Der Weg des Assassinen - Ingo Mayer - E-Book

Der Weg des Assassinen E-Book

Ingo Mayer

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Beschreibung

Jan, ein Student aus Stuttgart, beschließt, nach seiner letzten bestandenen Diplomprüfung zusammen mit seinem Freund eine wohlverdiente Rucksacktour in viele exotische Länder zu unternehmen. Es sollte ein unvergessliches Abenteuer werden. Sie wollen Ausgrabungsstätten besichtigen und in die längst vergessene alte Zeit der Assassinen eintauchen. Doch die Reise verläuft anders als geplant. Die Freunde werden von maskierten Kriegern angegriffen, die ihnen nach dem Leben trachten. Eine wilde Jagd beginnt. Durch ein geheimnisvolles uraltes Relikt aus einer anderen Epoche, wird eine Verbindung zu den alten Assassinenstämmen hergestellt und man landet im 12. Jahrhundert. Ausgebildet von echten Assassinen und unterstützt durch eine wunderschöne persische Frau, nimmt Jan den Kampf gegen den sehr gefährlichen Gegner auf. Doch das Abenteuer hat erst gerade begonnen und führt Jan durch weitere exotische Länder, immer gejagt von einem dunklen Schatten. Wohin wird der Weg für Jan gehen, warum wird er gejagt, was wollen seine Widersacher? Jan stellt sich der Herausforderung und stürzt sich in ein Abenteuer, das die Gefahren, denen Indiana Jones ausgesetzt war, wie einen Schulausflug aussehen lässt. Dieses interaktive Buch verknüpft das reine Lesevergnügen mit erlebbaren Aktionen wie ... - Kampfhandlungen - Übungssequenzen - Ein eigens dafür kreiertes Lied - Produkte - Informationen zu den jeweiligen Ländern - Und vieles mehr www.derwegdesassassinen.com

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Seitenzahl: 331

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Vorwort: Ein interaktives Buch kombiniert mit der Websitewww.derwegdesassassinen.com

Dieses Buch bietet ein neues interaktives Erlebnis einer mehrbändigen Buchreihe und wurde geschaffen, um das Lesen noch spannender zu gestalten. Hiermit wird ein neues Kapitel in der Art des Lesens eingeläutet. Das Abenteuer des Buches soll hautnah miterlebt werden können, man wird zum Teil der Geschichte, die man liest.

Die Spannung des Lesens wird dabei durch weitere Sinne ergänzt, Sinne des Geschmacks, der Empfindung, des Nachmachens und des Mitbesitzens. Hierzu wurde extra eine Website samt zugehöriger Produkte sowie Informationsseiten speziell für die Leserinnen und Leser eingerichtet.

Alle wichtigen Details der Geschichte kann man hier hautnah nachvollziehen.

Spezielle Links im Buch verweisen auf:

Rezepte, die im Buch vorkommen und die man nachkochen kann (mit dem Rezept als kostenlosem Download).

Handlungen oder Kämpfe, welche man als Videosequenz in voller Action ansehen kann (kostenlos).

Training/Übungssequenzen, zum Beispiel einen Armhebel aus einem Kampf, der zum Anschauen und im Detail zum Nachmachen beziehungsweise zum Üben in einem Kurzvideo erklärt wird (kostenlos).

coole Artikel, welche im Verlaufe des Buches eine Rolle spielen, (zum Beispiel die Wurfmesser, die Kleidung, die Schwerter und vieles mehr), zum Sammeln/Kaufen über einen Affiliate/Webshop angeboten werden.

viele Zusatzinformationen und Hintergrunddetails zu Ländern und Personen.

All dies hebt das Erlebnis des Lesens auf eine neue Ebene. Ich hoffe, den Leserinnen und Lesern genau das Quäntchen mehr an Lesespaß zu liefern, welches das Abenteuer noch spannender macht. Wenn du möchtest, besuche die Website oder klicke, wenn du die Geschichte als E-Book liest, direkt auf den Link und das Abenteuer beginnt.

Übrigens: Es gibt außerdem noch einen eigens zum Buch kreierten Musiktrailer auf der Website.

Viel Spaß beim Erleben!

Der Autor

1.

Pfffffffffthhhhhhzischhhhtttt… – mit einem zischenden Geräusch sah ich plötzlich ein Schwert auf mich zukommen. Ich konnte gerade noch rechtzeitig nach rechts ausweichen. Die geschickte Körperdrehung half mir, zumindest nicht schwer verletzt zu werden, denn der Schlag war gut gesetzt. So streifte mich das Schwert des Gegners nur leicht am Arm und ritzte diesen an. Ein paar Tropfen Blut flossen herunter, aber das Rinnsal war so klein, dass es zu vernachlässigen war.

Aber warum wurde ich angegriffen und vor allem von wem? Der Gegner war dunkel gekleidet und sein Gesicht verhüllt, wie es bei den Ninjas vor Jahrhunderten üblich war. Man konnte nur seine Augen erkennen und die versprachen nichts Gutes. Sie waren zu Schlitzen verengt, wie die eines Raubvogels, kurz bevor er die Beute schlägt, man konnte nur eisige Kälte und Mordlust darin erkennen.

Durch meine geschickte Körperdrehung und den Schritt zur Seite verschaffte ich mir wieder etwas Distanz zu meinem Gegner. Der dunkel Gekleidete musterte mich argwöhnisch und schlich um mich herum wie ein Raubtier, immer bereit, erneut zuzuschlagen.

Ich selbst war unbewaffnet, was den Kampf sehr ungleich gestaltete. Aber ich hatte meine Instinkte und war ebenfalls ein ganz passabler Kämpfer und bereit, mein Leben so teuer wie möglich zu verkaufen.

Ich wusste, dass es besser war, zu warten und die Schwächen im Angriff des Gegners zu nutzen. Der Angriff des Gegners kam dann auch ohne langes Zögern und blitzschnell. Er führte das Schwert von oben nach unten, als ob er mich mittendurch in zwei Teile spalten wollte. Den mit aller Härte geführten Schlag wehrte ich nicht ab, sondern führte ihn durch einen seitlichen Schritt nach links und einen Block des Schwertarmes nach unten weiter in seiner natürlichen Laufbahn. Wenn man Glück hat, trifft sich der Gegner durch den Schwung dabei selbst. Das war leider nicht der Fall, da mein Gegenüber ebenfalls kein Anfänger war. Aber die Zeit reichte mir, um ihm einen Faustschlag auf die kurze Rippe zu verpassen. Er führte das Schwert beidhändig, um mehr Kraft in den Schlag zu legen, und hatte somit keinen Arm mehr frei, um sich gegen meinen Angriff zu verteidigen. Er stöhnte leicht auf und suchte nun wiederum seinerseits die Distanz.

