Die Autobiografie von Jean-Luc Picard - David Goodman - E-Book

Die Autobiografie von Jean-Luc Picard E-Book

David Goodman

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Beschreibung

Die Autobiographie von Jean-Luc Picard erzählt die Geschichte einer der berühmtesten Personen in der Geschichte der Sternenflotte. Sein außergewöhnliches Leben und seine Karriere sind eine dramatische Lektüre: Miltärgericht, unerwiderte Liebe, Gefangennahme und Folterung durch die Cardassianer, Assimilierung durch die Borg und unzählige Begegnungen als Captain des berühmten Raumschiffs Enterprise.

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INHALT

VORWORTvon Dr. med. Beverly Crusher Picard

PROLOG

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

ANMERKUNGEN

Für meinen Vater.

VORWORT

VON DR. MED. BEVERLY CRUSHER PICARD, CAPTAIN DER STERNENFLOTTE

ALS JEAN-LUC MICH BAT, DIESES VORWORT ZU VERFASSEN, wurde ich von einer Flut von Emotionen erfasst. Ich habe mit diesem Mann so viel durchgestanden, wie könnte ich da in Worte fassen, was er mir – und noch viel wichtiger – für die Geschichte der Galaxis bedeutet? Er hat im Alleingang Kriege verhindert, Zivilisationen gerettet, die Grenzen unseres Wissens erweitert …

OH, WAS FÜR EIN GESÜLZE! Ich bin Q. Vielleicht habt ihr schon von mir gehört. Ich bin quasi allmächtig und schreibe diesen öden Aufsatz von Dr. Beverly jetzt noch mal neu. Fragt mich nicht, wie – ich kann an allen Orten und Zeiten gleichzeitig sein und verbessere dieses Vorwort, noch während ihr es lest. Wusstet ihr, dass die beiden ineinander verliebt waren? Wir wussten es alle und es hat Jahre gedauert, bis sie endlich mal was unternommen haben. Picard schreibt bestimmt in diesem Buch etwas darüber, glaube ich jedenfalls. Ich hab’s nicht gelesen. Vielleicht lese ich es ja gleich mal.

Okay, fertig.

Es ist so was von trivial, voll von diesen typisch menschlichen Klischees: Wie man widrige Umstände überwindet und aus seinen Fehlern lernt. Oh, und natürlich die Bedeutung von Freundschaft und Liebe. Menschen sind so leicht zu durchschauen. Keine Ahnung, warum ich mich überhaupt mit so was abgebe. Vielleicht, weil ich im Vergleich zu Picard ein wahrer Gott bin und er es trotzdem geschafft hat, sich mir in den Weg zu stellen. Ich hätte ihn schon vor Jahren zerstören und seine Existenz auslöschen können. Könnte ich genau genommen immer noch.

Schon passiert. Und jetzt habe ich ihn wieder zurückgebracht. So einfach ist das.

Ich sage es nur ungern, aber Picard verleiht meinem Leben Bedeutung. Über die Zeiten hinweg habe ich schon mit vielen Vertretern seiner Spezies mein Spiel getrieben. Die meisten sind im Irrenhaus gelandet, nicht aber Picard. Er ist der perfekte Mensch: Er strebt nach Höherem, er erreicht seine Ziele, er ringt so lange mit einem Problem, bis er eine Lösung hat und er macht auch mal Fehler. Der Unterschied ist, dass er das im Gegensatz zu den meisten von euch auch zugibt. Ihr habt keine Ahnung, wie selten das bei eurer Spezies ist. Vielleicht mögt ihr ihn deshalb so sehr. Und vielleicht gefällt dir, armseliges Menschlein, ja dieses Buch. Und jetzt zurück zur jämmerlichen Dr. Beverly.

… ein Zeugnis seiner großen Leistungen, aber auch seiner Person. Ich hoffe, es gefällt Ihnen ebenso sehr wie mir.

PROLOG

IM KORRIDOR WAR ES ZUGLEICH ERDRÜCKEND HEISS UND EISKALT. Heiß, weil mich eine tatsächliche Hitze umgab, eiskalt, weil hier keinerlei Emotionen spürbar waren. Meine Freiheit endete hier.

»Um unsere Einführung in eure Gesellschaft zu erleichtern, haben wir beschlossen, dass wir einen menschlichen Sprecher benötigen, der sämtliche Kommunikation für uns übernimmt. Sie wurden dazu ausgewählt.«

Ich wurde von zwei Wächtern flankiert, stummen Hybriden aus Mensch und Maschine. Sie führten mich durch einen modernen Katakombengang, der sich zu beiden Seiten drei Kilometer lang erstreckte. Bleiche, graue Gestalten, genau wie die an meiner Seite, reihten sich auf den Ebenen eines gigantischen Metallgerüsts aneinander. Erfolglos versuchte ich, den Ursprung der Stimme ausfindig zu machen. Sie umgab mich und schien von all den Gestalten zu kommen, doch ihre Münder bewegten sich nicht.

Dies waren die Borg. Eine außerirdische Rasse kybernetischer Wesen, halb organisch, halb Maschine und durch ein kollektives Bewusstsein miteinander verbunden. Sie ließen ganze Städte von Planeten verschwinden, verleibten sich deren Bewohner und Technologie ein und machten sie zu einem Teil ihres Kollektivs. Und nun wollten sie mich zu ihrem Sprecher machen, der ihnen dabei half, meine eigenen Leute zu assimilieren. Hier ging es um den Fortbestand einer ganzen Zivilisation. Ich kommandierte das Flaggschiff der Föderation, die U.S.S. Enterprise, ein Raumschiff der Galaxy-Klasse mit über eintausend Besatzungsmitgliedern. Wir waren die ersten gewesen, die sich dem Borg-Kubus – einem riesigen, siebenundzwanzig Kubikkilometer großen Raumschiff, das in unseren Sektor vorgedrungen war – entgegengestellt hatten. Die Kolonie New Providence auf Jouret IV war ihm bereits zum Opfer gefallen.

Unser erster Angriff auf den Borg-Kubus war nur teilweise erfolgreich verlaufen. Als mir klar wurde, dass wir das Schiff nicht würden aufhalten können, setzte ich meine Hoffnung darin, es zumindest so lange aufzuhalten, bis die Sternenflotte Verstärkung schicken konnte, um es zu zerstören. Tatsächlich spielte das den Borg in die Hände, da sie es gezielt auf mich abgesehen hatten. Als meine Hinhaltetaktik schließlich nicht mehr funktionierte, entführten sie mich direkt von der Brücke meines eigenen Schiffes.

Nun wurde mir klar, warum sie sich für mich interessierten. Sie sagten, unsere »archaische Zivilisation« sei von Autorität getrieben, weswegen sie einen einzelnen Sprecher bräuchten. Ich würde mich aber nicht von ihnen benutzen lassen. Ich hatte Angst, rief mir aber ins Gedächtnis, dass Mut nicht die Abwesenheit von Furcht ist, sondern der Triumph darüber. Ich musste einfach kämpfen. Schon unzählige Male war ich in meiner Karriere auf Widersacher getroffen und mein Leben war mehrfach in Gefahr gewesen. Mit meinem entsprechenden Erfahrungsschatz fühlte ich mich für den kommenden Kampf gut gewappnet und war entschlossen, bis zum Ende durchzuhalten.

Wie naiv und dumm ich doch war.

Ohne Vorwarnung ergriffen mich meine zwei Wächter und umschlossen meine Arme wie ein metallener Schraubstock. Sie hoben mich vom Boden und warfen mich auf einen Tisch in der Nähe. Während mich einer von ihnen an der Kehle packte, zog der andere mir die Uniform aus. Nackt und hilflos lag ich da.

Ich betrachtete den Wächter, der mich am Hals festhielt. Früher war er einmal ein Mensch gewesen. Nun war sein rechtes Auge komplett von einem kybernetischen Implantat verdeckt, Schläuche und Kabel verbanden Kopf und Brust, und sein Gesicht war bleich wie ein Gespenst. Er starrte mich mit dem leeren Blick eines Toten an. Dann hob er die Hand. Drei Kanülen kamen zum Vorschein und stachen mich in den Hals. Mir wurde etwas injiziert und auf einmal änderte sich alles.

Ich hörte Stimmen. Zuerst nur ganz leise, dann immer lauter, wie eine tosende Welle, der ich nicht entkommen konnte; sie rollten über mich hinweg, und schon war ich untergetaucht. Diffuse, ohrenbetäubende Geräusche, Sprachen, die mir völlig fremd waren … und plötzlich verstand ich sie alle. Allein auf diesem Schiff befanden sich Hunderttausende Seelen, die mit vielen Milliarden mehr verbunden waren, und sie alle funktionierten allein und doch gemeinsam. Es fühlte sich an, als wollte jede einzelne davon in meinen Geist vordringen.

Ich versuchte, mich ihnen zu widersetzen, aber ich hatte keine Möglichkeit zur Verteidigung, denn sie waren bereits in meinem Kopf. Wie eine Milliarde Hände, die sich über den Wühltisch in einem Second-Hand-Laden aus alten Zeiten hermachten, alles herauszogen und begutachteten, was sie interessierte und achtlos beiseite warfen, was sie nicht brauchten. Sie sprangen in meinen Erinnerungen umher: mein erster Haarschnitt; ich lache mit einem Freund; Jahre später lache ich ganz ähnlich mit meinem Ersten Offizier; meine Abschlussprüfung an der Akademie; mein Bruder, der mich in den Matsch schleudert; die erste Frau, mit der ich jemals intim war.

