Der zerbrochene Krug - Heinrich von Kleist - E-Book

Der zerbrochene Krug E-Book

Heinrich Von Kleist

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Beschreibung

Heinrich von Kleists Werk 'Der zerbrochene Krug' ist ein Meisterwerk der deutschen Literatur, das sowohl als Komödie als auch als Gerichtsdrama betrachtet werden kann. Die Geschichte handelt von Richter Adam, der versucht, den Dieb eines zerbrochenen Kruges zu finden, während er selbst in den Verdacht gerät, etwas mit dem Zwischenfall zu tun zu haben. Kleist kombiniert auf geschickte Weise humorvolle Dialoge und spannende Gerichtsszenen, um eine fesselnde Erzählung zu schaffen. Der literarische Stil von Kleist in 'Der zerbrochene Krug' zeichnet sich durch seine prägnanten Beschreibungen und seine scharfsinnige Charakterisierung aus, was das Werk zu einem zeitlosen Klassiker macht.

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Heinrich von Kleist

Der zerbrochene Krug

Mit biografischen Aufzeichnungen von Stefan Zweig und Rudolf Genée

Books

- Innovative digitale Lösungen & Optimale Formatierung -
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-2021-2

Inhaltsverzeichnis

Der zerbrochene Krug
Der Zwang zum Drama (Stefan Zweig)

Der zerbrochene Krug

Inhaltsverzeichnis
Personen
Erster Auftritt
Zweiter Auftritt
Dritter Auftritt
Vierter Auftritt
Fünfter Auftritt
Sechster Auftritt
Siebenter Auftritt
Achter Auftritt
Neunter Auftritt
Zehnter Auftritt
Elfter Auftritt
Zwölfter Auftritt
Letzter Auftritt

Personen

Inhaltsverzeichnis
Walter, Gerichtsrat Adam, Dorfrichter Licht, Schreiber Frau Marthe Rull Eve, ihre Tochter Veit Tümpel, ein Bauer Ruprecht, sein Sohn Frau Brigitte Ein Bedienter, Büttel, Mägde usw.

Erster Auftritt

Inhaltsverzeichnis

Adam sitzt und verbindet sich ein Bein. Licht tritt auf.

LICHT: Ei, was zum Henker, sagt, Gevatter Adam! Was ist mit Euch geschehn? Wie seht Ihr aus?

ADAM: Ja, seht. Zum Straucheln brauchts doch nichts als Füße. Auf diesem glatten Boden, ist ein Strauch hier? Gestrauchelt bin ich hier; denn jeder trägt Den leid'gen Stein zum Anstoß in sich selbst.

LICHT: Nein, sagt mir, Freund! Den Stein trüg jeglicher—?

ADAM: Ja, in sich selbst!

LICHT: Verflucht das!

ADAM: Was beliebt?

LICHT: Ihr stammt von einem lockern Ältervater, Der so beim Anbeginn der Dinge fiel, Und wegen seines Falls berühmt geworden; Ihr seid doch nicht—?

ADAM: Nun?

LICHT: Gleichfalls—?

ADAM: Ob ich—? Ich glaube—! Hier bin ich hingefallen, sag ich Euch.

LICHT: Unbildlich hingeschlagen?

ADAM: Ja, unbildlich. Es mag ein schlechtes Bild gewesen sein.

LICHT: Wann trug sich die Begebenheit denn zu?

ADAM: Jetzt, in dem Augenblick, da ich dem Bett Entsteig. Ich hatte noch das Morgenlied Im Mund, da stolpr ich in den Morgen schon, Und eh ich noch den Lauf des Tags beginne, Renkt unser Herrgott mir den Fuß schon aus.

LICHT: Und wohl den linken obenein?

ADAM: Den linken?

LICHT: Hier, den gesetzten?

ADAM: Freilich!

LICHT: Allgerechter! Der ohnehin schwer den Weg der Sünde wandelt?

ADAM: Der Fuß! Was? Schwer! Warum?

LICHT: Der Klumpfuß?

ADAM: Klumpfuß! Ein Fuß ist, wie der andere, ein Klumpen.

LICHT: Erlaubt! Da tut Ihr Eurem rechten unrecht. Der rechte kann sich dieser—Wucht nicht rühmen, Und wagt sich ehr aufs Schlüpfrige.

