Die echte Hostess - Pea Jung - E-Book

Die echte Hostess E-Book

Pea Jung

0,0

Beschreibung

Die echte Hostess Humorvolle Liebesgeschichte mit einem Hauch Erotik Was passiert, wenn eine Hostess von aktuer Midlife-Crisis befallen wird? Ein Problem? Nicht für Doris. Die sucht sich nämlich einfach eine neue Herausforderung, mit der sie sich von der eingebildeten Krise ablenken will. Für Doris ist das die Teilnahme an einem Poledance-Kurs. Schon bald stellt sich allerdings heraus, dass ihr in ihrem Leben nicht nur der Kick des Unbekannten fehlt, sondern auch ein fester Partner. Zu blöd, dass hierfür gleich mindestens zwei Männer in die engere Auswahl kommen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 214

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



PEA JUNG (Jahrgang 1977) lebt mit ihrem Mann und vier Kindern in der Nähe von München. Neben der Arbeit als Sozialpädagogin schreibt sie Liebesgeschichten mit Happy End, wobei der Erotikfaktor von Geschichte zu Geschichte variiert. Mit ihrem Debütroman DIE FALSCHE HOSTESS gelang der Überraschungserfolg – das Buch entwickelte sich in kurzer Zeit zum Bestseller. Seither begeisterte jedes ihrer Bücher die stetig wachsende Leserschaft. Mittlerweile ist sie eine erfolgreiche Self-Publisher-Autorin.

Inhaltsverzeichnis

Der Dildosaurus

Bauch angespannt?

Der Mann in Strumpfhosen

An den Pranger gestellt

Zwischen den Stühlen

Doppelte Haarpracht und andere Nebensächlichkeiten

Midlife-Crisis

Bruder Boris

Kaugummi am Laternenmast

Klick, Klack

Tango Argentino

Fred Astaire und die Aufhebung der Schwerkraft

Leb wohl

Der Wettbewerb

Küss mich endlich!

Anhang: Doris mit Serge in der Diskothek

Danksagung

Leseprobe: Die falsche Hostess

Liebe & Erotik

Übersinnlich verliebt

Übersinnlich verliebt

Fantasy-Romance

Bolz und Vorurteil

Der Dildosaurus

Ich muss mir dringend einen neuen Job suchen. Inzwischen gibt mir mein lukrativer Nebenjob als Hostess in der Begleitagentur nicht mehr den Adrenalinschub, den ich früher immer verspürt habe. Natürlich kann ich mich damit finanziell wunderbar versorgen und habe Arbeitszeiten, die mir meistens freie Tage zusichern. Dennoch, immer lächeln und winken ist nicht mehr meins. Ich will mich nicht mehr länger verstellen und verkleiden müssen, möchte so sein, wie ich wirklich bin.

Da stellt sich unweigerlich die Frage: Wer bin ich denn eigentlich?

Beinahe dreißig, ledig, kinderlos.

Ich nehme die Zeitung und blättere bis zu den Kleinanzeigen. Ein Zupfen an meiner Jeans macht mich darauf aufmerksam, dass ich nicht alleine bin.

Die kleine Emma ist zu mir gekrabbelt und will mich wohl erinnern, dass ich heute als Babysitterin für sie und ihren Bruder Fabian eingeteilt wurde. Sie fremdelt überhaupt nicht, außerdem kennt sie mich ja auch ein bisschen.

Emma streckt mir ihre Arme mitsamt einer Rassel entgegen und ihr Mund formt ein »Ahh!«.

Sie könnte auch mein Kind sein, wenn mir Mutter Natur nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte.

Was ist nur los mit mir? Das muss eine Midlife-Crisis sein – nur etwas früh vielleicht!

Das ist mir aber schon klar geworden, als ich neulich an einem Teenie-Klamottenladen vorbeiging und mir ernsthaft überlegt habe, einen pinkfarbenen Minirock zu kaufen.

So kann das nicht weitergehen. Wo will ich hin?

Und vor allen Dingen, wie will ich wohin!

Könnt ihr mir folgen? Nicht? Macht nichts. Ich komm selbst nicht mehr mit.

Eines steht zumindest fest:

Ich will keine Hostess mehr sein, jedenfalls nicht mehr lange.

Aber was mache ich dann?

