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Die Sicherheit der Menschen in Deutschland scheint vielen Politikern zunehmend egal zu sein. Während sie sich nach neuen Terror-Anschlägen nur in immer wilderen Statements der Mitleidsbekundung überbieten, passiert bezüglich der Prävention genau eines: nichts. Es geht alles weiter wie gehabt. Während Kriminalstatistiken explodieren, die Migrationskrise sich weiter verschärft und die deutschen Straßen vielerorts zum Pulverfass geworden sind, verliert auf der anderen Seite die Polizei als Ordnungshüter zunehmend an Autorität. Polizistinnen und Polizisten, die an vorderster Front ihren Kopf hinhalten, sind gefangen in einem Spannungsfeld zwischen Durchsetzung polizeilicher Maßnahmen und Anfeindung sowie Diffamierung in der Gesellschaft. Und sie wissen nie in welchem Zustand – gesund oder verletzt - sie am Abend heimkommen werden. Sie empfinden sich mehr und mehr als bloßen Spielball zwischen Politik und Gesellschaft, kaum wertgeschätzt und viel zu wenig unterstützt. Manuel Ostermann, einer der bekanntesten Polizisten Deutschlands, schlägt Alarm. Es ist fünf vor zwölf! Extremismus in jedweder Form, ob von links, von rechts oder religiös motiviert, muss endlich gleichermaßen bekämpft werden. Extremistische Kräfte in Deutschland dürfen sich nicht weiter radikalisieren, und die innere Sicherheit darf nicht erodieren. Sein Credo: „Ohne Sicherheit keine Freiheit. Ohne Freiheit keine Demokratie.“ Manuel Ostermanns Buch ist ein leidenschaftliches und zutiefst fundiertes Plädoyer für eine maximale politische und gesellschaftliche Kehrtwende, ehe es zu spät ist.
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Seitenzahl: 237
Veröffentlichungsjahr: 2025
Manuel OstermannDEUTSCHLAND IST NICHT MEHR SICHER
Wie unsere Polizei zwischen Politik und Straße aufgerieben wird
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Originalausgabe
1. Auflage 2025
© 2025 Deutscher Wirtschaftsbuch Verlag,
Deutscher Wirtschaftsbuch Verlag GmbH,
Christoph-Rodt-Straße 11, 86476 Neuburg an der Kammel
www.deutscherwirtschaftsbuchverlag.com
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Satz: Daniel Förster, Belgern
Korrektorat: Silvia Kinkel
Cover- und Umschlaggestaltung: www.b3k-design.de,
© 2025 Andrea Schneider & diceindustries
Bildnachweis: ©ZDF /Johanna Wittig
eBook: ePUBoo.com
ISBN Print: 978-3-69066-036-5
ISBN E-Book (PDF): 978-3-69066-038-9
ISBN E-Book (EPUB, Mobi): 978-3-69066-037-2
Dieses Buch widme ich meinenKolleginnen und Kollegen.
Danke für euren Dienst!
Traumberuf Polizist
Anarchie? Nein danke
Tod eines Polizisten
»Scheiß Bulle!«
Ein Polizist ist auch nur ein Mensch
Auf Sparflamme
Tatort: Schulhof
Im Schatten der Regenbogenflagge
Hat die Polizei ein Rassismus-Problem?
Plädoyer für eine innenpolitische Kehrtwende
Ulf, warum magst du Polizisten so gerne? Warum, wenn du sonst vor allem weniger Staat willst, weniger Beamte, weniger staatliche Autorität? Diese Frage musste ich als Liberaler oft beantworten, und die Antwort besteht immer aus drei Teilen.
Der erste Teil folgt einer tiefen Einsicht: Ohne Sicherheit gibt es keine Freiheit. Ohne das Gefühl der Bürgerinnen und Bürger, in ihrem Land sicher zu sein, verlieren sie den Glauben an eine liberale Gesellschaft und deren demokratische Ordnung. Menschen müssen sich sicher fühlen, um mutig zu sein. Sie brauchen die Gewissheit, dass es trotz aller Freiheitssehnsucht einen Rechtsrahmen gibt, der für alle gilt. Dieses Sicherheitsgefühl ist in den letzten Jahren leider rapide geschwunden. Einiges davon hält einer objektiven Betrachtung nicht stand, andere Anzeichen eines Sicherheits- und Freiheitsverlustes sind dagegen offensichtlich. Ein Beispiel: Von den ersten Glückserfahrungen auf der Love-Parade Anfang der Neunzigerjahre bis zu den riesigen Partys mit über 1,3 Millionen Menschen am Großen Stern Ende der Neunziger ist heute nichts mehr übrig – solche Veranstaltungen sind inzwischen aus Sicherheitsgründen unmöglich geworden. Stattdessen haben wir Weihnachtsmärkte, die abgesichert sind wie einst israelische Konsulate, und Schulen mit Metalldetektoren, die Schüler nach Waffen absuchen.
