Die Entscheidung der Krähentochter - Oliver Becker - E-Book

Die Entscheidung der Krähentochter E-Book

Oliver Becker

4,7

Beschreibung

Der Schwarzwald während des Dreißigjährigen Krieges. In Teichdorf sorgt ein rätselhafter Fremder für Unruhe. Bernina, die „Krähentochter“, gewährt ihm dennoch Unterschlupf. Am nächsten Tag ist er verschwunden - und mit ihm die wertvolle Familienchronik.

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Oliver Becker

Die Entscheidung der Krähentochter

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Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Katja Ernst

Herstellung: Mirjam Hecht

Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

Für Lilia und Leonardo

Kapitel 1 Die Vorboten des Höllenfeuers

Dumpf trommelten dieHufeauf dem erdigen Boden. Dreckverkrustete Mantelschöße bauschten sich im nächtlichen Wind, streiften Äste, Zweige und Sträucher. Die Pferde schnaubten. Es war eine dunkle abgelegene Welt, durch die die drei Männer ritten. Kaum einsehbare Täler klafften auf, schroffe Felsen stachen aus dem dichten Wald, der sich enger und enger um sie schloss. Doch sie ließen sich nicht aufhalten, folgten mit stummen, entschlossenen Gesichtern ihrem Weg.

Die Reiter verschärften das Tempo, bis einer von ihnen den Arm hob und sie alle hart an den Zügeln rissen. Kein Wiehern der Tiere, die an solche Ritte und Manöver gewöhnt waren, noch immer keine Worte der Männer. Gewandt glitten sie aus den Sätteln. Sie schoben die breiten Hutkrempen ein wenig aus der Stirn, verständigten sich mit raschem Nicken.

Das kleine Haus schälte sich aus der Dunkelheit, ein verwunschener Hort für Geheimnisse, ein sorgsam ausgesuchter Rückzugswinkel, besser versteckt als ein Kaninchenbau in den unwegsamen Tiefen dieser Gegend, die sich jedem Eindringling zu verschließen schien.

Die Männer teilten sich auf, hielten aus drei unterschiedlichen Richtungen auf das Gebäude zu, Degen und schwere Pistolen in den Händen. Huschende Gestalten mit wippenden Hutfedern und langen Mänteln, deren Farbe längst verblichen war, jeder der Männer so dunkel wie der Hintergrund, aus dem sie sich katzenhaft ihrem Ziel näherten.

Doch noch warteten sie ab. Kein Laut drang aus den mit Läden verschlossenen und mit Tierhäuten verkleideten Fensteröffnungen nach draußen. Vor der Vordertür fanden sie wieder zusammen. Geschickt verschafften sie sich Zutritt.

Als wären sie in der Lage, in der Finsternis zu sehen, inspizierten sie schnell und erfahren das Erdgeschoss. Es roch nicht nach einem erloschenen Feuer, nicht nach einer vor Kurzem zubereiteten Mahlzeit. Sie wussten, worauf sie zu achten hatten.

Momente später hatten sie sich Gewissheit verschafft.

Einer von ihnen nahm die wackeligen Trittstufen, die in den einzigen Raum unter dem Dach führten. Der Geruch von Stroh, das als Nachtlager diente, der Mief von Mäusekot, abgestandene Luft. Er ging wieder nach unten, wo einer seiner Begleiter gerade eine Talgkerze entzündete, die gelbliches Licht auf die wenigen Möbel warf. Hinter einem kleinen Tisch und einem Stuhl aus grobem Holz nahm eine lange Kommode fast die gesamte rückwärtige Wand ein.

Die Männer näherten sich dem wuchtigen Stück aus Kirschbaumholz und verharrten davor. Ihre Blicke tasteten über Destillierkolben, Stößel und Mörser hinweg, über Glasröhrchen und Brenner. Offenbar waren mit diesen Utensilien Versuche oder Studien, welcher Art auch immer, durchgeführt worden. Jetzt allerdings bedeckte sie eine dicke Staubschicht, sie wirkten, als seien sie seit Langem nicht mehr benutzt worden.

Dies war der endgültige Beleg dafür, dass die Reiter der richtigen Fährte folgten–aber auch, dass sie zu spät waren. Doch darauf reagierten sie nicht mit Enttäuschung, eher mit grimmiger Zuversicht, dass die Jagd bald ein Ende haben würde.

Zum ersten Mal seit Einbruch der Dunkelheit wechselten sie ein paar Worte, knappe, gezischte Laute. Hier abwarten, bis der Flüchtige ihnen von allein in die Arme lief? Oder weiterreiten und zu einem späteren Zeitpunkt zurückkehren?

Im flackernden Schein wurden ihre Gesichter zu bösartig grinsenden Masken. Sie entschieden sich weder für die eine noch die andere Möglichkeit. Die dicke Staubschicht, die fehlenden Gerüche, die wenigen Spuren: Offenbar war dieses Versteck seit geraumer Zeit nicht in Beschlag genommen worden. Und nichts deutete auf eine Rückkehr seines Besitzers hin.

Gründlich, wie sie seit Jahren ihrer Arbeit nachgingen, durchsuchten sie noch einmal das Haus, ohne auf etwas Auffälliges zu stoßen. In der Vergangenheit hatten sie schon ähnliche Unterschlupfe aufgespürt–viele konnte es davon nicht mehr geben.

Einer von ihnen holte aus ihrem Gepäck einen Trinkschlauch aus Leder, der prall gefüllt war mit brennend scharfem Schnaps. Sie ließen den Schlauch einmal kreisen, um sich vor dem weiteren Ritt durch die für diese Jahreszeit erstaunlich kühle Nacht aufzuwärmen. Den großen Rest der farblosen Flüssigkeit verteilten sie auf Kommode, Tisch, Stuhl und auf den von einfachem Balkenwerk gestützten Wänden. Die Talgkerze stieß der eine mit der Degenspitze um, augenblicklich züngelten Flammen hoch.

Als die Reiter wieder im Sattel saßen, erwuchs hinter ihnen eine Wand aus grellem Feuer; die Flammen verbissen sich bereits in den Bäumen und Sträuchern. Keiner von ihnen drehte sich um. Sie waren von der Sicherheit erfüllt, dass ihre Suche bald ein Ende haben würde. Es konnte nicht mehr allzu lange dauern. Das Netz zog sich zu. Endlich würden sie denjenigen finden, hinter dem sie so unentwegt und unaufhaltsam her waren. Und dann würde Blut fließen.

*

Die zerrissenen grauen Wolken erinnerten an Trauerschleier und ließen die Frau unwillkürlich an den Tod denken. Sie ging weiter, langsam, und sie spürte, wie der Schatten der Scheune auf sie fiel, jene Scheune, in der sich die größte Tragödie ihres Lebens abgespielt hatte. Die Luft war erfüllt von klebriger Hitze, Insekten summten. Die Wolken vermochten nicht, die Kraft der Sonne zu brechen, es duftete nach Gras, das üppig und saftig war.

Der Frau gelang es nicht, ihre düsteren Gedanken zu verscheuchen, die jedes Mal so urplötzlich kamen, als schlichen sie sich heimtückisch an wie ein Feind. Die Nähe zur Scheune wirkte noch gewaltiger, geradezu lähmend, und sie gab auf, stellte den Eimer, den sie am Brunnen mit Wasser füllen wollte, auf der festen Schwarzwalderde ab, die ihr so vertraut war wie die eigene Haut.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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