Ziellos blättere ich mich durch die Stellenanzeigen. Eine freie Stelle als Psychologin sehe ich nicht, habe aber auch gar nicht danach gesucht.

Das Psychologiestudium habe ich zwar abgeschlossen, aber letztendlich war mir immer klar, dass ich nicht die geborene Psychologin bin.

Ich bin zu direkt; und all diese Gesprächsführungstechniken wären auch ganz wunderbar, wenn ich mich daran halten könnte.

Es ist natürlich nicht besonders hilfreich, einem Suizidgefährdeten zu sagen, dass ich in seiner Lage auch keinen anderen Ausweg sehen würde. Harmlos formuliert: Ich enge die Leute in Beratungsgesprächen zu sehr ein und lasse ihnen zu wenig Spielraum.

Das ist einfach nichts für mich.

Außerdem musste ich feststellen, dass viele meiner Kollegen und Kolleginnen doch eher ruhige Typen sind, die mit ihrer angenehmen Stimme allein schon so vertrauenserweckend wirken, dass ihnen die Leute alle Probleme erzählen.

Da passe ich nicht rein. – Zu dumm, dass ich ein ganzes Studium gebraucht habe, um das zu merken.

Vielleicht hat mich meine Arbeit als Hostess auch zu sehr von dieser Erkenntnis abgelenkt. Mittlerweile haben sich nämlich viele meiner Studienfreunde häuslich niedergelassen und einige haben auch schon Kinder.

Wäre es dann bei mir nicht an der Zeit, den extravaganten Nebenjob an den Nagel zu hängen?

Emma holt mich in die Realität zurück, als sie erneut ein »Ahh!« von sich gibt.

»Du willst wohl rauf, kleine Maus?«

Mit einem gezielten Handgriff hieve ich sie auf meinen Schoß. Interessiert befühlt sie die Zeitung und beginnt, sie zu zerknüllen.

»Emma! Nicht kaputt machen. Du, du, du«, schelte ich sie milde.

Ihre Herzchenrassel liegt nun vor mir auf dem Tisch, als hätte Emma ein gültiges Tauschgeschäft gemacht. Mit einem lauten Ratsch macht sie mir klar, dass ich jeden Anspruch auf die Zeitung verwirkt habe.

Leider schiebt sich Emma den Papierfetzen auch noch sofort in den Mund.

Ich ziehe ihn schnell wieder heraus.

Weil sie sich dagegen wehrt und energisch die Beine durchstreckt, lenke ich sie mit ihrer Rassel ab.

Es funktioniert!

Konzentriert greift sie das Teil und scheppert voller Freude damit herum. Der nasse Zeitungsschnipsel liegt nun an der Stelle, an der eben noch die Rassel gelegen hat, und ich fange an zu lesen.

Poledance-Akademie.

Es sind noch Plätze frei in unseren Poledance-Kursen.

Die Ausbilder unserer Schule unterrichten den ästhetischen und kraftvollen Tanz an der Stange.

Poledance ist sehr sexy – aber niemals vulgär.

Probiere den neuen Fitnesstrend aus!

Da kribbelt etwas in mir. Die Verlockung der Herausforderung.

Das ist kein neuer Job, ermahne ich mich. Das ist wieder so eine verrückte Midlife-Crisis-Idee, die im Keim erstickt gehört.

Aber es wäre eine sexy Alternative zum Fitnessstudio.

Als ich auch noch etwas von einem Lapdance-Kurs lese, bleibt mir die Spucke weg.

Das will ich können, unbedingt! – Gut, den Kurs, wie man auf High Heels läuft, den kann ich mir wirklich sparen.

Hin- und hergerissen starre ich auf die Werbeanzeige mit dem Foto, auf dem eine Frau an einer vertikal montierten Tanzstange hängt.

Sieht eher sportlich als sexy aus.

Emma beginnt rhythmisch, mit ihrer Rassel auf die Anzeige einzuhämmern, und damit ist für mich die Entscheidung gefallen.

Entschlossen stehe ich mit Emma im Arm auf. Es ist an der Zeit, dass ich meinem Auftrag als Babysitterin gerecht werde und mich um Emma und ihren großen Bruder kümmere.