Gleichzeitig sind andere Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens friedlicher geworden – nicht zuletzt wegen einer alternden Gesellschaft. Doch die Gewalt, einst typisch für junge Männer, kommt nun auch vermehrt von brutalen Mädchengangs. Die deutsche Gesellschaft verändert sich rasant, und Migration hat zu einer Verschärfung des gesellschaftlichen Klimas geführt, die gerade jene Bürger belastet, die nicht in privilegierten oder gentrifizierten Vierteln leben und für die Polizei häufig eher Verachtung übrighaben.
Eine funktionierende Polizei ist ein Garant für sozialen Frieden, besonders in Brennpunktvierteln, in denen abgehängte und vernachlässigte Bevölkerungsteile auf wachsende Migrantengruppen treffen, die mitunter wenig Verständnis für unsere Gesellschaft mitbringen. Die Polizistinnen und Polizisten leisten hier eine heldenhafte und oft aufreibende Arbeit, um zumindest Mindeststandards durchzusetzen. Wer mit ihnen spricht – off the record natürlich –, merkt ihre Frustration darüber, Straftäter festzunehmen, die kurz darauf bereits wieder frei sind, und darüber, dass öffentliche Debatten oft nicht ihre Bedürfnisse berücksichtigen, sondern sich stattdessen an fragwürdigen Opferhierarchien orientieren.
Der zweite Teil meiner Antwort ist persönlich. Als Kind von Linken und später selbst als junger Linker war die Polizei in meinem Umfeld nicht beliebt. Doch auf der ersten Love-Parade sah ich junge Polizistinnen und Polizisten, die freundlich und lächelnd mit uns feierten, ohne die Würde ihres Berufs aufzugeben. Ihre moderne, weltoffene und entspannte Art veränderte mein Bild von der Polizei nachhaltig. Diese Veränderung hat sich dank Social Media fortgesetzt, wo Polizisten heute oft eigenverantwortlich gegen ein negatives Image vorgehen, das ihnen von arroganten Linken und Medienmachern zugeschrieben wird.
Der dritte Teil meiner Antwort: Auch radikal Liberale, die sich einen minimalen Staat wünschen, wollen niemals auf eine Polizei verzichten. Die individuelle Freiheit, die Sicherheit von Eigentum und die Einhaltung rechtsstaatlicher Normen machen die Polizei unverzichtbar. Eine unabhängige Polizei garantiert, dass Recht unabhängig von Wohlstand, Status oder Macht gleichermaßen durchgesetzt wird. Dies schützt gerade die Freiheit weniger privilegierter Personen. Gleichheit vor dem Gesetz ist Voraussetzung für fairen Wettbewerb und schützt vor Korruption und Machtmissbrauch.
Polizisten wie Manuel Ostermann, die über ihren Berufsalltag hinausdenken und klare Grenzen staatlicher Macht definieren, beeindrucken mich dabei besonders. Auf einem Polizeigewerkschaftskongress erstaunte mich das hohe Niveau der Debatten. Gerade junge Polizistinnen und Polizisten sehen sich als Bürger in Uniform, die die liberale Demokratie bewahren wollen. Sie verdienen weniger Verachtung durch Eliten und stattdessen mehr Anerkennung als Hüter unserer freiheitlichen Gesellschaft.
Wenn ein Bundestagsabgeordneter der Linken die Entwaffnung der Polizei fordert, die nach seiner Meinung in einem »rassistischen kapitalistischen« System nicht der Sicherheit diene, dann verdeutlicht das, wie verrückt Teile der Gesellschaft geworden sind. Ein derartiges Vorgehen »kennen wir nur vom FBI.«, kritisiert Strafrechtler Matthias Jahn von der Frankfurter Goethe-Universität im ZDF.1Nach der Räumung von Lützerath erklärte Luisa Neubauer, dass das Vorgehen der Polizei »in keiner Weise professionell« aussah, was besonders lustig ist, wenn das von jemandem kommt, der keinerlei Expertise vorzuweisen hat und sich für den eigenen PR-Kanal von der Demo tragen lässt.2So sieht Klassenkampf von oben aus. Und keiner merkt das.
Freiheit ist ohne Sicherheit nicht denkbar. Die Verwerfungen, besonders bei Gewaltkriminalität, bedrohen das gesellschaftliche Miteinander enorm. Abseits der elitären Blasen haben dies die meisten Bürger längst erkannt. Polizisten leiden unter der mangelnden Unterstützung durch die Politik, gerade in Krisenzeiten wie während der Corona-Pandemie. Ich wünsche mir mehr Sensibilität dafür, was es für Beamte bedeutet, absurde Verordnungen durchzusetzen.
