Die Bordeaux Mission - Eli T. Crown - E-Book

Die Bordeaux Mission E-Book

Eli T. Crown

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Beschreibung

"Und bitte bloß keine Kalorien zählen und auch nur dann, wenn es wirklich unbedingt sein muss!" Dies ist einer der guten Vorsätze, nach denen sich Eli und ihre Schwester Tessa in ihrem langersehnten Frankreichurlaub nur allzu gerne richten wollen. Doch noch bevor der Spaß beginnen kann, läuft plötzlich alles komplett aus dem Ruder. Eli sieht sich sogar gezwungen, August, ihren früheren Kontakt, für eine Rettungsmission der besonderen Art zu aktivieren. Dabei geraten die beiden in mysteriöse Vorfälle und Schwierigkeiten, bei denen es um Leben und Tod geht. Werden sie das Rätsel lösen? Die Zeit wird knapp …

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Danksagung

Vielen Dank an meine lieben Probeleser, die ich mit Sicherheit manchmal ein wenig verrückt gemacht habe.

Ein besonderer Dank gilt meiner Lektorin, die mein Buch mit ihren Tipps an so manchen Stellen verfeinert hat.

Vielen Dank auch an D.L., der mich vor allem bei den medizinischen Aspekten unterstützt hat.

Eli T. Crown

Die Bordeaux Mission

Eine Eli T. Crown Story

© 2023 Eli T. Crown

- Zweiter Teil der Eli T. Crown Reihe -

Druck und Distribution im Auftrag der Autorin:

tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany

Lektorat: RaBe Lektorat (E-Mail: [email protected])

ISBN Softcover:

978-3-347-65623-9

ISBN Hardcover:

978-3-347-65624-6

ISBN E-Book:

978-3-347-65625-3

ISBN Großschrift:

978-3-347-65626-0

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Deutschland.

Inhalt

Cover

Danksagung

Titelblatt

Urheberrechte

Kapitel 1 - Rätselhafte SMS

Kapitel 2 - Chaotische Ankunft

Kapitel 3 - Eine merkwürdige Begegnung

Kapitel 4 - Seltsame Funde

Kapitel 5 - Besuch bei der Polizei

Kapitel 6 - August

Kapitel 7 - John

Kapitel 8 - Status quo

Kapitel 9 - Hilflos

Kapitel 10 - Freudiges Wiedersehen

Kapitel 11 - Die Düne

Kapitel 12 - Chaos

Kapitel 13 - Vorbereitungen

Kapitel 14 - Zugriff

Kapitel 15 - Endlich vereint

Kapitel 16 - Der Tag danach

Kapitel 17 - Finale Erkenntnisse

Kapitel 18 - Ein superlockeres Abendessen

Nachwort

Die Bordeaux Mission

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Kapitel 1 - Rätselhafte SMS

Kapitel 18 - Ein superlockeres Abendessen

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Kapitel 1 - Rätselhafte SMS

„Und du bist wirklich absolut sicher, dass du ausgerechnet heute noch losfahren möchtest?“, fragte meine Mutter und sah mich dabei schwermütig an.

„Ja, auf jeden Fall! Die Straßen sind aktuell frei und solange es kein Drama wie 2008 gibt, wird sicher alles gutgehen“, sagte ich voller Überzeugung und sah sie dabei direkt an. Das war jetzt der alles entscheidende Moment. Falls sie auch nur ansatzweise merken sollte, dass ich ebenfalls ein wenig unschlüssig war, konnte ich mir einen harmonischen Abschied abschminken. Dabei hatte ich mir diesen so sehr gewünscht.

Nachdem meine letzten Wochen sowohl in der Arbeit als auch im Privatleben intensiv genug gewesen waren, hatte ich der Reise nach Bordeaux fast minütlich entgegengefiebert. Meine Schwester Tessa entspannte mit ihrem Freund bereits seit gut einer Woche in einem nahegelegenen Weingut und ich freute mich tierisch darauf, sie nach ihrem (hoffentlich) erholsamen Urlaub endlich in der französischen Stadt treffen zu können. Ich starrte meine Mutter weiterhin an.

„Hm … na gut. Anscheinend ist das Sturmtief dieses Mal ja nicht annähernd so schlimm wie damals und auch da bist du gut durchgekommen, also …“, setzte sie an, „… dann möchte ich dich nicht aufhalten und wünsche dir, äh … ich meine euch, ganz viel Spaß!“ Wow, das war ja fast ein herzlicher Abschied! Genauso hatte ich mir das vorgestellt, es aber nicht ernsthaft erwartet.

„Danke. Ich mache mich dann auch gleich auf den Weg, um nicht zu spät im Hotel anzukommen“, erwiderte ich freudig und nahm sie noch einmal ganz fest in den Arm.

Ach, meine Mutter. Ein wirklich herzensguter Mensch, jedoch manchmal etwas zu sehr Mama. Aber so ist das wohl, einmal Mama, immer Mama. Und da ich diesen Umstand erfahrungsgemäß nicht beurteilen konnte, drückte ich sie noch einmal fest, ließ sie dann aber los.

„Aber du meldest dich gleich, wenn du angekommen bist! Oder am besten schaltest du gleich unsere Ortungs-App ein!“ Ja … nee, Mama.

