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Der Debütroman von Irene Solà – der Autorin von »Singe ich, tanzen die Berge« Nach dem dreijährigen Studium in England kehrt Ada in das Bauerndorf ihrer Kindheit zurück. Ihre ältere Schwester Nàdia ist verheiratet und hat ein Kind, der Bruder Quim hat gerade sein Coming-out hinter sich, und die Eltern haben sich getrennt. Nur Adas Pläne bleiben unentschlossen. Aber eines weiß sie: Sie will endlich schreiben. Sie erfindet Geschichten und schreibt von wildgewordenen Kühen, Zombies und unerwarteten Zärtlichkeiten, von der Anmut tanzender Bauern und dem sommerlichen Sirren der Natur. Aber was wird aus dem Wiedersehen mit Vicenç, mit dem sie vor der Zeit in England zusammen war? In dem Roman »Die Deiche« bilden die einzelnen Mosaiksteinchen eine Welt, die gleichzeitig universal und radikal intim ist. Ausgezeichnet mit dem Premi Documenta für junge katalanische Literatur
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Seitenzahl: 264
Veröffentlichungsjahr: 2025
Irene Solà
Roman
Nach dem dreijährigen Studium in England kehrt Ada in das Bauerndorf ihrer Kindheit zurück. Ihre ältere Schwester Nàdia ist verheiratet und hat ein Kind, der Bruder Quim hat gerade sein Coming-out hinter sich, und die Eltern haben sich getrennt. Nur Adas Pläne bleiben unentschlossen. Aber eines weiß sie: Sie will endlich schreiben.
Sie erfindet Geschichten und schreibt von wildgewordenen Kühen, Zombies und unerwarteten Zärtlichkeiten, von der Anmut tanzender Bauern und dem sommerlichen Sirren der Natur. Aber was wird aus dem Wiedersehen mit Vicenç, mit dem sie vor der Zeit in England zusammen war?
In diesem Roman bilden die einzelnen Mosaiksteinchen eine Welt, die gleichzeitig universal und radikal intim ist. Ausgezeichnet mit dem Premi Documenta für junge katalanische Literatur.
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Irene Solà wurde 1990 in Malla (Katalonien) geboren. Nach einem Studium der Bildenden Künste in Barcelona hat sie ihren Master in Literatur, Film und visueller Kunst in Sussex abgeschlossen. Sie veröffentlichte Gedichte und 2018 ihren Roman »Els dics« (Die Deiche). Ihr zweiter Roman »Singe ich, tanzen die Berge« wurde in Spanien zum Bestseller und vielfach prämiert, u. a. mit dem Literaturpreis der Europäischen Union.
Petra Zickmann lebt als Übersetzerin aus dem Spanischen und dem Katalanischen in Frankfurt am Main. Sie hat u.a. Autorinnen und Autoren wie Arturo Pérez-Reverte, Irene Solà, María Dueñas und Jaume Cabré übersetzt.
Erschienen bei FISCHER E-Books
Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel »Els dics« bei L'Altra Editorial, Barcelona.
© 2018 by Irene Solà
The German edition is published by arrangement with L'Altra Editorial c/o MB Agencia Literaria S.L. through Anoukh Foerg Literary Agency
Für die deutschsprachige Ausgabe:
© 2025 S. Fischer Verlag GmbH,
Hedderichstr. 114, 60596 Frankfurt am Main
Covergestaltung: Andreas Heilmann und Gundula Hißmann, Hamburg, nach einer Idee von Duró Studio
Coverabbildung: Paul Barruel, ›Fouine‹
ISBN 978-3-10-492023-8
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[Motto]
(Juni)
Steinmarder
Das ist der [...]
Ein braver Bauer hatte einen Hund
Das ist Vicenç [...]
Der Star
Das ist Ada, [...]
Poet
Das ist das [...]
Dídac, Dussel und wie sie einmal verloren gingen
Das ist Ada [...]
Roser
Das ist der [...]
Der Radfahrerkrieg
Das ist Ada, [...]
Selva
Das sind Ada [...]
(Juli)
Der Schnee
Und das ist [...]
Der Motorradfahrer und die Wildschweine
Dies ist das [...]
Das Haus
Das sind die [...]
Die Präsenz
Das ist Ada [...]
Der tote Indio
Das ist Quim [...]
Der Stein, der in der Dunkelheit im Inneren aller Kühe leuchtet
Das sind die [...]
Jasikevičius
Das ist die [...]
(August)
Für Ivan, mit Liebe und Phantasie
Das sind Ada [...]
Die Pflaume
Das sind der [...]
Eine Geschichte über Gewalt auf dem Land
Das ist Nàdia [...]
Die Blume Romanial
Das ist Ada, [...]
Bengel
Das ist der [...]