Dann wurden ihre Suchanstrengungen genauer und fokussierten sich auf ein bestimmtes Ziel: meine beiläufige Erinnerung an einen Kommandanten einer Sternenbasis, der mir erzählt, wie sein Verteidigungsschild funktioniert; daran, wie ich eine Phaserbank auf einem Schiff der Constellation-Klasse abfeuere, bis sie leer ist; meine Crew, die mich über ihre Pläne unterrichtet, sich gegen die Borg-Waffen zu verteidigen.

Doch das war noch nicht alles. Jetzt wollte das Kollektiv sich auch noch meinen Verstand zu Nutze machen: Die Borg wollten wissen, wie man die Menschheit meiner Meinung nach am effektivsten angreifen konnte. Ich konzentrierte mich darauf, ihnen Falschinformationen zu geben, aber die betrügerische Fassade wurde mir sofort weggerissen wie eine Halloweenmaske aus Papier. All meine Erfahrungen und Einschätzungen gehörten jetzt ihnen. Zwar hatte ich noch eine vage Vorstellung davon, wer ich war, doch ich konnte meinen Geist nicht mehr selbst kontrollieren. Er war nun Teil des Kollektivs, das meine Gedanken und Erfahrungen benutzte, um eine neue Identität zu erschaffen. Das Moralbewusstsein, die Ethik, Loyalität und Zuneigung Jean-Luc Picards flossen als Rinnsal zu einer kläglichen Pfütze zusammen, über der die neue Identität thronte.

Sie nannten sie Locutus. Sie konnte über alles verfügen, was mich ausmachte. Sie war ich und zugleich war ich es nicht. Ich hatte keine Kraft, mich zu wehren.

Was von meinem Ich noch übrig war, musste hilflos zusehen, wie Locutus gemeinsam mit den Borg meine eigenen Informationen nutzte, um Pläne zu schmieden. Ich sah klar und deutlich, wie das Ganze sich abspielen würde. Die Enterprise wäre das erste Ziel; die Feinde konnten nun die Pläne zur Zerstörung des Borg-Kubus einsehen, und das Kollektiv arbeitete bereits an einer Verteidigungsstrategie. In wenigen Augenblicken hätten sie es geschafft, und die Enterprise würde versagen.

Ich war ein Nichts, kaum mehr als ein Häufchen Elend. Ich wollte nur noch sterben. Das Kollektiv hörte mein Flehen. Einen Augenblick lang verstummten die Stimmen, als hätte jemand ihnen befohlen, zu schweigen. Dann folgte ein gedämpftes Lachen, bösartig und freudlos.

»Wir werden dich nicht sterben lassen, Jean-Luc«, sagte eine Frauenstimme. »Noch nicht.«

KAPITEL 1

DIE TÜR ZUM KELLER WAR AUS EICHENHOLZ. Sie bestand aus fünf dicken Längs- und zwei Querbalken und war immer verschlossen. Zum Schloss gehörte ein großer, uralter Schlüssel an einem übergroßen Metallring, der an einem Haken im Wandschrank hing. Ich hatte nur einige wenige Male gesehen, wie mein Vater in den Keller gegangen war. Er hatte den Schlüssel aus dem Schrank genommen, aufgeschlossen, war hineingegangen und hatte die Tür schnell hinter sich zugezogen. Dann hörte ich nur noch die knarzenden Holzstufen. Nach einer Weile kam er wieder heraus, schloss ab und hängte den Schlüssel zurück.

Es ist schwer zu beschreiben, welche magische Anziehungskraft diese verschlossene Tür auf mein jüngeres Ich hatte. Unser Haus war mehrere Jahrhunderte alt, da gab es jede Menge Türen, die noch Schlösser hatten, aber keine davon war tatsächlich verschlossen. Im vierundzwanzigsten Jahrhundert gab es auf dem Planeten Erde kein Verbrechen mehr, keine Einbrecher, keinen Diebstahl oder Vandalismus. Schlösser waren fast überall unnötig geworden, besonders in einem kleinen, verschlafenen Dorf wie La Barre in Frankreich.

Und doch hatte mein Vater diese eine Tür verschlossen.

Ich war ungefähr fünf, als mein Vater mich einmal dabei erwischte, wie ich am Türgriff rüttelte, um zu sehen, ob die Tür sich öffnen würde. Er zog mich an der Schulter zurück und sah mich ernst an.

»Da darfst du nicht rein«, sagte er. Sein Tonfall war ruhig, aber bedrohlich. Ich brach vor lauter Angst in Tränen aus und rannte in mein Zimmer.

Als ich sieben war, hatte allerdings die Neugier auf das, was sich hinter dieser hölzernen Barriere verbarg, die Oberhand über meine Angst gewonnen. Es war die erste Woche im September, Erntezeit. Gemeinsam mit meinen Eltern und meinem Bruder verbrachte ich die Tage im Weinberg und sortierte die Trauben. Mein Vater hatte beschlossen, dass die Früchte reif genug waren, und so pflückten wir die Trauben vom Weinstock und entfernten Blätter und Stängel. Für einen Siebenjährigen war das eine endlose, ermüdende Arbeit. Zwar gab es jede Menge Maschinen, die uns diese Aufgabe hätten abnehmen können, aber mein Vater weigerte sich partout, sie einzusetzen. Doch dazu später mehr.

Mir war die Arbeit viel zu öde, aber wie bei allen Dingen rund um unseren Weinbau stand es nicht zur Debatte, ob ich mithalf, oder nicht. Schlimmer noch: Die erste Ernte fand immer in der Nacht statt. In der Hitze des Tages wäre das Pflücken zu anstrengend gewesen, und außerdem hätten die süßen Früchte alle möglichen hungrigen Insekten angezogen.

Ich ging, wie so oft, für eine Toilettenpause ins Haus – ein willkommener Vorwand, etwas Arbeit zu vermeiden. Auf dem Weg nach draußen ersann ich einen Plan: Die Familie war mit der Ernte beschäftigt und ich hätte das Haus noch eine ganze Weile für mich allein, bis mich jemand vermissen würde. Also ging ich zum Wandschrank, warf einen schnellen Blick nach draußen und griff mir den Ring mit dem Schlüssel.

Und ließ ihn prompt fallen.

Das laute Scheppern von Eisen auf Holz versetzte mich in eine Schockstarre. Langsam schlich ich mich zum vorderen Fenster (stets darauf bedacht, meine Mission nicht durch laute Trittgeräusche endgültig zum Scheitern zu bringen), aber niemand näherte sich dem Haus. Also lief ich zurück zum Schlüsselring und hob ihn auf. Er war viel schwerer, als ich mir vorgestellt hatte.

Dann ging ich zur Kellertür und steckte den Schlüssel ins Schloss. Ich musste meine beiden kleinen Hände benutzen, um ihn in dem massiven Schloss zu drehen. Nach einigen Schwierigkeiten sprang es schließlich mit einem befriedigenden »Klonk« auf.

Ich drehte den Knauf und mit einem Knarzen öffnete sich die Tür einen Spalt. Nur ein schwacher Lichtschein, der durch den Türspalt hineinfiel, beleuchtete das dahinterliegende Treppenhaus. Unterhalb der fünften oder sechsten Stufe herrschte komplette Dunkelheit.

Ich ging voran ins Ungewisse. Das Geländer war ziemlich hoch für einen Siebenjährigen, und nach nur zwei Schritten beschloss ich, alle Vorsicht über Bord zu werfen und loszulassen. Auf der sechsten Stufe blieb ich stehen, vor mir die undurchdringliche Schwärze. Nach und nach gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit, und schließlich konnte ich das Ende der Treppe ausmachen. Ich war mir sicher, dass hier irgendwo ein Lichtschalter sein musste, aber von meiner Position aus konnte ich keinen sehen. Während ich weiterging, wich meine Nervosität einer gewissen Vorfreude. Ich hob gerade den Fuß zum nächsten Schritt, als ich jäh unterbrochen wurde.

»Was machst du da?!«

Die Stimme kam von hinten. Ich drehte mich um, verlor den Halt und rutschte auf der nächsten Stufe aus. Vergeblich griff ich nach dem Geländer und polterte die Treppe hinunter. Es waren wahrscheinlich nur sechs oder sieben Stufen, aber mir kam es wie eine Ewigkeit vor. Ich fiel mit dem Rücken voraus und knallte mit dem Kopf auf den harten Betonboden. Ich heulte auf und versuchte, mich zu bewegen, aber der Schmerz in meinem Bein war überwältigend. Solche Qualen hatte ich noch nie in meinem Leben erlitten. Mir blieb die Luft weg und ich bekam kaum mit, was um mich herum geschah. Panisch blickte ich auf.

Oben auf der Treppe erkannte ich meinen dreizehnjährigen Bruder Robert, sein Blick starr und voller Verunsicherung. Er stand vor einem unlösbaren Dilemma: Einerseits wusste er, dass er mir helfen musste. Andererseits würde er damit gegen das strenge Verbot unseres Vaters verstoßen, den Keller zu betreten. Damals hatte ich herzlich wenig Verständnis für seine Lage. Ich sah nur, wie er davonlief und mich in meiner Notlage zurückließ.

Ich versuchte erneut, mich vorsichtig zu bewegen, aber der Schmerz war schier unerträglich. Ich sah mich um, Furcht überkam mich und ich schluchzte hilflos.

