Der Weihnachtskrieger - Carsten Lehmann - E-Book

Der Weihnachtskrieger E-Book

Carsten Lehmann

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Beschreibung

"Setzt ein Mensch sich in die hohle Ulme zu St. Andrä, dann geht er hinüber in die Welt des Winters. Dort herrscht das Schicksal mit einem Fluch und einen Mann hält es verbannt hinter den Gestaden der Zeit. Er ist ein Heiler und ein großer Krieger. Und einmal im Jahr kann er dem Tod ein Leben abtrotzen." Lukas ist 15 und es läuft alles schief: seine Mutter liegt im Sterben, sein Vater hat sich verdrückt, die Zukunft ist düster und Weihnachten steht vor der Tür. Jetzt kann nur noch ein Wunder helfen! Leider glaubt Lukas weder an Wunder noch an Magie. Und an den Weihnachtsmann schon gar nicht. Aber Lukas würde alles für seine Familie und eine glückliche Zukunft tun. Sogar einer Weissagung folgen und sich um Mitternacht in den hohlen Stamm einer Ulme setzen. Damit nimmt er das magische Angebot einer prophetischen Wanderin zwischen den Welten an: Das Leben seiner Mutter retten - wenn Lukas es schafft, die verborgene Welt des Winters zu erlösen. Einer Welt, wo die Nornen das Schicksal jedes Wesens bestimmen und alles daransetzen, dass es so bleibt. Lukas findet Gefährten, Gnome und streitlustige Feen, stellt sich den gehörnten Schabokks und unheimlichen Fängga - und überwindet seinen Trotz und die nagenden Selbstzweifel. Doch alles steht auf der Kippe, wenn es ihm nicht rechtzeitig gelingt, den Krieger zu befreien, der dem Tod ein Leben abringen kann. Denn das Tor zwischen den Welten schließt sich unerbittlich und die Zeit ist knapp.

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Inhalt

Prolog

Schlechte Nachrichten

Hildegard

Abend

Ein ganz normaler Tag

Die Ulme

Das Portal

Die Taverne

Beim Magister

Erste Ränke

Entscheidungen

Aufbruch

Auf dem See

Monster in der Nacht

Nach dem Kampf

Morgenstimmung

Stimmen im Nebel

Ruf nach Rache

Auf dem Weg zur Fee

Amanda

Alte Geschichten

Auf dem Weg

Obhut einer Fee

Isolde

Fängga

Rorik

Alles verloren

Die List

Flucht

Neue Pläne

Die Pfeiler

Sturm

Der traurige Wald

Gift in der Nacht

Abschied von Lugasch

Das Zackenlabyrinth

Auf dem Berg

Runa

Der Weg durch Stimmen

Das Zinnendach

Die Schlucht

Horbs Mission

Helbann

Das Trugbild

Der Fluch

Der Weihnachtskrieger

Horb der Held

Wiedersehen

Der große Wald

Amandas Heilung

Die nadlige Armee

Erweckung

Das trostlose Meer

Die Totenhöhlen

Rettung

Die Treppe

Flucht

Der Grimm

Die Jagd

Der Wald

Freunde in der Not

Zur Ulme

Botschaften

Das Weihnachtswunder

Abschied

Epilog

Danksagung

Prolog

Knorrige Hände mit schwarzen, fauligen Nägeln griffen nach dem dicken Faden, um ihm die Richtung zu weisen, für das Spinnrad im Felsen. Dort war es mit Eisen eingelassen zwischen berghohen Mauern und schwebend über einem brodelnden Abgrund. Knarzend und unendlich langsam bewegte sich das turmhohe Rad und forderte unablässig das Garn, das durch die schwieligen Hände glitt. Dort wurde es betastet und gestreichelt, als wäre es ein Schoßtier. Als es die Hände verließ, zeigte es Dellen und Erhebungen, stumpfe Flecken und glänzende Strähnen. Schicksale formte es, Freude, Tragik und Vergehen.

»In zwei Tagen öffnet sich das Torr!«, sagte die Stimme aus einem Gesicht, verborgen hinter einem Vorhang triefiger Haarflechten. Dort dämmerte es von Ewigkeit zu Ewigkeit.

»Wissen ess Schwesster. Wisssen ess genau! Brauchst nicht zu mahnen! Eine jede Öffnung ist eine Öffnung zu viel. Wisssen wir. Zu viel, zu gefährlich.«

Die Worte gehörten zu einer zweiten Stimme, zischelnd, schneidend und scharf.

Auch dieser gebeugten Gestalt fuhr das dicke Garn durch knotige Finger hin zu einem weiteren, einem größeren Rad. Die Äonen ihrer Existenz hatten beiden Frauen den Rücken krumm gedrückt, den Stimmen das Sprechen abgewöhnt und die Körper ausgedörrt.

»Unsere Schwesster hat ess sich angenommen, schon vor Tagen sandte ssie ihre Augen. Und den Wind trieb ssie an, ihr zu dienen. Ssie wird Botschaft senden. Ja, wird ssie.«

»Törrichte Einfalt!«, knarrte es wieder. »Ich spürre die Hexe da drüben. Sie ist errwacht.«

Fernes Grollen zeugte von der ewigen Bewegung der Räder. Handbreit um Handbreit kroch der Strang durch die Hände.

»Du giersst nach ihr Urd. Sie isst ein Nichtss! Gefangen isst sie in der traurigen Welt der Menschen! Wer ssollte auf sie hören? Menschen ssind beschäftigt. Menschen ssind blind. Keinen Ssinn für Magie. Keinen Ssinn! Kalt sind sie. Kalte Sseelen.«

Der Kopf der Alten mit der rasselnden Stimme schwankte, als folge er einer Brise, die ihn wie ein Strom bewegte.

»Nein, nein – Schwesterr! Sie wirrd es versuchen. Einen weiterren Krrieger senden. Wirrst es sehen. Schicksal sollte wie ein Pfad sein. Jeder Schritt unserr Plan, Norrnen Wille.«

»Wird ess, Schwesster, wird ess und bleibt ess!«

Schlechte Nachrichten

Lukas warf die Tür hinter sich ins Schloss. Der Wind hatte den Schnee wie eine durchscheinende Decke auf die Steine vor das Haus geweht. Das Vordach bot Lukas Schutz vor den dicken Flocken. Er stand da und seine Augen glänzten feucht, als wollten Tränen kommen.

»Scheiße!«, zischte er. Dies stoppte die Nässe in den Augenwinkeln. »Scheiße!«, entfuhr es ihm erneut, leiser und weniger heftig. Er schüttelte den Kopf. Wollte nicht glauben, was er doch wusste. Lukas schaute hinab zu den Stiefeln, auf die sich mutige herangewehte Flocken setzten. Er hatte ein Bild im Kopf. Ein Bild, vor dem er sich fürchtete, von dem er ahnte, dass es Veränderungen bedeutete und eine neue Art von Verzweiflung. Im Schlafzimmer versank der ausgezehrte, kranke Körper seiner Mutter unter Lukas’ altem Federbett. Jeder hatte diese neuen leichten Steppbetten. Seine Familie nicht.

Die berghohe Bettdecke begrub sie mitten am Tag. Ihm kam in den Sinn, wie sie früher scherzte. ›Diese Betten haben wir von Frau Holle geerbt, deswegen sind sie auch so dick.‹

Lukas spürte, wie traurig sie war. Und sie gestikulierte, als schüttele sie übergroße Federdecken aus. Ihre Fröhlichkeit erstarb, sobald sie glaubte, Lukas sei außer Hör- und Sichtweite. Er spielte mit, drehte sich um und ging in sein Zimmer. Ließ die Tür einen Spalt weit auf und beobachtete sie, wie sie mit ihren Fingerspitzen die Schläfen rieb und schwer atmend mit geschlossenen Augen den Moment verstreichen ließ. Wie so oft in den letzten Jahren. Nicht nur, dass neue Betten Geld kosteten, das sie nicht hatten. Nein, neue Betten wären nicht länger ihre gewesen. In diesen Betten starb ihre Großmutter, und nun musste wohl mit dieser Tradition fortgefahren werden.

Der Arzt hatte den Kopf geschüttelt und Lukas eine Hand auf die Schulter gelegt. Als er mit ihm sprach, hörte Lukas ein Murmeln, als ob ein Radiosprecher im Nachbarraum erzählte. Er hatte auf die Türschwelle zum Schlafzimmer gestarrt. Er ging selten hinein. Eine seltsame Art von Angst hielt ihn außerhalb des Schlafzimmers gefangen. Er stand manchmal minutenlang an der Schwelle, hörte ihr Atmen und Röcheln. Ihr Husten und Stöhnen. Es zu hören war grausam genug. Hineingehen und hinsehen? Er spürte die Furcht wie einen körperlichen Schmerz. Am Bett zu stehen, Wasser und Essen zu bringen und nahezu unberührt beides wieder abzuholen, dieser Anblick fühlte sich nicht wie seine Mutter an. Es war ein Zimmer voller Krankheit. Überschritt er die Schwelle, erfüllte ihn der Raum mit einer Ahnung von Tod. Und damit zerstörte es auch sein bisschen Leben.

Er sah den Brandfleck unmittelbar an der Türschwelle. Silvester vor einigen Jahren. Lukas wollte einen der Silvesterknaller im Haus testen. Der Fleck war blasser geworden, einen Hauch dunkler als das umgebende Holz.

