Die Dunkelheit nach dem Zwielicht - A.K. Buchmann - E-Book

Die Dunkelheit nach dem Zwielicht E-Book

A.K. Buchmann

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Beschreibung

Die Edition Moonflower ist eine Mystery-Novellenreihe aus dem Hause Shadodex - Verlag der Schatten. Erscheinungsturnus: Vierteljährlich. Alle Novellen sind in sich abgeschlossen. Inhalt Band 1 (»Die Dunkelheit nach dem Zwielicht« von A.K.Buchmann) »Das Haus findet einen Weg, nicht wahr?«, fragte Döring. »Das Haus findet einen Weg! …« Als Max und Lucy Heinemann in das leer stehende Haus in Venigenburg einziehen, ahnen sie nicht, dass sich ihr Leben binnen kurzer Zeit verändern soll. Was geschieht in dem verrufenen Gebäude, vor dem sich sogar die Alteingesessenen fürchten? Welches Geheimnis verbirgt sich hinter diesen Mauern? Was ist dieses Haus wirklich, und welches Erbe tritt Lucy an?

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Seitenzahl: 86

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Ähnliche


Edition

Moonflower

Band 1

Die Dunkelheit

nach dem

Zwielicht

von

A. K. Buchmann

Alle Rechtevorbehalten.

Das Buchcover darf zur Darstellung des Buches unter Hinweis auf den Verlag jederzeit frei verwendet werden. Eine anderweitige Vervielfältigung des Coverbilds ist nur mit Zustimmung des Verlags möglich.

Die Handlungen sind frei erfunden.

Evtl. Handlungsähnlichkeiten sind zufällig.

www.verlag-der-schatten.de

Erste Auflage 2023

© A.K. Buchmann

© Coverbilder: depositphotos AllaSerebrina, Ravven, olegkrugllyak

Covergestaltung: © Shadodex – Verlag der Schatten

© Bilder Innenteil: depositphotos wiro.klyngz (Moonflower), Ravven (Haus),

A.K. Buchmann (Autorenfoto), Shadodex (Vorschau Band 2)

Lektorat: Shadodex – Verlag der Schatten

© Edition Moonflower, eine Novellen-Reihe des Shadodex – Verlag der Schatten,

Bettina Ickelsheimer- Förster, Ruhefeld 16/1,

74594 Kreßberg-Mariäkappel

ISBN: 978-3-98528-301-9

Inhalt

ERSTER TEIL

ZWEITER TEIL

DRITTER TEIL

Über die Autorin

Vorschau

»Das Haus findet einen Weg, nicht wahr?«, fragte Döring.

»Das Haus findet einen Weg! …«

Als Max und Lucy Heinemann in das leer stehende Haus in Venigenburg einziehen, ahnen sie nicht, dass sich ihr Leben binnen kurzer Zeit verändern soll.

Was geschieht in dem verrufenen Gebäude, vor dem sich sogar die Alteingesessenen fürchten? Welches Geheimnis verbirgt sich hinter diesen Mauern?

Was ist dieses Haus wirklich, und welches Erbe tritt Lucy an?

ERSTER TEIL

1

Was schlussendlich zu den verstörenden Vorfällen in der Nacht des 21. Dezember 2020 geführt hatte, blieb unklar. Die Tagespresse, die ihre Quelle, von der sie das Videomaterial erhalten hatte, geheim hielt, spekulierte über einen Anfall von Massenhysterie oder Massenwahn. Als immer mehr Kommentatoren und Leserbriefschreiber beanstandeten, die Berichterstatter würden die Ereignisse ins Esoterische, zuweilen ins Übernatürliche verklären, entschied sich die Zeitung, den Fall auf sich beruhen zu lassen. Es gab Wichtigeres. Ohnehin schwiegen fast alle Beteiligten und leugneten in aller Ruhe und gegen jeden Augenschein, dass sie diese wahnsinnige Nacht mit ihrer unerklärlichen Verwilderung und der blinden Raserei je erlebt hätten. So fiel auch jede Ermittlungsarbeit der bewussten Entscheidung des Vergessens anheim.

Die letzten Worte zu der verhängnisvollen Nacht fielen nur wenige Tage später zwischen zwei Herren mittleren Alters. Teils aus gebotener Vorsicht, teils aus lang kultiviertem ländlichen Verfolgungswahn trafen sie sich selbstverständlich weder in einem ihrer Büroräume noch in der ansässigen Bäckerei Borst. Sie trafen sich nicht einmal in der nächsten größeren Stadt, sondern fuhren in getrennten Wagen in die übernächste. Sie hofften, dort im nachweihnachtlichen Trubel unterzugehen, der in diesem Jahr allerdings eher zaghaft ausfiel. Sie betraten ein Café und wählten einen Nischentisch, der weder von draußen noch vom Eingang her einsehbar war.

Lange rührten die Männer in ihren Tassen, bis schließlich der Immobilienmakler Döring das Wort ergriff: »Ich hätte ihre Anfrage gar nicht erst an dich weiterleiten dürfen.«

»Wer hätte das schon ahnen können?«, antwortete der Oberbürgermeister Lenzen und rückte umständlich den Krawattenknoten zurecht.