Jetzt umkreisten wir uns gegenseitig, lauernd, immer auf der Suche nach einer günstigen Position, entweder für den Angriff oder die Verteidigung. Ohne erkennbaren Ansatz zuckte er wieder vor und schenkte mir einen Fußkick aus der Drehung an den Kopf, gefolgt von einem schnellen Schwertstreich. Dem schnell ausgeführten Kick konnte ich durch eine ebenfalls schnelle Meidbewegung entgehen, den Schwertstreich sah ich erst sehr spät auf mich zukommen, da er mit einer enormen Geschwindigkeit ausgeführt wurde, und so konnte ich nur versuchen, darunter wegzutauchen. Das gelang mir auch, allerdings nur unter Verlust von ein paar Haaren. Von einem zischenden Windgeräusch begleitet, streifte das Schwert meinen Kopf leicht und verpasste mir eine neue Frisur, einzelne Haare schwebten langsam zu Boden. Zum Glück waren es nur Haare, die ich hier verlor, es hätte auch schlimmer enden können. Glück gehabt, phhhuuuu! Der dunkel Gekleidete wusste nun, dass er es nicht mit einer leichten Beute zu tun hatte.

Wieder griff er an. Er sprang katzenhaft vor und versuchte eine neue Taktik, er führte seinen Hieb aus einer tiefen, geduckten Bewegung von rechts nach links aus. Ich blockte den Schlag mit beiden Händen innen am Arm, hielt diesen in eiserner Umklammerung fest und ließ mich mit einer leichten Drehung des Körpers einfach auf den Boden fallen. Das hatte zur Folge, dass der Dunkle von meinem Gewicht mitgerissen wurde und sich wie bei einem Judomanöver überschlug. Aber er war wirklich gut, er machte einen Rundrücken, rollte sich dann geschickt ab und stand sofort wieder in geduckter Angriffsposition vor mir.

Im Bruchteil einer Sekunde, ohne einen erkennbaren Ansatz schleuderte er plötzlich sein Schwert wie ein Wurfmesser auf mich. Ich hatte nicht mit einer solch hinterlistigen Aktion gerechnet und war daher völlig unvorbereitet. Es war keine Zeit mehr, sich durch irgendwelche geschickten Ausweichmanöver in Sicherheit zu bringen, so dass ich mit dem Einschlag des Schwertes rechnete. Es durchschnitt mit einem fauchenden Zischgeräusch die Luft, kam näher und würde mich gleich am Oberkörper treffen. Kurz bevor es in meinem Körper einschlug …

… erwachte ich schweißüberströmt aus meinem Traum. Völlig verwirrt starrte ich auf meinen Arm, weil ich die leichte Wunde des Schwertes, das mich gestreift hatte, spüren konnte. Ich blickte an meinen Körper hinab, um mich zu vergewissern, dass mich nicht doch irgendwo das geworfene Schwert getroffen hatte. Aber da war nichts. Alles war heil. Kein Blut war zu sehen.

Verdammt, alles war so real, so echt. Als hätte ich um mein eigenes Leben gekämpft. Ich stand auf, um die Kampfsequenzen, die ich im Traum gesehen hatte, nachzuvollziehen. Irgendwie hatte mich das Geschehen gleichermaßen geängstigt wie auch fasziniert. Der seitliche Block des Schwertarmes von oben, dann der beidhändige Block des Schwertarmes seitlich mit dem Überwurf. Beides ging mir erstaunlich gut von der Hand.

Wer weiß, ob ich dies einmal brauchen würde. Ich hatte selbst früher einige Jahre lang Kampfsport betrieben und kannte daher einige Techniken. Ich hatte mich ein paar Jahre im Kickboxen geübt und danach Wing Tsun gelernt, eine chinesische Kampfkunst, die sehr effektiv in der Verteidigung ist. Hier hatte ich auch mit Waffen wie Stöcken, Schwertern und Messern trainiert.

Am Ende blieb ich dann bei Krav Maga hängen, einer Selbstverteidigungsart, die von der israelischen Spezialeinheit ausgeübt wird und die darauf ausgelegt ist, sich zu verteidigen oder auf Distanz zu gehen, wenn es aber nicht anders möglich ist, den Gegner schnellstmöglich kampfunfähig zu machen. Ich würde sagen, dass ich durchaus begabt bin im Bereich des Kampfsports und der Selbstverteidigung, vor allem bin ich sehr schnell in der Ausführung meiner Techniken, wie mir meine Trainer oft bestätigten.

Ich nahm mein Notizbuch zur Hand und schrieb alles, woran ich mich aus dem Traum erinnern konnte, auf. Ich fertigte auch Skizzen von dem dunkel gekleideten Angreifer an sowie von den Blocktechniken, die ich gesehen hatte. Ich notierte mir gerne Dinge, welche ich sah und als interessant empfand, wer wusste schon, wann man diese einmal nutzen konnte.

Mein Zeichentalent war gut ausgeprägt, was mir in meinem Studium der Physik und Technik bestätigt wurde, wenn ich technische Zeichnungen von Hand anfertigen musste. Ich dachte nochmals kurz über den Traum nach und beschloss dann, aufzustehen und mir Frühstück zu machen. Es war ja bereits 6.40 Uhr morgens und bald musste ich wieder in die Uni, um meine Diplomarbeit zu verteidigen. Das sollte meine letzte Herausforderung sein, was mein Studium betraf.

Der Traumkampf

oder auf der Website

https://www.derwegdesassassinen.com/kampfvideos

2.

Nach einem ausgiebigen Frühstück mit Speck und Eiern, wie ich es liebte, zumindest einmal in der Woche, ging es zur Uni. Hier musste ich meine Diplomarbeit verteidigen, bevor es eine längere Auszeit in Form eines Urlaubs geben sollte, so wie viele Studenten es tun, bevor sie in die harte Realität der Berufswelt eintauchen. Ich wusste noch nicht genau, wohin es gehen sollte, aber das würde sich finden.

