DIE FARBE DES TODES - Dulcie Gray - E-Book

DIE FARBE DES TODES E-Book

Dulcie Gray

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  • Herausgeber: BookRix
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2020
Beschreibung

An einem heißen Sommertag wird in einem Friseursalon in London Mrs. Lotus-Smith tot in ihrer Kabine aufgefunden. Sie ist offensichtlich durch einen elektrischen Schlag ums Leben gekommen. Aber warum hat der Mörder ihr eine Schere in die Brust gestoßen? Warum wurde rote Farbe über ihre blonden Haare geschüttet? Und warum verwickeln sich die Zeuginnen, die Superintendent Cardiff zu diesem Mordfall vernimmt, bei ihren Aussagen in Widersprüche - insbesondere die hübsche Pauline und die attraktive Rosalie? Superintendent Cardiff verfolgt hartnäckig verschiedene Spuren. Er kommt zu keinem Ergebnis. Da geschieht plötzlich ein zweiter Mord - ein Mord, mit dem sich der Mörder in Sicherheit bringen will. Jedoch: Diese gefährliche Rechnung geht nicht auf. Vielmehr gibt sie Cardiff die Möglichkeit, die beiden ebenso mysteriösen wie makabren Verbrechen aufzuklären... Der Roman DIE FARBE DES TODES der britischen Schauspielerin und Schriftstellerin Dulcie Gray (* 20. November 1915 in Malaysia; † 15. November 2011 in Northwood, Middlesex, England) erschien erstmals im Jahr 1968; eine deutsche Erstveröffentlichung folgte 1969. Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

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Ähnliche


 

 

 

 

DULCIE GRAY

 

 

Die Farbe des Todes

 

Roman

 

 

 

 

Apex Crime, Band 104

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

DIE FARBE DES TODES 

Erstes Kapitel 

Zweites Kapitel 

Drittes Kapitel 

Viertes Kapitel 

Fünftes Kapitel 

Sechstes Kapitel 

Siebtes Kapitel 

Achtes Kapitel 

Neuntes Kapitel 

Zehntes Kapitel 

Elftes Kapitel 

Zwölftes Kapitel 

Dreizehntes Kapitel 

Vierzehntes Kapitel 

Fünfzehntes Kapitel 

Sechzehntes Kapitel 

Siebzehntes Kapitel 

Achtzehntes Kapitel 

Neunzehntes Kapitel 

Zwanzigstes Kapitel 

Einundzwanzigstes Kapitel 

Zweiundzwanzigstes Kapitel 

Dreiundzwanzigstes Kapitel 

Vierundzwanzigstes Kapitel 

Fünfundzwanzigstes Kapitel 

 

 

Das Buch

 

An einem heißen Sommertag wird in einem Friseursalon in London Mrs. Lotus-Smith tot in ihrer Kabine aufgefunden. Sie ist offensichtlich durch einen elektrischen Schlag ums Leben gekommen. Aber warum hat der Mörder ihr eine Schere in die Brust gestoßen? Warum wurde rote Farbe über ihre blonden Haare geschüttet? Und warum verwickeln sich die Zeuginnen, die Superintendent Cardiff zu diesem Mordfall vernimmt, bei ihren Aussagen in Widersprüche - insbesondere die hübsche Pauline und die attraktive Rosalie?

Superintendent Cardiff verfolgt hartnäckig verschiedene Spuren. Er kommt zu keinem Ergebnis. Da geschieht plötzlich ein zweiter Mord - ein Mord, mit dem sich der Mörder in Sicherheit bringen will. Jedoch: Diese gefährliche Rechnung geht nicht auf. Vielmehr gibt sie Cardiff die Möglichkeit, die beiden ebenso mysteriösen wie makabren Verbrechen aufzuklären...

 

Der Roman Die Farbe des Todes der britischen Schauspielerin und Schriftstellerin Dulcie Gray (* 20. November 1915 in Malaysia; † 15. November 2011 in Northwood, Middlesex, England) erschien erstmals im Jahr 1968; eine deutsche Erstveröffentlichung folgte 1969.