Als meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnten, sah ich etwas, was mich meine Qual kurzzeitig vergessen ließ.

Gesichter. Sie umgaben mich, starrten mich an. Übergroße Geister, die im Halbdunkel schwebten. Ich verstand nicht, was ich da sah.

»Jean-Luc?«, ertönte die Stimme meiner Retterin, meiner Mutter, die die Stufen hinunterrannte. Selbst in Stiefeln und Arbeitskleidung war sie noch elegant, mein rettender Engel. Sie sah sich sofort mein Bein an.

»Schatz, was hast du nur gemacht?«, fragte sie. »Maurice, hol das Erste-Hilfe-Set …«

»Nur die Ruhe, ich habe das verdammte Set doch schon«, antwortete er, während er gewohnt langsam und ohne Eile mit dem kleinen, schwarzen Täschchen die Stufen hinunterkam. Hinter ihm war Robert wieder auf dem Treppenabsatz aufgetaucht, und er war eindeutig eifersüchtig auf die Zuwendung, die mir zuteilwurde.

Mein Vater übergab das Set an meine Mutter, die ein Hypospray herauszog und es in meinen Arm injizierte. Die Schmerzen in meinem Bein und Kopf ließen sofort nach. Sie verstaute das Hypospray wieder und holte ein kleines, graues Gerät hervor – einen Knochenverbindungslaser.

»Maman«, flüsterte ich, immer noch verängstigt, aber getröstet von ihrer Gegenwart, »da sind Leute im Dunkeln …«

»Schhh, ich weiß«, sagte sie, schaltete das Gerät ein und versorgte damit mein Bein. »Mach das Licht an, Maurice. Sie machen dem Jungen Angst …«

»Gibt es etwas, das ihm keine Angst macht?«, antwortete er.

»Maurice«, ermahnte ihn meine Mutter eindrücklich.

Ob ihm der abwertende Tonfall meiner Mutter etwas ausmachte, ließ sich nicht an seiner Mimik ablesen. Doch er ging zum Schalter an der Wand und schon war der Raum erleuchtet. Ich konnte nun erkennen, dass die Stufen in der Mitte eines langen Ganges endeten, der aus dem Felsgestein unter unserem Haus geschlagen worden war, drei Meter hoch und einhundert Meter lang. Auf beiden Seiten waren nun deutlich Gesichter zu sehen. Gerahmte Gemälde und Fotos, allesamt Porträts, säumten die Wände. Es waren Dutzende. Einige Bilder zeigten historische Szenen von der Erde, andere Fotos stammten aus neuerer Zeit. Es wirkte wie eine Art Museum. Ich wandte mich an meinen Vater.

»Wer sind die ganzen Leute?«

»Das«, erklärte mein Vater in bedeutungsvollem Ton, »ist die Familie.«

Ehrlich gesagt war die Entdeckung, dass es sich bei dem geheimen Keller um eine Porträtgalerie handelte, eine Enttäuschung für mich. Mein Vater hatte den Raum aus dem schlichten Grund verschlossen gehalten, um die Bilder vor seinen oft etwas wilden Söhnen zu schützen. Da mein Bruder und ich nun aber das »Geheimnis« gelüftet hatten, begann mein Vater, uns über die Wichtigkeit der Familie für sein eigenes – und auch unser Leben als seine Nachkommen – zu unterrichten. Er wollte, dass wir uns über die Bedeutung der Picards im Klaren waren.

Wie sich zeigen sollte, hatte er damit nicht ganz unrecht.

Der Name Picard hat eine lange Geschichte auf der Erde, die ihren Ursprung im 9. Jahrhundert n. Chr. in der Bretagne nahm, als Karl der Große, König der Franken, Europa einte. Über mehrere Jahrhunderte hinweg befand sich der Familiensitz der Picards auf dem Lehnsgut Vieille Ville in der Bretagne, wo ihnen auch der Adelstitel Vicomtes (Vizegraf) verliehen wurde. Schon bald verbreitete sich der Name in ganz Frankreich, und im 14. Jahrhundert gab es Picards in der Normandie, im Lyonnais und in der Champagne.

Nach und nach verstand ich, welche Bedeutung meine Vorfahren hatten, und meine Bewunderung wuchs: Pierre Picard kam im Jahr 1692 als einer der ersten französischen Siedler in Nordamerika nach Quebec; Bernard Picart (trotz der abweichenden Schreibung ein Vorfahr) war ein berühmter französischer Kupferstecher im 18. Jahrhundert, der vor allem für seine Illustrationen eines bekannten religiösen Textes des Christentums, der Bibel, bekannt ist; der berühmte Astronom Jean-Félix Picard war der Namensgeber des Picard-Kraters auf dem Erdenmond; Joseph-Denis Picard war ein Divisionsgeneral während der Französischen Revolution im späten 18. Jahrhundert; Frank Picard erhielt im Jahr 2028 den Nobelpreis für Chemie, und Louise Picard half später bei der Gründung der ersten Marskolonie. All ihre Abbilder befanden sich dort unten im Familienheiligtum und wurden über die Jahrhunderte von ihren Verwandten instandgehalten, die auf dem Weingut lebten.

Die Geschichte des Weinguts Picard nahm ihren Anfang während der Napoleonischen Kriege um das Jahr 1800. Henri Picard, ein Captain in Napoleons Flotte, erwarb Land im kleinen Dorf La Barre in der ostfranzösischen Region Bourgogne-Franche-Comté. Die sanften Hügel und das verschlafene Dorfleben übten eine große Anziehungskraft auf den Mann aus, der sein Leben auf See verbracht hatte. Tragischerweise sollte er nicht viel Freude daran haben. Er erwarb das Land kurz vor seinem Tod im Jahr 1805, als er das französische Schiff Saturne in der Schlacht von Trafalgar kommandierte.*

Sein Bruder Louis entschloss sich, auf einem ungefähr einen halben Morgen großen Stück Land der insgesamt 20 Morgen großen Fläche Pinot-Noir-Trauben anzubauen. Es dauerte Jahre, bis der erste Chateau Picard im Jahr 1815 produziert wurde. Damals gab das Weingut kaum etwas her – es wurden lediglich vierhundert Flaschen abgefüllt. Nach und nach bepflanzte man immer mehr Fläche und der Prozess der Weinherstellung wurde so optimiert, dass Ende des 20. Jahrhunderts jeder Morgen Trauben sechstausend Flaschen Wein ergab.

Zu Zeiten der vorindustriellen Weinherstellung waren die Methoden durch die eingeschränkten technologischen Möglichkeiten begrenzt, und die Trauben wurden entweder per Hand oder mit primitiven Gerätschaften geerntet und gepresst. Diese simplen Methoden entwickelten sich zur Familientradition, der auf Gedeih und Verderb Rechnung zu tragen war. Meine Familie verweigerte sich den Fortschritten der Winzertechnologie, weshalb Chateau Picard noch heute genauso hergestellt wird, wie vor fünfhundert Jahren. Während des Weltkriegs im 22. Jahrhundert in Europa erwies sich genau diese Vorgehensweise als großer Vorteil. Als John Ericsson, der genetisch veränderte Herrscher über Europa, in Frankreich einmarschierte, zerstörte er alle Technik im Land. Doch selbst in dieser dunklen Ära der Weltgeschichte konnte der Chateau Picard weiter produziert werden.**

Was als bloße Verweigerung neuer Technik begonnen hatte, verwandelte sich nach und nach in Abneigung und schließlich in eine regelrechte Technikfeindlichkeit. Als mein Vater im Jahr 2270 geboren wurde, war diese Haltung tief in der Familientradition verwurzelt. Mein Vater wuchs in einer Umgebung auf, die das Primitive geradezu feierte. Wir arbeiteten im Weinberg, das Essen wurde noch von Hand gekocht. Die wenige Freizeit, die meinem Vater blieb, verbrachte er mit Lesen. Dabei entdeckte er seine Liebe zu Shakespeare, die er seinen Söhnen weitergab sowie eine Vorliebe für Earl Grey-Tee.*

In der modernen Gesellschaft hat sich die Art und Weise, wie die Menschen Wein konsumieren und herstellen, drastisch verändert: Die Erfindung des Replikators stellte die Produktionswirtschaft von Nahrungsmitteln komplett auf den Kopf. Wer im 23. Jahrhundert noch traditionell Wein herstellte, tat es der Kunst wegen, und meine Großeltern, François und Genevieve, waren echte Meister. Aus ihrer Hand stammten einige unserer bemerkenswertesten Jahrgänge, darunter der hoch angesehene 2247er. Mein Vater genoss diesen guten Ruf der Familie und stieg voll in den Betrieb ein. Bereits im relativ jungen Alter von 29 Jahren ernannte man ihn zum Kellermeister, obwohl mein Großvater noch auf dem Weingut lebte.

