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"Kurs auf Wien, Österreich!", heißt es für die ACE-Scouts dieses Mal. Zunächst ist Belle erleichtert, als die vier von ihrem Erdkunderlehrer McFinnegan auf eine spontane Exkursion mitgenommen werden, denn sie stand so kurz vor einer Strafarbeit. Und die Reise zum Schloss der österreichsichen Kaiserin Josefina verspricht zunächst auch eher gemütlich bis langweilig zu werden. Doch dann geht alles ganz schnell: Belle wird von einem echten Drachen entführt! Um sie zu retten, müssen Belle und ihre Freunde das Rätsel um den uralten Drachen, die junge Josefina und das seltsame kleine Volk der Yomis lösen. Vor allem aber müssen sie das Drachenherz, einen magischen Stein, der in drei Teile zersplitterte, finden und wieder zusammensetzen, bevor ihrer Widersacher, die Verbrecherorganisation BONE zum Zuge kommen ...
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Seitenzahl: 130
Veröffentlichungsjahr: 2022
eISBN 978-3-649-64415-6
© 2022 Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG,
Hafenweg 30, 48155 Münster
Alle Rechte vorbehalten, auch auszugsweise
Lizenziert durch: Mack Media & Brands GmbH & Co. KG.
Geschäftsführer Michael Mack
Die Figuren um die ACE-Scouts und Die Fliegende Schule der Abenteurersowie die Storywelt um den Adventure Club of Europesind urheberrechtlich geschützt und eingetragene Marken derMackMedia & Brands GmbH & Co KG.
In Kooperation mit
Basierend auf einer Idee von:
Michael Mack, Jörg Ihle, Nils Feigenwinter, Tobias Mundinger
Text: THiLO
Entwicklung und Dramaturgie: David Ginnuttis
Illustrationen: Max Meinzold
Layout: Max Meinzold und Helene Hillebrand
Lektorat: Anja Fislage
Satz: Helene Hillebrand, Bielefeld
www.coppenrath.de
Die Print-Ausgabe erscheint unter der ISBN
978-3-649-64333-3.
Prolog
Schneeweißchen und Drachenrot
Echt jetzt?
Die Krone der Kaiserin
Vor den Augen verborgen
Der Himmel teilt sich
Gefangen!
Eine durchwachte Nacht!
Gedränge am Baumschloss
Die Legende des Drachen
Die Hütte, die Kammer, die Tür
Gedrückte Stimmung
Ein Tunnel in die Tiefe
Eine Wahnsinnsfahrt
Das darf nicht wahr sein!
Eingekesselt
Vergebliche Suche
Die Knechtschaft des Drachen
Wer ist die unbekannte Schöne
Es war dunkel in der 99. Etage des BONE-Hauptquartiers in New York City. Stockdunkel. Die Uhr am Handgelenk von Alfred P. Hades zeigte 14 Uhr 17. Unten im Central Park feierten die Menschen das herrliche Wetter mit spontanen Picknicks oder einer Jogging-Runde in der Mittagspause. Was für eine Zeitverschwendung!
Doch auch wenn Laufen und Schnaufen in künstlich angelegter Landschaft seine Lieblingsbeschäftigung gewesen wäre, hätte der oberste Boss von BONE das Gebäude nicht verlassen können. Er litt unter Lichtallergie, die grellen Strahlen der Sonne bereiteten ihm körperliche Schmerzen. Selbst nachts war es noch zu hell für ihn. Aus diesem Grund hatte Hades alle Fenster in seinem Büro zumauern lassen. So hatte seine Haut über die Jahre die Farbe von frisch gefallenem Schnee angenommen. Schon als er noch ein kleiner Gangster gewesen war, hatte ihm das den unheilvollen Spitznamen „Weißer Schatten“ eingebracht. Doch erst jetzt, wo auch sein Bart und die Haare weiß geworden waren, passte er perfekt.
Schritt für Schritt hatte Alfred P. Hades sich vom üblen Knochenbrecher zum Anzugträger hochgearbeit. Nebenbei baute er BONE zur mächtigsten Verbrecherorganisation der Welt aus. Mehrere Milliarden Dollar hatte BONE durch Erpressung, dunkle Geschäfte und Handel mit uralten magischen Artefakten angehäuft. Doch Geld allein machte nicht glücklich. Das hatte der Weiße Schatten schon vor langer Zeit erkannt. Macht war es, was er seitdem suchte, uneingeschränkte Macht. Sein Ziel war einfach: Niemand sollte es wagen, sich seinen Worten zu widersetzen oder wegen seines Aussehens auch nur den Mundwinkel zu heben.