Das Blut
Das ist Ada, [...]
Der Fluss
Das ist das [...]
(September)
[Widmung]
[Anmerkungen der Autorin]
[Dank]
[Nachweise]
NOTE: This is a work of fiction, only in that, in many cases, the author could not remember the exact words said by certain people, and exact descriptions of certain things, so had to fill in gaps as best he could … Any resemblance to persons living or dead should be plainly apparent to them and those who know them, especially if the author has been kind enough to have provided their real names and, in some cases, their phone numbers.
DAVE EGGERS, A Heartbreaking Work of Staggering Genius
When Floods have slit the Hills –
And scooped a Turnpike for Themselves –
And trodden out the Mills –
EMILY DICKINSON
aquí em tens ’nar posant dics
que el teu doll m’anegaria,
i tu vinga posar dics
que el meu broll t’ofegaria.
hier siehst du mich Deiche bauen,
die dein Schwall mir wegspült,
und du tust nichts als Deiche bauen,
die mein Strahl dir fortschwemmt.
LAURA LÓPEZ GRANELL
Das ist Ada.
Das sind die Tasten von Adas Computer, die gespannt den Angriff erwarten.
Das sind Adas Finger, die schreiben: »Lluís wachte auf, weil er einen sehr ausgeprägten Beschützerinstinkt und großes Verantwortungsbewusstsein für sein Haus und seine Sachen hatte.«
Lluís wachte auf, weil er einen sehr ausgeprägten Beschützerinstinkt und großes Verantwortungsbewusstsein für sein Haus und seine Sachen hatte. Er setzte sich im Dunkeln auf und horchte. Das Geräusch war verhältnismäßig deutlich. Er schaute nach oben, und Victòria fragte:
»Was ist das?«
Auf dem Dach war behutsam ein Ziegel angehoben worden.
»Ich weiß es nicht.«
Nach ein paar Sekunden wurde der Ziegel sachte wieder abgelegt. Man hörte ein paar vorsichtige Schritte, dann wurde ein anderer Ziegel angehoben.
Lluís besann sich verschlafen auf die Form und Bauweise des Hauses. Den Garten, den Balkon, die Berge im Hintergrund, den Gartenschuppen, die Eichen. Der einzige Weg aufs Dach führte durch die Mansarde. Victòria bewegte sich möglichst lautlos unter dem Federbett und rückte dicht an ihn heran.
»Was mag das sein?«, fragte sie.
»Pssst«, machte Lluís.
Aber es war nichts mehr zu hören.
In der zweiten Nacht dauerten die Geräusche länger an. Als sie wach wurde, starrte er bereits zur Decke. Er sagte Scheiße, schwang sich aus dem Bett und schlüpfte in die Hausschuhe. Sie hörte ihn unten im Dielenschrank kramen. Er ging durch die Esszimmertür hinaus, ohne das Licht einzuschalten. Sie stand auf und trat ans Fenster. Es war Frühling und das Gras nass, und die Feuchtigkeit drang durch seine Espadrilles. In der linken Hand hielt er eine große Taschenlampe. Er durchquerte den Garten, ohne sich zum Haus umzuwenden. Die Nacht war finster und roch nach Erde. Er drehte sich um, richtete die Lampe auf das Dach und knipste sie an. Ein längliches Tier mit weißer Brust stellte sich auf die Hinterbeine und schaute ihn an. Die Augen funkelten. Dann ließ es sich wieder auf seine vier Pfoten nieder und rannte das Dach entlang. Genau über dem Schlafzimmer von Ada und Quim sprang es in eine Eiche und verschwand. Als Lluís die Taschenlampe senkte, sah er Victòria, die ihn vom Fenster aus beobachtete.
»Ich glaube, es war ein Frettchen auf der Suche nach Nestern, um die Küken zu fressen.«
»Klang wie ein Mensch«, sagte Victòria.
Er kroch ins Bett und nahm sie in die Arme. Seine Füße waren eiskalt.
»Dann wissen wir ja jetzt, was aus den Kätzchen geworden ist«, sagte Victòria leise.
»Ja.«
»Was sollen wir tun?«
»Morgen lege ich die Ziegel wieder richtig hin und rufe Ballador an«, sagte Lluís.
»Was wird er dir geben?«
»Keine Ahnung, irgendwas.«
»War es schön?«, fragte Victòria.
»Wunderschön«, sagte er und schob ihr einen Arm mit kalter Haut unter den Nacken.
»Aber die Ziegel darf es nicht anrühren«, sagte Victòria.
»Nein.«
Es war kein Frettchen. Es war ein Steinmarder. Ähnlich, aber mit hellem Hals.
