch dieser Moment war wirklich kurz.

Er schüttelte den Kopf, zuckte mit den Schultern.

Zur Hölle mit den gehörnten Biestern, zur Hölle mit Hitze und Staub. Genug davon, dachte er.

Er hatte sich vorgenommen, sein eigener Herr zu werden. Davon träumte er schon sehr lange. Im Westen von Texas gab es genügend Herden wilder Pferde, die es zu zähmen galt. Eine eigene Ranch, eine eigene Pferdezucht –das war es, was er wollte.

Ben zog seinen Texashut tiefer in die Stirn, rückte seinen Revolvergurt zurecht und stieg die Treppen zur Hotelhalle hinunter.

*

Ben Sunday legte viele Meilen hinter sich und Trail Town. Froh darüber, wieder seine Freiheit genießen zu können. Dabei folgte er dem Nordstern. Nicht, dass es dafür einen besonderen Grund gegeben hätte. Er mochte den Nordstern. Das war alles. Nicht mehr, nicht weniger.

An einem Abend erreichte er einen kleinen Creek, der sich durch eine grasüberwucherten Ebene zog. Sagegras, so hoch, dass es einem Mann bis zu den Knien reichte.

Ein Paradies für Rinder, kam es ihm sofort in den Sinn. Seine Blicke wanderten über die Ebene hinweg. Zur Linken erstreckte sich eine langgedehnte Hügelkette. Rechts stieg das Land leicht an, war gefüllt von zahllosen, dicht gedrängten Baum- und Buschgruppen. Mit ein bisschen Geschick könnte es ein Mann hier zu etwas bringen, der sich mit dem Gedanken trägt, Rinder zu züchten, dachte er und glitt aus dem Sattel. Hier gefiel es ihm. Er beschloss, genau hier sein Nachtlager aufzuschlagen. Kurz dachte er daran, sich diese Gegend genauer anzusehen. Doch dann verwarf er den Gedanken. Er hatte seine Vorstellungen, und die lagen nun einmal in West-Texas, dort, wo er aufgewachsen war. Irgendwann kehrt ein Mann zu seinen Wurzeln zurück, dann wird es Zeit, sich etwas aufzubauen, dachte er. Er war in den letzten Jahren viel herumgekommen und hatte das unstete Leben eines Abenteurers geführt. Damals war er ein junger Bursche, den das Abenteuer gelockt hatte. Jetzt hatte er die Dreißig bereits überschritten, und es gab nichts, was ihn noch hätte reizen können, bis auf den Wunsch, etwas Eigenes zu schaffen.

Ben Sunday führte den Schecken ans Flussufer und ließ ihn saufen. Er füllte seine Wasserflasche, trank, füllte sie erneut, verstaute sie an der Sattelvorrichtung und suchte eine geeignete Stelle für das Lagerfeuer. Er fand sie, geschützt zwischen ein paar Felssteinen und Pappeln. Dann sammelte er Holz und Reisig und machte ein Lagerfeuer.

Die Nacht war sternenklar, als er am Feuer saß und die Reste des Truthahns verspeiste, der am Nachmittag vor den Lauf seiner Winchester gelaufen war. Der Kaffee, den er dazu trank, war stark, heiß und schmeckte gut.

Einige Yards von ihm entfernt rupfte der Schecke das Gras aus dem Boden und ließ es sich ebenfalls schmecken. Ab und zu hob er den Kopf in Ben Sundays Richtung und stieß ein leises Schnauben aus. Er schien diesen Platz genauso zu mögen wie Ben Sunday. Auf jeden Fall war er sicher dankbar für die Fülle an fettem, grünen Gras.

Ben Sunday warf die abgenagten Knochen ins Feuer und lehnte sich zurück. Er sah zu den Sternen hinauf und fand den Nordstern. Ein leichtes Grinsen zog über sein Gesicht. Diesem Stern war er in all den Jahren seiner Rastlosigkeit immer wieder gefolgt. Er erinnerte sich daran, dass auch Reece Hollister sich stets nach dem Nordstern gerichtet hatte.

Ein Zufall?

Wohl kaum.

Hollister war keiner, der etwas dem Zufall überließ. Der Mann hatte stets gewusst, was er tat. Ein harter Mann und ein verdammt guter Trailboss. Ben hatte selbst schon Rinderherden als Trailboss getrieben, aber von Hollister trotzdem noch viel gelernt.

Ein warnendes Schnauben riss Ben Sunday aus seinen Gedanken. Er sah zu seinem Schecken rüber. Das Tier warf den Kopf nach oben, legte die Ohren an. Instinktiv langte Ben Sunday nach dem Remington in seinem Holster. Mit der Waffe in der Faust richtete er sich auf und entfernte sich vom Feuer. Er spähte in die Dunkelheit.

Zuerst gab es nichts zu sehen, aber zu hören. Der Hufschlag mehrerer Pferde näherte sich aus Richtung der Hügelkette. Dann drang das Krachen von Schüssen an seine Ohren. Ben Sunday scharrte mit den Füßen Sand ins Feuer, bis es erlosch. Er lief zum Schecken, ergriff die Zügel und führte das Tier hinter einen Mesquitebusch. Dann zog er die Winchester aus dem Scabbard, nahm sie in die Linke und verharrte ebenfalls hinter dem Busch. Er spähte zwischen dem Geäst hindurch. Nach einer kurzen Weile sah er die Silhouette eines einzelnen Reiters, der es verdammt eilig hatte. In halsbrecherischem Tempo kam der Reiter näher, jagte sein Pferd über die grasüberwucherte Ebene hinweg. Bei den Hügeln tauchten seine Verfolger auf. Ben Sunday zählte fünf Mann, die hinter dem Einzelnen her waren wie der Teufel hinter der armen Seele. Sie holten bedrohlich auf. Immer wieder gaben die Verfolger einen Schuss auf den Flüchtenden ab. Das war natürlich völliger Blödsinn, denn noch war der Abstand zu groß, als dass eine Kugel treffen könnte.

Ja, noch …