„Ich melde mich, wenn ich angekommen bin. Zuerst werde ich erst mal in Ruhe im Hotel einchecken und danach ruf ich dich an“, sagte ich und drehte mich bereits in Richtung Auto.

„Elise, warte! Ich habe hier noch was für dich. Nur eine Kleinigkeit.“ Ich drehte mich noch einmal um und sah auf den Gegenstand, den sie mir in ihrer Hand entgegenstreckte.

Es war ein kleiner silberner Schutzengel. Einer mit einer magnetischen Unterlage, die man sich als Glücksbringer auf das Armaturenbrett des Autos kleben konnte. Wie gesagt, einmal Mama, immer Mama. Und das war auch gut so, denn ich wollte sie um nichts in der Welt eintauschen. Auch nicht gegen einen goldenen Mustang-Oldtimer, obwohl der seit Jahren mein absoluter Traum war. Na ja, vielleicht doch für einen klitzekleinen Tag …

„Du bist lieb, danke“, sagte ich gerührt und nahm ihn von ihr entgegen. Mit der freien Hand öffnete ich die Fahrertür. „Eher links oder rechts, was meinst du?“, fragte ich sie und positionierte den Schutzengel beispielhaft an verschiedenen Stellen am vorderen Armaturenbrett.

„Am besten in der Mitte, dann schützt er euch beide.“ Also gut, dann in der Mitte. Ich entfernte den Klebestreifen der Unterlage, befestigte sie so mittig wie möglich und drückte die Figur darauf. „Perfekt!“ Sie war anscheinend glücklich und ich auch.

„Also gut, aber so langsam muss ich jetzt wirklich los …“, sagte ich etwas verlegen und blickte sie an. Meine Mutter hatte Tränen in den Augen. „Bitte nicht weinen, okay?“, setzte ich an, aber es war zu spät. Die ersten Tränen kullerten schon.

„Bitte passt auf euch auf Eli … und macht euch eine schöne Zeit … und …“, stammelte sie und ich sah etwas verlegen auf die Seite. Auch wenn ich ein Gefühlsmensch war, mit zu vielen Gefühlen konnte auch ich eher schlecht umgehen. Vor allem, wenn sie die Kurzform meines Namens verwendete. Dann wusste ich, es wurde so richtig sentimental.

„Machen wir doch immer, kennst uns doch“, erwiderte ich und schluckte noch einmal.

„Und ausnahmsweise vorsichtig fahren!“

Immer doch, dachte ich. Denn das war unser Familien-Leitspruch. Allein schon wegen des Wortes ausnahmsweise.

„Aber selbstverständlich und ausnahmsweise“, antwortete ich familiär obligatorisch, um die Bedeutung dessen abermals zu unterstreichen. Und um meine emotionale Mutter etwas zu beruhigen.

Ich drückte sie noch einmal kurz, setzte mich auf den Fahrersitz und schloss die Tür. Die Fenster ließ ich in weiser Voraussicht herunter, damit wir während der Abfahrt noch weitere Abschiedsworte austauschen konnten. Da ich auf dem Hof vor dem Haus meiner Mutter geparkt hatte, musste ich mein Auto erst einmal wenden und kam auf dem Rückweg noch kurz auf der Höhe meiner Mutter zum Stehen.

„Ich melde mich auch von zwischendurch, versprochen. Und ich bin wirklich sicher, dass es dieses Mal nicht so schlimm wird“, beruhigte ich sie zum Abschied.

„Okay, ich wünsche dir eine tolle Zeit und viele schöne Eindrücke. Lass es dir gutgehen und zähl bloß keine Kalorien!“ Eine Träne kullerte bereits. Sie lachte und weinte gleichzeitig.

„Mach ich.“ Jetzt wurden meine Augen auch noch feucht. Ich schluckte erneut, winkte und ließ den Motor wieder an. „Bis bald!“, rief ich ihr zum Abschied zu und fuhr langsam los. Auf dem Weg in Richtung ihrer Ausfahrt winkte ich noch einige Zeit mit der linken Hand aus dem Fahrerfenster und bog langsam rechts auf die Straße ab. Ich sah meine Mutter durch den Rückspiegel ebenfalls noch winken und dann war sie aus meinem Sichtfeld verschwunden. Oh Mann, wie ich Abschiede hasste …

Was ich noch weniger mochte, war, wenn sie sich (zumeist unbegründet) Sorgen machte. Ich konnte sie aber diesmal wirklich vollkommen verstehen. Denn als ich das letzte Mal mit meinem Fahrzeug in Richtung Bordeaux unterwegs gewesen war, hatte ein riesiger Sturm entlang meiner geplanten Strecke gewütet. Dieser hatte dafür gesorgt, dass der Verkehr auf der Autobahn an einzelnen Stellen komplett zum Erliegen gekommen war. Es war sogar so schlimm gewesen, dass einige Bäume quer über der Fahrbahn gelegen hatten und man nur an manchen Stellen mit einem PKW darunter hatte durchfahren können. Die SUVs und die LKWs hatten dabei das Nachsehen gehabt. So etwas hatte ich bis dahin auch noch nie erlebt. Aber egal, es war zum Glück alles gutgegangen und ich war damals unbeschadet an meinem ersten Etappenziel, einem kleinen Hotel nahe der Autobahn, bereits auf französischer Seite, angelangt. Diesmal sollte es aber nicht so schlimm werden. Sagte zumindest der Wetterbericht.

