Der Verdacht von Friedrich Dürrenmatt. Königs Erläuterungen. - Bernd Matzkowski - E-Book

Der Verdacht von Friedrich Dürrenmatt. Königs Erläuterungen. E-Book

Bernd Matzkowski

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Beschreibung

Königs Erläuterungen – Textanalyse und Interpretation mit ausführlicher Inhaltsangabe und Abituraufgaben In einem Band bieten dir die neuen Königs Erläuterungen alles, was du zur Vorbereitung auf Referat, Klausur, Abitur oder Matura benötigst. Das spart Zeit bei der Vorbereitung! Alle wichtigen Infos zur Interpretation. - von der ausführlichen Inhaltsangabe über Aufbau, Personenkonstellation, Stil und Sprache bis zu Interpretationsansätzen - plus 4 Abituraufgaben mit Musterlösungen und 2 weitere zum kostenlosen Download . sowohl kurz als auch ausführlich. - Die Schnellübersicht fasst alle wesentlichen Infos zu Werk und Autor und Analyse zusammen. - Die Kapitelzusammenfassungen zeigen dir das Wichtigste eines Kapitels im Überblick – ideal auch zum Wiederholen. - Das Stichwortregister ermöglicht dir schnelles Finden wichtiger Textstellen. . und klar strukturiert. - Ein zweifarbiges Layout hilft dir Wesentliches einfacher und schneller zu erfassen. - Die Randspalte mit Schlüsselbegriffen ermöglichen dir eine bessere Orientierung. - Klar strukturierte Schaubilder verdeutlichen dir wichtige Sachverhalte auf einen Blick. . mit vielen zusätzlichen Infos zum kostenlosen Download.

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KÖNIGS ERLÄUTERUNGEN

Band 438

Textanalyse und Interpretation zu

Friedrich Dürrenmatt

DER VERDACHT

Von Bernd Matzkowski

Alle erforderlichen Infos für Abitur, Matura, Klausur und Referat plus Musteraufgaben mit Lösungsansätzen

Zitierte Ausgabe:Dürrenmatt, Friedrich: Der Verdacht. detebe 21436. Zürich: Diogenes, 1985.

Über den Autor dieser Erläuterung: Bernd Matzkowski, geboren 1952, ist verheiratet und hat vier Kinder. Er unterrichtete bis Juli 2013 die Fächer Deutsch, Sozialwissenschaften, Politik und Theater.

Die Rechtschreibung wurde der amtlichen Neuregelung angepasst. Zitate Dürrenmatts müssen aufgrund eines Einspruchs in der alten Rechtschreibung beibehalten werden.   Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52 a UrhG: Die öffentliche Zugänglichmachung eines für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmten Werkes ist stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig.

1. Auflage 2014

ISBN 978-3-8044-7012-5

© 2005, 2014 by C. Bange Verlag GmbH, 96142 Hollfeld Alle Rechte vorbehalten! Titelabbildung © ullstein bild - Hedda Walther

Hinweise zur Bedienung

Inhaltsverzeichnis Das Inhaltsverzeichnis ist vollständig mit dem Inhalt dieses Buches verknüpft. Tippen Sie auf einen Eintrag und Sie gelangen zum entsprechenden Inhalt.

Fußnoten Fußnoten sind im Text in eckigen Klammern mit fortlaufender Nummerierung angegeben. Tippen Sie auf eine Fußnote und Sie gelangen zum entsprechenden Fußnotentext. Tippen Sie im aufgerufenen Fußnotentext auf die Ziffer zu Beginn der Zeile, und Sie gelangen wieder zum Ursprung. Sie können auch die Rücksprungfunktion Ihres ePub-Readers verwenden (sofern verfügbar).

