Die drei ??? und der lachende Schatten (drei Fragezeichen) - William Arden - E-Book

Die drei ??? und der lachende Schatten (drei Fragezeichen) E-Book

William Arden

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Beschreibung

Schatten pflegen normalerweise zu schweigen. Aber hier lacht ein Schatten – schrill und furchterregend. Justus, Peter und Bob, die drei Detektive haben es jedoch nicht nur mit ihm zu tun: Ein Amulett und ein verschollener Indianerschatz tauchen wieder auf – an einem Ort, "wo ihn kein Mann finden kann". Unsere drei Freunde brauchen ihre ganze Erfindungsgabe und viel Mut, um diese Rätsel zu lösen.

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und der lachende Schatten

erzählt von William Arden

Aus dem Amerikanischen übertragen von Leonore Puschert

Kosmos

Umschlagillustration von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)

Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage

der Gestaltung von Aiga Rasch

Aus dem Amerikanischen übertragen von Leonore Puschert

Titel der Originalausgabe: „Alfred Hitchcock and The Three Investigators in The Mystery of the Laughing Shadow“

Unser gesamtes lieferbares Programm und vieleweitere Informationen zu unseren Büchern,Spielen, Experimentierkästen, DVDs, Autoren undAktivitäten findest du unter kosmos.de

© 2013, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on characters by Robert Arthur.

ISBN 978-3-440-14179-3

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Kurze Vorrede von Albert Hitfield

Seid alle gegrüßt! Es ist mir ein Vergnügen, dass wir auch dieses Abenteuer unserer erstaunlichen drei Freunde, der drei Detektive oder kurz drei ???, gemeinsam verfolgen werden. Diesmal droht ihnen Gefahr von einem geheimnisvollen goldenen Amulett aus einem verschollenen Indianerschatz – größere Gefahr sogar, als ihr euch vielleicht vorstellen könnt. Und für zusätzliche Aufregung sorgt ein sonderbarer Schatten, der höchst überraschend aufzutauchen und dabei zu lachen pflegt.

Falls ihr das eine oder andere Buch über frühere Taten der drei ??? gelesen habt, so wisst ihr natürlich schon alles über meine jungen Freunde. Für neue Leser: Der begabte Erste Detektiv, Justus Jonas, ist ein stämmiger – sagen wir ruhig: gut gepolsterter – Bursche. Peter Shaw ist groß und athletisch; Bob Andrews ist nicht so kräftig, aber ein gescheiter Kopf. Alle drei wohnen im Staat Kalifornien in Rocky Beach, einer kleinen Stadt am Pazifik nahe Hollywood. Ihr Hauptquartier, die »Zentrale«, haben sie sich in einem Campinganhänger eingerichtet, der wohlverborgen auf dem Schrottplatz der Firma »Gebrauchtwaren-Zentrum T. Jonas« steht. Dieser Super-Trödelmarkt gehört Justs Onkel und Tante, bei denen er lebt.

Doch wozu sollte ich euch mit meiner Vorrede länger aufhalten? Kommen wir zum Thema. Gleich werden wir den Schatten lachen hören (falls man sein hässliches Kreischen so nennen kann) …

Albert Hitfield

Es lacht in der Nacht

Als Bob Andrews und Peter Shaw auf dem Heimweg noch drei Kilometer vor Rocky Beach waren, mussten sie die Fahrradbeleuchtung einschalten. Im Bergland von Südkalifornien fällt die Dunkelheit immer recht plötzlich ein.

»Verflixt«, sagte Peter, »wir hätten früher zurückfahren sollen.«

»Das Schwimmen war’s wert, dass wir später dran sind.« Bob grinste befriedigt.

Dieser herrliche Tag in den Bergen mit ihrem Bad in einem Gebirgsbach als Höhepunkt hatte nur einen Fehler: Justus Jonas, der Dritte im Bunde der drei Detektive, konnte nicht dabei sein. Just musste heute mal wieder seinem Onkel Titus auf dem Schrottplatz helfen.

Müde, aber glücklich radelten die beiden Jungen im Dunkeln an einer hohen Mauer entlang. Plötzlich hallte ein dünner, unheimlicher Schrei durch die Nacht.

