Die fliegende Schule der Abenteurer (Bd. 4) - THiLO - E-Book

Die fliegende Schule der Abenteurer (Bd. 4) E-Book

THiLO

0,0
10,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Archäologie-Unterricht in Griechenland! Bei der Ausgrabung der sagenumwobenen Stadt Troja stoßen die ACE Scouts auf eine geheimnisvolle Maske aus Ton. Diese Entdeckung bringt Connor in eine lebensgefährliche Lage und ein nervenaufreibender Wettlauf mit der Zeit beginnt. Um ihn zu retten, müssen Oni, Belle und Oliver es mit Feuer speienden Fabelwesen, Zentauren und eine Sphinx aufnehmen. Ob Onis Tierkommunikatinskräfte dafür ausreichen? Dieses Mal scheint alles verloren. Oder gibt es doch noch eine Rettung für Connor?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 130

Veröffentlichungsjahr: 2022

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



eISBN 978-3-649-64306-7

© 2022 Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG,

Hafenweg 30, 48155 Münster

Alle Rechte vorbehalten, auch auszugsweise

Lizenziert durch: Mack Media & Brands GmbH & Co. KG.

Geschäftsführer Michael Mack

Die Figuren um die ACE-Scouts und Die Fliegende Schule der Abenteurer sowie die Storywelt um den Adventure Club of Europe sind urheberrechtlich geschützt und eingetragene Marken der MackMedia & Brands GmbH & Co KG.

In Kooperation mit

Basierend auf einer Idee von:

Michael Mack, Jörg Ihle, Nils Feigenwinter, Tobias Mundinger

Text: THiLO

Entwicklung und Dramaturgie: David Ginnuttis

Illustrationen: Max Meinzold

Layout: Max Meinzold und Helene Hillebrand

Lektorat: Anja Fislage

Satz: Helene Hillebrand, Bielefeld

www.coppenrath.de

Die Print-Ausgabe erscheint unter der ISBN 978-3-649-64099-8.

Inhalt

Mutterseelenallein

Die Ausgrabung Trojas

Der Fluch der Kassandra

Anubi haut ab

Poseidon zürnt erneut

Wir sind hier nicht allein

Ein Haupt von Schlangen

Rettungsversuche

Lysandros

Die, der keiner glaubt

Ein geflügelter Freund

Oben ist unten

Durst ist schlimmer als Heimweh

Nicht aufgeben!

Eine irdische Drehung ordentlichen Navigierens

Tausendjährige Ehrwürdige Mauern

Die Wiedergutmachung

Mutterseelenallein

Auge in Auge mit einem Leoparden stand Oni mitten im Urwald und hielt die Luft an. Es würde ein ungleicher Kampf werden, so viel war ihr sofort klar. Die Raubkatze war ausgewachsen – und Oni erst fünf Jahre alt.

Ohne Vorwarnung war der Leopard aus dem Dickicht hervorgesprungen. Nun riss er das Maul auf und zeigte seine spitzen Eckzähne. Das Fauchen hallte in Onis Ohren wider. Die Rippen schienen durch das Fell des Leoparden, er hatte eindeutig seit Langem nichts mehr gefressen. Und nun hatte er also den kleinen Menschen gewittert.

Die Gedanken rasten durch Onis Kopf wie die Züge, mit denen sie in der Heimat ihres Vaters gefahren waren. In der Welt, die so ganz anders war als Äthiopien, das Land ihrer Mutter. Eigentlich fühlte Oni sich hier in Afrika mehr zu Hause. In diesem Augenblick aber hätte sie den Dschungel gerne gegen einen Stadtpark in Deutschland getauscht, wo das gefährlichste Tier ein ungezogener Dackel war.

Ganz, ganz langsam drehte Oni den Kopf und blickte Hilfe suchend nach links und rechts. Nichts außer Blättern und Schlingpflanzen. Onis Herzschlag flatterte wie ein Schmetterling. Was sollte sie tun?

Ein Krieger vom Stamm ihrer Mutter hätte nun in einer geübten Bewegung seinen Speer gehoben und das Raubtier mit ein paar Stößen in die Luft vertrieben. Doch Oni trug keine Waffe – und der nächste Erwachsene war meilenweit entfernt.