Am nächsten Morgen kletterte Lluís aufs Dach. Er fand ein leeres Nest und warf es hinunter. Dort oben, so nah an der Sonne, war es angenehm warm. Um halb zwölf rief er seinen Nachbarn an. Vicenç Ballador lebte auf einem Hof in der Nähe. Sein Haus war nicht Teil der Neubausiedlung. Ein Bauernhaus. Mit einem Namen: Can Ballador.
Ungeachtet seiner unmäßig virilen Vierschrötigkeit, seines roten Gesichts und der haarigen Arme unter den aufgekrempelten Ärmeln war Vicenç von Can Ballador ein hervorragender Tänzer. Mit einem klaren und sicheren Gespür für Rhythmus und Hüfte. Mit einem enorm breiten Kreuz und ungeheuer dicken Fingern, die nicht aussahen, als könnten sie irgendetwas mit Feingefühl bewegen, gewiss nicht den Körper einer Frau, und schon gar nicht im Takt. Doch auf der Festa Major, dem jährlichen Patronatsfest, tanzte er die ganze Nacht. Wenn seine Frau genug hatte, tanzte er mit den Nachbarinnen. Ihm ging es nicht um die Frauen, ihm ging es ums Tanzen. Er schwitzte, fühlte sich feucht an und roch nach Wildschwein und Rasierwasser.
Vicenç Ballador, Bauer und Jäger, gab Lluís ein Säckchen mit Strichnin, einem weißen Pulver. Er verlangte fünfzehn Euro dafür und sagte, früher hätten Frauen damit abgetrieben. Er sagte auch, wenn Lluís wolle, könne er das Biest mit der Flinte erledigen. Lluís antwortete, das Gift sei ihm lieber, und der Bauer und Jäger nickte und gab ihm die Hand. Er war ein Mann vom Land, der bei einem Unfall auf dem Feld zwei Finger verloren hatte, und sein zehnjähriger Sohn, der ebenfalls Vicenç hieß, hatte bereits seinen ersten Rehbock erlegt. Er tippte sich zum Abschied an die Mütze und stieg ins Auto.
Am Abend machte Lluís eine feste rote Kugel aus Hackfleisch. Victòria badete Ada und Quim. Nàdia war beim Basketball, um neun würden sie sie abholen. In die Mitte der Fleischkugel tat er die Hälfte des weißen Pulvers. Den Rest des Strichnins füllte er in ein Schraubglas, das er in die Speisekammer stellte. Gut versteckt. Als er in den Garten ging und die Kugel unter die Eiche legte, sah sie aus wie ein Knödel für die Suppe.
In dieser Nacht lag er neben Victòria, die in der Dunkelheit schlief, und stellte sich den Marder weit weg vor, wie er auf den Bäumen anderer Dörfer, auf den ungleichen gelben und braunen Dächern von Bauernhäusern umherkletterte. Weit weg von den roten, rechtwinkligen, glänzenden Neubaudächern von Sorrabonica, weit weg von den Gärten und Planschbecken und den neuen, dünnen Mauern. Er dachte an die einsame Fleischkugel unter der Eiche. Und er dachte an den Hund der Hernández’, die drei Häuser weiter wohnten. Er sah ihn vor sich, wie er die Kugel fand, aufgeregt. Wie er sie fraß und mit diesem Schwanz wedelte, der doppelt so lang war wie seine Stummelbeine. Wie er starb, verkrümmt. Dann sah er eine Menge Wildkatzen. Wildkatzen, die sich an dem Fleischkloß gütlich taten. Ihn zerrissen, sich gegenseitig anknurrten wie Löwen und sich zum Fressen jede in ihren Winkel verzogen. Alle tot. Der ganze Garten übersät mit toten Katzen und Hackfleisch. Auch Quim sah er die Kugel finden. Er aß nichts davon, er nahm sie nur in die Hand und brach sie neugierig auseinander. In den mit Hackfleisch und weißem Pulver beschmierten Fingerchen hielt er sein belegtes Brot.
Um zwei Uhr morgens stand Lluís auf, bemüht, seine Frau nicht zu wecken, und ging in den Garten. Die Taschenlampe in der Hand, suchte er nach dem Fleischkloß. Er fand ihn unversehrt unter der Eiche, hob ihn auf und nahm ihn mit ins Haus. Er besah ihn sich im Licht der Leuchtstoffröhre in der Küche und dachte an Vicenç Ballador. Dachte, dass Vicenç Ballador ihn für einen Feigling halten würde. Dass dies eine jener Situationen war, in denen sich zeigt, wer für das Landleben taugt und wer nicht. Wer von echtem Schrot und Korn ist und weiß, wo es langgeht. Er würde wohl schwindeln müssen. Behaupten, der Marder habe das Gift gefressen, sei aber nicht gestorben. Andeuten, dass die Wildkatzen es vielleicht gefressen hätten. Vicenç bitten, den Marder mit der Flinte zu erledigen. Dann ging er ins Bad und warf die Kugel ins Klo.