Ich bin stolz auf die aufgeklärte und moderne Polizei in Deutschland und wünsche mir, dass sie endlich die Wertschätzung erhält, die sie verdient. Und um nicht zu euphorisch zu werden: Als Sportwagenfahrer fürchte ich die Autobahnpolizei, die mit Recht Radarfallen aufstellt.
Danke für euren Dienst, liebe Polizistinnen und Polizisten.
Dr. Ulf Poschardt | HerausgeberPREMIUM-GRUPPE
Vor der Bundestagswahl wurde ich gefragt, ob ich für die CDU kandidieren wolle. Ich fühlte mich geschmeichelt. Aber meine Antwort war eindeutig: »Ein Mandat? Noch nicht.« Als ich mich vor fünfzehn Jahren dafür entschied, Polizist zu werden, hatte ich ein klares Ziel vor Augen – und ich habe es noch heute: Für die Menschen in Deutschland einzutreten, mich für sie stark zu machen. Als erster stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Bundespolizei habe ich momentan viel bessere Möglichkeiten, mich zudem bundesweit für meine Kolleginnen und Kollegen zu engagieren, als ich sie im Bundestag hätte. Außerdem habe ich das Gefühl, in dieser Position näher an ihren Bedürfnissen dran zu sein. Tatsächlich bin ich von der Politik gar nicht so weit entfernt, denn ich bin in erster Linie Lobbyist. Ich berate sowohl die Landesregierungen als auch die Bundesregierung, wenn es um innenpolitische Gesetzesänderungen und Novellierungen geht, aber auch, wenn der Personal- und Sachhaushalt zur Debatte steht. Gleichzeitig bin ich immer wieder bei meinen Kolleginnen und Kollegen im Einsatzraum, direkt am Puls der Polizeiarbeit. Und was ich da die letzten Jahre erlebt habe, ist erschütternd und erschreckend.
Die Polizistinnen und Polizisten reiben sich in Deutschland im wahrsten Sinne des Wortes auf. Wenn sie morgens zum Dienst gehen, wissen sie nicht, in welchem Zustand – gesund oder verletzt – sie am Abend heimkommen werden. In vielen Städten und Gegenden Deutschlands ist die Straße regelrecht zum Pulverfass geworden. Was noch vor Kurzem eine rhetorische Möglichkeit war, ist heute deutsche Lebensrealität. Es ist mittlerweile nicht mehr nur ein subjektives Empfinden, dass sich die Sicherheitslage auf das Dramatischste verändert hat. Die Kriminalstatistiken zeigen eindeutig, dass die Jugendkriminalität, die Straftaten gegen Leib und Leben sowie gegen die sexuelle Selbstbestimmung und auch Drogendelikte – vor allem in öffentlichen Parks und an Bahnhöfen – stark zugenommen haben. Ein kollektiver Freiheitsverlust durch Angst ist die Folge, die Tendenz rasant steigend.
Auch die terroristische Bedrohungslage ist akut, immer wieder fallen Menschen religiös motivierten Terroranschlägen zum Opfer. Antisemiten sind auf dem Vormarsch. Die Verrohung der Gesellschaft schreitet auf vielen Ebenen voran. Vieles davon hat seine Ursachen in der Migrationskrise. Aber auch rechts- und linksradikale Straftaten werfen ihre Schatten über die Statistiken. All das gehört heute zur deutschen Realität. Und die Polizei als Ordnungshüter und ausführende Kraft der Staatsgewalt befindet sich mittendrin. Darüber hinaus verlieren Polizistinnen und Polizisten gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen zunehmend und deutlich an Autorität und müssen deshalb auch mit mehr Gewalt gegen sich selbst rechnen. Immer wieder waren sie in letzter Zeit Opfer von verbalen und tätlichen Angriffen oder sogar von Tötungsdelikten. Beschimpft und bespuckt werden? Gehört schon zum Alltag. Obwohl sich die Sicherheitskräfte tagtäglich in einem Spannungsfeld bewegen, zwischen staatlicher Befehlsausführung und Anfeindung sowie Diffamierung in der Gesellschaft, müssen sie stets einen kühlen Kopf bewahren. Sie haben einen Eid auf unsere Verfassung geschworen: Auch wenn ihr eigenes Leben in Gefahr ist, werden sie – vom IT-Spezialisten, über den Grenzpolizisten bis hin zum Kriminalbeamten – für den Schutz der Menschen eintreten. Und das während Millionen von Überstunden jährlich.