ADAM: Ach, was! Wo sich der eine hinwagt, folgt der andre.

LICHT: Und was hat das Gesicht Euch so verrenkt?

ADAM: Mir das Gesicht?

LICHT: Wie? Davon wißt Ihr nichts?

ADAM: Ich müßt ein Lügner sein—wie siehts denn aus?

LICHT: Wie's aussieht?

ADAM: Ja, Gevatterchen.

LICHT: Abscheulich!

ADAM: Erklärt Euch deutlicher.

LICHT: Geschunden ists, Ein Greul zu sehn. Ein Stück fehlt von der Wange, Wie groß? Nicht ohne Waage kann ichs schätzen.

ADAM: Den Teufel auch!

LICHT BRINGT EINEN SPIEGEL: Hier! Überzeugt Euch selbst! Ein Schaf, das, eingehetzt von Hunden, sich Durch Dornen drängt, läßt nicht mehr Wolle sitzen, Als Ihr—Gott weiß wo?—Fleisch habt sitzen lassen.

ADAM: Hm! Ja! 's ist wahr. Unlieblich sieht es aus. Die Nas hat auch gelitten.

LICHT: Und das Auge.

ADAM: Das Auge nicht, Gevatter.

LICHT: Ei, hier liegt Querfeld ein Schlag, blutrünstig, straf mich Gott, Als hätt ein Großknecht wütend ihn geführt.

ADAM: Das ist der Augenknochen.—Ja, nun seht, Das alles hatt ich nicht einmal gespürt.

LICHT: Ja, ja! So gehts im Feuer des Gefechts.

ADAM: Gefecht! Was?—Mit dem verfluchten Ziegenbock Am Ofen focht ich, wenn Ihr wollt. Jetzt weiß ichs. Da ich das Gleichgewicht verlier, und gleichsam Ertrunken in den Lüften um mich greife, Fass' ich die Hosen, die ich gestern abend Durchnäßt an das Gestell des Ofens hing. Nun fass' ich sie, versteht Ihr, denke mich, Ich Tor, daran zu halten, und nun reißt Der Bund; Bund jetzt und Hos und ich, wir stürzen, Und häuptlings mit dem Stirnblatt schmettr ich auf Den Ofen hin, just wo ein Ziegenbock Die Nase an der Ecke vorgestreckt.

LICHT LACHT: Gut, gut.

ADAM: Verdammt!

LICHT: Der erste Adamsfall, Den Ihr aus einem Bett hinaus getan.

ADAM: Mein Seel!—Doch, was ich sagen wollte, was gibts Neues?

LICHT: Ja, was es Neues gibt! Der Henker hols, Hätt ichs doch bald vergessen.

ADAM: Nun?

LICHT: Macht Euch bereit auf unerwarteten Besuch aus Utrecht.

ADAM: So?

LICHT: Der Herr Gerichtsrat kömmt.

ADAM: Wer kömmt?

LICHT: Der Herr Gerichtsrat Walter kömmt, aus Utrecht. Er ist in Revisions-Bereisung auf den Ämtern, Und heut noch trifft er bei uns ein.

ADAM: Noch heut! Seid Ihr bei Trost?

LICHT: So wahr ich lebe. Er war in Holla, auf dem Grenzdorf, gestern, Hat das Justizamt dort schon revidiert. Ein Bauer sah zur Fahrt nach Huisum schon Die Vorspannpferde vor den Wagen schirren.

ADAM: Heut noch, er, der Gerichtsrat, her, aus Utrecht! Zur Revision, der wackre Mann, der selbst Sein Schäfchen schiert, dergleichen Fratzen haßt. Nach Huisum kommen und uns kujonieren!

LICHT: Kam er bis Holla, kommt er auch bis Huisum. Nehmt Euch in acht.

ADAM: Ach, geht!

LICHT: Ich sag es Euch.

ADAM: Geht mir mit Eurem Märchen, sag ich Euch.

LICHT: Der Bauer hat ihn selbst gesehn, zum Henker.

ADAM: Wer weiß, wen der triefäugige Schuft gesehn. Die Kerle unterscheiden ein Gesicht Von einem Hinterkopf nicht, wenn er kahl ist. Setzt einen Hut dreieckig auf mein Rohr, Hängt ihm den Mantel um, zwei Stiefeln drunter, So hält so'n Schubjak ihn, für wen Ihr wollt.