Ehe er sich ins Bett legte, wusch er sich die Hände. Und beroch sie. Sie rochen nach Seife und rohem Fleisch. Nach roher Botifarra. Rosa und weißlich. Als Victòrias Mutter noch lebte und Botifarra briet, hatte sie, bevor sie die Wurst in die Pfanne legte, immer einen Zipfel abgeschnitten, auf einem Stück Brot verteilt und so genüsslich verspeist, als wäre es eine Delikatesse. Lluís schauderte es immer bei diesem Anblick. Wenn sie zu Hause ein Schwein geschlachtet hätten, sagte sie, habe man sie das Hackfleisch kosten lassen. Um festzustellen, ob Salz oder Pfeffer fehlte. Und sie sagte, der Geschmack wecke schöne Erinnerungen in ihr. Victòrias Eltern waren Bauern. Pachtbauern, die den Hof hatten verlassen müssen, weil er ihnen nicht gehörte und alt war und weil die Inhaber das Haus renovieren und selbst darin wohnen wollten. Victòrias Mutter war nach dem Umzug langsam zugrunde gegangen. Als wäre die Verpflanzung für den Baum zu viel gewesen. Victòrias Vater hatte ein paar Jahre länger durchgehalten. Zwei Leben lang hatten sie Tag und Nacht gearbeitet und so viel angespart, dass er die Hälfte der Anzahlung für Sorrabonica leisten konnte.
»Victòria, wenn deine Mutter sehen könnte, dass wir jetzt Eigentümer sind.«
Das ist der Morgen, der sich draußen über das Dach erhebt, achtzehn Jahre nachdem der Steinmarder sich aufgemacht hatte, um anderswo die Küken zu fressen.
Und das ist das Licht, das durch alle Fenster hereinkommt, unaufhaltsam wie die Spinnen. Und das ist Ada beim Frühstück. Und das sind Adas Haare wie eine Kastanie und Adas kurze, aber dichte Wimpern und kaum gebogene Brauen und das todernste Gesicht und die dunklen Sperlingsaugen und Adas große, aber schöne Falkennase und der feine Mund und der lange, dünne Körper und Adas riesige Füße und Hände und sommersprossige Beine, die sich einen Toast einverleiben. Das ist Victòria, die geschäftig zwischen Küche und Diele hin- und hereilt und sich freut, das Haus voll zu haben. Und das oben ist Quim, der die Lider zukneift, um nicht den feinsten Lichtschimmer hindurchzulassen, weil er dann ganz wach und von seinem Kater überwältigt würde.
Das ist Ada, die zu Victòria sagt, um ihre Figur exakt und umfassend zu porträtieren, müsse sie sie auf Schritt und Tritt beobachten. Und das ist Victòria, die fragt:
»Aber werden wir uns normal unterhalten können?«
»Ja klar, Mama, ich mache mir bloß Notizen«, sagt Ada.
»Schreibst du dir auf, was ich sage?«, will Victòria wissen.
»Vor allem, was du tust. Ich werde dich überhaupt nicht stören.«
Und das ist Ada, die Victòria zum Friseur begleitet und in den Jeep steigt, während der Motor keucht und anspringt.
Das ist Josefa Puig, die einen Gipsarm hat und eine Geschichte über Kühe erzählt, während die Friseurin ihr die Farbe aufträgt.
»Wir sind seelenruhig spazierengegangen«, sagt sie. »Es war Sonntag. Mit meinem Schwiegersohn und den Enkelkindern, und ich schaue hoch und sehe eine Kuh, eine Kuh, ganz friedlich oben auf dem Hügel. Ich habe Thymian gepflückt, beim Geruch von Thymian krampft sich mir immer noch das Herz zusammen, und als ich wieder aufblicke, stürmt die Kuh den Hang runter und direkt auf mich zu.«
»Ich wusste gar nicht, dass Kühe Menschen angreifen«, sagt die Friseurin.
»Ich auch nicht, bis die auf mich losging, und ich dachte, jetzt ist es aus mit mir. Mein Mann sagt, es könne schon mal vorkommen, dass eine Kuh durchdreht und jemanden tötet, wenn sie erschrickt oder ihre Herde verliert. Und so was muss dieser wohl passiert sein. Sie hat mich gesehen, sich bedroht gefühlt und mich auf den Boden gequetscht wie eine Olive. Und sie hätte mich umgebracht, wenn mein Schwiegersohn nicht einen Knüppel gefunden und dafür gesorgt hätte, dass sie von mir abließ.«
»Was für eine Geschichte!«, sagt Victòria.
Und Ada, hinter ihr, macht sich eifrig Notizen.