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INHALT

1. Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht

2. Friedrich Dürrenmatt: Leben und Werk

2.1 Biografie

2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund

2.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken

Der Einzelne und die Verantwortung

Romulus in Romulus der Große

Alfred Ill in Der Besuch der alten Dame

Möbius in Die Physiker

Kommissar Bärlach

Bezugspunkte zwischen den Figuren

Vom Essen und Trinken – Motivverbindungen

Die Rolle des Zufalls

3. Textanalyse und -Interpretation

3.1 Entstehung und Quellen

3.2 Inhaltsangabe

Erster Teil (S. 5–60)

Der Verdacht (S. 5–12)

Das Alibi (S. 12–14)

Die Entlassung (S. 15–18)

Die Hütte (S. 18–24)

Gulliver (S. 25–39)

Die Spekulation (S. 40–50)

Noch ein Besuch (S. 51–60)

Zweiter Teil (S. 61–120)

Der Abgrund (S. 61–63)

Der Zwerg (S. 63–66)

Das Verhör (S. 66–73)

Das Zimmer (S. 73–77)

Doktor Marlok (S. 78–83)

Die Hölle der Reichen (S. 84–89)

Ritter, Tod und Teufel (S. 89–91)

Ein SS-Folterknecht als Chefarzt (S. 91–94)

Fortschig † (S. 94–97)

Die Uhr (S. 97–113)

Ein Kinderlied (S. 113–120)

3.3 Aufbau

Erzählstruktur und Spannungsbogen

Ort und Zeit

3.4 Personenkonstellation und Charakteristiken

Kommissar Hans Bärlach

Dr. Fritz Emmenberger

Gulliver

Dr. Samuel Hungertobel

Dr. Marlok

Schwester Kläri Glauber

Der Zwerg

Schriftsteller Fortschig

Figurenkonstellation

3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen

3.6 Stil und Sprache

Motive und Symbole

3.7 Interpretationsansätze

Das Genre Kriminalroman

KZ, Gulag und die Nachkriegszeit

Die Grundfrage nach dem Menschen

4. Rezeptionsgeschichte

5. Materialien

6. Prüfungsaufgaben mit Musterlösungen

Aufgabe 1 *

Aufgabe 2 **

Aufgabe 3 **

Aufgabe 4 ***

Literatur

Zitierte Ausgabe

Weitere Texte des Autors

Lernhilfen und Kommentare

Sekundärliteratur

Sonstige Literatur

Medien

Internet-Adressen (Stand: Jan. 2014)

1.Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht

Damit sich jeder Leser in unserem Band rasch zurechtfindet und das für ihn Interessante gleich entdeckt, geben wir im Folgenden eine Übersicht:

Im 2. Kapitel beschreiben wir Friedrich Dürrenmatts Leben und stellen den zeitgeschichtlichen Hintergrund dar:

Der Schweizer Autor Friedrich Dürrenmatt wurde am 5. Januar 1921 in Konolfingen (Kanton Bern) geboren. Die meiste Zeit seines Lebens verbrachte er in Bern, Basel und Neuchâtel, wo er am 14. Dezember 1990 auch starb.

Als sein Kriminalroman Der Verdacht erscheint (1951/52), sind die Entbehrungen der Kriegszeit nahezu vergessen. In Deutschland hat die Phase des „Wirtschaftswunders“ eingesetzt. Dürrenmatts erster Roman um Kommissar Bärlach ist bereits erschienen (Der Richter und sein Henker 1950/51), seine großen Theatererfolge (Der Besuch der alten Dame/Die Physiker) liegen zu diesem Zeitpunkt aber noch vor ihm.

Im 3. Kapitel bieten wir eine Textanalyse und -interpretation.

Der Verdacht – Entstehung und Quellen:

Der Roman erscheint zunächst von September 1951 bis zum Februar 1952 (25. Jahrgang, Nr. 17 bis zum 26. Jahrgang, Nr. 4) als Fortsetzungsroman in der Zeitschrift Der Schweizerische Beobachter, im Jahre 1953 dann auch als Buchausgabe im Benziger Verlag, Einsiedeln.