LICHT: Wohlan, so zweifelt fort, ins Teufels Namen, Bis er zur Tür hier eintritt.

ADAM: Er, eintreten!— Ohn uns ein Wort vorher gesteckt zu haben.

LICHT: Der Unverstand! Als obs der vorige Revisor noch, der Rat Wacholder, wäre! Es ist Rat Walter jetzt, der revidiert.

ADAM: Wenn gleich Rat Walter! Geht, laßt mich zufrieden. Der Mann hat seinen Amtseid ja geschworen, Und praktisiert, wie wir, nach den Bestehenden Edikten und Gebräuchen.

LICHT: Nun, ich versichr Euch, der Gerichtsrat Walter Erschien in Holla unvermutet gestern, Vis'tierte Kassen und Registraturen, Und suspendierte Richter dort und Schreiber, Warum? ich weiß nicht, ab officio.

ADAM: Den Teufel auch? Hat das der Bauer gesagt?

LICHT: Dies und noch mehr—

ADAM: So?

LICHT: Wenn Ihrs wissen wollt. Denn in der Frühe heut sucht man den Richter, Dem man in seinem Haus Arrest gegeben, Und findet hinten in der Scheuer ihn Am Sparren hoch des Daches aufgehangen.

ADAM: Was sagt Ihr?

LICHT: Hilf inzwischen kommt herbei, Man löst ihn ab, man reibt ihn, und begießt ihn, Ins nackte Leben bringt man ihn zurück.

ADAM: So? Bringt man ihn?

LICHT: Doch jetzo wird versiegelt In seinem Haus, vereidet und verschlossen, Es ist, als wär er eine Leiche schon, Und auch sein Richteramt ist schon beerbt.

ADAM: Ei, Henker, seht!—Ein liederlicher Hund wars— Sonst eine ehrliche Haut, so wahr ich lebe, Ein Kerl, mit dem sichs gut zusammen war; Doch grausam liederlich, das muß ich sagen. Wenn der Gerichtsrat heut in Holla war, So gings ihm schlecht, dem armen Kauz, das glaub ich.

LICHT: Und dieser Vorfall einzig, sprach der Bauer, Sei schuld, daß der Gerichtsrat noch nicht hier; Zu Mittag treff er doch ohnfehlbar ein.

ADAM: Zu Mittag! Gut, Gevatter! Jetzt gilts Freundschaft. Ihr wißt, wie sich zwei Hände waschen können. Ihr wollt auch gern, ich weiß, Dorfrichter werden, Und Ihr verdients, bei Gott, so gut wie einer. Doch heut ist noch nicht die Gelegenheit, Heut laßt Ihr noch den Kelch vorübergehn.

LICHT: Dorfrichter, ich! Was denkt Ihr auch von mir?

ADAM: Ihr seid ein Freund von wohlgesetzter Rede, Und Euren Cicero habt Ihr studiert Trotz Einem auf der Schul in Amsterdam. Drückt Euren Ehrgeiz heut hinunter, hört Ihr? Es werden wohl sich Fälle noch ergeben,

Zweiter Auftritt

Inhaltsverzeichnis

Ein Bedienter tritt auf. Die Vorigen.—Nachher zwei Mägde.

DER BEDIENTE: Gott helf, Herr Richter! Der Gerichtsrat Walter Läßt seinen Gruß vermelden, gleich wird er hier sein.

ADAM: Ei, du gerechter Himmel! Ist er mit Holla Schon fertig?

DER BEDIENTE: Ja, er ist in Huisum schon.

ADAM: He! Liese! Grete!

LICHT: Ruhig, ruhig jetzt.

ADAM: Gevatterchen!

LICHT: Laßt Euern Dank vermelden.

DER BEDIENTE: Und morgen reisen wir nach Hussahe.

ADAM: Was tu ich jetzt? Was laß ich? Er greift nach seinen Kleidern.

ERSTE MAGD TRITT AUF: Hier bin ich, Herr.

LICHT: Wollt Ihr die Hosen anziehn? Seid Ihr toll?

ZWEITE MAGD TRITT AUF: Hier bin ich, Herr Dorfrichter.

LICHT: Nehmt den Rock.

ADAM SIEHT SICH UM: Wer? Der Gerichtsrat?

LICHT: Ach, die Magd ist es.