Und das ist Victòrias weißer Jeep, den sie, als sie vom Friseursalon zurückkommt, vor dem Haus in der Sonne parkt. Das ist der übertrieben hässliche Loki, der von einem Stuhl aus voller Verachtung das Auto anstarrt. Loki, Herr und Meister über den Garten mit dem kurzen, verdorrten Gras und jeden einzelnen der weißen, von Fliegendreck gesprenkelten Stühle und jeden Käfer und jede Maus, die es wagen sollten, ihn zu durchqueren. Der Kater ist ausgemergelt und gelb, nichts als Augen und ein schreiendes Maul. Ungenießbar wie eine Rosskastanie. Genauso hässlich wie seine Mutter und seine Geschwister, aber hell und mutig. Mutig, weil er der Einzige ist, der sich anfassen lässt. Wobei ihm das nicht etwa gefällt, er hat bloß keine Angst. Ada pirscht sich an ihn heran, sie hat ihm ein Stückchen Truthahn mitgebracht und schnappt ihn sich im Sprung. Dann hält sie ihn im Schoß fest, damit er nicht wieder abhaut. Wenn er sich eine Weile gewehrt und geschrien und versucht hat, sich zwischen ihren Schenkeln hindurchzuzwängen, fängt er manchmal an zu schnurren.
Das ist Quim, der sie auf die Idee mit dem Namen bringt. Sie will den Kater Pfirsich nennen, wegen der Farbe. Quim sagt, er sei so unansehnlich und scheu, dass er bestimmt bösartig sei. Er sagt, sie müssten ihn gut behandeln, weil er gewiss ein schlechter Mensch sei, den man dazu verdammt habe, in alle Ewigkeit als scheußlicher Kater zu leben. Er sagt, das sei Loki, Odins böser Bruder, von Odin zur Strafe in einen potthässlichen Kater verwandelt. Er sagt, der Bruder sei eingesperrt in dem Kater und deshalb schreie er pausenlos. Und Ada findet das lustig.
Und das ist Loki, wie er auf die Fensterbank des Esszimmers springt, zwischen Victòrias Blumentöpfe steigt und ihnen beim Essen zusieht.
Und das ist Victòria zwei Wochen später, die sagt:
»Nachher schaffe ich die tote Katze weg.«
»Was für eine tote Katze?«, fragt Ada.
»Hinter den Blumentöpfen liegt eine, unter der Bank. Die, die sich hat anfassen lassen.«
»Was? Loki?«
»Oh, das hat Quim gesagt, er hat auch einen Hund gesehen«, sagt Victòria.
»Wann?«
»Vor ein paar Tagen. Quim sagt, die Katzen hätten dem Hund das Gesicht zerkratzt, und dann sei ein Jäger aufgetaucht. Die Katze liegt hinter den Blumentöpfen, man kann sie nicht richtig sehen, aber ich würde sagen, es ist diese orangefarbene, die sich hat anfassen lassen«, meint Victòria.
Das ist Lokis Leiche, hingestreckt zwischen den Blumentöpfen. Katzen ziehen sich zum Sterben zurück. Das ist Ada, die überlegt, ob sie ihn sich ansehen soll, aber sie geht nicht hin. Als sie Victòria draußen hört, schaut sie aus dem Fenster. Und das ist Victòrias Gestalt, schmal und fast männlich wie Adas, die die beiden Blumentöpfe zur Seite rückt und quer den Spaten dazwischenschiebt. Das halblange, graue und dunkle Haar schwingt mit jeder Bewegung, die kleinen schwarzen Augen sind konzentriert und ernst. Als sie den Kater anhebt, sieht er aus wie ein Plüschtier. Umgeben von einer Menge verlorenem Fell. Den Kopf zwischen den Vorderpfoten, als schliefe er. Das Fell stumpf, wie bei einem schlecht ausgestopften Tier.
Das ist der Spaten, der in die dunkle Erde ganz hinten im Garten dringt. Das ist die dunkle Erde, die Platz macht für die Leiche des Katers. Und das ist Victòria, die den Boden glättet und eine Ungesetzlichkeit begeht.
Artikel 10. Areale zur Ascheverstreuung und Bestattung.
Die Gemeindeverwaltungen weisen […] Flächen für die Bestattung toter Tiere aus oder stellen Anlagen zur Beseitigung von Tierkadavern bereit.
An dem Tag, an dem seine rechte Hand in die Mähmaschine geriet, herrschte große Hitze. Eine Hitze, die deine Bewegungen plump macht, dich unter den nassen, staubverklebten Brauen nichts sehen lässt, die Schnüre verheddert und sie wie Schlangen um die Messer wickelt.