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

   DIE FARBE DES TODES

 

 

 

 

 

  

  Erstes Kapitel

 

 

Drückende Hitze herrschte in dem kleinen Friseursalon in der Lily Road in Paddington, und Madame Justins Stimmung wurde immer gereizter. Halb fünf, und Mrs. Lotus-Smith war noch nicht erschienen. Lächerlich, dass eine nichtstuende Frau ständig zu ihren Verabredungen zu spät kommen musste! Aber in Madame Justins Augen waren nichtstuende Frauen unweigerlich ein Ärgernis, an das sie keine Zeit verschwendete. Sie selbst hatte sich seit ihrem vierzehnten Lebensjahr ehrlich ihren Unterhalt selbst verdient und konnte mit berechtigtem Stolz sagen, dass sie selten für jemanden ein Ärgernis war - nicht einmal für sich selbst. Mrs. Lotus-Smith hatte allerdings auch ihre guten Seiten, und eine davon war, dass sie anständige Trinkgelder gab. Rosalie, die ihr das Haar färbte, und Brian, der es mit Hilfe der kleinen June legte, hatten daher nichts dagegen, auch etwas länger zu bleiben. In diesem nicht gerade eleganten Teil von London war ein wirklich gutes Trinkgeld eine Seltenheit.

Madame Justin seufzte und putzte sich die Nase. Ausgerechnet sie musste sich eine Erkältung holen! Jetzt, im Hochsommer, eine Erkältung! Ihr Kopf schmerzte, ihre Nasenschleimhäute waren entzündet, und Rücken und Arme waren steif. Diana, die neben ihr damit beschäftigt war, telefonische Anmeldungen anzunehmen, lächelte teilnahmsvoll.

Nun ja, wenigstens florierte der Salon. Es war Justins Idee gewesen, das Geschäft zu kaufen, und er hatte sie gegen den Rat von Freunden und Verwandten durchgeführt. Er hatte seine gutbezahlte Stellung im Maison Gilmot in der Nähe der Bond Street auf gegeben, was damals unsinnig schien, doch hatte er recht gehabt - wie fast immer. Er war wirklich ein hervorragender Friseur. Madame seufzte wieder, aber diesmal mit Gefühl. Jetzt, nach fünfzehn Jahren, war sie immer noch in ihren Mann verliebt, wobei ihr einfiel, dass Pauline flog, falls sie sich noch einmal herausnahm, mit ihm zu flirten. Es hatte auch seine Nachteile, in einen Ehemann verliebt zu sein, der immer noch auf andere Frauen wirkte. Er war ziemlich eitel, der Gute, und daher empfänglich, und Pauline war hübsch und skrupellos. Madame Justin hatte mehr als einmal während ihrer sonst bemerkenswert glücklichen Ehe vor ähnlichen Situationen gestanden.

Mrs. Cotton trat an die Kasse, um zu bezahlen. Mrs. Cotton war eine Stammkundin und musste daher wichtig genommen und umschmeichelt werden. Offensichtlich war sie guter Laune. »Mr. Denis hat es diesmal wirklich sehr hübsch gelegt«, sagte sie. »Ich habe ihm erklärt, wie ich es wollte, und ausnahmsweise hat er es auch tatsächlich so gemacht. Ausgezeichnet, finden Sie nicht?«

»Ja, reizend«, sagte Madame Justin. »Ich sage immer zu meinen Jungens: Wenn die Kundinnen mit euch zufrieden sind, bin ich es auch.« Sie lachte so heiter, wie es ihre Erkältung und die Tatsache, dass sie dies schon tausendmal gesagt hatte, erlaubten.

Mrs. Cotton nahm die Rechnung und überflog sie mit ihren listigen, kleinen Augen. Dann öffnete sie die Handtasche und entnahm ihr ein Scheckbuch. »Wie geht’s dem Jungen?«

»Gut. Er hat sich in der Schule sehr gemacht. Er ist wirklich klug.« Madame Justin konnte die Liebe und den Stolz für ihren Sohn in der Stimme nicht unterdrücken, und Mrs. Cottons sonst recht grimmiges Gesicht entspannte sich dabei etwas. »Allerdings hat er sich am Knie verletzt. Beim Tauchen.«

»Finden Sie, dass es zu kurz ist?«, fragte Mrs. Cotton, die sich plötzlich im Spiegel neben der Kasse sah.