Lukas hatte sich neben den Böllern eine Schachtel mit kleinen Knallern gekauft. Die fielen nicht auf und er wollte an einer Streichholzschachtel testen, wie das Reiben funktionierte. Er bewegte den Knaller langsam an der Reibefläche entlang. Es stieg dieser schweflige Geruch auf, den er mochte. Plötzlich schlugen schon Funken und er erschrak. Bis zur Tür nach draußen war es zu weit. Er wollte ihn loswerden, weg, weg! Warf ihn von sich weg an die Schlafzimmertür, wo er auf der Schwelle liegen blieb und mit einem Donnern explodierte.

Seine Mutter kam in den Flur gerannt, sah ihn und im Nu verflogen die erste Angst und der folgende Ärger. Sie lachte, »Na, mein Junge, hast du dich erschrocken? Ooch!« Sie verzog das Gesicht zu einer Schnute und spöttelte. Bevor sie ging, drehte sie sich zu ihm um.

»Du weißt, wo Eimer und Lappen sind!«

Es gab keine Strafe und keinen Vortrag. Das war lange her. Das war in einem anderen Leben. Seit Wochen lag sie unter diesem riesigen Bett wie hinter einem Deich, und Lukas wusste nach dem Gemurmel, dass sie so krank war, dass das Seufzen des Arztes gleichsam ihr wie Lukas galt.

Er würde nicht hinter den Deich schauen.

Lukas zog die Mütze tiefer in die Stirn und stapfte hinaus in den Schnee. Lief die autoleere Straße entlang, an den Weihnachtskränzen, den beleuchteten Fenstern und dem Weihnachtsbaum am Marktplatz vorbei. Weihnachtsstimmung bei den Familien. Kinder schrieben Wunschzettel, und Plätzchen wurden gebacken. Und all die Tage füllten Läden, Fernsehen und Weihnachtsmärkte die Köpfe der Menschen mit einem Gefühl wohliger Wärme. Der Wärme ähnlich, die man an Kachelöfen empfand. Sie hatte mit Familie und Liebe und Gaukelei zu tun. Aber zu allererst mit Kaufen, Kaufen, Kaufen. Lukas wusste das. Er war kein Kind mehr. Er genoss selbst die Zeit jedes Mal. In diesem Jahr blockierte eine Schranke in seinem Kopf den Sinn für Weihnachten.

Er folgte der schmalen Gasse, die zum ehemaligen Gutshaus anstieg. Hier lag der Schnee knöchelhoch. Er stieß mit dem Fuß in die Schneehaufen am Rand der Straße.

Blöder Krebs! Ich hab’ da echt keine Lust drauf! Nein, verdammt noch mal!

Den Schnee kümmerte seine Wut nicht, seine Ohnmacht und die stille Erkenntnis, nur Beobachter zu sein. Weiter entlang der Straße. Niemand war heute den Weg gegangen. Die Stiefel hinterließen die ersten Abdrücke. Da, wo das frühere Gutshaus war, standen ein Denkmal und ein Stück Umfassungsmauer des alten Parks. Eine rostige Pforte bewachte den Eingang. Er griff mit beiden Händen nach den eisernen Streben und drückte die Pforte auf. Als er sich den Rost von den Handschuhen klopfte, fielen sie fast von den Händen ab. Noch waren sie zu groß. Aber nicht mehr lange. Eine der sinnvollen Hinterlassenschaften seines Vaters. Er hatte sich vor Langem aus dem Staub gemacht. Weit genug, dass das Gericht ihn wegen der Zahlungen nicht ausfindig machen konnte. Lukas hatte ihn gelöscht. Aus den Erinnerungen verbannt. Fortan erschien er wie eine Abfolge Fotografien. Keine Erlebnisse, keine Bewegung, kein auf die Schultern setzen oder Spielen im Garten. Stückwerk, gesichtsloses Abbild einer männlichen Figur. Sein Innerstes gab dieser Figur, die aus einem Schaufenster sein konnte, den Namen Vater. Mehr war da nicht. Nur vergessene Dinge. Wen interessiert’s?

Lukas schob die Handschuhe enger auf die Hände und betrat den Weg, der das winzige Waldstück mitten im Park querte. Stille.

Er folgte der Lückenallee. Kaum Licht. Den Weg erahnte er mehr, als dass er ihn sah. Alles deckte der Schnee zu. In zwei Tagen hätte er die erste Tür in seinem Adventskalender öffnen dürfen. Mutter tat früher Süßigkeiten hinein und ab und zu kleines Spielzeug. Er wollte ihr sagen, dass er mit 15 Jahren Bausteine nicht mehr mochte. Das alles spielte keine Rolle. Dieses Jahr fiel Weihnachten wohl aus.

Lukas spürte einen knotigen Ball im Bauch. Den Schnee zu treten, half da wenig. Er ließ den Wald hinter sich und willigte ein, dem Weg zu folgen, den die Beine vorgaben. An einem langen Ziegelsteingebäude bog er ab in Richtung der Waldsiedlung.

Früher hätte der Schnee in dieser Straße keine Chance gehabt.

Im Sommer hatte er bei der Fabrik angeklopft, wo sie Rohre bogen und polierten. Seine Großmutter kannte jemanden dort. Sie ließen ihn vier Wochen arbeiten. Mal fegte er, mal half er im Lager, und er durfte sogar für eine Woche an die Stanze. Es gab ordentlich Geld, das er für ein neues Fahrrad gebrauchen konnte. Im Herbst übernahm dann der Krebs die Herrschaft in der Familie. Von da an bekam er von Oma das Taschengeld und er wusste, dass es ihr fehlte. Lukas gab es ihr wieder zurück. Mutter hätte ihm genug im Voraus gegeben, log er. Das Geld aus der Fabrik würde bis ins neue Jahr reichen. Der nächste Sommer schien sowieso der bessere Zeitpunkt für ein neues Rad zu sein.

Er war sich sicher, Oma wusste Bescheid. Sie meinte wie nebenbei, gute Taten würden immer belohnt. Meist, wenn du es nicht erwartest. Er wusste nicht recht, was er damit anfangen sollte. Schulterzucken. Wen interessiert’s? Besonders jetzt schien es schlimmer zu kommen als je zuvor.

Pünktlich mit dem ersten Schnee schloss die Fabrik und damit erlosch die einzige Möglichkeit, das Taschengeld in den Winterferien aufzubessern. Wird dir belohnt – Pah! Nicht in diesem Leben!

Straße um Straße unberührter Schnee.

Die letzte Siedlungsstraße vor dem Feld bot sich ihm als dämmrige Höhle an. Die hohen Fichten der angrenzenden alten Gärten schirmten das Licht der wenigen Straßenlaternen ab. Er ließ die Laternen hinter sich, wie auch die geteerte Straße. Die Dellen und Aufwürfe des Schotterweges unter dem Schnee konnte man deutlich spüren. Die Häuser hier duckten sich unter den Schatten der alten Bäume. Sogar hier blinkten die Weihnachtssterne und Lichterbögen in den Fenstern. Lukas blieb vor einem Haus stehen. Bis auf dieses hier, dachte er. Dieses Haus trug keine Lichterkette. Nicht einmal eine Kerze im Fenster. Nichts kündete davon, dass vorgestern der erste Advent war.

Hildegard

Ich mag dieses Leuchtezeugs nicht«, sagte eine Stimme. Lukas zuckte zusammen.

»Keine Angst, nur eine alte Frau.« Hinter einem Zaun, dort wo ein Weg zum Haus von der Pforte aus hinführte, stand sie. Schwach konnte Lukas sie im zitternden Licht der entfernten Laterne sehen.

»G… Guten Abend!«

Die Frau riss ein Streichholz an. »Na, auch schönen guten Abend.«

Lukas hatte von ›der Verrückten‹ gehört, eine Frau in einer modrigen Hütte. War die nicht längst tot? Lukas zuckte mit den Schultern. Wen interessiert’s?

Sie entzündete mit dem Streichholz eine Petroleumlampe und kam näher.

»Ich bin Hildegard.«

Dann tippte sie mit den Fingern an den Zaun, der Lukas bis zur Hüfte ging.

»Der ist nur zur Zierde, damit alle wissen, wo der eine Garten aufhört und der andere beginnt.« Das Licht der Lampe erhellte ein Gesicht, das nicht so alt war, wie es der Rest der Frau vorgab.

»Ich, ich war nur so unterwegs. Musste was denken.«

»So so«, sagte Hildegard, »Was denken. Hmm! Guter Abend dafür. Es schneit, es wird zeitig dunkel und es ist nichts los auf den Straßen.« Sie hob die Lampe.

»Und was denkt so ein junger Mann in der Dunkelheit?«

Lukas schwieg. Nicht alles in ihm und an ihm vermochte auf diese Frage eine überzeugende Antwort zu geben. Und bevor er Ähs, und Hmms hervorbrachte, sagte er lieber nichts.

»Meinst du, das Nachdenken geht auch im Haus bei Tee oder was so jemand wie du trinkt, wenn es kalt ist? Mir jedenfalls ist es hier zu dunkel und zu eisig. Ich habe nichts gegen Gesellschaft und wenn sie noch dazu nicht plappert, ist sie doppelt willkommen.«

Sie drehte sich um und schlurfte zum Haus. Als sie die Tür öffnete, floss das Licht heraus in die Winternacht wie eine Verheißung von Wärme, sorgenfreier Leichtigkeit und leckeren Keksen.