Irgendwann am späteren Nachmittag, die Sonne schien von einem strahlend blauen Himmel herab, rannte ich aus dem Gebäude der Uni, mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht. Es ertönte ein freudiges und zufriedenes »Juhhuuuu!« und »Yippie!« und »Yeahhhhhh!«, gefolgt von einem Sprung in die Höhe und dem dazugehörigen Zusammenschlagen der Fersen in der Luft, genau wie in einem Musical. Das Studium war beendet, endlich, und die Verteidigung meiner Diplomarbeit war ebenfalls geschafft. Beides hatte ich mit Bravour bestanden.

Jetzt konnte ich das machen, was ich mir vorgenommen hatte, Rucksackurlaub. Nach mehreren Jahren harten Studiums wollte ich mir jetzt ein paar Monate lang eine wohlverdiente Auszeit gönnen und die Welt mit dem Rucksack, einem Lächeln, aber einem eher schmalen Budget bereisen. Aber das war mir verdammt noch mal egal, das Studium war beendet und man konnte sich ja schließlich auch einfache Unterkünfte suchen. Meine Eltern hatten das zwar nicht als gute Idee empfunden und wollten mich drängen, mir sofort eine Arbeit zu suchen, aber ich hatte mich durchgesetzt. Ihre anfänglichen Vorhaltungen: »Jan, Junge, such dir eine Arbeit und verdien dein eigenes Geld, Urlaub kannst du auch später noch machen«, konterte ich, indem ich ihnen sagte: »Liebe Eltern, ich habe jetzt einige Jahre hartes Studium hinter mich gebracht, welches ich mit Erfolg abgeschlossen habe. Und bevor ich jetzt einen neuen Job angehe, möchte ich mich erst einmal erholen und für den zukünftigen Job neu aufladen. Zudem kann ich mir dann nochmals durch den Kopf gehen lassen, in welcher Branche ich arbeiten möchte und auch, an welchen Firmen ich Interesse habe.« Letztendlich verstanden sie es und steuerten sogar etwas Geld für meine Reise bei.

Da ich Single war, gab es auch keine Freundin, die versuchte, mich von der Idee, etwas die Welt zu bereisen, abzubringen. Nicht dass ich nicht gut bei Frauen ankam, ganz im Gegenteil, mit einem Meter und vierundachtzig Körpergröße, gut trainiert, man könnte sagen, einer athletischen Figur, und strubbligem blondem Haar auf dem Kopf gab es doch einige Anwärterinnen für die Position einer Lebensabschnittsgefährtin. Blaugrüne Augen und ein ständiges Sunnyboy-Lächeln gaben dem Ganzen noch eine natürliche und sympathische Note.

Mein Freund aus dem Studium, Joaquin, hatte die gleiche Idee und überlegte, mit mir gemeinsam den Rucksack zu packen. Joaquin – oder Jo, wie ich ihn nannte – kannte ich bereits seit Kindertagen, wir waren so was wie Sandkastenfreunde und hatten auch einige Jugendabenteuer zusammen bestanden. Wie damals, als wir zwölf Jahre alt waren und in ein fremdes Grundstück eindrangen, um Einbrecher zu spielen. Dabei wollten wir auch etwas mitgehen lassen, aber nur irgendwas Kleines, was kein Drama nach sich ziehen würde. Wir wollten einfach nur den Nervenkitzel. Das Wochenendgrundstück eines etwas betuchteren Paares mit einem kleinen Häuschen, welches nur selten genutzt wurde, sollte das Ziel unseres Einbrecherduos werden, auch weil es etwas abgelegen war.

Wir taten also so, als ob wir Einbrecher wären, und schlichen geduckt über das Grundstück, ganz wie kleine Profis. Wir durften ja schließlich schon Krimis im Fernsehen anschauen, wo man sehr gut sehen konnte, wie man es macht. Wir nahmen außer Obst aus dem Garten nichts mit, trotzdem fühlte sich alles sehr geheimnisvoll und aufregend an.

Es war so lange aufregend, bis uns plötzlich der helle Schein einer 10 Watt Taschenlampe traf. Der Eigentümer kam abends, um 19.30 Uhr nochmals zu seinem Grundstück zurück, weil er Werkzeug vergessen hatte, und dabei ertappte er die beiden Einbrecher auf frischer Tat. Jo und ich rannten in wilder Panik um unser Leben, kletterten in Windeseile über den Zaun, wo Jo sich an einem abstehenden Draht die Haut am Oberschenkel aufritzte, aber man war ja ein harter Einbrecher, also tat er so, als ob er keine Schmerzen verspürte. Er biss die Zähne zusammen, ignorierte den blutenden Oberschenkel und die Flucht ging weiter. Das Obst ließen wir unterwegs fallen, damit wir besser rennen konnten.

Wir entkamen »natürlich« dem hinter uns herrennenden und fluchenden Erwachsenen, der bald außer Atem war. Genau solche Abenteuer schweißten uns beide zusammen.

Später kamen wir auf die Idee, zusammen zu studieren, so dass wir uns auch hier oft sehen und uns gegenseitig unterstützen konnten. Jo studierte Elektrotechnik und hatte hier teilweise überschneidende Fächer mit mir, denn ich studierte Elektrotechnik mit Schwerpunkt Physik. Optisch war Jo fast das Gegenteil von mir. Er war einen Meter und siebenundachtzig groß, hatte einen dunklen Teint, war ebenfalls gut trainiert, aber nicht durch Kampfsport, sondern eher durch Fußball und Jogging, und er war Halbspanier, was auch die Damenwelt als sehr interessant empfand, alleine schon wegen seiner südländisch-exotischen Ausstrahlung. Auch hier teilte man gemeinsame Abenteuer, zum Beispiel mit hübschen Girls, die man zusammen kennen lernte, »aufriss« hört sich hierfür etwas zu derb an. Aber auch mit Partys, die man zusammen feierte und die ihresgleichen suchten. Wie eine Party an der Uni mit Trinkspielen, welche hier gerne veranstaltet wurden. Ich wachte danach morgens völlig betrunken in einer Abstellkammer auf, was eigentlich noch nicht so schlimm war. Das Peinliche daran war, dass ich nur Unterwäsche anhatte. Jo wiederum lag betrunken in seinem Auto, welches vor der Uni stand, ohne T-Shirt und auch ohne seinen Autoschlüssel, denn ansonsten wäre er vermutlich betrunken gefahren. Das waren gemeinsame verwegene Abenteuer, welche nicht jeder mit einem Freund teilte.