Inhalt:

Ein Foto in der Zeitschrift Life löst bei Kommissar Bärlach den Verdacht aus, Dr. Emmenberger, der Leiter der Klinik Sonnenstein in Zürich, sei ein ehemaliger KZ-Arzt, der an den Gefangenen mörderische Experimente durchgeführt habe. Als sich Bärlachs Verdacht immer mehr verdichtet, entscheidet er sich dazu, sich unter falschem Namen von seinem Freund und Arzt Dr. Hungertobel in die Klinik Sonnenstein einliefern zu lassen, um Emmenberger als Kriegsverbrecher zu entlarven. Emmenberger kommt Bärlachs falscher Identität aber auf die Spur und beabsichtigt, ihn bei einer Operation zu töten. Bärlach ist Emmenbergers Gewalt völlig hilflos ausgeliefert, wird aber in letzter Minute von dem Juden Gulliver gerettet, der einst eine Operation Emmenbergers überlebte und das in der Zeitschrift Life veröffentlichte Foto von Emmenberger gemacht hat.

Aufbau, Chronologie und Schauplätze:

Der Roman besteht aus zwei Hauptteilen. Der erste Teil (sieben Kapitel) spielt in Bern, wo Kommissar Bärlach nach einer Operation im Spital Salem liegt, und umfasst den Zeitraum vom 27. 12. 1948 bis zum 30. 12. 1948. Der zweite Teil (elf Kapitel) beginnt am Silvestertag mit der Überführung Bärlachs von Bern nach Zürich in Emmenbergers Klinik Sonnenstein und endet am 6. 1. 1949. Die Kapitel der beiden Teile sind alle mit eigenen Überschriften versehen. Umfasst der Handlungskern nur wenige Tage um den Jahreswechsel 1948/1949, so greifen retrospektivische Elemente bis in das Jahr 1908 zurück.

Als Strukturelemente des Aufbaus können drei Gespräche (mit teilweise monologartigen Passagen) angesehen werden, die Bärlach mit Gulliver, Frau Dr. Marlok und Dr. Emmenberger führt. In diesen Gesprächen verdeutlichen die Figuren einerseits ihre Ideologie (Weltsicht), andererseits werden in ihnen Elemente der Vorgeschichte in den Handlungskern geholt.

Personen:

Die Hauptpersonen sind:

Kommissar Bärlach

ist über 60 Jahre alt und steht kurz vor der Pensionierung

an Magenkrebs erkrankt und hat eben eine Operation überstanden

verhält sich häufig unkonventionell

will den erfolgreichen Emmenberger als KZ-Arzt entlarven und setzt dabei sein Leben aufs Spiel

Dr. Emmenberger

als angesehener Arzt leitet er erfolgreich die Klinik Sonnenstein in Zürich

Nihilist und Gegenspieler Bärlachs

hat mir dem Arzt Nehle zur Zeit des NS-Regimes die Identität getauscht

operierte damals und auch noch heute ohne Narkose

Gulliver

Jude, der seit der NS-Zeit für tot gehalten wird

hat im KZ eine Operation Emmenbergers überlebt und konnte ein Foto von ihm machen

rettet Bärlach und Hungertobel durch die Ermordung Emmenbergers vor dem Tod

weist als Figur Züge des Märchenhaften und Phantastischen auf.

Auch auf die weiteren Romanfiguren gehen wir ausführlich ein.

Stil und Sprache Friedrich Dürrenmatts

Die Sprache des Romans ist insgesamt nicht kompliziert, weist aber in den drei großen dialogischen bzw. monologischen Passagen auch komplexere Satzkonstruktionen auf. Dürrenmatt verwendet etliche Begriffe des Berner Dialektes und bedient sich u. a. der Licht- und Wettermetaphorik.

Interpretationsansätze:

Auf folgende Interpretationsansätze gehen wir näher ein:

Dürrenmatts Spiel mit dem Genre Kriminalroman

das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager, des sowjetischen Gulag und der Umgang der Schweiz mit der NS-Zeit als politische Hauptthemen des Romans

die Grundfrage nach dem Menschen: Was ist der Mensch?

2.Friedrich Dürrenmatt: Leben und Werk

Friedrich Dürrenmatt 1921–1990 © Cinetext

2.1Biografie[1]

JAHR

ORT

EREIGNIS

ALTER

1921

Konolfingen (Kanton Bern)

Dürrenmatt wird am 5. Januar als einziger Sohn des protestantischen Pfarrers Reinhold Dürrenmatt und seiner Ehefrau Hulda (geb. Zimmermann) geboren.