»So, Fabian, jetzt mach ich mal die Flimmerkiste aus. Wir spielen was. Sonst macht mir deine Mama so richtig Ärger.«

»Och, menno«, klagt Fabian, fügt sich aber in sein Schicksal.

Och, menno, denke ich mir und füge mich in das Schicksal, ein paar Brettspiele mit Fabian zu spielen.

Hurraaa! Hüstel.

Der weitere Nachmittag verläuft problemlos.

Okay, wenn man die Tatsache verdrängt, dass ich mit Sicherheit nicht die erste Vorsitzende im Club der Brettspielfreunde e. V. bin und niemals sein werde.

Wenigstens erscheinen Ela und Rick pünktlich, um ihre beiden Zwerge abzuholen.

Zur großen Freude von Fabian haben sie ihm ein Geschenk mitgebracht. Es handelt sich um eine Dinosaurierfigur, die er sofort mit lautem Gebrüll entgegennimmt. Ich kann nur vermuten, was das Geschrei soll.

Die Urzeit ist wieder da und wird meine Wohnung in einen Dschungel verwandeln.

Etwas beunruhigt beobachte ich, wie der Junge auf meine weiße Sitzgarnitur zusteuert, diese erklimmt und voller Freude darauf herumspringt.

»Fabian! Du weißt doch, du sollst nicht auf dem Sofa hüpfen«, höre ich die tadelnde Stimme seines Vaters.

Glücklicherweise lässt sich Fabian mit einem letzten großen Sprung auf meine Couch plumpsen.

Raffaela lächelt mich vorsichtig an und beißt sich dabei sichtlich schuldbewusst auf die Unterlippe. Als meine ehemalige Nachbarin kennt sie meine pedantische Sauberkeit und Ordnung zur Genüge.

Sie kann froh sein, dass ich ihr das mit meiner Perücke damals verziehen habe. – Was hatte sie sich auch dabei gedacht, meine hart erarbeitete Echthaarperücke in ihre Handtasche zu stopfen!

Das freudige Lächeln von Emma, die inzwischen glücklich auf Raffaelas Armen thront, macht meinen aufkeimenden Ärger allerdings sofort wieder wett.

Vielleicht muss ich etwas klarstellen: Ich habe nichts gegen Kinder, schon gar nicht gegen die Kinder von Ela und Rick.

Die kleine Emma mit ihren neun Monaten ist ein ausgesprochen süßer Engel und ihr großer Bruder ist, wie ein kleiner Junge eben sein soll. Wild, unberechenbar und so voller Energie, dass er kaum zu bändigen ist.

Allerdings versetzt mich die Anwesenheit von Kindern immer leicht in Stress.

Meine Wohnung ist alles andere als kindgerecht eingerichtet. Meine Wenigkeit ist alles andere als kindgerecht veranlagt. Mein Wohnzimmertisch besitzt eine gläserne Tischplatte, die ich erst einmal polieren darf, wenn die Kleinen wieder verschwunden sind.

Meine Persönlichkeit muss die Anwesenheit von Kindern in meinem wunderbaren Zuhause erst einmal verkraften. Das klingt gemein – ich weiß – aber ich werde aller Voraussicht nach niemals Kinder haben, lebe allein und muss auf niemanden Rücksicht nehmen.

Nachdem Rick und Ela nun als Eltern die Verantwortung wieder übernehmen, kann ich aufatmen.

Ela macht immer so einen entspannten Eindruck auf mich. Sie sieht erholt aus. Ihre vielen Sommersprossen leuchten und werden von einer wundervoll roten Lockenpracht eingerahmt.

Wenn sie wüsste, dass ich als zusätzliches Ego in der Agentur inzwischen auch eine rothaarige Ela-Identität angenommen habe, würde sie mir meine rote Lockenperücke um die Ohren hauen. – Aber was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß!

Ihr müsst wissen, ich arbeite nicht als Doris in der Agentur, sondern habe dort eine Reihe an verschiedenen Persönlichkeiten, die ich für meine Tätigkeit annehme. Da gibt es die brünette Sophia, die blonde Michelle und seit ein paar Jahren auch die rothaarige Raffaela.

Die echte Raffaela ist glücklich mit ihrem Rick. Das sehe ich ihr an.

Und Rick? Seine Blicke auf Ela sprechen Bände.