Wir müssen endlich einen Perspektivwechsel vollziehen! Die Politik der vergangenen Jahre hat in Deutschland eine Situation verursacht, in der sich viele meiner Kolleginnen und Kollegen als Spielball empfinden, wenig wertgeschätzt und mäßig unterstützt. Diskreditierung, Hass und Hetze, Gewalt, schlechte Ausstattung, zum Teil miese Besoldung, fehlende Karrieremöglichkeiten, veraltete Gesetze und immer wieder dieselben leeren politischen Phrasen zermürben viele Polizistinnen und Polizisten. Manche kündigen sogar, weil sie es nicht mehr ertragen. Auch, weil sie immer wieder zur Zielscheibe von Diffamierungskampagnen werden. Doch was wäre unsere Gesellschaft ohne eine ausreichende Zahl an Polizistinnen und Polizisten, die für die öffentliche Sicherheit eintreten? Es würde Anarchie herrschen! Nicht auszudenken!
Ist es fünf vor zwölf? Nein, es ist eigentlich schon viel zu spät! Wir brauchen dringend eine radikale innenpolitische Kehrtwende. Und das im Sprint und im Marathon zugleich. Die Politikerinnen und Politiker müssen endlich mit sich selbst und mit ihren Wählern aufrichtig sein. Und sie müssen vor allem zur sicherheitspolitischen Neugestaltung bereit sein. Für immergleiches Koalitionsgetuschel sowie »Brandmauer«-Rhetorik, für leere Versprechungen und für eine scheinbare moralische Überlegenheit haben wir keine Zeit mehr. All das lähmt unser Land und schadet seinen Menschen. Sicherheitspolitik darf nicht für die Partei und ihre Wahlchancen, sondern muss für das Land gemacht werden.
Wir brauchen dringend eine Stärkung der sozialen und sicherheitsspezifischen Infrastruktur. Zudem müssen Polizistinnen und Polizisten wieder mehr Anerkennung sowie politischen und öffentlichen Rückhalt erfahren. Wer die Polizei stärkt, setzt sich auch für die Sicherheit der Bürger ein. Und das haben wir dringend nötig.
Ich wünsche mir ein Land, in dem wir uns alle wieder sicher und frei bewegen können, in dem wir uns nicht einschränken müssen, ein Land, in dem alle Menschen, egal welchen Geschlechts, welcher Religion und welcher sexuellen Orientierung, frei und ohne Angst leben können. Ein Land, in dem radikale Kräfte keine Chance haben. Ich wünsche mir eine starke Demokratie, die auf Freiheit und Sicherheit basiert.
Ich war gerade einmal fünf Jahre alt, als mich mein Onkel mit zu der Polizeiwache im Nachbarort nahm, wo er Dienst tat. Immer, wenn er bei uns zu Besuch war, fragte ich ihn aus, wie viele Verbrecher er heute schon gefasst habe. Und immer sah er mich mit ernster Miene an und antwortete: »So viele wie nötig!« Ich erstarrte jedes Mal vor Ehrfurcht. Das klang nach sehr, sehr vielen. Die Welt musste nun wieder sicher und in Ordnung sein. Mein Onkel war – gleich nach meinem Vater – ein Held für mich. Er spürte genau, wie neugierig ich auf alles war, was mit der Polizei zu tun hatte, und versprach mir deshalb, mich einmal mit auf die Wache zu nehmen und mir alles zu zeigen. Endlich war der Tag gekommen. Ich weiß noch genau, wie hellauf begeistert ich war, als mich mein Onkel im Hof hinter der Wache in einem der Streifenwagen, einem grünen Opel, sitzen ließ und ich ganz kurz das Blaulicht anschalten durfte. Ich streckte meine Arme aus und griff das Lenkrad fest mit beiden Händen. Ich versank dabei im Sitz und konnte kaum über das Armaturenbrett schauen, aber was war ich stolz wie Bolle! Ein Polizeiauto war für mich damals der Inbegriff des Abenteuers, der Macht und der Sicherheit: »Damit können sie einfach alles machen, sogar bei Rot über die Ampel fahren! Wenn so ein Auto kommt, bist du sicher. Wer da drin sitzt, dem kannst du blind vertrauen. Er ist für dich da, wenn du ihn brauchst. Das sind gute Menschen. Ja, Superhelden!« Dann wurde es noch spannender: Ich durfte einen Blick in die Gewahrsamszellen im Keller des Gebäudes werfen. Schauder! Das war noch besser als jede Geschichte auf meinen Kassetten der »Drei ??? Kids«. Als mir ein Kollege meines Onkels beim Abschied noch seine schwere schwarze Dienstjacke mit dem Schriftzug Polizei über die Schulter legte, war mein Glück perfekt. Sie reichte fast bis zum Boden, als ich so vor ihm stand und ihn anstrahlte. Ich werde den Geruch des Leders nie vergessen. Er wird mich immer daran erinnern, dass ich von diesem Moment an einen Traumberuf hatte: Polizist.