Als ich an der letzten Ampel kurz vor der Autobahn zum Stehen kam, drehte ich mein Radio ein wenig lauter und wechselte sofort den Sender. Ja, ich war einfach noch Old School. Anstatt mir eine persönliche Favoritenliste anzulegen, hörte ich beim Autofahren weiterhin gerne Radio. Auch wegen der regelmäßigen Verkehrsnachrichten oder um mich einfach spaßeshalber über die gespielten Lieder aufzuregen. Ich fand schnell einen Sender, der mir mehr zusagte und entspannte mich sogleich etwas. Die Ampel sprang um und ich gab Gas in Richtung Autobahn.

Ich freute mich auf die Fahrt. Und auf Tessa, meine Schwester. Wir hatten Bordeaux als Ziel für unseren gemeinsamen Urlaub gleich aus mehreren Gründen gewählt: Erstens mochte ich Frankreich an sich sehr gerne und zweitens kannte ich die Stadt bereits durch einen dreimonatigen Aufenthalt während eines Sprachkurses sehr gut. Dieser lag zwar über fünfzehn Jahre zurück, aber was sollte sich in dieser Zeit denn schon großartig verändert haben? Die Stadt stand sicher noch und auch die Garonne würde es noch geben. Damals war meine tagtägliche Spazierstrecke entlang dieses Flusses für mich fast so verbindlich wie das allabendliche Glas Rotwein (oder eher die Gläser) und ich war sicher, wir würden es dieses Mal ähnlich halten. Sowohl den Spaziergang als auch den Alkoholkonsum. Deswegen fährt man ja schließlich auch nach Frankreich. Außerdem befand sich Tessa bereits dort, genauer gesagt war sie sogar schon in Bordeaux. Die bisherige Zeit vor Ort hatte sie mit ihrem Freund John im Umland genossen und wollte den zweiten Teil praktischerweise im Anschluss daran mit mir verbringen, um Frauendinge zu unternehmen. Auch dafür war die französische Stadt bestens geeignet.

John und Tessa waren vor zwei Tagen in Richtung Bordeaux aufgebrochen und hatten das von mir angemietete Appartement bereits vorab mit Beschlag belegt. Ich hatte mich in demselben Komplex wie damals eingemietet, weil er, soweit ich es noch in Erinnerung hatte, alles besaß, was für mich wichtig war: eine kleine Kochnische, ein eigenes Bad und einen großen Fernseher. Und mittlerweile sehr gutes WLAN natürlich. Die Internetbewertungen waren über die letzten Jahre hinweg weiterhin im oberen Bereich geblieben, also konnte dabei wirklich nichts schiefgehen.

Ich überlegte. John wollte bereits heute Morgen mit dem Flugzeug nach Deutschland zurückfliegen. Nicht, um einem möglichen Treffen mit mir zu entgehen, sondern weil ihm eine Kombination aus einem unschlagbar günstigen Ticket und einem anstehenden Ärztekongress in Hamburg zuvorkam. Auch gut. So hatten Tessa und ich sofort Zeit für Mädchenkram. Oder besser gesagt Frauenkram. Wir waren ja beide schon quasi über vierzig, also wohl offiziell keine Mädchen mehr. Wie das in uns drin aussah, stand nicht zur Debatte. Denn da waren wir noch kleine Kinder und benahmen uns manchmal auch so.

Das Gute war, dass Tessa und John bestimmt bereits den Kühlschrank in Betrieb genommen und mit Sicherheit gleich gefüllt hatten. Ich war auch davon überzeugt, dass die Weinvorräte durch das vorangegangene Urlaubsziel ebenfalls abgesichert waren. Kurz fragte ich mich, was mit dem menschlichen Körper nach einem dreiwöchigen andauernden Alkoholkonsum passieren könnte, verwarf den Gedanken aber sofort wieder. Wie hatte es meine Mutter formuliert: „Und bitte bloß keine Kalorien zählen!“ Gebongt, und was unsere Lebern betraf, da mussten die beiden jetzt wohl durch. Und außerdem stand mein jährlicher Check-Up ohnehin in ungefähr zwei Monaten an, da würde ich die Wahrheit spätestens Schwarz auf Weiß bekommen.

Ich überlegte weiter. Heute war Sonntag, ich würde also mit dem eingeplanten Zwischenstopp spätestens Montagabend in Bordeaux ankommen. Eine kurze Dusche und dann ab ins Zentrum in eines der niedlichen Restaurants. Dann das Wetter und die französische Atmosphäre genießen. Ein kleiner Schauer ging durch meinen Körper. Wunderbar.

Ich sah auf die Uhr. Es war jetzt 9:54 Uhr. Zeit für meinen ersten Anruf bei Tessa. Da sie John zum Flughafen begleitet hatte, war sie sicher schon lange wach und für frühe Anrufe empfänglicher als sonst. Ich wählte ihre Nummer und es läutete. Bereits nach dem zweiten Klingeln wurde abgehoben, aber niemand antwortete.