»Hiiilfe!«

Überrascht trat Peter auf die Bremse und brachte sein Rad mit einem Ruck zum Stehen. Bob fuhr ihm mit voller Wucht hinten auf.

»Uff!«, stieß Bob hervor.

Peter flüsterte: »Hast du das gehört?«

Bob zerrte die beiden ineinander verkeilten Fahrräder auseinander und warf einen raschen Blick auf die Mauer. »Ja, ich hab’s gehört. Glaubst du, da ist jemand was passiert?«

Als die beiden Jungen noch standen und lauschten, bewegte sich hinter der Mauer etwas im Gebüsch.

»Hilfe!«

Diesmal ließ der Schrei keinen Zweifel mehr darüber, dass hier ein Mensch in Not war. Unmittelbar vor den Jungen war ein schweres Tor aus hohen Eisenstangen, die oben wie Speerspitzen endeten, in die Mauer eingelassen. Für die beiden Detektive gab es kein Zögern mehr. Peter ließ sein Rad fallen und rannte zu dem Eisentor hin. Bob folgte dicht hinter ihm. Plötzlich schrie er leise, aber heftig auf: »Autsch!«

Über die Mauer war etwas auf ihn zugeschnellt und hatte ihn am Arm getroffen – etwas Kleines, das im Dunkeln noch einmal aufschlug und dann verschwunden war.

Doch Peter bückte sich schon danach. »Da ist es!«

Die beiden Freunde starrten auf das Ding in Peters Hand. Es war ein winziges glänzendes Figürchen aus Metall, nur etwa fingerlang, und es hatte die Gestalt eines absonderlichen kleinen Mannes, grinsend und mit gekreuzten Beinen.

»Was ist das, Peter?«

»Keine Ahnung. Es sieht aus, als sei es irgendwo festgemacht gewesen. Sieh mal die Öse oben am Kopf!«

»Es kam über die Mauer«, sagte Bob. »Meinst du –«

Ein plötzlicher Tumult jenseits der Mauer schnitt ihm das Wort ab. Dann brach jemand durchs Gebüsch, und eine gedämpfte Stimme rief: »Er hat was rübergeworfen. Hol es her!«

»Ich geh schon, Boss«, antwortete eine zweite Stimme.

An dem großen Tor schabte Metall auf Metall, während jemand mit Gewalt das Schloss zu öffnen versuchte. Mit einem raschen Blick in die Runde entdeckten die Jungen ein dichtes Gesträuch an der Mauer. Sie schoben die Fahrräder aus dem Weg und krochen dann gebückt ins Versteck.

Langsam, mit einem Ächzen, schwang das schwere Tor in seinen Angeln zurück. Dann schlüpfte eine schattenhafte Gestalt zwischen den Bäumen am Straßenrand hindurch. Die Jungen hielten den Atem an und lugten durch die Zweige. Die Gestalt kam näher, ging an ihnen vorbei und schritt die Straße entlang.

»Hast du gesehen, wer das war?«, flüsterte Bob.

»Nein, es ist zu dunkel.«

»Vielleicht sollten wir die Figur zurückbringen. Sie sieht irgendwie wertvoll aus.«

»Ja, wir könnten … Vorsicht!«

Ein dunkler Schatten war keine drei Meter vor der Stelle, wo Bob und Peter im Buschwerk kauerten, aufgetaucht. Die Jungen hielten sich stocksteif und ganz still. Hoch über ihnen ragte der Schatten in die Nacht – riesig, gekrümmt und bucklig, mit langer, schnabelähnlicher Nase und kleinem Kopf, der ständig wie im Krampf einmal hierhin, einmal dorthin vorstieß.

Mit einem Mal war die Nacht von gellem Lachen erfüllt! Es kam von dem großen Schatten her, der da so dicht vor ihrem Versteck stand. Die Jungen mühten sich noch, ihrer Panik Herr zu werden und nicht einfach loszulaufen – da rief der Schatten plötzlich mit ganz gewöhnlicher Männerstimme:

»Lass sein. Jetzt ist es zu dunkel zum Suchen.«

»Ist gut, Boss«, antwortete der andere Mann, der ein Stück weit die Straße entlanggegangen war. »Ich will zusehen, dass ich’s morgen finde.«

Der hoch aufragende, bucklige Schatten mit dem unheimlichen Kopf wartete noch, bis der andere Mann wieder bei ihm angelangt war. Dann zwängten sich beide mit Rascheln und Krachen durchs Gebüsch, und das Eisentor fiel quietschend zu. Bob und Peter blieben in ihrem Versteck, bis sie hörten, wie das Tor wieder abgeschlossen wurde und die Schritte der beiden Männer jenseits der Mauer verhallten.