Bis es so weit war und ich den Beruf tatsächlich ergreifen konnte, gab es allerdings noch einige Hürden zu überwinden. Denn so einfach war das für mich gar nicht. Ich wurde von meinen Grundschullehrern in Rheine, wo ich aufgewachsen bin, für die Hauptschule vorgeschlagen. Die absolut richtige Entscheidung für mich zu der Zeit. Ich war damals weder grottenschlecht noch konnte ich herausragende Leistungen vorweisen. »Ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es muss«, sagt man bei uns im Münsterland. Und so war es auch bei mir. Ich war damals einfach nicht bereit, mehr als das Nötigste zu leisten und hatte auch keine hohen intellektuellen Ansprüche an mich selbst.
Zu Hause bekam ich keinerlei Druck, auf eine höhere Schule zu gehen. Für meinen Vater, einen Polier auf dem Bau, und für meine Mutter, die im Krankenhaus als Stationshilfe arbeitete, war das kein Thema. Für sie war so alles richtig und gut. Die Lehrer werden das schon einschätzen können. Wenngleich meine schulischen Leistungen mäßig waren, ging ich dennoch nicht in der Masse unter. Ab der 5. Klasse wurde ich jedes Jahr wieder und wieder zum Klassensprecher und in der 10., der Abschlussklasse, sogar zum Schulsprecher gewählt. Ich hatte schon früh das Bedürfnis, für andere einzutreten, mich vor Schwächere zu stellen und sie zu schützen. Meine Mitschüler schienen von Anfang an gemerkt zu haben, wie wichtig es mir war, für Gerechtigkeit einzutreten. Es war mir immer daran gelegen, meine feste innere Überzeugung auch nach außen zu tragen. Außerdem hatte ich eine vermittelnde und ausgleichende Art. Je älter ich wurde, umso wichtiger wurde es mir, dass mir meine Mitschüler vertrauten und ich die gesamte Schülerschaft vertreten durfte. Ich fühlte mich geehrt, bei Lehrerkonferenzen mitreden zu dürfen, auf bestimmte Disziplinarmaßnahmen gegenüber Mitschülern einwirken zu können und, da wo ich konnte, Streit zu schlichten. Das soziale Miteinander war mir wichtiger als irgendein geistiger Höhenflug. Außerhalb der Schule hatte ich genug anderes zu tun als Hausaufgaben: Wie alle meine Kumpels spielte ich Fußball, ich war Messdiener in der Kirche und trug Zeitungen aus, um etwas Geld zu verdienen. Ich sparte nämlich auf einen Roller. Ein anderer Job lag mir aber noch viel mehr: Die Caritas vermittelte damals junge Menschen an Familien mit Kindern, die Autismus oder eine Behinderung hatten. Die Jugendlichen entlasteten die Eltern, indem sie für sie babysitteten oder mit ihnen als Unterstützung irgendwelche Freizeitaktivitäten unternahmen, sie zum Beispiel auf die Kirmes begleiteten. Das war genau mein Ding. Die Arbeit mit Menschen machte mir riesigen Spaß – und ich wurde gebraucht. Auch das gab mir ein gutes Gefühl. Ich konnte Gutes tun und gleichzeitig damit Geld verdienen – perfekt!
In all der Zeit blieb ich dabei: Ich wollte Polizist werden. Doch eine Voraussetzung, um sich überhaupt bei der Polizei bewerben zu können, war die Mittlere Reife. Mit meinen Noten war der Sprung auf die Realschule allerdings nicht möglich. Meine Strategie »Leistung auf Sparflamme« hatte nicht funktioniert. Ich war frustriert und von mir selbst enttäuscht. Aber das stachelte meinen Ehrgeiz an – es musste doch einen Weg geben … Und tatsächlich: Ich fand heraus, dass man die Möglichkeit hatte, sich für den Polizeidienst zu bewerben, wenn man zusätzlich zum Hauptschulabschluss eine abgeschlossene Ausbildung vorweisen konnte. Der gehobene Dienst schien damit allerdings unerreichbar, denn dafür brauchte man das Abitur. Für mich war also ein praktischer Zwischenschritt nötig. Mit wenig Enthusiasmus begann ich eine Lehre als Fachkraft für Schutz und Sicherheit. Das konnte mir später bei der Polizei nur zugutekommen, dachte ich mir. Doch nach nur drei Monaten wurde meinem Ausbildungsbetrieb von der IHK die Lizenz entzogen. Ich stand quasi auf der Straße und hatte erst einmal keine Ahnung, wie es weitergehen sollte. Eine andere Ausbildung anfangen? Aber was? Ich hatte schon in der kurzen Zeit gemerkt, dass dieser Beruf eigentlich nichts für mich ist. Wieder musste ich etwas um die Ecke denken. Ich bewarb mich schnellstens bei allen Berufsschulen im näheren Umkreis in der Hoffnung, dass ich auf einer von ihnen zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen würde. Denn wenn mir das gelänge, hätte ich schon nach dem ersten Jahr den Realschulabschluss in der Tasche und nach zwei weiteren Jahren eine abgeschlossene Ausbildung. Ich konnte mein Glück nicht fassen: Das Berufskolleg der Stadt Rheine nahm mich in den Kurs mit der Fachrichtung Metall auf.