»Aber, nein«, log Madame Justin entschieden. »Ganz reizend. Sie haben noch nie besser ausgesehen, und Sie finden mich hoffentlich nicht unhöflich, wenn ich sage, es macht Sie um Jahre jünger.« Sie lächelte strahlend.

Innerlich dachte sie nicht nur, dass Mrs. Cottons Haar zu kurz war, sondern die ganze Frisur für eine fette, hässliche Frau in den Sechzigern ganz einfach unpassend. Nur ein hübscher Teenager hätte sie mit einigem Erfolg tragen können. Sie putzte sich umständlich die Nase.

»Doch, ja, ich glaube auch«, sagte Mrs. Cotton. Sie puderte sich das Gesicht, bezahlte ihre Rechnung, nickte Diana zu und sagte dann: »Nächsten Donnerstag komme ich wieder, Madame Justin.« Damit segelte sie gekünstelt auf die Straße hinaus.

 

Mrs. Lotus-Smith kam in den Laden geeilt. Sie war eine kleine, schmale Frau mittleren Alters mit mausfarbenem, ergrauendem Haar, einem schmalen Gesicht mit langer Nase und sehr hübschen blauen Augen. Sie trug ein schickes zweiteiliges Kleid aus rosa Schantungseide und einen blumengeschmückten Hut mit Schleier. »Ach, es tut mir so leid!«, keuchte sie mit einer angenehmen, ziemlich tiefen Stimme. »Ich habe mich schrecklich verspätet, aber ich hatte so viel zu tun und konnte einfach kein Taxi auftreiben.« Ihre Wangen glühten und ihre Augen leuchteten.

Madame Justin kniff die Lippen zusammen. »Ja, Sie kommen recht spät. Ich weiß wirklich nicht, ob Rosalie jetzt noch frei ist.«

»Ach, das wäre entsetzlich!«, rief Mrs. Lotus-Smith aus. »Sie muss Zeit haben. Ich weiß, dass ich zu spät komme, aber heute Abend habe ich die wichtigste Verabredung meines Lebens. Meine Haare müssen gemacht werden.«

»Möglich, dass Rosalie auch eine Verabredung hat und rechtzeitig nach Hause gehen will.«

Mrs. Lotus-Smith machte ein erschrecktes Gesicht. »Sie haben natürlich recht. Was bin ich für eine selbstsüchtige alte Person! Daran habe ich einfach nicht gedacht. Könnten Sie sie fragen, Madame Justin? Ich wäre wirklich dankbar, wenn sie es noch schaffte.« Die Aufregung kehrte in ihr Gesicht zurück, und sie sah hübsch und jung aus, trotz ihrer vierzig und mehr Jahre. »Aber heute ist nun mal ein ganz besonderer Tag für mich.«

Madame Justin wurde sanfter. »Ich will mal nachsehen. Würden Sie bitte einen Augenblick warten, Mrs. Lotus-Smith?«

»Natürlich«, sagte Mrs. Lotus-Smith. Dann lächelte sie Diana strahlend an. »Das Leben ist manchmal unerwartet herrlich, nicht? Hoffentlich sind Sie sehr glücklich, liebes Kind.«

An der Kasse herrschte großer Betrieb. Es war fast halb sechs, und die meisten Kundinnen gingen jetzt nach Hause. Alle wollten gleichzeitig bezahlen und neue Termine festmachen, und Madame Justin und Diana hatten alle Hände voll zu tun. Dabei vergaß Madame Justin Mrs. Lotus-Smith und sogar auch ihren eigenen Schnupfen, bis genau um zehn Minuten vor sechs die kleine June, weiß wie ein Laken und tränenüberströmt, an die Kasse gerannt kam. »Madame Justin! Madame Justin! Sie ist tot! Mrs. Lotus-Smith ist tot! Sie sitzt in der Färbekabine unter der Haube mit einer Schere in der Brust und ist tot.«

Es trat eine plötzliche Stille ein.