ADAM: Die Bäffchen! Mantel! Kragen!

ERSTE MAGD: Erst die Weste!

ADAM: Was?—Rock aus? Hurtig!

LICHT ZUM BEDIENTEN: Der Herr Gerichtsrat werden Hier sehr willkommen sein. Wir sind sogleich Bereit, ihn zu empfangen. Sagt ihm das.

ADAM: Den Teufel auch! Der Richter Adam läßt sich Entschuldigen.

LICHT: Entschuldigen!

ADAM: Entschuld'gen. Ist er schon unterwegs etwa?

DER BEDIENTE: Er ist Im Wirtshaus noch. Er hat den Schmied bestellt; Der Wagen ging entzwei.

ADAM: Gut. Mein Empfehl! Der Schmied ist faul. Ich ließe mich entschuldigen. Ich hätte Hals und Beine fast gebrochen, Schaut selbst, 's ist ein Spektakel, wie ich ausseh; Und jeder Schreck purgiert mich von Natur. Ich wäre krank.

LICHT: Seid Ihr bei Sinnen?— Der Herr Gerichtsrat wär sehr angenehm. —Wollt Ihr?

ADAM: Zum Henker!

LICHT: Was?

ADAM: Der Teufel soll mich holen, Ists nicht so gut, als hätt ich schon ein Pulver!

LICHT: Das fehlt noch, daß Ihr auf den Weg ihm leuchtet.

ADAM: Margarete! he! Der Sack voll Knochen! Liese!

DIE BEIDEN MÄGDE: Hier sind wir ja. Was wollt Ihr?

ADAM: Fort! sag ich. Kuhkäse, Schinken, Butter, Würste, Flaschen Aus der Registratur geschafft! Und flink!— Du nicht. Die andere.—Maulaffe! Du, ja! —Gotts Blitz, Margarete! Liese soll, die Kuhmagd, In die Registratur!

(Die erste Magd geht ab.)

DIE ZWEITE MAGD: Sprecht, soll man Euch verstehn!

ADAM: Halts Maul jetzt, sag ich—! Fort! schaff mir die Perücke! Marsch! Aus dem Bücherschrank! Geschwind! Pack dich!

(Die zweite Magd ab.)

LICHT ZUM BEDIENTEN: Es ist dem Herrn Gerichtsrat, will ich hoffen, Nichts Böses auf der Reise zugestoßen?

DER BEDIENTE: Je, nun! Wir sind im Hohlweg umgeworfen.

ADAM: Pest! Mein geschundner Fuß! Ich krieg die Stiefeln—

LICHT: Ei, du mein Himmel! Umgeworfen, sagt Ihr? Doch keinen Schaden weiter—?

DER BEDIENTE: Nichts von Bedeutung. Der Herr verstauchte sich die Hand ein wenig. Die Deichsel brach.

ADAM: Daß er den Hals gebrochen!

LICHT: Die Hand verstaucht! Ei, Herr Gott! Kam der Schmied schon?

DER BEDIENTE: Ja, für die Deichsel.

LICHT: Was?

ADAM: Ihr meint, der Doktor.

LICHT: Was?

DER BEDIENTE: Für die Deichsel?

ADAM: Ach, was! Für die Hand.

DER BEDIENTE: Adies, ihr Herrn.—Ich glaub, die Kerls sind toll. (Ab.)

LICHT: Den Schmied meint ich.

ADAM: Ihr gebt Euch bloß, Gevatter.

LICHT: Wieso?

ADAM: Ihr seid verlegen.

LICHT: Was!

Die erste Magd tritt auf.

ADAM: He! Liese! Was hast du da?

ERSTE MAGD: Braunschweiger Wurst, Herr Richter.

ADAM: Das sind Pupillenakten.

LICHT: Ich, verlegen!

ADAM: Die kommen wieder zur Registratur.

ERSTE MAGD: Die Würste?

ADAM: Würste! Was! Der Einschlag hier.

LICHT: Es war ein Mißverständnis.

DIE ZWEITE MAGD TRITT AUF: Im Bücherschrank, Herr Richter, find ich die Perücke nicht.

ADAM: Warum nicht?

ZWEITE MAGD: Hm! Weil Ihr—

ADAM: Nun?

ZWEITE MAGD: Gestern abend— Glock elf—

ADAM: Nun? Werd ichs hören?