Hier legte ich mich bedeutend mehr ins Zeug als auf der Hauptschule, schließlich wollte ich meine Chance nutzen. Der Metallberuf allerdings, das merkte ich schnell, war nichts für mich. Überhaupt wurde mir immer klarer, dass das Handwerk, egal welches, nicht wirklich zu mir passt. Stattdessen wurde mein Wunsch, endlich in einer Polizeiuniform zu stecken, immer stärker. Dementsprechend strengte ich mich derart an, dass ich das erste Berufsschuljahr doch recht passabel mit der Mittleren Reife abschließen konnte. Als ich das Zeugnis in Händen hielt, musste ich mir eingestehen, dass das gar nicht so schwierig gewesen war. Aber von nichts kommt eben nichts. Man musste sich etwas anstrengen. Das hatte ich jetzt begriffen. Mit 19 Jahren war es endlich so weit: Ich konnte mich bei der Polizei bewerben. Ich schickte meine Unterlagen zur Bundespolizeiakademie in Lübeck und wartete auf eine Einladung zum schriftlichen Teil des Eignungsauswahlverfahrens. Das war noch keine große Hürde. Da ich nicht nur wartend herumsitzen konnte und wollte, meldete ich mich zeitgleich auf der städtischen kaufmännischen Schule an, mit dem Ziel, dort das Fachabitur zu machen. Sollte es mit dem mittleren Dienst bei der Polizei nicht klappen, dann würde ich eben studieren. Auch danach als Zeitsoldat zur Bundeswehr zu gehen, war eine Option. Der schriftliche Polizei-Eignungstest, an dem ich in Bochum teilnahm, lief gut. Meine Hoffnung auf ein Weiterkommen war groß. Allerdings ließ das Ergebnis auf sich warten. Also bereitete ich mich erst einmal weiter auf das Fachabitur vor, war mit den Gedanken aber meist anderswo, denn ganz ehrlich: Eigentlich kam nicht wirklich etwas anderes als die Polizei für mich infrage. Ich war ungeduldig und gleichzeitig vorsichtig. Die ganze Zeit über achtete ich darauf, dass ich mich beim Sport oder bei anderen Aktivitäten nicht verletzte. Denn irgendein körperlicher Schwachpunkt, eine Blessur, könnte meine Chancen beim praktischen Teil des Bewerbungsverfahrens zunichtemachen. Ganz abgesehen davon war damals aufgrund der Finanzkrise gar nicht einmal klar, ob in absehbarer Zeit überhaupt neue Polizisten eingestellt würden. Es war also alles offen, was ich als ziemlich nervenaufreibend empfand.
Der ersehnte Brief kam dann aber schneller als gedacht: Ich hatte den schriftlichen Teil bestanden und erhielt eine Einladung der Bundespolizei, ein halbes Jahr später am zweiten und dritten Teil des Auswahlverfahrens teilzunehmen. Den sportlichen Eignungstest nahm ich mit links, und auch die polizeiärztliche Untersuchung lief gut. Doch das bevorstehende Vorstellungsgespräch bei der Eignungskommission verursachte mir Bauchschmerzen. Ich war schrecklich aufgeregt und fragte mich, ob ich den Herausforderungen im Polizeialltag überhaupt gewachsen sei. Solche Selbstzweifel kannte ich gar nicht von mir. Ich war mir doch immer so sicher gewesen. Deshalb redete ich mir gut zu: »Okay, Manuel, Augen zu und durch!« Und Gottseidank, kurz vor dem Vorstellungsgespräch wurde ich glücklicherweise wieder ganz ruhig. Ich hätte ja jetzt sowieso nichts mehr ändern können.
Was war das für eine Qual, nach dem Vorstellungsgespräch eineinhalb Stunden lang vor geschlossener Tür auf das Ergebnis zu warten! Nervös lief ich hin und her. Als der Vorsitzende der Kommission endlich herauskam, mir auf die Schulter klopfte und mich wieder in den Raum holte, ahnte ich es schon. Es passierte das, wovon ich mein Leben lang geträumt hatte: »Herr Ostermann, sie sind hier genau richtig. Herzlich Willkommen bei der Bundespolizei!« In diesem Moment brach der Damm. Ich, der ach so gestandene starke junge Mann, heulte Rotz und Wasser. Vor Erleichterung. Vor Freude. Vor Stolz. Ich war fast am Ziel angekommen.