Madame Justin schoss hinter der Theke vor und schüttelte das weinende Mädchen. »Nimm dich zusammen, June«, sagte sie entsetzt und ärgerlich. »Du weißt nicht, was du sprichst. Du bist wohl wahnsinnig geworden.«

»Es ist wahr, Madame Justin«, schluchzte die kleine June. »Es ist wahr. Mrs. Lotus-Smith ist tot. Jemand hat sie mit einer Schere in die Brust gestochen und ihr die Haare rot gefärbt.«

Sie krümmte sich und glitt ohnmächtig zu Boden.

 

 

 

 

  Zweites Kapitel

 

 

Es war immer noch unerträglich heiß, und die fünfzehn Menschen im Salon sahen fast alle erschreckt, müde und unglücklich aus. Die kleine June, ein neunzehnjähriges Mädchen mit runden Backen und blonden Haaren, weinte leise, und Madame Justin bemühte sich nervös, sie zu beruhigen und gleichzeitig mit den Polizeibeamten zu sprechen.

Der rechteckige, lila gestrichene Raum, in dessen Mitte zwei Reihen von lindgrünen Frisiertischen standen, war in der rechten Hälfte völlig leer. Die linke Seite wirkte, als würde dort eine Vorstandsversammlung abgehalten. Am Ende, auf einem Sessel vor einem der Waschbecken, saß Superintendent Cardiff von der Kriminalpolizei Paddington West und links neben ihm Sergeant Tyler. Beide machten sich Notizen. Die Angestellten, einschließlich Justin selbst, und die Kundinnen, die gebeten worden waren, bis zur Ankunft der Polizei zu warten, saßen oder standen in einem verlängerten Halbkreis vor ihnen. Hinter der Tür links, in der Färbekabine, waren immer noch der Polizeiarzt, ein Fotograf und zwei Experten für Fingerabdrücke beschäftigt.

Der Superintendent lächelte Madame Justin ermutigend zu. »Ja«, sagte er, »ja, ich verstehe. Ich werde mich später noch gründlich umschauen, glaube aber, dass ich jetzt schon einen Überblick über die räumliche Lage habe. Der Raum da drüben«, er wies mit dem Kopf nach links, »wo wir die Leiche gefunden haben, ist die Färbekabine. Darin steht an der Wand, der Tür gegenüber, ein großer Schrank, in dem Sie Ihre Präparate aufbewahren. Dieser Schrank bleibt unverschlossen, und es gibt zu ihm keinen anderen Zugang als durch die Kabine.«

»Ja«, sagte Madame Justin.

»Rechts, durch diese Tür dort«, er wies wieder mit dem Kopf, »ist zunächst rechts eine Toilette für die Kundinnen, dann geradeaus ein Aufenthaltsraum mit einer Kantine, wohin die Angestellten gehen können, wenn sie nichts zu tun haben, und dahinter ein Waschraum.«

»Ja.«

»Mrs. Merliss...«, Mrs. Merliss, die ungefähr einen Meter von ihm entfernt stand, fuhr schuldbewusst auf, »...arbeitet den ganzen Tag im Aufenthaltsraum und bereitet Sandwiches, Tee oder Kaffee für die Kundinnen und Angestellten. Stimmt das?« Der Superintendent sah Mrs. Merliss fragend an, doch Madame Justin antwortete für sie.

»Ja«, bestätigte sie abermals.

»Gut. Jetzt kommen wir hier zu diesem Raum. Es ist der Hauptsalon, wo gewaschen, geschnitten und gelegt wird. Geradeaus, mir gegenüber, ist der Durchgang zur Kasse, wo Sie und Diana Whittaker arbeiten. Rechts in diesem Vorraum ist eine Garderobe mit einem Vorhang, und die große Glastür, auf die wir sehen, ist der einzige Ausgang vom Geschäft auf die Straße.«

»Ganz richtig«, sagte Madame Justin.

»Kommen wir jetzt zu der Färbekabine zurück. Soviel ich verstanden habe, arbeitet dort nur ein Mädchen...«, er warf einen Blick in sein Notizbuch, »...Rosalie Burton. Sie allein ist in der einzigen abgeschlossenen Kabine beschäftigt. Stimmt das?«

»Ja«, sagte Rosalie.

