Die Frau eines anderen und der Ehemann unter dem Bett - Fjodor M Dostojewski - E-Book

Die Frau eines anderen und der Ehemann unter dem Bett E-Book

Fjodor M. Dostojewski

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Beschreibung

Wenn Eifersucht das Leben lenkt. Schabrin ist sich einer Sache ganz sicher: Seine Frau geht fremd. Doch wie kann er es beweisen? Da hilft nur eins, sie in flagranti zu erwischen. Und so steuert der eifersüchtige Ehemann die Wohnung an, in der er seine Glafira vermutet. Doch bevor er seine lebensfrohe Frau findet, trifft er auf einen Jüngling, der sich ebenfalls vor der Wohnung befindet. Und ehe man sich versieht, haben sich Ehemann und Affäre verbündet. Oder gibt es etwa noch mehr? Von einer skurrilen Situation in die nächste gerät Scharbin irgendwann selbst in den Verdacht der Geliebte einer fremden Frau zu sein.-

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Fjodor M Dostojewski

Die Frau eines anderen und der Ehemann unter dem Bett

Ein ungewöhnliches Ereignis

Übersezt von Ida Orloff

Saga

Die Frau eines anderen und der Ehemann unter dem Bett

 

Übersezt von Ida Orloff

 

Titel der Originalausgabe: Čužaja žena i muž pod krovat’ju

 

Originalsprache: Russisch

 

Coverbild/Illustration: Shutterstock

Copyright © 1860, 2021 SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788726981469

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

 

www.sagaegmont.com

Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.

I

„Erweisen Sie mir, bitte, die Gefälligkeit, mein Herr – Gestatten Sie mir, Sie etwas zu fragen.“

Der auf und ab Gehende fuhr etwas erschrocken zusammen und besah sich den Herrn im Waschbärpelz, der sich so ohne Umstände, um acht Uhr abends, mitten auf der Strasse an ihn herandrängte.

Aber es ist ja schon bekannt, dass, wenn ein Petersburger plötzlich auf der Strasse von einem anderen, ihm unbekannten Herrn aus irgendwelchem Grund angesprochen wird, dass er dann unbedingt fürs erste einmal erschrickt.

Und also fuhr der Spaziergänger auch zusammen und bekam einen kleinen Schreck.

„Verzeihen Sie, dass ich Sie belästige“, sagte nun der Herr im Waschbärpelz. „Aber ich, ich weiss wirklich nicht – Sie werden es mir gewiss nicht übel nehmen, Sie sehen, ich bin in etwas zerrütteter Verfassung.“

Jetzt erst bemerkte der junge Mann im Gehpelz, dass der Herr im Waschbärpelz wirklich ganz aus dem Häuschen war. Sein runzliges Gesicht war ziemlich blass, seine Stimme vibrierte, seine Gedanken gerieten zusehends durcheinander, die Worte wollten ihm nicht auf die Zunge, und es war deutlich zu bemerken, welch grosse Qual es ihm verursachte, eine ruhige Frage zu stellen, wie überhaupt die Zwangslage, zu einem nicht ganz Ebenbürtigen in Beziehung zu treten, möglich, dass dieses auch seinem Standesbewusstsein widersprach, und dann war die Frage an sich überdies auch noch recht heikler Natur, unschicklich, kompromittierend von seiten eines Menschen, der im Besitz eines so soliden Waschbärpelzes war, eines so kleidsamen Frackes von dunkelgrüner Farbe und solch bedeutender Auszeichnungen auf eben diesem Frack. Sichtlich peinigte dies alles den betreffenden Herrn im Waschbärpelz, und zwar so sehr, dass es der seelisch so verstörte Herr schliesslich nicht mehr aushielt, den Aufruhr in seinem Innern gewaltsam unterdrückte und sich bemühte, den höchst peinlichen Zwischenfall, den er selbst veranlasst hatte, nun auch zu Ende zu bringen, wie es sich gehörte.

„Entschuldigen Sie, bitte, ich bin augenblicklich nicht ganz Herr meiner selbst; aber es ist ja wahr, Sie kennen mich ja gar nicht, verzeihen Sie, dass ich Sie behelligt habe; ich habe es mir anders überlegt.“

Dabei lüftete er wohlerzogen den Hut und eilte weiter.