»Er kannte nur ein Ziel«, erzählte mir meine Mutter einmal. Selbst François [sein Vater] erkannte, dass Maurice noch über weit mehr Leidenschaft und Entschlossenheit verfügte als er selbst. Wenn ich einen Charakterzug von meinem Vater geerbt habe, dann ist es wohl diese Entschlossenheit, dieser Drang, etwas Großes zu erschaffen, das für immer im Gedächtnis bleibt. In einem unserer Gespräche gestand mir meine Mutter, dass sie meinen Vater für etwas fantasielos hielt. Er hatte La Barre noch nie verlassen, und auch in Gedanken blieb er stets dort. Das Einzige, was er sich vorstellen konnte, war das familiäre Weingut zu betreiben. »Manch einer«, fügte sie mit einem schiefen Lächeln hinzu, »fand diese Entschlossenheit natürlich attraktiv.«

Meine Mutter, Yvette Gessard, wurde 2274 ebenfalls in La Barre geboren. Sie traf meinen Vater auf der weiterführenden Schule, wo sie ein Paar wurden. Als sie ihr Studium begann (an der renommierten Universität École Polytechnique), hatte er ihr bereits einen Heiratsantrag gemacht und sie hatte Ja gesagt. Zwar galt ihre Leidenschaft den Wissenschaften, jedoch gestaltete sie ihr Studium so, dass es ihr auch auf dem Weingut nutzen würde.

»Meine Professoren waren ganz schön frustriert darüber, dass ich Önologin werden wollte«, sagte sie. »Sie meinten, ich verschwende mein Potenzial.« Önologen sind Wissenschaftler, deren Fachgebiete Chemie, Mikrobiologie, Geologie, Meteorologie und Bodenkunde umfassen. Natürlich sind diese verschiedenen Fächer für den Önologen nur insofern interessant, als sie sich mit Trauben, Wein und vor allem mit Fermentierung beschäftigen. Ob meine Mutter mit den Professoren einer Meinung war, oder ob sie ihre Entscheidung bereute, verriet sie nie. Sie schien immer mit ihrem Leben zufrieden zu sein, das aus ihrem Mann, ihren Kindern und der Arbeit auf dem Familienweingut bestand.

Mein Bruder Robert wurde im Jahr 2299 geboren. Als ich am 13. Juli 2305 zur Welt kam, half er bereits fleißig bei meinen Eltern mit. Als Heranwachsender wurde mir eine erdrückende Dynamik besonders bewusst: Robert eiferte meinem Vater nach und tat alles für dessen Anerkennung. Damit konnte ich einfach nicht mithalten. Er war mir sechs Jahre voraus, was das Wissen und die Erfahrung rund um den Wein anging. Doch es war nicht seine Expertise, die er dazu benutzte, mich zu dominieren.

»Du Trottel, du machst das falsch«, schnauzte er mich an, als ich versuchte, beim Anbinden der Weinranken zu helfen. Oder: »Du bist dumm wie Bohnenstroh«, als ich mit der Gartenschere mühsam die Stängel zurückschnitt. Ein Wasserfall von Beleidigungen, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit in mein Ohr geraunt oder laut herausgeschrien wurden, sorgte schließlich dafür, dass ich einen Hass auf den Familienbetrieb entwickelte. Einen ersten Höhepunkt erreichte die Spannung an einem Julinachmittag. Wir standen zwischen den Rebstöcken und hörten einem der vielen Vorträge meines Vaters zu, woran man die reifen Trauben erkennt.

»Ein Computer kann keine Traube schmecken«, erklärte er, »oder erkennen, ob die Trauben kurz vorm Platzen sind oder ob die Hitze ihnen die Säure genommen hat.« Mit meinem geringen Wissen über Computer (ich war schließlich erst acht Jahre alt) hatte ich angenommen, dass ein Computer all diese Dinge tun könnte. Stattdessen entschied ich mich für ein unreiferes Argument.

»Wein ist langweilig.«

Von meinem Vater kam keine sichtbare Reaktion, aber mein Bruder sah mich an, als hätte ich gerade jemanden ermordet.

»Dann geh ins Haus«, sagte mein Vater. »Robert und ich haben noch zu tun.«

Als ich mich zum Gehen wandte, erwartete ich Genugtuung auf Roberts Gesicht, stattdessen sah ich nur Verachtung und Missbilligung.

Ich ging hinein. Es mag vielleicht übertrieben klingen, aber dies war einer der bedeutendsten Momente meines Lebens. Ich hatte soeben meine Unabhängigkeit erklärt. Allerdings waren mir zu diesem Zeitpunkt die Folgen meiner Entscheidung noch nicht klar: der unüberwindbare Graben, der sich gerade zwischen meinem Vater, meinem Bruder und mir aufgetan hatte, sowie die implizite Entscheidung für meine Zukunft außerhalb des Weinguts. Doch die Angst und das Hochgefühl bestätigten meinem jüngeren Ich, dass ich mich an einem Scheideweg befand und dass ich mich soeben aus einer Falle befreit hatte. Selbst mit meinen acht Jahren war mir klar, dass das Weingut und die Kellerei eines Tages Robert gehören würden. Dieses Vorrecht hatte er sich schon gesichert, bevor ich überhaupt geboren worden war. Außerdem fehlte mir jeglicher Enthusiasmus für das Winzerhandwerk. Es kam mir so trivial vor. Ich hatte einen neuen Weg eingeschlagen – ich wusste nur noch nicht, wohin.

Ich musste irgendwas tun, um mir die Zeit zu vertreiben. Den Computer durften wir nur für die Hausaufgaben benutzen. Ich hätte mich zu meinem Freund Louis schleichen können; seine Familie war nicht annähernd so technikfeindlich wie meine, und es gab jede Menge moderner Unterhaltungsmöglichkeiten für Kinder. Allerdings spürte ich, dass mein Vater mich für etwas bestrafen wollte, und eine Rebellion pro Tag war genug. Lesen kam nicht infrage, dazu war ich viel zu unruhig, also streifte ich ziellos durchs Haus. Schließlich landete ich im Keller, der nun keine Verbotszone mehr war. Nach meinem unerlaubten Eindringen im Vorjahr hatte mein Vater beschlossen, sich diesen Umstand zu Nutze zu machen. Mit seiner natürlichen Begabung, jedem Thema sämtlichen Spaß zu nehmen, begann er mit seinen rigorosen Lehrstunden über unsere Familie. Wir mussten die Namen und Erfolge all unserer Vorfahren auswendig lernen. Dieses neue Wissen über die Familiengeschichte beeinflusste mich auf unterschwellige Weise. Zwar verfügten wir über eine handschriftliche Familiengeschichte mit einer Ahnentafel von sämtlichen Blutsverwandten mit Angaben zu ihrem Wohnort und ihrem Werdegang. Jedoch hatten die Vorfahren in der Porträtgalerie allesamt Großes vollbracht: Sie waren Wissenschaftler, berühmte Schriftsteller und Entdecker. Ich war überzeugt, dass es meine Aufgabe war, ihnen nachzueifern.

Als ich durch den Gang mit den Porträts schlenderte, wurde mir klar, dass auch ich etwas Besonderes leisten musste, um mir einen Platz in dieser Galerie der Verdienstvollen und Begabten zu sichern.

Schließlich kam ich zum Foto von Louise Picard. Sie trug einen Raumanzug und posierte mit einigen anderen Leuten auf der Marsoberfläche. Sie waren Siedler, gut gelaunt und mit Schaufeln in der Hand, als wären sie gerade im Begriff, den wortwörtlich ersten Spatenstich für die erste menschliche Marskolonie zu setzen. Louises Foto war das einzige an der Wand von einem Vorfahren im Weltraum – es gab zwar noch andere, aber sie war die Erste gewesen. Ich betrachtete ihr Bild und ging im Kopf sämtliche Verwandte durch, die die Erde verlassen hatten. Viele waren es nicht … und plötzlich kam mir ein Gedanke.

Ich rannte hoch in unsere Bibliothek zu dem kleinen Podest, auf dem mein Vater die handgeschriebene Familiengeschichte aufbewahrte. Ich durchforstete die Passagen über jene Vorfahren, die während des Raumfahrtzeitalters aufgewachsen waren und fand nach wenigen Minuten die Bestätigung für meine Vermutung.

Kein Picard hatte jemals das Sonnensystem verlassen und war zu den Sternen gereist.

Ich war acht Jahre alt und hatte soeben meine Bestimmung gefunden.

Ich machte mich gleich an die Arbeit. Da ich aber noch ein Kind mit einem entsprechend lückenhaften Verständnis davon war, worin diese Arbeit eigentlich bestand, setzte ich mir zum Ziel, »das Sonnensystem zu verlassen« – ebenso vage wie ehrgeizig. Meine Eltern fragte ich lieber nicht um Rat, da ich meinen Plan, dem Weingut den Rücken zu kehren, nicht verraten wollte. Stattdessen verschlang ich jedes erdenkliche Buch zur Technik der Raumfahrt und der Geschichte unserer Galaxie. Bei uns zu Hause gab es davon nur wenige, sodass ich meistens in der Schule oder, sehr zu seinem Leidwesen, bei meinem Freund Louis las (der, wie die meisten Jungs in unserem Alter, nicht viel vom Lesen hielt). Schon vorher hatte ich mich für das Zeitalter der Seefahrer interessiert, als Männer in hölzernen Schiffen die Welt entdeckten. Da schien mir mein Interesse an der Raumfahrt der nächste logische Schritt zu sein. Ich fing auch an, Modelle von Raumschiffen zu bauen und zu sammeln und versuchte, mir über jedes einzelne davon Expertenwissen anzueignen.

Meine Mutter förderte meine Interessen und half mir, eine umfangreiche Modellsammlung zusammenzustellen. Zu meinem neunten Geburtstag bekam ich einen Ausflug ins Smithsonian Museum in Washington, Nordamerika geschenkt. Ich war beeindruckt von den vielen Raumschiffen, die dort ausgestellt waren. Unter anderem befanden sich dort Zefram Cochranes Phoenix, die schneller als das Licht geflogen war, und die erste Enterprise, die ich noch am selben Tag als Modell kaufte. Als wir nach Hause kamen, machte ich mich gleich ans Zusammenbauen. Die NX-01 hatte es mir aus einem ganz bestimmten Grund so angetan: Als ich klein gewesen war, hatte mein Bruder Robert ein Modell davon besessen, mit dem ich nie spielen durfte. Nun spielte er schon lange nicht mehr mit solchen Spielsachen, aber ich hatte das Schiff nicht vergessen.