Wie bei Hänsel und Gretel, dachte Lukas. Er glaubte, den gelben Schein direkt an seinem Körper zu spüren. Ein angenehmes Gefühl. Ohne Lüge. Ohne Gefahr. Ohne Hexe.

Als Hildegard im Haus verschwand, schloss sich die Tür und verengte den Lichtstrahl mehr und mehr. Und in dem Maß, wie die Tür zuklappte, kroch die Kälte der Straße heran.

Lukas bewegte sich. Er ging am Zaun entlang zur Gartentür und eilte dem Licht hinterher, bevor es die Tür unwiederbringlich einschloss. Er kniff die Augenbrauen zusammen und hinter der Stirn entstand ein ganzer Wall von Fragen.

Lukas schüttelte den Kopf. Wie verrückt konnte sie schon sein? Im Moment hatte er nichts davon bemerkt. Das plötzliche Versprechen freundlicher Geborgenheit überlagerte alle Zweifel.

»Ähm, kann ich auch Kakao bekommen?«, rief er.

Von außen erschien das Haus eher wie eine Hütte. Es versteckte sich im Schatten zweier Fichten, die es um mehrere Etagen überragten.

Doch jetzt? Lukas setzte die Mütze ab und betrat den Flur.

Er rieb sich den Nacken.

Irgendwie größer hier drin. Seltsam. Wohl doch keine Hütte.

Geradeaus und zu beiden Seiten gingen Türen zu weiteren Zimmern ab. Mächtige Deckenbalken verliefen längs zur hinteren Wand. An ihnen befestigt schwebte in der Mitte ein schwarzer, eiserner Leuchter mit alten Glühbirnen, die ein dämmriges Licht erzeugten. Grobe Schränke und Stühle standen an den Wänden, und Bilder zeigten Berge und Schluchten und Wälder. Auf allen Bildern war Winter. Eines der Bilder war seltsam. Es ließ den Betrachter durch eine Lücke zwischen zwei Felswänden auf eine weite neblige Schlucht blicken. In deren Mitte hing ein Seil. Und es schien ihm, als bewege sich das Seil im Nebel. Die Schlucht teilte die Ruine einer Burg oder Festung. Als hätte ein Riese mit einer Axt mitten in die Festung eine riesige Kerbe geschlagen, zu breit, um darüber zu springen und ohne Chance, von einer auf die andere Seite zu gelangen. Nur das seltsame Seil hing in der Mitte.

Wo das wohl ist? Sieht echt mystisch aus.

»Leg deine Jacke auf einen der Stühle und geh schon mal in das Wohnzimmer dort hinten!« Lukas löste sich von dem Bild.

Stehst hier blöd rum und glotzt. Mann, reiß dich bloß zusammen!

Er zog die Jacke aus und schaute auf seine Stiefel. Die hinterließen im Flur nasse, dreckige Flecken. Er stellte sie neben die Eingangstür, strich sich über die kreuz und quer liegenden Haare und betrat das Wohnzimmer.

Früher, er war 5 oder 6 Jahre alt, hatte er einen Plattenspieler mit Schallplatten von Märchen und Sagen, Abenteuern und Kindergeschichten. Er hörte sie wieder und wieder. Da wurde er zu einem Piraten und er kämpfte an der Seite von Rittern. Oder er half den Elfen bei der Suche nach ihrer Königin und lauschte dem Gesang der Sirenen. Und einige der Märchen wurden von einer alten Frau vorgelesen. Auf der Hülle war sie abgebildet. Sie saß in ihrem Schaukelstuhl, hatte eine karierte Decke um die Beine und vor ihr knisterte im Kamin ein Feuer aus Birkenscheiten. Es waren bestimmt Birkenscheite, immer waren es Birkenscheite. Warum eigentlich?

Das hier musste ihr Zimmer gewesen sein. Alles war da, das Kaminfeuer, der Schaukelstuhl, eine ganze Welt aus karierten Decken und Deckchen. Wand- und Stehlampen mit gelblichen Schirmen versuchten, den Raum zu erhellen und eine einzelne dicke rote Kerze auf einem hölzernen Fuß, schmückte die Mitte eines runden Tisches. Vitrinen und Regale reihten sich die Wände entlang. Sie quollen über mit Allerlei aus Glas. Sonderbare Fläschchen verschiedener Größe, dicke, trübwandige und klare, waren darunter.

Sah aus wie in einem Chemielabor, dachte Lukas. Oder wie bei einer Kräuterfrau, oder … Den Gedanken verscheuchte er, die ganze Situation war schon eigenartig genug. Lukas umkreiste den Tisch, und sein Blick suchte vergeblich die Weihnachtsdekoration, die grünen Girlanden mit Figuren, Lichterketten und Schnitzereien. Einzig die Kerze auf dem Tisch zeugte vom Advent. Es roch nach dem Feuer im Kamin, frisch gebackenen Plätzchen und Kakao.

Er zwängte sich hinter den Tisch auf das Sofa, das ihn tief einsinken ließ. Die bestickten Kissen rechts und links purzelten auf ihn. Schnell versuchte er, sie wieder auf ihre Plätze zu schichten.

Die alte Frau kam herein. Sie trug ein wollenes Kleid mit Blütenmustern und hatte ihre Haare hochgesteckt. Sie sah deutlich jünger aus als noch vor wenigen Minuten am Zaun. Die Hände weniger runzlig und eindeutig ohne dunkle Flecken. Lukas fragte sich, ob es das Licht sei, das sie mal alt und mal jünger aussehen ließ. Komische Sache.

Sie stellte den Kakao und Kekse auf den Tisch und deckte vor sich ihr Teegedeck ein.

»Ach, das Sofa verschlingt dich ja fast. Es scheint, die Kissen sind die einzigen Besucher, die dieses Möbelstück noch aushält. Ist dir warm genug?«

Er nickte heftig. »Ja, ja – wunderbar und äh…, das Sofa ist auch schön bequem.«

Sie lachte. »Wie höflich von dir!«.

Er pustete in den heißen Kakao, und sie schenkte sich Tee in eine flache Tasse ein, nahm aus einer Schale mit einem seltsamen Löffel Sahne und ließ diese in den Tee gleiten. »Wie heißt du eigentlich? Oder muss ich Sie sagen?«

Er winkte ab.

»Du ist okay. Ich bin Lukas.«

Hildegard nickte. Sie rührte in ihrer Tasse.

»Eine längere Wanderschaft in den Winterabend hinein?«

Er zuckte mit den Schultern und schüttelte den Kopf, »Hmm, eigentlich nicht.«

Sie nahm ihre Teetasse und setzte sich in den Schaukelstuhl.

»Du musstest wohl mal raus?«

Lukas legte den Kopf zur Seite und nickte leicht. Sein Gesicht blieb ausdruckslos. Zum Glück hatte er die Tasse vor der Nase. Dahinter ließ es sich gut verstecken. Er musterte Hildegard. Sie lächelte fortwährend und Lachfalten umgaben ihre Augenwinkel. Lukas korrigierte sich gedanklich in ›Lachfältchen‹, denn er wusste von Großvater, wie Falten aussehen konnten. Das hier waren die kleinen Geschwister jener Furchen, die der Großvater immer seine Schluchten nannte. Erst als er tot im Sarg lag und alle möglichen Leute, die Lukas nie zuvor gesehen hatte, plötzlich wie von einem alten Freund sprachen, da waren die Falten weg. Da wurde ihm klar, dass es keine Besuche mehr bei Opa gab. Und er weinte, das letzte Mal – bis heute.

Hildegard klapperte mit ihrem Löffel in der Tasse und schlürfte dann genüsslich den dampfenden Tee. Pfefferminze. Schlürfen. Er grinste in seinen Pott. Hätte er sich zu Hause nicht erlauben können. Sein Kopf glühte. Der Kakao und das Feuer im Kamin taten ihr Bestes, für Hitze zu sorgen. Der Geruch des brennenden Holzes, gemischt mit dem der Getränke, sorgte für Vertrautheit und schuf das Gefühl eines idealen Abends. Von dort breitete es sich wie ein warmer Hauch in der Brust und den Bauch aus, wo es wohlig kitzelte. Sitzenbleiben fühlte sich richtig an. Unangenehmes blieb ausgesperrt. Nicht an zu Hause und den Bettdeich denken. Nur sitzen.

Der Kakao vertrieb das Grübeln. Der Pott leerte sich schneller als er wollte, und er überlegte, ob er nach mehr fragen durfte.

»Willst du noch etwas Kakao?«

Wow, das klappt ja.

»Ähm, na ja. Also wenn sie nicht so viel Arbeit …«

»Papperlapapp! Gib mir die Tasse und überleg dir, während ich in der Küche bin, warum du am Abend vor dem einzigen unbeleuchteten Haus der Stadt stehst und vor dich hinstarrst.« Sie schnappte seinen Kakaopott und wandte sich zur Tür. Ihr Kleid raschelte.

»Du musst nicht die Wahrheit sagen, aber mitunter hilft es.«

Ja, was sollte er sagen? Was war denn die Wahrheit? Ging er besser gleich? Aufstehen, Jacke und Mütze greifen ab in die Stiefel und weg? Klar! Er konnte Danke rufen und das war es dann. Was würde sie denken?

