Die Farbe aus dem All - H.P. Lovecraft - E-Book

Die Farbe aus dem All E-Book

H. P. Lovecraft

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Beschreibung

Westlich von Arkham liegt ein Gebiet, dass von den Einwohnern die »verfluchte Heide« genannt wird. Dort ist ein merkwürdiger Meteorit niedergegangen, und seither beginnt die Flora und Fauna auf entsetzliche Weise zu mutieren ... H. P. Lovecrafts berühmte Science-Fiction-Erzählung in ungekürzter Neuübersetzung, der es erstmals gelingt, Lovecrafts speziellen Stil und die besondere Atmosphäre seiner Erzählung in deutscher Sprache schillern zu lassen. »H. P. Lovecraft ist der bedeutendste Horror-Autor des 20. Jahrhunderts.« Stephen King Unter dem Titel »The Colour Out of Space« erstmals veröffentlicht 1927 in der Zeitschrift »Amazing Stories« Erstdruck der Übersetzung in»H. P. Lovecraft – Das Werk« (FISCHER Tor, 2017)

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Seitenzahl: 66

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H. P. Lovecraft

Die Farbe aus dem All

Erzählung

Aus dem Amerikanischen von Andreas Fliedner

FISCHER digiBook

Inhalt

Westlich von Arkham erhebt [...]

Westlich von Arkham erhebt sich ein wildes Bergland, und es gibt dort Täler mit tiefen Wäldern, an die kein Holzfäller je seine Axt gelegt hat. Durch düstere, enge Schluchten murmeln schmale Bäche, auf deren Oberfläche sich nie ein Sonnenstrahl brach, unter bizarr verkrümmten Bäumen dahin. An den sanfteren Hängen liegen uralte Gehöfte aus grobbehauenem Stein mit gedrungenen, moosüberwachsenen Häusern, die seit ewigen Zeiten im Schutz mächtiger Felsvorsprünge über den alten Geheimnissen Neuenglands brüten. Doch heute sind alle diese Gehöfte verlassen, die mächtigen Kamine verfallen, und die Schindelwände wölben sich bedrohlich unter den niedrigen Mansarddächern.

Die früheren Bewohner sind allesamt fortgezogen, und Fremde können sich mit der Gegend nicht anfreunden. Die Frankokanadier haben es versucht, die Italiener haben es versucht, und die Polen sind gekommen und weitergezogen. Es liegt nicht an irgendetwas, das man sehen oder hören oder berühren könnte, sondern an etwas, das sich in der Phantasie der Leute abspielt. Die Gegend weckt ungute Vorstellungen, und man hat dort nachts keine erholsamen Träume. Das muss es sein, was die Fremden abhält, sich hier niederzulassen, denn der alte Ammi Pierce hat ihnen nie von seinen Erinnerungen an die seltsamen Tage erzählt. Ammi, der schon seit Jahren nicht mehr ganz richtig im Kopf ist, ist der Einzige, der übrig blieb und der je über die seltsamen Tage spricht. Und er wagt es nur, weil sein Haus so nah an den offenen Feldern und den vielbefahrenen Straßen rund um Arkham steht.

Früher gab es eine Straße über die Berge und durch die Täler, die genau dort verlief, wo jetzt die verfluchte Heide liegt. Aber die Leute haben aufgehört, sie zu benutzen, und man hat eine neue Straße gebaut, die einen weiten Bogen nach Süden macht. Im Gestrüpp der zurückkehrenden Wildnis kann man noch immer Spuren der alten Straße finden, und einige Reste werden wohl auch dann noch zurückbleiben, wenn die Hälfte der Schluchten für den neuen Stausee geflutet wird. Dann wird man die dunklen Wälder fällen, und die verfluchte Heide wird tief unter dem blauen Wasser schlummern, dessen Oberfläche sich in der Sonne kräuseln und den Himmel widerspiegeln wird. Und die Geheimnisse jener seltsamen Tage werden eins sein mit den Geheimnissen der Tiefe; eins mit den verborgenen Überlieferungen des alten Ozeans und all den Rätseln der urzeitlichen Erde.