Als ich fertig war, zeigte ich es meiner Mutter, die mich fragte, was ich darüber wusste.

»Sie war das erste Schiff, das Warp 5 geflogen ist«, erklärte ich. »Ihr Steuermann war Travis Mayweather.« Wie schnell ein Schiff flog und wer es steuerte, waren für mich – wie für die meisten Jungs in dem Alter – das Allerwichtigste.

»Möchtest du das auch mal werden?«, fragte meine Mutter. »Steuermann?«

»Ja«, antwortete ich. »Das ist derjenige, der das Schiff fliegt.«

»Aber die Befehle bekommt er vom Captain, der ist der eigentliche Pilot.«

Darüber hatte ich noch nie nachgedacht. »Wie wird man denn Captain?«

»Da musst du zur Sternenflottenakademie gehen«, erklärte sie, »und wirklich gut sein.« Und schon hatte ich dank meiner Mutter einen neuen Wunschtraum. Natürlich hatte ich schon von der Sternenflottenakademie gehört, aber nun dachte ich zum ersten Mal ernsthaft darüber nach, dass ich einmal dort studieren könnte. Als ich so meine Raumschiffsammlung betrachtete, begann eine neue Version der Zukunft Gestalt anzunehmen.

Beim Abendbrot erzählte ich von meinen Plänen, zur Sternenflottenakademie zu gehen und erntete nur spöttisches Gelächter von Robert.

»Dich nehmen die doch nie auf«, sagte er verächtlich. »Die wollen keine Idioten.« Er war vorhersagbar wie ein kalter, feuchter Novemberwind, doch in meiner kindlichen Naivität hoffte ich in jeder Interaktion mit meinem Bruder noch auf einen Hauch von Freundschaft oder zumindest Höflichkeit.

»Robert …« Nach der Warnung meiner Mutter verkniff er sich die nächste Stichelei, doch was es auch war, ich würde es sicher später zu hören bekommen.

»Ich schaffe es an die Akademie«, protestierte ich. »Ich bin kein Idiot.«

»Nein, das bist du nicht«, antwortete Mutter. »Aber es wird ein hartes Stück Arbeit.«

»Ich schaffe das schon«, versicherte ich.

»Zeitverschwendung.« Das war mein Vater. Er war bei seiner zweiten Flasche Wein und versank nun in einer seiner gelegentlichen düsteren Stimmungen.

»Ich glaube, dass er es schafft«, entgegnete Mutter.

»Was verstehst du schon davon?«, schnappte er zurück.

»Offensichtlich nicht so viel wie du. Und jetzt wird gegessen.« Sie klang sogar noch herablassender als Vater und wir aßen schweigend auf, obwohl ich innerlich vor Plänen und Entschlossenheit fast platzte.

Am Tag darauf kam ich gerade von der Schule. Am liebsten hätte ich am Abend zuvor schon alles über die Akademie herausgefunden, was es zu wissen gab, aber ich musste mich noch bis zu meinen Freistunden gedulden. Es waren mehr Informationen, als mein neunjähriges Gehirn fassen konnte, aber ich blieb am Ball. Ich hatte mir gewissenhaft Notizen gemacht und konnte es kaum erwarten, sie noch einmal durchzugehen. Vor lauter Aufregung hätte ich fast nicht bemerkt, was für eine Tragödie zu Hause auf mich wartete. Mein neues NX-01-Modell lag kaputt auf dem Boden. Zuerst dachte ich, es wäre vielleicht vom Tisch gefallen, aber bei genauerem Hinsehen entdeckte ich Matschspuren am zerstörten Triebwerk. Jemand war absichtlich daraufgetreten. Ein Jahr zuvor wäre ich wahrscheinlich noch in Tränen ausgebrochen, aber nicht heute. Ich wurde wütend.

Ich stürmte nach unten, in der Hand die Einzelteile meines neuen Lieblingsmodells, und riss die Vordertür auf. Auf dem Nachhauseweg hatte ich gesehen, wie Robert gerade im Weinstock eine Rebe abband und lief nun direkt auf ihn zu. Er sah mich nicht kommen, und als er sich zu mir umdrehte, schubste ich ihn um. Er verlor das Gleichgewicht und ging zu Boden. Trotz des Schrecks war er sofort wieder auf den Beinen und warf sich auf mich, bevor ich reagieren konnte.

»Du armseliges Stück Dreck«, rief er voller Wut darüber, dass ich auch nur für einen Augenblick die Oberhand gehabt hatte. Er schlug auf mich ein und hörte erst auf, als wir Vaters Stimme hörten.

»Was zum Teufel ist hier los?«

Mein Vater hatte sich über uns aufgebaut und starrte wütend auf uns herab. Er zog Robert von mir weg.

»Er hat mich umgeworfen«, rief Robert.

»Weil er mein Raumschiff kaputt gemacht hat!«, rief ich und hielt die zerbrochenen Stücke als unwiderlegbaren Beweis für Roberts Verbrechen in die Höhe.

»Habe ich nicht!«

»Du lügst!« Ich machte wieder einen Satz auf Robert zu, aber diesmal hielt mein Vater mich fest. Er riss mir die Teile des Raumschiffs aus der Hand und warf sie in den Dreck.

»Warum hast du das gemacht?«

»Ins Haus, Jean-Luc! Ich habe keine Zeit für deinen kindischen Unsinn. Es gibt noch viel zu tun.«

Mir fehlten die Worte. Mit meinem kindlichen Gerechtigkeitsempfinden hatte ich erwartet, dass mein Vater auf meiner Seite stehen würde, aber das tat er nicht. Mit Tränen in den Augen sammelte ich die Einzelteile auf und lief zum Haus zurück. Ich war entschlossener denn je, diesen beiden Tyrannen zu entkommen, die über mein Leben bestimmten.

Von jenem Tag an nahm ich meine schulische Ausbildung sehr viel ernster. Die Plätze an der Sternenflottenakademie waren hart umkämpft; weniger als zwei Prozent der Bewerber wurden angenommen, entsprechend wichtig waren mir gute Noten. Außerdem konzentrierte ich mich auf den Sport, unter anderem Leichtathletik, Boxen und Fechten. Der Hauptgrund für meine Bemühungen war nach wie vor mein Wunsch, vom Weingut zu entkommen und dem Universum meinen Stempel aufzudrücken. Aber die Aufmerksamkeit, die mir meine Erfolge einbrachten, war wie eine Droge. Meine Mutter freute sich ganz offensichtlich über meine schulischen Leistungen. Sogar mein Vater war beeindruckt und lobte mich mit einem knappen »Sehr gut« für jeden Triumph. Von Robert erntete ich erwartungsgemäß nur abwertende Blicke, doch das bereitete mir mittlerweile echtes Vergnügen. In meiner Vorstellung war er zwar älter und stärker, aber nicht schlauer als ich. Das stimmte natürlich so nicht; seine schulischen Leistungen litten nur deshalb, weil er sich ganz dem Weingut widmete. Aber als Opfer seiner Unterdrückung freute mich das Leid, das ich ihm verursachte, ungemein. Im Nachhinein bereue ich diese jugendliche Arroganz, die mich meine Beziehung zu demjenigen Menschen kostete, der mich wohl am besten kannte; ein Mensch, den ich erst als Erwachsener wirklich verstand, als es längst zu spät war. Damals hingegen ging es uns darum, wer den stärkeren Willen hatte, und obwohl ich ihn nicht in meine Fluchtpläne eingeweiht hatte, schien Robert sie doch zu erahnen. Für mich sah es so aus, als würde er alles tun, um mich zu sabotieren.

Ich erinnere mich noch, wie ich einmal mit elf Jahren in meinem Zimmer saß und las. Es war eine der vielen Biografien des Sternenflottencaptains James T. Kirk. Als ich anfing, mich näher mit der Geschichte der Sternenflotte zu beschäftigen, tauchte sein Name immer wieder auf. Er war einer dieser verwegenen Helden aus einer einfacheren Zeit, und ich war absolut fasziniert von seinen Abenteuern.

»Vater möchte, dass du die Trauben umrührst«, sagte Robert. Ich war so gefesselt von den Weltraumabenteuern, dass ich gar nicht bemerkt hatte, dass er in der Tür stand.

Ich sah zu ihm auf. Ich war mir nicht ganz sicher, ob Robert die Wahrheit sagte. Natürlich war es gut möglich, dass mein Vater ihn geschickt hatte. Das würde ich allerdings nur herausfinden, indem ich meinen Vater direkt fragte. Selbst, wenn er Robert nicht geschickt hatte, wäre er genervt, weil ich mich vor der Arbeit drücken wollte, und ich würde sie so oder so erledigen müssen.

Also legte ich mein Buch beiseite und trottete nach draußen zur Scheune mit den Gärungstanks. Dort lagerten die Trauben für ein paar Wochen zur Maischegärung, nachdem sie geerntet und von Blättern und Stielen befreit worden waren. Während dieses Prozesses löste sich die Haut von den Trauben und bildete eine Art Haube oder Kruste oben im Tank. Diese Kruste musste man regelmäßig nach unten stampfen, um noch mehr Saft aus der Beerenhaut zu gewinnen. Dazu stellte man sich mit einem Paddel oben über den Tank. Dies war nur einer der vielen mühsamen Arbeitsschritte der Weinherstellung, die mich von meiner neuen Leidenschaft abhielten.