Er kämpfte sich aus dem Sofa. In diesem Moment trippelte Hildegard herein, strahlte ihn an und rief: »Was für ein höflicher junger Mann. Du erhebst dich, wenn eine Dame den Raum betritt.« Ihr Lachen zauberte eine Freundlichkeit in den Raum, dass Lukas hilflos lächelte und sich auf das Sofa plumpsen ließ. Sofort kippten die Kissen wieder zu ihm. Hildegard lachte lauthals. »Ach je, so einen netten Abend hatte ich lange nicht. Weißt du?«

Wieder die Stille mit Schlürfen von Tee und Kakao.

»Der Arzt war bei uns«, sagte Lukas unvermittelt. »Er war bei meiner Mutter.«

»So so«, sagte Hildegard.

»Er erzählte mir viel über Tapferkeit und dass man leider nicht immer so helfen kann, wie man möchte. Meine Mutter, na ja – sie hustet viel. Sie kann schon seit zwei Wochen nicht mehr aufstehen.«

Die Augen füllten sich mit Tränen. Mist. Das Bild von Hildegard verwackelte und waberte und Schlieren hingen vor seinen Augen. Er wischte mit dem Ärmel über sein Gesicht.

»Zum Schluss sagte der Doktor nichts mehr, er ging einfach.« Lukas seufzte.

»Das klingt nicht gut«, murmelte sie. »Hmm, na ja!«

Lukas saß da. Wenn er hier sitzen bliebe, in der weichen Wärme des Sofas, in diesem Zimmer und bei der freundlichen alten Dame, dann konnte er das angenehm Wohlige ausdehnen. Und das Schlechte draußen lassen.

Er kramte nach einem Taschentuch und dabei purzelten die Kissen wieder übereinander und drohten, herunter zu fallen.

»Und – was willst du dagegen tun?«, fragte Hildegard. Er schneuzte sich und hatte noch das Taschentuch vor der Nase. »Waf meimem sie damib?«, schniefte er.

»Du willst doch, dass deine Mutter wieder gesund wird, oder?« Er nickte, zog dabei die Augenbrauen zusammen.

»Ja, na klar! Aber sie haben doch gehört, der Arzt weiß keinen Rat mehr! Und die im Krankenhaus in der Stadt meinten, wir sollten so lange zusammen sein, wie es eben noch geht. Klingt nach Abschied nehmen und …«

Er sprach es nicht aus, dachte es nur. Häufig in letzter Zeit. Das Wort lähmte ihn. Tod! Es ließ ihn fahle Gedanken denken, ohne Farbe, ohne Freude, ohne Zukunft. Nichts, gar nichts konnte er tun. Auf das Ende warten. Das war’s.

Hildegard rieb sich ihr Kinn mit Daumen und Zeigefinger.

»Hmm. Ja, ja – ich verstehe, mein Junge. Und dein Vater? Was tut er?«

Lukas verdrehte die Augen und blies die Backen auf.

»Der hat sich verpisst, schon von Jahren.«

Er schaute erschrocken zu Hildegard. »’Tschuldigung, wollte sagen …«

»Ist schon in Ordnung. Alles gut«, winkte sie ab. »Manchmal braucht es das Drastische. Hilft uns hier drin.« Sie klopfte sich mit der flachen Hand auf die Brust.

»Nur Oma ist noch da«, murmelte Lukas.

Sie spitzte ihren Mund und machte Geräusche wie der Takt einer Melodie.

»Nun, ja …«, seufzte sie, »… da kann man am Leben verzweifeln. Aber sei’s drum, Lukas. Wie stehst du zu – sagen wir, ungewöhnlichen Methoden, deiner Mutter zu helfen?«

Er zog die Brauen zusammen. »Ungewöhnliche Methoden? Was meinen Sie damit?«

Hildegard wiegte den Kopf, als wäge sie Chancen ab.

»Im Grunde nichts mit Krankenhaus und Ärzten und Maschinen und so …« Sie hob die Hand, als er zu einer weiteren Frage ansetzte.

»Erst antworten! Würdest du alles ausprobieren mit dem Ziel, deine Mutter wird vollkommen gesund? Und ihr könntet Weihnachten feiern …«, sie wedelte mit der Hand, »… wie ihr halt immer so gefeiert habt. Ja oder Nein?«

Lukas richtete sich auf und saß aufrecht wie eine Puppe auf dem Sofa, das ihn erneut von beiden Seiten mit den Kissen belästigte.

Er sah den Braten vor sich und wie Mutter treppauf, treppab sang und die Deko verteilte.

Was sollten die Fragen von Hildegard. Ohne Arzt, ohne Krankenhaus? Krebs komplett heilen? Niemand konnte das. Andererseits …?

»Würde schon was riskieren. Ich meine – ja, natürlich!«

»Natürlich was?«, hakte Hildegard nach.

Die letzten Monate und besonders die letzten Wochen waren ein Albtraum an schlechten Nachrichten. Soll es doch mal die alte Frau versuchen.

»Natürlich würde ich alles tun, was ich kann, um ihr zu helfen. Will, dass es aufhört und wieder so ist, wie früher. Wissen sie?«

Sie nickte langsam. »Ja, sicher – wie früher. Auch ein Grund«, sagte sie mehr zu sich als zu Lukas.

»Welchen Tag haben wir morgen?«, fragte sie.

Verwirrt zwinkerte Lukas. »Mittwoch?«, sagte er langsam. Sie schüttelte den Kopf. »Ach je, schlecht …«, sagte sie, »… es wird eng, könnte aber gehen. Hmm?«

Wieder entstand dieser Denkerkussmund. »Morgen sind es noch genau drei Wochen bis zur längsten Nacht des Jahres«, murmelte sie.

Sollte das ihm gelten oder sprach sie zu ihrer Teetasse? Und war das jetzt vorbei, mit dem ›Mutter retten neuer Versuch?‹

»Wintersonnenwende weißt du?«, sagte sie und lächelte sanft.

Er nickte. Ihm war nicht klar, warum das eine Rolle spielte. Morgen ist der 30. November. Und? Er sollte gehen. Was sollte diese Fragerei?

»Du könntest es schaffen.«

Sie fixierte ihn.

Er rutschte in der Sofakuhle hin und her. Das Zimmer verlor seine Wärme.

»Ich könnte was schaffen?«, fragte er. Weg, los komm!

»Deine Mutter retten!«

Raus, bloß raus hier! Was wollte die von ihm? Wäre er doch draußen geblieben.

»Unsere Vorfahren nutzten diese Tage, um alle Arbeiten zu beenden und sich auf die dunklen Tage des Winters vorzubereiten. Glaubt man den Überlieferungen, sind Magie und Zauberei besonders stark in den nächsten Wochen.«

Ach du heilige Sch… – Magie!

Lukas sprang auf. »Ähm, ja, vielen Dank für … alles. Aber ich muss los.«

Hildegard schaute ihn belustigt an. Diesmal sogar ohne Fältchen in den Augenwinkeln. Sie drehte sich zu ihrem Sessel und ordnete die Decke. Er trat an ihr vorbei in den Flur. Sein Herz klopfte. Er fühlte einen Kloß unterhalb des Kinns.

Magie! Was für’n Stuss! Die ist ja voll irre. Also doch verrückt. Oder Hexe? Noch verrückter.

Lukas griff nach seinen Stiefeln. Sie stellten sich widerspenstig an und verweigerten den Füßen ein schnelles Hineinschlüpfen. Hildegard blieb im Wohnzimmer.

»Dir gefällt doch das Winterbild, oder?«, rief sie.

Hä? Lukas stockte kurz und kniff erneut die Augen zusammen. Er drehte den Kopf zur hinteren Wand des Flurs und sah auf das Bild. Gänsehaut kroch wie eine streifende Kälte seine rechte Seite herauf, lief über den Rücken zum Nacken und ließ die Kopfhaut kribbeln.

Das Winterbild zeigte eine Lichtung in einem tiefverschneiten Wald. Im Vordergrund lagen schneebedeckte alte Baumstämme übereinander und im Hintergrund konnte man den bleichen Winterhimmel durch hohe Tannen hindurch sehen. So hatte Lukas das Bild in Erinnerung. Doch der Himmel war schwarz. Es sah aus, als beschiene der ausladende eiserne Leuchter im Flur die Lichtung. Und deutlich sah er Schneeflocken in dem Bild, weiße bauschige Flecken. Sie fielen lautlos zu Boden. Er konnte sie fallen sehen, als schaue er durch ein Fenster nach draußen. Aber da war kein Fenster, kein Draußen. Da durfte nur ein Bild an einer Wand sein. Ein Windstoß fegte in die Flocken hinein und einige von ihnen wehte es in den Flur, wo sie auf dem Weg zum Boden tauten und wässrige Punkte hinterließen.

Lukas schrie auf, zuckte zusammen, drehte sich heftig, zerrte an den Stiefeln und fiel rücklings auf den alten abgetragenen Teppich. Sein Blick huschte zu dem Bild mit der Schlucht. Es zeigte eine Nacht mit einem Mond hinter zerfetzten Wolken und das Seil, wie es, silbrig beschienen, ein wenig schwang, als trüge es ein riesiges Gewicht. Hildegard stand plötzlich vor ihm, streckte ihm die Hand entgegen und warf den Kopf ein Stück weit zurück. ›Na los, steh auf!‹, sagte die Geste.

Er hob den Arm und kräftiger, als er es der alten Dame zutraute, zog sie ihn auf die Füße.

»Du kannst sofort gehen. Zu Hause findest du nichts weiter als das, was du zurückgelassen hast. Allerdings bist du bei deiner Mutter, zugegeben.«

Sie hob die Schultern.