Nun sollte unser gemeinsames Ziel eine Rucksackreise sein, wohin sie gehen sollte, war noch unklar. Wir hatten vereinbart, uns Gedanken über die Länder zu machen, welche wir gemeinsam bereisen wollten. Daraus sollte eine Liste entstehen, um so Deckungsgleichheiten zu finden und die Route letztendlich zusammen abzustimmen. Wir wollten uns hierzu in zwei Tagen in einem Café in Stuttgart treffen, um die Route endgültig festzulegen. Der Termin stand auf jeden Fall fest.

Als ich wieder zuhause war, fing ich an nachzudenken, ich nahm mir dazu einen Zettel, um mir Notizen zu machen zu den Fragen: Wo will ich mit Jo zusammen hin? Was will ich mir mit Jo in den vier bis fünf Monaten, die wir uns an Zeit nehmen wollten, ansehen? Reichte das Geld, dann natürlich auch länger, was auch immer das Budget hergab. Natürlich kam ich als eine der ersten Ideen auf ein Land beziehungsweise einen Kontinent, den jeder auf der Liste hat, Australien.

Australien, ja, das auf jeden Fall, Koalas streicheln, Kängurus beim Springen beobachten, Tauchen am Great Barrier Reef, am Meer abhängen und was es dort sonst noch so alles zu unternehmen gab. Mindestens vier Wochen sollten es dort werden, darunter ging gar nichts – okay, notiert.

Wo wollte ich auch schon immer hin … klar, nach Thailand, einmal eine ganz andere Kultur kennen lernen, Asien, Buddhismus, vielleicht beim Thaiboxen mit trainieren, gutes exotisches, scharfes Essen genießen und dabei hoffentlich überleben, denn das scharfe Essen dort sei für Europäer fast unerträglich, so hörte man. Dann noch am Strand abhängen und feiern, zum Beispiel am Full Moon Beach auf Koh Phangan. Ich hatte irgendwo gelesen, dass es hier die krassesten Partys geben sollte. Damit hatte ich bereits zwei Vorschläge, die ein »Must-Do« sein sollten. Hm, dann vielleicht noch Malaysia oder Indonesien, auch beides interessante Länder mit einigen Highlights. Ich notierte beide auf meine »Coole Rucksack-Locations-Liste« und hörte dann vorläufig mit der Weiterführung der Liste auf. Zu lang durfte sie bei der doch begrenzten Reisezeit nicht werden, sonst bliebe zu wenig Zeit für das jeweilige Land. Ich beschloss, einen freien Kopf zu bekommen, und ging joggen. Im üblichen Joggingoutfit, einer kurzen, weiten Sporthose, einem atmungsaktiven Sportshirt und guten Joggingschuhen von Asics sowie mit einer kleinen Trinkflasche, die man gut in der Hand halten konnte, ging es auch gleich los.

Das Ziel war, wie fast immer, der Stadtpark in Stuttgart. Dort konnte man Ruhe finden und chillen, außer es waren gerade wieder irgendwelche Schulklassen unterwegs, aber das war selten der Fall, so wie auch heute nicht.

Als ich durch den sonnendurchfluteten Park joggte, der durchzogen war von den Schattenstreifen der Bäume, die sich wie lange Finger über die Wiese ausbreiteten, beschloss ich kurzfristig, mich etwas in die Sonne zu legen, um ein bisschen Augenpflege zu betreiben, nachzudenken und um einfach meine Gedanken treiben zu lassen. Es war Juli, ich blickte in einen strahlend blauen Himmel, es war warm, circa 28 Grad, und alles passte, ich war glücklich und zufrieden. Direkt neben meiner üblichen Joggingstrecke fand ich ein schönes Plätzchen auf einer weichen, grünen und saftigen Wiese im Halbschatten eines Ahornbaumes und nahm den Duft der Natur in mich auf. Es roch nach Freiheit und nach unendlichen Möglichkeiten, ich entließ meine Gedanken in den freien Raum, immer in Richtung der geplanten Reise, und schloss die Augen.

Gleich darauf formten sich plötzlich schemenhafte Umrisse direkt in meinem Kopf. Aus anfangs schlierigen Wolken wurden langsam deutliche Bilder.

3.

Ich hörte lautes Treiben, sah staubige Straßen, vernahm wildes Stimmengewirr und sah mich auf einer Art Marktplatz stehen, in einer mittelalterlichen Stadt, wenn man das hier als Stadt bezeichnen konnte, vermutlich wäre Dorf der richtigere Begriff, denn für eine Stadt war das, was sich mir hier zeigte, einfach zu klein.

Ich hörte die Menschen auf dem Markt, Stimmen von überall her, wie viele kleine Wasserfälle aus Wörtern, die auf mich einprasselten. Nur leider konnte ich kein Wort verstehen, die Sprache war mir völlig fremd. Wo war ich hier? War das schon wieder so ein fast realer Traum? Aber dieses Mal stellte ich mir zusätzlich die Frage, war es denn ein Traum? Oder war es vielmehr eine Vision? Ich wusste es nicht, daher beschloss ich, mich einfach treiben zu lassen und abzuwarten, was noch alles passieren würde.

Zuerst suchte ich mir einen strategischen Platz, von dem aus ich alles gut beobachten konnte. Ganz der Ingenieur, musste ich für mich erst einmal zusammenfassen, was ich hier sah. Daraus würde ich dann meine Schlussfolgerungen ableiten können.

Ich war schon mehrmals auf mittelalterlichen Festen in Deutschland gewesen, die dem, was ich hier gerade in mich aufnahm, nicht unähnlich gewesen waren. Ich beobachtete viele Menschen, deren Kleidung der im Mittelalter getragenen ähnelte, grobe Leinen in Erdfarben, von Broschen oder Klammern zusammengehaltene Umhänge, lederne Schuhe und Stiefel, welche aussahen, als ob sie von Hand gefertigt seien. Die Frauen trugen lange Kleider und waren um den Kopf herum stark verhüllt. Teilweise erkannte man nur ihre Augen, alles andere war vollständig verborgen. Für mich ein sehr ungewohnter und fremdartiger Anblick.