Ungeduldig trommelte Alfred P. Hades mit den Fingerkuppen auf der Tischplatte. 14 Uhr 28, noch zwei Minuten. Dann würde er seinem Ziel wieder einen entscheidenden Schritt näher kommen.
In zwei Minuten startete in London die Versteigerung von Erinnerungsstücken der österreichischen Kaiserin Josefina. Adelsexperten und verrückte Omas auf der ganzen Welt würden sich dann eine Schlacht um Teller bieten, von denen die Kaiserin mit sechsprozentiger Sicherheit einmal ihren Fasan gegessen hatte. Oder um Stühle aus ihrem Schloss bei Wien, auf denen sich der kaiserliche Hintern eventuell für fünf Minuten ausgeruht hatte. All dieser Plunder interessierte Alfred P. Hades nicht. Aber einer seiner Untergebenen hatte ihn auf das Stück 45/22278 aufmerksam gemacht, das Tagebuch von Josefinas Leibdiener. Er war ihr Vertrauter in allen Lebenslagen gewesen, mit ihm hatte die Kaiserin bis ins hohe Alter all ihre Geheimnisse geteilt. Geheimnisse, die bis heute geheim geblieben waren. Niemand, nicht einmal die Verkäufer selbst, hatte das Tagebuch bisher gelesen. Die Sensationen, die sich vielleicht seit über hundert Jahren auf seinen Seiten verbargen, waren ein nicht unwesentlicher Teil der Versteigerung.
Für die Ausstellung der Stücke im Internet war das Tagebuch lediglich an zwei Stellen aufgeschlagen und fotografiert worden. Auf einem Foto waren dem BONE-Mann vier seltsame Worte aufgefallen, die mit dünner Tinte hastig an den Seitenrand gekritzelt worden waren:
Dragon mallore pluri raorkon
Alfred P. Hades hatte sofort mit den Nachforschungen begonnen. Die Worte waren auf Drakonisch, einer Sprache, die vor tausend Jahren nur eine Handvoll Menschen beherrscht hatte – aber jede Menge Gestalten der Zwischenwelt. Gestalten also, die bei uns mit dem Begriff Fabelwesen ins Reich der Fantasie eingeordnet waren. Es war der Beginn eines Schwures, um einen Drachen in bedingungsloser Treue an sich zu binden. Einen besonderen Drachen. Auf einer der anderen Seiten des Tagebuchs befand sich auch das Ende des Schwures, da war der Weiße Schatten sich sicher.
Als die Auktion startete, bot er sofort 10 Millionen Dollar für das Buch. Ihm war nicht der Sinn nach langsamem Wettbieten, nur um ein paar Millionen zu sparen. Und zum Ersten, zum Zeiten und zum Dritten ging das Tagebuch an den anonymen Käufer in New York.
Alfred P. Hades drückte auf eine Taste seines Laptops und überwies die achtstellige Summe umgehend. Zufrieden lehnte er sich in seinem Bürostuhl zurück.
Nach kurzer Atempause griff der Weiße Schatten zu seinem abhörsicheren Satelliten-Telefon. Es mussten eine Menge Vorbereitungen getroffen werden. Er grinste. Vor welchen Veränderungen die Welt stand, davon ahnte die Welt nichts …
„Merde!“ Belle Pompadour war zu spät, viel zu spät. Wieder einmal hatte sie ihren Wecker überhört oder im Halbschlaf ausgestellt und war danach augenblicklich zurück in die Umarmung des Schlafes gesunken. Sagte man das so? Egal.
So schnell sie konnte, rannte Belle durch das Labyrinth der Gänge von Deep Fog Castle. Vorbei an der Ritterrüstung auf deren Helm irgendein Witzbold schielende Augen und einen zahnlosen Mund gemalt hatte. Dann die steinerne Treppe hinunter, quer durch die Eingangshalle und auf der anderen Seite wieder hinauf.
Wieso legte Direktor Maximov ihr ernstes Gespräch auch ausgerechnet auf einen Samstagvormittag, auf eine Uhrzeit, an der jeder vernünftige Mensch sich von der anstrengenden Woche erholte?