„Guten Morgen du Schlafmütze! Hast du dich etwa doch noch mal hingelegt?“, rief ich an meinem Ende und wartete ab. Nichts. „Tessa? Ich hoffe, ich hab dich jetzt nicht wirklich geweckt. Falls ja, sooorrryy …“, versuchte ich erneut mein Glück. Immer noch nichts. Und dann wurde einfach aufgelegt.

Komisch, dachte ich und versuchte es noch einmal. Aus Erfahrung wusste ich aber, dass das internationale Netz oft auch mal mehr oder weniger gut funktionierte. Eventuell befand meine Schwester sich auch gerade in der Tiefgarage der Anlage und da gab es einfach so gut wie keinen Empfang. Doch nun kam plötzlich die automatische Ansage, dass der Teilnehmer nicht zu erreichen war und man es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal versuchen sollte. Da sie mit einer SMS über meinen Anruf informiert werden würde, ließ ich es erst mal gut sein und legte auf.

Ich drehte das Radio lauter und konzentrierte mich auf meine Fahrt. Bislang lief alles gut und aufgrund des Wochentages waren auch so gut wie keine LKWs unterwegs. Das machte die Fahrt gleich noch entspannter und auch von dem vorausgesagten Sturm war noch nichts zu sehen.

Nach den ersten hundertfünfzig Kilometern legte ich eine Pause an einem Rasthof ein. Meine Schwester hatte sich bislang noch nicht gemeldet, aber ich war mir sicher, sie hatte genug um die Ohren. Ich sah sie schon vor meinem geistigen Auge wie einen Wirbelwind durch das Appartement flitzen, um die Überreste etwaiger ausschweifender Nächte ungeschehen zu machen. Ob sie es allerdings schaffen würde, das Zimmer wieder in den Ursprungszustand der Wohnungsübergabe zu versetzen, bezweifelte ich stark. Egal, solange keine Spuren möglicher Orgien zu sehen waren, blieb ich ohnehin vollkommen locker.

In der Raststätte kaufte ich mir noch ein gekühltes Wasser und ging wieder zurück zu meinem Auto. Ich packte alles auf den Beifahrersitz und checkte noch einmal den Status der weiteren Strecke auf meinem Handy. Es sah alles gut aus. Anscheinend war das Unwetter auch kein Thema mehr, also sollte es entspannt weiterlaufen.

Ich hatte mich speziell für diesen Weg entschieden, weil ich ihn bereits aus der Vergangenheit kannte und die Strecke rund um Zürich umgehen wollte. Nicht weil ich ein Problem mit der Schweiz hatte, ich kannte diese Route eben einfach noch nicht und wollte keine zusätzlichen Überraschungen erleben.

Ich startete den Motor und setzte meine Reise fort. Die nächste Etappe erstreckte sich über zweihundert Kilometer und als ich meine zweite Rast einlegte, registrierte ich eine SMS auf dem Telefon.

Sicher von Tessa, dachte ich noch, stutzte aber, als ich sah, dass sie von John war.

Bin gut gelandet und schon auf dem Weg ins Hotel. Melde mich gegen Abend noch mal. LG

Alles klar so weit, bei ihm hatte also auch alles gut geklappt. Zufrieden startete ich den Motor und gab Gas.

Nach weiteren drei notwendigen Pausen kam ich gegen Abend an meinem bereits vorab gebuchten Hotel in der Nähe von Besançon an. Ich packte das Notwendige vom Beifahrersitz in meine Handtasche und nahm zusätzlich meine kleine, extra für diese eine Übernachtung gepackte, Reisetasche aus dem Fahrzeug. Mein riesiger und superschwerer Koffer lag sicher verwahrt im Kofferraum und sollte dort auch die Nacht verbringen.

Ich war bereits am Weg zum Eingang des Hotels, als ich doch noch einmal stehen blieb. Da der Parkplatz sehr gut besucht war, entschied ich mich gegen die Abmachung mit meiner Mutter. Ich legte deshalb das Reisegepäck ab, nahm das Handy aus meiner Tasche und wählte ihre Nummer. Nach dem ersten Klingeln hob sie bereits ab.

„Alles gut gegangen? Bist du bereits am Hotel? Hat alles geklappt?!“, schrie sie fast ins Telefon.

„Ja und zwar für alle drei Fragen zusammen“, erwiderte ich und grinste. Mir fiel meine Schwester wieder ein. „Hast du was von Tessa gehört?“, ergänzte ich meine Antwort.

„Von Tessa? Warum das denn? John hat sich kurz nach dem Flug gemeldet und das war’s. Tessa ist doch noch in Bordeaux. Oder?!“

„Ja klar, ist sie. Hab es heute Morgen kurz bei ihr probiert, sie aber leider nicht erreicht. Und bislang hat sie sich noch nicht bei mir gemeldet“, erwiderte ich auf ihre Frage.

„Ach, du kennst sie doch. Jetzt, wo John weg ist, muss sie sicher erst einmal klar Schiff machen. Das ist doch immer so. Die beiden genießen halt eher die Zeit zusammen, als immer gleich aufzuräumen. Nicht so wie du …“ Na toll, ein versteckter Seitenhieb gleich mit dazu. Sicher ihre Retourkutsche, weil ich meine Handy-App zur Standortverfolgung diesmal eben nicht eingeschaltet hatte.