ZWEITE MAGD: Ei, Ihr kamt ja, Besinnt Euch, ohne die Perück ins Haus.

ADAM: Ich, ohne die Perücke?

ZWEITE MAGD: In der Tat. Da ist die Liese, die's bezeugen kann. Und Eure andr ist beim Perückenmacher.

ADAM: Ich wär—?

ERSTE MAGD: Ja, meiner Treu, Herr Richter Adam! Kahlköpfig wart Ihr, als Ihr wiederkamt; Ihr spracht, Ihr wärt gefallen, wißt Ihr nicht? Das Blut mußt ich Euch noch vom Kopfe waschen.

ADAM: Die Unverschämte!

ERSTE MAGD: Ich will nicht ehrlich sein.

ADAM: Halts Maul, sag ich, es ist kein wahres Wort.

LICHT: Habt Ihr die Wund seit gestern schon?

ADAM: Nein, heut. Die Wunde heut und gestern die Perücke. Ich trug sie weiß gepudert auf dem Kopfe, Und nahm sie mit dem Hut, auf Ehre, bloß, Als ich ins Haus trat, aus Versehen ab. Was die gewaschen hat, das weiß ich nicht. —Scher dich zum Satan, wo du hingehörst! In die Registratur!

(Erste Magd ab.)

GEH, MARGARETE!: Gevatter Küster soll mir seine borgen; In meine hätt die Katze heute morgen Gejungt, das Schwein! Sie läge eingesäuet Mir unterm Bette da, ich weiß nun schon.

LICHT: Die Katze? Was? Seid Ihr—?

ADAM: So wahr ich lebe. Fünf Junge, gelb und schwarz, und eins ist weiß. Die schwarzen will ich in der Vecht ersäufen. Was soll man machen? Wollt Ihr eine haben?

LICHT: In die Perücke?

ADAM: Der Teufel soll mich holen!

Dritter Auftritt

Inhaltsverzeichnis

Adam und Licht.

ADAM: Mir ahndet heut nichts Guts, Gevatter Licht.

LICHT: Warum?

ADAM: Es geht bunt alles über Ecke mir. Ist nicht auch heut Gerichtstag?

LICHT: Allerdings. Die Kläger stehen vor der Türe schon.

ADAM: —Mir träumt', es hätt ein Kläger mich ergriffen Und schleppte vor den Richtstuhl mich; und ich, Ich säße gleichwohl auf dem Richtstuhl dort, Und schält' und hunzt' und schlingelte mich herunter, Und judiziert' den Hals ins Eisen mir.

LICHT: Wie? Ihr Euch selbst?

ADAM: So wahr ich ehrlich bin. Drauf wurden beide wir zu eins, und flohn, Und mußten in den Fichten übernachten.

LICHT: Nun? Und der Traum, meint Ihr—?

ADAM: Der Teufel hols. Wenns auch der Traum nicht ist: ein Schabernack, Sei's, wie es woll, ist wider mich im Werk!

LICHT: Die läpp'sche Furcht! Gebt Ihr nur vorschriftsmäßig,

Vierter Auftritt

Inhaltsverzeichnis

Der Gerichtsrat Walter tritt auf. Die Vorigen.

WALTER: Gott grüß Euch, Richter Adam.

ADAM: Ei, willkommen! Willkommen, gnäd'ger Herr, in unserm Huisum! Wer konnte, du gerechter Gott, wer konnte So freudigen Besuches sich gewärt'gen. Kein Traum, der heute früh Glock achte noch Zu solchem Glücke sich versteigen durfte.

WALTER: Ich komm ein wenig schnell, ich weiß; und muß Auf dieser Reis', in unsrer Staaten Dienst, Zufrieden sein, wenn meine Wirte mich Mit wohlgemeintem Abschiedsgruß entlassen. Inzwischen ich, was meinen Gruß betrifft, Ich meins von Herzen gut, schon wenn ich komme. Das Obertribunal in Utrecht will Die Rechtspfleg auf dem platten Land verbessern, Die mangelhaft von mancher Seite scheint, Und strenge Weisung hat der Mißbrauch zu erwarten. Doch mein Geschäft auf dieser Reis' ist noch Ein strenges nicht, sehn soll ich bloß, nicht strafen, Und find ich gleich nicht alles, wie es soll, Ich freue mich, wenn es erträglich ist.