Unweigerlich musste Belle an ihren ersten Tag auf der Abenteuer Akademie Europas denken. Damals hatte sie sich auch nur kurz auf das neue Bett in ihrem Internatszimmer legen wollen, um die Matratze zu testen. Natürlich war sie sofort eingeschlafen und hatte den Anfang der Feierlichkeiten zum Schuljahresbeginn verpasst – mit dramatischen Folgen. Der magische Feuertiger war gestohlen worden, BONE war ihnen bis in die legendäre Piratenstadt Batavia gefolgt und die ACE-Schüler hatten mal eben die Welt gerettet. Nebenbei waren Oliver Sneyder, Connor Blaze und Oni Amaka ihre besten Freunde geworden. Und Anubi natürlich, Onis Erdmännchen und der Mitbewohner in ihrem gemeinsamen Zimmer.
Belle musste bei dem Gedanken an den Tag den Kopf schütteln. Damals hatte sie noch befürchtet, nicht mit den anderen Schülern der Akademie mithalten zu können. Obwohl sie acht Sprachen beherrschte, europäische Jugend-Fechtmeisterin war und ein fotografisches Gedächtnis hatte. Was hatte sie seitdem nicht alles erlebt!
Belle blieb so abrupt stehen, dass der weinrote Teppich unter ihr Wellen schlug. Wo war sie denn jetzt? Musste sie nach links oder nach rechts?
„Eigentlich egal, ich bin sowieso schon zehn Minuten zu spät!“, murmelte sie. Severin Maximov hasste Unpünktlichkeit und würde Belle in der Luft zerreißen. Sicher wartete wieder eine Strafarbeit auf sie wie Kellerboden schrubben mit der Zahnbürste oder Sortieren der Aufnahmeurkunden der Schüler von 1714 bis 1829.
Seufzend warf Belle den Kopf von der einen auf die andere Seite. Welche Treppe war die richtige? In diesem Teil der Burg war sie noch nie gewesen.
„Zum Büro des Direktors nach rechts“, schmetterte ihr die Standuhr entgegen. Belle nickte dankbar und eilte nach links.
„Das andere rechts!“, korrigierte die Uhr.
Belle nickte erneut und lief in die entgegengesetzte Richtung. Zwei Treppen aufwärts, eine abwärts, dann kannte sie sich wieder aus.
Als sie vor der Tür des Direktors ankam, zog Belle sich die Kleidung glatt. Sie war genau 13 Minuten und 6 Sekunden zu spät.
Gerade als Belle den Finger hob, um an die schwere Eichentür zu klopfen, geschahen zwei Dinge gleichzeitig: Die Tür flog auf und ein wütender Severin Maximov trat in den Flur. Und wie aus dem Nichts stand plötzlich Harold Godric McFinnegan neben seiner Schülerin.
Bevor Belle noch ein Wort der Entschuldigung murmeln konnte, ergriff ihr Lehrer für Kartografie das Wort.
„Ah, Severin, gut dass wir dich treffen“, knurrte der Schotte. Es musste für Maximov so klingen, als wären Belle und er gemeinsam zu diesem Büro getrottet. „Ich weiß, ihr zwei hattet ein wichtiges Gespräch geplant, aber leider ist Belle schon den gesamten Tag bei einer wichtigen Arbeit für mich eingespannt. Verzeihe mir bitte, dass ich dich erst jetzt davon in Kenntnis setzen kann.“
Maximovs dunkelroter Kopf wurde augenblicklich ein kleines bisschen heller. Belles Gesichtszüge entspannten sich.
„Hmmm, mjammjam, gut, Harold …“, presste Maximov mürrisch hervor, während er auf seiner Unterlippe kaute. „Ich dachte schon, Miss Pompadour hätte unseren Termin verschlafen.“
Belle schüttelte den Kopf und lachte, als hätte sie gerade den besten Witz der Welt gehört.
„Ich? Verschlafen? Nein, nein!“, antwortete sie.
„Auf meine innere Uhr kann ich mich absolut verlassen …“
Der Blick von Maximov zeigte an, dass er an den Worten seiner Schülerin zweifelte. Und auch McFinnegan hob erstaunt die Augenbrauen. Aber nur so kurz, dass der Direktor es nicht bemerkte.
„Nun gut. Dann können wir aber jetzt endlich …“, begann Maximov und bat Belle mit einer Armbewegung in sein Büro. Doch McFinnegan schüttelte den Kopf.