»Hast du diesen Kerl gesehen?«, flüsterte Bob. »Den mit dem komischen Kopf! Und wie der lachte – was war das bloß für ein Lachen?«

»Ich weiß nicht – und ich möchte es eigentlich auch gar nicht wissen«, gab Peter entschieden zurück.

»Komm, fahren wir nach Hause und erzählen wir Just, was wir erlebt haben.«

»Dafür bin ich eher zu haben«, stimmte Peter zu.

Schweigend holten sie ihre Räder und fuhren zur Hauptstraße vor. Als sie über die nächste Kuppe talwärts sausten, schallte das irre Lachen hinter ihnen noch einmal durch die Nacht.

Da traten sie wild in die Pedale und wurden erst wieder langsamer, als sie unten im Tal die anheimelnden Lichter von Rocky Beach vor sich sahen.

Bei Licht besehen birgt mancher Schatten Überraschungen. Vermag nicht der Schatten einer geschickten Hand das Auge so zu täuschen, dass es einen zuschnappenden Hundekopf zu sehen glaubt? Denkt daran, wenn ihr dem unheimlichen Schatten wieder begegnen solltet.

Eine rätselhafte Botschaft

»Das sieht ja aus wie massives Gold!«, rief Justus Jonas.

Der stämmige Erste Detektiv glich einer weisen Eule, wie er da mit ernstem Gesicht das winzige Figürchen untersuchte.

»Ist es was Wertvolles, Just?«, wollte Bob wissen.

»Ich möchte annehmen, etwas sehr Wertvolles«, sagte Justus, »und das nicht nur, weil es aus Gold ist.«

»Na, hör mal, Just, was gibt’s denn noch Wertvolleres als Gold?«, fragte Peter.

Die kleine grinsende Figur glänzte in Justs Hand. »Seht mal her, wie kunstvoll das Material bearbeitet ist, Freunde. Das muss ein sehr geschickter Handwerker gemacht haben. Und schaut euch die Schlitzaugen und den Federschmuck auf dem Kopf an. Ich vermute, das ist das Werk eines indianischen Künstlers und schon sehr alt. Solche Sachen habe ich schon im Museum gesehen.«

Die Jungen waren in dem alten Campinganhänger, ihrer Zentrale, zusammengekommen. Da der Wagen bei einem Unfall beschädigt worden war, hatte ihn Justs Onkel Titus den Jungen für ihre Zusammenkünfte geschenkt. Die drei hatten dann ringsum so viel Schrott und Trödel aufgehäuft, dass der Wagen bei allen anderen ganz in Vergessenheit geraten war.

Ins Innere dieses Hauptquartiers auf Rädern konnte man nur durch verschiedene Geheimeingänge gelangen. Drinnen hatten sich die Jungen ein kleines Büro mit Schreibtisch, Telefon, Tonbandgerät und anderem Zubehör im Dienste ihrer Ermittlungsarbeit eingerichtet. Neben dem Büro gab es noch ein winziges Labor und eine Dunkelkammer. Fast die ganze Ausstattung war nach und nach schrottreif im Betrieb gelandet und von den Jungen wieder instand gesetzt worden.

Bob und Peter berichteten Justus gerade den Schluss ihres Abenteuers in den Bergen. Justus war noch immer mit der kleinen Figur beschäftigt. Als die beiden mit ihrer spannenden Erzählung am Ende waren, runzelte Justus nachdenklich die Stirn.

»Also ihr glaubt, dass derjenige, der um Hilfe rief, auch die Figur über die Mauer geworfen hat«, sagte Justus. »Und dass ihn die beiden Männer, die ihr noch hörtet, erwischt haben und dann rausgekommen sind, um die Figur zu suchen.«

»Klar, Just«, sagte Bob.

