Die drei ??? und die flüsternde Mumie (drei Fragezeichen) - Robert Arthur - E-Book

Die drei ??? und die flüsternde Mumie (drei Fragezeichen) E-Book

Robert Arthur

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Beschreibung

Professor Yarborough traut seinen Ohren nicht: Die 3000 Jahre alte Mumie aus Kairo, die er untersuchen will, fängt plötzlich an zu flüstern – und noch dazu in einem alt-ägyptischen Dialekt, den niemand verstehen kann. Sein Butler Wilkins befürchtet, dass der Professor durch die Störung der Totenruhe einen Fluch heraufbeschworen hat. Sofort eilen die drei ??? dem Professor zu Hilfe. Die Freunde sind wild entschlossen, das Geheimnis zu lüften, auch wenn der Fluch der Mumie sie treffen sollte.

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und die flüsternde Mumie

erzählt von Robert Arthur

Kosmos

S. 1:

Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin

Umschlaggestaltung von der Peter Schmidt Group, Hamburg,

auf der Grundlage der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)

S. 2:

Umschlagillustration und -gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)

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Aktivitäten findest du unter kosmos.de

© 2021, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG,

Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

ISBN 978-3-440-50433-8

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Einführung von Albert Hitfield

Nur für Nachzügler: Der folgende Text dient ausschließlich dem besseren Verständnis solcher Leser, die erst jetzt zu uns stoßen. Wem die drei ??? schon ein Begriff sind, der kann diese kurze Einleitung überblättern und sich gleich der Hauptsache zuwenden. Für die »Neuen« aber: Die drei ??? sind drei unternehmungslustige Jungen, die ein Detektivbüro gegründet haben: Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews. Justus hat sich selbst zum Kopf des Ganzen ernannt. Bob führt die Akten und betreibt Recherchen. Peter, flink und kräftig, ist Justs unschätzbarer Assistent im praktischen Einsatz.

Die Jungen wohnen in Rocky Beach, einer Kleinstadt an der amerikanischen Pazifikküste nicht weit von Hollywood. Hier in Südkalifornien sind die Entfernungen so groß, dass ein Wagen einfach notwendig ist. Noch darf sich keiner der drei ans Steuer setzen, aber dieses Problem wurde gelöst, als Justus in einem Preisausschreiben ein Auto mit Chauffeur zur freien Verfügung gewann: Dieser Wagen, ein Rolls-Royce mit Goldbeschlägen, gehört ihnen für beschränkte Zeit.

Die jungen Detektive haben ihr Büro in einem umgebauten Campinganhänger auf dem Hof des Gebrauchtwarencenters T. Jonas, das Justs Onkel und Tante, Titus und Mathilda Jonas, betreiben. Die »Zentrale« besteht aus einem kleinen Büro, einem Labor und einer Dunkelkammer. Durch gewisse Geheimgänge, die nur für jugendliche Individuen passierbar sind, kann man ins Wageninnere gelangen.

Das genügt zur Orientierung. Ich missbillige die Tendenz, es dem jugendlichen Leser zu einfach zu machen. Es sei ihm empfohlen, das Buch zu lesen und alles Weitere selbst zu ergründen.

Aufregung per Post

»Hilfe! Rettet mich!«, schrie eine gellende Stimme in äußerstem Entsetzen. »Zu Hilfe!«

Die drei Detektive – Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews – hörten es, kümmerten sich aber nicht darum und arbeiteten weiter. Der Schreihals war ihr Maskottchen, der abgerichtete Rabe Blacky. Er lernte mit erstaunlicher Leichtigkeit Wörter und ganze Sätze und probierte sie dann begeistert aus. »Justus!« Mathilda Jonas, Justs Tante, warf einen flüchtigen Blick auf Blackys Käfig, der im Lagerhof an einem Balken hing. »Du hast den Vogel zu viel fernsehen lassen. Er redet ja wie im Krimi!«

»Ganz recht, Tante Mathilda«, sagte Justus. Keuchend vor Anstrengung hob er eine alte Haustür vom Boden auf. »Wo soll ich die hintun?«

»Zu den anderen Türen. Los, ihr Burschen, steht nicht herum! Wir haben viel zu tun, und die Zeit wird knapp!«

Den drei Detektiven wurde die Zeit eher lang. Unter Tante Mathildas Leitung waren sie mit einer Untersuchung beschäftigt, auf die sie ganz gern verzichtet hätten: Sie fanden heraus, was drei Jungen an einem heißen Tag alles schaffen können. Mrs Jonas, eine wohlbeleibte Frau, war in Wahrheit der Chef. Justs Onkel Titus kümmerte sich nur um den Einkauf und war die meiste Zeit unterwegs. Heute hatte Tante Mathilda einen ihrer häufigen Anfälle von Ordnungswut. Wenn es dazu kam, wurden Justus und – soweit greifbar – auch seine Freunde unbarmherzig herangezogen.