»Ihr habt euch und wartet gemeinsam auf … na, du weißt schon. Oder …«, sie breitete ihre Arme aus, als lade sie ihn ein, sich das anzusehen, was sie zu zeigen hatte, »… du bleibst und hörst dir meinen Vorschlag an.« Sie verzog das Gesicht wie sein Großvater früher, wenn es Kniffliges zu bauen oder zu reparieren gab. Wie das neue Fahrrad damals, nachdem Lukas es bei den Nachbarn nebenan sauber im Zaun versenkt hatte.

»Es kann gefährlich werden und abenteuerlich. Du wirst dich auf ungewöhnliche Dinge einlassen müssen. Seltsame neue Freunde wirst du kennen lernen, von denen du vielleicht später niemandem etwas sagen darfst. Aber dir wird die Chance gegeben, deine Mutter zu retten.« Sie beugte sich nah zu ihm. »Glaubst du eigentlich an den Weihnachtsmann?« Sie starrte ihn an. Direkt in die Augen. Sie meinte es ernst, das konnte Lukas sehen. Er schüttelte den Kopf.

»Solltest du aber!«, sagte sie.

»D… das Bild, bewegte …«, stammelte Lukas.

»Ja, das ist Teil meiner Idee.«

»Und der, der Raum hier ist größer als …«

Sie nickte langsam.

»Magie?«, fragte Lukas.

»Magie«, antwortete Hildegard und ein Mundwinkel zog sich empor zu einem einseitigen Schmunzeln. Es sah wissend und spöttisch aus, als mache sich Hildegard über ihn lustig. Und er schaute in ein Gesicht, das nicht älter als das seiner Mutter war.

Lukas hatte einen Stiefel halb an, und ein Jackenärmel war ohne Arm.

»Du siehst ganz schön zerzaust aus.«

Er sah an sich herunter und grinste verlegen.

Sie winkte ihm, ihr wieder in das Wohnzimmer zu folgen. »Ich erzähle dir mal von meinem Vorschlag. Und dann kannst du gehen oder bleiben. Was sagst du?«

»Hört sich okay an.«

»Gut, also dann setz dich wieder und hör zu!«

Lukas gehorchte, griff sich die Tasse mit dem Rest Kakao und blickte auf Hildegard.

»Wir leben in einer Gegend, die voll ist von alten Sagen und Märchen. Einige von ihnen verweisen auf Menschen, die hier einst gelebt haben, oder spielen an Orten, die es tatsächlich gibt oder vielmehr gab. So ist es auch mit dem Hexenkreis im Hochwald. Du kennst ihn sicherlich, oder?«

Lukas bejahte.

»Inmitten des Steinkreises steht eine alte Ulme …«, fuhr sie fort, »… sie ist viele Hundert Jahre alt, älter als alle anderen Ulmen. Das hat einen Grund. Als unsere Vorfahren hier siedelten und die Ulme einst pflanzten, war der Steinkreis schon da. Die Sage geht, dass zu bestimmten Nächten ein Tor offen steht zu einer Welt, in der es all jene Fabelwesen gibt, die für uns nur die Märchen bevölkern. Und just diese Ulme befindet sich an der Stelle, wo sich das Tor öffnet. Wenn ein Mensch sich zu St. Andrä in die hohle Ulme setzt, dann geht er hinüber in die Welt des Winters. Dort herrscht das Schicksal mit einem Fluch und einen Mann hält es verbannt hinter den Gestaden der Zeit. Er ist ein Heiler und ein großer Krieger. Und einmal im Jahr kann er dem Tod ein Leben abtrotzen. Er straft und tut Gutes und damit …«, Hildegard hob die Augenbrauen, »… ist er das Gegenstück zu diesem rotgewandeten Fettwanst mit dem weißen Bart.«

»Der Weihnachtsmann?«, fragte Lukas.

Hildegard nickte.

»Echt jetzt?«

Hildegard setzte ihre Tasse ab. »Er ist eher wie ein Ritter oder ein Abenteurer. Aber erfüllt die Rolle von dem Dicken im roten Mantel, nur echter und vollständiger.«

»Also, hören Sie, Hildegard. Das ist wirklich abgefahren aber für mich zu viel Kindergarten. Ich möchte jetzt gehen.« Er sah abwechselnd zu ihr und auf seine Füße. Das war unhöflich, dachte er. Aber beim Weihnachtsmann sollte man Schluss machen. Er fluchte in Gedanken, dass er die Stiefel wieder ausgezogen hatte. Zu seiner Überraschung seufzte sie, winkte ihn heran und räumte die Tassen vom Tisch. Keine weitere Überredung oder Beweise ihrer Idee. Lukas ging in den Flur, ignorierte die Bilder und mühte sich in die Stiefel. Hildegard klapperte in der Küche mit Geschirr. Er wartete, räusperte sich geräuschvoller als notwendig und zuckte dann die Schultern.

Los, verschwinde jetzt!

Er hatte die Klinke in der Hand, als die alte Frau aus der Küche kam und ihn verabschiedete. »Komm gut nach Hause, Lukas, und denk daran: wenn du es versuchen willst, dann morgen um Mitternacht. Setz dich in die Ulme und warte! Ach ja, und du solltest dir darüber klar werden, was wahrhaftig dein sehnlichster Wunsch ist! Soll deine Mutter gesund werden oder soll es für dich wieder so werden wie es war? Ist so eine Sache mit der innerlichen Reinheit. Wie Märchen halt so sind, weißt du?«

Er nickte und wollte gehen.

»Warum erzählen sie ausgerechnet MIR das alles?«

Sie löste den Knoten im Haar, worauf eine dunkelblonde Mähne mit grauen Strähnchen auf ihre Schultern fiel. Anstelle der alten Dame stand jetzt eine junge Frau vor ihm.

»Kurz bevor du kamst, begannen sich die Bilder zu bewegen. Das erste Mal seit 60 Jahren.«

Sie nickte ihm zu und ging in die Küche.

»Zieh die Tür ins Schloss, wenn du gehst!«

Und wie um ihm zu zeigen, dass dies alles an Abschied war, fiel die Küchentür ins Schloss.

Abend

Draußen schneite es wieder. Er setzte die Mütze auf und streifte die Handschuhe über. Als er den Lichtkreis der ersten Straßenlampe durchquerte, fiel die bange Nervosität ab, die wie ein kribbelnder Belag auf seinem Rücken lag. Fast als spüre er den Blick von Hildegard, wie sie auf der Straße stand und ihm nachsah. Doch da war nichts. Noch ein paar Meter zur Beruhigung, dann blickte er hinter sich. Alles leer. Er trottete die Siedlung entlang. Bog wieder rechts und links in Straßen, folgte dem Klang der Glocken zum Markt und mied es, die geschmückten Häuser anzusehen. Lukas verfolgte, wie sich Schneehaufen auf den Stiefelspitzen bildeten und abfielen. Dann stand er vor seinem Haus. Er wollte noch nicht hineingehen, nahm den Besen, der neben der Tür stand, und fegte den Weg vom Haus bis zum Gartentor frei.

Er schwitzte und die Mütze begann zu krabbeln.

Du kannst das nicht echt glauben! Vergiss es! Weihnachtsmann? Weihnachtsmann! Oh Gott, hör auf! Die Alte war doch komplett meschugge. Und diese Gläser mit buntem Zeugs drin. Ja gut, zum Schluss war sie jung.

Lukas blickte auf. Hätte nur noch die Katze auf der Schulter gefehlt, überlegte er. Er sah zum Schlafzimmerfenster. Kein Weihnachten dieses Jahr mit ihr, murmelte eine Stimme im Innern, die wie seine klang. Lukas schüttelte den Kopf und schaute auf den Besen. Er stellte ihn ab. Nichts mehr zu tun. Nur hinein gehen. Als er überlegte, noch eine Runde zu laufen, wurde die Tür aufgestoßen und seine Großmutter schüttelte den Läufer vom Flur aus.

»Ach herrje, mein Guter. Da bist du ja. Warst wohl mal ums Haus?« Sie blickte an ihm vorbei auf den Garten. »Und den Weg hast du frei geräumt, schön mein Junge, schön, schön.« Unter kurzem Stöhnen legte sie den Läufer wieder an seinen Platz und orderte Lukas herein. »Stell die Stiefel gleich wieder auf den ollen Läufer, die sollen dort gleich abtauen!«

In der Küche roch es nach Hefeklößen. Dazu brutzelte in einer Pfanne zerlassene Butter. »Setz dich mein Junge, setz dich! Riechst es bestimmt schon«, lachte sie, »… so, wie du sie magst, mit Zimt und Zucker.«

Er aß mit großem Appetit und vergaß für Minuten all die Tränen und traurigen Gesichter. Großmutter nahm das Geschirr und die Töpfe, wusch es ab und trocknete sich die Hände an ihrer Schürze.

Ihre Augen waren rot umrandet, wie meistens in letzter Zeit.

»Keine schöne Zeit, mein Junge.« Er nickte.

»Kann Mama wieder gesund werden?«, flüsterte er. Oma seufzte ihr Seufzen, das ihr einige Momente schenkte, die Worte zu ordnen. Doch es war kein Platz mehr für Trost.

»Nur noch ein Wunder kann ihr helfen, Lukas, ein leibhaftiges Wunder.« Sie schüttelte den Kopf.

Er dachte an die Begegnung mit Hildegard und ihr Gerede über Magie.

»Aber es ist Weihnachtszeit! Wunder passieren. Und wenn nicht jetzt, wann dann?«

Er hörte sich das sagen und glaubte kaum, welchen Kitsch er von sich gab.