»Nun, der Hilferuf und die Figur stehen nicht unbedingt miteinander im Zusammenhang«, stellte Justus richtig. »Ihr habt das lediglich angenommen, ohne Beweise dafür zu haben.«

Peter protestierte. »Mensch, Justus, natürlich muss ein Detektiv sorgfältig arbeiten, aber was willst du eigentlich noch? Wir hörten den Schrei, die Figur kam über die Mauer geflogen, dann stürzten die beiden Männer heraus, und der eine nannte den anderen ›Boss‹! Das sieht für mich eindeutig nach einer Verbrecherbande aus.«

»Mag sein, Peter, aber schließlich habt ihr nichts gesehen oder gehört, das wirklich eine Verbindung zwischen der Figur und dem Hilferuf herstellte«, beharrte Justus auf seinem Standpunkt.

»Und der unheimliche Schatten?«, warf Bob ein. »Ich bin noch nie einem Menschen begegnet, der so aussah und so lachte wie diese sonderbare Erscheinung.«

»Könnt ihr mir dieses Lachen näher beschreiben?«

»Es war hell, wie bei einem Kind«, sagte Peter.

»Nein, es hörte sich eher an wie das einer Frau«, berichtigte Bob.

»Das war keine Frau. Das war ein Verrückter.«

»Ja, hysterisch und verschreckt.«

»Ein ganz fürchterliches Lachen, einfach grässlich.«

»Und auch irgendwie kummervoll, meine ich. Vielleicht ein alter Mann.«

Justus hörte sich den Bericht seiner Detektivkollegen mit verblüfftem Gesicht an. »Seid ihr sicher, dass ihr beide dasselbe Lachen gehört habt?«

»Na klar«, sagte Peter nicht sehr überzeugt. »Aber eben nicht mit denselben Ohren.«

»Also deutlich habt ihr es beide gehört, und ganz in eurer Nähe.« Der Erste Detektiv seufzte. »Ich schätze, ich muss mir das mal selbst anhören, um zu erfahren, wie es geklungen hat. Seid ihr wenigstens beide sicher, dass ihr diesen Hilferuf gehört habt?«

»Ganz sicher!«, sagten Bob und Peter einstimmig.

Justs rundes Gesicht spiegelte heftiges Überlegen. »Nach eurer Ortsbeschreibung und danach, was ihr über diese Mauer und das Tor berichtet habt, möchte ich sagen, ihr wart vor dem Landgut der Familie Sanchez.«

Bob sprang auf. »Ja, richtig! Dieser alte spanische Großgrundbesitzer. Mehr als zweitausend Hektar Land!«

»Das meiste davon ist Bergland, aber der Vater der alten Miss Sanchez hielt dort vor langer Zeit große Rinderherden«, setzte Justus hinzu.

»Und haben sie jetzt kein Vieh mehr?«, fragte Peter.

Bob schüttelte den Kopf. »Nein, Peter. Ich weiß noch, wie ich etwas über die Familie Sanchez und das Anwesen las, als ich in der Bibliothek mal was nachsehen musste. Der Vater der alten Miss Sanchez war der letzte Besitzer, der das Land richtig bewirtschaftete. Als er starb, blieb nur noch Miss Sanchez übrig, und sie führt jetzt eine Art Eremitendasein. Mein Daddy sagt, sie sei eine arme reiche Frau – sie hat mehr Land als Geld. Sie lebt da draußen allein, nur mit einem Dienstmädchen und einem Gärtner, der tagsüber zur Arbeit kommt. Niemand bekommt sie je zu Gesicht.«

Bob war bei den drei ??? für Ermittlungen und Aktenführung zuständig, und wenn er einmal etwas nachgelesen hatte, so wusste er darüber immer Genaues zu berichten. Justs Gesichtsausdruck wurde ernst.

»Das bedeutet also, dass das, was ihr heute Abend gesehen und gehört habt, recht ungewöhnlich ist. Was hatten diese Männer auf dem Gut zu schaffen, und woher stammt die Figur hier?«

»Vielleicht waren bei Miss Sanchez gerade Einbrecher am Werk«, meinte Peter.

»Aber sie hat doch kein Geld«, erinnerte Bob.