Während die drei Jungen schufteten – sie stapelten Baumaterial und räumten überall auf –, zog es sie mit Macht zur Zentrale, dem versteckten Campinganhänger, und zur Aufklärung eines neuen Falles. Der letzte Erfolg hatte ihr Vertrauen in ihre detektivischen Fähigkeiten sehr gestärkt – vielleicht mehr, als gut war.

Aber die Erlösung nahte erst mit dem Postboten, der einen Packen Briefe in den altertümlichen eisernen Briefkasten an der Tür fallen ließ. »Lieber Himmel!«, rief Mathilda Jonas. »Da hab ich doch glatt das Einschreiben für Onkel Titus vergessen, das heute noch zur Post sollte!«

Aus ihrer geräumigen Tasche fischte sie einen leicht zerknitterten Umschlag, strich ihn glatt und gab ihn Justus. »Fahr jetzt gleich zur Post und gib ihn auf. Da hast du Geld. Sieh zu, dass er möglichst morgen früh zugestellt wird.«

»Wird gemacht«, versprach der stämmige Junge. »Peter und Bob werden mich so lange vertreten. Sie haben sich schon beschwert, dass sie nicht richtig zum Zuge kommen.«

Während Bob und Peter lauthals protestierten, schwang sich Justus auf sein Rad und flitzte durchs Tor auf die Straße stadteinwärts.

Mrs Jonas lachte. »Na gut, ihr beiden«, sagte sie. »Für heute seid ihr entlassen. Ihr könnt jetzt Kriegsrat halten oder basteln oder hinter dem Krempel da drüben sonst was treiben.« Sie wies auf die Stapel von Altmaterial und Gerümpel, die Justs Werkstatt und die Zentrale (von der sie nichts ahnte) den Blicken entzogen. Dann wandte sie sich zum Büro. »Ich werde mir mal die Post ansehen. Vielleicht ist etwas für Justus dabei. Er hat sich in letzter Zeit so merkwürdige Mustersendungen bestellt.«

Die Jungen folgten ihr, froh, die Schufterei hinter sich zu haben. Mrs Jonas nahm die Post aus dem Kasten und blätterte sie durch. »Eine Einladung zu einer Versteigerung. Eine Rechnung. Ein Scheck für den alten Dampfkessel. Hmmm.« Sie klemmte sich einen Brief unter den Arm und machte weiter. »Noch eine Rechnung. Eine Postkarte von meiner Schwester Susanne. Und eine Reklame – Grundbesitz in Florida!« Sie musste lachen. Dann sah sie sich den nächsten Brief an, sagte wieder »Hmm« und steckte ihn ebenfalls weg.

Es gab noch ein paar Briefe für Titus Jonas – wahrscheinlich Anfragen nach speziellen Artikeln. Die Firma »Gebrauchtwarenzentrum T. Jonas« war weithin bekannt als der Ort, an dem man alles Mögliche Ungebräuchliche oder schwer Aufzutreibende finden konnte. Unter anderem hatte Titus eine alte Orgel im Lager. Abends ging er manchmal in den Hof und spielte Seemannslieder. Patrick und Kenneth, die muskelstarken Brüder aus Irland, die die Schwerarbeit machten und die beiden Lastwagen des Unternehmens fuhren, gesellten sich dann zu ihm und sangen ganz ergriffen mit.

Als Mrs Jonas mit der Post fertig war, schüttelte sie den Kopf. »Nein, nichts für Justus.« Doch sie zwinkerte dabei heftig mit den Augen. »Allerdings sind zwei Briefe an ›die drei Detektive‹ dabei. Das ist doch euer neuer Klub, nicht?«

Vor einiger Zeit, als sie sich für Rätsel und Preisausschreiben interessierten, hatten die Jungen einen Knobel-Klub gegründet. Dieses Hobby hatte Justus auch dazu gebracht, sich am Wettbewerb einer Mietwagenfirma zu beteiligen – und dabei hatte er den altertümlichen Rolls-Royce mit Chauffeur gewonnen.