Ich kann mir gut vorstellen, was die beiden den ganzen Nachmittag über getrieben haben, während ich auf ihre Kinder aufgepasst habe. Die Betonung liegt hierbei auf ›treiben‹, wenn ihr versteht …

Es kommt mir so vor, als ob Rick es eilig hat. Er will seine Frau und seine Kinder wohl wieder für sich ganz alleine haben.

Er sieht die ganze Zeit auf die Uhr und wirft seiner Frau diese speziellen Blicke zu, von denen er glaubt, dass ich sie nicht richtig deuten könnte. Das sind eindeutige Ich-fress-dich-gleich-mit-Haut-und-Haaren-Blicke, auf die ich manchmal ein bisschen neidisch bin. Aber Ela scheint diese nicht zu bemerken.

Wahrscheinlich fällt es ihr gar nicht mehr auf, weil er sie immer so ansieht. Ela muss sich nie verstellen oder verkleiden, um Rick zu gefallen. Er liebt sie so, wie sie ist.

Das muss ein einzigartiges Gefühl sein.

Ich sehe Ela an, dass sie die Kinder nicht einfach abholen und sofort verschwinden will. Das geht ihr gegen den Strich. Daher packt sie in aller Ruhe das mitgebrachte Kleinkindspielzeug ein.

Währenddessen erkundet Fabian mit dem neuen Dino meine Wohnung. Da er sich lautstark mit ihm beschäftigt, lasse ich ihn in Ruhe durch mein Reich tingeln.

Es ist wunderbar, wenn er so schön spielt. Dann kann ich mit seinen Eltern vielleicht noch einen Plausch halten.

Es ist schon eine Weile her, dass Rick mit Ela hier war. Meist besucht sie mich mit der kleinen Emma am Vormittag, wenn Fabian im Kindergarten ist.

»War wirklich alles in Ordnung?«, vergewissert sich Ela bei mir.

Sehe ich so gestresst aus?

»Klar! Ich hab das Kind schon geschaukelt. Die Hauptsache ist ja, dass ihr die Bagage wieder abholt. Sie werden schon nicht gleich unter meiner Aufsicht leiden!«

»So war das nicht gemeint, Doris.«

»Weiß ich doch, Ela.«

Rick sieht schon wieder mit diesem Blick zu Ela.

So kann ich das mit dem Plausch aber direkt vergessen. Wenn die beiden nicht bald verschwinden, schmeiße ich sie raus! – Oder vielleicht sollte ich sie direkt in mein Schlafzimmer lassen?

Ein lautes Lachen dringt aus eben diesem Zimmer.

Was zum Teufel hat Fabian in meinem Schlafzimmer zu suchen?

Ela überreicht Rick die kleine Emma und sofort verändert sich sein Gesichtsausdruck von geil auf schwer verliebt. Die zärtlichen Worte, die er seiner Tochter mit einem Kuss aufs rötliche Haar haucht, kann ich nicht verstehen, denn schon wieder höre ich dieses brüllende Lachen von Fabian. Ela scheint genauso neugierig wie ich zu sein, und macht sich gerade auf den Weg, um nachzusehen.

Rasch komme ich ihr zuvor. »Ich sehe mal nach, was Fabi so macht.«

Da steht er schon im Wohnzimmer.

Jetzt wird mir klar, was ihn so höllisch amüsiert hat.

In der einen Hand hält er seinen Dinosaurier. Nicht weiter verwunderlich. Aber in der anderen umklammert er etwas, das mir gehört.

»Oh-oh«, formuliere ich treffend.

Fabian grinst erfreut.

Dann betätigt er den Knopf an meinem türkisfarbenen Vibrator und greift damit den Dino an, der sich natürlich sofort gegen den Angriff der Bestie wehrt.

Rick wirft mir einen Blick zu, den ich bis heute noch nicht bei ihm gesehen habe. Ich habe das Gefühl, dass sich sein Kopfkino bezüglich dessen, was er heute Abend noch mit seiner Frau vorhat, deutlich verändert. Ich erspare es mir, mich zu Ela umzudrehen und zucke gleichgültig mit den Schultern, während Rick ein schiefes Lächeln aufsetzt.