1935

Bern

Die Familie zieht nach Bern um. Dürrenmatt besucht zunächst das „Freie Gymnasium“ und später das „Humboldtianum“.

14

1941

Bern Zürich, Bern

Maturität (Schweizer Hochschulreife) Dürrenmatt nimmt das Studium der Philosophie und der Literatur- und Naturwissenschaften auf.

20

1943

Erste schriftstellerische Versuche. Es entsteht u. a. das Theaterstück Komödie, das aber weder im Druck noch auf der Bühne erscheint.

22

1946

Basel

Dürrenmatt bricht sein Studium ab. Heirat mit der Schauspielerin Lotti Geißler. Umzug nach Basel.

25

1947

Es steht geschrieben (Uraufführung). Geburt des Sohnes Peter.

26

1948

Ligerz

Dürrenmatt lebt in Ligerz am Bielersee. Der Blinde (Uraufführung).

27

1949

Romulus der Große (Uraufführung). Geburt von Tochter Barbara.

28

1950–1952

Geburt der Tochter Ruth (1951).Der Richter und sein Henker (Kriminalroman).

29–31

1952

Neuchâtel[2]

Die Ehe des Herrn Mississippi (Uraufführung): Das Theaterstück wird zu Dürrenmatts ersten großen Bühnenerfolg. Dürrenmatt erwirbt ein Haus in Neuchâtel und lebt dort fortan mit seiner Frau sowie den drei Kindern Peter, Barbara und Ruth.

31

1953

Ein Engel kommt nach Babylon (Uraufführung). Der Verdacht (Kriminalroman) erscheint in Buchform.

32

1954

Bern

Literaturpreis der Stadt Bern

33

1955

Grieche sucht Griechin (Prosakomödie)

34

1956

Der Besuch der alten Dame (Uraufführung). Die Panne (Erzählung/Hörspiel).

35

1957

Hörspielpreis der Kriegsblinden

36

1958

Das Versprechen (Roman). Auszeichnung Prix Italia.

37

1959

Frank der Fünfte (Uraufführung)

38

1962

Die Physiker (Uraufführung)

41

1963

Herkules und der Stall des Augias (Uraufführung)

42

1966

Der Meteor (Uraufführung)

45

1967

Die Wiedertäufer (Uraufführung/Neubearbeitung von Es steht geschrieben) 

46

1970

Porträt eines Planeten (Uraufführung)

49

1973

Der Mitmacher (Uraufführung)

52

1976

Neuchâtel

Erste Bilder-Ausstellung Dürrenmatts

55

1977

Nizza/Jerusalem Beerscheba

Buber-Rosenzweig-Medaille. Ehrendoktor der Universität Nizza und der Hebräischen Universität Jerusalem. Ehrenmitglied der Ben-Gurion-Universität in Beerscheba.

56

1981

Neuchâtel

Ehrendoktor der Universität Neuchâtel

60

1983

Tod seiner Frau Lotti.Achterloo (Uraufführung).

62

1984

Heirat mit der Schauspielerin Charlotte Kerr. Österreichischer Staatspreis für Literatur.

63

1985

Justiz (Roman)

64

1986

Der Auftrag (Novelle)

65

1990

Neuchâtel

Tod am 14. Dezember (Herzinfarkt)

69

2.2Zeitgeschichtlicher Hintergrund

ZUSAMMENFASSUNG

Als Dürrenmatts Roman Der Verdacht 1951/1952 (Buchausgabe 1953) erscheint, sind die Entbehrungen des Zweiten Weltkriegs und der Nachkriegszeit schon fast vergessen. In Deutschland hat die Phase des „Wirtschaftswunders“ eingesetzt. Die Menschen haben sich im beginnenden Wohlstand eingerichtet. In Dürrenmatts schweizerischer Heimat, die vom Zweiten Weltkrieg verschont worden war, setzte ein Wandel von einer agrarwirtschaftlich bestimmten Landschaft zu einem modernen Industriestaat ein. Die aktuellen politischen Spannungen („Kalter Krieg“) spielen im Roman keine Rolle, Dürrenmatt greift dagegen die Geschichte der jüngsten Vergangenheit auf: Nationalsozialismus, Holocaust, sowjetisches Gulag-System.