Seine Großmutter stützte sich mit einer Hand auf den Tisch und zupfte mit der anderen am Träger der Schürze. Sie lächelte ihn an. »Ja, das kann schon sein. Aber Wunder passieren nicht im Vorbeigehen. Du musst meistens etwas dafür tun!«, erklärte sie. »Dann – vielleicht.«

Sie erhob sich. »Deine Haare liegen kreuz und quer.« Sie strich über seinen Kopf und versuchte, ihm eine Frisur zu richten. Sie seufzte. »Ja ja, mein Junge, ein Wunder. Ich bete jeden Abend dafür. Hört wohl gerade keiner zu.«

Sie atmete hörbar, fuhr ein letztes Mal durch seine Haare und ging zum Herd. »Und für dich bete ich natürlich auch.«

Lukas verließ die Küche. Ein Wunder war gefragt.

Ein ganz normaler Tag

Der nächste Tag begann wie die Tage zuvor. Lukas stand auf, ging ins Bad, Küche, Frühstück und raus, den Schnee vom Weg zum Gartentor räumen. Dann holte er die Zeitung aus dem Kasten und stapfte zurück ins Haus.

Und doch, dieser Tag war besonders. Lukas folgte den Schritten und Handlungen wie an vielen Tagen, aber in seinem Kopf kreiselte es, dass er sich vorsehen musste, nicht das Alltägliche zu vergessen.

Er erwischte sich, wie er den Löffel Cornflakes reglos vor sein Gesicht und ihn anstarrte. Doch er sah ihn nicht. Sah durch ihn hindurch, stand wieder in Hildegards Flur und blickte auf die Bilder. Wehende Flocken und sich bewegende Seile. Das Klappern des Geschirrs, als Großmutter es wegräumte, brachte ihn zurück an den Küchentisch und ließ ihn den Löffel mit den Cornflakes essen.

Schule war Schule. Viele Mitschüler machten einen Bogen um ihn, da er zunehmend einen Bogen um sie machte. Was sollte er ständig erzählen, wie es ihm ging und seiner Mutter? Anfänglich berichtete er jedem, der es wissen wollte, welche Therapie an der Reihe war, wie er dabei half und sie nichts ausrichteten. Schließlich wiegelte er ab, hatte keine Lust mehr auf das Mitleid. Und Freunde vermieden erst die Fragen und dann den Kontakt. Sie denken alle nur das Eine, dachte er. Sie fragten ihn wegen Fußball und sagten doch: Red bloß nicht von dem Krebs! Sie gingen ins Kino und luden ihn ein und meinten: Endlich mal zwei Stunden Ruhe! Dann fragten sie ihn nicht mehr. Und Lukas hatte viele Momente, in denen er sich gern mit jemandem unterhalten hätte. Doch er ging dazu über, mit sich zu sprechen. Besser war es nicht, aber er hatte keine Kraft mehr, dies mit der Welt zu verhandeln. Besser war es nicht, aber einfacher.

Was soll’s? Wen interessiert’s, was sie denken?

Heute war es perfekt. Sollten ihn nur in Ruhe lassen. Es gab eine Frage, über die er nachzudenken hatte. Wenn er es sich recht besah, eine lächerliche Frage: Glaubte er an Wunder? Und Magie? Es ging nicht um Kartentricks wie auf dem Rummel. Oder zersägte Frauen auf der Bühne. Hier war eine andere Art Magie gemeint. Hexen, Elfen, Zauberer – sich bewegende Bilder und Häuser, die von außen fast zerfallen und innen riesig sind! Frauen, die bei der Begrüßung älter als Oma wirkten und beim Abschied jünger als seine Mutter. Und der Weihnachtsmann!

Er musste sichergehen!

Kaum, dass die Schule endete, stürmte Lukas nach Hause. Er warf den Ranzen in die Ecke und eilte in die Stadt. Am Marktplatz vorbei, zum Park, dahinter weiter die alten Straßen und die Siedlung hinauf. Es wirkte lebendiger am Tage, im Sonnenlicht des Nachmittags und mit Autos und Menschen. Die wievielte Abzweigung musste er nehmen? Er erkannte ein Eckgrundstück wieder. Hier hinauf! Dort hinten irgendwo das letzte Haus. Er ließ Grundstück um Grundstück hinter sich und überlegte, was er fragen wollte. Sie musste ihn überzeugen! Sie würde schon wissen, wie. Wenn Hildegard seine Zweifel fortfegen konnte mit einem echten Beweis. Dann, ja was? Na ja, dann würde er es sich ernsthaft überlegen. Es war kein Ultimatum, kein Zwang. Er konnte es entscheiden. Wie und wann er wollte.

Lukas kam ans Ende der Straße, da waren ein freies Grundstück und der nahe Wald und davor hier rechts – nichts! Fast nichts. Er stand vor einer überwucherten Fläche mit kaputtem Zaun und einem verfallenen Haus, eher eine Ruine, zusammengesackt und mit schräg in den Himmel starrenden Balken. Der unberührte Schnee sagte: Hier ist niemand gelaufen. Hitze stieg in sein Gesicht. Er trat einen Schritt zurück und stieß mit einem Mann zusammen, der für das Grundstück schräg gegenüber den Schnee räumte.

»Vorsicht, junger Mann! Nach hinten schauen!« Er lachte. Lukas entschuldigte sich und zeigte mit dem Finger auf die Hütte.

»Dachte da war mal ein Haus«, sagte er und räusperte sich. »Hatte ich irgendwie so als Bild im Kopf.«

Der alte Mann nickte. »Ja, ja – passiert mir auch oft. Bis ich dann merke, es war ganz woanders. Letztes Jahr ist mir das sogar mit einer anderen Stadt passiert. Ja, ja«, murmelte er.

»Und hier?«

Der Mann stützte sein Kinn auf den Schaufelstiel. »Hat mal eine Dame drin gewohnt bis in die 60er rein. Nett, wirklich!«

Er nahm die Schaufel wieder in beide Hände. »Ist über 20 Jahre her. Aber dann ist sie plemmplemm geworden.« Sein Finger kreiselte an der Schläfe. »Die Leute sagen, sie hätte was von Hexen erzählt und Zauberei.«

Er lachte auf.

»So was passiert, wenn man lange allein ist. Leider, leider.«

Lukas dankte ihm und drehte sich im Kreis. Das war die richtige Straße und auch das richtige Grundstück. Aber alles andere stimmte nicht. Er fand kein Wort dafür.

So was nenne ich einen Beweis! Also doch Magie? So, wie sie es gestern schon erklärte? Oder was? Der Weihnachtsmann?

Seine innere Stimme quäkte wie ein Kleinkind.

Das kannst du echt nicht bringen! Was willst du sagen, wenn dich einer sieht? Ich wollt’ mal nach dem Weihnachtsmann schauen? Dem kann ich nämlich einen Wunschzettel geben, er soll meine Mutter gesund machen?

Er drehte sich um und ging zurück. Die Straße entlang, die Siedlung hinunter, am Park vorbei und über den Markt.

Verrückt oder Magie?

Er war nicht verrückt!

Zu Hause angekommen, umarmte er Oma und wollte in sein Zimmer flüchten, als sie seine Hand nahm, und ihm bedeute sich zu setzen. Ihre Hände kneteten die Schürze und sie griff nach einem Taschentuch. Sie schaute mit einer Mischung von mitfühlendem Lächeln und Trauer, die wehtat. Als müsse sie für einen Welpen von gestern Abend entscheiden, ob er bleiben darf oder gehen muss. Sie schluckte heftig, griff erneut seine Hände und er spürte das Zittern der ihren.

»Vier Wochen, Lukas. Allerhöchstens acht…«

Kein Eventuell, kein Aufschub. Die Frist war gesetzt. Die einsetzende Panik wirbelte Bilder umher. Sie tauchten auf mit Freude im Gepäck und Angst, mit lautem Lachen und neuer Furcht. Und Wut. Wut auf das Schicksal, das ihnen gerade so richtig in den Hintern trat.

Er stieg die Treppe empor zum Schlafzimmer seiner Mutter. Der Raum roch nach abgestandener Luft und Medikamenten. Sie schlief. Wie meistens. Nicht weitergehen! Auf der Schwelle verharrte er minutenlang. Vier Wochen!

Also was, du Künstler? Ein Wunder? Ja genau! Ein Wunder muss her!

Die Ulme

Mitten in der Nacht. Er schlug die Augen auf. Es fiel ihm nicht schwer. War eher, als hätte er geschlafen und alles an und in ihm begrüßte einen neuen Tag. Er sah an die Decke. Dort schimmerte das Nachtlicht der Straßenlaternen. Stille. Kein Ächzen der Dielen und Wände, kein Knarren im Haus. Flocken segelten am Fenster vorbei und nur das Ticken der Uhr störte die Ruhe. Der neue Tag spielte keine Rolle, solange der alte nicht vergangen war. Und das war er nicht.

Und, traust du dich? Okay, einen Versuch ist es wert. Oder? Wenn nicht, liege ich halb eins wieder im Bett. Echt jetzt, in eine Ulme setzen? Und dann?