Da sie nun motorisiert waren, hatten die drei sofort das Detektivbüro gegründet, um sich künftig auch den ungelösten Rätseln des praktischen Lebens zu widmen. Mrs Jonas, leicht vergesslich in Angelegenheiten, die nicht direkt das Geschäft betrafen, sah in diesem Unternehmen noch immer einen Klub. Das hatte sie sich einmal in den Kopf gesetzt, und da half kein Erklären. Also ließen es die Jungen auf sich beruhen.

Jetzt nahm Peter mit mühsam unterdrückter Erregung die Briefe entgegen. Schnurstracks liefen die beiden Jungen zur Zentrale. »Den Absender sehen wir uns erst an, wenn wir in der Zentrale sind«, sagte Peter. »Das kann ein Auftraggeber sein.«

»Eben«, stimmte Bob zu. »Dann kann ich unseren Korrespondenz-Ordner einweihen. Er steht schon lang bereit.«

Sie schlängelten sich zwischen Stapeln von Altmaterial hindurch, bis sie zu Justs Werkstatt kamen. Sie enthielt eine Schlagbohrmaschine, eine Drehbank, eine Bandsäge, eine kleine Abzugpresse und anderes nützliches Gerät. All diese Dinge waren schrottreif hier gelandet, und Justus hatte sie mit seinen Freunden wieder gebrauchsfähig gemacht. Ein hoher Bretterzaun umgab den Lagerhof, und ein zwei Meter breites Dach, das an der Innenseite entlanglief, schützte nicht nur die wertvolle Ware, sondern auch die Werkstatt. Während der kurzen Schlechtwetterperioden behalf man sich zusätzlich mit Plastikfolie zum Abdecken.

Ein mächtiges Rohr aus geripptem Blech – ein ehemaliger Abzugskanal – blockierte scheinbar den Zutritt zu dem Platz hinter der Werkstatt. Als die Jungen jedoch ein Stück altes Eisengitter, das hinter der Druckerpresse verborgen war, zur Seite schoben, lag die Rohröffnung frei. Sie krochen hinein. Dann rückten sie das Gitter wieder an seinen Platz und arbeiteten sich auf Händen und Knien etwa fünfzehn Meter vorwärts. Der Luftschacht führte teils unterirdisch, teils unter ein paar scheinbar absichtslos umherliegenden Eisenträgern versteckt bis unmittelbar unter den Campinganhänger, den die Jungen als ihr Hauptquartier ausgebaut hatten. Mr Jonas hatte den alten Wagen Justus und seinen Freunden überlassen, weil er ihn nicht mehr verkaufen konnte. Eine Falltür öffnete sich nach oben. Sie zwängten sich hindurch und waren in einem winzigen Büro, in dem sich ein Schreibtisch (der bei einem Brand beschädigt worden war), Stühle, Schreibmaschine, Aktenschrank und Telefon befanden. Auf dem Schreibtisch stand ein altmodisches Radiogerät. Justus hatte an den Lautsprecher ein Mikrofon angeschlossen, sodass die Jungen alle Telefongespräche gemeinsam verfolgen konnten. Der restliche Raum war in ein Dunkelkämmerchen, ein Miniatur-Labor und einen Waschraum verwandelt worden.

Weil es innen dunkel war – der Wagen war ja von lauter aufgestapeltem Schrott umgeben –, knipste Peter die Lampe über dem Schreibtisch an. Dann setzten sich die beiden und betrachteten die Briefe.

»Oi!«, rief Peter aufgeregt. »Der hier kommt von Albert Hitfields Büro! Den machen wir gleich auf!«

Bob war sehr gespannt. Albert Hitfield schrieb ihnen einen Brief? Dann musste es sich um einen neuen Fall handeln, denn Mr Hitfield hatte versprochen, sie zu benachrichtigen, wenn er auf etwas Entsprechendes stoßen sollte.