Drei Tage lang wanderte Oni nun schon mutterseelenallein durch den Wald im Hochland von Äthiopien. Oni hatte sich nicht verlaufen, sie war mit voller Absicht hier zurückgelassen worden. Urgroßmutter Besrat hatte ihr vorher ein paar Geheimnisse über die Pflanzen und Tiere verraten, die man zum Überleben kennen musste.

Besrat war die Anführerin des geheimen Rates von Magierinnen und Schamanen, die über das ganze Land verstreut in verschiedenen Dörfern und kleinen Städten lebten. Sie kannte die heilenden Kräfte der Pflanzen, konnte Geister heraufbeschwören, mit Tieren reden und noch einige unglaubliche Dinge mehr. Sie hatte Oni seit ihrer Geburt beobachtet und glaubte, dass ihre Urenkelin diese magische Gabe geerbt hatte. Das wollte der Rat der Magier nun herausfinden. Dazu hatten sie Oni in den Wald gebracht.

Ja, und da war sie nun. Allein. Ohne Essen, ohne Trinken. Ohne Schutz oder eine Waffe. Nur ihren Verstand hatte Oni dabei und den Glauben an ihre eigenen Kräfte und das Schicksal.

„Wenn du innerhalb von sieben Tagen ins Dorf zurückkehrst, werde ich dich zur Magierin ausbilden“, hatte Besrat versprochen. Dann hatte sie Oni noch ein Amulett um den Hals gehängt. „Wenn du die Gabe hast, wird es dir helfen“, hatte sie geheimnisvoll gemunkelt. „Für Menschen ohne die Gabe jedoch ist es einfach nur ein ungewöhnliches Schmuckstück. Mal sehen, ob es sich bei dir meldet …“

Mit diesen Worten hatten sie Oni verlassen.

Und das hatte sie nun von ihrem Mut! Der ausgehungerte Leopard würde nichts von ihr übrig lassen. Innerlich stellte Oni sich auf den Abschied von dieser Welt ein. Noch ein letztes Mal dachte sie an ihre Eltern, wobei sie tapfer den Kloß in ihrem Hals herunterschluckte, um nicht zu weinen.

Als Oni an ihre Schwestern dachte, schossen ihr doch die Tränen in die Augen. Nie mehr würde sie mit ihnen Wolf und Hyäne spielen können, nie mehr zusammengekuschelt einschlafen, nie mehr Urgroßmutter Besrats zahmen Raben füttern. Und das alles nur, weil Oni geglaubt hatte, mit Tieren sprechen zu müssen!

Der Leopard bleckte die Zähne ein zweites Mal. Mit kleinen Schritten kam er nun auf Oni zu. Oni ballte die Fäuste und schloss die Augen.

Da raschelte plötzlich etwas hinter ihr im Gebüsch. Es war nicht der Wind, sondern ein Lebewesen. Schnell riss Oni ihre Augen wieder auf. Ein Erdmännchen wühlte sich durch das Dickicht. Es war ganz auf die Jagd nach einer fetten Libelle konzentriert. So hatte es bisher weder das Menschenmädchen noch den Leoparden bemerkt.

Als es die Raubkatze sah, zuckte das Erdmännchen zusammen und erstarrte, aber nur kurz. Dann hüpfte es auf Oni zu und versteckte sich hinter ihrem Bein. Offenbar glaubte es, Oni würde es vor dem Leoparden beschützen können, denn aus dem vermeintlich sicheren Versteck schimpfte es lautstark auf das Raubtier ein. Gleichzeitig aber zitterte es am ganzen Körper vor Aufregung.

„Ist ja gut“, flüsterte Oni dem kleinen Kerl zu. „Die Katze tut dir nichts, das lasse ich nicht zu.“

Oni streckte sich und neue Energie schoss durch ihren Körper, neue Zuversicht, neuer Mut. Sie musste das hier überleben, wer sollte sonst auf das Erdmännchen aufpassen?