Als ich nach Hause kam, wurde gerade der Geburtstag meiner Schwester gefeiert. Die gesamte Verwandtschaft war anwesend. Alle Augen waren auf mich gerichtet. Ich strahlte. Als mich mein Onkel, der normalerweise eher zurückhaltend ist, zur Tür hereinkommen sah, stand er als Erster vom Tisch auf und nahm mich in die Arme: »Glückwunsch, Kollege!« Ich glaube, niemand freute sich so sehr mit mir wie er. Ein Kreis hatte sich geschlossen. Noch erschien es mir ganz surreal. Wirklich? Kollege? »Siehst du, es hat doch alles funktioniert«, bekräftigte meine Mutter aus dem Hintergrund das Unfassbare.
Leider war mit der Einstellungszusage im März 2010 noch lange nicht der Tag gekommen, an dem ich meine Ausbildung beginnen konnte. Es dauerte noch fast ein halbes Jahr, bis ich am 1. September meinen Dienst im Aus- und Fortbildungszentrum der Bundespolizei antreten durfte. Eine gefühlte Ewigkeit. Die erste Station war schließlich Walsrode in Niedersachsen. Schon die erste Woche übertraf alle meine Erwartungen. Gemeinsam mit etwa 75 Kolleginnen und Kollegen ging es erst einmal darum, die Buden zu beziehen, Uniformen anzuprobieren, sich kennenzulernen, erste formale Ausbildungseinheiten zu absolvieren. Wir hatten von Anfang an eine gute Kameradschaft. Ich fühlte mich sauwohl und strotzte vor Enthusiasmus. Als ich am Wochenende in mein Auto stieg und in das zwei Stunden entfernte Rheine fuhr, konnte ich es kaum erwarten, mich meinen Eltern in voller Montur zu zeigen. »Jetzt hast du es halt geschafft!«, begrüßte mich meine Mutter strahlend. Und auch meinem Vater konnte man anmerken, wie stolz er auf mich war, während ich unablässig von den ersten Tagen als Polizist erzählte. Ich bat meine Mutter, die Uniform für mich zu waschen. Als ich sie später im Garten auf der Wäschespinne trocknen sah, konnte ich mir den Gedanken nicht verkneifen, dass sie nun alle Nachbarn sehen konnten. Am Sonntag ging es, die Uniform ordentlich gefaltet und gepackt, wieder los. Zweieinhalb Jahre lang war ich nun unter der Woche in der Polizeischule und am Wochenende zu Hause.
Im ersten Jahr genoss ich vor allem die Struktur und Ordnung, die an der Polizeischule galt. Und ich mochte die Vielseitigkeit der Ausbildungskomponenten: Vom Hose-Falten, über das Stube-Putzen bis hin zu Psychologie, Kriminalistik, Schieß- und Situationstraining sowie Erste-Hilfe-Kurse, Funken und Einsatzrecht. Es war aus so vielen Bereichen etwas dabei, dass es einem einfach nie langweilig wurde. Auch die hierarchisch basierte Disziplin, die herrschte, fühlte sich für mich richtig an. Alle Auszubildenden standen grüßend auf, wenn ein Dozent oder ein Lehrgruppenleiter in ein Zimmer kam. Ich weiß, dass heute in den Polizeischulen ein anderer Wind weht – sie sind eher universitär geprägt. Einen derartigen Korpsgeist, der damals noch selbstverständlich war, gibt es nicht mehr. Jede Generation hat ihren Weg.
Es ist fast nicht zu glauben, aber es gab nie Ärger oder Zoff. Die Atmosphäre war immer kollegial und positiv. Wir hatten eine rundum tolle Zeit. Zum Großteil waren sicher auch unsere Ausbilder dafür verantwortlich. Ich hatte einige wunderbare Vorgesetzte, die mich mit ihrem Vorbild und ihrem Charisma bis heute prägen. Sie verkörperten für mich das Ideal eines Polizeibeamten: eindeutig in der Kommunikation, sicher im Auftreten, klar im Handeln und das Herz am rechten Fleck.