Er zog sich an, nahm einen Stift zur Hand und beschrieb ein kariertes Blatt. Er würde gehen und versuchen, eine Lösung zu finden für die Krankheit. Und er käme wieder, und bis dahin soll sich niemand Sorgen machen. Das Blatt legte er auf den Schreibtisch. Oma wird durchdrehen! Lukas las die Zeilen und beobachtete sich dabei. Er kam sich vor wie in einem Film. Ja, in Filmen oder Büchern treffen sie solche Entscheidungen, fuhren weg, flüchteten aus ihrem Leben oder wandten sich dem Abenteuer zu. Er blickte aus dem Fenster auf die Kleinstadtstille mitten in der Nacht. Die Uhr zeigte kurz nach 11. War er der Typ dafür? Auf und davon, wegen Worten einer verrückten Alten? Wen interessiert’s?

Er packte sich dick ein, nahm eine Decke mit und stopfte sie mit einer Taschenlampe, einem Taschenmesser und Wechselwäsche in seinen Rucksack. Dann schlich er die Treppe hinunter zum Flur. In der Küche füllte er eine Flasche mit Wasser und zwängte sie in eine der Außentaschen. Auf dem Weg zur Haustür erschrak er wegen einer vermeintlichen Bewegung. Doch es war nur sein Spiegelbild. Da stand er nun, bereit für eine Winterwanderung der besonderen Art. Kleine Aufkleber am Rahmen erzählten Jahr für Jahr von seinem Stolz, wenn er wieder gewachsen war. Nun brauchte es keinen Aufkleber mehr, er war kein Kind mehr.

›Wenn er so weiterwachse, könne er irgendwann die Gänse im Flug fangen‹, spöttelte Oma.

Lukas atmete tief durch, stieg in die Stiefel und trat hinaus in die Flockenstille.

Dort starrte er auf den mit Schnee bedeckten Weg. Lukas stand unter dem Vordach. Er konnte zurück. Jetzt sofort. In fünf Minuten läge er wieder unter der Bettdecke. In der Erinnerung schmeckte er noch den Kakao bei Hildegard und spürte die Kissen auf dem Sofa. Das war keine Einbildung!

»Nur ein Versuch«, flüsterte er in die Nacht. Die Stiefel hinterließen überall neue Spuren und manchmal überlegte er, sie zu verwischen. Aber dann sah er den dichten Schneefall und stapfte weiter. In einer Stunde gäbe es keine Spuren mehr. 23:22 Uhr. In einer überschaubaren Stadt war um diese Zeit nichts los. Keine erleuchteten Fenster, nur Straßenlaternen. Es war genug Zeit bis Mitternacht. Über den Markt, Apotheke, rechts in die Straße zur Siedlung hinaus, dann am Ende oberhalb der Kirche weiter Richtung Lechnerhaus.

Hinter dem Lechnerhaus endeten die geteerte Straße und die Lichter, und nur der Forstweg führte weiter. Lukas zerstörte die unberührte Schneefläche auf der Rehwiese oberhalb der Lechners mit kleinen Schächten aus Fußspuren und betrat den Wald. Zeit für die Taschenlampe. Sie riss blasse Flecken verwehten Schnees aus der Finsternis. Ein Wanderschild wies den Weg zum Steinkreis. Der Schnee verführte zu Abwegen und er musste halten und die Bäume nach den Wandersymbolen absuchen. 23:52 Uhr. Eine Tafel mit Erläuterungen sagte ihm, das Ziel war nah. Da war der Ring. Niedrige Findlinge im Kreis, dazu zwei Reihen von Steinen, die wegführten vom Kreis, einer nach Osten, einer nach Süden. Und mittendrin thronte die Ulme, verwachsen und knotig und mit einem Stamm, der fünf Kinder benötigte, um ihn zu umfassen. Seine Klasse hatte in der Grundschule einen Ausflug gemacht. Wie jede Klasse, jedes Jahr. Lukas leuchtete am Stamm entlang und in die hölzerne Höhle. Er kannte den Hohlraum im Baum. Es roch nach Moder und Staub, und hinterlassenes Papier raschelte. Kein Schnee, kein Laut – nur Stille. 23:55 Uhr. Und in 5 Minuten soll hier ein Wunder passieren? Er schüttelte den Kopf. Was für ’n Unsinn!

Was tat er hier? Wollte er jetzt wirklich in die Ulme kriechen? In den Moder und den Dreck?

Gebeugt, mit der Taschenlampe in der Hand, untersuchte er den Boden im Innern. Wenn schon, dann nicht auf Spinnen oder Würmer setzen. Er fuhr mit dem Fuß im losen Holzmüll, gemischt mit hereingewehten Blättern, umher und ließ sich mit dem Gesicht zur Öffnung nieder. Es wurde Mitternacht, der Zeiger tickte weiter.

10 Minuten, die kann ich warten. Mehr Zeit bekommt die Magie nicht!

Ruhe, Wärme unter der Decke. Schlaf troff aus der Nacht und hüllte ihn ein. Der Flockenvorhang erschien wie ein sich bewegender Dunst. Das gleichmäßige Fallen des Schnees förderte schläfrige Eintönigkeit.

Was für ein Blödsinn. Nichts passiert hier! War doch eh’ klar. Magie? Pah!

Lukas lehnte sich an die Stamminnenwand und versprach sich erneut, nur ein paar Augenblicke. Sekunden später schlief er.

Das Portal

Wir sind zu spät, wegen dir«, flüsterte Horb.

»Blödsinn, wir sind überhaupt nicht zu spät. Ist ’ne Stunde Zeit, und ich habe mir nur ein paar dicke Unterhosen angezogen. Das braucht nicht lange«, grummelte Bolgar.

»Pah, Unterhosen! Dass ich nich’ lache. Ein Bier hast du noch einmal wärmen lassen. Von wegen Unterhose.«

Die andere Stimme wollte Widerworte geben, als sie heftig in die Seite geknufft wurde. »Au!«

»Sieh mal, da – da is’ einer!«

Zwei bemützte Köpfe hoben eine Laterne in die Höhe und leuchteten in den Hohlraum der Ulme.

»Der is’ von drüben.«

»Klar, wo soll er denn sonst herkommen. Ist ein Großer, sieht man doch sofort«, erklärte Bolgar.

»Er hat aber keinen Bart. Also muss er ein Kind sein!«

Bolgar schwenkte die Laterne langsam über die kauernde Gestalt. »Ganz schön groß für ein Kind.«

Horb zuckte mit den Schultern. »Das sind komische Leute, die von drüben. Der alte Holtke hat vor Jahren ein Mädchen abgeholt, die ihn herumkommandierte als wäre seine selige Mutter wieder aus dem Grab aufgestiegen. Dabei war die Kleine nur so groß wie er.«

Bolgar nickte. »Aber er war schon damals ein zusammengekrümmtes dürres Männlein.«

Sie zogen einen Schlitten heran und breiteten die Felle aus. Im Nu hatten sie die Gestalt samt einer sackartigen Tasche auf den Schlitten gehievt, die Felle um ihn geschlagen und festgezurrt. Die Laterne hängten sie oben an die Spitze eines langen Stabes, der sich wie ein Baum im Wind bog. Bolgar und Horb stellten sich zu beiden Seiten an die hohen Schlittenhörner, und mit einem Ruck setzte sich der Schlitten in Bewegung.

Lukas dämmerte in eine Nacht, in der es Bewegung gab. Die letzte Erinnerung hatte mit Anlehnen und Zusammenrollen zu tun. Mit Kälte, die durch die Jacke und die Decke kroch und mit dumpfen Gerüchen nach Holz und Moder. Er spürte Flockenluft auf dem Gesicht und schwache Schläge von unten. Er fuhr, das Schlagen kam von einem Fahrzeug, auf dem er lag, wenn es über Bodenwellen glitt. Und er sah ein hüpfendes, warmes Licht von einer Laterne, die einiges oberhalb seines Kopfes an einem wippenden Stab hing. Die Augen ließen zwar nur einen Spalt breit Bilder herein, es reichte jedoch, um zu erkennen, dass er längst nicht mehr in der Ulme saß. Und er befürchtete, dass er nicht träumte. Aber genau wusste er es nicht. Doch das konnte warten. Ihm fiel nichts ein, wie er seine Augen weiter öffnen könne, und er hatte keinen Willen, die unendliche Müdigkeit abzustreifen. Das wippende Licht und das Schaukeln des Schlittens taten ihr Übriges. Vielleicht hat es geklappt?, dachte er und fiel zurück in den Schlaf.

Die Taverne

Lukas starrte auf eine niedrige Holzdecke, die durch armdicke Balken unterteilt war. Es geschah so plötzlich, dass er sich nicht erinnern konnte, wie er erwacht war.

Ich liege!, schoss es ihm durch den Kopf. Und ich bin nicht zu Hause. Und es riecht nach Wurst und Schinken? Vage Bilder drängten sich vor seine Augen. Sie drückten wie körperlich fühlbare Lasten auf seinen gesamten Körper.

ICH BIN NICHT ZU HAUSE! Wenn Denken brüllen könnte, wäre diese neuerliche Erkenntnis ein Gegenstück zu einem Schrei.

Da es das nicht tat, stieg Lukas panische Hitze in den Kopf, und beklemmende Enge breitete sich in Magen und Hals aus.

Der Herzschlag legte an Tempo zu.

Er lag an einer Wand und hörte Stimmen und Klappern von links.

Ich muss mich drehen!

Er rührte sich nicht. Und in seinem Hirn schlug ein Gedanke vor, die Augen wieder zu schließen, und beim nächsten Erwachen, könne er bestimmt aus der Höhle krabbeln und nach Hause gehen.