„Nein, heute wird nichts mehr aus euren Gesprächen“, fiel er seinem Chef ins Wort. „Und auch für den Rest der Woche sehe ich schwarz. Ich muss Belle auf eine dringende Exkursion entführen. Wohin und wozu? Das zu verraten, bin ich leider nicht befugt. Catherine Noir, unsere geschätzte Präsidentin, hat über diesen Flug den Mantel des Schweigens gelegt – sozusagen …“
Zwanzig Minuten später konnte Belle wieder aus vollem Herzen lachen. Langsam hob der Sky Explorer vom Lufthafen ab, bald war Deep Fog Castle nur noch ein Klecks in der Landschaft unter ihnen. Der Überschallzeppelin nahm Fahrt auf.
„Ihr hättet das Gesicht vom Maximov sehen sollen!“, prustete Belle los. „Der steht sicher jetzt noch wie eine Salzsäule in seiner Tür und denkt über die passende Antwort nach.“
Oni und Connor. stimmten in das Gelächter ein Harold Godric McFinnegan schmunzelte. Nur Oliver gab keinen Piep von sich. Er war viel zu sehr auf ein neues kompliziertes Flugmanöver konzentriert, das er ausprobieren wollte.
„Ab einer Geschwindigkeit von 1272 Stundenkilometern müsste ein Looping möglich sein, ohne dass die Passagiere an Bord die Drehung wahrnehmen“, plapperte er auf dem Pilotensitz vor sich hin. „Die Zentrifugalkraft sollte ab einer Größe des Luftschiffes von exakt …“
Belle hörte nicht weiter hin. Sie war glücklich, dass McFinnegan sie vor der doppelt unangenehmen Unterredung mit Maximov gerettet hatte. Und sowieso war sie glücklich, ein Teil dieser fantastischen Truppe zu sein. Mit Connor, Oliver und Oni an ihrer Seite schien einfach alles möglich. McFinnegan als weiser Mentor wies den ACE-Scouts in entscheidenden Momenten oft den Weg und selbst Erdmännchen Anubi hatte sie schon einige Male aus lebensbedrohlichen Situationen gerettet.
TICI, die Künstliche-Intelligenz-Einheit, machte das unglaubliche Team komplett.
„Harold!“, meldete sie sich nun zu Wort. Der kleine Kasten schwebte durch die Luft auf den Lehrer zu. „Madame Noirs Befehl hin oder her. Du müsstest den Mantel des Schweigens nun kurz lüften, damit ich den richtigen Kurs einschlagen kann. Sonst landen wir mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,89 Prozent am falschen Ort.“
McFinnegan zog die Augenbrauen zusammen und nickte.
„Kurs auf Wien, Österreich“, zischte er leise, aber Belle verstand es trotzdem. „Und in den Alpen Überschallmodus abschalten.“
Mit einem ihrer Greifer tippte TICI sich an die Oberseite wie ein grüßender Matrose und flog ins Cockpit zu Oliver.
Connor Blaze setzte sich auf einen Stuhl, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und legte seine Füße auf den Kartentisch.
Nach einem strengen Räuspern des Lehrers nahm er sie allerdings genauso schnell wieder herunter.
„Wien?“, fragte Connor nach. „Was sollen wir denn da? Und kommen Sie mir nicht mit dem Mantel des Schweigens oder soetwas …“
Trotz der leicht respektlosen Worte lächelte Harold Godric McFinnegan. Jeder andere Lehrer hätte Connor dafür sicher barsch zurechtgewiesen. Doch McFinnegan verlangte von niemandem, sich zu verbiegen, nur um ihm zu gefallen. Offene, ehrliche Worte aus dem Bauch heraus mochte er tausendmal mehr als vorsichtig formulierte Sätze. Er wollte Schüler, die lebendig waren, auch in ihrer Sprache.
„Geduld, junger Connor, Geduld“, antwortete er deshalb geheimnisvoll. „Jetzt möchte ich erst einmal die herrliche Bergwelt genießen. Und sehen, ob der Hauptsitz des ACE in Österreich noch steht.“
Augenblicklich spürte Belle ein Abbremsen des Sky Explorers in der Luft.
„Oh!“, hörte sie Oni rufen. Ihre Zimmergenossin drückte sich bereits die Nase an der Fensterscheibe platt. Anubi nahm Anlauf und sprang kreischend auf Onis Schulter.