Ela legt sich mächtig ins Zeug. »Doris! Würdest du dieses Ding hier von meinem Sohn fernhalten. Fabi, gib das her, das ist kein Spielzeug.«

»Ach! Ist es das nicht?«

Erstaunt sehe ich immer noch zu Rick, der sich über seinem Kommentar selbst mehr freut, als wir anderen zusammen.

Jetzt wende ich mich Ela doch zu.

Sie hält mir meinen Ersatzfreund demonstrativ mit zwei Fingern entgegen, während Fabian enttäuscht zusieht, wie sie ihn mir übergibt.

»Das solltest du wegschließen. Kinder nehmen doch alles in den Mund.«

Das will ich mir nun wirklich nicht vorstellen.

»Das ist mein Dildosaurus …«, erkläre ich Fabian fröhlich. »Tut mir leid, mit dem darfst du nicht spielen.« Elas klagenden Blick ignoriere ich lieber.

Hastig verräume ich alles, was nur im Entferntesten nicht in die Hände eines Kindes gehört.

Am besten schließe ich meine Schlafzimmertür ganz ab. Nicht, dass Fabian noch die Lockenperücke findet, die dem Haar seiner Mutter zum Verwechseln ähnlich sieht.

Zurück im Wohnzimmer finde ich Ela und Rick eng umschlungen auf dem Sofa.

Wie sie sich küssen!

Als wären sie mit Haut und Haar dem anderen verfallen und könnten nichts dagegen tun. Aber warum sollten sie auch? Gesucht und gefunden, kann ich da nur sagen.

Emma beobachtet ihre Eltern auf dem Teppich sitzend und klappert mit der Rassel, die sie immer wieder in den Mund steckt.

Na, Gott sei Dank ist das ihr mitgebrachtes Spielzeug, nicht mein türkisfarbenes Urzeitungetüm.

Demonstrativ stelle ich mich mit verschränkten Armen vor Ela und Rick, bis sie mich bemerken.

»Wollt ihr noch zum Abendessen bleiben?«

»Nein, wir müssen los. Aber danke für das Angebot«, räuspert sich Rick mit rauer Stimme und sieht seiner Ela tief in die Augen.

Wann wurde ich je von einem Mann so angesehen? Wenn es bereits vorgekommen wäre, könnte ich mich bestimmt daran erinnern.

Fünf Minuten später ist die ganze Familie gegangen. Nicht ohne dass ich ihnen angedroht habe, dass ich beim dritten Kind nicht mehr aufpassen werde, wenn sie ein Viertes zeugen wollen.

Ela rief noch durchs ganze Treppenhaus, dass sie lediglich in einem Wellness-Bad waren und ich selbst schuld sei, wenn mir meine Fantasie etwas anderes einreden würde.

Ja, ich gebe ihr recht.

Meine Fantasie wurde schon länger nicht mehr durch reale Erlebnisse bereichert. Vielleicht sehe ich deshalb schon Gespenster. Sex-Gespenster!

Nein, ganz ehrlich! Rick hatte schon immer diesen gierigen Blick, wenn er Ela ansah. Das hat mir mein Nachbar Manu auch bestätigt.

Jetzt habe ich aber keine Zeit mehr, über mein etwas laues Sexleben der letzten Zeit nachzudenken.

Ich bleibe mit einer leicht verdreckten weißen Couch, einer Wohnung, die irgendwie nach Kleinkind riecht und einem ganz besonderen Vorhaben zurück.

Ich werde der neue Star am Poledance-Himmel!

Okay, ich werde der Midlife-Poledance-Star.

Bauch angespannt?

Dieser irre Gedanke lässt mich nicht mehr los. Ich will das unbedingt können. Nicht aus erotischen Fantasien heraus – natürlich nicht – sondern um des Sportes wegen. – Genau!

Deshalb rufe ich auch in dieser Schule an, um mich für einen Schnupperkurs anzumelden. Und natürlich gleich für beides: Poledance und Lapdance!

Die Frau am Telefon ist sehr freundlich und der Preis für die Schnupperstunden human. Ich soll in bequemen Klamotten kommen, hat es geheißen. Eine kurze Sporthose sollte es sein, damit genug freie Haut zum Haften an der Stange übrig bleibt.

Vielleicht sollte ich zusätzlich noch etwas Haftcreme mitbringen? Oder sollte die Stange so stark gekühlt sein, dass ich bei Berührung wie von selbst daran kleben bleibe? – Dann könnte ich sogar mit meiner Zunge Akrobatik an der Stange machen.