„Wahrscheinlich. Meldest du dich bei mir, wenn sie heute noch ein Lebenszeichen von sich gibt? Damit ich Bescheid weiß.“

„Klar, aber rechne nicht damit. Spätestens morgen seht ihr euch ja sowieso. Vielleicht genießt sie heute auch nur mal ihre Zeit für sich.“ Stimmt, das war auch gut möglich.

„Alles klar. Ich check gleich ein und werde ohnehin bald schlafen gehen. Die Fahrt verlief zwar problemlos, aber anstrengend sind neun Stunden natürlich trotzdem …“, sagte ich, verabschiedete mich von ihr und legte auf.

Ich nahm meine Reisetasche und ging weiter in Richtung Eingang, als mein Handy kurz brummte. Eine Nachricht. Also legte ich abermals die Tasche ab und schaute auf mein Telefon.

hey, ich lieg faul Rum, Ich melde Mich in ruhe Morgen. War Im Stress! Sorry!

Die SMS kam von Tessa. Im Stress war sie, denn die Zeit, ihre Rechtschreibung zu kontrollieren, hatte sie offensichtlich auch nicht gehabt. Untypisch für sie, aber ich war etwas beruhigter.

Ich wollte meiner Mutter gerade eine Nachricht schicken, dass sie sich gemeldet hatte, als schon eine weitere SMS einging.

Tessa hat sich gemeldet, also wie gesagt, alles gut bei ihr.

Von Mama. Na gut, dann hatte sie sich gleich bei allen gemeldet und ich konnte aufhören, mir als große Schwester weiter Sorgen zu machen.

Im Zimmer angekommen, duschte ich erst einmal ausgiebig und machte es mir dann auf dem großen Bett bequem. Ich überprüfte online meine nächste Route für morgen und befand, dass weitere zehn Stunden im Auto durchaus zu schaffen waren. Um jedoch etwas früher zu starten, stellte ich meinen Wecker auf 6:30 Uhr und ging gleich im Anschluss ins Bett.

Der nächtliche Schlaf war aufgrund seiner ausreichenden Länge erholsam genug gewesen, sodass ich, als um halb sieben der Wecker das erste Mal klingelte, sofort hellwach war. Um so wenig Zeit wie möglich zu verlieren, hatte ich bereits am Vorabend meine Rechnung bezahlt und mit der Rezeption vereinbart, den Schlüssel beim Verlassen des Hotels einfach in den Hotelbriefkasten zu werfen.

Deshalb putzte ich mir nur schnell die Zähne und sparte mir sogar ein großes Umziehen. Allein die Pyjamahose wechselte ich gegen eine mindestens genauso bequeme Jogginghose und machte mich nach einen kurzen Kontrollblick, bei dem ich mich vergewissert hatte, ob ich etwas im Zimmer vergessen hatte, bereits auf den Weg zu meinem Auto. Auch das Frühstück wollte ich mit dem ersten Stopp verbinden, so war sichergestellt, frühestmöglich in Bordeaux anzukommen und noch einen schönen Abend mit Tessa zu verbringen.

Es lief alles so reibungslos wie am ersten Tag und die ersten einhundert Kilometer brachte ich trotz des Berufsverkehrs schnell hinter mich. Aber dann wurde es Zeit für meinen ersten Kaffee und irgendetwas Schnelles zum Essen. Ich entschied mich für einen Rasthof, an den ein Restaurant einer amerikanischen Fastfood-Kette angeschlossen war. Ich liebe ab und zu einfach dieses Frühstück dort und konnte es kaum erwarten, an dem leckeren Cappuccino zu nippen. Darüber hinaus bestellte ich noch zwei Frühstücksburger mit Ei und Bacon und ging äußerst zufrieden zurück zu meinem Wagen.

Ich positionierte alles so strategisch, dass ich während des Fahrens sowohl ganz entspannt trinken als mich auch ausreichend auf den Verkehr konzentrieren konnte. Das war das Gute an den französischen Autobahnen: Das Tempolimit zwang den Fahrer geradewegs dazu, so entspannt wie möglich am Zielort anzukommen, ob man wollte oder nicht. Also startete ich mit einer Hand den Motor, während ich mit der anderen genussvoll das Getränk probierte.

Nach weiteren fast zweihundert Kilometern kam die nächste Pause. Diese war eindeutig dem Cappuccino geschuldet. Anschließend ging ich schnellen Schrittes wieder zurück zum Wagen und überprüfte noch mal mein Handy. Immer noch keine weitere Nachricht von meiner Schwester. Ich überlegte kurz und entschied mich noch einmal dafür, sie anzurufen. Diesmal klingelte es etwas länger, bevor schlussendlich die Mailbox ansprang.

Ohne eine Nachricht zu hinterlassen legte ich auf. Mittlerweile war ich etwas genervt. Ich hatte ja nicht unbedingt angenommen, dass meine Schwester während meiner Ankunft neben dem Handy wartete, aber ein wenig verbindlichere Erreichbarkeit hatte ich mir schon gewünscht. Meine Mutter wollte ich mit diesem Thema heute aber sicher nicht erneut nerven, also ließ ich den Motor an und fuhr unverzüglich los.