Belle stellte sich neben die beiden. Was sie sah, raubte auch ihr den Atem. Der Zeppelin schob sich gerade in den Kessel zwischen einer Handvoll gigantischer Berge. Unten im Tal stand dichter Wald, ihre Spitzen jedoch waren schneebedeckt.
Auf dem höchsten Gipfel reckte sich ein ultramodernes Gebäude den dichten Wolken entgegen. Es wirkte wie ein frisch gelandetes UFO. Als der Sky Explorer es umrundete, wurde an der Bergseite eine Hütte sichtbar, die sicher mehrere Jahrhunderte alt war. Die Mischung der beiden Teile des Gebäudes war garantiert einzigartig in der Welt.
„Hier haben sich die tapferen Frauen und Männer des ACE aus Österreich regelmäßig getroffen“, erklärte McFinnegan. „In seinem unterirdischen Tresor liegt so manches Artefakt, das sie in der alpinen Welt zusammengetragen haben.“
Belle versuchte sich vorzustellen, was es hier oben außer Eis, Steinen und Wind geben sollte.
„Da, eine Ziege!“, unterbrach Connor ihre Gedanken. Er zeigte auf einen Vierbeiner, der von einem Felsen zum nächsten sprang.
„Tsssä!“, zischte Belle. „Stadtmensch! Das ist ein Steinbock, der Herrscher der Alpen!“
Oni lachte. „Tja, da tust du dem Stadtmenschen aber Unrecht“, klärte sie Belle auf. „Der Steinbock ist eine Ziegenart!“
Ohne sich umzudrehen, wusste Belle, dass Connor grinste.
„Zufall …“, murmelte sie.
Als Connor ihr in den Nacken pustete, knurrte sie mürrisch und ging dann zur anderen Seite des Zeppelins. Es gab schließlich keinen Grund, sich zu sechst an einer Stelle zusammenzudrängeln.
Von hier aus sah Belle allerdings nichts als Wolken. Als sie sich schon abwenden und auf einen Sessel schmeißen wollte, tauchte zwischen den Wolken etwas Violettes, Schuppiges auf. Nach einem Blinzeln war es wieder verschwunden.
„Ein … ein Drache …“, flüsterte Belle in sich hinein. Oder war das eine Sinnestäuschung gewesen? Nach dem Reinfall mit der Ziege eben behielt sie ihre Entdeckung lieber für sich.
Den kurzen Rest des Fluges grübelte Belle über genau diese Frage: Hatte sie eben einen Drachen in den dichten Wolken gesehen? Oder doch einen großen Vogel?
Hmm. Oni könnte ihr sicher sagen, ob es lila Vögel in dieser Größe im Alpenraum gab. Aber fragen wollte Belle ihre Freundin nicht. Das Grinsen von Connor konnte sie sich nur zu gut vorstellen.
Zum Glück hatten sie bald ihren Zielort Wien erreicht. Harold Godric McFinnegan rückte aber immer noch nicht mit der Sprache heraus, was sie hier eigentlich vorhatten. Er übernahm das Steuer von Oliver und tuckerte auf die Großstadt zu. Dabei hatte er ein breites Lächeln im Gesicht.
„TICI, Tarnmodus einschalten“, war alles, was er in den folgenden zehn Minuten von sich gab.
„Schaut mal, da! Wie cool“, rief Oni und bekam ganz leuchtende Augen.
Belle sah aus dem Fenster. Nur fünfzig Meter unter ihnen drehte sich ein gigantisches Riesenrad.
„Das ist der Prater, der berühmte Wiener Vergnügungspark“, wusste Oliver und rieb aufgeregt die dicken Gläser seiner Brille sauber. „Eigentlich war es ein Jagdgebiet, das nur Adelige betreten durften. Bis Kaiser Josef, der Zweite es den Wienern als Erholungsgebiet schenkte. Das war 1766, wenn ich mich nicht irre.“
Connor zeigte begeistert auf eine Achterbahn, die wie eine riesige Murmelbahn aussah.
„Da will ich rein!“, platzte er heraus. „Ich liebe Achterbahnen! Je wilder, desto besser.“
Oni hob die Hand wie eine übereifrige Schülerin. „Dabei!“, rief sie und hakte sich bei Connor unter.
Doch Belle und die anderen mussten mitansehen, wie