Wehe dem, der da etwas Zweideutiges herausgehört hat. Das sollte dir sehr zu denken geben. Aber Scherz beiseite. Trainiert wird ohne Haftcreme und Kälte, dafür barfuß.

Neugierig mache ich mich am Abend auf den Weg zu dieser Probestunde. Damit, dass diesem ganzen Sport auch eine starke sexuelle Komponente anhaftet, habe ich am allerwenigsten ein Problem.

Ein Problem bekomme ich höchstens, wenn ich sehe, wie jung das durchschnittliche Klientel eines solchen Schnupperkurses ist.

Da ist sie wieder, meine Midlife-Crisis.

Ich weiß, dass ich immer auf meinen Körper achte und deshalb regelmäßig im Fitnessstudio zu finden bin. Leider hält auch ein permanentes Training den Körper nicht vom Altern ab. Die kleineren Schönheitsmaßnahmen täuschen da auch nicht drüber hinweg.

Ja, ich habe Falten am Hals, leicht hängende Augenlider und vereinzelte graue Haare – in den Augenbrauen zumindest. Da hilft es nichts, dass ich groß, schlank und drahtig bin. Neben den Mädels hier sehe ich aus wie eine Oma, die sich in der Adresse geirrt hat.

Schon gut, schon gut! Ich gehe zu hart mit mir ins Gericht.

»Sind Sie die Trainerin?«, spricht mich ein junges Mädchen an.

Na toll! Wenn ich mich schon in diesem Alter hierher traue, sollte ich wenigstens bitteschön die Trainerin der Gruppe sein. – Wäre dann meine Anwesenheit ausreichend erklärt?

»Nein, ich bin Teilnehmerin«, fahre ich etwas garstiger als nötig das junge Mädchen an.

»Oh«, entfährt es der Person, und ich werde von Kopf bis Fuß neu in Augenschein genommen.

Mit verschränkten Armen wendet sie sich schließlich von mir ab und gesellt sich zu einem Grüppchen weiterer Teilnehmerinnen.

Das Getuschel zeigt mir deutlich, dass Neuigkeiten verbreitet werden und anschließendes Gekicher in meine Richtung gibt mir den Rest.

So alt sehe ich nun auch wieder nicht aus.

»Hallo, mein Name ist Melanie, und ich leite die heutige Schnupperstunde«, ertönt eine zarte Stimme hinter mir.

Weil der Raum verspiegelt ist wie ein Ballettstudio, bräuchte ich mich nicht umzudrehen, um sie genauer zu mustern. Der Höflichkeit wegen wende ich mich ihr dennoch zu.

Da streckt sie mir auch schon ihre Hand entgegen.

Nachdem ich mich vorgestellt habe, begrüßt sie jede der anderen Teilnehmerinnen ebenso.

Der Raum hat sieben vertikale Stangen zur Verfügung. Wie es aussieht, ist mit der Trainerin jeder Platz besetzt.

»So, da wir hier Sport machen wollen, beginnen wir mit dem gemeinsamen Aufwärmen«, verkündet die kleine Melanie und macht sich an der Stereoanlage zu schaffen.

Wir bewegen uns aktiv zu fetziger Musik; und das Ausmaß dieses Aufwärmtrainings macht mir deutlich, dass wir tatsächlich Sport treiben werden.

»In dieser ersten Stunde zeige ich euch den grundlegenden Bewegungsablauf, den ihr immer wieder brauchen werdet.« Melanie stellt sich neben eine Stange.

»Fangen wir einfach mal an. Ihr seht genau hin, und dann könnt ihr es ausprobieren. Meine Füße sind dicht neben der Stange. Schöner sieht es in High Heels aus, aber momentan reicht es uns auf Zehenspitzen. Das Bein zur Stange ist durchgestreckt, das andere leicht angewinkelt. Ihr seht, dass ich meinen Arm an der Stange lang nach oben gestreckt habe. Die Hüfte ziehe ich von der Stange weg. Das ist wichtig, sonst knallt ihr nachher noch dagegen.«

Aufmerksam nehme ich jedes noch so kleine Detail an Melanies Haltung wahr.

Das dämliche Kichern einer anderen Teilnehmerin ignoriere ich rigoros.