Als Dürrenmatts Roman erscheint, sind einige Jahre seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges vergangen. Man hat sich gerade im Frieden eingerichtet und ist dabei, die Zeit des Nationalsozialismus zu vergessen bzw. zu verdrängen.

Und schon stehen die Menschen wieder an der Schwelle zu einem nächsten, noch größeren und dann wahrscheinlich auch letzten Krieg, denn die einstige Anti-Hitler-Koalition ist längst zerfallen. Die USA und die Sowjetunion stehen sich im „Kalten Krieg“ als Führungsmächte von zwei militärischen und zugleich politischen und ideologischen Blöcken in Europa am „Eisernen Vorhang“ hochgerüstet gegenüber. Mitte der 50er-Jahre beläuft sich das Arsenal an Atomwaffen auf rund 50 000 Stück; die Menschheit ist längst in der Lage, sich selbst und alles Leben auf der Welt mehrfach auszulöschen. Die Blockade Berlins (1948/49) und der Koreakrieg (1950–1953) sind deutliche Zeichen der Blockkonfrontation, deren steinernes Symbol die Mauer in Berlin werden sollte (13. August 1961).

In Deutschland ist man im Jahre 1953 noch dabei, die letzten Trümmer des Krieges wegzuräumen, das sogenannte Wirtschaftswunder der „sozialen Marktwirtschaft“ setzt ein und die Westintegration der Bundesrepublik hat begonnen, denn die BRD wird Mitglied des Europarats und durch die Pariser Verträge (1954) auch Mitglied der Westeuropäischen Union und der NATO. Politisch ist das Klima dieser „Restaurationsjahre“ in Deutschland durch die konservativen Regierungen aus CDU und CSU bestimmt, die 1957 unter Konrad Adenauer einen Wahlsieg erringen, bei dem sie 50,2 % aller Stimmen auf sich vereinigen können. Der zentrale Wahlslogan hieß bezeichnenderweise: „Keine Experimente!“

Die Menschen in Deutschland sehen – trotz der weltpolitisch angespannten Lage – eher optimistisch in die Zukunft, wenn auch die atomare Bedrohung durchaus Ängste hervorruft. Die Einkommen lassen den ersten bescheidenen Wohlstand zu, man sieht vermehrt Autos auf den Straßen: 1953 hat der Bestand an PKW und Motorrädern den von 1939 bereits überschritten, bei Volkswagen laufen täglich rund 1500 „Käfer“ vom Fließband.

„Um 1950 begann eine neue Zeit. (…) Die Wirklichkeit bekam wieder Glanz. Sonntag und Alltag waren wieder zu unterscheiden. Es gab wieder eine Spur von Luxus, wieder etwas, worauf sich Ehrgeiz und Träume projizieren ließen.“[3]

Die ersten weiteren Reisen werden geplant. Ein Land vieler Träume sind die USA, das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, das in Deutschland nicht nur durch seine Soldaten, sondern auch durch seine Musik (Elvis Presley), seine Hollywood-Filme und seinen Lebensstil präsent ist.

Der VW-Käfer repräsentiert das Lebensgefühl der 50er-Jahre: beginnender Wohlstand und unbeschwerte Reiselust. © ullstein bild

Was für die noch junge Bundesrepublik und ihren wirtschaftlichen Aufschwung gilt, gilt erst recht für die schweizerische Heimat Dürrenmatts. Die Schweiz, vom Krieg und seinen Folgen nur wenig berührt, vollzieht die Entwicklung zur Prosperität und zum Modernen rascher als etwa Deutschland: Ein Bauboom erfasst nach dem Krieg das Land, eine Motorisierungswelle ergreift seine Bürger, die Konjunktur zieht an. Jan Knopf schreibt über die Entwicklung der Schweiz nach dem Krieg:

„In der unzerstörten Schweiz wurde schneller offenbar, was in den anderen westeuropäischen Ländern, voran der Bundesrepublik, noch lange kaschiert wurde: dass der Umbau des kleinen, landwirtschaftlichen Landes in einen modernen Industriestaat nicht nur Aufbau, sondern vor allem auch Zerstörung einer menschlichen, überschaubaren, natürlichen, aber auch besonders schönen Landschaft zugunsten einer abgezirkelten, scheinbar sauberen, planen Industriewelt war.“[4]

Die zurückliegende Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs wurde, wie bereits geschildert, sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz weitgehend verdrängt und ausgeklammert. Erst im Laufe der 50er-Jahre wurden diese Tabuthemen wieder aufgegriffen und zuerst literarisch von deutschsprachigen Autoren wie beispielsweise Max Frisch (Biedermann und die Brandstifter) oder eben Friedrich Dürrenmatt in ihren Werken be- und verarbeitet.

2.3Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken

ZUSAMMENFASSUNG

1951/1952 erscheint mit dem Kriminalroman Der Verdacht die zweite Geschichte um Kommisar Bärlach. Der erste Bärlach-Krimi Der Richter und sein Henker war bereits 1950/1951 erschienen und hatte Dürrenmatt als Krimi-Autor bekannt gemacht. Dürrenmatts Durchbruch als Theaterautor erfolgte erst später mit den Werken Der Besuch der alten Dame (1956) und Die Physiker (1962). Zwischen Dürrenmatts zahlreichen Werken gibt es immer wieder verbindende Elemente: Figuren, die in Schuld verstrickt sind oder sich – obwohl sie das Gute wollen – in Schuld verstricken. Auch der Zufall spielt in Dürrenmatts Werken eine bedeutende Rolle.

Bereits die Biografie (vgl. Kapitel 2.1 S. 10 ff.), die selbst wiederum ja nur eine Auswahl aus dem Werk Friedrich Dürrenmatts präsentiert, dürfte deutlich gemacht haben, wie umfangreich das Gesamtwerk des Autors ist. Jeder Versuch, dem Schaffen Dürrenmatts auf wenigen Seiten gerecht zu werden, muss deshalb zum Scheitern verurteilt sein und wird hier gar nicht erst unternommen.

Friedrich Dürrenmatt hat in seinen Werken unterschiedliche Themen und Probleme behandelt und sich auch verschiedener Genres (Theaterstücke, Kriminalromane, Hörspiele) als Autor bedient. Dennoch gibt es zwischen den Werken Dürrenmatts verbindende Elemente: Dürrenmatt präsentiert immer wieder Figuren, die in Schuld verstrickt sind oder sich – obwohl sie das Gute wollen – in Schuld verstricken. Er zeigt uns häufig den mutigen Einzelnen, der (zumeist vergeblich) versucht, die Ordnung der Welt wiederherzustellen.

Zudem spielt der Zufall in Dürrenmatts Werken eine bedeutende Rolle. Der Zufall kann dabei Anstoß für das Handeln der Figuren sein (so etwas das Foto Emmenbergers im Magazin Life für den Verdacht Bärlachs im Roman Der Verdacht) oder auch ihr Handeln so bestimmen, dass sie scheitern (wie Kommissar Matthäi im Roman Das Versprechen).

Häufig greift Dürrenmatt auf das Motiv des Essens und Trinkens zurück. Nahrungs- und Genussmittel (Zigarren, Getränke, Schokolade) tauchen immer wieder auf: Im Verdacht geschieht dies etwa über die Anspielung auf die berühmte Schweizer Schokolade „Toblerone“ (Dr. Hungertobel) und den Emmentaler Käse (Dr. Emmenberger).

Um auf einige dieser erwähnten Berührungspunkte zwischen Dürrenmatts Figuren näher einzugehen, beleuchten wir im Folgenden exemplarisch die Figuren

Romulus aus Romulus der Große

Alfred Ill aus Besuch der alten Dame

Möbius aus dem Drama Die Physiker

Kommissar Bärlach aus den Kriminalromanen Der Richterund sein Henker und