»Wie ich sehe, tragen Sie ein Sommerkleid, Miss Burton, während alle anderen Mädchen Nylonkittel tragen. Wie kommt das?«

»Ich bin heute Abend mit meinem Freund verabredet und durfte früher Schluss machen«, sagte Rosalie. »Ich wollte gerade gehen, als das alles passierte.«

»Mit das alles meinen Sie wohl den Tod von Mrs. Lotus-Smith?«

»Ja.«

»Waren Sie mit Ihrer Arbeit bei ihr fertig?«

»Ja. June sollte den Rest für mich übernehmen.«

»Sie haben ihr das Haar rot gefärbt?«

»Nein, ich habe es gebleicht, um es zu blondieren. Ich kann einfach nicht begreifen, wie das passiert ist.«

»Sie können sich nicht geirrt haben - die falsche Flasche genommen und es rot statt blond gefärbt haben?«

»Ganz ausgeschlossen«, sagte Rosalie empört.

»Warum nicht?«

»Weil ich es gar nicht gefärbt habe. Zum Färben brauche ich eine Flüssigkeit, zum Blondieren ein Pulver, das ich in Wasser auflöse und zu einem Brei verrühre. Als ich wegging war sie blondiert. Das ist wahr. Ich schwöre es.« Sie wurde rot und ballte die Fäuste.

»Trotzdem hat June Norris, die wohl Mr. Brians Gehilfin ist, zu Madame Justin gesagt, als sie ihr den Tod von Mrs. Lotus-Smith meldete: »Jemand hat ihr das Haar rot gefärbt.««

»Ich habe es auch nicht getan«, schluchzte June unglücklich. Superintendent Cardiff und Sergeant Tyler wechselten Blicke, dann räusperte sich der Superintendent.

»Gehen wir am besten chronologisch von Anfang an vor«, sagte er. »Mrs. Lotus-Smith sollte um sechzehn Uhr fünfzehn kommen, um ihr Haar blondiert, gewaschen und gelegt zu bekommen. Das Blondieren sollte Rosalie Burton vornehmen, Waschen und Legen Mr. Brian, assistiert von June Norris. Mrs. Lotus-Smith erschien aber erst um zwanzig vor fünf. Daraufhin bestimmte Madame Justin, Rosalie Burton sollte nur das Blondieren selbst erledigen, June Norris dann die Dampfhaube abnehmen, sie waschen und an Mr. Brian weitergeben.«

»Ja«, stimmte Madame Justin zu.

»Leider verstehe ich wenig von Frisierkünsten«, bemerkte der Superintendent trocken. »Wollen Sie daher so freundlich sein, Madame Justin, mir genau zu erklären, was geschieht, wenn eine Kundin das Haar blondiert bekommt, so dass ich es als Mann begreifen kann.«

Justin und seine beiden männlichen Angestellten lächelten höflich.

»Selbstverständlich«, sagte Madame Justin. »Ich will es Ihnen gerne in allen Einzelheiten beschreiben. Die Kundin wird in die Färbekabine geführt - im vorliegenden Fall habe ich die Kundin selbst hineingeführt. Zu allererst hat sie am Eingang Mantel und Hut abgelegt und einen Xylon-Kittel von uns angezogen. Rosa für die Kundinnen, lila für die Angestellte, die färbt, blau für die Gehilfinnen, weiß für die Maniküre. Das Blondieren wird vorgenommen, indem eine dicke weiße Paste mit einem Pinsel über den ganzen Kopf verteilt wird. Das Haar wird in kleine Streifen abgeteilt. Man beginnt mit dem Einpinseln hinten im Nacken und geht dann nach und nach weiter bis zur Stirn. Dazu braucht man ungefähr eine halbe Stunde. Anschließend kommt die Kundin für fünfundvierzig Minuten unter die Dampfhaube. Das ist übrigens der Apparat mit der helmartigen Haube und dem länglichen Metallzylinder hinten, den Sie in der Kabine gesehen haben.« Cardiff nickte.