„Hör mir mal gut zu“, befahl Oni dem Leoparden. „Du bist ein wunderschönes Tier und ich könnte dich bestimmt gut leiden. Aber wir werden es nicht herausfinden, wenn du mich frisst.“

Oni bemerkte, wie ihre Worte Wirkung auf das Raubtier hatten. Die Katze drehte den Kopf, ihr Blick wurde sanfter. In diesem Moment spürte Oni die Wärme an ihrem Hals. Das Amulett flackerte wie eine Kerze im Wind! Ein ungeheures Glücksgefühl stieg in Oni auf. Hatte Urgroßmutter Besrat also recht? Hatte sie diese besondere Gabe? Oni musste es herausfinden.

„Auch meinen Freund hier wirst du in Ruhe lassen, hast du verstanden?“, fuhr sie mutig fort. „Wenn du unbedingt ein Tier fressen musst, dann suche dir ein verletztes aus, kein gesundes.“

Oni schluckte. Sie fand ihre eigenen Worte grausam, aber so war eben die Natur. Ein Raubtier fraß andere Tiere, daran würde auch ihr Vortrag nichts ändern.

Der Leopard jedoch schien ihren Vorschlag ernsthaft zu überdenken. Sein Körper entspannte sich. Er leckte sich mit der Zunge über die Schnauze. Dann gähnte er, streckte sich und schlich auf sanften Pfoten an Oni vorbei. Drei Herzschläge später war Oni sich nicht mehr sicher, ob er überhaupt jemals da gewesen war.

Mit wackeligen Knien ließ Oni sich auf den Waldboden plumpsen. Ihr Herz schlug wild, aber jetzt vor Glück. Sie würde Besrat vor den anderen Magiern keine Schande bereiten. Und wenn Oni bei ihr in die Lehre ging, dann war das kleine Gespräch hier erst der Anfang gewesen. Dann würden die Tiere nicht nur auf Onis Worte reagieren, wie der Leopard eben. Dann würde sie richtig mit ihnen sprechen können – und auch ihre Laute verstehen, wie eine Menschensprache!

Das Kreischen des Erdmännchens holte Oni aus ihren Gedanken zurück in den Wald. Aufgeregt hüpfte es vor dem Mädchen auf und ab. Dabei rollte es so drollig mit den Augen, dass Oni lachen musste.

„Und was bist du für ein putziger Kerl?“, wollte sie wissen. Erdmännchen verirrten sich nur sehr selten nach Äthiopien. Eigentlich waren sie weiter südlich auf dem Kontinent zu Hause. Das Erdmännchen sah Oni so tief in die Augen, dass ihr beinahe schwindelig wurde.

„Ich bin Anubi“, hörte sie das Tier dann klar und deutlich in ihrem Kopf sagen.

Oni stockte der Atem. Hatte sie sich das gerade nur eingebildet? Hatte sie vielleicht schlechtes Wasser getrunken? Doch als sie zu dem kleinen Kerl hinunterschaute, bemerkte sie zwei Dinge: das Amulett um ihren Hals glühte. Und das Erdmännchen runzelte die Stirn.

„Was ist, du?“, mümmelte es eingeschnappt. „Gefällt dir mein Name nicht?“

Da spürte Oni, wie sich ein Lachen auf ihrem Gesicht breitmachte. Sie stand auf, setzte sich Anubi auf die Schulter und lief weiter ihrem Dorf entgegen. Ohne Furcht vor dem Rascheln der Blätter, ohne Sorge, der Aufgabe der Schamanen nicht gewachsen zu sein.

Drei Tage später stand sie fröhlich pfeifend auf dem Festplatz des Dorfes. Ihre Eltern nahmen sie glücklich in die Arme und ihre Schwestern tanzten um die drei herum. Alle schlossen Anubi sofort in ihr Herz. Besrat aber lächelte nur und legte Oni ihre alte, schrumpelige Hand auf die Schulter. An diesem Tag begann sie mit Onis Ausbildung und brachte ihr Dinge bei, von denen die meisten Menschen nicht die leiseste Ahnung hatten.

„Und nun sind wir also auf der Akademie des ACE gelandet“, schloss Oni die Geschichte und streichelte ihrem Erdmännchen das Fell.