»Vielleicht hat das, was ihr hörtet, auch gar nichts mit dem Gut zu tun. Die Männer hätten ja auch rein zufällig dort vorbeikommen können«, gab Justus zu bedenken. »So ein Figürchen ist für eine Verbrecherbande nicht unbedingt der Mühe wert.«

Der Erste Detektiv drehte und wendete die winzige goldene Gestalt in den Händen und besah sie sich so gründlich, als könne der Miniatur-Indianer irgendetwas erzählen, was die Freunde wissen wollten. Plötzlich beugte sich Justus vor – seine Augen leuchteten vor Erregung.

»Was ist, Chef?«, fragte Bob.

Justus untersuchte die Figur ganz genau. Mit geschickten Fingern drückte und zupfte er am Unterteil des kleinen Körpers herum. Er zog und drehte an der Figur, und ein triumphierender Ausruf entfuhr ihm, als unten eine Klappe aufsprang. Etwas fiel zu Boden.

»Ein Geheimfach!«, rief Peter.

Justus hob den kleinen Fetzen Papier auf, der aus dem Innern der Figur gefallen war. Auf dem Schreibtisch strich er den Zettel glatt. Bob und Peter drängten sich herbei, um ihn sich auch anzusehen. Aber Justus starrte nur auf das Stückchen Papier und stöhnte.

»Ist es so was wie eine Botschaft, Justus?«, fragte Bob.

Der Erste Detektiv biss sich enttäuscht auf die Lippen. »Ich weiß nicht. Es sieht zwar nach etwas Geschriebenem aus, aber ich kann’s nicht lesen. Es ist eine fremde Sprache!«

Peter und Bob betrachteten den Papierfetzen.

»Und es ist eine Sprache, die ich überhaupt noch nie in meinem Leben geschrieben gesehen habe«, fuhr Justus trübsinnig fort.

Alle drei schwiegen recht niedergeschlagen. Bob und Peter wussten, dass Justus von einigen wichtigen Sprachen etwas verstand und selbst drei beherrschte. Wenn ihm die geschriebenen Worte hier nichts sagten – welche Sprache mochte es dann sein?

Plötzlich sah Bob ganz genau hin. »W-wisst ihr was?«, stotterte er. »Das ist nicht mit Tinte geschrieben – sondern mit Blut!«

Justus untersuchte die seltsame Schrift noch einmal, Peter fuhr sich dabei unbehaglich durchs Haar.

»Bob hat recht«, stellte Justus schließlich fest. »Es ist mit Blut geschrieben. Das muss bedeuten, dass der Schreiber – wer das auch gewesen sein mag – heimlich zu Werke gehen musste und weder Tinte noch Stift hatte.«

»Es war bestimmt ein Gefangener«, entschied Bob.

»Oder vielleicht einer, der sich von seinen Komplicen trennen will«, meinte Peter noch.

»Da gibt es viele Möglichkeiten«, bestätigte Justus, »und ich habe den Eindruck, das ist eine Aufgabe für uns drei. Als Erstes müssen wir jemand finden, der die Botschaft entziffern kann.«

»Ja – und wen?«

»Nun, wir kennen ja einen Mann, der eine Menge von fremden Sprachen und fremden Leuten versteht«, erklärte Justus.

»Albert Hitfield!«, sagte Peter.

»Richtig«, bestätigte Justus. »Heute ist es schon zu spät, aber morgen besuchen wir Mr Hitfield und zeigen ihm diese Botschaft.«

Überfall!

Am nächsten Morgen machten sich Peter und Bob gleich nach dem Frühstück in aller Eile zum Schrottplatz auf. Dort wartete bereits Justus mit Morton, dem Chauffeur, und dem goldbeschlagenen Rolls-Royce, der Justus damals als Hauptgewinn in einem Preisausschreiben zur freien Verfügung für eine bestimmte Zeit zugefallen war.

»Erst fahren wir ins Studio zu Mr Hitfield, Morton«, wies Justus den Chauffeur an, während die drei Jungen in das große Auto stiegen.

»Sehr wohl, die Herrschaften«, bestätigte Morton. Obwohl sie inzwischen richtige Freunde waren, ließ es sich der elegante Chauffeur nicht nehmen, jederzeit vorbildlich korrekt und höflich zu sein.