»Es war testamentarisch verfügt, das Haus abreißen zu lassen. Wir haben uns einfach darüber hinweggesetzt«, erinnerte sich der Immobilienmakler.

»Das wäre auch Perlen vor die Säue gewesen, dieses Gebäude dem Erdboden gleichzumachen. Zumal es unter Denkmalschutz steht. Von Gesetzeswegen ist das gar nicht so einfach.«

»Ich weiß, aber der Alte hat’s gesagt, das Haus muss weg. Er hat’s nicht fertiggebracht. Wir sollten das für ihn tun.«

»Der hatte nicht alle beisammen.«

»Und trotzdem wäre niemand von uns dort freiwillig eingezogen.«

»Abergläubisches Gerede«, winkte der Oberbürgermeister ab und trank hastig einen Schluck kalten Kaffees.

»Du kennst den Schandfleck in unserer Stadtgeschichte genau!«, insistierte der Immobilienmakler und beugte sich ein Stück über den Tisch. »Das, was mit der Mutter vom irren Bert passiert ist, meine ich.«

»Ich weiß, was du meinst, aber in den meisten Stadtchroniken gibt es in der Zeit Schandflecken. Glaubst du ernsthaft, das sei ungewöhnlich gewesen?«

»Und sein Vater?«

»Weltwirtschaftskrise. … Da drehen die Leute durch.«

»Du hast es doch selbst erlebt!«, stellte Döring tonlos fest.

Bürgermeister Lenzen hielt inne, die Kaffeetasse in der Hand, als sei er in der Bewegung eingefroren. Die Zeit schien stillzustehen. Sie wurde zu einem brachen Feld, in dessen Furchen die Erinnerungen wuchsen, die sie nie ernten würden. Sie würden sie mit Erde bedecken, tief vergraben, so tief, dass kein Mensch sie wiederfände.

Endlich setzte Lenzen die weiße Tasse ab. Es klirrte dabei laut. Er räusperte sich ausführlich und sah durch den Raum, während er Döring mitteilte: »Es gibt ein Angebot aus Übersee für das Haus.« Lenzen spürte, wie Döring ihn entsetzt ansah. Er fuhr unbeirrt fort: »Die angebotene Summe ist beachtlich.«

»Wer sollte jetzt noch Interesse an dem Haus haben?«, fragte Döring.

»Gerade jetzt ist der alte Kasten offenbar interessant. Angeblich ist es die geografische Lage an einem Meridian oder einer Energielinie. Was weiß ich. Es geht jedenfalls um sehr viel …« Er unterbrach sich und rieb den gekrümmten Zeigefinger der rechten Hand am gestreckten Daumen. Pinke, Pinke. »Die Kommune braucht das Geld dringend. Die sanitäre Infrastruktur droht zusammenzubrechen. Die Leitungen müssen erneuert werden. Die Leute ziehen jetzt schon alle in die Stadt.«

Döring schwieg.

Lenzen fühlte sich genötigt, weitere Argumente vorzutragen: »Das Haus hat Geschichte, es ist das älteste Gebäude im Umkreis …«

»Das Haus findet einen Weg, nicht wahr?«, fragte Döring.

»Das Haus findet einen Weg! … Hörst du dir eigentlich zu? Das Haus hat kein Eigenleben und macht nichts mit den Menschen. Die hören vor allem in dem Fall, was sie hören wollen, und dann drehen sie durch. Mehr steckt nicht dahinter! Es war schließlich kurz vor Weihnachten, da drehen doch alle durch.«

»Ich werde es niederbrennen!«, sagte der Immobilienmakler Döring und sah Lenzen fest an.

2

Einige Monate zuvor …

Markus Döring nahm die Abzweigung am Ortsrand von Venigenburg, vorbei an dem Bäckereigeschäft Borst, dem bescheidenen Aushängeschild der kleinen Stadt. Dahinter tat sich das auf, was die Bewohner als Industriegebiet bezeichneten. Ein Gebrauchtwagenhändler grenzte an die Rückseite der Bäckerei. Die Autos auf dem Hof waren leidlich gesäubert, Teile der Leuchtreklame verfallen. Um den Landmaschinenbau schräg gegenüber war es nicht viel besser bestellt. Dahinter hatte DHL vor Jahren eine Zweigstelle errichten lassen, aber das Unternehmen hatte sich aufgrund schlechter Umsatzzahlen schnell zurückgezogen. Das Gebäude stand seitdem leer.

Döring seufzte.

Das hätte Venigenburg wirklich gutgetan.

Die Bahntrasse war seit Jahrzehnten stillgelegt. Auf ihr würde kein Zug mehr fahren. Und dann das Desaster mit der Autobahn, die nicht weitergebaut worden war, nachdem sich Umweltaktivisten eingemischt hatten. Es ging um irgendwelche seltenen Kröten, deren Namen sich Döring aus einer Art Protest heraus nicht merken wollte, weil sie die dringend benötigte Infrastruktur vereitelt hatten. Der Hähnchenmastbetrieb, der zur gleichen Zeit wie DHL ein Gebäude errichten ließ, hielt dagegen durch. Er war Fluch und Segen zugleich für die Stadt. Wenigstens spülte er ein paar Groschen Gewerbesteuer in die Gemeindekasse, dafür stank es an den Tagen, an denen der Wind von Westen kam, nach abgekochten Hähnchen. Man konnte weder die Fenster öffnen noch im Garten sitzen. Das wiederum hatte dafür gesorgt, dass die Immobilienpreise weiter eingebrochen waren. Niemand wollte im Hähnchengestank leben.