„Noch mal, noch mal, noch mal!“, kreischte Anubi. Er liebte die Geschichte, wie er und Oni unzertrennliche Freunde geworden waren. Wie immer hatte er schweigend und mit großen Augen zugehört.

Oni lachte. „Nein, Schluss für heute“, sagte sie bestimmt. „Ich glaube, unsere Mittagspause ist gleich um. Wir müssen weitergraben, bis wir mehr über den Fluch der Kassandra herausfinden.“

Die Ausgrabung Trojas

Oni streckte sich. Sie lag auf dem breiten Ast eines uralten Olivenbaums in Griechenland und schwitzte wie damals im Hochwald von Äthiopien. So war sie in die Stimmung verfallen, die alte Geschichte noch einmal zu erzählen – sehr zu Anubis Freude. Für ein paar Augenblicke hatte er sogar vor lauter Spannung aufgehört, die unreifen Oliven des Baumes in sich hineinzustopfen. Für Menschen waren sie ungenießbar, Anubi jedoch schienen sie zu schmecken. Auch jetzt verschwand wieder eine Olive in seinem gefräßigen Mäulchen.

Den ganzen Vormittag lang hatte Oni in der prallen Sonne gearbeitet. Dem ACE war es gelungen, endlich die wahre Lage Trojas aufzuspüren. Woran ihr Lieblingslehrer Harold Godric McFinnegan einen großen Anteil gehabt hatte. Nun wurden hier geheime Grabungen durchgeführt, von denen die Welt nichts mitbekommen sollte – aus gutem Grund. Dem ACE ging es nur nebenbei um die Bergung antiker Schätze und die Vermessung von Tempeln und Palästen. Sein Hauptziel war wie immer das Sicherstellen von magischen Artefakten und die Erforschung von unerklärlichen Phänomenen. Diesmal ging es ihnen um neue Hinweise auf den Fluch der Kassandra. Alte Aufzeichnungen von ACE-Mitglied Professor Harvey Carter legten nahe, dass man in den Gemäuern Trojas etwas dazu finden könnte. Professor Carter hatte diese Stellen leider sehr schwammig formuliert und fragen konnte man ihn nicht mehr. Der Wissenschaftler war in den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts bei der Suche nach einer weiteren sagenumwobenen Stadt verschollen: Atlantis.

Harold Godric McFinnegan war ihm in dieser Sache jedoch ein würdiger Nachfolger. Ihr Lehrer war von dieser Arbeit wie besessen und vergaß dabei alles um sich herum, auch die Uhrzeit.

Da es heute besonders heiß war, hatte McFinnegan seinen Schülern über Mittag jedoch ausnahmsweise freigegeben. Connor, Oliver und Belle waren sofort in den Baracken der Arbeiter verschwunden und lagen nun garantiert auf ihren Feldbetten. Oni aber hasste geschlossene Räume, sie fühlte sich in ihnen immer eingesperrt wie in einem Sarg. Da nutzte es auch nichts, wenn das Fenster offen stand.

Tatsächlich wurde jetzt im Camp die Glocke geschlagen, die immer das Ende der Pausen anzeigte. Oni reckte sich noch einmal, dann kletterte sie am Stamm des Baumes herab, zurück in die Sonne. Auf halbem Weg blieb sie mit dem Zeh in einem Astloch hängen. Als sie ihn herauszog, blätterte ein großes Stück der alten Rinde ab und fiel ins verdorrte Gras.

Anubi kreischte, aber Oni hatte keine Zeit, ihm zuzuhören.

„Hat nicht wehgetan“, beruhigte sie den kleinen Kerl. „Aber wenn wir nicht in fünf Minuten bei den anderen sind, kriegen wir Ärger.“

Oni hängte sich ihre Sandalen über die Schulter und wanderte barfuß zur Ausgrabungsstätte zurück. Die heiße, staubige Erde zwischen ihren Zehen nahm ihr ein bisschen das Heimweh nach Afrika.