Er verlor den kleinen Finger und den Ringfinger der rechten Hand, geblieben sind ihm drei Finger und eine ziemlich gut verheilte Narbe, die aussieht wie ein Vogelfuß. Aus dem Schneidwerk hatten sie nicht einmal mehr einen heilen Fingernagel retten können, aber er konnte wieder arbeiten, und es gab Schlimmeres, viel Schlimmeres.
An dem Tag, an dem er die Bombe fand, war es auch sehr heiß. Als hätte man Mitte Juli eine Decke über die Felder gebreitet. Als er den Ruck spürte, stoppte er den Traktor, hob die Pflugschar an, rollte vier oder fünf Meter weiter und stieg ab. Zuerst konnte er nicht erkennen, was es war, weil alles mit Erdklumpen bedeckt war. Aber nachdem er es betastet und die Erde abgewischt hatte, hielt er es für einen Mörser aus dem Bürgerkrieg. Und das freute ihn sehr, denn vom Bürgerkrieg hatte er allenfalls ein paar in Blumentöpfen vergrabene Münzen gefunden. Vorsichtig hob er es hoch, um es aus dem Weg zu schaffen, und dachte, das Monster müsse mindestens fünfundzwanzig Kilo wiegen. Ein Hund von fünfundzwanzig Kilo ist nicht groß genug, um auf dem Land zu überleben. Er hatte schon mehr als genug Schoßhündchen und andere zu kleine Tiere hinter dem Haus begraben. Auf einer schönen, mit Thymian bedeckten Ebene. Sie waren größeren Hunden, Autos oder unbedeutenden Krankheiten zum Opfer gefallen. Auf dem Land braucht man große und widerstandsfähige Hunde, Deutsche Schäferhunde oder Mastiffs, Hunde, die den Mond anheulen und imstande sind, einem Wildschwein die Stirn zu bieten. Als Taques gestorben war, hatte ihm sein Bruder helfen müssen, ihn zu begraben. Zuerst beim Ausheben einer breiten, tiefen Grube und dann beim Hinschleifen des armen Tieres. Dieser Mastiff wog mindestens siebzig Kilo und war so groß wie ein Kalb und begleitete ihn jeden Tag zum Hof und wartete auf ihn unter dem Feigenbaum, und gegenüber Kindern oder Alten oder Nachbarn oder ängstlichen Tieren war er so rücksichtsvoll, sich hinzusetzen.
Inzwischen war es verboten, Hunde zu Hause zu begraben. Man musste sie in den Container für Tierkadaver werfen. Im Sommer hatte er die Kinder wegrennen und sich im Haus verstecken oder hektisch den Kopf in den Tümpel tauchen sehen, um dem Aasgeruch zu entgehen, wenn der Lastwagen die toten Tiere aus dem Container abholte. Der Fahrer grüßte von fern mit einem Winken oder Nicken. Nie stieg er aus, und nie hielt er sich länger auf als notwendig, wofür man ihm dankbar war, denn der Mann zog den Tod hinter sich her. Und keine abstrakte, hygienische Idee vom Tod, keine Figur mit einer blanken schwarzen Sense. Was er hinter sich herzog, war der ganze Verwesungsgestank, den der Tod verströmt, und der ekelhaft und aufdringlich, sauer und heiß in die Nase steigt. In Vicenç Ballador weckte dieser Mann eine gewisse Neugierde. Er dachte, dass es schwierig sein musste, jemanden zu lieben, der immerzu nach Verwesung roch. Dem armen Kerl musste der Gestank nach verfaultem Fleisch unter den Fingernägeln oder auf der Kopfhaut haften, sosehr er sich unter der Dusche auch abschrubben mochte. Und er stellte ihn sich in einem Wohnhaus vor, wo alle seine Nachbarn nach sieben Millionen Jahren der Evolution instinktiv vermieden, mit ihm im Aufzug zu fahren.
Jedenfalls war es schlimm, dass du deine Hunde und Katzen nicht mehr zu Hause beerdigen durftest und deinen Kindern erzählen konntest, wo sie waren, dass sie eine Ruhestätte hatten und über sich einen Thymianstrauch. Auch wenn alle machten, was sie wollten, auch wenn alle, die ein Stück Land besaßen, ihre geliebten Tiere weiterhin dort begruben, war es trotzdem eine Respektlosigkeit. Anderen in ihrem eigenen Haus vorzuschreiben, was sie zu tun und zu lassen hatten. Genauso schlimm war es, einen großen Hund zu haben, einen Hofhund, der wirklich dafür gemacht war zu überleben, der dazu geboren war, viel zu laufen, frei zu sein, auf dem Land zu leben, und ihn sein Leben lang anbinden zu müssen. Denn auch das durfte es nicht mehr geben: freilaufende Hunde, die unter dem Feigenbaum auf dich warteten.