»Den heben wir uns bis zum Schluss auf«, sagte Bob. »Er ist wahrscheinlich der interessantere. Und überhaupt – wollen wir nicht auf Just warten, ehe wir die Briefe lesen?«

»Wo er gerade erst versucht hat, uns hereinzulegen«, protestierte Peter, »und Mrs Jonas dazu bringen wollte, uns noch mehr Arbeit aufzuhalsen? Außerdem bist du für Akten und Recherchen zuständig – und dazu gehört ja auch die Post. Klar?« Das überzeugte Bob. Er begann den weniger wichtigen Brief aufzuschlitzen. Aber dabei fiel ihm am Umschlag einiges auf. »Ehe wir diesen Brief lesen«, meinte er, »wollen wir sehen, ob wir daraus nicht irgendetwas folgern können. Just sagte doch, wir sollten so oft wie möglich üben, logische Schlüsse zu ziehen.«

»Wie kannst du aus einem Brief Schlüsse ziehen, den du nicht gelesen hast?«, fragte Peter skeptisch. Aber Bob studierte bereits den Briefumschlag von allen Seiten. Er war fliederfarben. Und er roch auch nach Flieder. Dann besah sich Bob den zusammengefalteten Bogen darin: ebenfalls Flieder. Den Briefkopf schmückte eine Vignette mit zwei spielenden Kätzchen.

»Hmmm«, machte Bob und legte die Hand an die Stirn, als denke er angestrengt nach. »Ja – jetzt sehe ich klar. Der Schreiber dieses Briefes ist eine Dame von – na, sagen wir fünfzig. Sie ist klein und dicklich und färbt sich die Haare, und wahrscheinlich redet sie viel. Ja, und sie ist eine Katzenliebhaberin. Sie hat ein gutes Herz, nur ist sie manchmal ein wenig nachlässig. Normalerweise ist sie ein fröhlicher Mensch, aber als sie diesen Brief schrieb, war sie aus irgendeinem Grund sehr bedrückt.«

Peter riss die Augen auf. »Toll!«, sagte er. »Das alles willst du aus dem Umschlag und dem Briefbogen schließen, ohne dass du den Brieftext kennst?«

»Klar.« Bob tat, als sei das überhaupt nichts Besonderes. »Eines habe ich noch vergessen: Sie hat einen Haufen Geld und spendet vermutlich eine ganze Menge für wohltätige Zwecke.«

Peter untersuchte Umschlag und Brief mit gerunzelter Stirn. Doch bald hellte sich sein Gesicht auf. »Die Kätzchen auf dem Briefkopf deuten darauf hin, dass sie Katzen mag«, sagte er. »Und dass sie die Briefmarke eingerissen und schief aufgeklebt hat, beweist, dass sie ein bisschen nachlässig ist. Der Text beginnt mit Zeilen, die schräg nach oben ansteigen – das kennzeichnet oft eine heitere Natur. Am Schluss des Briefes fallen die Zeilen nach unten ab, und das zeigt, dass sie über irgendetwas erregt und unglücklich war.«

»Genau«, bestätigte Bob. »Es ist ganz leicht, zu kombinieren, wenn man sich ernsthaft damit befasst.«

»Und wenn man bei Justus Nachhilfeunterricht kriegt«, fügte Peter hinzu. »Aber eines würde mich noch interessieren: Woher weißt du ihr Alter und ihre Figur, und dass sie viel redet und Geld hat und Gutes tut und sich die Haare färbt? Wer das alles herausfinden könnte, müsste ja Sherlock Holmes sein.«

»Na ja«, erklärte Bob grinsend, »die Absenderadresse liegt in einem sehr teuren Viertel von Santa Monica. Frauen, die dort wohnen, sind normalerweise reich und widmen sich oft wohltätigen Zwecken.«

»Schön.« Peter bohrte weiter. »Aber wie ist das nun mit ihrem Alter und der Figur und dem vielen Reden und dem Haarefärben?«

»Na, sie benutzt lila Briefpapier mit Fliederduft und dazu grüne Tinte. So was mögen fast nur ältere Damen. Aber ich will dir was verraten: Ich habe eine Tante Paula, die auf dem gleichen Papier schreibt. Sie ist fünfzig und ziemlich klein und redselig, und ihr Haar ist gefärbt, und da dachte ich mir, dass diese –«, er sah auf den Bogen, um die Unterschrift zu entziffern, »diese Mrs Selby wahrscheinlich auch so eine Person ist.«

Peter lachte. »Das hast du prima gemacht, auch wenn du zuletzt ins Spekulieren geraten bist«, sagte er. »Jetzt wollen wir aber sehen, was sie uns schreibt.« Er überflog den Brief.