Ihr Vater Thomas, der von allen nur Tom genannt wurde, hatte als Ranger in einem Nationalpark gearbeitet und dort die Tiere vor Wilderern beschützt. Dabei hatte er Onis Mutter kennengelernt. Beide verband die tiefe Liebe zur Natur. Als Toms Zeit in Äthiopien um war, hatte er Onis Mutter nach Deutschland entführt, wie alle immer scherzhaft sagten. In Wirklichkeit war Ayana natürlich freiwillig mitgekommen, aber nur unter einer Voraussetzung: Sie wollte viele Monate im Jahr in Afrika verbringen und auch ihre Kinder sollten teilweise auf diesem besonderen Kontinent aufwachsen. So waren Oni und ihre vier Schwestern in beiden Welten zu Hause, im kühlen Deutschland und im heißen Äthiopien. Und egal, wo sie war: Oni vermisste jeweils ihre andere Heimat.

Zum Glück war Anubi immer bei ihr, ob in Afrika, Europa oder sonst wo in der Welt. Gerade sprang er neben ihr her.

„Haben sie dich wirklich ganz allein im Wald zurückgelassen, du?“, wollte Anubi wie jedes Mal am Ende der Geschichte wissen. Es gehörte zu ihrem Ritual, dass Oni ihn da beruhigen musste.

„Nein“, sagte sie. „Drei Jäger waren immer in der Nähe und wachten über jeden meiner Schritte. Aber davon wusste ich nichts. Beim Leoparden waren sie kurz davor, einzugreifen. Was für ein Glück für uns drei. Der Leopard wäre nicht mehr am Leben, du wärst geflüchtet und mit meiner Ausbildung wäre es nichts geworden. Ich wäre ein normales Kind wie meine Schwestern.“

Anubi seufzte vor Rührung. Oder schmatzte er nur genüsslich, weil er einen Käfer verspeiste? Nicht alles, was das Erdmännchen von sich gab, konnte Oni auf Anhieb verstehen. Manchmal brauchte sie auch bei ihm wie bei allen anderen Tieren die Hilfe ihres magischen Amuletts, ihre Gabe allein reichte da nicht.

Als sie einen Hügel erklommen hatten, konnte Oni die gesamte Bucht überblicken. Hier hatte vielleicht vor über dreitausend Jahren schon Priamos gestanden, der sechste und letzte König Trojas. Oni kannte die Sage um die legendäre Belagerung der Stadt mittlerweile ziemlich gut. Harold Godric McFinnegan und natürlich Oliver hatten viele der Geschichten rund um die Stadt auf dem Hinflug im Sky Explorer und jeden Abend beim Essen erzählt. Die Entführung der Königsgemahlin Helena aus Griechenland hatte den Krieg und die zehnjährige Belagerung von Troja ausgelöst. Oni liebte die Helden Agamemnon, Odysseus, Ajax, Laokoon, Paris und Achilles. Und sie kannte natürlich die Sache mit dem sprichwörtlichen Trojanischen Pferd, das die Stadt schließlich zu Fall gebracht hatte.

Plötzlich lief Oni ein Schauer über den Rücken. Ihr war es, als wäre sie wirklich König Priamos. Am Horizont kamen Hunderte von Biremen auf seine Stadt zugefahren, die Schlachtschiffe der damaligen Zeit. Ihre Segel waren aufgebläht und das Trommeln der Krieger drang an sein Ohr. Angst griff nach seinem Herzen. Dann streichelte ein Windzug Onis Haut, und sie war wieder ein ganz normales Mädchen – wenn man von ihrer Feinfühligkeit absah.

Mit großen Sprüngen jagte sie den Hügel hinunter, weg von den traurigen Gedanken des Königs.

„Hola, Oni“, wurde sie von Doctora Simona Mendoza begrüßt. „Hast du mit Anubi einen Spaziergang gemacht?“

Die Spanierin war eine bekannte Historikerin und Archäologin und leitete die Ausgrabungen. Natürlich war sie auch seit vielen Jahren Mitglied im ACE. Oni mochte ihre erfrischende Art sehr gerne. Doctora Mendoza hatte immer ein Strahlen im Gesicht, egal wie hart und schmutzig die Arbeit auch war. Sie liebte ihren Beruf eindeutig und hatte sich dabei die Neugier eines Kindes bewahrt. An der Grabungsstätte lief sie stets mit einem beigen einteiligen