Er brachte die Bombe an den Rand, wo sie sicher lag, und kehrte zum Traktor zurück. Traktoren mit Radio und Klimaanlage waren sozusagen die Erfindung des Jahrhunderts. Vicenç Ballador schaute sich nie Filme über den Bürgerkrieg an. Weder über den Bürgerkrieg noch über Konzentrationslager oder krebskranke Kinder. Er legte den Rückwärtsgang ein, schlug den Pflug wieder an der Stelle in die Erde, wo er ihn herausgezogen hatte, und setzte seine Arbeit fort.
Als er klein war, in diesem feuchten Haus, wo es überall hereinregnete, so dass du dich außer in der Küche nirgendwo aufhalten konntest und dir auch da die Knochen verschimmelten, hatte eine Großtante seines Vaters, die halb blind war und unablässig Strümpfe stopfte, die einzige lustige Geschichte vom Krieg erzählt, die er je gehört hatte: wie sich sein Großvater davor gedrückt hatte, eingezogen zu werden, indem er zusammen mit seinem Bruder unter einer Kuh versteckt war. Als den beiden klar wurde, wie ernst die Lage war, hatten sie unter dem Kuhstall ein Loch gegraben und sich hineingekauert, die Frauen und der Großvater hatten es mit einem dicken Brett abgedeckt, darauf kamen Kot und Stroh und zuletzt Kühe. Und als die Brüder abgeholt werden sollten, waren sie nicht aufzufinden. Sie hatten eine standrechtliche Erschießung riskiert, aber der Krieg war ihnen erspart geblieben. Die Großtante sagte: »Ein toter Mann ernährt nur noch die Handvoll Erde, in der er begraben liegt«, und als sich ihr Verstand zu verabschieden begann, lachte sie vor sich hin wie eine Hyäne.
Nachdem er mit dem Pflügen fertig war, rief er die Polizei an. Er hatte nicht den ganzen Tag Zeit, auf sie zu warten, aber er ging zum Haus, nahm sich Wasser, setzte sich unters Vordach und schaute auf seinen Acker.
Einmal waren die Kinder in aller Eile zu ihm gekommen, weil sie eine Leiche gefunden hatten. Vicenç junior mit einem Kiefer in der Hand, und Marta hinter ihm her. Vicenç senior hatte ihm den spröden grauen Knochen abgenommen, ihn untersucht und ihnen das Detektivabenteuer verdorben, indem er sagte, der sei von einem Schaf. Jetzt stand Marta vor ihrem Abschluss in Veterinärmedizin, und Vicenç junior nahm Musikunterricht und spielte Schlagzeug in einer Band, die nur brüllte, aber offenbar gut sein musste und durch England getourt war und sich John Deere nannte, was die Marke seines Traktors war. Und das mit John Deere machte ihn ziemlich stolz.
Dann kamen die Polizisten. Sie gaben ihm die Hand. Es kostete die Leute immer ein bisschen Überwindung, ihm die dreifingrige Hand zu schütteln. Er führte sie an den Ort, wo er die Bombe abgelegt hatte, und sie bewachten sie bis zum Eintreffen des Kampfmittelräumdienstes. Er ging zum Haus zurück, nahm sich ein kleines Helles aus dem Kühlschrank, setzte sich wieder unter das Vordach und schaute der Polizei zu. Jetzt konnte er mit dem Essen auch ebenso gut auf Mercé warten, dachte er. Und dass er am Nachmittag nicht mehr aufs Feld könnte, weil über dem Bergkamm ein Unwetter hing. Er trank einen langen Schluck, der kräftig nach Gerste schmeckte, und beobachtete, wie sich die Fachleute in ihren Astronautenanzügen der Bombe näherten und es auf seinem Acker aussah wie in einem Film von Van Damme oder Seagal. Und plötzlich kicherte er in sich hinein, weil er sich ihre Gesichter vorstellte, wenn sie ihn dabei gesehen hätten, als er den Mörser weggeschleppt hatte wie einen toten Hund.
Das ist Vicenç Ballador junior, der Ada fragt, ob sie je einen Unfall gebaut hätte, und das ist Ada, die antwortet:
»Mein einziger schwerer Unfall war, als dein Vater uns mit dem Traktor überfahren hat.« Vicenç lacht, und Ada parkt mit einem vorbildlichen Manöver ein.
Das sind Ada und Vicenç zehn Minuten später in einer Bar. Ada tippt ihre Flasche gegen seine.
»Chin-chin. In England stößt man immer an, bevor man trinkt. Es ist unhöflich zu trinken, ohne anzustoßen.«
»Und wie prostet man?«, fragt er.