An jedem Tag kletterte ich auf den fast zweieinhalb Meter hohen Bottich und stellte mich auf die Planke, die hinüberführte. Ich schnappte mir mein Paddel und stampfte die Trauben, aber ich war nicht ganz bei der Sache. Im Geist durchlebte ich immer noch das Abenteuer, über das ich gerade gelesen hatte: Captain Kirk, verkleidet als ein feindlicher Romulaner, schleicht sich an Bord eines ihrer Schiffe und stiehlt ihnen die Tarnvorrichtung direkt unter der Nase weg … Ich wollte so schnell wie möglich zu meiner Lektüre zurückkehren und stampfte die Kruste viel zu fest und zu schnell nach unten, damit ich schneller fertig war. Allerdings konnte das Paddel nicht mit meiner Geschwindigkeit mithalten und ich rutschte aus.

Ich glitt von der Planke und landete mit einem Platschen und Spritzen im fermentierenden Wein. Der Geruch war schon schlimm genug, wenn man nur über dem Bottich stand, aber hier unten war er einfach überwältigend. Ich suchte mit den Füßen nach dem Grund, konnte ihn jedoch nicht finden. Damals war ich ungefähr anderthalb Meter groß und der Traubensaft stand höher. Ich streckte mich nach der Planke aus, aber sie war zu hoch und ich bekam sie nicht zu fassen. Dann versuchte ich es am Rand des Tanks, doch das Gemisch aus Saft und Traubenmatsch hatte in etwa die Konsistenz von Treibsand. Ich ging unter. Mein Mund füllte sich mit Flüssigkeit und die Mischung aus Saft, Alkohol und Hefe brannte mir in der Kehle und in den Augen. Ich versuchte zu schreien, schluckte aber stattdessen noch mehr von dem ekelhaften Gebräu. All meine Selbstrettungsversuche scheiterten, und ich geriet in Panik.

»Halt dich fest!«

Ich sah nach oben. Da kniete Robert auf der Planke. Er hatte mein Paddel herausgezogen und streckte es mir entgegen. Ich ergriff es und er zog. Als ich aus der klebrigen Masse aufgetaucht war, griff er von oben meinen Arm und zog mich auf die Planke, wo ich wieder zu Atem kam und mich beruhigte.

»Du bist dumm wie Bohnenstroh«, sagte er. Ich schämte mich und würde schon bald dafür bestraft werden, dass ich mehrere Hundert Flaschen Wein ruiniert hatte, ganz zu schweigen von meiner Haut, die tagelang lila blieb.

Erst im Nachhinein wurde mir klar, dass Robert mich nur so schnell hatte retten können, weil er mich beobachtet hatte. Dasselbe galt für meinen Sturz von der Kellertreppe und für wer weiß wie viele andere Vorfälle. Ganz gleich, was mein Bruder damals von mir hielt – er fühlte sich mir gegenüber auch verantwortlich, und dafür verdanke ich ihm mein Leben.

Schließlich kehrte ich meiner Heimat und Robert den Rücken. Doch es würde noch Jahre dauern, bis ich meine Undankbarkeit bereuen sollte.

»Herzlichen Glückwunsch«, verkündete die Computerstimme. »Ihre Bewerbung für die Akademie der Sternenflotte für den Abschlussjahrgang 2326 war erfolgreich und Sie wurden zur finalen Testrunde zugelassen. Bitte finden Sie sich hierfür am 28. September 2322 um 09:00 Uhr im Hauptquartier der Sternenflotte in San Francisco ein.«

Ich lächelte, allerdings überraschten mich die guten Nachrichten nur wenig. Ich konnte es kaum erwarten; meine schulischen Leistungen waren so gut, dass ich mir absolut sicher war, einen Platz an der Akademie zu erhalten. Bei der Testrunde handelte sich um eine bloße Formalität. Ich war mittlerweile siebzehn Jahre alt, und aus dem schüchternen Bücherwurm war ein großmäuliger, arroganter Teenager geworden, dem das Wort »rotzfrech« kaum noch gerecht wurde. Ich hatte ein reges, aktives Sozialleben in der Welt da draußen, doch mein Familienleben sah ganz anders aus.

In meinem eigenen Zuhause war ich mittlerweile kaum mehr als ein Untermieter. Aufgrund meiner Körpergröße und Sportlichkeit konnte mich Robert nicht mehr tyrannisieren, weder physisch noch psychisch. Allerdings hatte er, nun in seinen Zwanzigern, kaum noch Interesse daran. Er befand sich auf dem besten Weg, der nächste Kellermeister des Weinguts zu werden. Außerdem hatte er bekommen, was er wollte: Er war der beste Freund meines Vaters geworden. Sie verbrachten einen Großteil ihrer Zeit zusammen und unterhielten sich über ihren Wein, ihre Trauben und ihren Boden. Oder über den Wein, die Trauben und den Boden anderer Leute. Das Ganze war ein endloses Weinsymposium, das sie beide genossen, da es Roberts Bedürfnis nach Anerkennung und das Bedürfnis meines Vaters nach Bewunderung erfüllte.

Was mich anging, hatte mein Vater mir zwar Komplimente für meine akademischen und sportlichen Erfolge gemacht. Allerdings machte er auch kein Hehl daraus, dass er eine Bewerbung an der Akademie für Talentverschwendung hielt. Je näher mein Bewerbungsalter rückte, desto harscher fiel sein Urteil über die Sternenflotte und ihre Mitglieder aus. Meine Entscheidung schien ihn regelrecht zu ärgern, als wäre sie ein persönlicher Verrat an ihm. Das verstärkte meinen Wunsch jedoch nur noch.

Das einzige Familienmitglied, zu dem ich noch eine gute Beziehung hatte, war meine Mutter. Ich spürte, dass sie als liebende Mutter und Ehefrau in einen Konflikt geriet. Sie wollte meine Interessen fördern und war sich zugleich im Klaren darüber, dass diese Interessen mich eines Tages von ihr fortführen würden. Als ich ihr die Neuigkeiten für meine Zulassung zur Endrunde überbrachte, bemerkte ich sofort, dass sie gemischte Gefühle hatte.

»Das ist ja fantastisch, Jean-Luc«, gratulierte sie mir. »Aber bitte behalte es noch eine Weile für dich, ja?«

»Warum?«

»Ich möchte nicht, dass sich dein Vater jetzt schon unnötig aufregt«, erklärte sie. Das war selbstredend das komplette Gegenteil von dem, was ich eigentlich vorhatte. Jedoch kam ich ihrer Bitte nach – nicht zuletzt, weil ich ihre Hilfe brauchte, um nach San Francisco zu kommen.

In San Francisco würde ich für die drei Testtage in einer Studentenunterkunft übernachten, also packte ich eine kleine Tasche und wir machten uns am Morgen des 28. auf den Weg. Zufälligerweise verschickten Robert und mein Vater an diesem Tag gerade einen neuen Jahrgang, sodass sie nichts mitbekamen; wir mussten uns nicht einmal verabschieden. Wir nahmen die Air Tram von La Barre nach Paris, wo meine Mutter mich mit einem Energie-Materie-Transport nach San Francisco überraschte. Ich hatte diesen Prozess noch nie durchlaufen und versuchte, meine Aufregung zu verbergen, damit ich nicht wie ein kleines Kind wirkte.

Der regionale Transporter von Paris war eine kleine Plattform unter freiem Himmel in der Nähe von Notre Dame auf der Île de la Cité. Es war warm und feucht draußen, als uns der Techniker auf die Plattform führte. Ich schaute dummerweise nach unten, denn einen kurzen Moment später blickte ich auf eine fast identische Plattform, diesmal in San Francisco in der Nähe von Fisherman’s Wharf. Die Stadt lag im Nebel, und es war fast sieben Grad Celsius kälter. Ich ärgerte mich, dass ich die Transposition von einer Stadt zur anderen verpasst hatte, weil ich unbedingt auf meine Füße starren musste.

Ich war schon einige Male in Nordamerika gewesen, aber noch nie in San Francisco. Als Heimat des Sternenflottenkommandos und der Sternenflottenakademie war die Stadt der größte Weltraumhafen des Planeten Erde. Die Shuttles und Trams, die quer über die Golden Gate Bridge schwirrten und die ultramoderne Skyline waren ein atemberaubender, aufregender Anblick, vor dem selbst meine desinteressierte Teenagerfassade kapitulierte. Durch die Straßen liefen unterschiedlichste außerirdische Lebensformen, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Dies war die Welt, in der ich leben wollte, fernab von der meiner Meinung nach primitiven, lähmenden Umgebung meiner Kindheit.

Wir begaben uns zum Hauptquartier der Sternenflotte; das Auswahlverfahren würde in einem der älteren Gebäude, dem Archer Building, stattfinden, das nach Jonathan Archer, Captain der NX-01 Enterprise benannt war.* Nach meiner Registrierung umarmte mich meine Mutter und überließ mich einer jungen Frau vom Rang eines Ensigns.

»Hier entlang, Mr. Picard«, wies sie mich an und führte mich zu einem Turbolift.