ADAM: Fürwahr, so edle Denkart muß man loben. Ew. Gnaden werden hie und da, nicht zweifl ich, Den alten Brauch im Recht zu tadeln wissen; Und wenn er in den Niederlanden gleich Seit Kaiser Karl dem Fünften schon besteht:  Was läßt sich in Gedanken nicht erfinden? Die Welt, sagt unser Sprichwort, wird stets klüger, Und alles liest, ich weiß, den Puffendorf; Doch Huisum ist ein kleiner Teil der Welt, Auf den nicht mehr, nicht minder, als sein Teil nur Kann von der allgemeinen Klugheit kommen. Klärt die Justiz in Huisum gütigst auf, Und überzeugt Euch, gnäd'ger Herr, Ihr habt Ihr noch so bald den Rücken nicht gekehrt, Als sie auch völlig Euch befried'gen wird; Doch fändet Ihr sie heut im Amte schon, Wie Ihr es wünscht, mein Seel, so wärs ein Wunder, Da sie nur dunkel weiß noch, was Ihr wollt.

WALTER: Es fehlt an Vorschriften, ganz recht. Vielmehr Es sind zu viel, man wird sie sichten müssen.

ADAM: Ja, durch ein großes Sieb. Viel Spreu! Viel Spreu!

WALTER: Das ist dort der Herr Schreiber?

LICHT: Der Schreiber Licht, Zu Eurer Gnaden Diensten. Pfingsten Neun Jahre, daß ich im Justizamt bin.

ADAM BRINGT EINEN STUHL: Setzt Euch.

WALTER: Laßt sein.

ADAM: Ihr kommt von Holla schon.

WALTER: Zwei kleine Meilen—Woher wißt Ihr das?

ADAM: Woher? Ew. Gnaden Diener—

LICHT: Ein Bauer sagt' es, Der eben jetzt von Holla eingetroffen.

WALTER: Ein Bauer?

ADAM: Aufzuwarten.

WALTER: —Ja! Es trug sich Dort ein unangenehmer Vorfall zu, Der mir die heitre Laune störte, Die in Geschäften uns begleiten soll.— Ihr werdet davon unterrichtet sein?

ADAM: Wärs wahr, gestrenger Herr? Der Richter Pfaul, Weil er Arrest in seinem Haus empfing, Verzweiflung hätt den Toren überrascht, Er hing sich auf?

WALTER: Und machte Übel ärger. Was nur Unordnung schien, Verworrenheit, Nimmt jetzt den Schein an der Veruntreuung, Die das Gesetz, Ihr wißts, nicht mehr verschont.— Wie viele Kassen habt Ihr?

ADAM: Fünf, zu dienen.

WALTER: Wie, fünf? Ich stand im Wahn—Gefüllte Kassen? Ich stand im Wahn, daß Ihr nur vier—

ADAM: Verzeiht! Mit der Rhein-Inundations-Kollekten-Kasse?

WALTER: Mit der Inundations-Kollekten-Kasse! Doch jetzo ist der Rhein nicht inundiert, Und die Kollekten gehn mithin nicht ein. —Sagt doch, Ihr habt ja wohl Gerichtstag heut?

ADAM: Ob wir—?

WALTER: Was?

Fünfter Auftritt

Inhaltsverzeichnis

Die zweite Magd tritt auf. Die Vorigen.

ZWEITE MAGD: Gruß von Frau Küsterin, Herr Richter Adam; So gern sie die Perück Euch auch—

ADAM: Wie? Nicht?

ZWEITE MAGD: Sie sagt, es wäre Morgenpredigt heute; Der Küster hätte selbst die eine auf, Und seine andre wäre unbrauchbar, Sie sollte heut zu dem Perückenmacher.

ADAM: Verflucht!

ZWEITE MAGD: Sobald der Küster wieder kömmt, Wird sie jedoch sogleich Euch seine schicken.

ADAM: Auf meine Ehre, gnäd'ger Herr—

WALTER: Was gibts?

ADAM: Ein Zufall, ein verwünschter, hat um beide Perücken mich gebracht. Und jetzt bleibt mir Die dritte aus, die ich mir leihen wollte:  Ich muß kahlköpfig den Gerichtstag halten.

WALTER: Kahlköpfig!