„Aber erlauben Sie, haben Sie doch die Güte –“

Der kleine Mensch jedoch verschwand im Dunkel und liess den Herrn im Gehpelz verblüfft stehen.

„Was für ein sonderbarer Kauz!“ dachte der Herr im Gehpelz.

Dann, als er, wie es sich gehört, seinem Erstaunen genügend Ausdruck verliehen hatte, fand er schliesslich aus seiner bestürzten Lage wieder zu sich zurück, erinnerte sich seiner eigenen Angelegenheit und nahm seine Wanderungen wieder auf, wobei er das Tor eines unendlich hohen Mietshauses scharf im Auge behielt. – Es begann neblig zu werden, der junge Mann freute sich, dass sein Hin– und Hergehen im Nebel nicht mehr so auffallend sein würde, obwohl es sowieso nur ein den ganzen Tag auf Fahrgäste lauernder Droschkenkutscher hätte merken können.

„Entschuldigen Sie.“ Der auf und ab Gehende fuhr wieder zusammen, wieder stand derselbe Herr im Waschbärpelz vor ihm.

„Entschuldigen Sie, bitte, dass ich schon wieder –“, begann er seine Rede, „aber Sie, Sie sind doch sicher ein hochanständiger Mensch. Schliessen Sie, bitte, nicht aus meinem Gesicht auf mein ganzes Wesen . . . ich verwirre mich übrigens; aber im Innern, vom menschlichen Standpunkt aus . . . Ihnen gegenüber, mein Herr, dem Menschen gegenüber hätte ich eine dringende, bescheidene Bitte.“

„Wenn ich Ihnen dienlich sein kann, was wünschen Sie, bitte?“

„Sie konnten vielleicht schon auf den Gedanken kommen, dass ich Sie um Geld angehen will“, sagte der geheimnisvolle Herr, verzog den Mund zu einem hysterischen Lachen und wurde blass.

„Aber ich bitte Sie!“

„Nein, ich sehe, dass ich Ihnen lästig falle. Verzeihen Sie, ich kann mich nicht ausdrücken – – bedenken Sie, dass ich mich in einem vollkommen zerrütteten Seelenzustand befinde – – halb wahnsinnig – – und noch dazu vollkommen unfähig, das irgendwie zu verbergen.“

„Nun also zur Sache, zur Sache!“ erwiderte der junge Mann, aufmunternd, aber bereits ungeduldig mit dem Stopf nickend.

„Und sehen Sie, so ist das nun! Ein so junger Mann wie Sie ermahnt mich nun zur Sachlichkeit, als ob ich irgend so ein hergelaufener Junge wäre. Ich habe entschieden den Verstand verloren. – Wie stehe ich denn in dieser demütigenden Lage vor Ihnen da, sagen Sie doch ganz aufrichtig?“ Der junge Mann wurde verlegen und schwieg.

„Gestatten Sie mir, Sie ganz offen zu fragen, haben Sie nicht eine Dame gesehen? Dies ist meine ganze Frage“, sagte schliesslich der kleine Herr im Waschbärpelz entschlossen.

„Eine Dame?“

„Ja, – eine Dame.“

„Ja, ich habe – aber es gingen so viele vorüber, erinnere ich mich.“

„Recht so“, antwortete der geheimnisvolle Herr mit bitterem Lächeln. „Ich vergesse ganz, das wollte ich ja eigentlich gar nicht fragen, entschuldigen Sie, bitte, ich wollte sagen, haben Sie nicht eine Persönlichkeit gesehen, in einem fuchsverbrämten Mantel und dunkler Samtkapuze mit schwarzem Schleier?“

„Nein, ich sah niemand ähnliches, ich glaube, ich habe niemand bemerkt.“

„Ah! Dann verzeihen Sie wohl, unter diesen Umständen hat –“

Der junge Mann wollte noch etwas fragen, aber der Herr im Waschbärpelz war wieder verschwunden und hatte ihn wieder in dieselbe ärgerliche Lage versetzt, indem er ihn seiner Dienstbeflissenheit überliess.