Den letzten Teil schaffte ich fast in einem Rutsch. Währenddessen vibrierte mein Telefon ein weiteres Mal und bei einer allerletzten Pause checkte ich erneut mein Handy. Wieder eine Nachricht von Tessa.

na alles Klar, ich bin an Die Küste raus nach Arcachon. War Spontan. Dir viel Spaß! Und ordentliches, richtig superleckeres indisches Essen, ich Meld Mich Morgen Wieder. t.

Was?! Das war doch nicht ihr Ernst bitte! Ich war nun wirklich aufgebracht und wählte sofort ihre Nummer. Wieder war das Telefon ausgeschaltet. Jetzt wurde aus dem genervt eindeutig ein wütend. Und zwar ein superwütend. Was sollte das denn? Ich hatte nichts dagegen, dass sich meine Schwester spontan für einen Kurztrip entschieden hatte. Aber ausgerechnet heute? Und ohne mal kurz anzurufen?

Ich dachte nach. Wusste sie sicher, dass ich heute ankommen wollte? Ich nahm mein Handy abermals in die Hand und überprüfte unsere letzten Nachrichten im Posteingang. Doch, wir hatten eindeutig vereinbart, dass ich heute Abend in Bordeaux ankommen sollte. Wir hatten noch darüber gesprochen, dass es der zwölfte August sein würde, also auf den Tag genau einen Monat nach Johns Geburtstag. Was sollte das dann also? Da sie nicht erreichbar war, schrieb ich ihr ebenfalls eine SMS.

Hm, okay, ziemlich spontan. Bin ein wenig verwundert, um ehrlich zu sein. Komme in ca. 1h im Appartement an und richte mich schon mal ein. Warte dann morgen auf dich. Liebe Grüße Eli.

Oh Mann, war ich sauer … Da ich an dem Umstand an sich aber nichts ändern konnte, startete ich meinen Motor und fuhr los. Eindeutig mit etwas mehr Gas als beabsichtigt, aber ich war nun mal echt verdammt wütend. Der letzte Teil der Strecke lief glücklicherweise genauso problemlos wie der vorherige Teil und ich kam mehr als pünktlich an dem lang ersehnten Gebäude an.

Kapitel 2 - Chaotische Ankunft

Der Komplex war damals Symbol für meine absolut verdiente Freiheit nach den finalen Prüfungen und dem hart erarbeiteten Abschluss gewesen. Nun stand er einfach nur da. Er wirkte zwar noch gut erhalten, war aber mittlerweile doch etwas in die Jahre gekommen. Ich war ein wenig enttäuscht. Aber vielleicht sah man vieles mit einundvierzig einfach anders als mit Mitte zwanzig. Nun ja, wohl ziemlich sicher.

Ich steuerte die Einfahrt der Tiefgarage an und hielt vor einem Pfosten, in welchem ein Zahlenfeld integriert war. In meiner Tasche suchte ich nach dem Zettel, auf dem mir bereits vor Wochen alle für mich notwendigen Informationen zur Ankunft vom Appartementverwalter zugesandt worden waren. Herr Tulmant war damals schon der Verwalter gewesen, ein sehr netter Mann, aber auch manchmal ein etwas komischer Kauz. Manche meiner E-Mails wurden von ihm innerhalb von Sekunden beantwortet, bei manchen ließ er sich gerne mal eine Woche oder länger Zeit. Außerdem schaffte er es wirklich jedes Mal, meinen Namen anders zu schreiben. Aus einem „Crown“ wurde dann schnell mal ein „Crone“ oder ein „Crawn“. Auch die Tatsache, dass ich ihm bereits mehrmals bis ins Detail erklärt hatte, dass unser englischer Nachname aus der romantischen Verbindung meines englischstämmigen Vaters und meiner deutschen Mutter herstammte, änderte nichts daran. Dass es bei ihm, wie bei leider manchen Einheimischen, meiner Meinung nach an einer Zurückhaltung anderssprachiger Menschen lag, schloss ich aus. Denn die wenigen persönlichen Treffen verliefen immer sympathisch, manchmal sogar herzlich. Vielleicht hatte es auch damit zu tun, dass ich ein wenig der französischen Sprache mächtig war. Damals mehr als heute, aber sogar jetzt würde ich in dem Land zumindest nicht verhungern oder verdursten.

Ich war erfolgreich und nahm den Zettel mit dem vierstelligen Code in meine Hand. Na wenigstens dieser hatte sich in den letzten Jahren geändert. Das Tor der Tiefgarage öffnete sich äußerst laut und ich fuhr in Richtung meines reservierten Parkplatzes. Aus Gewohnheit und weil ich die Zahl sieben so gerne hatte, hatte ich nach einem Parkplatz mit dieser Zahl darin gefragt. Ich hatte Glück, die Siebenundsiebzig war offensichtlich noch für mich frei gewesen und so fuhr ich schnurstracks nach hinten durch. Jetzt noch einmal ums Eck und dann … besetzt! Ich stutzte. Und überprüfte noch einmal die anderen beiden Zahlen direkt daneben am Tiefgaragenboden, weil der Falschparker so weit in Richtung Garageninneres geparkt hatte, dass man die Nummer nicht eindeutig lesen konnte. 76, 78 … doch, die 77 war und blieb besetzt.