Als ich in die Berge und Täler ging, um sie für den neuen Stausee zu vermessen, sagte man mir, dass die Gegend böse sei. Man sagte es mir in Arkham, und weil Arkham eine sehr alte Stadt voller Hexenlegenden ist, dachte ich, dass es sich bei dem Bösen um etwas handeln müsse, was alte Frauen den Kindern seit Jahrhunderten im Flüsterton erzählten. Der Name »verfluchte Heide« erschien mir äußerst merkwürdig und theatralisch, und ich fragte mich, wie er in die Überlieferungen einer puritanischen Bevölkerung Eingang gefunden hatte. Dann sah ich das dunkle Gewirr von Schluchten und Bergkämmen im Westen mit eigenen Augen und wunderte mich nicht mehr, sondern fragte mich nur, welche uralten Geheimnisse sich dort wohl verbergen mochten. Es war Morgen, als ich es erblickte, doch lauerten die Schatten dort zu jeder Tageszeit. Die Bäume wuchsen zu dicht, und ihre Stämme waren zu mächtig für einen gesunden neuenglischen Wald. Die dämmrigen Wege, die zwischen ihnen hindurchführten, waren zu still und der Boden zu nachgiebig durch das feuchte Moos und den Moder unzähliger Jahre des Zerfalls.

Im offenen Gelände, zumeist dort, wo die alte Straße verlaufen war, gab es an den Berghängen kleine Gehöfte. Manchmal standen noch alle Gebäude, manchmal noch ein oder zwei und manchmal nur noch ein einsamer Kamin oder ein Keller, der sich rasch mit Erde und Gestrüpp füllte. Unkraut und Dornenbüsche wucherten überall, und kleine Wildtiere huschten raschelnd durchs Unterholz. Über allem lag ein Schleier von Ruhelosigkeit und Bedrückung, ein Hauch des Unwirklichen und Grotesken, als ob mit einem entscheidenden Element der Perspektive oder der Lichtverhältnisse etwas nicht stimmte. Es wunderte mich nicht, dass die Fremden nicht geblieben waren, denn dies war keine Gegend, in der man sich gern schlafen legt. Sie ähnelte zu sehr einer Landschaft von Salvator Rosa oder einem verbotenen Holzschnitt in einer Schauergeschichte.

Aber all das war nichts gegen die verfluchte Heide. Als ich am Grund eines weitläufigen Tales auf sie stieß, wusste ich sofort, dass ich sie gefunden hatte. Denn kein anderer Name würde zu etwas Derartigem passen noch irgendetwas anderes zu einem derartigen Namen. Es schien, als habe der Dichter den Begriff geprägt, nachdem er genau diese Gegend gesehen hatte. Sie musste, so dachte ich bei ihrem Anblick, von einem Feuer verwüstet worden sein. Aber warum war nichts Neues mehr auf jenen fünf Morgen grauer Ödnis gewachsen, die sich unter dem Himmel ausbreiteten, als hätte eine Säure einen großen Fleck in die Wälder und Felder gefressen? Sie lag zum größten Teil nördlich der alten Straße, griff jedoch auch ein wenig auf die andere Seite über. Ich verspürte einen merkwürdigen Unwillen, mich ihr zu nähern, und tat es letztlich nur, weil meine Arbeit mich zwang, sie zu überqueren. Es gab keinerlei Vegetation auf dieser weitläufigen Fläche, nur einen feinen grauen, ascheartigen Staub, den kein Wind jemals aufzuwirbeln schien. Die umstehenden Bäume waren kränklich und verkrüppelt, und zahlreiche abgestorbene Stämme, von denen viele umgestürzt waren, säumten ihren Rand. Während ich eilig hinüberging, bemerkte ich zu meiner Rechten die zusammengestürzten Ziegel und Steine eines alten Kamins und eines Kellers und den gähnenden schwarzen Rachen eines aufgegebenen Brunnens, dessen brackige Ausdünstungen im Sonnenlicht seltsame Farbspiele hervorriefen.

Selbst der folgende lange Aufstieg durch düstere Wälder schien im Vergleich wie eine Erleichterung, und ich wunderte mich nicht länger über das furchtsame Geflüster der Leute in Arkham. In der Nähe hatte es keine weiteren Häuser oder Ruinen gegeben. Schon in früheren Zeiten musste der Ort einsam und abgelegen gewesen sein. Und als es dämmerte, kehrte ich auf der südlich im Bogen verlaufenden Straße zurück in die Stadt, obwohl das ein Umweg war, denn ich scheute mich, jenen unheilschwangeren Ort noch einmal zu passieren. Ich hoffte vage, dass ein paar Wolken aufziehen würden, denn eine merkwürdige Furcht vor den leeren Himmelstiefen über mir hatte meine Seele beschlichen.