»Nennen Sie mich Jean-Luc«, entgegnete ich. In meinen jungen Jahren hielt ich mich für unwiderstehlich beim weiblichen Geschlecht, wobei ich meine Attraktivität meistens kolossal überschätzte.

»Nein, danke«, antwortete sie. Sie führte mich zum Prüfungsraum und verabschiedete sich knapp. Ich trat ein. Drinnen befanden sich vier Computerstationen, die im Rechteck mit den Stühlen Rücken an Rücken angeordnet waren. Es waren schon zwei Bewerber da: ein junger Mann in meinem Alter und eine außerirdische, humanoide Lebensform, die ich noch nie gesehen hatte, mit blauer Haut und einem knöchernen Vorsprung in der Mitte seines Gesichts. Der Mensch stand auf und lächelte mich freundlich an.

»Robert DeSoto«, stellte er sich vor und schüttelte meine Hand.

»Jean-Luc Picard«, antwortete ich.

»Parlez-vous français?«, fragte er. Ich lächelte und wir plauderten kurz auf Französisch, was DeSoto ein Vergnügen zu sein schien. Seine Mutter war in Frankreich aufgewachsen, erzählte er mir, und hatte ihren Kindern die Sprache beigebracht. Ich unterbrach unser Gespräch, um mich dem anderen Bewerber im Raum vorzustellen.

»Fras Jeslik«, stellte er sich vor.

»Bist du ein Bolianer?«, wollte ich wissen.

»Ja«, antwortete er überrascht. »Ehrlich gesagt bist du der erste Mensch, der mich nicht für einen Andorianer hält, dem man die Antennen abgeschnitten hat.« Wir unterhielten uns noch ein Weilchen; wir waren alle nervös und uns war klar, dass nicht jeder von uns diese Testrunde überstehen würde. Wenig später kam eine junge Frau herein, ebenfalls menschlich. Sie streckte mir die Hand entgegen.

»Marta Batanides«, sagte sie, eine attraktive Brünette mit einem gewinnenden Lächeln. Ich ergriff ihre Hand und war – unreif und jung, wie ich war – überzeugt, dass sie sich zu mir hingezogen fühlte, was ich in den kommenden Tagen möglicherweise ausnutzen würde. (Meine damalige Sicht auf Frauen ist mir heute peinlich und mir wird fast ein bisschen schlecht dabei. Aber Ehrlichkeit ist schließlich unabdingbar, wenn ich mein jüngeres Ich wahrheitsgemäß beschreiben will.) Wir vier waren schon bald in ein lebhaftes Gespräch vertieft, als ein Offizier den Raum betrat und wir mit einem Schlag still wurden.

»Ich bin Trainingsoffizier Tichenor«, stellte er sich vor. Er war groß und hatte blonde Locken, die zu seiner spitzbübischen Art passten. »Sie sind für eine dreitägige Aufnahmeprüfung hier. Aktuell sind nur noch wenige Plätze für den nächsten Jahrgang frei, und es gibt Prüfungsräume wie diesen hier in der ganzen Galaxis. Wenn Sie sich Ihre Chancen nicht im Kopf ausrechnen können, gibt es wahrscheinlich auch keinen Platz für Sie.« Falls uns das entmutigen sollte, hatte es auf mich den gegenteiligen Effekt.

Tichenor wies jedem von uns eine Computerkonsole zu, und schon ging es los. Während der folgenden drei Tage wurden unterschiedliche Wissensgebiete abgefragt, darunter Geschichte der Galaxis, Warp-Physik und Astrobiologie. Nach unseren Tests aßen wir vier zu Abend und legten uns direkt ins Bett. So jung und energiegeladen ich auch war, einen derartigen Stress hatte ich noch nie erlebt, und am Ende eines jeden Tages war ich hundemüde.

Nachdem die Tests am dritten Tag beendet waren, informierte uns Trainingsoffizier Tichenor, dass noch zwei Prüfungen ausstanden: die taktische Simulation und eine psychologische Beurteilung. Ich war der erste Kandidat, teilte mir Tichenor mit. Er führte mich aus dem Raum, einen Korridor entlang, zu einem abgetrennten Bereich, der als Brückensimulator ausgewiesen war. Ich ging hinein und fand mich in einem detailgetreuen Nachbau der Brücke eines Raumschiffs der Excelsior-Klasse wieder. Mir waren bereits einige Bilder davon untergekommen, und ich hatte die Systeme mit einem an Besessenheit grenzenden Interesse studiert. Ich wäre zweifelsohne in der Lage, jede dieser Steuerkonsolen zu bedienen. Ich konnte es kaum abwarten, meine Fähigkeiten zu zeigen und war überzeugt, dass unsere Beobachter von der Akademie beeindruckt sein würden.

Im Simulatorraum saßen noch drei weitere Studenten, alle in ziviler Kleidung und ungefähr so alt wie ich. Die mussten wohl von einer anderen Testgruppe sein, nahm ich an. Doch bevor ich mich vorstellen konnte, verließ Tichenor den Raum und schloss die Tür hinter sich. Der Raum war plötzlich in rotes Licht getaucht und ein Warnsignal plärrte los.

»Roter Alarm«, verkündete eine Computerstimme. Ich geriet kurz aus der Fassung, so real war diese taktische Simulation. Ein Blick zu meinen »Crewmitgliedern« verriet mir, dass sie ernsthaft überfordert zu sein schienen. Das war meine Gelegenheit.

»Du da«, rief ich einem rundlichen Studenten zu, »übernimmst die Wissenschaftsstation und aktivierst die Sensoren.«

»Wo ist die Station?«, fragte er. Mir wurde klar, dass mein jahrelanges Studium der Raumschiffe mir einen deutlichen Vorteil gegenüber meinen Mitbewerbern verschaffte. Ich zeigte auf die Wissenschaftsstation direkt hinter dem Sitz des Captains und wandte mich dann einer jungen Frau zu.

»Kannst du den Bildschirm einschalten?«

»Ich denke schon«, antwortete sie und nahm am Steuerpult Platz. Schließlich drehte ich mich zum letzten Crewmitglied, einem spindeldürren Mann.

»Übernimm du die Waffenkonsole«, befahl ich und zeigte auf die Station in der Ecke neben dem Bildschirm. Er ging hinüber und setzte sich zögerlich hin. Dann wandte ich mich wieder an den rundlichen Gefährten.

»Zeigen unsere Sensoren irgendetwas an?«

»Ich weiß nicht, keine Ahnung, was ich da vor mir habe.« Er starrte hilflos auf die Steuerungskonsole der Wissenschaftsstation. Verärgert rannte ich hinüber und aktivierte die Sensoren. Ich konnte drei Schiffe erkennen, die sich uns näherten. Die Sensoren zeigten an, dass sie uns mit ihren Waffen ins Visier genommen hatten.

»Schutzschild aktivieren!«, schrie ich mit brechender Stimme.

»Wen meinst du?«, fragte die Frau.

»Und was sind ›Schilde‹?«, sagte der Dünne. »Unfassbar!«, dachte ich mir. Glauben diese Typen wirklich, sie hätten es verdient, bei der Sternenflotte zu sein?

Frustriert rannte ich zur Waffenkonsole und aktivierte den Schalter für die Schutzschilde. Doch es war schon zu spät: Der Simulator hatte einen Treffer registriert und die Waffenkonsole gab den Geist auf. Ich schaute auf die Anzeige; wir hatten keine Waffen mehr. Mein Blick glitt hinüber zum großen Bildschirm – immer noch aus.

»Mach den Bildschirm an!«, schrie ich. So langsam wurde ich wirklich wütend. »Wir müssen hier raus!«

»Ich dachte, ich weiß, wie das geht, aber irgendwie …«, entschuldigte sich die Frau. Das war der helle Wahnsinn! Musste ich denn alles selber machen? Ich eilte zum Steuerpult.

»Runter vom Sitz«, befahl ich und die Frau erhob sich. Ich nahm Platz, aktivierte den Bildschirm und sah gerade noch, wie drei romulanische Bird-of-Preys ihre Plasmawaffen auf uns abfeuerten. Ich stellte auf der Konsole Warpgeschwindigkeit ein, und der Simulator registrierte einen weiteren Treffer. Da ging die Ingenieurskonsole aus und das Licht wurde heruntergedimmt. Ich sah, dass wir keinen funktionierenden Antrieb mehr hatten.

»Simulation beendet«, erklang die Computerstimme. Mich überkam eine wahnsinnige Wut, aber ich sagte nichts. Dann setzte jemand zum Sprechen an und ruinierte den Moment.

»Tut mir leid«, entschuldigte sich der rundliche Typ. Die Schwäche, die ich aus seiner Entschuldigung heraushörte, machte mich rasend, und meine Selbstbeherrschung war dahin.

»Es tut dir also leid, ja? Warum bewirbst du dich überhaupt an der Akademie?«

Wahrscheinlich war ich noch nie so laut geworden. Aber ich hatte so hart gearbeitet, um es hierher zu schaffen, und diese drei Fremden hatten mir gerade alles kaputt gemacht.

»Wir haben unser Bestes getan«, sagte der Dünne.

»Du Idiot! Dein ›Bestes‹ hätte uns umbringen können!« Ich schrie so laut, dass ich nicht hörte, wie sich die Tür öffnete.

»Na, na«, beschwichtigte Tichenor, »jetzt atmen wir erst mal alle durch.« Ich fuhr zu ihm herum; sein nüchterner Ton machte mir klar, wie sehr ich die Kontrolle verloren hatte, und ich schwieg beschämt.