»Cheers.«
»Cheers. Das muss toll gewesen sein.«
»Ja, echt toll.«
Das sind Sílvia und Gil, die hereinkommen und sich ungefragt zu ihnen setzen. Das ist Sílvia, die Ada ins Ohr flüstert:
»Sag, dass es nicht wahr ist«, und Ada, die erwidert:
»Es ist nicht wahr.«
Und das ist Gil, der mittlerweile erklärt, dass der Mann, der eben spielt, einmal Vorprogramm von Leonard Cohen gewesen ist. Der auf der Bühne ist Nick Garrie, mit seinen sechzig Jahren, der heiseren Stimme und der Gitarre im Schoß, die zwischen seinen Armen und Beinen wie ein Kind wirkt. Vicenç sagt:
»Der ist wie ein Höhlenbär.«
Und Nick Garrie bestellt einen Gin Tonic in den Raum hinein und erzählt, nachdem er geheiratet habe und Vater geworden sei, habe er die Musik aufgegeben, und nach der Trennung von seiner Frau sei die Musik dann wieder zu ihm zurückgekommen. Das Publikum lacht. Der Gin Tonic wird ihm gebracht, und er sagt: »Gracias«, trinkt einen Schluck und stimmt ein Lied an, das so geht: »In every nook and cranny. And I have been everywhere.«
Und Vicenç fragt:
»Verstehst du den Text?«
Ada nickt und ruft aus:
»Wie kommst du eigentlich klar, wenn ihr auf Tournee seid?« Und Vicenç sagt:
»Das war ja nur einmal, und da habe ich nicht geredet.«
Das ist Nick Garrie nach dem Konzert, der vor der Tür trinkt und raucht. Das ist Sílvia, die ihn durch die Glastür beobachtet und zum vierten Mal wiederholt, dass sie hingehen und ihm irgendetwas sagen sollten. Aber Ada hat keine Lust, und dem Mann geht es anscheinend gut, allein auf der Straße. Und das ist Vicenç junior, der zu Ada sagt, er lebe nicht mehr bei seinen Eltern auf dem Hof, und wenn sie wolle, würde er ihr seine neue Wohnung zeigen.
Beim Hinausgehen sagt Sílvia noch einmal:
»Sag, dass es nicht wahr ist.« Und Ada antwortet:
»Nein, er zeigt mir nur seine neue Wohnung.«
Und das sind Ada und Vicenç, wie sie gut zwanzig Minuten später angezogen und mit verschlungenen Beinen auf seiner Couch liegen. Ada hält seinen Kopf und streicht ihm das volle Haar nach hinten.
»Ich habe nie gesagt, dass das schlimm ist«, sagt Vicenç.
»Du hast gesagt, ich hätte Brustwarzen wie Kekse«, ruft Ada, und er richtet sich auf und stützt sich auf einen Ellbogen.
»Du lieber Himmel, aber du hast die schönsten Brüste, die ich je gesehen habe.«
Und mit dem freien linken Arm streichelt er ganz zart ihre rechte Brust. Sie küssen sich ein paarmal. Er singt:
»Kiss me in the nose«, er unterbricht sich. »Mund heißt nose?«
Sie sagt:
»Nein, nose heißt Nase, Mund heißt mouth.«
»Kiss me in the mouth, baby, sexy, lady.«
Und Ada lacht und setzt sich auf ihn, und Vicenç greift ihr mit beiden Händen unters T-Shirt und schiebt es hoch, rasch, und bevor sie irgendwelchen Widerstand leisten kann, murmelt er:
»Haut an Haut, Haut an Haut.«
Das ist Vicenç, der seinen Pullover auszieht. Das ist Vicenç’ dicker, nackter Hals unter dem rötlichen Bart. Und das sind seine Augen, die dieselbe Farbe haben wie der Bart und Ada ansehen, und die breiten Arme und Schultern und die breite Nase und die breite Stirn und die breiten Ohren, die weit genug vom Schädel abstehen, um im Winter schnell kalt zu werden. Und das ist die Haut der Bäuche, die sich berühren, dass die Körper erzittern. Und das sind Ada und Vicenç, die einander die Zungen in den Mund schieben. Er drängt ihr seine Erektion zwischen die Beine. Sie schlängelt sich über sein Gesicht und bewegt sich sanft auf und nieder und denkt, wie erstaunlich es ist, dass Hände sich an so vieles erinnern. Wie ein Stier kämpft sich Vicenç allein aus der Hose, wobei er aufpasst, dass er Ada nicht abwirft, und sie öffnet ihren Büstenhalter und legt ihn auf den Nachttisch, während sie sich auf seinem Körper hält, fast ohne die Couch zu berühren, als wäre Vicenç ein Boot.
Nach einer Weile sagt er:
»Es wäre peinlich, eine Anglizistin zu heiraten und nicht zu wissen, was Mund heißt. Wie war das Wort?«
Ada denkt »heiraten« und erwidert:
»Mouth.«
Und sie schlafen miteinander.