»Sehr geehrte drei Detektive«, begann er vorzulesen. »Meine beste Freundin, Miss Waggoner aus Hollywood, machte mich darauf aufmerksam, dass Sie Dinge ergründen, die der übrigen Welt ein Rätsel bleiben, und dass Sie sehr geschickt darin sind.« Bob entwand Peter sanft, aber bestimmt den Brief. Mrs Selby hatte offensichtlich von ihrem ersten Fall gehört, der Sache mit dem Gespensterschloss. »Die Akten sind meine Sache«, erinnerte er Peter. Bob trug eine Gipsschiene an einem Bein, er war vor einiger Zeit beim Bergwandern abgestürzt. Da er deshalb bei den waghalsigeren Unternehmungen der drei etwas behindert war, hatte er es übernommen, die Akten zu führen, Recherchen vorzunehmen und zu allen Fällen ein Protokoll anzulegen. »Schriftwechsel«, ergänzte er, »fällt in mein Ressort, zumindest wenn Just nicht da ist. Ich lese vor.«

Peter gab murrend nach. Bob setzte sich bequem hin und las den handgeschriebenen Text zügig herunter. Die Sachlage war einfach. Mrs Selby besaß eine abessinische Katze namens Sphinx, die ihr sehr am Herz lag. Nun war Sphinx seit einer Woche verschwunden. Die Polizei konnte sie nicht finden, und Mrs Selby hatte auch schon ohne Erfolg in der Lokalzeitung inseriert. Wären die drei Detektive wohl so freundlich, ihr bei der Suche nach dem lieben Hausgenossen behilflich zu sein? Sie wäre ihnen dafür überaus dankbar. Der Schluss lautete: »Mit verbindlichen Grüßen – Frau Margaret Selby.«

»Eine entlaufene Katze«, sagte Peter nachdenklich. »Na ja, es ist immerhin ein Auftrag. Sieht nach einem netten, problemlosen Fall aus. Ich rufe sie an und sage ihr, dass wir ihn übernehmen.« Peter wollte zum Telefonhörer greifen, aber Bob wehrte ab.

»Warte mal. Wir wollen erst sehen, was uns Mr Hitfield mitzuteilen hat.«

»Ja, richtig«, stimmte Peter zu. Bob schlitzte schon den langen Umschlag auf. Er zog einen Bogen teuer wirkendes Briefpapier mit dem eingedruckten Namen Albert Hitfield heraus und begann vorzulesen. Doch schon nach dem ersten Satz verstummte er und ließ den Blick begierig über den Text huschen. Als er fertig war, sah er mit großen Augen zu Peter hinüber. »Mensch! Lies selber. Du würdest mir’s nicht glauben, wenn ich es dir erzählte. Du würdest sagen, ich flunkere dir was vor.«

Neugierig nahm Peter den Brief und begann zu lesen. Als er fertig war, starrte er überwältigt vor sich hin.

»Unglaublich!«, flüsterte er. Und dann stellte er eine Frage, die jedermann, der den Inhalt des Briefes nicht kannte, als äußerst ungewöhnlich empfinden würde: »Wie kann eine dreitausend Jahre alte Mumie flüstern?«

Der Berichterstatter der drei ??? ist am Ende des ersten Kapitels, und damit sind zwei ?? am Ende ihrer Weisheit angelangt. Im weiteren Verlauf der Erzählung werde ich mir selbst hin und wieder ein Wort erlauben, um dem Leser mit vorsichtigem Fingerzeig und Augenzwinkern die Richtung zu eigenen detektivischen Ermittlungen zu weisen. Wer kurz vor Schluss die totale Überraschung genießen möchte, braucht ja nicht mitzuraten. Nun also: Wie kann eine Mumie flüstern? (Nicht, dass mich dies als theoretisches Detail einer geplanten Filmproduktion interessierte. Es handelt sich – ihr werdet es gleich sehen – um einen sehr aktuellen Notfall. Mögen sich die drei ??? die Zähne daran ausbeißen!)