Warum die hier wohl mitmachen? Den Freund überraschen? Mitreden wollen? Ist mir auch egal. Ich bin hier, um etwas zu lernen. Vielleicht kann ich es ja tatsächlich mal in meinem Job als Hostess anwenden, was zu einem beträchtlichen Trinkgeldbonus führen könnte. Momentan hab ich den Job schließlich noch.

Automatisch muss ich an Serge denken, einen Kunden, der mir besonders lieb ist, der aber leider nur selten im Land verweilt.

»Mit vollkommen gerader Körperhaltung und angespanntem Bauch laufe ich mit dem äußeren Bein los«, erklärt Melanie weiter. »Die Bewegung geht immer aufs gestreckte Bein. Vier Schritte gehe ich so um die Stange.«

Melanie stolziert auf Zehenspitzen gehend um die Stange herum und zählt die Schritte, während ihre nach oben gestreckte Hand daran mitgleitet.

»Beim vierten Schritt schwinge ich mit dem äußeren Arm und Bein aus, hole Schwung …«

Und schon schwingt Melanie sich um die Stange und kreiselt ein paar Mal herum. Dabei hat sie mit dem zweiten Arm zur Stange gegriffen. Schulter, Ellenbogen und Hand befinden sich dabei auf gleicher Höhe.

Puh! Das sieht so einfach aus, aber ich befürchte, dass dies nur so scheint.

»Okay!«, Melanie lächelt, als sie elegant wieder auf die Beine kommt. »Probiert das einfach mal aus. Achtet auf eine sanfte Landung.«

Ich konzentriere mich voll und ganz auf das metallene Ding, das nun zu meinem besten Freund werden soll.

Nicht, dass deswegen mein Dildosaurus Konkurrenz bekommen würde.

Entfernt nehme ich wahr, dass Melanie neue Musik auflegt.

Die Versuche der anderen Teilnehmerinnen blende ich völlig aus und versuche das quietschende Geräusch, wenn sie die Stange zu schnell hinabrutschen, zu überhören.

Mit geschlossenen Augen gehe ich in die Ausgangsposition, fühle das glatte Metall in meiner Hand und erinnere mich an den Bewegungsablauf.

Dann gehe ich los.

Eins, zwei, drei Schritte und beim vierten hole ich Schwung.

»Wah«, schreie ich, und als ich die Augen öffne, sehe ich gerade noch die Stange auf mich zukommen.

Unsanft knutscht mein Mund das Metall und ich sinke während des intensiven Kusses daran zu Boden. Mein Po bremst die Drehbewegung aus. Irritiert schüttle ich kurz mit dem Kopf, um zur Besinnung zurückzufinden.

Da steht ein Kerl im Trainingsraum – und der grinst.

Etwa wegen mir?

Das Kichern der anderen Teilnehmerinnen stört mich weniger als dieser amüsierte Ausdruck.

»Hallo!« Melanie geht erfreut auf den Typen zu.

»Das ist Boris«, sagt sie dann an uns gewandt. »Er unterstützt mich im Anfängerkurs gern, wenn er Zeit hat. Also lasst euch durch seine Anwesenheit nicht verunsichern.«

Zu spät! – Jetzt, wo er mich gegen die Stange knallen gesehen hat.

Boris winkt freundlich in die Runde. »Hi.«

Hastig stehe ich auf und registriere dankbar, dass er sich nicht mir zuwendet, sondern einer anderen, jüngeren Teilnehmerin.

Kurz mustere ich ihn in seiner schwarzen Trainingshose und dem engen weißen Shirt. Er ist schlank, aber dennoch trainiert. Für sein junges Alter – ich schätze ihn auf Anfang zwanzig – hat er eine merkwürdig altmodische Frisur. Das dunkelbraune Haar ist füllig frisiert und erinnert mich an die lockere Föhnfrisur eines Schlagersängers.

»Weiterüben!«, ertönt Melanies Stimme.

Wieder schließe ich die Augen und versuche, es diesmal besser hinzubekommen.

Gerade als ich tief einatme und losgehen will, spüre ich eine warme Berührung auf meinem Bauch. Überrascht reiße ich meine Augen auf und kann im Spiegel sofort die Ursache dieser Berührung erkennen.