Ich stieg aus, um mir den betreffenden Wagen näher anzusehen. Es war ein kleines, französisches Modell in einem dezenten Blauton und schien ganz eindeutig ein Mietwagen zu sein, da entsprechende Aufkleber groß auf der Stoßstange und im Heckfenster zu sehen waren. Ich quetschte mich an der Säule vorbei und sah durchs Fahrerfenster. Und stutzte erneut. Die Handtasche meiner Schwester lag auf dem Beifahrersitz. Jetzt wurde mir einiges klarer. Sie wollte mich offensichtlich in unserem Appartement überraschen und die SMS von heute Morgen hatte allein dem Zweck gedient, mich zu verwirren. Gut, es war nicht unbedingt ihre Art, sich bei einer Überraschung derart seltsam zu verhalten, aber was sollte es. Vielleicht hatte sie die letzte Zeit in Frankreich auch ein wenig verändert oder sie versuchte einfach mal etwas Neues mit mir.

Ich ging zurück zu meinem Auto und startete den Motor erneut. Aufgrund der Enge der Tiefgarage musste ich mehrmals vor- und zurücksetzen, bevor ich final wenden konnte. An der Ausfahrt angekommen passierte ich die automatische Schranke und probierte als Erstes mein Glück in der nächstgelegenen Seitenstraße. Und siehe da … es war eine Parklücke frei, in die ich, dank meiner Abstandssensoren, gekonnt einparkte. Lange sollte mein Wagen ohnehin nicht draußen stehen bleiben, denn ich wusste um die Freistil-Parkweise in den südeuropäischen Städten und dafür liebte ich mein Fahrzeug doch zu sehr.

Ich nahm alles Wichtige und Wertvolle an mich und ging zurück zur Appartement-Anlage. Auch das Tor war mit einem Code gesichert und nach einem kurzen Blick in die Unterlagen konnte ich auch diese Tür problemlos passieren. Ich entschied mich gegen den Aufzug und nahm die Treppen in den dritten Stock. Vor unserer Tür überlegte ich kurz, ob ich klopfen oder die Tür gleich mithilfe des nächsten Codes öffnen sollte. Ich wählte letztere Methode, denn wenn meine Schwester aktuell unpässlich sein sollte, würde ich zumindest jetzt das Überraschungsmoment auf meiner Seite haben. Also drückte ich die vier Ziffern. Es klickte und ich trat ein.

Ich weiß nicht genau, was ich drinnen erwartet hatte. Das, was ich zu sehen bekam, allerdings nicht. Es sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Mitunter kannte ich diesen Anblick auch von unseren gemeinsamen Reisen, aber auch nur, wenn wir ein paar Tage etwas nachlässig waren und keine Lust zum Aufräumen hatten. Das hier war aber ein anderes Stadium. Es lag alles kreuz und quer verstreut: auf dem Boden, auf dem Tisch und eigentlich überall sonst auch. Doch wo war Tessa? Die naheliegende Vermutung, sie würde sich möglicherweise im Bad befinden, konnte ich mir gleich abschminken. Die Badezimmertür stand sperrangelweit offen und auch das Licht war an. Obwohl ich mir ziemlich sicher war, alleine in der Wohnung zu sein, rief ich vorsichtig ihren Namen.

„Tessa? Bist du da? Ich komme jetzt rein, nicht erschrecken“, sagte ich leise und ging weiter. Ich schloss die Tür hinter mir und legte zunächst meine Handtasche an dem einzig freien Platz am Esstisch ab. Ich musste bei jedem Schritt genau auf den Boden sehen, um einigermaßen unbeschadet dort anzukommen. Es war ein wirkliches Chaos.

Tessas Koffer lag in einer Ecke und war geöffnet. Und leer. War ja auch kein Wunder, denn ihre Sachen waren überall verstreut. Und das sollte meine Überraschung sein? Jetzt reichte es mir! Ich holte mein Telefon aus der Tasche und wählte ihre Nummer. Es kam sofort die Mailbox. Mal wieder. Ich scrollte in meinem Telefonbuch weiter nach oben zu Johns Nummer. Es klingelte. Nach dem vierten Klingen hob er ab.

„Eli, ich kann grad schlecht sprechen. Ich bin doch auf dem Kongress. Ist es wichtig?“ Ob es wichtig war???

„Hi, und ich bin doch in dem Appartement. Wo Tessa eigentlich auch sein sollte, sie aber nicht ist und offensichtlich einen Kurztrip macht. Dafür sieht es hier aus, als hättet ihr drei Tage eine wilde Party gefeiert. Was ist hier bitte los?“

So viel zum Thema gute Kommunikationsstrategie und eine Null-Angriffs-Politik meinerseits.

„Was? Ich verstehe dich schlecht. Tessa ist nicht im Appartement und es gab eine Party?“

„Wie? Nein! Kannst du woanders hingehen, wo du mich besser verstehst oder zurückrufen? Bitte!“

„Ich ruf dich besser später zurück. Nach dem Abendessen, das ist hier obligatorisch“, erwiderte John noch und hatte kurz darauf bereits wieder aufgelegt.