Im zweiten Dienstjahr wurde es aber erst richtig interessant. Jetzt begannen für uns Bundespolizisten die Praktika vor Ort: Flughafen, Grenze, Bahn und Bereitschaftspolizei. Für mich als Hubschrauber-Fan gehörte der Flug mit einem EC 135 Eurocopter zum absoluten Highlight bei der Grenzpolizei. Obwohl mein Dienstwunsch nach der Abschlussprüfung »Bahnhof oder Grenze« hieß, wurde ich zuerst für ein Jahr an den Flughafen Frankfurt versetzt. Ich weiß noch, wie es sich anfühlte, das erste Mal zum Dienst zu fahren. »Jetzt bist du auf dich allein gestellt. Jetzt steht keiner mehr hinter dir. Jetzt musst du hinter denen stehen, die dich brauchen. Die Menschen verlassen sich jetzt auf dich«, ging es mir durch den Kopf. Ich war bereit.
Der Schichtdienst am Flughafen verlief relativ ereignislos. Ich hatte nette Kollegen und eine lehrreiche Zeit. Aber das war es dann auch für mich. Ich wollte mehr im Geschehen sein. Mich zog es immer noch zur Grenz- und Bahnpolizei, auch die Bereitschaftspolizei reizte mich. Letztendlich wurde es die mobile Kontroll- und Überwachungseinheit, die damals in Goch stationiert war, aber einen großen Radius hatte. Dort wurde es bedeutend aufregender: Wohnungsdurchsuchungen, Versammlungslagen, Fußballeinsätze, Observation, Gewaltprävention, Grenzfahndung und so weiter. Bei der Aufgabenvielfalt schlug mein Adrenalinlevel regelmäßig im Dienst aus. Vor allem bei den Einsätzen an den Bahnhöfen, die wir regelmäßig hatten, ging es hoch her. Zwangsmaßnahmen waren bei unseren Einsätzen häufig nötig, um die Situation unter Kontrolle zu bringen. Der zunehmende Gewaltpegel war schon damals deutlich zu spüren. Aber ich war weiterhin am richtigen Platz. Keine Frage.
Jeder normale Mensch hat ein Schutzbedürfnis. Als Polizist gehst du dahin, wo Menschen Hilfe brauchen oder von wo andere fliehen. Mir war bewusst, dass ich jedes Mal, wenn ich zu Gewaltdelikten, zu einem Notfall oder zu irgendeiner gefährlichen Situation gerufen werde, mein Leben riskiere. Jedes Mal, wenn ich zum Dienst gefahren bin, habe ich immer wieder bewusst diese Entscheidung getroffen: »Ich bin bereit, mich mit Leib und Leben für den Schutz der Menschen in meinem Land einzusetzen. Dafür lohnt es sich, dass ich alles gebe. Ich will, dass die Menschen hier frei und sicher leben können.«
Eines Tages fiel mir noch ein anderes Amt mehr oder weniger in den Schoß. Noch recht dienstjung wurde ich zum Personalratsvorsitzenden gewählt. Das hatte eine prägnante Vorgeschichte: Ich war seit 2014 Mitglied der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) und hatte es ein Jahr später gewagt, bei einer Personalversammlung als einfacher Polizeimeister aufzustehen und meine Meinung zu sagen. Seit die Migrationskrise ihren Anfang genommen hatte, brodelte es ziemlich in den Reihen der Polizei. Auch mir ging einiges gegen den Strich. Ich ließ meinem Unmut freien Lauf und sagte, was mich störte, wie die Realität aussah, was tragbar war und was nicht. Ich nahm kein Blatt vor den Mund. Als ich mich wieder setzte, konnte ich mich kaum noch daran erinnern, was genau ich gesagt hatte. Wie benommen hörte ich nur den tosenden Applaus von der versammelten Mannschaft. Bleibt zu erwähnen, dass der damalige Polizeipräsident bei der Versammlung auch anwesend war, was wohl ein Grund mehr für die anderen war, meinen Mut zu bewundern. Später strömten mehrere Kollegen auf mich zu und baten mich innigst, eine aktive Rolle in der Gewerkschaft zu übernehmen. Ich hätte bewiesen, dass ich genau der Richtige für so einen Job sei. Tatsächlich musste ich nicht lange überlegen: Warum nicht?!
Auch die Gewerkschaftsarbeit machte mir sofort Spaß. Es liegt mir einfach im Blut: Wieder konnte ich auf Ungerechtigkeiten hinweisen, Kompromisse erwirken, durfte und musste für meine Kolleginnen und Kollegen eintreten. Das kannte ich ja schon aus Schulzeiten. Das funktionierte so gut, dass es plötzlich Schlag auf Schlag ging: 2017 Beauftragter der jungen Polizei der DPolG Bundespolizei im Bezirksverband NRW, Anfang 2018 stellvertretender Beauftragter DPolG Bundespolizei auf Bundesebene, Ende 2018 ebenda stellvertretender Bundesjugendleiter, 2019 stellvertretender Bundesvorsitzender der DPolG Bundespolizeigewerkschaft, 2023 ihr erster stellvertretender Bundesvorsitzender sowie Mitglied im Bundesvorstand der DPolG Bund.