»Picard, Sie nehme ich wieder mit«, sagte Tichenor. »Der Rest bleibt hier.«

Er führte mich aus dem Kontrollraum. Schweigend gingen wir zurück zum Seminarraum, wo meine Mitbewerber warteten. Sie sahen mir sofort an, dass etwas mit mir nicht stimmte.

»Hey, Picard, was ist los?«, wollte DeSoto wissen.

»Die taktische Simulation ist schlecht gelaufen«, antwortete ich.

»Ach, so schlimm wird’s schon nicht gewesen sein«, meinte Marta. Ich bemerkte ihren Blick zu Tichenor, dessen schiefes Lächeln nichts verriet.

»Mr. Picard, Sie sind für heute fertig«, erklärte Tichenor und wandte sich an DeSoto. »Sie sind als Nächstes dran, kommen Sie bitte mit.« DeSoto folgte ihm hinaus, und ich erzählte Marta und Fras, was geschehen war.

»Ich kapier einfach nicht, was daran eine taktische Simulation sein soll«, sagte ich.

Marta antwortete: »Vielleicht war es das auch nicht. Das war vielleicht der psychologische Test.« Daran hatte ich noch gar nicht gedacht, weil das für mich gar keinen Sinn ergab.

»Was sollen die denn da getestet haben?«, fragte ich. »Wie viel Inkompetenz ich ertragen kann?«

»Keine Ahnung«, sagte Marta. »Hat Tichenor denn tatsächlich gesagt, dass das die taktische Simulation war?« Da wurde mir klar, dass er gar nichts dazu gesagt hatte; falls das der psychologische Test gewesen war, hatte ich ihn ganz schön in den Sand gesetzt, so viel stand fest. Dabei wusste ich nicht einmal, was überhaupt getestet wurde. Da ich für heute fertig war, beschloss ich, mich beleidigt auf mein Zimmer zu verziehen.

Am nächsten Tag erschien ich wieder im Unterrichtsraum. Meine Kommilitonen hatte ich am vorherigen Abend nicht mehr gesehen, und sie schienen alle etwas nervös, als Tichenor zu uns sprach. Er informierte uns, dass aus unserer Gruppe lediglich DeSoto einen Platz an der Akademie bekommen hatte. DeSoto und ich hatten uns angefreundet, aber ich war zugleich so eifersüchtig und perplex, dass es mir schwerfiel, ihm zu gratulieren. Er durchschaute meinen Gesichtsausdruck sofort.

»Ja, ganz meine Meinung«, meinte er. »Du hättest den Platz bekommen sollen.« Mein Egoismus war mir jetzt peinlich.

»Tut mir leid«, sagte ich. »Ich freue mich sehr für dich.«

»Ce n’est pas grave«, antwortete er. »Wir sehen uns dann nächstes Jahr.«

Marta und ich verließen gemeinsam das Gebäude. Ich war so in Gedanken, dass ich erst gar nicht bemerkte, dass Marta mich auslachte.

»Was ist denn so lustig?«

»Na, du«, gab sie zurück. »Du bist so arrogant, das ist kaum zu glauben.«

»Weißt du«, sagte ich, »ich habe wirklich hart gearbeitet, um es hierher zu schaffen …«

»Und ich etwa nicht?«, entgegnete sie. »Falls du es noch nicht bemerkt hast: Du bist nicht der Einzige, dessen Träume erst mal auf Eis liegen.« Da hatte sie natürlich recht, aber das Thema ließ mir keine Ruhe. »Hast du denn noch herausgefunden, ob das überhaupt der Psychotest war?«, wollte sie wissen. »Nein«, sagte ich. Es war mir zu unangenehm gewesen, nachzufragen. Außerdem wollte ich vor Tichenor nicht zugeben, dass mir nicht klar war, worin ich eigentlich getestet worden war. Da stand mir logischerweise mein eigenes Ego im Weg; wenn ich im nächsten Jahr wiederkäme, wüsste ich immer noch keinen Deut besser, was ich für eine erfolgreiche Aufnahme tun müsste.

Marta und ich verabschiedeten uns und machten uns letztlich leere Versprechungen, in Kontakt zu bleiben. Eigentlich wollte meine Mutter mich abholen, aber das hatte ich ihr ausgeredet. Ich musste also zuerst eine Air Tram nach Paris und dann eine weitere nach La Barre nehmen. Die Reise dauerte einige Stunden – genug Zeit für mich, in Selbstmitleid zu versinken.

Als ich in La Barre ankam, warf ich mir die Tasche über die Schulter und lief zu Fuß vom Bahnhof nach Hause. Der Anblick der vertrauten Bäume erfüllte mich mit Unbehagen. Ich wusste, dass Robert meine Niederlage voll auskosten würde, und ehrlich gesagt war ich in den Wochen vor der Aufnahmeprüfung derart arrogant gewesen, dass ich es nicht anders verdient hatte. Wie mein Vater reagieren würde, wusste ich nicht. Doch er und Robert würden sicher gemeinsam herzlich lachen.

Als ich mich unserer Haustür näherte, flog sie plötzlich auf, meine Mutter kam zur Begrüßung heraus und nahm mich in den Arm.

»Ist schon in Ordnung, Jean-Luc«, tröstete sie mich sanft, und ich musste weinen. Da hielt ich mich selbst für so männlich, aber in Wirklichkeit war ich noch ein Kind, dessen falsches Bild von Männlichkeit dem Mitgefühl einer Mutter nicht standhalten konnte. Sie begleitete mich hinein und ich wischte schnell meine Tränen weg.

»Wo sind Vater und Robert?«, fragte ich.

»In der Scheune, sie verladen immer noch Wein«, sagte sie. »Keine Sorge, wir haben ein bisschen Zeit. Ich möchte gerne hören, was passiert ist.« Ich erzählte es ihr in allen Einzelheiten und erwähnte auch den rätselhaften letzten Test.

»Da gibt es nichts zu rätseln«, erklärte sie. »Das war der psychologische Test.«

»Wie kannst du dir da so sicher sein?«

»Du möchtest von hier weg und etwas Bedeutendes erreichen«, antwortete sie. »Das war schon seit Langem dein Ziel, und die Sternenflotte war deine persönliche Möglichkeit, es zu erreichen.« Meine Mutter durchschaute mich, wie immer. In meiner jugendlichen Arroganz hatte ich angenommen, dass mein Wunsch nach Selbsterhöhung gut vor meinen Mitmenschen verborgen geblieben war.

»Was hat das mit dem Test zu tun?«

»Du musstest einen Test bestehen, für den du dich gut vorbereitet gefühlt hast. Jedoch stehen dir auf einmal diese drei inkompetenten Leute im Weg«, erklärte sie. »Deine größte Angst.« Da dämmerte es mir.

»Meine Angst, nicht die Kontrolle zu haben«, schlussfolgerte ich. Da fiel mir Martas Kommentar wieder ein. »Und die Annahme, dass sich alles nur um mich dreht.« Allerdings machte mir immer noch Sorgen, dass ich trotz dieser Einsicht keinen Schimmer hatte, wie ich den Test hätte bestehen können.

»Er ist also wieder da«, sagte Robert. Er und Vater waren hereingekommen. Wie erwartet war Roberts Tonfall voller Spott. Sie setzten sich und zogen ihre schmutzigen Stiefel aus.

»Ich bin wieder da«, antwortete ich.

»Und wann verschwindest du wieder?«, fragte Robert. »Auf zu den Sternen, nehme ich an?« Das verwunderte mich und ein Blick ins Gesicht meiner Mutter verriet mir, dass sie es ihnen noch nicht gesagt hatte.

»Ich hab’s nicht geschafft«, sagte ich. Ich sah, wie Robert und Vater Blicke austauschten und bereitete mich innerlich auf ihr grausames Gelächter vor.

»Oh«, sagte Robert. Er lachte nicht. Tatsächlich sah er eher peinlich berührt aus.

»Da haben wir aber Glück«, meinte mein Vater.

»Im Ernst? Warum?«

»Wir könnten bei der Lieferung morgen noch Hilfe gebrauchen«, antwortete er. »Falls du Zeit hast.« In diesem letzten Kommentar schwang Sarkasmus mit, wenn auch nur ein bisschen. Ich habe ein ganzes Leben gebraucht, um zu verstehen, dass mein Vater und Bruder damals Mitleid mit mir hatten. Mein Versagen bereitete ihnen keine Freude. Am nächsten Tag half ich ihnen beim Verladen des Weins. In gewisser Weise war das für mich kathartisch und half mir, über meine Niederlage hinwegzukommen.

Schon bald war in unserem Haus allerdings alles wieder beim Alten. Robert ließ keine Gelegenheit aus, mich zu erniedrigen und ich begegnete ihm meinerseits mit herablassender Arroganz. Mein Vater verkündete weiter lautstark sein Missfallen gegenüber meinen Zielen, die ich nur umso verbissener verfolgte. Im Jahr darauf wurde ich wieder zur Aufnahmeprüfung zugelassen. Ich durchlief wieder die Tests, diesmal mit einer neuen Gruppe von Bewerbern, immer noch unter der Aufsicht von Tichenor. Wie beim ersten Mal waren die Tests am Computer kein Problem für mich. Am letzten Tag brachte mich Tichenor wieder zum Brückensimulator.

Es waren wieder die gleichen Studenten wie im Vorjahr. Tichenor schloss die Tür und die Sirene für den roten Alarm heulte auf.