Madame Justin fuhr fort: »Oben an dem Zylinder ist ein abschraubbarer Deckel, zum Einfüllen des Wassers. Das Wasser wird elektrisch geheizt, wenn man die Haube an die Steckdose neben dem Waschbecken anschließt, und der Dampf entströmt durch ein feines Metallrohr oben in der Plastikhaube.«

»Vielen Dank«, sagte Cardiff. »Das ist eine klare Beschreibung.«

Madame Justin lächelte und fuhr fort: »An der Haube ist eine Uhr. Nach fünfundvierzig Minuten wird die Kundin ans Waschbecken gesetzt und die Paste abgewaschen, was ungefähr vier Minuten dauert. Anschließend geht sie in den Hauptsalon zum Legen, Trocknen und Auskämmen.«

»Aha«, sagte Cardiff. »Nun, Miss Burton, an welchem Punkt dieser Prozedur verließen Sie Mrs. Lotus-Smith und übergaben sie June Norris?«

»Bald nachdem ich sie unter die Haube gesetzt hatte.«

»Wie bald?«

»Ein paar Minuten.«

»Zwei bis drei, oder fünf bis zehn? Wollen Sie bitte genauer werden«, sagte Cardiff trocken, und Tyler sah ihn leicht erstaunt an.

»Zwei bis drei.«

»Und was haben Sie in diesen zwei bis drei Minuten getan?«

»Ich habe den Pinsel und die Schale, in der ich die Paste angerührt hatte, ausgewaschen. Dann habe ich alles in den Vorratsschrank gestellt, den Schrank abgeschlossen, nachgesehen, ob Mrs. Lotus-Smith bequem saß, und June gesagt, was ich getan hatte. Dann bin ich nach hinten gegangen, um mich umzuziehen.«

»Und fast vierzig Minuten später waren Sie immer noch da?«

»Ich wollte möglichst gut aussehen. Ich habe eine sehr wichtige Verabredung.« Rosalies Stimme klang ärgerlich. »Das hatte Mrs. Lotus-Smith offenbar auch«, erwiderte der Superintendent ruhig.

»Was soll das heißen?«, fuhr Rosalie auf.

Cardiff sah sie interessiert an. Ein aufbrausendes Mädchen, dachte er missbilligend. Aber sie war sehr hübsch. Sie hatte langes, lose herabfallendes dunkles Haar und große braune Augen in einem lebhaften, intelligenten Gesicht. Sie war nicht geschminkt. Das weiße Kleid, das sie sich für ihre Verabredung ausgesucht hatte, saß eng und brachte ihre sehr gute Figur zur Geltung. Sie war überdurchschnittlich groß, mit starken Brüsten und Hüften. Ihre Beine waren ein wenig kurz, dafür gut geformt. »Schickes Mädchen«, dachte Cardiff, »aber ein Vulkan.« Nicht ausgesprochen sein Typ. »Warum soll etwas dahinterstecken?«, fragte er sanft. »Es war lediglich eine Bemerkung.«

»Ich dachte, Sie wollten uns in einen Topf schmeißen - Mrs. Lotus-Smith und mich«, sagte Rosalie gereizt.

»Da Sie einer der letzten Menschen sind, die sie lebend gesehen haben, denke ich an Sie in Zusammenhang mit Mirs. Lotus-Smith«, antwortete Cardiff steif und wunderte sich nicht, dass Rosalies Temperament wieder aufzuflammen schien, doch beherrschte sie sich und sagte nichts.

Cardiff wandte seine Aufmerksamkeit jetzt June zu. »Miss Norris«, sagte er, »Miss Burton hat uns gesagt, sie habe Mrs. Lotus-Smith unter die Haube gesetzt, sie habe danach die Kabine gesäubert und sei dann zum Umziehen gegangen, nachdem sie Ihnen Bescheid gesagt hatte. Stimmt das?«

»Ja, soweit ich mich erinnere«, sagte June kläglich. »Sie sagte mir, Mrs. Lotus-Smith säße unter der Dampfhaube, und ich sollte sie übernehmen.«

»Können Sie sich an die genaue Zeit erinnern?«

»Ja, natürlich. Ich sah auf die Uhr da oben über dem Durchgang. Es war Viertel nach fünf.«

»Was haben Sie dann getan?«

»Ich habe Mrs. Lewick fertig gewaschen, sie zu Mr. Brian gesetzt und ihm die Lockenwickler zugereicht.«

Mrs. Lewick, eine Frau mit einem Pferdegesicht, lächelte befangen, errötete und strich sich unsicher übers Haar. Sie hatte vorstehende, große, weiße Zähne.