Die Männer trugen Messer und Schwerter an ledernen Gürtel und viele von ihnen hatten längere Bärte. Sie hatten teilweise lustige Hüte auf, welche wie kleine Eimer aussahen, manche trugen auch einen Turban. Auch aufgrund der dunkleren Hautfarbe tippte ich auf den vorderen Orient beziehungsweise auf das frühere Persien. Beim genaueren Hinhören konnte man durchaus die arabische Sprache heraushören. Alle diese Menschen waren unterwegs, um ihre Geschäfte zu erledigen. Sie wollten Waren verkaufen oder kaufen. Man hörte viele lautstark feilschen, so weit man das als Feilschen interpretieren mochte, manch einer würde auch gestikulierendes Schreien dazu sagen. Waren und Tiere wechselten von der einen Hand in die andere und Münzen fanden andere Besitzer. Der Markt war groß, ich schätzte ihn auf sechzig bis siebzig Einzelstände und es tummelten sich hier bestimmt 200 bis 250 Menschen jeden Alters. Auch Kinder wurden mitgeschleppt oder spielten hier und da.

Der Ort selbst machte den Eindruck, als ob er zu einem persischen Land gehörte. Mauern aus grobem Stein, mit Lehm oder Ähnlichem verarbeitet, und mit Wehrgängen, die mit Holzgeländern versehen waren, um sich darauf schnell zu bewegen und nicht herunterzustürzen, wenn es galt, die Ansiedlung oder Burg vor einem Feind zu schützen. Ich sah in einiger Entfernung ein großes Eingangstor, welches aus starken Holzbalken gefertigt und mit Eisen beschlagen war, damit man nicht so schnell bei einem Angriff durchbrechen konnte. All dies verlieh dem ganzen Dorf definitiv einen Burgcharakter mit einer gewissen Wehrhaftigkeit.

Es gab Häuser, die sich hinter die Stadtmauer duckten, um nicht gesehen zu werden, mit einfachen Holzläden an den Fenstern. So, als ob man sich vor einem Feind verstecken wollte. Man sah auch einige Kuppeldächer, die hell in der Sonne glänzten, und etwas weiter entfernt eine größere, durchaus imposante Kuppel, die zu einer Moschee gehören konnte, denn sie war das höchste Gebäude in diesem Ort. Hätte jetzt noch der Muezzin gesungen, dann hätte man es genau gewusst. Aber wahrscheinlich war er erst zu einer anderen Zeit an der Reihe.

Dann waren da noch die Gerüche, welche von den Ständen auf dem Marktplatz herüberwehten. Gerüche von Tieren, die zum Verkauf angeboten wurden und deren Ausscheidungen sich mit dem Staub des Bodens vermischten und eine klebrige Masse hinterließen, in die man nicht hineintreten wollte. Gerüche nach frisch gegerbten Lederwaren, nach Waffen und dem dazugehörigen Öl, was zwar nicht besonders gut roch, aber glücklicherweise etwas den Tiergeruch verdeckte. Es gab frisches Gemüse und auch welches, das aufgrund der braunen Flecken nicht mehr ganz so frisch aussah, Essen mit köstlichen Duftnoten, wie gebratenes Fleisch mit Curry, das einem in die Nase stieg und sofort das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ, Essen, das gelblich aussah und vermutlich stark mit Kurkuma gewürzt war, gebratenes Kebap und vieles mehr. Meine Nase konnte weitere angenehme Gerüche einfangen, unabhängig vom Essen und von den Tieren gab es alles, was man in einer Burgstadt vermuten würde. Alles war irgendwie echt, authentisch, so als ob man tatsächlich mitten im Geschehen war. Aber es war ja nur ein Traum, oder nicht?

Nachdem ich mir einen ersten Eindruck verschafft hatte, war meine Neugierde geweckt. Um noch mehr herauszufinden, wollte ich in das fremdartige Treiben eintauchen und versuchte, mich daher unbemerkt in die Nähe von Personengruppen zu gesellen, um deren Gespräche zu belauschen und so vielleicht herauszubekommen, wo ich verdammt noch mal war.

Eine kleine Gruppe von drei völlig unterschiedlichen Personen, welche sich im Schatten eines gemauerten Steinbrunnens unterhielten, erregten meine Aufmerksamkeit. Der Brunnen befand sich nicht in der Mitte des Marktplatzes, wie es oft üblich war in solchen Burgdörfern, nein, er stand seitlich, geschützt im Schatten eines Dachüberhanges. Es war ein typischer Schöpfbrunnen, mit einer unterirdisch angeschlossenen Quelle. Er war sehr groß, hatte einen Durchmesser von mindestens fünf Metern und war überdacht. Die Überdachung trug einen Querbalken und daran war ein Schöpfeimer befestigt, den man unten in die Quelle eintauchen lassen und wieder mit frischem Wasser gefüllt an einer Kurbel nach oben ziehen konnte. Direkt an den großen Brunnen angebaut war ein kleinerer, welcher nicht zum Wasserschöpfen da war. Er wurde stattdessen mit Wasser gefüllt, um damit die Tiere zu tränken oder sich nach einem langen Ritt den Staub abzuwaschen, so vermutete ich zumindest. Daneben lagen zwei kleine Schöpfkellen aus Holz sowie ein Holzeimer.

Ich löste mich aus meiner dunklen Ecke am Rande des Marktplatzes und ging auf den kleineren Brunnen zu, um mich mit Wasser daraus zu erfrischen.

Unauffällig versuchte ich mich zu nähern, sofern man sich einem Brunnen unauffällig nähern kann. Dann dachte ich mir plötzlich, so ein Quatsch, ich bin hier doch nicht auf einer Geheimmission. Normalerweise ist es ja so, dass je unauffälliger man sich zu verhalten versucht, desto auffälliger ist man. Also schlenderte ich sorglos zum Brunnen, feuchtete mir dort meine Hände an und erfrischte mich. Leider konnte man von dort, wo ich stand, nur Gesprächsfetzen hören, was aber eigentlich auch egal war, da ich sowieso kein Wort Arabisch verstand oder was auch immer das für eine Sprache war, die hier gesprochen wurde. Meine Idee war, mir Wörter zu merken, welche dann die Informationen liefern sollten, die ich benötigte, um mehr herauszufinden.