„Der Teufel soll ihn holen“; dachte der junge Mann im Gehpelz, sichtlich ausser sich gebracht. Er schlug den Biberfragen hoch, soweit es ging, und nahm seinen Spaziergang wieder auf, um seine Beobachtung dem Tor des hohen Mietshauses gegenüber vorsichtig fortzusetzen. Erärgerte sich.

„Was kommt sie denn nicht heraus?“ dachte er, „acht Uhr ist es bald“; auf dem Turm schlug es acht.

„Ach, jetzt soll Sie aber endlich der Teufel holen.“

„Verzeihen Sie!“

„Verzeihen Sie; bitte, mir, dass ich Sie so – aber Sie sind mir so zwischen die Beine geraten, dass ich ordentlich erschrocken bin“ – sagte der auf und ab Gehende gereizt, wenn auch entschuldigend.

„Ich komme schon wieder zu Ihnen, – natürlich muss ich Ihnen aufgeregt und sonderbar erscheinen – –“

„Tun Sie mit den Gefallen und äussern Sie sich möglichst rasch und ohne Umschweife, ich weiss immer noch nicht, was Sie eigentlich wünschen!“

„Sie haben es wohl sehr eilig? – Sehen Sie also, ich sage Ihnen alles ganz aufrichtig, ohne viel Worte zu machen. Besondere Umstände verknüpfen manchmal Menschen ganz verschiedenen Charakters, aber ich sehe schon, Sie sind ungeduldig, junger Mann, also bitte, z. B. – ich weiss nicht, wie ich mich da ausdrücken soll, ich suche eine Dame – ich bin bereits entschlossen, aus nichts ein Hehl zu machen – ich muss unbedingt wissen, wohin diese Dame gegangen ist? Wer sie ist – ich glaube, es ist nicht vonnöten, Ihnen ihren Namen zu nennen, junger Mann.“

„Nun, und weiter?“

„Weiter! Sie schlagen einen Ton mir gegenüber an! Entschuldigen Sie, ich habe Sie vielleicht beleidigt, titulierte Sie da per ,Junger Mann‘ und ich habe doch keinerlei – mit einem Wort, wenn Sie die Güte hätten, mir einen grossen Dienst zu erweisen, so bitte, also eine Dame, das heisst, ich will sagen, eine anständige Frau aus tadelloser Familie, meine Bekannte, sie ist mir anvertraut worden, – ich, – sehen Sie, habe nämlich keine Familie.“

„Nun?“

„Versetzen Sie sich doch, bitte, in meine Lage, junger Mann (ach, schon wieder, entschuldigen Sie, ich nenne Sie immer wieder junger Mann), jede Minute ist kostbar, stellen Sie sich vor, diese Dame – aber können Sie mir vielleicht sagen, wer in diesem Hause wohnt?“

„Ja – da wohnen viele.“

„Ja, das ist richtig, Sie haben natürlich ganz recht“, erwiderte der Herr im Waschbärpelz und nahm ein schwaches Lächeln zu Hilfe, um Haltung zu bewahren.

„Ich sehe ein, dass ich mich da ein bisschen verrannt habe – aber warum legen Sie denn solch eine Betonung in Ihre Worte, Sie sehen doch, dass ich mich etwas übereilt ausgedrückt habe und meine Übereilung ganz offen einräume, und wenn Sie nicht solch ein anmassender Mensch wären, würden Sie bereits längst bemerkt haben, wie sehr ich mich herabwürdige – ich sage, eine Dame von unantastbarem Lebenswandel, das heisst oberflächlich – entschuldigen Sie, ich werde so weitschweifig, als ob ich über irgend etwas Literarisches spräche. Sehen Sie, da findet man, dass Paul de Kock oberflächlich – Dabei kommt alles Unglück ja nur von Paul de Kock, das heisst, sehen Sie – – –“

Der junge Mann sah den Herrn im Waschbärpelz voll Mitleid an, der anscheinend endgültig irre geworden war, und schwieg, der anderen gedankenlos anlächelnd, während sich seine zitternde Hand ohne sichtlichen Grund an dem Aufschlag seines Pelzes zu schaffen machte.

„Sie fragen, wer hier wohnt?“ sagte der junge Mann, ein wenig zurücktretend.