Döring hatte das Ende des Industriegebietes hinter der verdammten Gockel-Bude erreicht und bog von der asphaltierten Straße auf einen nur mit Schotter befestigten Weg ab, der in seichten Kurven aufwärts führte. Auf dem kleinen Hügel wachte das Haus wie ein steingewordener Anachronismus hinter seinem Wall aus hoch aufgeschossenen Hainbuchen.

Döring parkte seinen Wagen vor dem gusseisernen Tor. Die Städter waren bereits da und winkten ihm zu, als sei er blöde, als wisse er nicht, wo er hinfahren müsse. Döring setzte ein Lächeln auf und stieg aus. Der Mann kam ihm entgegen. Er mochte vielleicht dreißig sein, das war schwer zu sagen unter dem ordentlich gestutzten Vollbart, der an der Oberlippe gezwirbelt war.

Kaiser Wilhelm wäre stolz auf den Typ gewesen! Preußens Glanz und Gloria!, dachte Döring. Und dann noch diese teure Outdoor-Jacke! Als wolle der Kerl den Mount Everest besteigen. Wer trägt im Mai schon eine Jacke? Lächerlich!

»Guten Tag, Herr Heinemann!«, sagte Döring freundlich und strich sich das Hemd glatt.

Heinemann hielt ihm den Ellbogen zur Begrüßung hin.

Döring starrte ihn irritiert an.

»Sie wissen schon … wegen Corona«, erklärte Heinemann und machte keine Anstalten, seinen Arm zurückzuziehen.

Döring griff nach dem Ellbogen und schüttelte ihn kräftig. Heinemann lachte verlegen, räusperte sich halblaut und stellte die Frau vor, die hinzugetreten war.

»Das ist Lucy Heinemann, meine Frau.«

»Guten Tag!« Döring nickte ihr zu und hoffte, dass seine Miene ihn nicht verriet. Eine erwachsene Frau konnte doch nicht ernsthaft Lucy heißen! So hießen Barbiepuppen oder Lämmer. Obwohl Döring zugeben musste, dass sie etwas Niedliches an sich hatte. Sie war zierlich und hatte kurze blonde Haare. Zu seinem Bedauern trug sie einen knielangen Cardigan über den Leggins, der ihrer Figur nicht schmeichelte, sondern sie erschlug. Von Weitem konnte man sie auch für einen Jungen halten.

Sie nickte zurück. »Tag!«

Bevor die Gesprächspause zu lange wurde, deutete Döring auf das Haus. »Wollen Sie sich das gute Stück ansehen?«

»Deswegen sind wir ja hier!«, sagte Lucy und machte keine Anstalten, zu lächeln.

Döring konnte diese Art zielstrebiger junger Frauen nicht ausstehen. Sie hatten einfach keinen Humor, nahmen alles viel zu ernst und weigerten sich einzusehen, dass Politik am Tresen gemacht wurde.

»Dann folgen Sie mir doch einfach!«, sagte Döring freundlich. Er lief voran über den Schotter, der unter seinen teuren Lederschuhen knirschte, und griff nach dem gusseisernen Tor. Die Angeln quietschten leise, als er es öffnete. Er trat hindurch und hielt es für die Städter auf. Die Frau ging an ihm vorbei direkt auf das Haus zu, das sich von seiner besten Seite zeigte. Der helle Sandstein glitzerte in der Vormittagssonne. Die weißen Fensterrahmen waren makellos sauber wie auch das Glas selbst. Auf der Westseite wiegten sich zwei knorrige alte Kirschbäume in voller blass-rosa Blüte im Takt der Frühlingsbrise, die glücklicherweise den Hähnchengeruch vom Haus forttrug. Auf der Ostseite streckte sich eine Tanne bis unter den hohen Giebel. Döring beschlich ein ungutes Gefühl.

»Pittoresk!«, sagte Heinemann entzückt.

»In der Tat«, pflichtete Döring ihm bei und widerstand der Versuchung, das Wort auf seinem Smartphone zu googeln. Hier würde er höchstwahrscheinlich ohnehin keinen Empfang haben.

Er schloss zusammen mit Heinemann, der gut zwei Meter von ihm Abstand hielt, zu der Frau auf.

Die befühlte den Stein des Hauses mit den Fingerspitzen, fuhr daran entlang, bis sie die schwere Eingangstür aus Kirschholz erreichte. »Fantastisch!«, hauchte sie dabei. Die Aufregung hatte ihr die Wangen fleckig gerötet.

Döring holte den Schlüssel aus der Hosentasche. Eigentlich hatte er ohne die Städter einen Blick hineinwerfen wollen, aber sie hatten ja überpünktlich sein müssen!