Einer der drei Männer warf bereits nach kurzer Zeit einen flüchtigen Blick zu mir herüber. Ich ging einfach weiter meiner Beschäftigung, der Körperhygiene nach und ließ mir das kühle Nass über den Kopf laufen, um mir dann den Hals zu waschen und das Gesicht. Natürlich um auf diese Weise länger am Brunnen verweilen zu können. Dementsprechend hatte ich es nicht eilig mit meinen Reinigungsversuchen.

Die Männer waren alle persischer Abstammung, das konnte man erkennen. Einer von ihnen war etwas vornehmer gekleidet, was man am Schmuck sehen konnte, den er trug, und an seiner Kleidung, die glänzender aussah als die der beiden anderen. Wahrscheinlich waren hier sehr edle Stoffe verarbeitet worden. Sie wies auch farbenfrohere Muster auf, Gelb- und Grüntöne sowie ein kräftiges Blau. Zusätzlich trug er einen dieser lustigen Eimerhüte auf dem Kopf, natürlich farblich zu seinem sonstigen Aufzug passend. Am auffälligsten war jedoch, dass er nicht bewaffnet war. Ich stufte ihn als reichen Kaufmann ein.

Ein weiterer Mann aus der Gruppe sah im Vergleich zu dem eleganten Händler eher wie ein Halsabschneider aus. Er trug grobe Leinenkleidung aus Erdtonfarben, dazu eine grünlich verwaschene Bauchschärpe und einen schmutzigen Turban, der vermutlich einmal weiß gewesen war, aber jetzt eher die Farbe des Sandes angenommen hatte. Eine stark verwachsene Gesichtsbehaarung sowie ein langer schwarzer Bart verliehen ihm etwas Böses und Hinterhältiges. Zusätzlich hatte er neben dem großen Säbel noch eine Kollektion an kleineren Messern an seinem Bauchgurt und seinem Brustgurt befestigt, was den Eindruck eines gefährlichen Kämpfers vermitteln sollte. Vermutlich war er das auch.

Der dritte Mann in der Runde war der mysteriöseste von den Dreien. Er trug dunklere Kleidung, nicht so dunkel wie bei dem Angreifer in meinem ersten Traum, aber trotzdem dunkel und unauffällig. Sein Gesicht war fast verhüllt und er war ebenfalls bewaffnet. Aber im Vergleich zum Halsabschneider trug er ein wahres Waffenarsenal bei sich.

Zuerst fiel mir eine Art großer Krummsäbel auf, der auf seinem Rücken in einer knorrigen alten Lederscheide steckte, die ihm um die Schulter gebunden war. Zusätzlich hatte er einen Ledergurt über der Schulter, welcher sich mit dem des Krummsäbels auf der Brust kreuzte. Hier steckten noch zusätzlich einige Wurfmesser und zwei alte Pistolen. Wahrscheinlich waren die Pistolen für die Verhältnisse hier neuere Modelle, aber für mich sahen sie eher aus wie aus einem alten Piratenfilm, es waren die Art Pistolen aus Holz und Eisen, mit denen man genau einen Schuss abgeben konnte. Man konnte fast erahnen, dass er bestimmt weitere Waffen verdeckt mit sich führte, die erst dann zum Einsatz kommen würden, wenn das erste Arsenal verbraucht war. Es sah beinahe so aus, als ob er ganz alleine in den Krieg ziehen wollte.

Das erste gesprochene Wort, das aus der Gruppe an mein Ohr drang, war »Assassinen«, okay, gemerkt. Dann hörte ich ein zweites Wort, »Alamut«. Okay, auch gemerkt. Ich versuchte weiter dem Gespräch zu folgen, konnte aber nicht riskieren, zu lange an dem Platz, wo ich gerade stand, zu verweilen, weil es ansonsten auffallen würde.

Die Männer gestikulierten wild herum, mehr als die Europäer es tun, ausgenommen die Italiener. Hier wurden Hände und Füße bewusst eingesetzt, um Dinge zu unterstreichen und dem Gesagten Gewicht zu verleihen. Eine Bewegung sah aus, als ob der Mann etwas verstecken wollte oder vergraben, oder irgendetwas irgendwo hervorholen wollte, was eingeschlossen oder verborgen war.

Der Mann mit dem Krummsäbel auf dem Rücken, der mich bereits aus dem Augenwinkel heraus beobachtet hatte, schaute mir jetzt schlagartig direkt in die Augen und ich sah, dass sie mich, dunkel und leicht zu Schlitzen verengt, fast durchbohrten.

Ich erschrak daraufhin und zuckte zusammen, was für den anderen den Verdacht bestätigte, dass sie belauscht wurden. Er zog verdeckt eines seiner Messer heraus, so dass es nicht gleich auffiel, und kam um den Brunnen herum direkt auf mich zu. Das Messer glitzerte kurz in der Sonne auf, als ein Strahl darauf traf. Die beiden anderen Gesprächspartner starrten jetzt ebenfalls zu mir herüber und verfolgten in erregter Anspannung, was jetzt gleich unausweichlich passieren würde.

Wie gelähmt stand ich da, unfähig, mich irgendwie in Sicherheit zu bringen. Letztendlich wusste ich vor Schreck nicht, was ich tun sollte. Kurz bevor der Mann mich erreichte, ich konnte schon seinen fauligen Curry-Atem riechen und sein wütendes, verzerrtes Gesicht sehen sowie sein drohend zum Angriff erhobenes Messer, bereit zuzustechen … zog plötzlich leichter Nebel auf, die Bilder um mich herum wurden wieder schlierig und verwaschen und der Ort und die Personen lösten sich langsam auf. Ich konnte gerade noch das Symbol auf dem Unterarm des Mannes erkennen, der kurz davor war, mich niederzustechen.

Auf dem Rasen liegend, signalisierten mir die Sonne und das weiche Gras, dass ich wieder im Park nahe meinem Zuhause war. Aufgewühlt und mit verschiedenen Gefühlen ringend, musste ich erst einmal sortieren, was das gerade gewesen war. Auf der einen Seite war ich fasziniert von dem, was ich gerade erlebt hatte, auf der anderen Seite aber auch verängstigt, weil alles so »echt« war, als wäre ich wirklich dort gewesen. Ich konnte praktisch noch den Currygeruch wahrnehmen, der dort auf dem Marktplatz in der Luft lag.