Die Jungen hatten die Erfahrung gemacht, dass es niemals einfach war, zu dem berühmten Regisseur ins Filmstudio vorzudringen. Deshalb nahmen sie immer den Rolls-Royce, wenn sie einen Besuch bei Mr Hitfield vorhatten. Mittels der finanziellen Unterstützung durch einen dankbaren Kunden, der ohne die Hilfe der drei ??? sein rechtmäßiges Erbe wohl nicht hätte antreten können, stand ihnen der Wagen auch jetzt nach Belieben zur Verfügung. Das aufsehenerregende Gefährt verschaffte ihnen am Tor des Universum-Studios ungehindert Einfahrt.

»Nun, meine jungen Freunde, welch sonderbare Ereignisse führen euch diesmal zu mir?«, erkundigte sich der berühmte Mann hinter dem mächtigen Schreibtisch in seinem Privatbüro.

Voll Eifer schilderten die Jungen, was am Vorabend geschehen war, und wie sie im Innern des Figürchens eine Botschaft entdeckt hatten. Mr Hitfield hörte mit unbewegter Miene zu, bis Justus in seinem Bericht zu der kleinen goldenen Statue kam und sie dem Regisseur auf den Schreibtisch legte.

Mr Hitfields Augen leuchteten auf, als er das kunstvoll geschmiedete grinsende Männchen betrachtete. »Das ist tatsächlich ein sehr altes Stück, wie Justus vermutet hat. Zweifellos ist es indianische Kunst – ein Amulett. Als wir fürs Fernsehen einen Abenteuerfilm drehten, konnte ich nebenbei eine ganze Menge über indianische Volkskunst lernen. Ich würde sagen, dass dieses Amulett eindeutig von den Chumash-Indianern stammt, die hier bei uns heimisch waren. In unserer Story spielte ein ganz ähnliches Exemplar eine Rolle.«

»Was ist denn ein Amulett, Sir?«, erkundigte sich Peter.

»Ein Talisman mit Zauberkraft, mein Junge. Man trägt es gewöhnlich an einer Schnur um den Hals, damit es böse Geister abwehrt oder Glück bringt«, erklärte Mr Hitfield. »Daraus erklärt sich die Metallöse am Kopf der Figur. Die Chumash besaßen solche Amulette in den verschiedensten Formen.«

»Na, so was«, meinte Peter. »Ich wusste nicht mal, dass wir hier in der Gegend von Rocky Beach jemals Indianer hatten.«

»Aber klar, Peter«, sagte Bob. »Über die Chumash habe ich alles gelesen. Sie waren ein kleiner, friedlicher Stamm. Sie lebten hier an der Küste, und später arbeiteten sie für die spanischen Siedler.«

»Gewiss, das stimmt«, erwiderte Mr Hitfield, »aber im Augenblick interessiert mich euer lachender Schatten mehr. Ihr sagt, er war groß und bucklig und hatte einen sonderbaren kleinen Kopf, der merkwürdig umherzuckte, und er lachte wie irrsinnig?«

»Ja, Sir«, bestätigte Bob.

»Der Schatten war ganz in eurer Nähe, Bob und Peter, und doch beschreibt ihr beide das Lachen ganz verschieden. Was sagt dir das denn, Jonas junior?«

»Ich weiß es nicht, Sir«, musste Justus niedergeschlagen zugeben.

»Mir geht es im Augenblick nicht anders«, meinte Mr Hitfield. »Aber was ist nun mit dieser Botschaft? Ihr habt da behauptet, es sei ein Zettel aus der Figur gefallen.« Justus reichte dem Regisseur den Papierfetzen hinüber, und Mr Hitfield studierte ihn sorgfältig. »Tatsächlich mit Blut geschrieben, Donnerwetter! Und zwar erst vor Kurzem, danach zu urteilen, dass die Worte so gut lesbar sind. Also hat das Papier noch nicht lange in dem Amulett gesteckt.«

»Können Sie erkennen, was es für eine Sprache ist, Sir?«, fragte Bob.

»Leider nicht. Diese Sprache habe ich noch nie gesehen. Sie ist ganz verschieden von allem, was ich bisher geschrieben sah.«

»Oh je«, sagte Peter, »und Justus war so sicher, Sie wüssten es, Sir.«

»Und was machen wir jetzt?«, fragte Bob entmutigt.