Ein älteres, rundes Frauengesicht erschien in seinem Blickfeld. »Na, du Langschläfer. Es ist fast Abend. Genug gefaulenzt! Streck dich, steh auf und komm herüber! Wir wollen deine Geschichte hören!«

Damit verschwand das Gesicht und entfernte sich in Richtung der Stimmen, die eindeutig Fragen an die Frau stellten, flüsternd, zischelnd und manchmal polternd. »Ist er nun erwacht, der Große? Und hat er was gesagt?« Irgendjemand sagte etwas zu dem Lauten, der aber nur barsch entgegnete. »Kann doch sein, du Bühlläufer, dass er was sagt, wenn er wach ist. Ich sag’ immer was, wenn ich wach bin.«

»Meist rufst du dein Weib, sie soll dir deine warmen Schuhe bringen, du altes Gestell.« Gelächter.

»Ich treib’ dir dein vorlautes Gezeter mit meinem Stock aus, sollst es nur glauben.«

»Ruhe, ihr Polterer! Er wird schon sprechen, wenn ihm danach ist. Und jetzt haltet eure Lippen im Zaum, sonst verschreckt ihr ihn noch.«

Lukas drehte seinen Kopf und blickte auf eine Tür, die weit offenstand. Sie gab den Blick frei zu einer Gruppe interessierter Gesichter, die unauffällig auffällig in seine Richtung schauten.

Den Raum, in dem er lag, beherrschten Regale und Schränke, und ein paar Schinken hingen von der Decke. Die Regale standen voller Gläser und tönerner Töpfe, Tüten und Säcke. Er setzte sich und besah sein Bett. War eher ein Lager. Decken und Felle waren aufgeschichtet, bis der Boden nicht mehr zu spüren war und die Kälte in den Lagen stecken blieb. Er stand auf und duckte sich automatisch. Obwohl die Decke ein Stück über ihm war, schien sie doch tiefer, als er es von zu Hause kannte.

Es hat geklappt. Ach du lieber Himmel! Wo bin ich hier gelandet? Mist, Mist, Mist – ich muss raus hier. Die sollen mich zurückbringen! Ist doch alles Unsinn.

Er setzte sich auf und schaute in den Raum mit dem Stimmengewirr. Neugierige Gesichter von erwachsenen Männern und Frauen in der Größe von zehn- oder zwölfjährigen Kindern blickten ihn an.

Ja, Zuhause sah anders aus.

Lukas erhob sich und ging zögernd hinüber. Der Duft von Holzfeuer und einem strengen Kräuteraroma hing in der Luft. Wohlige Wärme erfüllte den Raum.

»G-guten Tag«, sagte er. Ein Mann mit einem krausen Bart schüttelte den Kopf und steckte seinem Nebenmann etwas zu. Dieser grinste breit.

»Habe ich dir doch gesagt, er redet wie wir.«

Lukas sah sich um und musste den Kopf etwas einziehen, um nicht an den eisernen Leuchter anzustoßen.

Sie waren zwar kleiner als er, einen Kopf, vielleicht mehr, aber richtige Zwerge auch nicht. Doch was wusste er schon über Zwerge?

Die Frau winkte ihn an die Stirnseite des Tisches. Dort lagen Decken zum Sitzen. »Ich habe dir Decken hingelegt, weil du auf einem unserer Stühle aussiehst, als säße eine lange, stolze Karotte neben laut eifernden Radieschen.« Protestierendes Murmeln und Brabbeln antwortete der Frau.

»Ich bin Fruga, die Wirtin hier. Du bist in der Taverne ›Zum Waldeck‹, dem ersten Haus am Platz.« Sie lächelte, dass es Lukas einen Teil der Panik nahm. »Wenigstens, wenn es darum geht, die Leute von drüben zu begrüßen.« Sie schob ihm einen Krug hin, aus dem es dampfte. Er versuchte zurückzulächeln und ergriff den Krug. Sofort erhoben sich alle Krüge auf dem Tisch, prosteten ihm zu und verharrten mitten in der Luft. Lukas prostete zurück und traute sich nicht, erst an dem Getränk zu riechen. Er kostete und war überrascht, wie angenehm süß es schmeckte. Er trank einen Schluck. Die Süße schwand und machte einem leidlich bitteren Geschmack Platz. Süßes Bier, schoss es ihm durch den Kopf. Als er den Krug absetzen wollte, drückte Fruga ihn wieder an Lukas’ Mund. »Du musst erst einmal richtig wach werden«, lachte sie. »Bist gestern Nacht hier angekommen und hast den ganzen Tag geschlafen. Das kennen wir. Geht jedem so.«

Von Bier wach werden?

Er trank erneut, wischte sich mit dem Ärmel die Nässe vom Mund und merkte, dass er schwitzte. »Ich schwitze!«, sagte er. Und alle lachten. Lukas warf seine dicke Jacke auf den Boden neben ihm. Fruga stand auf und lief zu einem Herd, unter dem ein Feuer brannte. Hinten am Tisch streckte sich ein alter Kopf vor, um Lukas besser zu sehen. »Was machst du hier, Fremder? Siehst weich und jung aus und …«

»Griesag, du alter Trottel, wenn du mit den Händen wedelst, stell vorher den Krug ab. Du verteilst dein Bier über den gesamten Tisch!«, rief sein Nachbar und wischte sich über nasse Flecken auf Brust und Bauch.

»Das passiert nur, weil du Tagedieb nicht aufpasst …!«

»Also Griesag, Mollek hat recht, wenn du auf den Jungen zeigst, dann stell den Krug ab oder sauf ihn vorher aus.« Doch der Alte gab nicht nach.

»Ihr kleinen Wurzelhocker. Ich hab’ schon Bier getrunken, da hat euch die Amme noch auf ihrem Schoß in den Schlaf gewiegt.« Ein einziges Stöhnen umlief den Tisch. Ein Mann gleich neben Lukas schaltete sich in das Gestreite ein.

»Griesag, lass deine alten Geschichten ruhen! Jeder weiß, dass du alt bist, das ist beileibe kein Verdienst. Bist halt eher hier angekommen als wir. Genau wie der Ammermeier. Nun gib’ Ruhe. Unser Gast wird uns bestimmt erzählen wollen, warum er hier bei uns sitzt.«

Damit setzte er sich wieder und alle Augen ruhten auf Lukas. Er öffnete den Mund. Für einen Moment spürte er Leere im Kopf, und keine spannende Geschichte wollte seine Lippen verlassen. Vor seinen Augen schwirrten unwirkliche Bilder einer Taverne mit Gestalten, die ihm bis zur Schulter gingen, und er zweifelte erneut, ob er es wirklich erlebte.

»Wo bin ich?«

»Du bist in Windwärts! Und das Dorf hier ist Talhöft«, sagte Fruga.

»Und du kommst aus Kaltling. So nennen wir eure Seite der Ulme.«

»Kaltling«, murmelte Lukas.

»Haben wir viel mehr Winter als ihr?« Er drehte seinen Kopf, als könne er durch die Wände nach draußen schauen.

Ein Krauskopf mit einer mächtigen Nase wie ein vorspringendes Dreieck winkte ab. »Hat was mit dem Gemüt zu tun. Keine Fantasie, keine Magie, kein Glaube.«

Lukas nickte langsam und betrachtete die Gesichter vor ihm.

»Und was, wollte sagen, wer, seid ihr? Seid ihr so was wie Zwerge?«

Gelächter antwortete ihm und belustigtes Kopfschütteln.

»Hoffentlich nicht«, brummte einer mit einer blauen Mütze.

»Zwerge!«, rief einer der Alten. »Hör sich das einer an. Haben wir etwa lange Bärte und fuchteln mit Hämmern und Äxten herum?«

»Woher soll er das wissen? Welche Ahnung habt ihr denn von den großen Leuten da drüben? Also hört mit dem Gefeixe auf!«, rief Fruga die Gesellschaft zur Ordnung. Sie werkelte am Kamin bei den Töpfen.

Lukas hob die Schultern.

»Also – keine Zwerge! Was seid ihr dann?«, fragt er in die Runde.

»Wir sind Gnome. Größer und …«, jemand lachte, »… hübscher als Zwerge.«

»Das kannst du wohl glauben!«, stimmte der mit der Nase zu. Er stand auf und drehte sich posierend vor dem Tavernenpublikum, die auf dem Tisch Beifall klopften und mit den Bierkrügen anstießen.

Fruga legte Besteck vor Lukas hin und wartete, bis sich der Tumult gelegt hatte.

»Der sich da dreht wie ein Wetterhahn, ist Horb, mein Junge. Er und der prächtige Bursche neben ihm, sie haben dich aus der Ulme geholt.« Sie zeigte auf den stämmigen Mann mit der blauen Mütze.

»Das ist Bolgar, mein Neffe.«

»Bin ein Narg«, erklärte Bolgar.

Lukas stand eine Frage im Gesicht.

»Auch ein Gnom …«, sagte Fruga mit feinem Lächeln, »… aber etwas kräftiger gebaut.«

Horb prustete vor Lachen.

»Halt dich ja zurück, du halbe Portion!« Bolgar zog die Brauen zusammen und sandte Horb einen grimmigen Blick.

»Er hat doch recht«, rief von hinten Griesag und wackelte mit seinem Krug in den zitternden Händen.

»Ja, aber dafür verschüttet er auch nichts«, rief ein anderer.

Fruga schlug mit der Hand auf den Tisch.

»Ruhe, ihr Schnattervolk.«