Boris steht hinter mir, und seine flache Hand liegt auf meinem Bauch.

»Anspannen«, raunt er mir ins Ohr.

Automatisch spanne ich meinen Bauch an. Nicht, weil er es gesagt hat, sondern weil ich mich verkrampfe.

Sein Lächeln findet mich im Spiegel.

»Gut so«, ermutigt er mich.

Aber seine Hand nimmt er nicht weg. Im Gegenteil. Es kommt mir so vor, als ob er noch näher an mich rückt.

»Noch ein kleiner Tipp: Dein Gewicht muss im Schwung immer nach außen drücken. Nutz die Fliehkraft, sonst krachst du wieder gegen die Stange.«

»Okay«, antworte ich und schlucke stark.

Was ist denn hier los? Sonst lasse ich mich doch auch nicht durch die Anwesenheit eines Mannes derart beeindrucken. Hallo? Als Hostess habe ich schließlich ständig mit den verschiedensten Männern zu tun. Dieses Bürschlein hat es nicht verdient, bei mir diese Unsicherheit auszulösen.

Endlich verlässt die warme Hand meinen Bauch und ein Luftzug begleitet seinen Abzug zur nächsten Teilnehmerin.

Nein, falsch gedacht!

Er geht nur auf etwas Abstand, um meine Bemühungen zu beobachten.

Muss das sein?

Also gut. Eins, zwei, drei … und vier … Ich schwinge um die Stange und kann nur erahnen, dass es besser aussieht als zuvor. Jedenfalls knalle ich nicht an die Stange.

Vor lauter Begeisterung lasse ich zu schnell locker und lande wieder unsanft auf meinem Hinterteil.

»Wird schon«, ermutigt Boris mich.

Ein ehrlich gemeintes Lächeln über dieses Lob macht sich auf meinem Gesicht breit.

Er erwidert es kurz, wendet sich aber nun tatsächlich den anderen Teilnehmerinnen zu. Er gibt korrigierende Vorschläge und berührt jede von ihnen genauso selbstverständlich an den Körperstellen, die er beschreibt, wie er es bei mir gemacht hat.

Verbittert übe ich weiter und ärgere mich über eine Gefühlsregung in mir, die diese Berührung als so intim und besonders wahrgenommen hat.

Wahrscheinlich hat das im Kurs überhaupt nichts zu bedeuten. – Oder der Kerl ist ein Grabscher, der hier seiner Leidenschaft ohne Sanktion nachgehen kann.

Einige Zeit später sehe ich zufällig, dass sich eine andere Frau nach einem eleganten Schwung um die Stange lasziv nach hinten beugt und sich kurz an ihre Brust fasst. Dem Gekicher ihrer Freundin nach zu urteilen, sollte das ein Scherz gewesen sein.

Boris geht sofort zu ihr.

»Ganz wichtig: Poledance soll sexy sein, aber nie vulgär. Deshalb berührt ihr euch weder an der Brust noch im Schritt«, höre ich ihn murmeln.

Ohne eine Antwort abzuwarten, wendet er sich wieder von ihr ab. Sein Weg führt ihn nun wohl wieder zu mir, weshalb ich sofort in die angespannte Ausgangsposition gehe.

»Bauch angespannt?«

»Mgghm.« Ich nicke ihm zu.

Unsere Blicke treffen sich wieder nur im Spiegel.

»Na dann, lass mal sehen.«

Zielsicher vollführe ich meine erlernten Bewegungen und schwinge um die Stange.

Als ich wieder stehe, spüre ich Boris’ Anwesenheit hinter mir. Sein warmer Körper verströmt eine Hitze, die ich einfach nicht ignorieren kann.

»Stell dich mal mit dem Körper zur Stange«, fordert er mich auf.

Weil ich nicht kapiere, hält er meine Hüfte und dirigiert mich so, wie er es meint.

»Bei Schritt vier, wenn du das Bein hebst …«, mit diesen Worten fährt er mit beiden Händen meinen linken Oberschenkel entlang, führt mein Bein angewinkelt zur Stange und klemmt es daran fest. Mein Knie und mein Fuß liegen nun an der Stange.

Er lässt mich los und stellt sich wieder hinter mich.

»Knie drückt in die eine Richtung, Ferse in die andere?«

»Ja«, antworte ich atemlos.