So schnell ich konnte joggte ich nach Hause, rannte die Treppe hoch in mein Zimmer, schrieb alles auf, was ich gesehen und gehört hatte, und fertigte auch wieder Zeichnungen an. Skizzen von den Männern, obwohl ich nur einen von ihnen richtig gut und aus der Nähe hatte betrachten können, auch von dem Marktplatz, auf dem sich alles abgespielt hatte, und von dem Symbol auf dem Unterarm des Mannes, der mich angreifen wollte.

Zusätzlich recherchierte ich die einzigen beiden Begriffe, welche ich in dem Gespräch gehört hatte: Assassinen und Alamut, und googelte nach dem Symbol, das ich bestmöglich nachgezeichnet hatte.

Das Symbol auf dem Arm des Mannes

Danach war dann der Ort Alamut dran. Es dauerte nicht lange und ich fand ein Bild von ihm. Allerdings zeigte es die Ruine Alamut, ein Ort, der heute noch existierte. Also hatte ich in meinem Traum Dinge gehört oder gesehen, die es tatsächlich einmal gab. Wie kam es, dass ich von Dingen träumte, von denen ich noch nie gehört hatte und die doch tatsächlich existierten? Was wollte sich mir hier mitteilen?

Die Burgruine Alamut

4.

Am vereinbarten Tag traf ich mich mit Joaquin in der Kaffeebar und erzählte ihm total aufgeregt von meinem Traum.

»Jo, lass uns bitte zuerst in den Iran fliegen und Alamut besichtigen, ich habe die Wörter, die ich gehört habe, gegoogelt und halte das irgendwie für einen Wink des Schicksals, dem ich unbedingt folgen muss. Es zieht mich regelrecht dorthin, obwohl ich überhaupt nichts über den Iran, die Gegend und das Assassinenthema weiß.«

»Jetzt mal langsam und von vorne, Jan. Das Wort Assassinen habe ich bereits einmal in einem Film gehört und auch schon gelesen. Assassinen ist ein Begriff für Attentäter oder bezahlte Mörder aus einem Jahrhundert um die Zeit 1100 bis 1300, soweit ich mich erinnern kann. Aber Alamut sagt mir rein gar nichts.«

Da ich bereits recherchiert hatte, kam sofort die dazugehörige Antwort: »Alamut war so was wie der Hauptsitz der Assassinen. Dort soll der Geheimbund ins Leben gerufen worden sein, und zwar von einem Hassan-i Sabbah, einer mystischen, sagenumwobenen Person, die zum damaligen Zeitpunkt einiges zustande gebracht und ein eigenes kleines Reich gegründet hatte. Er war der Gründer und das Oberhaupt des Bundes der Assassinen. Alamut soll laut dieser Informationen circa hundert Kilometer westlich von Teheran existiert haben. Es gibt heute dort noch so etwas wie Burgruinen, die besichtigt werden können. Das Symbol, welches ich am Arm des Mannes gesehen habe, ist das geheime Symbol der Assassinen und fungiert wie eine Art Erkennungszeichen.«

»Lass uns dort unser gemeinsames Abenteuer beginnen, tu mir bitte den Gefallen, dafür darfst du dir auch die nächsten beiden Länder aussuchen. Egal welche.« Ich zwinkerte ihm verschwörerisch zu.

»Okay, Jan, dann will ich Thailand und China.«

»Heißt das, du bist dabei?«

»Ja klar, so ein Abenteuer lasse ich mir doch nicht entgehen. Das ist ja auch nicht unser erstes Abenteuer, welches wir zusammen erleben.«

»Ja, da hast du wohl recht, und es soll auch nicht unser letztes sein.« Das verschwörerische Zwinkern wurde genauso verschwörerisch erwidert. Wir lachten.

»Aber hast du denn keine Angst, Jan, dass der Iran zu gefährlich sein könnte? Immerhin ist es ein etwas abgeschottetes islamisches Land, das immer wieder mal in Konflikte verwickelt ist.«

»Ja, Jo, aber es ist ja kein Kriegsgebiet und ich will auch nicht durch das ganze Land tigern, sondern nur Teheran anschauen und die Ausgrabungsstätte Alamut. Was soll da groß passieren, in einer Hauptstadt und bei einer geführten Tour zu einer Burgruine?«

»Ich war noch nie im Iran und auch in keinem anderen Land dort in der Nähe und soweit ich weiß, du ebenfalls nicht, Jo. Also wäre es doch mal was ganz Neues, was Kultur und Leute betrifft.«

»Ja, da hast du jetzt wieder recht, also dann lass uns einfach packen und losziehen, ich will aber auf dem Weg dorthin mehr von dem hören, was du geträumt und recherchiert hast, und zwar in allen Details. Das hat alles ein bisschen den Flair, als ob wir auf der Jagd nach einem verborgenen Schatz oder einer geheimnisvollen Karte oder was auch immer sind. Wie Indiana Jones.«

»Ja, das sehe ich auch so und bin genau deshalb total aus dem Häuschen, zudem es bereits der zweite Traum war.«

»Wie, der zweite Traum? Du hast mir nur von dem einen erzählt.«

»Ja, weil es vom ersten nichts zu erzählen gibt. Hier wurde ich nur von einem maskierten Typen angegriffen und habe mit ihm gekämpft.«

»Das ist ja nicht ganz unwesentlich, Jan, und?«

»Und was?«

»Wer hat gewonnen?«

»Keiner, der Traum war kurz davor zu Ende.« Ich wollte Jo nicht beunruhigen, indem ich ihm erzählte, dass ich fast von einem Schwert getroffen worden wäre. »Ich zeige dir, wenn wir unterwegs sind, auch meine Zeichnungen, welche ich von den Eindrücken im Traum angefertigt habe, und die Informationen, die ich dazu recherchiert habe.«

»Jan, nun wird es langsam aber richtig mysteriös und abgefahren, jetzt hat mich das Abenteuerfieber auch gepackt. Lass uns dein Alamut anschauen. Wir sollten uns nur noch abstimmen, was wir alles in unsere Rucksäcke packen, du weißt ja, so wie Indiana Jones, auf alles vorbereitet.« Er lächelte konspirativ und zog die Augenbrauen leicht nach oben.