»Zum Glück habe ich eine Idee, wie ich euch trotz meiner eigenen Unkenntnis in diesem Fall helfen kann«, erklärte Mr Hitfield lächelnd. »Ich werde euch drei zu einem Freund von mir schicken. Er ist Professor an der Universität von Südkalifornien und Experte für indianische Sprachen. Bei unserem Film hat er als Berater mitgewirkt. Er wohnt auch in Rocky Beach. Meine Sekretärin wird euch seine Adresse geben. Und lasst mich dann wissen, was für Fortschritte ihr macht!«

Die drei Jungen bedankten sich und meldeten sich beim Hinausgehen am Pult der Sekretärin, um die Adresse des Professors entgegenzunehmen. Sein Name war Wilton J. Meeker, und er wohnte ganz in der Nähe der Firma Jonas.

Justus gab Morton den Auftrag, sie zum Haus des Professors zu fahren und von dort aus den Wagen zu der Verleihfirma zurückzubringen. Nach Hause konnten sie dann gut zu Fuß gehen.

Professor Meekers kleines weißes Haus lag abseits der Straße. Ein weiß gestrichener Staketenzaun umschloss den dichten, tropenartigen Pflanzenwuchs, der sich rund ums Haus zog. Die Jungen öffneten das stabile weiße Gartentor und gingen den ziegelsteinbelegten Pfad zum Haus entlang. Auf halbem Wege tauchte plötzlich aus dem wuchernden Grün unmittelbar vor ihnen ein Mann auf.

»Vorsicht!«, rief Bob warnend.

Der Mann war nicht groß, aber breit in den Schultern. Seine dunkle Haut wirkte wie tiefbraunes Leder. Seine kräftigen weißen Zähne gaben einen starken Kontrast zu seinen funkelnden schwarzen Augen. Er war ganz in Weiß gekleidet: ein weites Hemd aus grobem, schwerem Stoff, dessen Zipfel er vorn geknotet hatte, eine enge Kniehose aus dem gleichen groben Material und einen breitrandigen weißen Hut. Seine nackten braunen Waden waren sehr muskulös.

Und er hielt ein langes, blitzendes Messer in der Hand!

Wie gelähmt blieben die Jungen auf dem Fußweg stehen, während der Mann in schlurfendem Trab mit blitzenden schwarzen Augen auf sie zukam. Er schwang das bedrohliche Messer und rief ihnen dabei in einer fremden, harten Sprache etwas zu. Ehe sie einen Ton hervorbrachten oder weglaufen konnten, war er heran.

Er streckte seine breite dunkle Hand aus und entriss Justus das Goldamulett. Dann wandte er sich schnell um und rannte ins Gebüsch.

Die Verblüffung hatte den Jungen erst einmal die Sprache verschlagen, und sie waren zu keiner Bewegung fähig. Peter fasste sich als Erster wieder. »Er hat das Amulett!«

Ungeachtet der Gefahr stürzte er sich in das Dickicht, um die Verfolgung aufzunehmen. Bob und Justus folgten dicht hinter ihm. Am anderen Ende des Gartens angekommen, sahen sie gerade noch, wie der dunkelhäutige Mann hastig in ein verbeultes Auto stieg. Drinnen saß noch ein anderer Mann, und kaum war der Dieb mit seiner Beute im Wagen, raste die Klapperkiste mit aufheulendem Motor davon.

»Er ist weg!«, schrie Peter.

»Mit unserer Figur!«, jammerte Bob.

In ohnmächtiger Enttäuschung sahen sich die Jungen an. Das Amulett war fort!

In dem Moment ertönte hinter ihnen eine aufgebrachte Stimme.

Die Felsenteufel

»Was ist denn hier los?«

Ein magerer, gebeugter Mann mit grauem Haar stand hinter den Jungen im Garten. Ärgerlich beäugte er sie durch eine Hornbrille mit dicken Gläsern.

»Da hat ein Mann unser Amulett gestohlen!«, platzte Peter heraus.

»Und er hatte ein Messer!«, ergänzte Bob.

»Euer Amulett?« Der Mann stutzte. »Aha! Dann seid ihr bestimmt die Jungen, die mir Albert Hitfield am Telefon ankündigte – die drei Detektive.«

»Jawohl, Herr Professor«, bestätigte Justus mit Stolz.

»Und ihr kommt mit einem Problem zu mir – Worte in einer Sprache, die ihr nicht lesen könnt«, fuhr Professor Meeker fort.