ADAM: Ja, beim ew'gen Gott! So sehr Ich ohne der Perücke Beistand um Mein Richteransehn auch verlegen bin. —Ich müßt es auf dem Vorwerk noch versuchen, Ob mir vielleicht der Pächter—?

WALTER: Auf dem Vorwerk! Kann jemand anders hier im Orte nicht—?

ADAM: Nein, in der Tat—

WALTER: Der Prediger vielleicht.

ADAM: Der Prediger? Der—

WALTER: Oder Schulmeister.

ADAM: Seit der Sackzehnte abgeschafft, Ew. Gnaden, Wozu ich hier im Amte mitgewirkt, Kann ich auf beider Dienste nicht mehr rechnen.

WALTER: Nun, Herr Dorfrichter? Nun? Und der Gerichtstag? Denkt Ihr zu warten, bis die Haar Euch wachsen?

ADAM: Ja, wenn Ihr mir erlaubt, schick ich aufs Vorwerk.

WALTER: —Wie weit ists auf das Vorwerk?

ADAM: Ei! Ein kleines Halbstündchen.

WALTER: Eine halbe Stunde, was! Und Eurer Sitzung Stunde schlug bereits. Macht fort! Ich muß noch heut nach Hussahe.

ADAM: Macht fort! ja—

WALTER: Ei, so pudert Euch den Kopf ein! Wo Teufel auch, wo ließt Ihr die Perücken? —Helft Euch, so gut Ihr könnt. Ich habe Eile.

ADAM: Auch das.

DER BÜTTEL TRITT AUF: Hier ist der Büttel!

ADAM: Kann ich inzwischen Mit einem guten Frühstück, Wurst aus Braunschweig, Ein Gläschen Danziger etwa—

WALTER: Danke sehr.

ADAM: Ohn Umständ!

WALTER: Dank, Ihr hörts, habs schon genossen. Geht Ihr, und nutzt die Zeit, ich brauche sie, In meinem Büchlein etwas mir zu merken.

ADAM: Nun, wenn Ihr so befehlt—Komm, Margarete!

WALTER: —Ihr seid ja bös verletzt, Herr Richter Adam. Seid Ihr gefallen?

ADAM: —Hab einen wahren Mordschlag Heut früh, als ich dem Bett entstieg, getan: 

Sechster Auftritt

Inhaltsverzeichnis

Frau Marthe, Eve, Veit und Ruprecht treten auf.—Walter und Licht im Hintergrunde.

FRAU MARTHE: Ihr krugzertrümmerndes Gesindel, ihr! Ihr sollt mir büßen, ihr!

VEIT: Sei Sie nur ruhig, Frau Marth! Es wird sich alles hier entscheiden.

FRAU MARTHE: O ja. Entscheiden. Seht doch! Den Klugschwätzer! Den Krug mir, den zerbrochenen, entscheiden! Wer wird mir den geschiednen Krug entscheiden? Hier wird entschieden werden, daß geschieden Der Krug mir bleiben soll. Für so'n Schiedsurteil Geb ich noch die geschiednen Scherben nicht.

VEIT: Wenn Sie sich Recht erstreiten kann, Sie hörts, Ersetz ich ihn.

FRAU MARTHE: Er mir den Krug ersetzen. Wenn ich mir Recht erstreiten kann, ersetzen. Setz Er den Krug mal hin, versuch Ers mal, Setz Er'n mal hin auf das Gesims! Ersetzen! Den Krug, der kein Gebein zum Stehen hat, Zum Liegen oder Sitzen hat, ersetzen!

VEIT: Sie hörts! Was geifert Sie? Kann man mehr tun? Wenn einer Ihr von uns den Krug zerbrochen, Soll Sie entschädigt werden.

FRAU MARTHE: Ich entschädigt! Als ob ein Stück von meinem Hornvieh spräche. Meint Er, daß die Justiz ein Töpfer ist? Und kämen die Hochmögenden und bänden Die Schürze vor, und trügen ihn zum Ofen, Die könnten sonst was in den Krug mir tun, Als ihn entschädigen. Entschädigen!

RUPRECHT: Laß Er sie, Vater. Folg Er mir. Der Drache! 's ist der zerbrochne Krug nicht, der sie wurmt, Die Hochzeit ist es, die ein Loch bekommen, Und mit Gewalt hier denkt sie sie zu flicken.