Cardiff warf einen Blick auf den Plastikbehälter auf einem Tisch, in dem zwanzig bis dreißig Lockenwickler verschiedener Größe, ein paar große Scheren, eine Bürste und zwei Kämme lagen. »Und weiter?«, sagte er sanft,

»Ja, ich habe Mr. Brian die Wickler gegeben, während er Mrs. Lewicks Haare einlegte. Dann habe ich sie unter die Haube da drüben gesetzt.« Sie wies auf den Platz hinter sich, neben der Tür zur Färbekabine. »Dann habe ich sie gefragt, ob sie Kaffee und ein Sandwich haben wollte. Sie wollte bestellen. Darauf habe ich ihr Zeitschriften gebracht und bin zu Mrs. Merliss gegangen, um die Bestellung weiterzugeben.«

»Wie lange hat das alles gedauert?«

»Ich habe auf die Uhr gesehen, als ich in die Färbekabine ging. Da war es halb sechs.«

»Stimmen Sie damit überein, Mrs. Merliss?«

Mrs. Merliss, die schlechte Nerven zu haben schien, machte ein erschrecktes Gesicht, nickte aber.

»Dann sind Sie zu Mrs. Lotus-Smith gegangen?«, fragte Cardiff June.

»Ja.«

»Haben Sie mit ihr gesprochen?«

»Ja.«

»Wie wirkte sie?«

»Ich verstehe nicht.«

»Wirkte sie zum Beispiel beunruhigt über irgendetwas?«

»Ach so. Nein, gar nicht. Sie war vergnügt und gesprächig.

Ich glaube, ich habe sie noch nie so guter Laune gesehen.« Junes Gesicht verzog sich plötzlich wieder, und die Tränen traten ihr in die Augen.

»Es ist Ihnen nichts Ungewöhnliches aufgefallen?«

»Nichts«, sagte June heftig. »Nein - einen Moment!« Sie machte plötzlich ein verwirrtes Gesicht. »Jetzt, wo ich nachdenke, fällt mir etwas Komisches ein. Wie merkwürdig.«

»Was ist merkwürdig?«, fragte der Superintendent.

»Als ich zu Miss Waterford zum Ausfrisieren zurückging, hörte ich, wie Mrs. Lotus-Smith ziemlich laut sagte - Oh.«

»Nur Oh?«, fragte Cardiff schnell.

June zögerte. »Nein, sie sagte: Ah! Danke. Wie reizend. Aber wir sagen noch niemandem etwas, nicht? Ja, das hat sie gesagt.«

»Warum ist das so merkwürdig?«

»Na ja, soweit ich sehen konnte, war niemand in der Kabine, als ich rausging. Niemand. Mit wem kann sie gesprochen haben?«

»Die Kabine ist mit einem Vorhang abgeschlossen. Kann nicht irgendwo jemand gestanden haben, den Sie nicht unbedingt sehen mussten?«

»Nirgendwo, außer auf dem schmalen Platz zwischen dem Vorhang und dem Schrank, wo der Vorhang direkt hinter der Tür vorspringt. Und da würde niemand stehen, außer...«

»Außer was?«

»Außer, er wollte nicht gesehen werden.«

Plötzlich herrschte ein gespanntes Schweigen, da sich alle Anwesenden der Bedeutung dieser Worte bewusst wurden. »Hat irgendjemand hier gegen halb sechs diese Unterhaltung mit Mrs. Lotus-Smith geführt?« Schweigen.

Cardiff sah zu Tyler hinüber. »Das werden wir nachprüfen«, sagte er kurz.

Tyler nickte und schrieb etwas in sein Notizbuch.

Cardiff sagte langsam: »Miss Burton, Sie haben eben gesagt, Sie hätten den Vorratsschrank abgeschlossen, nachdem Sie die Sachen zum Blondieren zurückgestellt hatten.«

»Ja.«

»Ich hörte von Madame Justin, der Schrank bliebe meistens unverschlossen.«

»Im Laufe des Tages ja, aber wir schließen ihn ab, ehe wir abends weggehen.«

»Wahrscheinlich, weil dann niemand mehr etwas daraus braucht?«

»Ja.«

»Aber woher wussten Sie, dass tatsächlich niemand mehr etwas brauchte, da Sie früher weggehen durften?«

»Ich sperre immer ab, wenn ich gehe. Wahrscheinlich habe ich es rein gewohnheitsmäßig getan«, sagte Rosalie unsicher. »Außerdem sollte niemand mehr gefärbt werden.«

»Und der Schrank enthält nur Färbemittel und kein Fixativ oder Shampoon?« Der Superintendent sprach in trocknem Ton. Rosalie schwieg.