»Ja, ich werde definitiv ein oder zwei Messer mitnehmen, so was kann man immer gebrauchen, vermutlich einen Kompass, auch wenn wir ihn nicht benötigen werden, dann noch Spezialklamotten für Wanderungen, die schnell trocknen, ein Käppi oder einen Hut wegen der Sonne, eine Thermosflasche, eine Stirnlampe und was mir sonst noch einfällt.«

»Aber übertreib es nicht, das Zeug wiegt ja auch alles ein bisschen, was du dann zwangsläufig mit dir rumschleppen musst.«

»Okay, Indiana Jo, verstanden.«

»Dann bis in Kürze, Indiana Jan.«

Wir lachten jetzt aus vollem Halse und verabschiedeten uns voneinander. Jeder erstellte darauf für sich eine kleine Liste der Dinge, die er mit auf seine kleine Weltreise nehmen wollte, dabei stimmten wir uns ab, sodass wir bereit waren, in einem spezialeinsatzkräfteähnlichen Outfit loszuziehen. Der Flug wurde gebucht und fünf Tage später ging es dann endlich los. Ich konnte es kaum erwarten, dem Ruf des Abenteuers zu folgen.

Wir machten es uns im Flugzeug gemütlich, leider nur in den engen und viel zu kleinen Sitzen der Holzklasse, denn unser Budget war doch überschaubar und gab nicht mehr her, aber das war uns egal, denn das Abenteuer wartete. Jo begann letztendlich das Gespräch.

»Hey, du wolltest mir im Flugzeug noch die Details aus deinem Traum erzählen. Was hat es mit dem Träumen auf sich, was hast du recherchiert? Lass mal hören.«

Bevor ich loslegen konnte, kam die Stewardess mit der üblichen Frage: »Was hätten Sie gerne zu trinken?« »Ich nehme ein Bier.« »Und ich hätte gerne ein Sprite.« »Hier, bitte schön.« »Vielen Dank.«

Nachdem sie weitergezogen war, konnte man mich nicht mehr halten. Ich schilderte Jo so genau wie möglich den ersten Traum, in dem der Kampf stattgefunden hatte, und zeigte ihm auch die von mir angefertigten Zeichnungen dazu.

»Wow, das ist ja wie in einem Kung-Fu- oder einem Ninja-Film. Irgendwie Gut gegen Böse, oder?«

»Ja, so ähnlich. Aber der zweite Traum, der in der Stadt, war noch intensiver und vor allem länger. Ich konnte praktisch das Essen riechen und glaube mir, das roch richtig gut, am liebsten wäre ich geblieben und hätte mir den Magen vollgeschlagen.« Auch hierzu zeigte ich ihm meine Zeichnungen.

»Sieht echt aus, wie eine alte Stadt in Arabien oder dem ehemaligen Persien. Junge, du bist ja ein richtiges Talent im Zeichnen, das solltest du unbedingt weiterverfolgen, sieht richtig gut aus. Wer weiß, was aus dir noch werden könnte.« Er grinste. »Was hat es mit den Personen auf sich, die du belauscht hast, und den Worten, welche du gehört hast?«

»Keine Ahnung, ich kann nur vermuten, dass die Jungs über etwas Geheimes oder Vertrauliches gesprochen haben, das hat mir der Ort gezeigt, wo sie standen, abseits der Menge, wo man Personen, welche sich nähern, sofort sehen kann.«

»Wobei du ihnen dann aufgefallen bist.«

»Yep, nicht gleich, aber doch etwas später, vermutlich war mein Waschvorgang am Brunnen für die damalige Zeit einfach zu ausführlich.« Grins.

»Jan, ich hab da mal ’ne Frage, bist du das selbst in dem Traum, also auch optisch, oder verkörperst du jemand anderen?«

»Keine Ahnung.«

»Solltest du nochmals so einen Traum haben, vielleicht kannst du es dann ja herausfinden.«

»Okay, und wie?«

»Na, du gehst einfach an einen Spiegel und schaust rein.«

»Und wenn es in der Nähe keinen Spiegel gibt?«

»Na, dann vielleicht eine Pfütze oder etwas Ähnliches.«

»Das ist eine gute Idee, das werde ich mir merken, vorausgesetzt, ich erlebe das noch mal.«

»Nun zu den Wörtern Jan, das mit Alamut hast du mir ja bereits erzählt, oder hast du hierzu noch mehr?«

»Ja, hab ich, Alamut war sozusagen der Hauptsitz der Assassinen, gegründet von einem Hasan-i Sabbah. Er war wohl der oberste Anführer. Aber es war kein Clan von Attentätern, sondern eine kleine Gemeinde für sich, abgespalten und anders lebend als der Rest, nur ihren eigenen Regeln folgend. Wem das nicht passte, zum Beispiel einem anderen Sultan, der wurde beseitigt. Im Laufe der Zeit baute Hasan-i Sabbah sich einen kleinen Stadtstaat auf, der sich über den Iran hinaus bis ins benachbarte Syrien erstreckte. Es gehörten um die zehn Burgen dazu und ein Gefolge von bis zu 60 000 Kindern, Frauen und Männern. Ich denke, für die damalige Zeit war das nicht schlecht, wir sprechen hier immerhin vom 12. Jahrhundert.

Der Rest ist eher schnell erzählt. Warum hatte man sich distanziert? Sie hatten einen etwas anderen religiösen Glauben und wollten sich keinem Sultan oder anderen Fürsten unterordnen, der oft nach Gutdünken herrschte, teilweise die Leute ausbluten oder, wenn sie nicht parierten, heimlich ermorden ließ. So kam es im Laufe der Zeit zu immer mehr Attentaten der Assassinen, um unliebsame Gegner zu beseitigen und sich weiter auszudehnen, bis sich irgendwann der Name Assassinen herauskristallisierte. Wenn man den Namen dann aussprach, dann immer ehrfürchtig. Zusätzlich war er verbunden mit Angst, Morden und Geheimnissen. Ich meine sogar gelesen zu haben, dass der Name ihnen von den Kreuzfahrern gegeben wurde, aber keiner weiß genau, woher er wirklich kommt. Man weiß nur, dass es ungefähr die Zeit war, als die Kreuzzüge nach Jerusalem begannen.«

»Hey, jetzt tauchen wir aber komplett in die Geschichte ein, oder was meinst du, Jan?«