„Obligatorisch, na klar“, sagte ich mehr zu mir selbst und legte das Handy beiseite. Und sah mich erneut um. Es würde mich mindestens zwei Stunden kosten, das Chaos zu beseitigen.

Ich sah auf die Uhr, es war 17:56. Und ich hatte absolut keine Lust, bis in den Abend aufzuräumen und zu putzen. Ich entschied mich dafür, nur das Notwendigste zu tun und mich morgen um alles Weitere zu kümmern. Da Tessa sich ja offensichtlich wirklich auf einem Spontantrip befand, hatte ich heute alle Zeit der Welt und konnte mich jetzt erst einmal auf mein leibliches Wohl konzentrieren. Ich schaufelte mir also erst mal einen Weg zum Bett, von dort zum Bad und weiter zum Kleiderschrank frei. Dort angekommen suchte ich nach neuer Bettwäsche und bezog erst einmal das Bett neu. Da die Küche ebenfalls mit benutztem Geschirr vollgestellt war (was zum Glück noch nicht müffelte), packte ich einfach nur meine Handtasche und verließ das Appartement nach fünfzehn Minuten bereits wieder, um mich auf den Weg zu einem Restaurant zu machen. Es war mir auch egal, dass ich noch die Kleidung der Fahrt trug. Sollten sich die anderen Leute doch denken, was sie wollten. Und wehe, einer käme mir heute noch blöd …

Kapitel 3 - Eine merkwürdige Begegnung

Aus der Erinnerung wusste ich, dass sich damals in der Nähe meines gerade geparkten Wagens ein kleines Restaurant mit hervorragender Küche befunden hatte. Hoffentlich war dem auch heute noch so. Als ich an meinem Auto vorbeiging, fiel mir mein Gepäck wieder ein. Da ich aber keine Lust hatte, noch mal in die unordentliche Wohnung zurückzukehren, entschied ich mich spontan dafür, den Koffer am Rückweg mitzunehmen.

Ich hatte Glück. Es gab das Restaurant noch und es war trotz der frühen Abendstunden bereits geöffnet und gut gefüllt. Ich wurde an einem kleinen Tisch in der Nähe der Bar platziert und nach einem kurzen Blick in die Speisekarte hatte ich mich auch schon entschieden. Ich wählte eine Bouillabaisse und dazu ein Glas Weißwein. Da die einheimische Fischsuppe meist mit viel Baguette serviert wurde, war ich mir sicher, diese Mahlzeit würde meinen ersten Hunger problemlos stillen. Danach konnte ich mir immer noch einen Nachtisch bestellen.

Die Suppe ließ trotz der vielen Gäste nicht lange auf sich warten und ich aß sie schnell und mit gutem Appetit. Sie schmeckte auch wirklich vorzüglich.

Während des Essens bestellte ich noch ein weiteres Glas Wein, damit ich auch sicher zufrieden und ruhig schlafen konnte. Denn in mir drin kochte ich immer noch vor Wut. Auf einmal klingelte mein Telefon. Es war John.

„Hi, hörst du mich? Ich hab mich jetzt vor dem Dessert rausgeschlichen. Worum geht es denn? Ich hab vorhin fast nichts verstanden.“ Er klang ein wenig müde.

„Hi, ich bin in Bordeaux angekommen und Tessa ist nicht da. Weißt du, was da los ist?“ Ich war eindeutig immer noch genervt.

„Tessa ist nicht da? Wo ist sie denn?“, fragte mich John allen Ernstes.

„Keine Ahnung, ich dachte, du könntest mir das sagen.“

„Warum ich? Ich bin doch in Hamburg.“ Ach, nein. Wirklich?

„Ist mir schon klar, aber wusstest du davon, dass sie noch einen kurzen Ausflug, wohin auch immer, machen wollte? Und überhaupt … unser Appartement ist ein einziger Saustall. So hatte ich mir die Ankunft sicher nicht vorgestellt!“ Ich wurde schon wieder stinkig. Aber wie!

„Wie, Saustall? Wir hatten am Abend vor meinem Abflug noch aufgeräumt, weil wir doch wissen, wie sehr du Unordnung magst.“ Jetzt wurde er auch noch ironisch!

„John, versteh mich bitte nicht falsch. Ich bin vor über zwei Stunden im Appartement angekommen, musste meinen fast neuen Wagen draußen auf der Straße parken, weil Tessa mit ihrem Mietauto unseren Parkplatz blockiert. Und ich hoffe inständig, dass er in der Früh immer noch so unversehrt ist wie jetzt. Die Wohnung ist ein einziges Chaos und bei Tessa ist ständig nur die Mailbox dran. Und das letzte Lebenszeichen von ihr war eine SMS heute Morgen, dass sie sich spontan für einen Ausflug entschieden hat. Ich dachte zuerst, sie wollte mich hinters Licht führen und in der Wohnung überraschen, aber die einzige Überraschung bestand darin, dass die Wohnung wie ein Dreckloch aussieht. Sorry, aber so ist es nun mal.“