Eine Mumie flüstert

Hinter den Tatsachen in Albert Hitfields Brief steckten Ereignisse, die seltsamer und unheimlicher waren als alles, womit sich die drei Detektive bisher befasst hatten. Ungefähr zwanzig Kilometer von Rocky Beach und dem Betriebsgelände der Firma Jonas entfernt durchschnitt eine schmale Schlucht die Berge von Hollywood. An ihre steilen Wände schmiegten sich ein paar große, teure Wohnhäuser, umgeben von Bäumen und Gesträuch. Eine der Villen war ein altes Herrenhaus im spanischen Stil, dessen einer Flügel ein Privatmuseum enthielt. Der Besitzer, Professor Robert Yarborough, genoss als Ägyptologe einen guten Ruf.

Eine Front bis zum Boden reichender Fenster führte auf eine fliesenbelegte Terrasse. Diese Glastüren waren geschlossen, sodass es drinnen in der späten Nachmittagssonne unangenehm heiß und stickig war. Nahe der Fensterwand standen einige Statuen aus ägyptischen Gräbern. Eine Figur war aus Holz, sie stellte den altägyptischen Totengott Anubis dar. Auf einem Menschenkörper saß ein Schakalkopf. Der Schatten des Kopfes fiel auf den Fußboden – ein dunkler Umriss von beklemmender Wirkung.

Noch andere Schätze aus den Grabkammern des alten Ägypterreiches füllten den Raum. Metallmasken, die geheimnisvoll-wissend zu lächeln schienen, hingen an den Wänden. Tontafeln, Goldschmuck und Skarabäen-Abbilder der als heilig verehrten Käfer, von Künstlern vor langer Zeit in grüne Jade geschnitzt, ruhten in Glasvitrinen. Frei im Raum bei den Fenstern stand ein hölzerner Mumiensarkophag, in dessen Deckel die Figur der darin bestatteten Mumie geschnitzt war. Es war ein ganz schlichter Schrein, dem weder Blattgold noch leuchtende Farben ein kostbares und luxuriöses Äußeres verliehen. Aber er hütete ein Geheimnis. Er war der Stolz von Professor Yarborough, einem kleinen, etwas beleibten Mann mit Kinnbärtchen und goldgefasster Brille.

In jüngeren Jahren hatte der Professor viele Expeditionen nach Ägypten geleitet. Auf diesen Reisen hatte er verschollene Grabstätten entdeckt, die in die Felswände der Gebirge eingehauen waren und Mumien längst dahingegangener Pharaonen, ihrer Frauen und ihres Gefolges mit Juwelen und anderen Beigaben bargen. Er bewahrte diese Schätze in seinem Museum, wo er auch ein Buch über seine Funde schrieb.

Der Sarkophag mit der Mumie war gerade vor einer Woche eingetroffen. Professor Yarborough hatte diese Mumie schon vor fünfundzwanzig Jahren entdeckt. Aber da er zu jener Zeit anderweitig in Anspruch genommen war – er hatte sich für eine schwierige Aufgabe langfristig verpflichtet –, hatte er die Mumie einem Museum in Kairo geliehen. Als er sich dann zur Ruhe setzte, hatte er die ägyptische Regierung gebeten, ihm die Mumie für Studienzwecke zu übersenden. Jetzt, da er Zeit hatte, wollte er versuchen, ihr Geheimnis zu entschleiern.

An diesem Nachmittag, zwei Tage bevor die Jungen Albert Hitfields Brief erhalten hatten, stand Professor Yarborough in seinem Museumssaal. Nervös tippte er mit einem Bleistift gegen den Deckel des Schreins – einen Deckel, der sich wie bei einer Truhe heben ließ. Der Sarkophag war im Grunde nichts anderes als eine Holztruhe, in der die Mumie ruhte.

Auch Wilkins war da, der Butler, ein großer, schlanker Mann, der schon seit Jahren in den Diensten des Professors stand. »Sind Sie sicher, dass Sie es tun wollen, Sir, nach dem Schock von gestern?«, fragte Wilkins.

»Ich muss wissen, ob es noch einmal passiert, Wilkins«, sagte Professor Yarborough mit Nachdruck. »Aber lassen Sie bitte erst Luft herein. Ich kann geschlossene Räume nicht ausstehen.«

»Jawohl, Sir.« Wilkins öffnete die nächstliegenden Türflügel. Vor vielen Jahren war Professor Yarborough zwei Tage lang in einer Grabkammer eingeschlossen gewesen, und seither mied er Räume mit geschlossenen Fenstern.