»Was haben Sie mit dem Schlüssel gemacht?«

»Ich habe ihn auf das Bord rechts neben dem Schrank gelegt«, antwortete sie rasch.

»Auch gewohnheitsmäßig?«

»Nein - nein, eigentlich nicht.«

»Was tun Sie sonst damit?«

»Ich gebe Madame Justin den Schlüssel.«

»Und warum heute Abend nicht? Warum haben Sie den Schrank abgeschlossen, aber den Schlüssel an einem Platz gelassen, wo ihn jeder nehmen konnte?«

»Ich weiß es wirklich nicht. Wahrscheinlich, weil ich früher gehen durfte«, sagte Rosalie unsicher. »Ich habe es einfach getan, das ist alles.«

»Ich verstehe.« Cardiff klang wenig überzeugt, und Rosalie sah ihn misstrauisch an. »Ja, ich verstehe.« Cardiff trommelte nervös mit den Fingern auf die Sessellehne. »Und jetzt zu den Personalien«, fuhr er fort. »Ich möchte mir gerne von jedem ein Bild machen.« Er lächelte der Gruppe von Leuten kurz und freundlich zu und fügte hinzu: »Zuerst Mr. Justin, dem der Salon gehört. Mr. Justin ist auch der Meister und Chef. Sie, Madame Justin, stehen an der Kasse.«

»Und mir gehört das halbe Geschäft. Wir sind Partner«, sagte Madame Justin stolz. Justin runzelte leicht die Stirn und schüttelte kaum merklich den Kopf.

»Partner«, wiederholte Cardiff. »Und Sie haben eine Hilfe, Diana Whittaker.«

Diana, ein freundliches, rothaariges Mädchen mit zarter Haut und grünen Augen, lächelte Cardiff zu.

»Ja«, antwortete sie.

»Mr. Justin hat zwei Mitarbeiter, Mr. Brian und Mr. Denis. Das sind wohl Ihre Vornamen?«

Die beiden Männer nickten. Mr. Denis sah bescheiden seine zarte kleine Nase hinunter.

»Wie sind Ihre Nachnamen?«, fragte Cardiff.

»Brian Ward und Denis Goldberg«, sagte Justin an ihrer Stelle.

»Alle drei Friseure haben Gehilfinnen. Pauline Forster ist Mr. Justin zugeteilt« (Pauline warf Justin einen raschen, innigen Blick zu, der, wie der Superintendent feststellte, sofort von Madame Justin registriert wurde), »June Norris hilft Mr. Brian, und Cathy Carter Mr. Denis. Stimmt’s?«

»Ja«, sagte Justin. Er schien durch Paulines liebevollen Blick und das Missfallen seiner Frau plötzlich lebendig geworden. »Dann bleiben noch Miss Rosalie Burton in der Färbekabine, die Maniküre Hetty Heinz und Mrs. Merliss in der Kantine. Stimmt’s?«

»Ja«, antwortete Justin wieder.

»Sind das alle Angestellten? Habe ich niemand ausgelassen?«

»Ja, das sind alle.«

»Und jetzt kommen wir zu den beiden Kundinnen, die um fünf Uhr fünfzig noch nicht fertig waren. Sie, Mrs. Lewick« (Mrs. Lewick machte einen komischen kleinen Knix), »und Miss Waterford.«

Miss Waterford, eine große Blondine, die wie ein Mannequin aussah und auch tatsächlich eins zu werden hoffte, warf dem Superintendenten ein ironisches Lächeln zu. »Ausgezeichnet«, sagte Cardiff. »Wer von Ihnen hier hat Mrs. Lotus-Smith noch gesehen, nachdem June Norris um halb sechs bei ihr gewesen war?«

Niemand antwortete.