Als die Glastüren offenstanden, hob Wilkins den Deckel vom Sarg. Beide Männer beugten sich vor und schauten hinein.

Mancher dürfte den Anblick einer Mumie nicht als angenehm empfinden, doch ist er in keiner Weise abstoßend. Mit Bitumen und anderen Konservierungsmitteln einbalsamiert und sorgfältig in Leinen gehüllt, blieben die Körper toter Könige und Edelleute des alten Ägyptens über Jahrtausende fast vollkommen erhalten. Aus religiösen Gründen wurden sie so für den würdigen Eintritt in die nächste Welt vorbereitet. Viele Kleider, Geschmeide, Gerätschaften und Juwelen, die sie im Leben besessen hatten, wurden mit ihnen bestattet – zum Gebrauch in der künftigen Welt. Die Mumie im Sarg trug den Namen Ra-Orkon. Die leinene Hülle war teils aufgeschnitten worden, sodass der Professor Ra-Orkons Gesicht sehen konnte. Es war das Gesicht eines älteren Mannes mit feinen Zügen, wie aus dunklem Holz geschnitzt. Die Lippen waren leicht geöffnet, als wollte er sprechen. Die Augen waren geschlossen.

»Ra-Orkon sieht sehr friedlich aus, Sir«, stellte Wilkins fest. »Ich glaube nicht, dass er heute zu Ihnen sprechen wird.«

»Das hoffe ich auch nicht.« Professor Yarborough kniff die Lippen zusammen. »Es ist nicht normal, Wilkins, dass eine vor dreitausend Jahren begrabene Mumie redet. Oder auch flüstert. Es ist vollkommen unnatürlich.«

»Wirklich unnatürlich, Sir«, bekräftigte der Butler.

»Aber gestern flüsterte er mir etwas zu«, sagte der Professor, »als ich mit ihm allein im Zimmer war. Er flüsterte in einer unbekannten Sprache, aber es hörte sich sehr eindringlich an, als wünsche er, dass ich etwas tun solle.«

Er beugte sich vor und sprach die Mumie an. »Ra-Orkon, wenn du zu mir sprechen willst: Ich höre. Ich werde versuchen zu verstehen.«

Eine Minute verstrich. Noch eine. Nichts war zu hören als das Summen einer Fliege. »Vielleicht habe ich es mir doch nur eingebildet«, sagte der Professor. »Ja, so war es sicherlich. Holen Sie mir die kleine Säge aus dem Atelier, Wilkins. Ich will von dem Sarg eine Ecke abnehmen. Mein Freund Jennings von der Universität Los Angeles wird dann versuchen, mithilfe eines Radioaktivitätstests am Kohlenstoff des Holzes den Zeitpunkt zu bestimmen, zu welchem Ra-Orkon begraben wurde.«

»Sehr wohl, Sir.« Der Butler verließ das Zimmer.

Professor Yarborough ging um den Schrein herum und klopfte das Holz ab, um festzustellen, wo er das benötigte Stück absägen sollte. Einmal glaubte er, einen etwas hohlen Klang zu vernehmen. An einer anderen Stelle erschien ihm das Holz so locker, als sei es hier schon vermodert.

Plötzlich hörte er ein leises Murmeln, das aus dem Sarg drang. Erschrocken richtete er sich auf und legte sein Ohr dicht an den Mund der Mumie. Die Mumie flüsterte ihm etwas zu! Über die leicht geöffneten Lippen kamen Worte – gesprochen von einem Ägypter, der seit dreitausend Jahren tot war. Der Professor konnte die Worte nicht verstehen. Es waren Kehl- und Zischlaute, so leise, dass er sie kaum zu hören vermochte. Aber die Stimme hob und senkte sich, sie klang immer eindringlicher, als ob die Mumie ihm mit größter Anstrengung irgendetwas begreiflich machen wollte.

Den Professor packte eine ungeheure Erregung. Die Sprache war wahrscheinlich das Arabisch des Altertums – ab und zu glaubte er einem verständlichen Wort auf der Spur zu sein.

»Weiter, Ra-Orkon!«, drängte er. »Ich versuche zu verstehen.«

»Bitte sehr, Sir?« Beim Klang der Stimme von hinten fuhr der Professor herum. Die Mumie war wieder stumm. Wilkins stand da, eine kleine, scharfe Säge in der Hand.